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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 21, 1907)
Nebraska Staats-Anzeiger und Il'cerold. Jahrgang 27. many Jstkmcy Repr» 21. Juni 1907. missen-r Theiu — lyiaisiäeszszmä »s f Häiiziuusic Sieh, nun ist essAbend wieder-, Und der Mond scheint durch die Schei ben, Und der Wind rauscht in den Bäu men: Laß uns noch itn Dunkeln bleiben! Sing uns unsre kleinen Lieder. Laß von Sommergliick uns träumen! Hui!«der öde Regeniagi Liebste, hör mai, sieh mai, hier Sitze ich schon am Klavier. Und du sollst mir Lieder singen: Daß von Luft und Sonnenschein Unsere kleinen Wände klingen. Und vergiß mir nicht das eine Liedchen —- weißi ja, was ich meine-— Das voll Uebermuih wir sangen, Als wir sorglos und zu zweit Durch die schöne Maienzeii Unsres Lebens sind gegangen. , Ein zugoogei. Novellette von B. G a r r e d. Aus dern Englischen von Käte Treller. Jn das Konversationszimmer eines Hotels in der Schweiz trat rasch ein junges Mädchen und setzte sich nach turzem Gruß in einen Sessel nahe dem brennenden Kamin —- — u,Sie sind ja ganz durchniißt,« sagte eine alte Dame, »Sie mitssen sich voll ständig nmtleiden.« »Ich habe nichts anzuzieben,« sagte lachend die junge Dame. »Es»ist auch nicht gefährlich, ich werde schon trocken werden« »Ist Ihr Mpäcl verloren gegan gen?« fragte die Alte neugierig. -.Nein, ich hatte teins,« sagte das « junge Mädchen. und als es bemerkte, daß im Gesicht der Anderen ein miß iranischer Zug ers «en- fügte sie mit einem etwassdöttichen Lächeln hin zu: »Ich bin soeben zu Fuß aus Zit rich gelommen.« » n Faßt Und too sind Jbre Führt-Mk »Ich hatte auch leine Reisegefähr ten," sagte das junge Mädchen und sah sich im Saale um. Als ihr Blick aus den Flügel fiel, stand sie ans und Ifsnete ihn, griss einige Allorde und spielte dann eine einsache Melodie. »Wie schadet Das Instrument ist ant .aber vollständig verstimmt,« rief sie ans und gina hinaus. Nach einigen Minuten lehrte sie zu rück. in der hand eine lleine Leder tasche haltend. »Was wollen Sie machen?'· seagte voll Erstaunen die alte Dame. »Den Flügel stimmen.« Sie entnahm der Tasche einen Kla vierschliissel nnd sing an, den Flügel zu stimmen - - « - Die alte Dame am stumm zeruruap sich den Kopf über das reizende junge Wesen, das ohne Gepäck, ohne Reise gefährten, mit einem Klavierschliissel in der Handtasche aus Ziirich zu Fuß lornmt und doch das sichere Auftreten einer Dame der Gesellschaft dat. Ein herr sah in den Saal, als er das Stimmen hörte, machte er die Thiir unsanst zu und ging ärgerlich zurück. Nach einigen Minuten trat Misz Block in den Salon und fragte, ob das Stimmen noch lange dauern würde. «Jch bin schon sertig,« sagte das junge Mädten fröhlich, »der Zliigel war ja vollständig oerstimmt und da war die Versuchung zu groß —- ich mußte ihn stimmen-« Miß Block versteht. daß das junge Mädchen der Stimmer sei, den der Wirth schon vor einiger Zeit bestellt hatte, nickte ihr herablajsend zu und ging in den Garten. allen Gästen zu erzählen, daß endlich der Flügel ge stimmt sei und daß der Stimmer ein junges Mädchen von ganz hübschem Aeuszeren sei. — »Es ist unglaublich, in welche Be ruse die modernen Mädchen sich din eindrängen,« ries sie empört. »Ich finde es so unweiblich, ja ich möchte sagen unanständig-« »Ich will mir diesen Stimmer im Frauentleide ansehen.» sagte ein jun ger, dochgetoachsener Mann, dem man die Langeweile-ansteck »Da lommt sie, Sie können Sie von biet betrachten. Mr. Ewekrad,« saate Misz Block. Die Herren betrachteten mit Wohl gefallen die kleine, niedliche Gestalt mit den reizenden, noch fast lindlichen Ziiaen und dem geaziäen Gang Sie sente sich aus eine Banl nnd fah amüsirt dem Spiel eines jungen Böckchens zu. , Ostvald Ewerrad stand« aus und ging zur Bank auf der das junge Mädchen faß, und sagte, den-Hut he bend: »Guten Abend, Sie scheinen sich über das Thier zu amiisiren? Heute spielt er und morgen fteht er vielleicht schon gebraten auf unserer Mittags tafel." »Und Sie murren und finden ihn ist-K »Ich murre überhaupt immer und bin nie zufrieden; ich werde darin nur von jener Dame im Tuchlleide liber troffen.'« »Ach, auch ich hatte das Unglück, Jbren Zorn zu erregen, weil ich den Flügel stimmte. Jch betrachtete es einfach als meine Pflicht, als hätte mich das Schicksal deswegen herge führt« »Ja, ich freu mich, daß es endlich geschehen ist, er war so verstimmt, daß ich das Singen laffen mußte. Aber was haben Sie fiir einen eigen thiimlichen Beruf gewählt! Für eine Frau einen doch gewiß ungewöhnli chen, meinen Sie nicht auch?« ,,Durchaus nicht,« sagte sie augen scheinlich amiifirt »Mein Beruf ist würdig jeder Frau, aber nicht Alle ha ben Erfolg« »Was veranlaßte Sie, diefen Beruf zu wählen?'« »Der Beruf wählte mich! Er er griff mich entzückte mich ich konnte an nichts anderes deneln! Jch gab mir das Wort, die möglichste Boll lommenbeit zu erreichen und arbeitete Tag und Nacht. Denn, wenn wir es zu etwas bringen wollen, miissen wir Tag und Nacht arbeiten, viele, .biele Jahre lang!« »Ich dachte, es wäre in ein paar Monaten vrattischer Uebung zu erler nen,« sagte höchst erstaunt Ewerrad. »Ja einigen Monaten?! Mein Gott, Sie sprechen wie ein richtiger Dilet tant! Nein, gewissenhaft müssen wir arbeiten, Jahre lang, eifrig streben nach Vollkommenheit Was giebt es wohl Höheres, als das Bewußtsein, die Zuhörer zu entziiesen?- Sie in ein Feenreich der Töne zu trag-sit Und unsere Seele selbst strebt empor zu et was hohem — Heiligem!« , »Ich gestehe, von diesem Stand punkte aus habe ich Ihren Beruf noch nie angesehen. Mir war er bis jetzt immer nur ein nothwendiges Uebel. Wenn ich dente, was ich schon durch Jhre Kollegen gelitten habe . . . doch «ch werde unhöslich.« »Nein. nein, erzählen Sie mir, bitten, von Jhren »Leiden«, ries das junge Mädchen. »Gut. Jch glaube, es ist das ein zige Thema, das mich erregt. So lange ich denten kann, werde ich von diesen Klavierstirntnern verfolgt . . .'« »Von wem?« fragte mit Staunen das junge Mädchen. «,.Nun. von Ihren Kollegen, den Klavierstimmern natürlich,« antwor tete er fast grob. »Ich begreife nicht, wie ein Mädchen wie Sie einen sol chen Beruf wählen konnte und noch sagen kann, daß dieser sie in Begeiste rung versetzt!'« »Entschul.digen Sie,« sagte sie, aus vollem halse lachend, »aber das ist wirklich zu tomisch.« «Bielleieht fiir Sie, aber nicht für mich," hgte er und mußte doch mit lachen. Das Gesicht der jungen Klavier stimmerin behielt seinen schelmischen Ausdruck Wie tlug war sie! wie fröhlich und lebensfrth Oswald Goerrad fing an, sich mit dem Beruf der Klavierstimrner aus zusöhnen. -. An der Mittagstafel beachtete Nie mand die Klavierftimmerin Die Un terhaltung interessirte sie nicht, es war die gewöhnliche Unterbaltungek ner öffentlichen Tafel. Plötzlich fiel das Wdrt Musik. »haben Sie schon von Miß F. ge hört?'« fragte ein Engländer, der aus unbekannten Gründen hier als Auto rität in allen Fragen galt. »Ich fahre bis an’s Ende der Welt, um sie zu hören. Sie hat sogar das deutsche Publikum im Sturme erobert. Jn Paris hatte sie einen glänzenden Er folg. Jch hörte sie schon in mehreren Siädten, in Leipzig, Berlin, London, New York und in Chicago . . .« »Ich glaube nicht« daß Miß F. je mals in Chieago war,« bemerkte das junge Mädchen, das den Flügel ge stimmt hatte. Alle sahen sie erstaunt an und Nie nland beachtete ihre Bemerkung. »Welche Kühnheit, sich in unsere Unterhaltung zu mischen,« flüsterte laut genug, um gehört zu werden« eine Dame Mist Block zu. »Was ver steht und weiß sie denn?" »Nun, vielleicht hat sie Miß IRS Flügel gestimmt,« antwortete diese. »Sie haben ganz recht, ich habe mehr als einmal Miß III Flügel ge stimmt,« sagte das junge Mädchen. Es trat ein plötzliches Schweigen ein, welches durch eine alte würdige Dame unterbrochen wurde: »Ja, man muß Miß F. bewundern, man ver gißt sie ganz iiber ihrer Kunst und doch ist sie so reizend, daß ich sie unter Tausenden erkennen würde.« Nach dem Essen empörten die Da men sich wieder über die Kühnheit der kleinen Klavierstimmerin, sich in die Unterhaltung mischen zu wollen. »Es-thut mir leid, daß sie meine Worte hörte,« sagte Miß Block, »aber diese modernen Mädchen nehmen ja nichts übel.« Am anderen Morgen erwartete Oswald Ewerrad sie auf der Veran da. »Verlieren wir keine Zeit, gehen wir!« sagte sie fröhlich. Ewerrad bewunderte die Unermiid lichieit seiner Gefährtin und ihre Fröhlichkeit steckte ihn an. »Ist das Leben nicht herrlich?« rief sie aus, »wir wunderbar ist die Luft, welche Wohlgeriiche erfüllen sie! Welch eine gütige Fee ist die Natur! Mit welch reichen Gaben überschüttet sie unsi« »Sie haben recht, das Leben ist schän, wenn man es zu nutzen ver steht." Nach einigem Schweigen sagte er: «,,Man erzählte mir von der pein lichen Szene, die Sie gestern hatten. Kennen Sie wirklich die berühmte F.?« »Wenn man an unsere Berufsarten denlt, ist es doch ganz natürlich, daß ich etwas von ihr weiß.« »Es wird mir immer unverständ lichen wie Sie diesen abscheulichen Be ruf wählen konnten « Sie, so reich von der Natur bedacht.« »Wir betrachten meinen Beruf von verschiedenem Standpunkte Aber wir haben einen herrlichen Morgen zu sammen verbracht und ich habe jeden Augenblick genossen. Morgen sriih Muß ich meinen Weg fortsetzen« « »Morgen schon?! Unmöglich!« »Ich bin ein ZugvogeL und Sie wissen, dass man diese nicht in ihrem Fluge aushalten soll!« Sie kehrten in’s Hotel zurück und Ewerrad sah seine Gefährtin bis zum Diner nicht. Nach demselben ging das junge Mädchen in den Solon, dort setzte eH sich an den Flügel und wunderbare Zaubertöne drangen in den Speise saal. Alles schwieg plötzlich und drängte sich in den Salon, doch die Spielerin merkte nichts. Als sie ge: endigt hatte, herrschte Todes-stille ----- dann umringten Alle die junge Dame und fanden taum Worte für ihre Be n;underung· »Nur eine Frau vermag so zu spie: len.« rief der Engländer, »das ist Mifz F-« Die Künstlerin lächelte. »Das bin ich,« sagte sie einsach und ging aus dem Zimmer. Früh morgens, als sie das Hotel verlassen wollte, erschien Ewerrad. »Wie mir scheint, ist mir meine Ueberraschung gelungen!« »Und was glauben Sie, wird aus mir?« Sie neigte erröthend das Köpfchen »Klein» wilder Zugbogell Aber ich habe eine »wunderbare Jdee«. Jch sange den wilden Vogel und zähme ihn.« »Bei-suchen Sie es, doch Sie wis sen, wilde Zugvögel sind schwer zu zäh men.« Die beiden Bänse. Eine Hamburger Stizze von He r-: m a n K l i n i. Der alte Hans Petersen saß in fei neni weiten und schattigen Kragen mantel und seinem schwarzlackirten Zylinderhut auf einer umgestiilvten Holztiste und zog mit der Peitsche große Halbkreise um seinen Sitz. Ptöhltch holte er ein ungeheure-D erschreckend buntes Tuch hervor und schneuzte sich sehr energisch. Dann schüttelte er gedankenvoll das grau biirtige Haupt. -s— Das war ja einfach nicht zu glauben! Er versuchte wieder und wieder, sich die ganze Sache ein wenig klar zu machen —-— »s-« es ging nicht; es wollte ihm nicht in seinen alten Kopf. Er rechnete nach. Nächsten Monat, am achten, sollten es fünfzehn Jahre werden, daß man sozusagen Hand in Hand gearbeitet, Leid und Freud mit einander getheilt hatte; und nun sollte das plötzlich so mir nichts dir nichts aufhören! Fünfzehn Jahre! Ja, fünfzehn Jahre war es her, daß der junge hans ,,vom Militär« zu ihm gekommen war. Ein Unfall hatte ihn dienftnnfähig gemacht, und fo lamen sie zusammen: Her alte und der junge Hans. i; Die Augen wurden ihm beinahe feucht, wenn er daran dachte, wie fie um erstenmal ausfuhren. Der alte ganz wie ein König, hoch oben auf dem Bock, den Mantel neu, den Hut ineu und vor ihm in funkelnagelneuem Geschirr, als hätte man ihn eben aus m Sattlerladen genommen, der jun Ye Hans! Da wurde gefahren! Die Leute blieben stehen, und die jungen, gübfchen Mädelchen steckten ihre Räs » en zum Fenster hinaus-, um das mucke Gefährt mit dein Hänfepaar Durch die winlligen Straßen rumpeln iu fehen. ( ; Ja damals! Mit vierzig Jahren! Herrgott, da hätte man noch die ganze Welt umarmt, wenn sie es verlangt hättet Nie im Leb krank, ein trau teg Heim, ein treue , liebes Weib und zwei fleißige Kinder —- lonnte man es denn besser haben? Nun freilich war ja vieles anders geworden. Was hatte sich in den lum pigen fünfzehn Jahren nicht alles ge ändert! Die gute Mine lag längft draußen in Ohlsdorf unter einer gro ßen Trauerweide, dicht am Linsenge ftadex doch sie war nicht allein den dunklen Weg gegangen, sie hatte ihr Töchterchen Marie bald darauf in ei ner hellen Sternennacht zu sich in den ftrahlenden Himmel genommen. Und der Junge, der Johann, der war in leichtsinniae Gesellschaft gerathen und hatte sich gänzlich dem Vater entfrem det. Er fah ihn oft wochenlang nicht« und schließlich war er ganz fortgeblie ben. Der Alte glaubte, er fei nach Amerika ausgewandert, und er wollte auch nichts anderes wissen. So war er allein geblieben, allein mit dem jungen « Hans-. Eine einsam traurige Zeit folgte. Tagaus, tagein in Sturm und Regen unterwegs, und teine warme Stube, « us die man sich freuen konnte. Nur er Stall! Da war’5 den beiden Hän sen denn doch noch immer am liebsten gewesen. Und wenn dem Alten einmal das Herz so recht schwer war, dann ging er zum jungen Hans, klopfte ihm aus den Hals und sagte: »Ja, du büst een gooden Jung, min liitt Hans!« Und wenn ,,de goode Jung« seinen Kopf an der Schulter seines Herrn rieb, als wollte er sagen: »Ja, und ich wills auch immer bleiben!« dann wurde es dem Hans Peterson so leicht, so frei. als habe er einem lieben Men schen sein lummeroolles Herz ausge schüttet. Jahre vergingen. Die neumodischen Tarameter tamen auf. Nun ging das Geschäft schlechter und schlechter. Kei ner wollte mehr in dem alten Rum peltasten fahren. Der alte Mann auf dem Bock mit dem verwitterten Man tel und das alte tlapprige Pferd, dem man die Rippen zählen konnte — nein, lieber setzte man sich in einen solchen bequemen Neuen, mit dem man doch weit schneller und viel eleganter ans Ziel lam. « Gott, man war ja nicht brotneidisch, aber es wurmte ei nem doch mächtig, jeden Tag nach Haus zu kommen und immer sagen tu müssen: den ganzen Tag nicht eine Fuhre! — Doch Abends, wenn sie beide im dämmerigen Stall aus-ruh ten, dann sagte wohl der Alte oft zum Jungen: »Wi hebben doch teen Schuld, wat Hans? Wi nicht«-»Und nun war man am Ende. —- Nun sollte alles aufhö ren. Eben war die Stallthtir hinter dem Fuhrherrn zugefallen, und Hans Pe tersen saß allein. Ja. ja, es war wohl so das Beste Alte Thiere taugen nicht zur Arbeit. Sein Hans war heute das lehtemal aefahren. Und morgen sollte er in aller Frühe von dem Gesellen einer Roß ichlächterei abgeholt werden. ---— Das war doch eiaentlicb Ziemlich deutlich. selber der Alte bearisf selbst nicht, wes halb ihm das alles so unllar vorkam. tir fasrte sich an den Kopf —nein. et träumte nicht. Das trübe Licht der alt-n. blinden Stalllaterne wars ganz wie sonst seinen matten Schein in den :rauten Raum — nur vielleicht etwas dunkler. Und morgen Abend sollte alles aenau so sein wie heute; alles, nur da driiben auf dem Stroh, da sollte lein Hans mehr stehen. « Hans Vetersen blickte auf und erhob sich langsam. Stumm nahm er dem tr Uen Ge nossen das Geschirr ab. —- Zum letz tenmal. — Er leate seinen grauen Kopf an den Freund: Ali sannst dat möt denn woll so sient Dat läßt sich nu wohl nich än nernt« Blendete ihn das flackernde Licht? Oder war ihm etwas ins Auge gekom men? Nein, Thriinen waren es, die ihm den Blick verschleierten. Nicht beim Tode der Frau, nicht bei dem Begräbniß der Tochter war ihm so unendlich, so fassungslos traurig zumuthe gewesen. Gewiß, man nahm ihm viel, saft alles, aber ihm blieb doch immer noch ssein Hans. —- Und nun auch der! Daß er das erleben mußte! Und wenn der Hans erst weg war, was blieb ihm dann? Ein neues Pferd würde man ihm schwerlich ge ben. Der Wagen war auch schon nichts weniger als schön zu nennen. —- Also, was blieb für ihn? — Da würde es wohl eines Tages heiß-en: »Petersen, feh’n Sie sich man nach wat Anners um!« ——- Daß er das er leben mußtel —- Mit seinem braunen Handriicken wischte er sich die Theti nen von den Wangen. Dann schüt tete er dem Hans das letzte Futter hin. — Schön-en, goldgelben Hafer. »Da, min Jung, frißt« —Aber Hans fraß nicht. Als ob er wußte, was sich da soeben iiber feinem Haupt entschie den hatte. —- Der Alte setzte sich wie der-»auf die Holzkiste und stützte feinen Kon in beide Hände. Und sein-: Ge danken wanderten durch die Sommer nacht aus dem dunklen kleinen Stall tiker das Häufermeer nach dem stillen, großen Friedhof. Da läg die Mine. Daneben die kleineMarie. Die schlies sen. Auf der anderen Seite ein freies Plötzchem das sollte einmal später feine eigene letzte Ruheftätte werden. Ta ließ sichs wohl gut träumen und alles-, alles vergessen! Er hörte das leise Blätterraufchen der alten Weide: der betäubende Duft des Rosengefta des zog herüber und umfächelte ihn lind, und der milde Abendwind strei chelte ihm leise wie eine gütige, weiche Frauenhand die runzeligen Wangen. Die Uhr schlug vom Kirchthurm, fern und dumpf. Er hörte es nicht mehr.—— Als die leuchtende Morgensonne ihre ersten Strahlen durch das kleine, triibe Stallfensterchen sandte, kamen tsie Leute, um den jungen Hans zu holen. Der Karren polterte iiber das hold rigr Pslaster des Hoer bis vor den Stall. Die Männer hoben den Riegel und öffneten die Stallthiir. Sie fan den den alten Petersen todt auf einer Krippe sitzend, als wenn er schliefe. Und seine Züge waren noch wie im Schmerz verzogen. Und sie wanderten sich über den Zufall: Beide an einem Tag. Der alte und der junge Hans! Das vergessene Baby. Eine wahre Geschichte von Hans Meyer - Krafft »Liebe Luise, wenn du also wirklich zu Deiner Mama willst dann in Got tesdltanrenP sagte Herr Richter zu seiner Gattin. »Aber mich laß da heim bei dein Jungen bleiben!« Aber Adolf, es ist ja gerade wegen H rbertchen! Mama freut sich so auf ihr Enlelchen Der Junge muß auf alle Fälle mit und du auch!« erwi derte die Frau. »So, ich muß? Wo steht denn das geschrieben, Frau? Jch muß eben nicht und deshalb bleibe ich zu Hause, basta!« Der Mann sagte es be stimmt, und die Frau wußte, daß da gegen nichts zu machen war. Arn Tage der Abreise begleitete Herr Richter seine Frau mit dem Disz jährigen Herbert an die Bahn. Das Dienstmädchen trug den fefttäglich herausgepntzten, hübschen kleinen Kerl aus dem Arme und bedauerte nur, daß es nicht auch mit nach Berlin durfte. Marie aber mußte bei dem Herrn bleiben und für dessen Bedürf nisse sorgen, solange die Gnädige fort blieb. Der Ehemann gab seiner Gat tin noch alle möglichen guten Rath fchläge und schärste ihr wiederholtein, daß sie nicht vergessen solle, inEichem berg umzusteigen, da sie sonst nach Hamburg anstatt nach Berlin fahren würde. Er wußte, daß seine bessere Hälfte ziemlich kopflos zu sein Pflegte, wenn sie reiste, und deshalb sah er sie nicht ohne Besorgniß die weite Reise antreten. Im letzten Augenblick wäre er fast noch wantelmiithig geworden und mitgefahrsen, aber da war es doch Zu spät. »Na, behüt Euch Gott, Jhr Lieben, bleibt mir gesund und kommt bald wieder!« sagte er, als der Zug die Halle .verlteß. Ein letzt-er Kuß, ein letztes Winken mit dein Taschen tuch und er war allein. Die junge Frau hätte am liebsten geweint, als sich der Zug in Bewe gung setzte, aber dann behielten die freudigen Gefühle doch bei ihr die Oberhand. Sie dachte an Berlin an ihre Angehörigen, und mit Mutterstolz malte sie sich aus, wie sie jenen den Erstgeborenen präsentiren werde. Der tleine Mann verhielt sich sehr anstän 7dig, zuerst betrachtete er sich die Ge-Tii gend noch ein bißchen, dann bekam er F Appetit und trank sein Fläschchen. :’ Nachdem dies geschehen, legte ihn die-; » - sorgsame Mama in die Ecke zum . Schlafen, und bald schlief der Kleine «Z: ganz fest- i Auf der letzten Station vor Eichen berg stieg eine Dame noch ein, und II wer beschreibt Frau Richter'ö freudi- g ges Erstaunen, als sie in derselben-J ihre beste Freundin erkannte. « gab ein Begriißen, Fragen, ein Rede-IF ohne Ende! Jn all das Glück til-cis . tönt des Schaffners Rus: »EicheR-X-; berg, nach Berlin u. f.w. umsteigenl« - »Ach, da muß ich ja heraus, i ·Liebfte!« ruft Frau Richter aus. "" . »Schnell, fchnell,« mahnt dieFtetms din, die ebenfalls umsteigen muß. , Die beiden Damen verlassen rasch · den Zug, der eifrige Schassner schließt - .. schnell die Thitr und fort geht’s. » Frau Richter sieht sich mit der Freun-» J din nach dem Berliner Zuge um,,»da« f heißt es, daß derselbe in einer Minute 43 abfuhren werde, und jetzt fällt der ; jungen Frau erst ein, daß sie doch sp ihr Kind bei sich hatte. Mit einem oerzweifelten Schrei: »Mein Her-bett- 1 chen, mein Junge!« eilt sie fort nach » dem Bahnsteig, wo der Hamburger « Zug gestanden hat, der natürlich schon fortgefahren ist. Die verzwei felte Mutter weint laut, und es ist gut, daß die Freundin jetzt bei ihr ist. Diese handelt fiir die Trostlose.—2— Ein Telegramm wird sofort auf gegeben und nach der ersten und zwei ten Station spedirt, wo der Hambur ger Schnellzug anhielt: ,,Kind Coupe 2. Klasse zurückge lassen, nach Eichenberg retour mit Schnellzug 42().« Der Bahnbeamt—e, welcher das Tele gramm aufgiebt und türzt, muß für sich lachen. Er tröstete aber gutmüthig die arme Frau Richter. Jhrein Klei- Hi nen werde nichts geschehen. Bis 5Uhr werde das Kind wieder in Eichenberg sein, und die Damen könnten den Schnellzug 6Uhr 30 nach Berlin be nutzen. Freilich kommen sie dann erst mitten in der Nacht an, aber das thut ja nichts. .Die Freundin giebt noch zwei weitere Telegramme auf, eines an Frau Richter’s Eltern und eines an ihren eigenen Mann. Dann be giebt man sich zusammen in· das Re staurant und trinkt auf den Schrecken eine Tasse Kassee. Natürlich sitzt die Mutter Herbertchen’s wie aus Kohlen, lsig der Schnellzug 420 in die Halle braust· Die beiden Damen laufen aufgeregt die Wagen entlang, da steigt aus einem Wagenabtheil 2. Klasse ein rärtiger Schaffner und hält den zu tiickgelassenen Kleinen auf dem Arm. »Mama«, schreit der schon von ferne, als er seine Mutter erblickt. Er ist aber ganz munter. Er hat gut aus igeschlasen und ’s ist ihm weiter gar intchtg passirt. Nur Hunger hat der Itleine Mann, wie er gleich zu ver i wiss - .«.. s stehen giebt. : »Dein Himmel sei Dant, daßl du »Weder bei mir bist, Liebling!« spricht »Frau Richter und bedecktde Kind »mit Küssen. Jhre praktische Freun ;din aber drückt dem fchmunzelnden JEisenbahnmann ein Fiinfmarkstück in ; die Hand. ! —-—-—— s Selbstverståudtiche merkten-. i Reginald de Koven betrat ein Re jstaurant in New York, um seinen ILunch zu nehmen. Als er dem Kell Iner seineOrdte gab, bemerkte er, daß dieser noch steh-en blieb, als ob er ihm Hetwas zu sagen hätte. s »Nun, was gibt’s?« fragte der !Komponist, von seiner Zeitung auf ’ blickend. -»Verzeihung mein Herr,« sagte der Kellner, erinnern Sie sich meiner nicht?« »Nicht, daß ich wüßte« »Ich habe doch in einer Ihrer Theatergesellschaften gesungen.« »Ah, richtig!« sagte Koven, nach dem er einen Blick auf das Gesicht des Kellners geworer hatte, Jetzt erin nere ich mich. Sie hatten doch eine Rolle in Fory Quiller!« »Ja wohl! Ich glaube, Sie wer den ein wenig überrascht sein, mich hier als Kellner wiederzufinden.« »Nein, absolut nicht,« war die Ant wort, »ich habe ja ihren Gesang ge hört.« NO Jota-V- sen-ach Ein sogenannter Mondscheinbren ner aus den Bergen von North Caro lina stand vor Gericht. « ,,Angeklagter,« sagte der Richter-, »wie heißen Sie?« ,,Jofua!« lautete die Antwort. »Ah! Sind Sie der Mann, der bei Gibson die Sonne stillstehen ließ?« fragte der Richter schmunzelnd »Nein! Der bin ich nicht,«' lautete die in treuherzigem Tone gegebene Antwort, »ich bin der Mann, der den »Mondschein« gemacht hat.« - i ! ( E .«