Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 15, 1907, Sweiter Theil., Image 10

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    Am Verlobungstage
KtiminakRoman von Auguste Grauen
(7. Fortf eung)
Am Fuße dieses Hügels also fah
Dutand die junge Dame plötzlich vor
sich. Sie jedoch bemerkte sein Heran
tommen nicht Die Hände im Schoß
gefaltet, den Blick zur Erde gerichtet,
im --hiibfche-n, lieblichen Gesicht jenen
Ausdruck peinvoller Spannung, den
aussichtsloses, schmerzliches Grübeln
erzeugt, so saß fie ganz versunken in
quälenden Gedanken da. Mit dem
romantischen Hintergrunde, den die
gäbnendeTropfsieingrottg diefich din
ter ihr befand abgab, hätte diese
Frauengestalt ein prächtiges Modell
fiir eine Personifitation ohnmiichtigen
Mitleideö gegeben.
Einige Setunden lang betrachtete
der neue Ankömmling das hübsche,
gar so traurige Mädchen, dann sagte
er leise mit weicher Stimme: »Meine
liede, liebe Edtoine!«
Da erhob sie langsam, wie im
Traum, das tief geneigt gewesene Ge
sicht, darin ein jähes Noth aufstieg.
All ihr ihre Augen sagten, daß sie
nicht geträumt habe, taumelte sie mit
einem leisen Schrei empor und legte
aufschluchzend ihre Arme um den
halt des jungen Mannes, der, selber
tief bewegt, sie an sein Herz zog.
..Euaen. ich verstehe dein Hiersein
nicht!« Das waren ihre ersten Worte,
nachdem sie sich ein wenig gefaßt hatte.
Er lächelte. »Es hat sich ganz ein
fach gemacht,« erklärte er. »Dein al
ter Verehrer und mein alter Freund,
Derr v. Eichen, hat mich —- natürlich
ohne meinen Namen zu nennen —- dei
nem Vater zur Untersuchung des trau
rigen Falles vorgeschlagen und so bin
ich denn da, bin mit Einwilligung dei
nes Vaters sogar für eine Zeit dein
hausgenosse.«
«Du also bist jener Durand, von
dem List behauptet —?«
»Ich weiß nicht, was sie behauptet
hat« ich weiß nur, daß ich derzeit der
sehr, sehr glückliche Eugen Durand
aus Rauch bin, dessen Vater Seiden
hlindler und ein Jugendsreund des
Kommerzienraths v. Mühlheim war.«
herr Durand aus Nancy erinnerte
in diesem Augenblick keineswegs an
den ernsten, scharfausschauendem jede
Winzigteit abwägenden Mann, der er
im Dienste immer war —- er sah jetzt
in seiner Liebesseligteit um reichlich
ein halbes Dutzend Jahre jünger und
so überschwenglich sroh aus, daß es
gar nicht zur Situation paßte, denn
diese blieb jedenfalls sehr ernst, netz
dem sie augenblicklich so reizend war.
»Du also suchst nach den Spuren
dessen, der das Verbrechen an König
begangen hat?« fragte Edwine sehr
verwundert.
Jhr Liebster war roth geworden, l
aber er sah ihr ruhig in die Augen«
und ruhig war die Art, in der er
sagte: »Ja, Edwine. ich, Doktor juriz
Gräbeni thue hier die Dienste eines
Deteltids, und werde sie nicht nur mit
oßer Gewissenhaftigkeit, ich werde
FI: auch mit großem Irrt-Eise thin,
denn ich hoffe nicht nur dich zu errin
gen, ich hoffe auch der Gerechtigkeit ei
nen ansehenlichen Dienst dadurch zi!
leisten. — Und auch deiner Schwester
möchte ich dienen,« setzte er herzlich
hinzu, »der Armen, die gewiß nichts
als die qualvolle Ungewißheit so schnell
Pieder heimgetrieben hat. Jst es nicht
alt«
Edwine drückte ihm die Hand. »Es
ist so und-du wirst uns helfen. Du
wirst Licht in diese schreckliche Sache
bringen. ,O, wie ich dir vertraue!
Und-weißt du, daß Papa entzückt
von dir ist?« sagte sie, fast schelmisch
lächelnd- «Und er tennt dich docherst
seit Stunden! -Aber,« setzte sie seuf
nd hinzu, »wir kann ich nur jetzt
geh sein, wo Lena so leidet, König
so elend endete!«
»Wir wissen noch nicht ob er ,en
dete,« sagte aussallend kühl der, wel
sssss -;--n4f3«cs WORK-n III-II Ins Zahn-II
nach wie vor zunächst Tuchnd bleiben
mußte.
Seine ihm heimlich Verlobte fah
ihn erstaunt an. «W5e du redeft, wie
eigentltümlich du redekt!« sprach sie
votwurfsvoll. »Kann man denn jetzt
noch daran zweifekn, daß der Arme
todt ist?«
Duta d zuckte die Achseln.
- Da in r Edwine in der Art einer,
. die genau überlegt, ehe sie redet, fort:
",,EI spricht ja doch alles dafür, daß
man ihn getödtet und die Leiche dann
beiseite geschafft»hqt.««
- -«Beifeite! Wo" ist dieses so tutzweg
genannte Beiseitek
; »Ja, weiß denn ich ess«
- Eos gut fein, Liebste. Strenge dein
Mut nicht igaaz unnsthig an. Es
M fisk- te net vorstellen, wo dies
M Rese- Beisette sein könnte. Man
P sit Fett-at daß König gegen elf
» se von biet fortging- Stimmt
«Mei«
G set stimmt-.
IN dicker sein ftiihes Fortgehen
M M txt-, et müsse noch vor
" Axt- m Dknckle nng des Blat
dtr Mitten Zins«
»Ja, so sagte er.« ·
»Er ist jedoch nicht in der Redattion
gepeiem hat —- wie man die Sache
jetzt zugeben muß —- gar nicht die
Absicht gehabt, in den ersten Bezirk zu
fahren, sondern ist nach feiner Woh
nung gefahren, wo er —« Durand re
dete nicht weiter. »Es ist ganz zweckios,
dir den Kopf warm zu machen rnit
dem, was und wie ich über den Fall
denke. Sage mir nur nach zweierlei.«
»Was denn?«
»Hm König auch gesagt, daß er am
Dritten, Nachmittags, eine größere
Summe Geldes del-oben dat?«
»Nein. Jch wenigstens weiß nichts
davon. Wie hast du es erfahrn?«
»Sein Bankier- brachte es gestern
Abend der Behörde zur Kenntniß. Es
waren sechstausend und etliche hun
dert Gulden. .
»Mertwiirdig. Wozu brauchte er
denn jest solch eine Summe?«
»Und jetzt meine zweite Frage-«
»Nun?«
»Bist du überzeugt, daß er deine
Schwester wirklich liebte, «o recht in
nig, so ganz ausschließlich —sa —
nun——halt so, wie ich dich liebe, so,
daß er an eine andere gar nicht denken
mochte, daß keine andere auch nur die
ringste Gewalt über sein Herz oder
feeine Sinne erlangen konntes«
Bei dieser Frage, welche zugleich
eine Liebesertläruna war. iab Edwine
sehr glücklich aus, aber das Nachden
lcn verscheuchte bald ihr Glücks-em
pfinden oder trübte es wenigstens
.Wie du mich liebst-»sich glaube,
ganz so hatKönig Lena nicht geliebt,
wie ja auch ihre Liebe nicht der mei
nigen gleicht. Er war ja herztich lieh
gegen sie; sie selber nannte sein-: Liebe
»ontelhaft«, und fie —-— nnn sie
schwärmte ihn an und bewunderte ihn
und«-——tvieder hufchte ein schelmi
sches Lächeln über Edwinens liebliches
Gesicht —- ,,das this doch ich nicht«
wiewohl ich dich für den tliigften und
besten Mann der Welt halte,« setzte sie
hinzu und sah ihn rnit einem Blick
an, aus dem die herzlichfte Bewunde
rung sprach. —- »Wie hätte denn ihre
Liebe auch der unferigen gleichen tön
nen?« fuhr fie fort. »Bedente doch,
e: war um mehr als zwanzig Jahre
älter als fie —- daher riihrte wohl
auch feine Ruhe nnd ftete Gleich
mäßigteit Jch wenigstens habe ihn
nie leidenschaftlich gesehen. Gefiern
aber fehlte es ihm allerdings an der
gewohnten Ruhe, derenthalben ihn
Erich stets den »Olympier« nannte.«
»Wie war er gestern?«
WAufgeregt entschieden aufgeregt.«
»Nun —- arn Verlobungstagel«
O, nicht freudig aufgeregt. Ganz
im Gegentheil —- er mußte das bei
solcher Gelegenheit übliche Frohfein
förmlich heuchelnk
»Ah ihr habt das gemerkt?«
«Lena sagte es ihm direkt, daß er
peinvoll aufgeregt fei, nnd drang in
ihn. es ihr zu sagen, was ihn denn
quäle.«
»Nun?«
»Er sagte, sie würde es später ein
imalerfahren Sie war sehr betrübt,
nls er im Winnrgarten von ihr Ab
Ifchied nahm. —- Aber was haft du
. denn?«
. Edtpine hatte diele Frage mit Recht
I sehrverroundert gestellt» denn bei ilfrer
iletzten Bemerkung machte er: »Ah —
;rich;ig! Jhr habt einen Wintergar
ten-«
J Er hatte sich zugleich erhoben und
horchte gegen das hans hin. »Ich
jglaube, es kommt jemand," sagte er.
«Natiirltch habe ich dich nur zufällig
aui meinem Morgenlpaziergang ge
troffen und habe dir von Nancy er
I zählt.«
» Es kam wirllich jemand. Wilhelm
war es, den List heruntergeschiclt
hatte, damit er Fräulein Edwine
hinaufbittr. weil Fräulein Lena wach
geworden sei. -
Wilhelm wunderte sich nicht da
,riiber, daß Herr Durand mii seiner
xiungen Herrin in der Kaktanienallee
Hpazieren ging. Er hatte freilich ge
i meint, Herr Turand, der erst im Mor
Igengrauen heimgelommen war, fchlafe
noch, fand es aber recht vernünftig
von ihm, daß er lieber in dem sonni
gen Garten als im Beil Erholung von
der durchschmärmten Nacht suchte
Durand geleitete die junge Dame
ins Haus und verabschiedete sich irn
Flur recht zerernoniös von ihr, bat,
als sie gegangen war, Wilhelm, er
möge ihm das Frühstück aufs sein
Zimmer bringen, und erkundigte sich,
ol) Herr v.Mühlheim zu sprechen sei
Dee here Kommerzienrath war je
doch ausgefahren und wurde erst zum
Mittagstiich wieder erwartet.
So sing denn Herr Dnrand auf
fein Zimmer, friihstiickte, befah sich
dann den Wintergartem den Wilhelm
ihm wies, und verließ-später auch das
Haut.
7. Kapitel.
Inn Matie Winter befand- stth vor
ihrem Bergwa- ,
Miit-taki Eis-« III-TIERE ihre-i
. , I
. M« »Ich M- js scheu alles MIN
was ich weiß,« meinte sie verdrossen
eines neuen Bier-hört gewärtig, uns
Pol-ei blickte sie schen auf ihren Be
r.
Dutand lächelte sie guirniithig an.
»Na, kommen Sie nur, Fraueli
Ja e er freundlich. »Ich kenne alle
J- re Angst-gen Aber eine, die Sie«
loie ich glaube, noch machen können.
die steht nicht im Protokoll. sieht des
halb nicht drinnen weil keiner Sir
nach dem bat fragen tönnen, wonach
ich Sie fragen will «
Diese Worte harken die alte Frau
neugierig gemacht. Sie trocknete ihr-.
Hände ab und hieß ihren Besuch in
dac— Zimmer treten. Es war ein sehr
nett gehaltenes Stäbchen, doppelt
freundlich deshalb, weil die beiden
Fenster voll Blumen waren.
Durand warf einen Blick auf die
Straße. Es war ganz richtig, was
die Winter anqegeben hatte· Man
lonnte schon von ihrem Bette aus
einen Theil-des Hauses erblicken, da
rin vor zwei Nächten so Absonder
liches vorgeqangen war. Dirett in
Königs Schlafzimmerfenster« welches
an einer stampfen Ecke der Villa lag
lonnte man hineinschm.
»Allo, was soll ich denn noch in
gen?« eröffnete Frau Winter das
Gespräch.
»Kennen Sie diese Dameism fragte
Damm-, ihr, während er sich setzte,
das Bildchen im Malochitrahmen
zelgend.
Die alte Frau schüttelte den Kopf.
.Die Dame tenn’ ich nicht. aber das
Bild hab’ ich schon gesehen. Der Herr
Doktor hat mir’s an dem Tage ge
zeigt, an dem ich ihn zum letzten Male
gesehn hab’·«
,.Erst an diesem Tag?«
» n, vorher hol-»ich es nicht bei
ilkm gesehn Er hat’s vor sich liegen
geyavt, wie ich ihm einen Brief hin
eingetragen hab’.«
»Er hatte es also vor sich liegen?«
»Ja. und er hat gar nicht g’ikört,
daß ich hereingetonimen bin.«
»So! Das hat er also gar nicht ge
hört?" —
»Nein. Jch hab’ ihn zweimal an
red’n miissen.«
»Und dann?«
»Dann bat ei- das Bild in die of
sene Schreibtischlad’ legen woll’n.«
»Nun, under hat es nicht hinein
gelegt?«
»Nein. Er hat sich ein bissel be
sonnen, und dann hat er mir’s ges
zeigt. »Was. Frau Winters Die iit
schön!« hat er g’faat und hat ganz
merkwürdig dabei ausg’iehn."
»Und-was sagten Stei«
d »tJch hab’ das Bild auch bewun
er .«
- »Und nicht gefragt, wen es vor
stellt?« .
,.Ah! Wie werd’ ich denn so etwas
thun!«
»Und was ist dann rnit deni Bilde
geschehen?« «
»Das weiß’ ich nicht. Jch hab’ an
dem Tag so viel zu thun g’habt, daß
ich inich aar nicht mehr an das Bild
erinnert habC Jet dent’ ich zum
ersten Mal wieder ran.«
»Sie selbst hat-en es also nicht auf
gehoben?«
»Ganz sicher nicht«
»Na, sehen Sie,-liebe Frau, das
habe ich wissen wollen. Und jeßt sagen
Sie mir noch eines. hat Dotter König
niemals Damenbesuch erhalten?«
Die alte Frau fuhr entrüstet aus«
»Nic! Niemals-P sagte sie bestimmt.
Jhr Besucher mußte lächeln. »Und
.Briese von Damenhand—— hater auch
solche niemals erhalten?« fragte er.
Da zuate Frau Winter die Achseln.
»Mir MS wenigstens nicht aufgesals
len,« antwortete sie nach einer tleinen
Weite, um geringschätzig hinzuzusrii
gen: »Er war keiner von denen, die
ininier Liebschaften haben.«
Durand erhob sich. Auch Frau
Winter itand aus.
Durand hatte aber doch noch eine
Frage. »Sie wissen die Zeit nicht ge
W
. nau a ergeben, in der Sie das Licht
in der s illa saheni«
»Ganz genau iann ich’s nicht sagen.
Ich weiß nur, daß ich, wie ich einmal
wach geworden bin. Li t im Schlaf
zimmer gefean hab’. ch hab’ mich
gleich gewundert, daß der Doktor so
zeitlich schon zu Dank fein soll. Jst
doch die Tramway noch g’iahr’n, und
auch ein Rat-let ist noch durch unsere
Gassen getommen. Dann bin ich
wieder eing’lchlaf’n, und dann hat
mich der Rettungswagen aufg'weclt.
Mehr weiß ich nicht«
»Und das Licht ist noch immer da
geivesen?«
»Nein. Das ist schon verloschem
wie ich zum ersten Mal aufg’ivacht
M,.rE--’io!'«
Frau Winter fuhr sich über die
Stirne. ,,Je —- da iallt mir gerad’
noch was ein,« sagte sie.
»Was denn?" Durand, der schon
im Gehen begriffen war, biieb stehen.
Er sah die Frau aufmerksam an.
Die aber redete nicht; sie sann of
fenbar über irgend ein-as nach.
»Nun!« drängte Durand.
Da äußerte sie ihre noch immer
nicht geordneten Gedanken. Seltsa
merweise begann sie mit einer Frage.
»Waren Sie auch bei der Kommis
sion?« forschte fie.
»Ich war auch in Königs Quar
tier,« antwortete Durand auswei
chend.
,- »Und haben sich alles genau ange
scheints-«
»Genau. Natürlich, ganz genau
entgegnete Durand, von dein Um
stand. daß nun er ausgefragt wurde,
heimlich erheiiert.
-:- m-Lt -Ik-c-s-0«
»»UUIII WII IIII III-III U ISOJ U f
4forschte die alte Frau weiter
»Ein Iahrrad meinen Sie?«
»Fa, ein Fahrrad·«
» ein-"
»Es ist immer im Gang g’stand’n.«
fuhr Frau Winter nachsinnend fort,
»aber ich half nicht ausg’rnerlt, ob’s
Jetzt noch dort steht.«
»Daß es seit der oergangenen Nacht
nicht mehr dort steht, dessen lann ich
Sie versichern,« erklärte Durand be
stimmt.
»Seit dieser Nachti! So waren
Sie heute Nacht in der Villa?« fragte
Frau Winter.
»Sie wissen, daß jemand drinnen
Wart«
»Sie können sichs denten, daß ich
heut nicht viel geschlas’n bab’. Warum
haben denn auch Sie die Spalettladen
zugemacht?«
»Seit sie also der andere auch zuge
macht?«
» a, der, den ich siir den Herrn
Dotter gehalten hab’. Der hat auch
zuerst Licht gemacht, und dann ist’s
beim Vorzirnmersenster gleich wieder
dunlel g’word’n.«
»Dasirr ist’s aber im Arbeitszim
mer hell geworden.«
»Ja, aber auch nur siir lurze Zeit.
gerad’ so wie ikn Schlaszimmer. Ich
half mich recht-gewundert dass der
Herr Doktor die Spalettladen
schließt «
»Das zu thun war wohl sonst nicht
seine Gewohnheit?«
»Nein es war auch gar nicht noth
wendig. Die Gegend ist ja sicher, und
die Zimmer liegen auch zu hoch, als
dasz man oon der Gassen aus ties
hineinse7n lönnt’.«
»Ja, a, und gegenüler gibt es auch
tein haus. Kurz, Doltor König hat
sonst die Laden nicht geschlossen?«
»Niernalz. « «
»Jetzt aber wollen wir wieder von
dem Fabrrad reden. Der Dotter war
also Radleri«
»Ja«
»Und sein Rad stand gewöhnlich im
GangrP
»Ja, aber manches Mal hat er’s
auch nur ans haust gelebnt.«
«Doch nicht iiber Nachtl«
»Dann lann ich mich nicht erin
nern.«
W
Ein echter Derllyer.
M
Ein Den fragt einen kleinen Schulknabem »Wie kein denn dein
Schrer
Knabe: »Jck habe teen’ Lehrer nich.«
hettx »Du gehst doch aber in die Schubs«
Knabe: »Mir bunt eeu MZMV
»Nun, dieses Mal hätte man es
schon unter Dach geschafft, wenn man
es vor der Thiir gefunden hätte.«
»Da musez also auch gestohlen
worden sein.«
.,Man muß das annehmen, gute
Frau. Schade übrigens, dasz es Ihnen
jeht erst einsiiäh von dem Rade zu
riden. Dies ist ja etwas lehr Wich
tiges. —— Von welcher Art das Rad
war, oder wo es Doltor König ge
laust hat. wissen Sie nicht?"
»Nein.«
Durand hatte es plötzlich sehr eilig.
Er empfahl sich rasch und ging.
Sein nächster Weg war zum Rom
inissariate Döbling, wo er sich davon
überzeugte, daß der in der Wohnung
Königs gewesene Beamte daselbst auch
lcin Fahrrad gesehen hatte« und wo
selbst er meldete, daß ein solches ab:
handen gekommen fei, welcher Umstand
mittels Jirlulardepeiche an alle ande
ren Wiener Poizeitommissariate bes
lannt gegeben wurde, die alsbald diese
Kenntniß, gleich dem Döblinger Amt.
sofort wieder an alle Geschäfte weiter
gaben, bezüglich deren es anzunehmen
war, daß der Dieb das gestohlen
Fahrrad verlaufen werde oder ver
pfiinden könne.
Ueber den Verbleib Königs aber
lag noch immer«sptiefites Dunlel.
Der Fall wurde immer riitbielhaf
ter. Wohl nahm man einen Mord an,
aber-wo war der Ermordete?
Einer jedoch nahm es durchaus
nicht als gar sicher an, daß da ein
Mord verübt worden sei, der nahm es
nicht einmal als sicher an, daß da
überhaupt irgend ein Verbrechen vor
liege, kein anderes wenigstens, als dasz
ein liebendes, ein Herzlich vertrauen
s«-- M2x4«.. -- - .,«—L-.- k-2
»I- dass-Wes statt-UN- tUUtUIU skc
Der eine war Herr Daraan der bei
einem Fiater stand und zu ian sagte:
»Zur Polizeidirettion,« wonach er ge
rniichlich in den Wagen stieg.
Es war ein offener Wagen. Das
Wetter war ja heute ziemlich mild.
Als die Pferde anzogen. gab es
einen so heftigen Ruck, daß Durand
an die Seite-rieth des Wagens ge
schleudert wurde, wobei der Rahmen
des Bildchenö. das er in seiner inneren
Rocktasche trug, gegen feine Brust
drückte.
«Ab. Nadia meidet sicht« dachte er
und lächelte eigenthiimlich, denn er
stellte es sich vor, daß dieses schöne
Weib, dessen Antlitz so viel Leiden
schaft verrietb, an Königs Seite von
irgend einein Eisenbahnzug in die
Ferne entführt werde, in eine sichere
Ferne, in welche —- — Ja, was
denn?
Mit dieser an sich selbst gerichteten
Frage hemmte Dnrand die Vorstel
lungen feiner Phantasie, und seine
Züge verloren den spöttischen, lächeln
dcn Ausdruck
Er griff langsam nach dem Bild-s
chen. Sachte lösteer es aus feiner dop
Pelten Umhiillung und betrachtete es
kang und rnii großer Aufmertsarn
eit· .
»Er war also teiner von denen, die
immer Liebschafien baden,« murmelte
er vor sich bin, aber er hatte einen
Nachlaß: »aber gerade deshalb war
er vielleicht siir eine Leidenschastreif,
die.vielleicht diese Nadia inibm ent
zündet hat.« Aber-warum verlobte
er sich dann mit der anderen? Er war
ja frei, noch frei — bis zum Abend
des 3.März völlig sreil—— Warum,
wenn diese Nadia vielleicht zu seinem
Glück gehörte, band er sich an Lenai
Nun, er war doch fast urn zwanzig
Jahre älter als Lena. Da stand er
diesem reisen, herrlichen Weibe schon
weit näher. sobald es sich nicht nrn
«Herzlichteit« sondern urn »Leiden
fchastlichteit« handelte, und gegen diese
war auch ein so reifer Mann nicht
i—
geleit. König war freilich ein Ehren
mann und hat sich als solcher viel
leicht verbunden gefühlt, die tleine
Lena, die an seine Liebe glaubte, nicht
zu enttiiuschen. So wurde er ihr
Verlobter —-— ein Verlobter, der es
taum den Mühl heitns glaubhaft hatte
machen tönnen, daß er sich glücklich
sitt-le und dem es seine Braut ins
Gesicht gesagt, daß er peinvoll bewegt
Und dieser »p-involl bewegte« Bräu
tigam verschwindet gleich nach dem
Verlobungsseste unter seltsamen oder
wenigstens seltsam scheinet-den Um
ständen, nachdem er einige Stunden
vor seiner Verlobung das Bild einer
schönen Frau in seiner Wohnung ver
steckt hat!
All diese Gedanten ziehen durch
Durandä Kopf« während seine Augen
aus« dem reizvollen Bildniß eines reiz
vollen Weibes hasten, »eines Weibes«,
so sagte er sich, »das sehr stolz und
sehr willensstarh sehr ernst und sehr
ehrbar aussieht, das so aussieht, alit
ob es sich zu gut, viel zu gut dünte
siir eine Täudelei. sür eine Liebschast.«
Durandz Augen lösen sich von dem«
Bilde, sie blicken ietzt itber dasselbe
hinweg, aber ihr Eigner sieht nicht die
Leute, an denen sein Wagen vorüber
roltt, noch die hausen die da anstan
chen und wieder verschwinden, er sieht
dieses schöne Weib var sich, tvie es
einen tödtet, weil er, der ihr vielleicht
alles genommen, woraus iie Werth
gelegt, sich um geringerer Rechte wil
ten von ihr abgewendet hat.
«-Oder sie —-«——« dentt Durand.
Da wird er in seinem Nachsinnen
gestört.
.Wir sind schon da, gnä’ Herrl«
rust der Italer und mit eine-n Ruck
stehen die Pferde. .
Durand fahrt aus feinem Sinnen
ans nnd steckt das Bildehen rasch ein
Die Zeitung und das wittert schiebt
er tu eine andere Tasche, bezahlt den
W
Kutscher und gehtOin das Poiizeidireti
tionsgebiiude. »
Einige Minuten später stehter var
dem Chef des Sicherheitsamtes, vor »
Herrn v. Eichen.
»Amt«-» sagt der und reicht ihm die
Hand.
Turand berichiete kurz und klar-,
was et seit gestern Nachmittag gethan
und was er in Erfahrung gebracht
bat, und auch Herr v. Eichen vertiefte
sich mit aroßem Interesse inden An
blick deg Bild-s, das Durand vor ihrn
aus den Tisch gelegt hatte.
»Ein irunderfchbnes Gesicht,« sagte
der aman »und Sie erlauben. daß
diese Frau dem verschwundenen Ksnig
naife stand, und daß er ihrer berech
thiten Eifersucht zum Opfer gefallen
ilt.-«
Tritt-nd entgegnete lächelnd: »Ich
habe zwar von diefer meiner Vermu
ttnrna noch trin: Silbe aeiiußert, aber
es iit Thatsache, daß sie —- neben
einer anderen --— belieht·"
»Und » rechtfertigt ist,« seht der
Obervonzeiidh hinzu. »freiiich nur
Auf Basis der Logik gerechtfertigt —
aber. lieber Dotier, vergessen Sie
nicht« daß vie Logik mit dem Thau
der Menschen nicht immer etwas z
schassen hat, daß der Zufall eine
Hauptrolle in der Weit spielt und das
das Wabrscheinliche sehr oft dem Ut
glaublichen weichen muß.«
Dur-and niettc nachdenklich
Er hatte,« während here v. Eichen
das Bild betrachtete, die Zeitung und
das Anvert, von denen es urnhiilli ge
wesen, aus der Tasche gezogen.
Der alte herr teuate sich jetzt nack
ersterer. »Das Blatt ist also vorn s.
März, nnd es ist ein Abends-Mit
Seine Verwendung und der Ort, an
irr-Mien- Sis var fand-n cksirsrt erklet
dinss nauchrdasiirAn daß vdiese Nadia
iin Leben Königs teine unbedeutende
Rolle spielte, denn —- — Was gibt
es denn? "' unterbrach er seine Bemer
tuna.
Durand war von seinem Sitze ern
porgesahten. Er starrte eine Weite aus
das Kuvert, oalg er dann vor Herrn
o. Eichen hinlegte. Es war ein größe
res, sast auabratisches stuvert von
getbichem Papier Es war nie zuge
tlebt gewesen und trug auch keins
Ausschrist, aber es war bosh etwas
daraus geschrieben.
Herr v. Eichen tonnte es nicht lesen,
denn die Stenograpbie war ihm
srexnd me saaten nur die drei Zif
sern etwas, welche da am Rande mit
Bteistist ganz tlein hingeschrieben wa
ren. Es waren Ordnungszablen
«27.2.« stand da.
»Am Siebenundzwanzigiten im
Zweiten,« Zas der alte herr, dann
schaute er erwartungsvoll aus Du
rand, und dieser las nun das Ganze,
das da notirt war
»Am 27 L. von N. K. erbalten,«
las er und setzte hinzu: »Die Schrift
ist so sehr dies angeht getiirzt.«
»Sie haben biete Notiz jetzt erst be
mertt?« fragte der Qberpotizeiratb.
»Jetzt erst," sagte Durand. Er war
erthhet.
· »Am 27. 2. non N. K. erbauen,«
wiederholte Herr v. Eichen, und senkte
nachdenknd den Konf. »Der zweite
Name dieser Nadja iiingt also mit K. -
an —- und am 27. Februar hat sie
König das Bild geschenkt, das ihn an
seinem Verlobungötage -so sehr be
schiistigte.« «
Das sagte er langsam und laut vor
sich bin, dann blickte er zu Duranb
auf, erhob sich und, dem jnngenMann
die Hand auf die Schultern legend,
suer er fort: »Deine Annahme gewinnt
an Wahrscheinlichtett »- aber, bester
Doktor, verbeißen sie sich trohdem
Musik«-Irr
s-« ·- e- t
,,L-·l(sc TIUIIOI Wie( IUI glllls Uns-J
gar nicht,« entgegnete Dnrand lä
chelnd. »Wenn ich aber einstweilen
mein besonderes Interesse dieserNadja
It. widme, hat-en Sie, mein verehrter
Minnen doch wohl nichts dagegen
ein·1utvenden?«
»Natürlich nicht.«
»Ihr Bild muß htute noch in die
Hände unserer Leute lommen. Sie
erlauben, daß ich die Versielfältigung
sogleich veranlasse.«
Durand hatte sitt-, erhoben. Gleich
zeitig· war getlopft worden. Ein
Wachmann brachte eine Telephon
nachricht.
Herr v. Eichen langte gleichmiithig
Nach Um Zettel. Während des Lesens
wurde er tebhafter.« Rasch sich erhe
bend, santeek zuDurnnd: »Für Sie
gibt's in Dötlina »in thun, lieber Dot
ter-die Vervieliiiltiguna des Bil
deg dieser Nadia werde ich schon be
sorgen.«
Damit reichte er dem Doltor den
Zettel.
lFortsetzung folgt)
----·--.- - h— «
Jn New York muß sich zur Zeit
eine Frau vor Gericht verantwortessp
die mit drei Männern verheiratet iß
Jhr Name ist Frau Witdsang. No
rnen et onren.
f i I
i Astronom Bote hat die Sterne ge
"zählt und, ibt ihre Zahl auf 6«t.184.
757 an. r·s nicht glaubt, mag It
nachzählem
I I s
Fürst Albert von Monaco ist in An
erkennung seiner wissenschaftlichen
Verdienste zum Ehrendoltor dersUnii
versiiät Edinburg ernannt worden.
Das Einentiimlicw daran ilt, dnsi die
Dottorhiite der alten schottischen Uni
versität schwarz mit roten Verzierun
gen sind. Den Fürst-nennt Monate
dtirsten dieIaeben »Von-ge et Rott«
Mondes gut kleidet-.
r
!