Staats-Zuzug« Und THATng
.---·—.
Jllhkslllls 2 71 « —W L d
Graun Ists-nd Nil-k« 17. Mai 1907 (Zweitek Thci1.)
No. 38.
Drunten am See der Kirschbaum
Blüht so wunderbar,
Steht in sich selbst veezücket,
Als brächt« er Opfer dar.
Gesegpet in allen Tiefen
Trägt er die heilige Last,
Schneebliihend empor in die Blaue
Reckt sich Ast um Ast.
Das sind wohl Rinderarme, «
Erhoben zum Licht,
Das ist wie stiirtnischer Jubel,
Der aus den Zweigen bricht.
-
Das ist wie Vchamn der Welle
Selig versprüht —-—
Das ist mein übervoll Herze,
Das drunten blüht!
—----— --—--——
Ein Wunderarzt.
Aus dem fiidafriianifchen Kriege.
Miß Jane!
Was denn, Captain? Sprechen Sie
nicht! Es ift streng verboten! Nur mit
den Augen zeigen, ich errathe schon.
Lieben Sie Jhr Empfangszimmer
grün oder blau?
Miß Jane fah trübe in die glänzen
den Augen des Verwundeten —- ich
dachte es mir, er fieberi wieder, sprach
fie leife. Der Captain gab ein Zei
chen der Ungeduld. «
Grün, Captain, grün! Nun still,
gleich komme ich wieder.
Der Captain nickte und schloß die
Augen. Jane ging den Flur entlang
und irat in das Zimmer des Arztes
der Abtheilung. Sie fand ihn mit dem
Chefarzt. »
Sie bringen schlechte Nachrichten,
Miß Jane?
Der Captain fiebert wieder.
Ja, das ist der Lauf der Dinge.
Armer Junge. Ein paar Tage kanns
noch dauern.
Die Aerzte standen am Bett des
Verwundeten, dabei Wärter mit
Schüsseln und dem duftenden Rüst
zeug der Krankenpflegr. Jane öffnete
leife die Vorhänge der breiten Fenster,
ein tühler fiaubiger Wintertvind fegie
draußen durch die Zypreffen und die
kahlen Aeste der Ataziem
Nicht sprechen, Captain! Gehi’s er
träglich? fragte der Chefarzt.
Der Verwundete nickte leicht.
Fieber haben Sie nicht. Wir mitf
fen verbinden, Captain.
Er mate. Jane halt ihn aufrich
ten und ging leise der Thür zu.
Da zeigte der Berwundete nach ihr
und sah den Arzt an. Mist Jane, fries
dieser leise, bleiben Sie doch, Jst
Gegenwart wirkt gut aus ihn, und
ganz leise fügte er hinzu: Thun Sie
dem armen Jungen doch den Gefallen.
«O, gern, wenn ich kann. Und über
das schmale Gesicht mit den klugen
braunen Augen zuckte die Bewegung.
Die Aerzte hatten ihre Arbeit be
gonnen: der Verwundete lag ruhig
mit geschlossenen Augen: die Sonne
Südasritas hatte sein Antlitz roth
braun gefärbt, so daß auch der Blut
verlust die Farbe noch nicht sehr ver
ändern konnte.
Ja, die Buren schießen mit Dum
dum«""—— sehen Sie, Kollege. Der Arzt
zog ein Stückchen der Stahlhiilse des
Geschosses aus der Wunde. So,
Cgptain. brav ausgehalten, gleich sind
wir fertig. Miß Jane wird Jhnen
Papier und Bleistist geben. Sie dür
sen nicht sprechen, Sie verstehen.
Erschöpft lehnte der Verwundete in
den Kissen. Jane schloß die Vorhänge.
und untlar wie wogende Wollen
tanzten nun wieder die Schatten der
sich im Winde wiegenden Zweige an
den Wänden. Als der Captain die
Augen öffnete, sah er Janes Blick aus
sich gerichtet, freundlich und lachend;
aber er glaubte in den Augen zu le
sen: Lungenscbuß — Blutbergistung
— einsames Grab in der Fremde
Und er lachte und nickte Jgne zu und
schrieb langsam aus ein Blatt: Mis;
Jane, lieben Sie Boulemöbelt
Jane lächelte. Ja, ja, Captain, ich
liebe Boulemöbel, aber wenn Sie
schreiben. so soll es wenig sein. Lassen
Sie in Kuttenst meinen Namen sort·
Er schütelte den Kot-i Miit Inne.
schrieb er nun, wollen Sie mein Weib
sein?
Jane las und sah ihn bestürzt und
traurig an. nur einen Augenblick
Captain. Sie wissen. wir sind gute
Kameraden, -die sich einander helfen
müssen· So lassen Sie mich helfen,
Sie wieder gesund zu machen, dann-—
später — wollen wir sehen.
Er wollte wieder schreiben. Jane
sab ihn bittend an. Nichts mir nu
liebe nicht. —- Er nieste. —- Nun lasse
ich Sie eine Viertelstunde allein.
Jane ruhte in ihrem Zimmer. Man
ches batte sie in diesem langen Kriege
erlebt. Da waren sie gekommen. die
frischen blonden Burschen von Eng
land und den englischen Ländern über
See. um dem Union Jack aeaen die
Viersarhen der Buren zum Siege Fu
helfen: sie hatten treuherzig die Scho
tocade der Königin genommen und
waren srbblich weiter gezogen. Dann
hörte man von Gesichten die Ver
wundeten kamen stiibnend in schweren
Ochsen-vagen an, das Feldlazarett
wurde aufgeschlagen zu seinem
Schuhe blieb eine Kompagnie berittes
i
l
ner Kanadier zurück, der Captain
war ihr Führer. Er holte sie manch
-mal zu einem kleinen Spaziergang
sah, sobald sie etwas freie Zeit hatte.
Dann waren die Kanadier eines
HMorgens im Friihlicht davon galop
Ipirt, Schüsse fielen, andere englische
sReiter folgten, endlich erschienen Bu
iren im Ort. Sie kamen von drei
iSeiten und brachten ihre und die
ifeindlichen Verwundeten mit. Es gab
; zu thun. die Buren sahen es schwei
zgend mit an, aber zu helfen verstanden
sie nicht; kaum daß sie Gräber schau
sfcln wollten fiir ihre eigenen Todten.
zPliitzlich war die Masse der Bnren
ifort, Englander erschienen. singen die
HNachziigler und zogen weiter. Die
iCanavier waren nicht dabei, es hieß,
: sie seien mit demCaptain vor und hät
s ten harte Arbeit. Dann ging das La
Izarett nach Johannesburg in dass
«-lirantenhaus des Hospital Vill. Hier-l
i her brachten sie eines Abend-J verwun- !
dete ranadische Reiter und zuletzt denj
bewußtlosen Captain. Da fühlte sic,j
daß ihr der Mann werth sei und daßi
sie die ganze Zeit auf ihn gewartet
habe. Und nun lag er dort, biß dici
Zähne zusammen und mußte fterbent
und wollte sie zum Weibe nehmen. !
Jane öffnkte ihr Kleid und nahnU
eine kleine Silbermiinze heraus, diej
an seidene-n Band auf ihrem Halfes
hing. Die Mutter hatte sie ihr in
des Papstes an ihr. Es trieb sie in’·g ;
Freie, unter die Akazien des HospitalJ
Hul; dort traf sie den Abtheilungs-’
arzt. Von dem Platze blictten sie!
hinab auf die Goldstadt und iiber sie?
lfinweg bis zum Witwaterraud, wo;
die häßlichen Holzhauteth Geriiste,
Briicken, Treppen und Schlote der
Goldlsergwerke unfreundlich sich breit
machen· Einige Schlote tauchten
Dort pocht der Aasfer unter der Erde,
und oben ziehen die Menschen aus dem
geforderten Gestein in emsiger Arbeit
die Goldtheilex warum? June hätte
in diesem Augenblick leine Antwort
gewußt.
Der Wintertvind auf dem Hochfelde
von Transvaal ist empfindlich wie der
Mifcrat der Provence. Jane und der
Doktor stampften nebeneinander unter
den Atazien einher.
Sagen Sie, Doktor, ist Hoffnung
für den CaptaiM
Keine. Wer weiß, ob nicht noch
Stahliplitter in der Lunge stecken-»
wir können nicht auf ein Mal nack
Rom geschenkt, es haftete der Segens
allen suchen. Heute einen, «morge«ii"
znei -—- und inzwischen Blutvergus
tung, oder er stirbt uns unter den
Höydcns . . ·
Warum? ·Cs gibt SchlimmeresJ
Wenn man ringsum dies Sterben
sieht, so fiihlt man sich hier nur zu
Gast auf der Erde, und der Tod er
scheint so nat iirlich. Aber sehen wir
einmal nach unsere-n Captain.
Sie fanden ihn init geschlossenen
Augen. etwas wie ein Lächeln glitt
über seine Züge Plötzlich öffnete er
oie Lider und nieste beiden zu.
Nur-, Capiain alter Junge, wie’
sishxsss . .
l Zciglc Dem Doktor Bill Olilkls
sehr gut.
Das haben Sie schon iiii Voraus»
geschrieben?
Er i:ielte. Dann zeigte er ein an
deres Blatt: Doktor, ich will Sie al
lein sprechen· Ter Doktor zeigte eS
Jane. «-ie niclte dern Verwundeten zu
und gina"hinaus. »
Er zeigte ein drittes Blatt: Wahr
i-eit!
Da setzte sich der Arzt neben ihn
Well Captain, Sie wollen Wahrheit
Schlechi steht es; ich fürchte, Sie sinds
in der letzten Woche Jhres Lebens-. !
Der Captain nickte lächelnd und
zeigte das letzte Blatt: Ich werde ge-;
riefen.
Der Wille thut viel, l5aptain. und.
wir werden «zhnen helfen Nun darf
ich Miß Jane wohl rufen?
Jane tam und las den letzten Zeiss
tel EL war ihr, ais müsse sie unter(
Tzlränen neben das Bett sinken, die
Hände lüstert und zur heiligen Jung- »
frau beten: Rette ihn, rette ihn! Aberi
s:e lächelte und sagte in bestimmten-.
Tone: Gewiß, Sie werden genesen.
Sie ordnete die Kissen des Bettes und
hing dem Verwundeten das Heiligen
bildchen um den Hals. Der Arzt ging
leise hinaus. —
Schwere Tage kamen. Jane hatte
mit neuen Verwundeten zu thun, der
Tod hielt seine Ernte. Einmal sagte
der Chesarzt ini Vorübergehen: Es
that mir leid um den armen Jungen,
er war eben nicht zu retten.
Aber, Doktor, er lebt ja noch!
So, er lebt noch? Und kopfschüt
telnd ging der Arzt davon.
Der jüngere Arzt erschien oft und
auch er ging kopfschüttelnd davon,
nachdem er noch zwei Splitter aus der
Wunde gezRen hatte. Miß Jane es
ist eine Quä erei ohne Zweck. Er lann
es nicht mehr aushalten.
Jane war ruhig und nmsichtig;; foi
oft eg mdglich war, saß sie am Vett!
des Fieberndenx sie fürchtete er möchte ’
in den Phantasie-i die Lippen öffnen
und die wnnde Lunge lzum Bluterguß
zwingen. Aber kein Wort tam über
seine Lippen.
Und dann zog ein,Tag der Fröh
lichkeit für alle heraus. Die Aerzte
staunten, den Verwundeten fiebersrei
zu finden, er nahm Nahrung zu sich.
Allmählich sammelten sich die Kräfte,
die Wunde hatte ein hoffnungsvolletes
Aussehen, und der Bedienungsiasser
von No. 17, dem Zimmer des Cap
tain, grinste über sein breites Gesicht
und sagte nicht mehr wie früher: Miß,
ick is so bang. Und als die südafrika- "
nischen schwarzen Finlen wieder ihre
langen Federn bekommen hatten und
ihre Lockruse begannen, da saß deri
Captain im Freien und zeigte Janel
einen Brief, den er nach Kanada ant
seinen Vater geschrieben hatte: Bringt I
mir mein Haus in Ordnung, denn ich z
komme mit Jane, meiner ileinenFrau;
ihr Empfangszimmer soil grün sein.
und mit Boulemöbeln.
Der Chesarzt aber sagte: Wir haben
etwas Neues gelernt. Wer liebt, stirbt
nicht; wer noch lieben kann, kann nicht
sterben. dennLiebe ist Schaffensdrang
ist Lebengeben: darum, wer liebt,
stirbt nicht. Möchten Sie uns nicht
Miß Jane bis zur Beendigung des
Feldzuges überlassen, damit sich noch
andere in sie Verlieben?
Jane lächelte. Wer weiß, ob es nü
tzen würde, ich denke, nicht lieben al
lein heilt, man muß auch geliebt wer
den.
Der Chesarzt schüttelte zum Ab
schied die Hände des Bootes-. Dann
ging er in sein Zimmer und schrieb
nach London: Senden Sie uns schöne,
liebenswerthe Frauen. Warum, dar
über werde ich nach dem Kriege einen
wissenschaftlichen Vortrag halten.
Die Londoner aber lächelten boshast
und dachten: Nein, diese Doltorenl
Tigetjagden in Indien.
Ein-w von It. Wicht-O
Jm Tiger tritt, wie beim JagnarH
die echte Katzennatur hervor; er gilts
daher mit Recht als ein ebenso gefähr
licher wie heiintiictischer Feind allerj
lebenden Wesen und kann in seiners
Heimath, in Indien, in Persien und in s
China, zur förmlichen Landplage wer-«
den« «
Seine Lieblingsplätze bilden die«
schilfbewachfxnen Ufer gewaltiger
Ftiisse, sowie die dichten BambuågebiL
sche, wo er seine-n Opfern auflauert. Er »
fürchtet selbst den Elefanten nicht.
Seine Stärke ist ganz ungeheuer; es
ifi ihm ein tleine5, nicht nur einen;
Menschen, sondern auch ein Pserd,3
seiest seznen Busch nachdem ek sich ih-!
rer bemächtigt, kveite Strecken fortzu !
tragen. f
Kann man sich nlso wundern, daßz
in der tropischen Heimath des Tigerg I
alles geschieht und von jeher aller- gess
schah, um dieses gefährliche Raubthier i
zkr erlegen? Es richtet in Wirklich l
teit unerhörten Schaden an, und seine
Schandthaten sind greulich. Es liest
sich sehr trocken und gefchäftsmäszig
wenn in englischen Blättern-vor Kur
zem die Thatsache verzeichnet wurde,
daß in einer einzigen »Radschaschaft«
im Innern Indiens in einem halben
Jahre über 100 Hirten, 50 Briefträger,
120 Feldarbeiter und ebensoviele »Bit
szer'", welche zeitweilig an den heiligen
Strömen leben, von den Tigern zerris
sen worden sind. Man darf aber, da
diese Angaben aus verschiedenen Griini
den hinter der Wirklichkeit zurückblei
ben, mit Sicherheit annehmen, daf;
jene Zahl ohne Uebertreibung fünfmal
so groß ist.
Die Jagd nach diesem gefährlichen
Raubthier hat in Indien also von jeher
eine förmliche Lebensfrage fiir die Ein
gebotenen gebildet. Jn früheren Zei
ten waren es nur die Fürsten, welche
sich mit echt orientalischem Pbmp der
Jagd auf den Tiger hingaben. So
wird unter anderen von demNabob von
Audh berichtet: »Der Fürst hatte sein
ganzes Heer von Fußvolt, Reiterei,
Gefchiitze, über tausend Elefanten, eine
unübersehbare Reihe von Karten, Ka
meelen, Pferden und Tragochsen bei
sieh. Bajaderen, Sänger, Possenrei
szer nnd Marktschreier, Jagdleoparden,
Falten, Kampfhahne, Nachtigallen und
Tauben gehörten zu dem großen Ge
folge. Dieser lustige Jagdzug, bei
dem jederTheilnehmer verpflichtet war,
tüchtigen Spettatel zu machen, hatte
schen den Erfolg für sich, von keinem
Tiger angegriffen zu werden; denn er
fahrungsgemiiß vertrieeht sieh der
Räuber bei Annäherung größerer
Fkgchenmasfen in das dichtefte Ge
u .«
Jn der Regel sind jedoch-die Jagd
gesellfchaften einfacher.
Jst es gelungen, den Aufenthaltsort
des- Tigers ausfindig zu machen, so
werden an den günstiaften Punkten in
einer Entfernung von 12 bis 15 Fuß
hohe Bambusstangen mit gewaltigen
Netzen aufgestellt, welche an einer be
stimmten Stelle gegeneinander laufen.
Hat man dann das Thier durch mäch
tige Feuer-, Sieinrviirfe und einen ge
waltigen Höllenlärm aus feinem Ver
fteet geiockt, so rennt es mit schäumen
der Wuth gegen die außerhalb der Um
ziiunung lauernden Treiben die es mit
Geschrei und Feuerbränden den Schüt
zentanzeln zujagen. Nicht selten ver
wickelt sich das Thier übrigens auch
schon hier in die aufgestellten Netze, so
daß ihm mit Leichtigkeit der Todesstosz
versetzt werden kann. Den vorneh
men Veranstaltern der Jagd ist es
ater natürlich am angenehmsten, wenn
sic von ihren Jagdtanzeln aus zum
Schusse kommen können. Das erlegte
Thier wird von den Eingebvrenen un
;ter freudigen Triumphgesängen fortge
-schlepvt, wobei sie ihrer Wuth über den
Tiger noch an dessen Leiche drastischen
Ausdruck verleihen. «
Tluch mit der Lanze geht man dem
Tiger zu Leibe. Jn diesem Falle
wird eine gewaltige Fläche mit Hun
derten von Bewaffneten umstellt, wel
-che sich allmählich derart vereinigen,
daß das-«- Wild wie in einem Kessel ein
zgeschloffen ist. Macht der Tiger
seinen Durohbruchsverfuch so unterliegt
-er hierbei fast immer; denn wohin er
jfich auch wendet, überall ftarren ihm
LTutzenoe von Lanzen entgegen. Außer
idem werden auch noch Fallgruben an
Tgewendet, um feiner habhaft zu werden.
klki bis 25 Fan tiefe Löcher werden bei
Fdieser Methode mit dünnen Zweigen
Jsoedeckt, in weichen sich der Tiger sehr
Ileicht fängt.
I Die englische Regierung hat, wie
f tonftatirt werden muß, in den ihr ge
Fhörigen Landstrichen zur Verminde
yrung der gefährlichen Raubthiere schon
sehr viel beigetraqen; es- wird zum
, " ispiel file jeden Tigertopf ein hohes
Schußgeld bezahlt.
Die falsche Braut.
Das arme chinesische Schneiderlein!
Er schweigte in allen Wonnen und
war so überglücklich über den Besitz sei
ner reisenden, kleinen Braut! Endlich
war der Tag gekommen, an dem das
entziickende Wesen als Herrin und Ge
bieterin in das Heim des liebetrnnte
nen Schneider-Z einziehen sollte Man
Ah- Wo hatte seine gesammte Ver
wandtschaft, alle seine Freunde
und Bekannte zusammengenom
melt. Jeder sollte Zeuge seines
grenzenlosen Glückes sein, und
die Hochzeitstasel brach fast zu
sammen unter der Last der schönen
Haisischslossen, Taubeneier, Vogel
nester, Taschentrebse und der anderen
unzähligen chinesischen Delitatessen, die
der Bräutigam seinen Gästen aus
tischte.
Man Akt-Wo schwelgte also in allen
Wonnen. Aber heute ist Man Ah-Wo
aus« allen Himmeln gestürzt nnd hat
den Glauben an sämmtliche zehntau
send chinesischen Götter verloren, denn
die liebreizende Braut hat sich plötz
lich als ein --— Mannsbild entpuppt,
als ein veritabler, echter männlicher
Mann.
Aus welche Weise das arme, be
zopste Schneiderlein die Metamorphose
schon während des Hochzeitgschmanses
entdeckte, ist nicht aufgeklärt worden
Aber kurz und gut, Man Ah-Wo
sprang aus einmal wie besessen von der
Tasel aus, stürzte aus dem Zimmer
und eilte-zum Stadtrichter. Diesen
ersuchte er, sofort die Braut zu verhaf
ten. Der Richter glaubte lZuerst, dem
ausgeregten Zopsträger sei der ,,Sam
shu" lReisbranntweint in den Kopf
gestiegen, oder er sei vor Glück über
geschnappt. Als Man Ah-Wo jedoch
der gestrengen chinesischen Obrigkeit
etwas ins Ohr flüsterte, ging ein ver
ständnißvolles Lächeln über die richter
lichen Züge, nnd gleich daraus schlugen
rie Häscher die Holde in Bande. Und
richtig, das Bräutlein erwies sich als
—- Mann.
Die Geschichte mag etwas unglaub
lich klingen, aber sie ist buchstäblich
wahr und bildet zur Zeit dasTagesge
spräch in Schanghai Sie fand einen
echt chinesischen Abschluß. Bei einem
sotchen geht es natürlich nicht ohne be
hördliche Prügel ab, Und so erhielt die
Junge Braut« kurz nach der Verhaf
tung eine Abschlagszahlung von zwei
hundert wohlgezählten und wohlappli
zierten Bambnshiebem der nach der
gestrigen Verhandlung ein weiteres
Konto von —— fünfhundert Schlägen
folgte. Dann sollte die »Braut« als
warnendes Beispiel durch die Straßen
esiihrt werden. Aber von diesem
got-haben mußte abgesehen werden, da
das Ereigniß die gesammte schinestsche
Bevölkerung auf die Beine gebracht
hatt: und ein geradezu lebensgefähr
liches Gedränge entstand.
Man begnügte sich daher, die falsche
Braut an den einzelnen Stadtthoren
nur öffentlich auszustellen Jch nahm
sie am nördlichen Tor in Augenschein
Aber, wie sah »der, die, das Aermste«
ans! Die siebenhundert »aus der Ar
menkasse« spiegelten sich auf den
schmerzverzerrten Zügen der entlarv
ten Braut wieder. Rühren konnte sich
der arme Kerl nicht. Denn der Kopf
steckte in dem sogenannten »Straf
brett«, aus dem das Vergehen des De
linquenten vermertt ist und das eine
Bewegung unmöglich macht. Auch be
fand sich »die Braut« immer noch im
hoch-zeitlichen wenn auch stark derein
girten Kleide. Das Gewand war
zerrissen die Schminle im Gesicht in
alle Richtungen zerflossen und die
tunstvolle Frisur arg zerzaust.
Aber trotzdem konnte man den Rein
fall des chinesischen Schneiderleins ver
stehen; denn die falsche Braut wies
thatsächlich in jeder-Beziehung weibische
Züge auf. Besonders fielen die zier
lichen Hände und kleinen Füße in die
Augen. Die »Meine« sah akkurat so
aus wie eins der angemalten Gesangs
dämchen aus der Foochow Road.
Aus dem Geständniß der so arg ver
rriigelten ,,Braut« ging hervor, daß
sie den Betrug auf Anrathen eines
Freundes ausgeführt hat. Der rich
tige Name des chinesischen Doppelm
sens ist Hs11-Llh-Mei. Der jetzt im 23.
Lebensjahre stehende Jüngling ist frü
her Schneidergeselle gewesen. Diese
Beschäftigung wurde ihm aber bald zu
eintönig, und er sattelte daher zum
öffentlichen Geschichtenerzähler und
Balladensänger um. Auf der Wan
derschaft machte er die Bekanntschaft
eines Barbie«rs, der ihn überredete,
Frauentleider anzulegen. Bald hatte
sich Hsu-Llh-Mei vollkommen in ein
Mädchen verwandelt.
i
I
Da das Gewerbe aver nur wenig
Verdienst abwars, so wurde verabre
det, daß Hsu-Ah-Mei—heirathen und
ihren Mann nach der Hochzeit sofort
berauben sollte. Nach chinesischerSitte
wurde nun schnell ein Mann gesucht
und in dem Schneider Man Akt-Wo
gesunden.
Das Schicksal hat es jedoch gewollt,
daß dieser den Betrug noch in der letz
ten Minute merkte und auf diese Weise
wenigstens sein Eigenthum retten
konnte.
Die Damme in der Angelegenheit
ist natürlich die falsche Braut geblie
ben-. denn da sich ihre Spießgesellen
rechtzeitig in Sicherheit bringen konn
ten —— die Provision site die Vermitt
lung der Ehe hatten sie bereits in der
Tasche —- so mußte der arme Mit-Ah
Mei die Prügel allein auskosten.
Der Vorfall beweist aber, daß man
auch im Reich der Mitte in allen Gau
nertnissen gut zu Hause ist und daß
in mancher Hinsicht die ,,Zivilisation«
der Chinesen also überraschende Fort
sctxrsitte gemacht hat.
Felix Baumann.
Groteöke Scherze.
Jn einex deutschen in Meiito er
scheinende-« Zeitung finden sich sol
gende Scherze: Jn der Reduktion
Sie haben doch früher siir so ein Ge
dicht nur :i() Cents verlangt — wa.
rum beanspruchenSie heut 7: ) Cents?«
——— »Weil ich in das heutige Gedicht
nieine ganze Seele hineingelegt habe«
——-’ltessimistische Anschauung »Papa,
wie sagt man: die oder der Bilan3?«
—-»Morit3, merl’ Dir’s: Bilanz ist
immer weiblich, weil sie gewöhnlich
falsch ist!« ——- Geistesgegenwart.
»Deinen Sie sich, neulich sitze ich
Nacht-Z noch in meinem Arbeits-Heim
Iner Und schreibe. Jetzt schlägtmeine
til sr 12Ul2r und im selben Moment
lonimi ein Geist auf mich zul« —
»Gräf;lieh!... Was that-en Sie da?«
—— »Ich sagte sehr höflich: ,,Entschul
eigen Sie, meine Uhr geht eine Vier
telstunde vor!« —— »O pardon!« erwi
derte das Gespenst und verschwand!«
Wenn diese Scherze den Weg über’s
Meer schon einmal gemacht haben
sollt-n, so verdienen sie immerhin re
tcnr befördert zu werden.
Carmeeic Duell.
Carducci,- in dem bekanntlich ein
leiegerischer und streitharer Geist
wohnte, hätte eines Tages —- so er
zählt der ,,Cri de Paris« — beinahe
ein Duell gehabt, obwohl er eigentlich
diese aus dem Mittelalter in’s mo
dekne Leben hinübergerettete Sitte
nicht billigte. Und zwar sollte er sich
duelliren, weil er selbst den Dichter
Carducci nicht besonders hoch stellen
mochte. Das kam so. Er suhr eines
Tages in einem Eisenbahntoupe mit
einem italienischen Osftzier zusammen,
der ihn nicht kannte. Das Gespräch
Lkam bald auf literarische Dinge; W
sprach von dem Dichter der » di
Barbnri«, dessen Lieder so gro et
Aufsehen erregten. Der Offizier geil-«
seiner höchsten Begeisterung Ausdruck
und rief: ,,Dieser Carducci ist ein«
großes Genie: er ist der größte Dich- (
ter nach Dante, ja so groß wie Dante -
sclbst!« »Hm,« machte sein Gegen-J
über zweifelnd, »ein Genie, »das ist:
viel zu viel gesagt; ich halte ihn für
eincn recht mittelmäßigen Poeten-« «
»Mittelmäsziq, mein Herr? Dann ver
stehen Sie nichts von Kuns.« ,,Oho!
Sie sind vielmehr unfähig, zu urthei
len...« »F !« ' ,,Si-:!« »Mein
Herrl« — Ter Ossizier, ,aus’s höchste
erregt und gekränkt, zieht seine Karte
liervnr und reicht sie dem andern, der
iltsm in so grober Weise widersprochen.
Der ·andere lächelt. »Hier ist die
meine.« Der Osstzier wirft einen
Blick darauf und steht Versteineri.
Da stand mit großen Buchstaben ge
druckt und deutlich zu lesen: Giosue
Carducci. Professor an der Universi
tät Bologna.«
s—--.—.--—-—
Zweideutige Schmemnxeiem
So gut und ehrlich manche Schmei- ·
clxrleien gemeint sein mögen, finden
sich doch häufig lritische .Zul)örer, die
Dem arglos gebrauchten Wortlaut eine
doppelte Bedeutung unterlegen und sie
dadurch zu unsreiwilligen Scherzen
stempeln. »The Amalgamated Preß
Ltd.« bringt hierüber zwei amiisante
Anekdoten: »Als der weltberühmte
Thier-malen Sir Edwin Landseek
Gast des portugiesischen Hofes in Lis
sabon mar, empfing ihn der König
mit den Worten: »Ach, Sir Edwin,
ich freue mich unendlich» Sie biet»
begrüßen zu dürfen; ich bin nämlich
ein großer Freund allen Viehzeuges.«
Weit ungliicklichcr noch in seinem auf
richtigen Bemühen» der großen fran
zdsischen Schauspielerin Madame St.
Denis etwas ganz besonders Ange
nehmeg sagen zu können, war einer
ihrer enthusiastischsten Verehrer. Ma
darne St. Denis hatte soeben die
Bühne verlassen, wo man ihr begei
sterte Ooationen über ihr Spiel als '
,,« ara« dargebracht hatte, schien aber
augenscheinlich selbst nicht so recht
mit sich zufrieden zu sein. Jhren
alten Freund bemerkend» meinte die
Künstlerin zu ihm gewandt: »Um
diese Rolle wirklich gut zu spielen,
miiszte man iuna und schön sein«-—
»Nicht doch, gnädigste Frau. sind Sie
doch selbst der überzeugendste Beweis
des Gegentheils.«
Zur-G mich-te ver Emme
Eingehende Studien iiher die Ein
nranderung der Eskimos in Grönland
sind in letzter Zeit durch den dänischen
Gelehrten Schultz- Lorentzen gemacht
und durch eine in Kopenhagen veröf
fentlichte Arbeit klargelegt worden.
Auf Grund sprachlicher Studien, die
die Verschiedenheit der einzelnen grim
ländischen Dialekte nachweisen, kommt
Schult3-Lorenzen zu der Folgerung,
daß die gegenwärtigen Bewohner
Grijnlands von eingewanderten Völ
kerschaften abstammen, deren Einwan
derung in dieses Gebiet in drei ver- .
schiedenen auseinanderfolgendenSchiis —
ben vor sich gegangen ist. Die zweite
dieser Einwanderungen hat sich wahr
scheinlic- gegen Ende des 14. Jahr
hunderts vollzogen und ihre Spuren -
in literarischen Denkmälern hinterlas- -
sen. Der Glaube an die ethnologifche
Gleichartigkeit der grönländischenB e- :
völkerung, der bisher aufrecht erhal- .
ten worden war, ist hauptsächlich -
durch die Hypothese einer einheitlichen »
grönliindisrhen Sprache bestärkt wor
den. Diese sprachliche Einheit beruht I
auf einer ganz falschen Anschauung I
und ist erst durch die dänischen Mis- H
sionäre hergestellt worden, die der Be
quemlichkeit halber die verschiedenen «
gesprochenen Dialette, die sie hörten,
in eine einzige geschrieben-: Sprache
unnmndelten.
-
—-—-—.- «
O
Die Welt in Wassem
Während uns die Schönheiten des
ewigen Friedens begeistert verkündet )
werden, legen sich die Völker von Tag
zn Tag in schwerere Rüstungen.
Würde einniai ein allgemeiner Welt
krieg entbrennen, so wären in wenigen
Tagen 44,250,000 Soldaten bereit,
sich bis zur Vernichtung zu bekäm
pfen. Der ewige Frieden ist ein schö
ner Traum. Jn diesen Zahlen liegt
die Wirklichkeit
Einschnitte-Idee Grund-.
In einer kleinen bayerischen Stadt
trug sich in einer Getneinderaths
sitnina ein komischer Zwischensall zu
Man stritt heftig· hin nnd het- ob dein
Gefliiaelzuchtverein zu einer Gefliiaek
cusstellnna wiederum eine stiidtische
Prämie von 100 Mark zu bewilligen
sei. Nachdem von der einen Seite
daraus hingewiesen war, daß dann
auch die Gesangvereine mit Unter
stiitzungsgesuchen kommen würden.
ries einer der Väter der Stadt aus:
»Ach was, singen kann ein Jeder, aber
Eier legen nicht!« Stürmische Heiter
keit folgte und die 100 Mart wurden 3
bewilligt.
Junge: »Mutter, heute hat mich
der Lehrer gefragt, ob mich der Vater
tüchtig oriigeln würde, wenn ich eine
schlechte Zensur mit nach Hause
bringe-«
Mutter: »Nun, was hast Du da ge
sagt-st
haut nicht, der weiß auch, wie's thut
wenn man Prügel bekommt. «
» » » — - .
« - « « -.s syst-SEEBEer z« As
Junge »Ich sagte: Mein Vater. «
P