Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 15, 1907, Sweiter Theil., Image 6

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    Tlm Verlobungstage.
stimmt-Roman von Auguste Grotten
.- »-,k,-.« «
Mike-» —-»-- . ,- « »so-»
:.- »so-»s- «- exckxwx «.· ...« .., .«»,. .
IW
l8. Fortsetzung)
Auch sie hatten keinen Erfolg.
» Räthselhasterweise war von König
ihm ganzen hause teine Spur zu sin
n.
Aber er konnte sich ja ins Freie ge
schleppt haben. Die Herren verließen
die Billa, um imGarten zu suchen.
Wenn jemand von der Straße aus
herübergeschaut hätte, wäre er sicher
lich zur Annahme gekommen, daß in
der hübschen kleinen Ban ein Fest
eiert werde, eines jener intimen
e, deren passendster Schauplatz
olche tleine, vornehme, hinter Bäu
men halb versteckte Landhäuser sind.
War doch jeder Raum der Villa er
leuchtet, und Bewegung gab es da
selbst auch genu .
Der Kommissar hatte nämlich den
ihn begleitenden Wachmann geheißen,
die vorhandenen Lampen anzuziinden
und sie in den verschiedenen Räumen
zu vertheilen.
Aber gar zu unheimlich still war es
in all Den jetzt verlassenen Räumen.
Der Kommissar und die beiden
setzte suchten mit ihrer Begleitung
jeden Winkel des Borgartens nnd des
nicht sehr ausgedehnten Gartentheiles
ab, der sich hinter dem Hause erstreckte
—sie fanden König nicht. Sie gingen
auch aus die Straße hinaus, um dort
ihr Suchen sortzusehem Es war
nämlich aus der ein-en Seite ein Gra
ben, der sich am Rande der Borgiirten
hinzoa und der tief genug war, einen
Hineingeworfenen oder Hineingesalle
nen zu verbergen. Dieser Graben zog
sich auch an dem Vorgarten hin, hinter
welchem das Heim Königs lag.
Man durchsuchte diese Bodensurche.
Umsonst!
»Bielleicht läuft das Ganze aus eine
Mystisilation hinaus,« sagte derKom
missar, als ex mit den Herren in Das
Haus zurückkehrte.
Josephi zuckte die Achseln.
Man wandte sich seht wieder zum
Borzimmer. Die brennende Lampe
stand aus einem kleinen Tische ganz
in der Nähe des Telephons.
Des Kommissars Augen hasteten
aus dem umgeworsenen Stuhl. »Der
lag so da, als Sie kamen?« fragte
er Josephi.
»Genau sv,« war die Antwort,
dann zeigte der Arzt, der rasch zum
Telephon hinging, aus die weisiliche
Tapete. »Es scheint doch teine Mysti
sitation zu sein« fuhr er fort. »Hier
und auch dort drinnen im Schlaszim
Mer ist Blut."
Der etwas kurzsichtige Kommissar
trat nun auch rasch an die Wand he
ran und besah sich den kleinen rothen
Flecken. welcher sich aus der Tavete
zeigte. Dann nahm er die Lampe
vom Tischchen und leuchtete noch
näher hin.
»Auch auf der einen Hormuichel he
sindet sich Blut«, bemerkte er, »auf der
rechtcseitigen Hörmuschel.«
«Welcher Umstand dem seltsamen
Bericht, den Sie, here Rolle e, erhiel
ten, durchaus entspricht,« etzte der
Polizeiarzt, sich an Josephi wendend,
Don - ·
ser that einen tiefen Athemzug.
Es war ihm unsagbar peinlich, von
dem ihm so lieben Menschn so sehn
süchitg gerufen worden und zu spiit
gelommen zu sein. ,
Nach all den Eindrüaen, toelche er
hier erhalten hatte, zweiselte er näm
lich nicht im mindesten mehr daran,
daß wirklich hier ein Verbrechen vor
lag, das wahrscheinlich zu Beginn ein
nz gewöhnlicher Einbeuch hatte fein
allen und das durch Königs Dazu-i
s schentunst zu einem Mord geworden
M
Auch siir den Kommissar gewann
diese Anschauung immer mehr Wahr
cheinlichkeit, nachdem er das- einge
iickie Fenster, den zum Theil hervor
ezerrien und nmhergeworsenen -n
li des Schreibtisches, das Wa ch
becken mit dem blutigen Wasser und
den erbrochenen Kasten gesehen hatte.
; Das zermiihlie Bett war freilich
; nicht zu ertlärecn Darin gelegen hatte
f in dieser Nacht noch niemand das war
i sicher-. Denn wäre dessen Jnhaber im
Es« Schlafe oder auch nur im liegenden
Zustande von dem Einbrecher oder den
Einbrechern überrascht worden, sc
hätten diese doch, wenn sie es für
adihig fanden, ihn selber wegzuschas
F sen, kaum auch alle die von ihm abge
; legten Kleider und sonstigen Toner
ienstiiele so peinlich genau hinwegge
schafsr, daß nichts, aber auch gar
tits- davon vergessen worden wäre
Männer, beson rs wenn es Jung
sseilen sind, pflegen doch meist ziem
. M genial beim Austleiden zu versah
I«·-«. ten R war also anzunehmen, das
TO W eines von den oielenStücken
die beim Schlafengehenlljeder ablegt·
blieben wäre, sa s König im
. überfallen worden war. Aber
« anr nichts deutete daraus hin
z« er zur Zeit des Uebetsalles ent
nnd schon zu Bette gewesen
Abbe seinen Uebetrock und auch
LFIDM geseben,« sa te lZier
. Mitte- die, wel
sm
æsf Oder sjle WÆ;.
E
W
wundete Mann. falls er sich selber
von hier entfernen konnte, noch daran
gedacht haben, Rock und Hut zu neh
men?«
Der Schreiber war bei feines Bor
gesetzten erften Worten in das Vor
zimmer hinausgegangen Er lam
jeht zurück.
»Es ist weder im Nebenzimmer
noch auch im Vorrat-m ein Hut oder
ein Ueberrocl, aber —«
Da schauten alle zur Thür. Eine
alte Frau ftand auf der Schwelle.
Sie fah ganz verwirrt aus.
»Wer find Sies« fragte der Kom
missar.
»Ich hin die Bedienerin des Herrn
Mitgng war d« zaghafte Antwort
« as wollen Sie denn jetzt mitten
iu der Nacht hier?« examinirte, auf
Zie zutoetend, der Polizeibeamte wei
er.
»Ich bin so in Sorge gewesen«,
ftotterte die Alte nnd wischte sich die
Augen.
»Sie wohnen in der Nähe?« fragte
der Kommissar.
«Drei häufer weiter unten an der
Ede.
»Ja Sorge sind Sie gewesen?
Ja warum denn?«
»Ich had’ den Rettungswagen
fahren g’seh’n. Mein Fenster geht
auf d’ Gass’n heraus, nnd schlafen
kann ich ja nimmer viel. Hab’ zuerst
g’n:eint, der Herr Doktor fahrt z’
Haus —- aber dafz das kein Fiaier
ist. das had’ ich bald g’wußt. Aber
—- ich bitt’, meine Herr’n —- warum
sind denn Sie da?«
Aengftlich, hastig hatte die Alte ge
redet. Jbre lette Frage stief; sie in
voller Angst heraus.
Aber sie erhielt teine Antwort da
rauf. »Komm der Herr Dottor
immer zu Wagen nach Hause?«
fragte der Kommissar.
,,Net immer, aber manchmal und
heut schon g’wiß. Er is ja von feiner
Verlobung lomrnen.«
»So! Alfo heute hat er Verlo
bung gefeiert. Aber warum sagen
Sie denn, daß er gekommen ift?«
»Ich hab' ja fchon lang Licht da
herüb’n g’feh’n."
»So! Man kann alfo von Ihrem
Fenster aus diefe Van sehen-«
»Net das ganze Haus- aber grad
das Eek da.« Sie wies aus die beiden
Zimmer, zwischen denen sie sich be
fand. Sie hatte sehr bescheiden, ja
in demüthiger Weise geredet und war
fo eingefchiichtert, wie es viele Leute
find, wenn fie sich der Polizei gegens
über sehen.
Aber ihre Angst war dech noch
größer als ihre Schüchternheii. Die
Hände faltend, trat sie Piöhlich ganz
dicht an· den Kommissar heran und
rief faft gereizt aus: «Jeht aber,
Herr Kommissar, lassen S’ mich zum
gnadrgen Herrn!«
Und die Thiir zurückschiebend, die
ihr den Einblick in das Schlafzimwer
verwehrte, drängte sie sich in dasselbe.
Einige Seiunden lang durchsuchte
sie den hübschen Raum mit ihren alten
Augen, dann stammelte sie: »Aber der
Herr Doktor ist ja gar net dat«
»Nein, er ist nicht da«, sagte der
Polizeibeamte ernst.
»Und —- und warum sind denn —«
Die Alte redete nicht weiter-. Sie
war bleich geworden und wich —
Grauen in den wetten Zügen —
langsam vor den Männern zurück.
»Warum wir da sind? Wir von
der Polizei und der rr Doktor von
der Rettungsgesellscha t? Nicht wahr,
Frauerl, das habn Sie fragen wollen«,
antwortete der Beamte, die Zitternde
freundlich g dem nächsten Sessel süh
rend« »ja, müßte ich anen viel er
32iblent«
»Herr Gott! So is ’m herrn
Dotatr g’wiß was g’scheh’n!« schrie
das Weib aus.
»Wir wissen noch gar nichts«, be-·
ruhigte sie der Beamte, »als-) denken
Sie einstweilen au? nicht an das
Schlimmste Aber agen können Sie
uns verschiedenes, das den Fall viel
leicht auftliiren helsen tann.«
«Da ist ja ein’broch’n icord’n!«
jammerte die Alte, die erst jetzt die an
ihrem Rande zersplitterte Kastentbiir
bemerkt hatte.
«Wiiien Sie, was in diesem Kasten
isiZ«
»Wäsch’ und was sonst zum An
zieh’n g’hiirt. «
Auch Kratvatten und Krawattem
nadeln und Manschettentniipfe —
nichts«
»V, ja, das auch. Der Herr Dot
tor tschöne Sach ch’.'«n
»Komm Sie die einzelnenStiicke?«
.T;ch glaub« wohl, daß ich alles
kenn. hab’ ja oft selber aus dem
Katkn herausgew, was der Herr
Dotter Braucht hat«
Alslo was war denn an Schmuck
sachen beeinf« fragte, die Kastenthiir
furtt dichlagenlz der Beamte. Man
h sofort, daß eilige hände den
halt des Schranlei durchwühtt t
Mdates —- war —- in einer Leder
kafett'n«, sammelte entseit aus den
Wirrwarr senkendis die atte Franc-.
WRM dudie M ist ja da«,
ges-siedet Man des genannte
x " — ji«-«
W
Stück, dessen Ecke unter etlichen zer
lniillten Sacktiichern sichtbar war, her
vor-ziehend »Aber freilich ist sie ge
leert, wenigstens nahezu aeleert«, Äuhr
er fort und zeigte die geöffnete os
seite, in deren einer Ecke zwei Ringe.
eine KrawattennadeL eine turze Uhr
tette und ein im Lampenlicht auf
lciihender Manschettcntnoof lagen.
»O je! Da war viel mehr drin«,
jammerte die Alte.
Der Polizeziarzt bemerkte verwun
dert: »Warum nur die Kerle nicht
gleich die ganze Kassette genommen
haben?«
Der Beamte zuate die Achseln.
»Hier gibt es ein dieerritßered
Räthse1«, sagte er, während er die
Kassette wieder in den Schrank stellte,
wobei er sich. dem Schreiber einen
Wink gebend, wieder an die Alte
wandte: »Was also war denn noch in
der Kassette?«
»Eine schwere, lange oldene Uhr
tetr’n mit einein lila Pet chaft.«
.·War das aus einem durchsichtigen
Stein?'«
»Ja, und ganz altdiiterlich war-K
Ein« stehenden Bären hat«-i vorge
stellt.« »
»Weiter, Frauerl!«
»Es war auch ein Armband von
Silber du', suhr die Alte ein wenig
verlegen fort. .Der herr Doktor
hat’5"· einmal trag’n, wie er noch sehr
jung g’wes’n ist.« Und als ob sie
rasch über diesen zarten Punkt hin
wegionunen wolle, fuhr sie eilig fort:
»Und in einem kleinen, rothseidenen
Polster sind —ich weiß es g’wiß —
fieben Krwnttennadeln g·stectt.«
»Fehlen also sechs«, bemertte der
Kommissar. »Wa: ein aussallendes
Stück unter den fehlenden Nadeln?«
»Eine war ein Mohrenlopf- und
eine war eine rothe Schlange.«
»Na. gut i’s, Frauerl«, sagte
freundlich der Beamte. Jetzt schauen
Sie einmal in den Kleidertasten hin
ein, ob da auch etwas sehlt.«
Die Frau that, wie ihr eheißen
worden war. Sie gab an, das außer
dem Salonanzug, den der Do tor an
gezogen, noch sein lichter, kurzer
Eiteler fehle.
Daran meinte der Beamte: »Mot
gen friib werden Sie uns iiher diese
Sachen noch mehr sagen. Fiir jetzt
mdcht’ ich nur wissen. um welche Zeit
etwa Sie Licht in dieser Villa ge
sehen hat-en.«
Die Frau dachte ein Weil n
nach. »Es muß nach Elf « g’we en
sein«, gab sie an, setzte jedoch sogleich
hinzu, aalser g’wiß weiß ich’s freilich
net. Es sind halt noch Wagen und
Radler g’snhr·’n und noch Leut auf
der Gass’n ’gangen —- drum hab’ ich
mich ja so g’wundert, daß der Herr
Tottor schon z’ Haus ift. Denn fo
ein Fest dauert ja g’tvöhnlich lang,
und von Diesing herein fahrt ma
doch auch a gute Zeit.«
,,Also in Diesing war er?«
»Ja, beim Herrn v. Miihlheirn.«
..Soll dieser Herr sein Schwieger-»
vater werden? « l
»Ja. Die Fräul’n Braut heißt
Lena.«'
»Schön«, tagte Verstohlen schmau
zelnd iiber diese echt weibiiche Ab
schweifung der Kommissar. »Noch-Z
wendiger aber follte ich herrn v."·
Miihlheims Adresse wissen.«
Die Frau konnte ihm auch diese
nennen. Der Schreiber notirte sie
auf einen Wint seines Vorgesetzten,
der zur Alten freundlich sagte: »Ich
meine, Sie sollten jeht nach hause
gehen, gute Frau. Sagen Sie uns
nur noch, wie Sie heißen.«
»Mein Winter.«
Sie hatte sich erhoben und zog
fröftelnd ihr Umhiingetuch fester unt
die Schultern.
»Und iiber den gnädg’n Herrn kön
nen S’ mir wirklich nichts sag’n?«
fragte sie ängstlich und doch auch zu
gleich erleichtert.
Der Beamte schüttelte den Kopf.
»Wirklich nichts.« Damit begleitete
er sie aus dem Zimmer· Bis zum
Korridor ging e: mit ihr. Es ge
schah nicht aus purer Achtung vor
ihrem, wenigstens fcheinbar ehrwür
digen Alter —- er ab. auch dem
draußen harrenden chtnann einen
Wink mit den Au n, während et
sagte: »Begleiten Sie die Frau. Sie
wohnt gleich drüben an der Ecke.«
»Die ist wohl kaum mit im Spiel«,
meinte der Polizeiarzt.
Doktor Josephi griff nach feinem
Hut und sagte: »Ich bin hier auch
überflüssig —- Gute Nacht, meine
Herrenl«
Einige Minute- spare- suhk ver
EGGEL
Rettungzwagem der heute zu nie
mandes Rohen ausgesahren war,
wieder heim, und eine halbe Stunde
später la die Villa wieder in tiefster
Finsterni da. Nur daß seht sämmt
lich: Thüren und auch das Fenster,
durch welches man eingestiegen, ver
schlossen waren, und zwei Wachleute
regun slos im tiefen Schatten der
altenk "hre standen, die unweit der
Van ihre wettausladenden Aeste bis
über die Straße-breitete.
Die Nacht war sehr unfreundlich
geworden.
Das tiesziehende Gewölk sandte
einen dichten Sprühreaen herunter,
den ein salter Wind noch unangenely
mer machte
Es war eine Nacht, in der noch
recht viel Häßliches hätte geschehen
können, aber in der stillen Straße da
draußen in Döbling ereignete sich
nichts mehr —- nichts. daß das
Räthselhaste des daselbst Vorgegan
genen noch verdichtet hätte, aber auch
nichts, das es aufllärte.
4. Kapitel.
Es ist gegen drei Uhr Mor ens.
Das Wetter hat sich nicht gebe ert;
noch immer regnet es, und noch
immer peitscht der Märzfturm den
Regen. -
Lena o. Mühlheim, welche seinen
Schlaf finden kann, lauscht auf das
Toben der Natur, das ihr heute merk
würdig aus die Nerven geht.
Da rollt ein Wagen durch die
sonst um diese Zeit so stillen Straßen
Viehingg. So rasch fahren nur
Herrschastseauipagen oder die Wie
ner Iiater.
Lena nimmt also an, dasz die Be
wohner irgend einer Nachbarnan von
einer Soiree oder einem Balle heim
tehren, und es bietet ihr eine will
tomknene Zerstreuung, daraus zu
achten, welchen Weg wohl der Waaen
nehmen wird, der so rasch daher
kommt. Da er in ihre Straße ein
gebogen ist« musz er auch am Hause
ooriibertommen, ist es doch das erste.
welches aus seinem Wege liegt, denn
der untere Theil der Straße wird
nur von Gärten gebildet.
Der Wagen hat plötzlich angehal
ten. Warum fährt er denn nichts
weiter?
Lena richtet sich im Bette aus und
lauscht angestrengt. Eine ---— zwei
Minuten vergehen.
Lena erhebt sitt-, schlüpft in die
Hausschuhe und in den weichen, war
nien Schlafrock und tritt zum Fen
ster. Sie sieht vor dem Gitter einenl
Wagen stehen. Es ist auch bereits
jemand bis zum Thor hergetreten. Er
Versucht soeben, ob er nicht das Pfört
chen ässnen kann, welches sich neben
dem grosin eisernen Gittertbor be
findet. Aber »das Pförtchen ist ver
schlossen. Dem nächtlichen Besucher
bleibt nichts übrig, als zu läuten,
trenn«er in die Van kommen will·
Er drückt denn auch aus den neben
dem bertchen angebrachten Taster.
Ganz sachte hat er es gethan. Er
will also, Nß nicht jeder im hause
ihn höre. und weiß augenscheinlich
nicht, das-. das Läutewert in der
Dienerstube angebracht ist, und daß
d s elettrische Klingeln also so wie
«o nur dort deutlich vernehmbar ist.
Lena stoen te ihre Augen an. Sie
möchte den rann ertennen, der da
in einem iater tam und der zu so
ungewöhnl Stunde ins haus
will. Die Dunkelheit ist jedoch noch
zu dicht, die Au n der jungen Dame
tönnen sie nicht rchdringen.
Die Nacht an und siir sich wirtt
schon aus nerbdse Leute austegend,
das hatte Lena ganz besondere- deut
lich in eben dieser Nacht an sich er
fahren. Jetzt ist ihre Aufregung zur
Bangigkeit geworden, zur athembe
tlemrnenden Lan igleit.
Was tann die er Fremde biet wol
lent Ein Fremder ist es. natürlich ist
es ein solcher, oder wenigstens ist es
einer. der ni t ins baue gehört. Was
aber hat ein « remder zu solcher Stun
de zu melden —- zu bringen? Natür
lich nur eine schlechte Nachricht. Zu
solcher Zeit bringt man nur schlechte
Nachrichten
Was also ist geschehen?
Das fragt sich das junge « "dchen,
und sie dentt dabei —- e o no
tiirlich — an ihren Verlobten, denkt,
wie sie ei eigentlich schon den ganzen
Abend und die ganze Nacht getfan
hat, daran, wie beistimmt er gewe en,
wie viele Mühe er sich hatte geben
müssen. unt wenigstens allen anderen
ge iibee das Frohgesiihl herauszu
le n, das ihn heute naturgemäß
Der sguse Graf-laut
JOS
tau: »Na, aber Aue-, wie sehen Sie denn ausf«
schin: »Li- awet Je e Gele Und da sagt ek, er wollte mit nur
sum neuen Jthe gratuliten!«
—
hätte erfüllen miissen, und das ja auch
thatsiichlich in ihm war, das aber von
irgend einem peinlichen Eindruck ge
trübt wurde.
Lenaa Beliemmenheit war iur
quälenden Angst geworden. Sie
starrte, die kalten Hände aus ihr laut
pochendes Herz gepreßt, noch immer
auf den Mann hinunter.
Er war fett nicht mehr allein
Wilhetm, der jüngere der beiden
Hausdiener, stand fest innerhalb des
Gitterö und redete mit ihm.
Lena sah noch, wie Wilhelm das
Pförtchen össnete und den Fremden
einließ, dann mußte sie sich setzen,
denn ihre Knie zitterten. Ihr n-,ar,
als sei das Unglirck ins Haus ge
lommen.
Nach einer kleinen Weile verließ
sie ihr Schlafzimmer und schlich sich
in den Wintergarten hinab. Sie
konnte annehmen. daß Wilhelm den
nächtlichen Besucher in den kleinen
Salon siihren werde, der an den
Wintergarten stieß
Ihre Annahme war richtig. Eben
hatte sie die Thür, durch weiche sie
eingetreten war, hinter sich zugezogen,
als draußen eine Flamme dedGab
lüsterö entzündet wurde.
»Bitte, warten Sie hier« Ich
werden den Herrn Kommerzienrath
iveeken«, sagte der Diener und ver
liesz den Satori.
Lena hatte vorgehabt, mit dem
Fremden zu reden, sie besaß seht aber
weder den Muth noch die Kraft dazu.
Hinter einer Palmengruppe Jus ein
Sopha senkend, starrte sie mit önost
iichen Augen aus den herrli, der lang
sam da draußen hin und her ging.
Er trug eine Uniiarm. Er war ein
Polizeibeamten
Der Kommerzienrath war einge
treten. Er sah noch verichlaien nnd
auch ein wenig aufgeregt aus«-.
»Wer-sit iann ich dienen?'« war
seine hastige Frage.
Der andere qriißte stumm im-: dem
Herrn des Hauses einen Stuhl Ju
rechtschiebend und sich selber setzan
antwortete er: Mit ein-er Auskunft.
Herr Kommerzienrath Jch bin der
Polizeitanimisiar Greiner. Ich tomme
aus meinem Amtsdezikl Tödiing,
fast dirett aus der Wohnuna Doktor
Königs, Jhres zutiinftigen Schwie
giersohncs.'«
»Was-P Herr v. Miihlheim war
jetzt nicht mehr schläfrig.
»Erschreeten Sie nicht · vorzeitig,
Herr Kommerzienraih«, teruhiaie ihn
der Beamte.
clllks r-«s- stei- -«;e CH-.;«’I«
»«1»«0 -
»Es wurde in lerne Wohiii: un ein
gebrochen ——"
»Unt- er m er wurde dabei -—««
Miihlbeim stockte.
»Er ist also Jhree Meinung nach
zu Hause aewesen7" sragte der Kom
missar, merklich ernster werdend
»Das fragen Sie Max-« Miibl
heim holte erleichte:t Altern. ,.?llso
ist ihm nichts gescheheni Nun ja. er
ist gegen els Uhr von hier weggesch
ren.'«
»Und lonnte somit vor zwölf Ubr
in seiner Wohnung fein. Dann
stimmt ja alles.«
»Was stimmt? Weiß man, daß
gerade um zwölf Uhr bei ihn· ein-Je
brochen wurde?'«
»Das muß man annehmen."
Mühlheim athmete erleichtert ans.
»Da tann er noch nicht zu Hause ge
wesen sein, denn er ist von hier nach
seiner Reduktion arsahren.«
»Ah! Sie wissen das bestimmt-«
»Bestimrni! Er sagte wenigsten-,
daß er es thun werde.«
»Scheint es aber doch nicht gethan
zn haben-« sagte der andere langsam.
«Woraus schließen Sie dass-"
»Volk- nach 12 Uhr wurde tsie Net
timgsgesellschaft von ihm angerufen,
un: zwar von seiner Wohnsng arti-Z
»Die Rettungsgesellschast — « wie
derholte, die Fassng verlierend. der
Kommerzienrath »Weithalb denn?«
»Er telephonirie wörtlich: «(3in
brechen angefallen, verwundet, schnell
—-", Der Kranlemoagen und ich mit
meinen Leuten trafen, es wer trine
halbe Stunde später in Königs Web
nung ein, finden unzweifelhaste Ce
rveise eines Einbeuchs und ein bluti
ges Schallrohr beim Telephon -—— aber
König fanden wir nicht. ——— Aber was
tvar dass« Mit dieser Frage unter
brach der Beamte seine rasche Schilde
rung und stand aus.
Jm Nebeneauin war irgend ein
Gegenstand zu Boden gefallen nnd
zerbrochen.
Auch Der-r v. Mühlheim hatte sieh
erhoben. Mit zitternven Händen
langte er nach einem der Leuchter, die
aus dem Kaminsimse standen.
Greiner aber mußte die Kerze an
zünden, und er war oer erste. welcher
die halb ossenstehende Glasthiir des
Wintergnrtens auistieß unt den
weiten Raum betrat«
hinter einer Palmenaruppe neben
einem zerspliitertenBlumentorf schim
merte etwas Weißen
Eine Minute später hielt Herr v.
Miihlheim die ohnmäehtige Lena im
Arm.
»Meine Tochter-, Königs Braut-—
sagte er mit bleichen Lippen.
i Nachdem man das unglüitliebe
;Miid(hen in ihr Zimmer gebracht
shatte, wo ihre Schwester und die
Etreue List, selber ganz verstört von
der nun auch ihnen vermittelten Nach
richt sich liebevoll um iie bemühten,
wurde Wilhelm zur nahen Polizei
station gesandt von der out man
telephontlch bei der Redaltion an
sraxfu ob Doktor König in dieser
M Uhr dort gewesen sei.
redatteur beantworten
W
idiese Frage mit Nein. Doktor König
Isei nur am Morgen des bergangenen
Tages aus einige Minuten in der
Reduktion erschienen, habe verspro
chen, das Manuskript des Artikelt
welcher sich aus die ute ftattgehahte
Eröffnung der Kun autstellung be
ziehe, rechtzeitig abzuliefern, habe
aber fein Versprechen nicht gehalten;
man wisse nichts von ihm und sei
dieser, seiner ersten Unpiinttlichteit
halber dem Publikum gegenüber in
großer Verlesynheit
Nachdem sich diese, vom Polizei
amt ieing schriftlich wiedergege
bene rllärung in Greiners händen
befand, blieb lein Zweifel mehr
übrig, daß König einem Verbrechen
zum Opfer gefallen war — einem
Verbrechen dessen Phasen ziemlich
Zlar vor den geistigen Augen derer
lagen, die von dem Falle überhaupt
Kenntniß hatten, und wobei nur das
fpurlose Berfchwinden Königs rath
sel st blieb. s-—
ie häßliche Mor endännneruns
war einem lichtarmen age g
Jn der Van Mühlheim herrM
eine peinvolle Stimmung. Die
nerfchaft tuschelte miteinander. L
ganz verweint, huschte, bald dies,·
jenes fiir ihre bedauernswerthe Iun
Herrin besorgend, durch das sonst ·
trauliche haus. Sogar Erich
heim war ganz verstört und dr
sich das setz von Mitten-, in re
Nähe von LenaSSchlafzimmer herunt,
indem er sich, wenn Edwine oder gis
zum Vorschein lamen, zu allen mos
lichen Diensten anbot. Acht Man
lonnte ihn zu nichts brauchen, zu
nichts anderem wenigstens, aks dazu,
auch mit tu leiden.
Aber als Edwine es ihm endlich
erlaubte, Lena zu sehen, hatte das
doch fein Gutes. Die Arme konnte,
seit sie aus ihrer Ohnmacht erwacht
war, teine Ruhe finden. Wiewohl sie,
in der jeder Nerv fieberte, so schwach
war. daß sie sich kaum aufrecht zu er
halten vermochte, irrte sie doch unauf
txiirlich durch dag Zimmer, ergriff
ganz zwealog bald diesen, bald jenen
Gegenstand-, um ihn, wohl auch ohne
Bewußtsein ihres Thau-Z wieder hin
zulegen, starrte mit unnatürlich glan
zenden Augen vor sich hin und wurde
wiederholt vom Fieber aefchiittelt.
So fand Erich die, welche sonst die
Vertörperung schönsten seelischereEtem
inafzes war. Eine Weile stand der
Iganz erfshiitterte Bursche still an der
Tisiirx er wagte angesichts solchen
Neides taum Zu athnzen und preßte
E sich, um nicht laut uusschreien zu mits
len, die Nägel ins Fleiichz endlich aber
hielt er nimmer an sich, eilte aus Lena
!««,u, umschlang sie und fing bitterlrch
zu weinen an.
Da war es, als ob sie aus ihrer
tsrinvollen Betäubung erwacht-, als od
es ihr erst jetzt ganz llar werde, was
da geschehen war. Erich i sanft von
sich schiebend schaute sie eine Weile
auf sein thräneniibersrrömtez junaetz
Gesicht, nnd dann fullten sich such ihre
Etluoen mit Thrönen Und als Erich
laut ausscheiet »O, konnte ich dir hel
sen, meine liebe, liebe Schwester!« da
legte sie ihre Arme aus seine Schul
tern und weinte laut und bit«erlich.
»Gott sei Tanti« sagte Lin, die
mit Edwine Zeugin dieser schmerzli
chen Szene war.
Bald danach traf d:r von Erichs
Lehrer gestalte Hausarzt ein. Als er
wieder ging, liesz er die Beruhigung
zuriich das: der furchtbare Schrecken,
in welchen das zarte Mädchen oersent
worden war, höchst wahrslpeiulich
teine ernsteren Folgen siir ihre tönt-er
liche Gesundheit haben werde-, rieth
jedoch ernstlich zu einem sofort vorzu
nehmenden Ortswechfet
Herr v. Mühlbeim trat in das Bu
reau des ihm befreundeten Eiess des
Sicherheitsinstituts. Derselbe, Herr v.
Eichen hiesz er, sah wie fo ein ne
rniithlicher, gesetzter Wiener Bürger
aus. Er war iedoch von altem A l
und ein bochaebildeter Mann. Aeußerg
lich jedoch mertte man, wie gesagt,
nichts davon. dafi here u. Eichen
ksraaios hofsähig war. Jn atwisfen
streifen kannte man ihn als urfideles
Haus, während die Angehöriaen an
derer Kreife alle Ursache hatten, seine
amtlichen Eigenschaften postan zu
würdigen, und wieder andere Kreise
Grund befassen feinen Scharsblict zu
fürchten· Derr v. Eichen wurde des
halb einerseits ebenfofehr nesiirchtet
und gehaßt, als er anderseits geliebt
und geachtet wurde.
lFortsetzung folgt.«,s
j
Die herzogin von Marlborough hat
fich bereit erklärt, nach der Scheidung
dem herzoge ZIOCUMO jährlich zu be
zahlen, wenn er ihr den Titel läss» Der
herzog kann demnach nicht länger im
Zweifel darüber fein, warum sie ihn
heiratete.
t- JI «
Langes Nachdenken hat den Pro
feffar ohaller Mathews zu derSchlnßs
folgerung gebracht daß ein Mangel an
Liebe für ie meisten Ehefeheidungen
verantwortlich zu machen fei. Mituni
ter trifft fogar etn Professor den Na- .
gel auf den Kopf.
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Männer sprechen oft liber die Eitel
leit der Frauen, doch gibt es wenige
Männer, die eine Gelegenheit. sich in
Gegenwart hiibfcher Damen von der
heften Seite zu zeigen, ungrntiht var
übergehen lassen.
O I II
, Year der siegt, der den Gegner liber,
fchest und ihn dennoch angreift.