Q———M«- -..-·-.—W - Was die Hier-te sagen. Will lich stolz dein Her erheben, Blicke zu den Sternen zhim Angesichts des seht-n Glanzes Wird dir demuthövoll zu Sinn. Ueber dir, als lichte Punkte, Welten ungezählt dort stehn, Die in immer gleicher Weis-r Jhte Bahnen ewig gehn. Und du hier aus unsrer Erde Nur ein Stäubchen in dem All, Komxnend und zugleich vergehend Wie am Fels der Widerhall Demntlt predigt dir da droben Glänzend hell der Sterne Pracht, Wenn sich auf die stille Erde Senlt heer die dunkle Nacht. Der erste Schnee. Novellette von H e r m i n e I o n W olz ogen. Er kam nicht, kam wieder nicht. Wie immer und immer an diesen ein-« samen Abendstnnden stand Seraiine am Fenster nnd blickte anf den von Gasslatnmen hellerleuchteten Platz, über welchen ihr Gotte gewdhnlich zu kommen pflegte. Sie erkannte ihn von Weitem an seinem lebhaften Gange, an dem breiten Filzhut, an dem lan gen flatternden Lockennaar. O mein Gott« wie oft sie so war tend und sehnend daftcmd er blieb so riek vorn Hause fort. Die Stunden im Konservatoriuni hielten ibn nur Vormittags fern, seine Privatstunden steten auf die Nachmittan aber er tam nach denselben eben nicht nach Hause, er blieb fort, im thsfeehaug, im Mustsverein, im Theater, irr-Ilion zerL Dem könne ein Künstler nicht ausweichen, saqte er immer. Sie wagte nicht zu widersprechen aber hätte er ste nicht manchmal mitnehmen, auch öfter zu bat-se bleiben können? Gewiß, er ahnte selbst nrcht, wie schmerzlich sie wartete, wir sie ihn ent behrte. Und doch tam lein Vorwurf über ihre Lippen, denn sie wollte ihn nicht tränken, nicht nott: mehr Von sich entfernen. Ell-»Es beri- Ins-n «- Vinki IIVZT sie « hatte nicht einmal eine Ahnung wo er blieb. Es war ein trüber, nkelancholiicher Tag gewesen. Den ganzen Tag hins gen schwere. graue Nebelmaisen in der Luft. Gegen Abend begann es zu schneien. erst ganz.fein, mit etwas Regen untermischt. Dann verstummte die einförmige Sprache des Regen-S, das stumme Spiel der Schneeflocken begann. Doch nur leise, in sanftem Wirbel kamen sie herab, vom Himmel auf die ichmutzige Erde. Die zwölf jährige Irr-ra, die einzige Tochter Les walds und Serafinens, freute sich über den schönen Schnee --- nun iant das Schlittfchuhlaufen. Jeht, es war nicht mehr weit von Mitternacht, hatte der Schnee aufge hört und ein bleicher Mondesschimrner brach durch das Gewölb f Auf dem weiten Platze lag die weiße, unbe rührte Schar-denn magisch flim inernb, wie unberührt vom eriichen wie ein Wunder, ein Phänomen. Die dunklen laubloien Baumgerippe hoben sich gespenstifch davon ab. Auf der Mitte der Fahrbahn allein war der Schnee grau und schmutzig. Ab und zu eine Gestalt, einmal ein Schutz mann, dann ein Nachtwächter, dann irgend ein fremder Passant. Aber er tam nicht. Unendliche Trauer erfüllte ihr Herz. Nun würde ein langer Winter lotnmen mit seinen mannig fachen Zerstreuungen, immer mehr würde ihr der Gotte verloren gehen, vielleicht unwiederbringlich. lind sie liebte ihn so sehr. und ihre Tochter wuchs doch mehr und mehr heran, begann den Vater knit Bewußt sein zu vermissen. Was hatte Sera fine verschuldet, dafk er sie fo grausam vernachlässigte? Sie war ihm dreizehn Jahre lang ein treue-L liebendeg Weib gewesen, sanft, duldsam, fleißig. wirthschafttich Sie hatte einen einzigen Fehler-. sie war nicht jung genug für ihn. Jn glei chem Alter satt. sie drei-, er vierund - zwanzig Jahre alt, hatten sie gehei rathet. Sie war berblülit, er war noch im schönsten Mannesalter. Von dieer melancholifchen Be trachtungen erfüllt, war sie an den Spiegel getreten. Verblülit? Es war vielleicht noch nicht fo schlimm. Jhr Gesicht hatte feinen feinen Schnitt be halten, ihr Teint war noch nichtwelt die«dunllen«Au»gen noch imrknzr glän Zkllu, uul tut Uuur. »Hu-um »m-« Wu« — zu werden, das war ihr Verhängnis-» Das gab ihr friihzeiiiq ein so verbtiilp teH Aussehen, der Schnee des Alters, der lange Lebens-winken dem tein Frühling folgt. Sollte lie ihn einsam und ungeliebi vertrauern, war das Glück ihres Lebens unwiederbringlicb dahin? Könnte sie ihn, den sie liebte, nicht wiedergewinnen, würde er nicht auch einmal altern? Dort kam er, er ging abseits vom Wege, iiber das wunderbar weiße Schneetuch. wohl absichtlich, sah zum halbverschleierten Mond empor, blieb wie in tiefen Ge danken stehen. Ach, wie wenig Eile hatte er nach Leute« und dennoch, nsie ihr Herz Sinn entgegenflogl Es war noch immer ein schöne-. Mann. obgleich auch er ein wenig vom Leben mitgenoman war. Dabei leb hast« leiensluftig, leicht erregt-or dem Augenblick hingegeben. eine richtige tiiinitlernatur. Es ist nicht leicht, einen solchen Mann zu fesseln. Eben trat er in den Korridor, jetzt in die Stube, ganz leise und vorsich « Yesmska Staats Anzeiger Und Derng r — — Jahrgqu 27. Grund Island Nebr» 1.'). Mier 1907 (Zweitek Theil.) « J. , J T No. 29. tig. Serafine hatte die Lampe aus geloscht, in der Absicht, zu Bett zu gehen. Der Mond verbreitete eine schwache Dämmerung Oswald sah sie nicht, da sie hinter dem Fenster oorhang stand. Sonderbarer Weise ging er nicht links nach dem Schlaf zimnier, wo er seine Frau vermuthen mußte und wo das Kind schlies, son dern rechts nach seinem Arbeit-Men mer, jetzt, mitten in der Nacht? Er schlich mit der äußersten Vor sicht. Was tonnte er vorhaben? Sie trat an die angelehnte Thiir und lugte hinein. Oswald hatte die Studierlampe entzündet nnd sein Pult geöffnet. Er suchte etwas, eine ganze Weile unge duldig. Jetzt sah sie, was es war: ein tleineg Etui aus Pappe, in wel chem er Photographien verwahrte, be sonders jene« gelungene, etwas ideali sirte Ausnahme, wo er ein Notenhlatt in der Hand hielt und sinnend darauf bliette. Er legte das Bildchen vor sich aus den Schreibtisch, betrachtete es eine Weile und dann stand er aus; ietzt nahm er die Papierscheere, trat an den Spiegel, riictte die Lampe so, daß ihr Licht auf das Glas siel und schnitt sich vorsichtig eine Locke ab, jetzt legte er die Loch zu dem Bilde und lächelte. wie in eine angenehme Erin nerung versunken. Mit schmerzlich zuckendenr Herzen stand Serafine aus ihrem Lauscher posten. Kein Zweifel, Bild und Locke waren siir eine Dame bestimmt. Er war ja so vielen Versuchungen ausge setzt, hatte Schülerinnen und Kolle Sinnen, die sich für ihn interessirten. Sie, Serasine, hatte darum manche qualvolle Stunde durchlebt, aber einen ernsten Grund zur Eifersucht hatte sie nie gehabt; er schien ihr treu, wenn nicht immer ganz mit Herz, Seele, Phantasie, io unterblieb doch eine grobe Pflichtverletzung Und jetzt, wo auch er graue Haare oeram:". Ja. auch er hatte graue Haare; man merkte es wenig, weil er blond war. Serafine, zartfmntg wie sie war, hatte nie davon gesprochen. Und er hatte es vielleicht noch gar nicht gemerkt, rastlos, lebhaft und etwas lutzsichtig wie er war t Aber jetzt, jetzt mußte er's bemer en. Nein, er bemerlte nichts-, sonst hätte er nicht so selbftzufrieden gelächelt, so strahlend, so jugendlich! Jetzt setzte er sich hin, drehte die Photographie um, ftiitzte den Kon auf, dachte nach, gewiß um eine hübsche, stimmungs volle Widmung zu finden. Eine plötzliche Eingebung lant ihr, sie stieß die Thür aus und trat ein. Erschrocken sprang er aus. Er hatte gewiß, um nnbeobachtet zu bleiben, diese Nachtstunde gewählt. »Wie, Serafine, du ichlässt nicht?« murmelte er. « ,,Nein,« sagte sie, »ich schlies nicht, ich habe auf dich gewartet, um —- dir zuzusehen Du wirst mir das ver zeihen, ich bin ja kein neugieriger Dienstbote, ich bin deine Fran! Und lo wollte ich dir Eines sagen . . . . hast du denn schon gemerkt, mein Lie ber. daß auch du schon graue Haare hast?« · . »Jch?« rief er ungläubig. »Ja — du. auch du, sieh nur hin,« nnd sie nahm die Locke, in deren hel les Blond sich aussällige Silbersiiden mischten und hielt sie ihm unter die Augen. »Wahrhastig!« stammelte er, »graur Haare!« Sonst und ruhig fuhr sie sort: »Wenn du die Locke siir eine Dame bestimmt hast, welche siir dich, den Künstler, schtoärmt, so hat es nichts auf sich. Wenn es aber anders sein sollte -— denn wozu wolltest du die Sache sonst vor nie verbergen? —- so i W-L-- «---»e Etu Ins-F Un- Ztuubu kJuus -------- U-.»-f iönnte sonst ——-- dariiber lächeln!'« ·— Er hatte die Hände vor’s Gesicht geschlagen und seufzte: »Graue Haare —- graue haare!« Seine Eitelkeit war zumeisi getros fen, sie sah es, und Thränen traten in ihre Augen. »Juki uns doch einmal ossen spre chen, Oswatd," sagte sie milde, doch entschieden, »ich bin dir zu früh ge altert, es ist eine junge, ganz junge kame, fiir welche deine Locke bestimmt it.« »Ja.« sagte er dumpf. »Ich begreift ja alles,« suhr sie mit schmerzbebender Stimme sort, »du bist eine rechte Künstlernatur, du brauch Jllusionen. Aber denken soll test du doch daran. Oswald, daß auch du tein junger Mann mehr bist, daß der erste Schnee des Alters uns Pflichten auferlegt, daß du eine ber anwachsende Tochter hast« auf welche du Rücksicht nehmen mußt. wenn du auch «- mich nicht mehr liebst.« Er fuhr auf. Seine Herzensgiite, seine bessere Natur schien siegen zu wollen. »Ich liebe dich noch, Serasine, ich schätze dich über alles.« Es kommt nur so manchmal über mich Ivie ein Rausch . . . . Wenn du verzeihen wolltes .« Sie legte die Hand aus seine Schul ter. »Wenn ich, ich weiß es ist so, zu alt bin, um von dir als Weib ge liebt zu werden, so laß mich deine Freundin sein. Wenn solch ein Tau mel dich überkommt, sag’ es mitl« Er erhob sich mit entschiedener Ge bärde. »Da hast du die Locke zum Anden len an diese Stunde, Serasine. Der Taumel ist vorbei. und ich hoffe, er wird nicht wiedertommen. Ein Weib, das so gut, so hingebend ist wie du, bleibt immer jung und schön. Dieser erste Schnee in meinem Haar, er soll dir zum neuen Frühling tverden!« »Wenn die Liebe jung macht, Os wald, so bin ich noch jung. Freilich, der Schnee von unseren Häuptern wird nicht mehr schinelzem aber auch ich will mich bemühen, dir den Glau ben an den Frühling zu geben!« Sie versank, die Locke an die Lip pen drückend, in seine Umarmung. —.-—-..--—-—— Schummerstunde. Von F. Wilde. Es war sehr behaglich im Arbeits zimmer des-H Gerichtsraths Töten-Der Fiamin strahlte eine wolilthuende Wärme aus«-, und das Feuer, das so emsig inisteric und tnasterte. gab mit seiner rothen Gluth dem dämmerigen lfrjemach eine trauliche Stimmung. Der Gerichtsrath benutzte diese Siestri nach Tisch, um sichs auf seinem Tsiivan bequem zu macken und sich Bis-Um cl;m------«-szs«.nllon ItsxnmnwrQ i i i i v i stiindchen mit so rechtem Genusse bin zugeben. Er gehörte zu der Kategorie Men schen, denen Ruhe, Gewohnheit und Bequemlichteit das halbe Leben ans rnachen. Deshalb hat-te er sein Do-· inizil sern vom Getriebe der Welt stadt aufgeschlagen: im stillen, westli: » chen Vorort in einer ganz abaelegenenH Ltillenstraszr. s Dörae war Junaaeselle aebkiebe113 ans Ueberzeuaung siir die Vorzüge dieser Jsotirrina. Aber er aehörtel nicht etwa zu der schlimmen Sorte,s die sich mit allerlei Schrnllen und Grillen herumplagt, er liebte das Les. ben -—— nur außerhalb des Hauses. Zum Herbst erst hatte er seine Vor-: orttnohnuna bezogen, und da die lzweite Etaase der Villa leer stand« konnte er aanz seinen Wünschen ge recht werden. Für den Winter brauchte man wohl auch keine Mitbewohner mehr zu befürchten. Jn dieser sicheren Zuversicht drehte; sich der Gerichtsrath nach der Wand! um mit einem tiefen, schlafbcdurstigen i Seufzer. « . s Fünf Minuten später aber schnelltes er aus dem ersten Halbschlummek em- I por. Er erschrak derart über sich seibst, daß er sich »a tempo« hochrich tete und die Augen ausriß. «Donnern)etter —— sputt e5?!« Wie die wilde Jagd tobte es übers seinem Zimmer; Rams -— ramgt llnd’ dann tarriolte im Galopp ein Wagen hin und her Der Gerichtsrath stand mitten inr Zimmer. Mit angehaltenem Atbem starrte er zu der modernen Deckentäse lang empor, unk: weil ihn diese unae ahnte Ueberraschung vollständig außer Fassung brachte — drückte er auf den Fllingeltnops · « Die Hausbälterin tam ans Zeiten spitzen hereingeschtichen. » »Was ist da oben los?« brüllte er lljk clllgkgclh »Die neuen Miether find heute Moraen eingezogen,« antwortete sie tleinlaut, ,,eine Dame mit zwei Jun den« »Na, das fehlte uns ja gerade,« lachte er lurz auf, und winkte seiner Haushtiltexin ab. Dann durchmaß er mit großen Schritten das Zimmer, und je lauter der Lärm wurde, ie mehr wuchs seine Erregung· An Schlaf war natürlich nicht mehr zu denken. Der Gerichtsrath drehte also das elettrische Licht aug, kleidete-, sich zum Auggehen an, un ohne den Kasse-e abzuwarten, verließ er das Haus-. Aber er schwur sich« diesem Getole beiseite-i einen Riegel vorzuschieben Oder —— eine von den beiden Parteien 4 ninßte das Feld räumen. si- e- -0· ! Das verlöschende Tageslicht fielt durch die Bußenscheiben des Spitz-! erlers. Hier auf dem Luther-stahl saß eine dunkle Gestalt, die man nur noch in den Umrissen erkennen konnt-e. aber die feine Silhouette des Kopfes hob( l sich deutlich von der Velvetportiere ab. Tag machte das glänzende blonde Haar, das selbst noch imletzten Däm gietrlichte einen schimmernden Glanz c: te· " Zwei Knaben von vier und sechs Jahren saßen auf dem Erlertkitt Das heißt, sie saßen nicht. lagen auf beut Leib iiber große Bilderbücher ge beugt und plapperien um die Wette tdic Vergehen auswendig her. Die blonbe Frau atn Fenster half ihnen ein. wenn sie mit ihren Reimen nicht zurechtlamen ,.Mammi,« sagte der Aelteste, der gerade in tiefsinnigster Betrachtung vor einem Affenbildniß kniete, »ich wünsche mir zu Weihnachten einen Affen mit rotheni Käpsel und Beweg tichen Fingern und Pfoten!« »Und- ich,« rief der Jüngste, .,einen Bus, einen Autobus. Mit dem will iclk den bösen Onkel unten überfah :en.« »Mc«mmi« versprach heute alles. Sie war froh, daß die Jungen einmal ruhig auf einem Fleck saßen und dem Herrn Gerichtsrath das Schlimmer stiindchen nicht wieder zur Höllenqual machten. lsr hatte bereits schon dreimalseine Hniighiilterin heranfgeschielt und drin gend um Ruhe ersuchen lassen. Ihr war es Peinlich genug gewesen, sie hatte um Nachsicht gebeten, und was in ihrer Macht stand, die wilden Rangen zu bändigen, that sie gewis senhaft, nur reichte ihre schwache müt terliche straft nicht immer dazu aus. ; Jetzt stürmten die Jungen wieder Ein Galopp davon. Es hatte aellingeli, nd da sie neugierig waren, und so zlteu ein Mensch zu ihnen lam, muß .en sie den Ankömmling in Ausgen schein nehmen. Gleich darauf traten sie mit einer Dante ins- Zimmer. ,,«.I.Itamini —-— Frau «).Iiiiller,« erläu terte der Aeltesle. »Liebe Frau Hosrail«),« saqte die Dame und qinq ans die blonde Frau zu. die sich voni Fenster erhob-en hatte-, »Im wvure Futen freundlichen Besuch ersnidern.« Frau Möller, die lfiaenthiitneriu »du-r Villa. wohnte in der Stadt und fuhr sonst nur in geschäftlichen Ange legenheiten hinan-J. Und, wenn sie auch heute ihren Besuch in eine andere Form kleidete, so hatte sie doch einen be stimmten Zweck irn Auge. Nachdem man iiber die ersten glat ten Reden hinweg war, riictte denn auch die Hauseigenthiimerin mit der Sprache heraus. »Ich wollte noch gleichzeitig eine Bitte an Sie knüpfen, eFrau Hofrath,« reihte sie geschickt an die Lobeghymne iiber das entzückende Speisezimmer Mobiliay ,,vielleicht lassen Sie Jhre Bübchen Mittags ein wenig ausge ben« — »Das tann ich Jhnen leider nicht oersprechen,« antwortete Frau Hofrath Hörle —- um eine Nuance tühler — sie hatte sofort die diplomatische Wir thin durchschaut »das Wetter ist jetzt zu unbeständig. Aber ich werde mir Mühe geben, die Jungen bei mir festzuhalten, damit der Herr Gerichts rath sein Schummerstündchen genü aend ausschlafen kann.« »Gott, nun sind Sie mir böse,« ent setzte sich Frau Möller. »Das sollen Zie nicht! Jch will doch nur «ieinen Unfrieden zwischen meinen Miethern. Möchte auch keinen oon beiden etwa verlieren.« Frau Hosrath sagte mit überlegenem Lächeln: »Beruhigen Sie sich, Frau Möller, ich werde in den nächsten Ta aen bei dein Gerichtsrath vorsprechen.« »Ja — ja! Thun Sie das,« rief die Wirthin erleichtert, »das wird das beste sein. Und nicht wahr, Sie neh men es mir nicht übel?« Damit er lwb sich die freundliche Gegenbesuche rin. III Z II Frau Hosrath Hörle trug heute zum ersten Male seit dem Tode ihres Man nes eine helle Blase. Ein weißes, duf liges Seidengeloebe, dessen Garnirung aus kostbaren, alten Spitzen bestand, die sich weich um die Korsage schmieg ten. Den hohen Stehtragen schloß eine Nadel aus Brillanten, das war der einzige Schmuck, den sie trug. «Mammi, warum hast du dich so geputzt?« fragten ihre Jungen und be Iounderten die schöne Mutter, deren Wangen sich bei der Frage der Kinder leicht rötheten. »Ich gehe zum Herrn Gerichts-« rath!« »Ja dein bösen Onkel?« riefen sie und hatten noch allerlei aus dem Her gen. aber die Mama rauschte eilig zur Tbür hinaus. - — Gerichts-roth Dörge wollte soeben feine Siesta beginnen, als die Haus bälterin mit geheimnifzvoller Miene hereintrat und Frau Hosrath Hörle meldete. Er ließ die Dame in den Solon führen und beschäftigte sich dann einen Moment mit seinem äußern Menschen. Dabei nahm er ich Muße, zu überle gen, was er ihr agen wollte. Erst »einmal« sah er sie flüchtig im Zwielicht, als sie mit den Jungen Vom Spaziergang heimkehrte. Da hatte er scherzend zu den kleinen Herren ge sagt: »Ich werde euch die Ohren ab schneiden, wenn ihr so tobt,« und wunderte sich, daß so sanfte, verstän dig dreinschauende Knaben solche Pla gegeister sein könnten. Er wunderte sich auch, daßdie Frau Mama kein Wort der Entschuldigung hatte, sondern nur mit lühlem Gruß an ihm vorüberging. Und nun kam sie zu ihm! Als er in das Zimmer trat, stand sie am Fenster und blickte in das weiße Winterwetter hinaus. Die ersten Schneefloclen fielen langsam zur Erde. Gerichtsrath Dörge reckte sich un willkürlich höher, so groß und impo nirend erschien ihm diese Frau, die sich jetzt umwendete und ihm einige Schritte entgegenkam. Trotz der Dämmerung konnte er doch ihre Gesichtszge genau studiren, er nahm sich gern die Mühe —- sie war lohneud. Und während die blonde Frau ihm nun gegenüber saß und in ihrer vornehm lässigen Art ihr Ansic gen vortrug, hört er gar nicht, was sie sprach, sondern nur, wie sie sprach mit ihren schmalen, rothen Lippen, hinter denen eine Perlenreihe weißer Zähne blitzte. Erst als sie pausirte, ergriff er das Wort: »Es thut mir sehr leid, ver ehrte gnädige Frau, daß ich Sie mit meinen Klagen inkommodiren mußte, aber ich bin ein total überarbeiteter Mensch, der in seinen vier Pfählen wenigstens feine Nerven ausruhen möchte Sie werden mich nicht verste- , hen und sich bereits über den altenl griesgrämigen Junggesellen lustig ge macht haben.« ,,O, ich kann Sie wohl verstehen.« antwortete sie und lehnte sich in dem Sessel zurück, in dem sie saß, »aber Sie werden nicht begreifen, wie schwer es für eine Frau ist, zwei so tempera mentvolle Kinder zu erziehen. Solange mein Mann lebte, war mir diese schwierige Aufgabe erspart. Nun bleibt sie mir ganz allein überlassen.« Es hatte für den Gerichtsrath einen eigenartigen Reiz, mit dieser schönen, blonden Frau hier in seiner Dringlich teit so intim zu plaudern, und die trauliche Dämmerstunde erhöhte diesen Rei·3. Er empfing niemals Damenbe suche, über die leichtsinnigen Jahre war er hinaus, aber jetzt begriff er, daß eg von ihm ein unverzeihlicher Fehler gewesen, sein gemiithliches Heim so ängstlich zu isoliren, während doch das zarte Grün des modernen Empire salong einen entzückenden Rahmen ab gab für den blonden Kon dieser ter zenschlanten Frau. Er wollte seinen Fehler wenigstens heute gutmachen. Er wechselte also seinen Platz. Die steife, gemessene Ent fernung paßte nicht zu diesem impro bisirten Plauderstiindchen. Und dann bat er in einem Tone, der ihm selber ganz fremd klang: »Er zählen Sie mir ein wenig von Ihrem Leben. Jch bin ein alter Knabe und habe manche Erfahrung hinter mir; für Freud und Leid habe ich ein vol les Verständniß.« Da erzählte sie: Sie hatte einen Vetter ihrer Mutter grheirathet, einen Oesterreicher, Hof rati, in Wien. Er war sehr vermö gend und machte ein großes Haus«-. Auf Wunsch der Mutter sei diese Ver bindung eigentlich zusannnengelom men, aber sie hätte es nie zu bereuen gehabt. »Man darf nicht verlangen,« fügie" sie nachdenklich hinzu, »daß uns das Leben alle Wünsche erfüllt. Jch bin ein bißchen zu ideal veranlagt und sehnte mich nach Glück, in dessen Frie den man ausruhen kann. Das fand icii nicht im Lauten Treiben der Weit. Aber ich hatte ja die Kinder! Und nach meines Mannes Tode habe ich mich run allem zurückgezoqcn und bin nach Deutschland zurückgekehrt.« Dann reichte sie dem Gerichtsrath ihre Hand und sagte herzlich: ,,Lassen Sie uns- nun Frieden schließen« sfr konnt-e nich-i anders-, er mußte diese scbmaleHand einen Augenblick in der seinen halten und ohne ein Wert der Erwiderung die Lippen da rauf pressen. Als er wieder aufblickte, leuchteten seiiie’"«liigeti, die sein Gesicht um Jahre verjüngten, und er sragiets »Werden Sie mir gestatten, gniidiqe Frau, Sie Zu besuchen? Jch möchte mit meinen Plagen-eistern mal persönlich ein Hahn rupsen.« »O, die Buben werden Augen ma cheu," gab sie lachend zurück, und reichte ihm. noch einmal ihre Hund« uni« L Abschied zu nehmen. Der Gerichtsrath schüttelte sie kräf tig und-sagte mit warmer Betonung: »Auf aute Kameradschaft also." Sie wiederholte es ebenso innig. undi hre Augen, Vom tiefsten Blan, die einen so seelenvollen Ausdruck hatten, senkten sich in die seinen, daß ibm das Blut siedend heiß in die Schleifen schoß. Und sein Herz pochte den Takt dazu. Q- sls II· Zu Neuiaksr erhielt Frau Möller einen eingeschriebenen Brief vom Ge richtgrath Dörge· Es war eine Kün digung noch vor Ablauf des Konstati jahre5. Sie gerieth außer sich vor Muth-— Daran war natürlich nur die Hörle mit ihren verzogenen Biilaen schuld. Am nächsten Tage rüstete sich Frau Möller zur Absahrt, unt der Wittwe den Standpunkt gehöria klar zu ma chen, alk- ein zweiter Brief vom Ge richtsratlj eintraf —— diesmal eine Drrretsache, ein-e einfach-e, goldgerän Derte Karte: Frau Hosrath Hörle Gerichtsrath Dörge Verlobte Das Pferdsvon Poe Art-jun Wie erinnerlich, so schreibt man Jus Yokohama, fand bei der Ueber zabe von Port Arthur eine Zusam rnenkunft zwischen General Stößel und Baron Noai statt. Bei dieser Denkwiirdiaen Unterredung schenkte der Besieate dem Sieg-er eines seiner Liehsinadspierde. Noai wollte es erst nicht annehmen, ließ sich schließlich aber doch dazu bestimmen. Dieses hi storische Pferd soll nun dazu mithel fen, die japanische Pserderasse aufzu refferu, welchem Ziele die Japaner ietzt, nach den Erfahrungen des Feld ;uges, erhöhte Aufmerksamkeit zu wenden Baron Noai hat es einem reich-en Pferd-eziichter Namens Tomo bumiSaeai aeschenlt, der seinen Stall äu dem Städtchen Atesati Fu der Tn Jst-« UND-« .«.’: rez- Ws IT s qurusu oupuuv Hut. Olc Statut«-J ner von Lllasaki sind stolz darauf, das historische Pferd in ihren Mauern zu haben cie hielten eine Versamm lung iin Rathhause ab an der auch der Gouverneur von Tottori theil nahni, und nahmen eine Resolution Jn, in der sie ihre hohe Befriedigung iiber das Geschenk zum Ausdruck prachten Das Pferd führt jetzt den wanischen Namen Kotobuli, den ihm noch Baron Noai beigelegt hat. Das Wort bedeutet »Gliict« oder ,,langes Leben« und ist einer der vielen syno nmnen Gliickwiinsche Ostasiens. — Fataler Druckfehler-. Sie hatten sich durch die Zeitung tennen gelernt, auf der kurzen Hoch zeitsreise aber gleich liebgewonnen trotzdem er weniger ihr als sie ihm mit mancher Bemerkung über Gefeh nes iinponirte. Jhni war übrigens alles recht s— nur nicht das Essen in den Gasthöfen Als sie in ihrem Heini landeten, ioar sein erster Wunsch. ein von den Händcheii seiner Frau bereitetes Mit tagsmale zu genießen. Und das Mahl tani —-- aber es war kein Genuß!.. . Er konnte das auch nicht verwinden und machte mit umwöltter Stirn die Bemerkung: »Ja, liebes Weibchen, in der Annonce, die uns so schön zusam« nienaesiihri, las ich doch, Du hättest die Kochschule absolvirt!« Zitternd und bangend erwidert die junge Kraut »Das war ein Druckfeh ler. Jus habe die Hochschule absol oi1t!« Eint Verwandte Go ihrs-. Der »N. Fr. Pr.« wird berichtet, das: eine Verwandte Goethes in Eiersbach bei Zittau ansiissig ist. Es ist dies die Kaufmannsgattin Griiner, gebotene Goethe, welche, wie durch einen Zufall erst jetzt bekannt wurde, ihren Stammbauni direkt bis zudem Dichterfiirsien einporzufiihren in der Lage ist. Der aus der Volkniars-s l,ainer Schirrbausniiihle bei Art-ern ic: Thüringen siammende Urgroßvater oer Frau Griixier war ein Sohn aus oer ersten Ehe des Vaters des kaiser lichen Ratle Johann Kaspar Goethe, des Vaters des Dichters, und somit ein Stiefbruder des kaiserlichen iiiathes und ein Stiefoheim Johann WOUACHQ U)0cll)c5. Der neue Schah von Persien hat sich dazu verstanden, seinem Volke :ine Verfassung zu geben. Doch wie Väterchen in Rußland behält er sich por, diese Verfassung nach seinem Gutdiinten auszulegen. sie st- It Ost hat, wer über andere am mei sten tacht, am wenigsten zu lachen. si- -e g Jn Chicago hat man nichts gegen die Ausführung von Salome. Chicago hat auch anderweitig schon bewiesen, daß es sich »vor nischt ekelt«. V- Ik II Frau tzu ihrem Gatten): »Wenn Du missen würdest, wofür die Rech nung ist, würdest Du wohl nicht so viel Aufhebens davon machen.» -—-— Mann: »Nun, wofur ist sie denn?« — »Für das WeihnachtsaeschenL das ich Dir gemacht habet« :- -i- » Wenn einer seinen Platz nicht aus füllen kann, behauptet er stets, er ge höre auf den anderen Plas.