Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 31, 1907, Sweiter Theil., Image 8

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Am Verlobungstage
KriminakRoman von Auguste Groncr.
· «
L« «c,,
. «
vits
WM
IÆW -« «
- - - - - - - - --—- M
IT
f v f (;.8. Fortsetzung)
"Siebzehu Minuten später hatte der
Zug Prerau erreicht. Durand ließ
ein Fenster nieder und neigte sich hin
aus. »
Die Bahnhofsuhr zeigte gerade ein
Uhr.
« - Es war eine nehliae, naßtalte
Nacht Das Licht der Gaslaternen
hatte nicht viel Kraft· Jede der blei
chen Flammen war von brauenden
Diinsten, denen sich der Rauch der
« Lokomotive zugesellte, verschleiert. .
Der Bahnhos bot ein trübes-, em
fast gespenstisches Bild, einen Anhlict,
der wohl niemand heiter stimmte
s Dur-and aber schien heiter zu sein«
- denn er sah recht animirt umher, xa
- er psiss sogar. Er psiss »Nie sollst
. du mich befragen« aus Lohengrm·
« Aber es mußte ihm wohl gleich zum
- Bewußtsein kommen, wie wenig rück
- sichtsvoll solch musikalische Aeußeruni
· n gegenüber seinem Reisegenossen
-— jen. denn er stellte sie sofort wieder
sen.
Als der Zug weitersuhr, schloß er
isnch wieder das Fenster und driiettei
Ich fröstelnd in seine Ecke.
Aber auch ietzt wehrte er den Schlaf
I- ab. Er durfte sich jetzt aus keinen
Fatl mehr der Ruhe hinkt-eben
Mähriseh - Weißtirchen, Zauchtel,
«Stauding, Schönhrunn wurden aug
;gernsen. Dnrand betrachtete sich ae-i
»qu die wenigen Passagiere welche aus J
- den Nachtschnellzug warteten. Nichts
H einer entging seinem scharsen Blick.
Einmal sah er gähnend nnd mit;
. 2s allen Zeichen des Gelangweiltseins aus !
· seine Uhr, stand dann aus nnd recktei
, " , wie bitter-, dem dassStilläsitzent
" nznr itaan it, lie auch
, weder ein wenig das Fenster herab
Esparsett nahm ein paar Athemziige fri
« Echte Lust ein.
DenI kam man endlich ganz saht-—
planmäßig nach Oderbera.
Durand hatte. voraus-sehend daß
»s« Coirnar ihn beobachtete, schon etliche
J- Minute-n bevor man die Station er
"s" s« reichen konnte, sein Kursbuch heraus
Ip- gzogen und halblaut Ankunft-E-- und
ksahrtszeit des Zuges irn Hinblick
Haus die nahende Station abgeiesen·
»Ro, sünfundzwanzig Minuten
g. Jus-et lt,« brummte er. »Da kann
mn ch während des Rangirens
Hiszjj Bein ein bißchen die Füße oertteten,«
i
i
NO
- te sieh daraufhin den Uebeerck an
" gen, die Mütze ausgesetzt und
z — nun angelegentlich den matten
innern der Station entgegen, welche
M nähertarnen
—- Und als der Zug in Oderherg hielt,
:- Iieg Dnrand sofort aus.
»»—-- Colenar that, als erwache er gerade.
H :»»,«,Wo sind wir denn?'« rief er Durand
»Ist Oderberg,« antwortete dieser.
«Lnssen Sie lich nicht stören. Unser
Wagen wird mit verschoben. Oder
wollen Sie auch ein wenig an die Luft
lonnnenZ«
»Ach-nein Ich bleibe lieber hier«
H weich bin," klang eS verdeießlich aug!
dem Wagen zu Durand hinab, Der
bereits auf dem Teitttbetet stand.
Jetzt ging der Doktor über die Ge
— leise zu dem Batrnsteig hinüber. Es
waren außer ihm noch etliche andert
Reifende ausgestiegen und wartetenl
darauf, den neurangitten Zug bestei:j
gen zu können. So aab es also ein»
irr-lich bewegtes Leb-n auf dem«
chnhofe. auf welchem ja auch alle die
«diensthabenden Beamten hin und her:
eilten, da und dortRnfe und Befehle
but wurden und weiße, rathe und
eine Lichter ausmacht-en und wieder
verschwanden
schloß, als Durand den
Wagen verlassen hatte, nach einem tie
Atheinzuge die Augen. Nicht daß
, an schlafen hoffte oder einschlafen
te, nein, et wollte nur endlich völ
Dunkelheit um sich haben, wollte
lich nichts mehr sehen.
Wenn et nur auch allen anderen
, « n zu entrinnen vermocht
»e! Aber das zeitweilige Geschüt
des Wagens, das Kreifchen de:
jin nnd das spröde llingenbe Zu
Hsfchlagxen der Puffer quälten
» « »so wie die einzelnen Rufe und
Sei-einsche, welche von drau
um«
als der abgelappelte und
tu hängte Wagen, darin Col
M chøn seit Stunden ruhelofen
" llen Gedanken nachhing,
M in Bewegung feste, unt
« anderes Gekeife zu kommen,
III neues Geräusch hören-—
- oder noch besser gesagt eine
f Das Lohngeinthema »Wie
M Magen« klang ganz
W aber noch verstehn-lich
W Ohr-. »Er dachte an
s anderes dabei als
»sp. nnd daß er sich qui
» He -· » des Mariens
set-IMMEN- Es
c -" tn —e
W te- aber
ste, war schon an der Station vorbei
gefahren, und manövritte jetzt ziemlich
xmeit draußen im zweisachen Dunkel
der Nacht und des Nebels. in das
iColrnarZ weit geöffnete Augen hin
I cnsstarrterr.
»War das ein Verständigungszei
cherti" fragtest sich ganz laut. Seine
.«3tirn1ne war heiser, sein Gesicht bleich
vor Erregung. nnd seine Hand legte
sich auf die Klinke der Wagentljiin
Diese war nicht geschlossen« sie
"tlappte aus, als Colrnars Hand so
schwer aus ihrer Klinke lag. Jenmet
breiter wurde der dunlle Spalt. Es
war, als ob die Nacht zu ihm herein
wollte —- die finstere Nacht, in welche
dcr bleiche Mann rnit gierigen Augen
hinaussah.
Einen Moment lang schien es, als
wolle er das Coupe verlassen, »aber er
thates nicht. Er schloß die Thür, zog
si it seine Ecke zurück und wickelte
si siedet in seinen Blatt-. Es schlu
gen ihm dabei die Zähne zusammen.
Er fühlte nach etlichen Thatfachem
die er in seinen beiden Röcken hatte,
und murmelte: »Das alles hat noch
Zeit-—hat noch immer Zeit.«
Lauschte et auf all die natürlichen
Geräusche, die zu hören waren? Oder
lauschte er auf den Gang von Ereig-v
nissen, die sich vielleicht jetzt, wenige
Schritte von ihm, abspielten und die
ilzn sehr, sehr viel angingeni .
Jent stand sein Wagen wieder knapp
vor dem Bahnsieig.· Die Passagiere
schickten sich an, einst-steigern Die
Schaffner eilten den Zug enilang und
öffneten die Thüren: auch diejenige
des Wagenabtheils, darin Colmar sich
befand, wurde geössnet.
«Trzebinia, Schasfner, zweiter
Klasse. Nach Trzedinia fahre ichs« rief
eine helle France-stimme Jm selben
Augenblick flog schon ein Köfierchen
nnd ein Katton ins Caupe.
»Trzebinia! Da steigen Sie nur
hier ein,« sagte gleichzeitig eine Män
nerstirnme, und eine Dienstmiitze
wurde sichtbar und der schwankende
Lichtschein einer Handlatetne. Gleich
daran kletterte ern schlanteg junges
Mädchen ins Coape und ließ sich nach
schlichter-nein Gruße, der nicht erwidert
wurde. gleich neben der Thitr nieder.
Sie mochte sich ein wenig scheuen vor
dem nnheimlichen, stillen Klumpen.
der die andereEtle des Sises ein
Ushzss «
sie harte oermuiouch am neofien
das Coupe gleich wieder verlassen —
es sah wenigstens so aus-, denn ihre
Augen suchten den Schasiner —- und
dieser kam auch gerade daher. Das
hübsche Mädchen erhob fich und öff
nete schon den Mund, aber es tani
nicht mehr zum Reden.
Der Schafsner schloß soeben die
Thür. Da schrat die junge Reisende
auch noch aus einem anderen Grunde
zusammen. Denn der, welcher sich
bisher nicht gerührt hatte, der stand
jetzt plötzlich dicht neben ihr und schrie
zum Fenster hinaus-: »Da soll noch
ein Herr einsteigen!«
Der Schassner achtete nicht aus tie
se:iRuf, der war schon weitergeeilt.
Das Mädchen aber duclie sich jegt
noch ängstlicher zusammen, und i r
Reisegefährte Eig, eine Entschuldi
gung murmelnd, zu seinem Sitz zu
rück.
Der Zug war schon in Bewegung.
Eine Minute später oerschwadnen die
letzten Lichter der Station pderberg.
Durand wußte, schon seit er Wien
verlassen hatte, daß er in Oderberg
oder wohl auch schon früher irgendwo
mit Klesing zusammentreffen werde.
Diese Kenntniß hatte ihm das vor der
Als-fahrt übernommene Telegramm
vermittelt, deshalb seine wachsende
Aufmerksamkeit, seit man Oderberg
zimmer näher kam. Als er auf dieser
Station den Zug verlassen hatte, ve
aab er sich, wie schon erwähnt. aus
den Bahnfteig konnte aber Klesing
nicht so leicht entdecken. Und als er
endlich seiner gewahr wurde. befanden
sich ziemlich viel Leute zwischen ihm
und dem Agenten, der ihn noch nicht
entdeckt hatte. Da war es, daß Durand
noch einmal das zwischen ihrn und sei
nen lfern ein für allemal verabre
dete ignal pfiff, woran Klesing, ihn
erwartend, stehen blieb.
»Du lieber Gottl Wie schauen denn
Sie ausl« -
Das war Durandz Gruß, und er
paßte recht sehr zu der tlägli Ueber
raschung, welche Klesin s usfehen
jedem geboten hätte, der hu bei seiner
Abfahrt wnWien noch frisch und ge
sund Fesehem
Die eine Hälfte feines Koper war
verbunden, nnd eines seiner Augen
sowie ein Theil seiner Wange waren
hvch verschwvllstt .
Gleich nistet-her saßen die zwei im
Iestamatronszimmer beisammen, wo
Dur-end schon Thee fin sichansgetras
gen fand. Und während her Doktor
vie willkommne Labung zusichnahrn
und dabei die Thitv des Lolales im
Auge behielt, berichten der Agent über
sein Insel-fasset Erledan und über
noch cserlei andere-.
» BA- anig Stunden vor
;tee-.W sm. im sorge-»den
. Mund-hielt Idee Zug in Odeer
W
s . l
als ein sabnbearnter die Wdei
ientlang ging und mehrmals Maus-l
ries. daß sur Nadja Mssiletv ein Te
»legranirn da sei.
«Nadsa«——dieser Name schlug a
waltig an Klesin s Obr. Als derFes
amte ihn undde anderen Namen Juni
Zweiten Male ausries, notirtestch der
lgent rasch diesen zweiten Namen,
dann ließ er das Fenster herunter und
steckte den Kopf hinaus. Da latn beim
Nachbarsenster auch ein Kopf um
Vorschein. Es war ein htids r,
blonder Frauentops.
»Das Telegrannn ist an mich e
richtet. Bitte, mein Herr, geben "ie
es mir.«
So bateine tiese, tlangvolle. der eit
ein wenig behende Stimme. Natür
lich, man wird erregt« wenn tnan with
rend einer Babnsahrt, nach dazu
Nachts, ein Telegramm erhält.
Der Beamte zögerte mit der Ueber
gabe. »Gniidige können sich legitimi
ren?« fragte er. »
»Sogleich,« antwortete die Dame
und verschwand vorn Fenster. Nach
kurzer Zeit kam sie wieder zurn Bor
schein und reichte dern herrn ein Pa
pier. Es war einsNeisepasz.
Der Beamte wintte einen Bedien
steten, der eine Laterne trug, herbei
Und wars einen Blick aus das Papier.
»Seht wohl, meine Gnädige,« sagte
er alsdann, reichte ihr den Paß und
das Telearanxm, griff artig an seine
Mütze und zog sich zurück.
Um diese Zeit verließ Klesing sein
Conpr.
«Achtung! Es wird vers oben,«
schrie ihm der dienstbabende eanite,
der soeben vorübereilte, zu, und da
gab es auch schon dem ganzen, noch
ungetheilten Zuge einen Nack, lösan
sich etliche Wagen tot- und rollten
sammt der Lolomative aus die Strecke
hinaus.
Jrn letzten dieser Wagen, die da ent
führt wurden, befand sich Nadja.
Einen Augenblick lang schaute Klei
sing dem ver-schwindean Wagen
nach, dann ging er in das Telegrw
pbenbueeau des Babnbosez.
Aber er sand den Beamten dort
nicht. Es war nur ein Diener anwes
fend, ein nicht übermäßig intelligenter
Mensch, der sich, was ja übrigens von
seinem Standpunkte aus ganz richtig
war. nicht dazu berbeiließ. ir end
welche Austiinste zu geben. sa rn
den Fremden an den eInst-citat wies,
der ja ohnehin gleich isnunen uiissr.
Wer aber nicht lam, das war der
Hle Jnipeltor.
Sehr erklärlich. Es galt ja, etliche
vierzig Personen unterzubringen
böbere Beamte, welche von einer Kan
serenz tatnen nnd natürlich bequem
verforgt sein wollten.
Da hatten dann die Herren vorn
Dienst alle Hände voll »zu thun, und
Rlesing war gezwungen. sich in Ge
duld zu sassen und schließlich die
Hoffnung auszugeben. den Inhalt des
Telegramms zu erfahren.
Fatal war ihm das natürlich, aber
er tröstete sich mit dem Gedanken, daß
der Text der Depesche ja später festge
stellt werden tannte, und machte sich,
als der Zug langsam wieder zur Sta
tion zurückkehrte, bereit, wieder sein
Eoupe anfzusucherL
Er hatte sich dessen Nummer ge
merkt, aber es hätte dessen nicht be
durft, sah er doch dicht danebenNabjas
schönes, es wollte ihrn dünken jetzt et
was blassesGesicht hinter der spiegeln
den FenstertaseL Er hielt gerade da
rauf zu, als etwa ein Dunend Herren
gich zwischen ihn und sein Ziel scho
en
Die Schasiner hatten schon die
Wagenthüren geöffnet —die Herren
stiegen ein. Klesing begriff natürlich,
daß er für sich allein nicht ein ganzes
Coune beanspruchen könne, aber seinen
Platz wollte er doch wieder haben, und(
deshalb drängte er sich vor. Aber er
tainschon zu spät. Das Coupe war
bereits besetzt.
»So össnen Sie doch hier«« rief er
dein Schassner zu « und zeijzte auf
Nadjas Coupr. Da tauchte der Be
amte neben ihm aus und erklärte be
stimmt, die Dame reise irn Frauenabs
theil und dürfe nicht behelligt werden.
·rn zweitnächsten Wagen seien nach
lii e genug.
as wollte Mesinkä machen? Er
ging, es war schon ie höchste Zeit,
wobin man ihn gewiesen hatte.
schwang sich ärgerlich aus den hohen
Tritt und lag irn nächsten Augenblick
aus dein Eisenbahntörper· Eine Oran
genschale, welche aus dein Tritt gele
n, und die rnan später aus der Sohle
eines Stiefels sand, hatte ihn zu Fall
gebracht.
Er wußte ei nicht, daß der Zug
ohne ihn weitersuhr. Als er aus seiner
tiesen Betäubung zu sich lam, besaud
er sich in der Wohnung des Stationd
vorstandei unter den könden eines
Arztes, der soeben d Bewertun
machte, daß ei ein Wunder sei, da
er sich beim schweren Ausschlagen aus
das Trittbrett des Wagens nicht die
Schädeldeete zertrümmert habe.
Klesing machte sich übrigens aus
den- Zuftande seiner Schödeldecke viel
weniåer als aus dein Umstande, daß
die »uan nun allein davon fahren
sei, und day pro-h er, vie icht in
Tilgt ganz lt säheer Akt-Z Zus. träg
«ret runzurete
und ihm bks aus weiteres voll-teur
nienfte Ruhe verordnetr. «
Troj oder vielleicht wegen seinee
erregte-s Wehe penehes wan enan
i in die Ruhe adurch aus da man
i allein lies, dknn ei biieb nur ein
bei ihm ern Als-MS der teine
III W hatte, was der traute
Meu- II has legt-. —
«
Crit ntskll ib S Uhr Morgens
kam der Stat sporttasd wieder,
um nachzuschen, wie ej mit dem Ver
ungliickten siebe. Er fand« n wol-l
matt nnd siebetnd, aber doch neinein
Zustande, der ibn nicht daran zweifeln
Ließ, daß der Mann bei iiarem Be
wußtsein tei. Undda lain es zu Tage,
, was er denn eifentlich wolle. nnd wer
Hund was er se, und da gin n end
zlich die Depeichen nach Gransen. nach
TKbratau und jene andere nach Wien
a .
Und etliche Stunden später fuhr der
bandagirtr, verfchwollene Klesing,
nachdem er auch noch einen Brief an
Herrn v. Eichen« geschrieben, eine De
pefche aus Kralau und von dem Sta
tionschef etliche Winke erhalten hatte,
weiter gegen Norden.
Unterwegs batte er noch einmal die
Kratauer Depesche gelesen, davon ein
Duvlilat auch an das Wiener Sicher
beätsburseau abgegangen war. Sie
lautete: »Ein dem '3uge, der um 5.26
hier eintraf, befand sich die bewußte
Persönlichkeit nicht« Jeder folgende
Zug wird im Auge behalten werden«
Absender dieses Telegramms war
der dein Kraiauer Bahnbof zugetheilte
Polizeibeamte
Jn Trzebinia erfuhr Klesing, daß
eine blonde Dame in Trauer den Wie
ner Zug verlassen habe und auf der
rutsitchen Strecke weitergefahren sei.
und in Granica brachteer in Erfah
rung, daß die bewußte junge Dame
richtig die Gten e passirt habe.
Und als er, n Gegenzug erwar-»
tend, mit einem österreichischen und
einem ruisischen Kollegen in derBahn
tzoisreftautation saß, erfuhr er so ganz
nebenbei, daß drei Tage zuvor eine
sittliche Frau. die, aus Franlreich
kommend, nach Rußland zurückkehrte
beim Wechseln des Zuges von einem
russiichen Polizeiagenten in Empfang
genommen und von einer hierzu be
stimmten Frau einer Leibesvisitation
unterzogen worden sei, wonach ihrs
erst die Weiterreise gestattet worden
war.
Diese Frau, die Gattin eines nach;
Sibirien Verschiclterk heiße Malachowl
und stünde gleich allen, die mit ihr«
verkehren, unter dem Verdachte politi
scher Umtriebe. .
Nun, Frau Malachow interessirtet
Klesing sehr wenig. Er berichtete Du- i
rand auch nur ganz flüchtig von die-l
tem seinem Gespräch mit den beiden
Polizeibeamten
lind als er darauf zu reden lam,
berauben sich er und Dur-and auch nicht
mehr in der Reftauration des Oder
berger Babnhofeö, sondern fuhren in
einein der leßten Wagen des Zuges,
in welchem das junge Mädchen sich so
sehr vor dern blassen Manne fürchtete,
welcher zuerst ihren Gruß nicht erwi
Pert und gleich danach munter nebeni
ri:: gestanden hatte. j
Daö iingsiliche junge Ding ichliei
in dieser Nacht nicht mehr, und sie
wußte ganz genau daß auch ihr Reife
geiiihrte nicht« schlief, denn wenn dieser
sich auch völlig regungslos verhielt,
io aihniete er doch nicht wie einer,
der ruhig schiäii, sondern eher wie
einer dem die Luft zu knapp wird.
Tehaib war dieKleine herzlich froh,
ais man beim Morgengrauen nach
Fräedinia kam roo sie den Zug ver
It
Und nebfi ihr und anderen verlie
ßen ihn auch Durand und ein Mann.
dessen halber Kon von Binden ver
hiilli war.
Ader nur Durand irai an das
Coupe heran, in welchem Colmar fris
stelnd in der Eae iauerte.
»Na, sieht man Sie endlich!«j
knurrte dieser Verdrossen, als Durands i
Gesicht oor ihm auftauchie. »We) wa
ren Sie denn?«
»Ich habe mich bei meinem Thee ein
wenig oerspiitet und konnte gerade«
noch in den letzten Wagen springen,«
war Durandö Erklärung und dann
fette der Doktor hinzu: »Aber wenn
Sie von sent an das Vergnügen mei-— of
ner Gegenwart genießen wollen.
miiiienry oie den Wagen wechseln. Jchl
fahre niimlieh nicht nach Kraiau.a i
Dabei hatte Durand das Coupe be
treten und bemerkt, wie sehr erschroi- ;
ien Coimar war «
»Ja. es hieß doch-—« stammelih
er.
Durand guckte die Schultern szWasz
wollen Sie? Wir müssen oii unieee1
Dispositionen dndernf
Col-nor hatte sieh erhoben und orisf
gieieh Durand nach seinen Sachen. »
»Alle kommen Sie rnit?« sragiej
Durand
Was soll ich denn than entgeg- -
neie der andere oerbissen «
« Ah! Sie sind doch ein seeierI
Mensch. Und Sie wollten doch nach?
Kraian fahren. Ich will Sie nicht
daran hindern-« «
Und wohin fahren Sies«
IDat weiß ich neeh ni -
MWie es in des Vaters ngen ani
»Ist-ema- view- ists Hei Ihm
sagte er fest viel ruhigkb als er ee
noch soeben gewesen war. »
Z Und danach verließen die beiden den
US-·
Der Mann mit dem verbundenen
Kon war-nirgends mehr zu sehen.
Aber er war doeh ganz nahe. Er
fiand hinter einein has-beladenen Ge
Mittagen nnd beobachtete die beiden.
. Ja, wie isi das denn? Sie sonnen
gar nicht iibee die Ganzes sagte
Dur-and piötzllch stehen bieibend zu
Sol mar.
»Warum denn nichi?« meinte dieser.
»Sie haben ’a ieineäepap
-«Ueber del alers ichs verbrei
tete sieh eine jiide Why ais er ent
Der Lehmann als Freie-.
s —·. .« ’."---.«·-2s..-7·’· 4 »Es-k- - W
! »... Also, wie gesagt, ich bedauere, Ihnen die Hand meiner TOÆ
nicht geben zu können! Leben Sie wo lsp
»Aber deswegen komme ich ja!«
E egnetex »O doch.«Jch habeia vorge
? bi, zu reifen, und so bm ich mitali
«lem dazu Nöthi en versehen-"
»Na, das Frist sich gut,« meinte
glqichmiithig Dur-and und betrat das
fest recht unfreundlich aussehende»
« Bahnhofsgebäudr.
Etsch ihn nicht« aber et fühlte den
grimmigen Blick Erinan der lang
stztm ganz langsam hinter ihmhet
gmg.
IS. Kapitel.
»Allo, warum reisen wir jetzt aus
einer anderen Linie?« waren Col
marö erste Worte, als er und Durand
einander im Warichauer Zuge. der
schau auf den Zug aus dem Süden ge
wartet hatte; gegenübersaszen.
Col-nor war jetzt ganz Freundlich
leit. Er spielte den Jnteressirten, aber
im Grunde doch Harmlosen ganz aus
gezeichnet gut. Es war nicht die aes
ringste Unruhe in seinem Wesen. keine
Spur von Lauern in seinem Blick. i
Durand tonnte sich feineRuhe nicht?
erklären, denner mußte nicht, daß ein
Achselzueten sie ihm gegeben hatte. j
Ein Achselzueten, ja nur ein Lllebselsj
zucken war die erste Ursache der ver-;
ttsiiltnißmäszig wirklich großen Ruhe,
in der Colmar sieh derzeit befand-.
Als Durand vorhin in dem ziemlich
dunllen Restaurationsraum fiir einige;
Minuten mit einem Manne zusarnsx
mentraf, mit welchem vorher Klesmaj
ein paar Worte gewechselt, hatte erj
nicht darauf geachtet, daß er neben
einem offenen Fenster stand, welches
aus den Bahnsteig hinaus die Aussicht
gewährte, und wußte nicht, da Col
rnar sich dicht neben diesem »- nster
postirt hatte —- Colrnar und noch
einer, aus welchen der ganz mit Lau
schen beschäftigte Maler nicht achtete.
Dieser andere hatte den Kopf verhun
ten, er schien des blossen Mannes-i
nicht zu achten, neben dem er stand,i
bemertte aber gleich wohl den jähen
Mienentoechsel in dessen Gesicht. wo
nach er. an ihm und dem Fenster vor-l
überschlendernd, Durand sich soeben
auz dem Restaurant entfernen sah.
Ein Achselzucken deä Mannes, mit
welchem Durand geredet hatte, unol
nachdem dieses seine Aufmertsamteit
erregt, hatte er auch einige Worte ver
nommen. nichts von dem, was Du
rand geredet« wohl aber was der an
dere geantwortet hatte
»Daß sie den Namen der altenFrau
nannte, weiß ich ganz genau, und auch
diese trug Trauer. Aber es war tein
Grund da, sie aufzuhalten und ihr
eigentliches Neifeziel zu ersorschen.«
Das hatte der Mann gesagt, hatte
alsdann trotz seiner Ziviltleidung mi
lititrifch gegrüßt und gleich danach war
Durand aus den Bahnsteig hinausge
treten. wo Col-nat jetzt langsam aus
und nieder ging.
Eine Minute später stellte er im
Coupe jene Frage an Durand, und
dieser antwortete: »Warum wir jeßt
aus einer anderen Linie unsere Fahrt
sortsehent Weil Nadia Kissileto auch
hiern- die Nordhahnstrecke verlassen
«Mssilero« —- das schlug ein. Col
mar lniette völlig zusammen. Er
mochte nicht, gleich WasiliAlexin, der
Meinung fein, daß eine Kisstlew im
heiligen russisehen Reich schwerer aus
zustndea set. als eine Sterlle in
einem Denschoben Eine Weile starrte
er ans sasfunasldz sein Gegenüber
san, ana zwan? er sich zu einem Lä
cheln und se et-»Wet sagt es, daß
hie Dame M leto hetßlt«
T » he M Er ist ganz ordnungs
smäß ausgestatt«
; »Dann- wissen Sie wenigstens. von
wo ihre Reise ausging,« wars Colmar
ieafch ein.
I« Duraad dachte: »Weißt du es wirt
lich nicht, wo Rat-ja wo· nts Oder
hpiaa du mir den usw« sent —
s « densalli reisen wir einstweilen nach
chau,« sagte er laut.
Sol-nat schien nichts dagegen einzu
wenden u lern. sagte nur bedau
ernd: . a ann ich Ihnen leider nicht
tbehilflich sein — ich hätte alternati
in Kralau jemand ausfindig machen
Mienen- der Nat-ja »tennt. alter sonst
weis t irr-der weiten Welt niemand,
dzn ei um ihren Beet-leih staan
t« nn e.« .
i
»Mir isi es schon dienlich, W
Sie überhaupt bei mir sind«, tatst
Durand, den Maler dabei iesi us
Auge fassend, was diesem Licht
unangene war. »Wen ü ri
hätten Sie denn in Kratau nach der
jungen Dame fragen-können?« fuhr
Durand fort.
Calmar dachte noch ein Weilchen
nach, ehe er antwortete: »Es lebt
dort ein Fräulein Therese Lubinstch
eine entfernte Verwandte Nadjas.«
»So. Wo wohnt sie denn?'·
Jeyt überlegte Colmar nicht mehr,
er mußte mit sich darüber einig e
worden sein, daß es ungefährlich ei,
den Namen und die Adresse dieser
Dame zu nennen·
«Jn der Grodztastraße, neben dein
Gebäude der juridischen Fakultät,
wohnt sie'«, sagte er. Dann zündete
er sich ein wenig umständlich eine Ei
garre an.
»Was ist diese esfrau?'«
Der Maler wurde über die Konse
quenz, mit welcher Durand bei diesem
Thema blieb, merklich betreten. »Die
Tame ist nicht verheirathet, und mehr
weiß ich nicht«, sagte er verdrossen.
Durand fragte nicht mehr. Er
blätterte ietzt in seinem Kursbuch und
machte darin eine tleine Notiz. -
Colrnsr hatte sich erhoben und
war, Dur-and tast den Mitten zuwen
dend. an das andere Ende des Coupes
getreten. Er betrachtete die immer
heller werdende, aber keineswegs reiz
volle Gegend mit einer Aufmerksam
leit, deren sie sicherlich nicht werth
mark
Er sah sie wohl auch gar nicht —
er dachte gewiß an ganz anderes als
an die verschneite Fläche, durch welche
der Zug hineilte und ans der da und
dort ein armselige-Z Gehöst auftauchte.
Weshalb hätte sich sonst seine hand
so lrampshast zur Faust gebaut. wes
halb hätte sich sonst sein Gesicht so
verzerrt? Er achtete in seiner Ver
snnlenheit nicht einmal darauf» bog
der Spiegel, der in die Coupewan
eingelassen war, verrieth, in welch
verzweifelter Stimmung er sich der
zeit besond
Durand aber, der achtete daraus,
und der Blick, mit welchem er des
Maler-S Ipiegelbild studirte, war
recht düster, aber auch voll Mitleid
Aus der Grenzstation Granica ob
er, von Eolniar unbemertt, "Kleing
einen Austrag, woraus dieser aus der
Station zurückblieb.
Jn Warschau angekommen nahmen
die beiden herren in der Kralauer
Vorstadt in einem vornehmen Hatel
Quartier. Sie hatten zwei nebenein
ander liegende Zimmer gemiethet.
»Und was geschieht fehlt" fragte
Colrnar, als er« nachdem er Toilette
gemacht, in Durands Zimmer trat.
Er schien wieder ganz gleichmiitbis
zu sein.
»Jetzt gehe ich zum hiesigen Poll
zeiamt und werde dort erfahren, is
unter den seit gestern hier Angeln-ne
inenen eine Nadsa Kissilew ist."
»Und wenn sie nicht hier ists«
Colmar lächelte unt-neulich
»Dann werde ich sie eben einige
Tage später sinden.« Durand hatte
schon den hat in der hand. «Bleihen
Sie hieri« stagte er.
«Ja.«
Colmar ging wieder in sein Zim
mer. Jn der nächsten Straße nahm
Durand einen Wagen und suhr zum
Telegraphenamt dann erst ließ er sich
zum Polizeiarnie bringen
(Fstlschlms MAX-) i
W
Gras Tolstoi meint, daß eg sen ho
sten ware, wenn die Rassen den Se
setzen leine Beachtung nrehr schenkten
und wenn jeder einzelne tue, was ee
siir das Beste hielte. Ja, wurde das
denn hisher·nicht schon so gehalteni
«- i s «
Nu land entsendet also keine
nach eine-tonm. Schade. Eine klei
MentereiTv der Mater-sen Vaters-II
wäre sicherlich ein Schaustita ersie
Masse aus der on Sehenswtirdigletten
so armen Ansstellung gewesen.
t i c
en- det Tod-essen m amec- in
det ich est die Flamme einer nxnes
ho sung an.