Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 08, 1907, Sweiter Theil., Image 10

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    Am Verlobungstage
Kriminal- Roman von Auguste Gkoner AK
M
W
(2. FortseyungJ
" Von draußen her wurden rasche
Schritte hörbar. Der schmerzlichesug,
der soeben noch ausLenas lieblichem
Geßcht gelegen, schmolz wie Schnee im
Sonnenschein Jetzt that sich die Thür
ans —- im nächsten Augenblick hielt
König, der jetzt alles andere vergessen
hatte, die Geliebte in den Armen. Und
er sagte, der sonst so Bereate, nichts,
als ein paarmaL tief aufathmend:
»Mein Glücks Tu mein süßes, herzi
gcs Glück!« —
Ein Viertelstündchen gönnie rsian
ten beiden, dann kamen die Familien
mitglieder eines nach dem anderen
herein, um König zu begrüßen. und
bald vereinte ein aemüiblkches Früh
svick vie fröhlich Plauderndem denen
König verschiedenes von seiner Reise
erzählen mußte.
Plöylich schwieg er und brach ein
wenig unvermittelt die Schilderung
seiner Fahrt von Paris nach Comm
nean ab. Und es war doch gar nichts
Unangenehmes vorgefallm Es war
nur ein Eilbrief an den Kommerzien
rath gekommen, in welchem einer der
für heute Abend geladenen Gäste die
s angenommene Einladung nicht etwa
riickgiingig machte, sonder-n nur hat«
rirn eine Stunde später kommen zu
dürfen, da er eine unabweisbare Ak
haltung habe.
Seltener Gast —- er hieß Vittor
Colmar — hörte auch ganz fortblei
ben können; den beiden Liebenden war
er gleichgiiltig, und Edwine —- um
deren Gans sich dieser Herr leiden
schaftiich bewarb — war ihm gerade
zu abgeneigt
Dieser Brief also konnte an Königs
schlecht-: Laune keine Schuld haben.
Der Kommerzienrath der tein
Freund schlechter Launen und stocken
der Gelt-räche war sand rcs ch neue
Themata und war schließlich weil es
nun einmal wie ein kalter Hauch .iber
der kleinen Tafelrunde laa, froh da
rüber, daß sein künftiger .- chinleger
sah-n durch seine Berufspflichten ge
zwungen war, bald wieder zur rStadt
zurückzukehren König rnnf Jte nicht
nur noch einmal die Aussiellun o, Besu
chne, er mußte Nachmittags auch noch
sein Referat schreiben, das er sonst
wohl erst Abends seinem Blatie zuzu
stellen pflegte, das aber heute schon
sriiher fertig sein mußte, da König ja
heute Abend anderes zu thun hatte,
als an Knnsitrititen zu denken.
Gegen zwols Uhr verabschiedete sich
- König denn auch und fuhr nach der
Ansstellung, die um ein Uhr eröffnet
werden sollte. Er langte eine halbe
Stunde früher dort an und begab sich
sogleich in die Aussiellunasräume,
. woselbst seht schon alles an Ort und
Stelle gebracht und jede Spur der
siebethasten Thätigteit, welche vor
Säunden da noch geherrscht hatte, völ
lig verwischt war. Noch lvar Eiern Pu
blikum der Zutritt nicht steigegeben
worden, dennoch aber herrschte schon
ziemlich viel Bewegung in den ver
schiedenen Sälen, »denn es waren nicht
nur die Berichterstatter der Zeitungen
sondern auch viele Künstler Irntr)esend,
welche den intimen Genuß, den nun
ein-mal der Eröffnungstag bietet, ha
ben wollten. Man konnte die Maler
nlandernd, die Journalisten Notizen
machend-, da und dort beisammen
kJ-f--- -L-- k-- QLYL -.« mxsh --T
IUIIYIII VIII-b UUOI UIZU ou ULLU Fr-.'7-Ä·
Auch König war ietzt nur Kräftee
Er schaute, notiete, plauderte über
feine Reise und sprach sich über dieses
und jenes Kunstwerk aus. Daß feine
Augen dabei jemand suchten, der nicht
lam; bemerkte keinen —
Nachdem die Eröffnungsfeiezlichkeit
vorüber war, schrieb König im Besti
biil auf eine Visitenkarte wenige Zei
len. Sie lauteten: »Ich muß Sie Un
bedingt heute noch sprechen. Bin bis
sechs Uhr zu Haus«
Die mit Umschlag verfehene Karte
Tibeng et einem Dienst-innern mit dem
Auftrage, den Brief fofott zu befor
gen. Daran nahm er einen Fialetl
der auch sein Rad mitnahm, undfuht
nach Hause.
Er schloß feine Wohnung hastig
, auf, krachte das Rad an den gewohn
.;» ten Platz im Gange unter und begab
"« » sich in sein Arbeitszimmet.
" s Er war allein· Frau Winter hatte
. um dieses-Fest im Hause nichts zu thun.
InSie hatte keinen Miseloffer schon ent
leert nnd dessen Inhalt in den betref
fenden Essen verwahrt Die verschie
denen Meinigkeitem welche König un
.- ; samt-m hatt-, kleine Plasti
:tint, otsgraphien u.s.w., natte sie
Jus seinen Schreibtisch gelegt. Er
O sie, als et sich an ihm nieder-:
, et- wenig ungeduldig zur Seite
. begann fein Referat zu schreiben.
—d war et ganz und gar in seine
— ttuaksvolle Arbeit vertieft.
·- sgessgggs Ins-seng
. » engt , an -s
M Lebe- dem Schreibtifche
s U —.
c ichs-gelte dkn Kopfji
set-en one-ne et un
· U den KIN
neige-eth
, sich noch ein
nnd schrieb wei
falieteer
Hosen
: über die Schwelle trat.
zusammen. Gerade, aki er dicsthat,
ging das Garten örtchen. König
schaute nicht aus, er trckte den zuletzt
geschriebenen Artikel ein wenig hastig
in einen schon adressirten llniscblag
-faltete dann auch sdie anderen beschrie
benen Bogen zusammen und schob sie
zu dem ersten.
Indessen ging jemand durch den
Garten und die Treppe herauf. Es
klopfte an. König schrieb noch immer.
»Herein?" rief er und legte dEeFeder
Es war ein junger Mensch, der da
»Ah, Sie sind es!« sagte der Tot
Y tor. Er war sichtlich enttäuscht. Der
junge Mann war ein fcEll-gesandter sei
;ne»sz Bankiers und brachte ihm eine
große-Je Summe baaren Geldes-, das
König während seiner Reise gekiindigt
hatte. Die zwei konnten sich flüchtig
Der Bankbeamte erkundigte sich da
s nach, wie es dein Herrn Doitor wäh
rend seines Fortgangs ergangen sei,
und theilte ihm mit, daß aucher. und
zwar heute noch irn nteresse seines
Chefs eine längere eise antreten
werde.
Der junge Mann« der vermuthlich
noch nicht viele Reisen gemacht hatte,
wäre gern ein bißchen weitichweisig
geworden, aber er bemerkte, daß
Doktor König newös sei. Er mußt«
wohl jemand erwarten, denn er fahl
des österen nach der Straße hinüber,
und dazwischen griff er, während er
zerstreute Bemerkungen machte, bald
nach diesem, bako nach jenem der klei
nen Barsch-m welche ans dem Schreib
tische lagen. Sein Besucher stand denn
mass-bald auf, Lan fass zu empfehlen.
Tllcll cUL cl IIW Glis-IN WIII Us»
Doktor den Umschlag von einem der
Päckchen geöffnet Das Kouoert um
schloß ein in zarten Tönen getan-liess
Frairenbiioniß Es war in einen fis-i
I chen Malachitrahmen eingefiigt. Einen
As ioenbiick long schaute der Dei-or!
Iauf das Bild, do klirrt wieder diei
ieiserne Gitterthür draußen Königsj
l Blick ji«-c t hinaus.
»Sie gekommen Besuch,« sagte der
junge Beamte. ·
»Ja, ich bekomme Besuchf srgt auch1
König, lschiebt das Bild-ten kriererinj
den Umschlag und Legt es auf den
Schreibtifch, schüttelt den Kopf, bsbtj
Tag Bilochen wieder auf schiögtesinz
se eine Zeitung ein und schiebt es zwi-«
schen einen Stoß Büchex,1relche auf
dem Rande des Schreibtifches liegen
dann wiinfcht er freundlich aber auch
merkbar zerstreut, dem Befucher eine
giscklickze Reise und geleitet ihn bis
zur Thür.
Von dorther wirft der junge Be
cmte unwilltiirlich noch einen« Biick auf
das überbraebte Geld, das offen auf
dem Schreibtisch lag
Draußen begegnet er dein neuen
Besuchen Dieser ist ein elegant entlei
:eter, noch jüngerer Mann Er ichernt
recht wohlgelount zu sein seine Miene
rettiitth es und das Liedchen, das er
junsm
m-« « e - «
UIV Uc Hlskl sllclllpallllcx Ductule
gehen. grüßen sie sich stumm.
Der junge Beamte vergewisiert sich
noch einmal, ob er die eben erhaltene
Quittungs auch gut verwahrt habe,
und geht danach, auch in recht ver
gniigter Stimmung, die Straße hin
unter. Sie mündet in die Döblinger
Hauptftraßr. Gerade an der Ecke
baumett ein Barbierbecken an einer
langen Stange, da fällt es Dern jun
gen Menschen ein, daß er sich vor fei
ner Abreise noch rasiren Iassen müsse,
und so betritt er den Laden. Es thut
ihm nichts, daß er, da eben andere
Kunden bedient werden, etwas warten
muß. Endlich kommt auch er daran.
Just eine halbe Stunde hat das War
ten gedauert. Die Zunge des tvackeren
Bartscheeres ist bedeutend flinter,al5
es seine Hände sind, das merkt sein
neuester Kunde jetzt auch an sich.
Endlich aber wird doch auch er fer
tig. Er hat schon gezahlt und zieht die
Handschuhe an,»wo-bei er gelangrveitt
aus die Straße hinaussieht
Da geht soeben ein Herr an dem
Laden vorüber-es ist derselbe, dem
er vorhin im Hause Königs begegnet
tit.
,,Merkwiirdig,« denkt der junge
Bankbearnte, »wir verdrossen er jetzt
dreinschaut, und war doch vor einer
Stunde noch to lustig!«
Fünf Stunden später fuhr der junge
Mensch, welcher diese Wahrnehmung
gemacht hatte, in die weite Welt hin
ein, in der er ir ndwp, auf Wochen
hinaus, für seineZirma zu thun hatte.
Und etwa auch stinf Stunden später
endete das Verlobun cfest bei dem
Kamnterzienrath v. ältühlheim Es
war diesem nicht recht gewesen, daß
fein künftiger Schwie ersehn sich nicht
einmal heute ganz rei hatte machen
können, landerseitö glaubte er es ihm;
ohne weiteres, daß er, ehe die Druck-«
leaung des Morgenblattes begonnen
hatte, also vor Kwölf Uhr Nachtt, noch
einmal in die edattion mitget;
Lena war sogar ein di n ge
träutt olz seines Fittichen Ebens,
aber »He tanwfte tapfer gegen ihre
Ware « au, und als Muts tu
dem away-h Mich leeren Winters-»er
teu von ihr Wird nahm« sagte er:
M
«Miichteft du lieber, da ich niemals
Wichti I zu thun habe «
Da chaute steibn voll ernster Liebe
san und entgegnete: »Nein. nein. Wie
es ist, ist es gut, und wie du bist, io
sollst du immer sein —- denn aerade
so muß ich dich lieben.«
«Herz, liebes Herz!« —Er drückte
einen Kuß auf ibre weiße Stirn,dann
fragte er lächelnd: »So wirst du nie
mals eiferiiichtig auf meinen Beruf
sein?«
Niemals werde ich eiiersiichtigsein
—De«enen Beruf achte ich, nnd die
Kunst-die Liebe ja auch ich. Eines
anderen Weibes wegen wirst du dich
aber nie zum Liiaen und Beträgen
erniedrigen. Ich werde teine Ursache
haben, mich deshalb zu g-r"cime71—«1:nd
das nennt ihr ja Eifersucht. Aber du
gelzst —- iolltest du nicht wenigstens
mir sagen, was dir heute Peinltckes
begegnet ift? Denn es ifr dir Reinli
ckes begegnet Ich ---— wir alle iiiblten
e5.«
»Geister wirst due-; erfahren. Ich
kann jetzt noch nicht davon reden«
Noch ein paar liebe Worte, dann
ging der Doktor. -
Lena sah ihm nach. bis sich die
Tbür hinter ihm schloß. Das Herz
war ihr schwer, sie wußte nicht wes
halb. Sie trat an das aroßeFenixer,
von welchem aus man zu dem Thore
hinüberfchauen konnte. Tiefes Fenster
war von vielfach verzweigten Schling
pflanzen ziemlich dicht verhangen.
Lena schob etliche der schwankenden
Zweige zurück und schaute hinunter
es bewegte sich soeben eine Gruppe
vcn Herren auf dem breiten Kiestrea
dem Thore zu. Ob ihr Bräutigam
darunter war. konnte die junaeDzme
nicht erkennen. Sie spürte, daß ihre
Auf-en voll Thriinen standen. Ets- sie
diese noch weggewiicht hatte, waren
die Herren schon auf die Straße bin
ausgetreten. Jth konnte man ibre
Gestalten überhaupt nur noch undeut
lich unterscheiden denn nun befand
sich zwilchen ihnen und der Van das
bobe Eisengitter nnd die freilich noch
kahlen Sträucher, welche innerhalb
MTMn«gepflanzt waren.
-..- h-k- -re:.k.-ct-1-.
OGIIU III-I IIUC Ist-fu« »So bli-Wb IS'
gen rasch hintereinander wegsubren.
Von der ibr selber unbegriindet er
scheinenden Angst befallen, wandte sie
sich seufzend in den großen Raum zu
rück —- dn stand Ebrvine vor ihr. .
Erschrocken schaute ihr diese in die
trüben Augen. »Aber Liebste! Was ist
dir denn?« sragbe sie besorgt. »Ist
kenn das die Miene einer aiiåckliiken
Braut? Und die bist du ja doch!"
»Oia —- die bin ich!« beaann Lena,
und ihre Augen leuchteten aus. »Wie
sollte ich denn nicht sehr, sehr glü.cklich
sein! —- Aber —- weiszt du. es gibt
lein ungetriibtes Glück. Und wenn
auch gar keine Uriache da ist, es zu
;triiben. dann grübelt man doch ba
«riisber noch, wie lange wohl solch ein
großes Glück währen tann.«
Das hast du gethan?«
Lena nie-lie, dann gingen Lästrun
,siern Hand in Hand aus dem Saale.
- Eine Weile wirthschasteten die
.D enstlente noch in den Gesellschafts
Iräumen herum dann erlosch in der
Villa ern Licht nach dem anderen nnd
bald- herrschte tiese Stille da monoch
vor Stunden froher Festeslörm zu
hören gewesen war.
Als sich Edwine von der Zose das
baut auflösen ließ, zeigte ihr der
Spiegel ein recht blasses Gesicht. Und
noch etwas zeigte er ihr: die mittei
dige Miene des Mädchens, welches
hinter ihr stand-»
t
»M1U!ll ll’UU-,(ll Oc( UcIUl klll U
trübseliges Gesicht, Lisi," fragte Ed
rvine freundlich.
»Ich habe den ganzen Abend an
weniger Giiickliche denken müssen.«
»An Sie selber also?«
»Und an Sie, mein liebes gnädiaes
Fräulein,« brach List los, die ebenso
sehr die Vertraute als die Dienerin
Der Schwestern war.
»Auch an mich! Da thaten Sie
recht, Lisi,« sagte trüb lächelnd Ed
tsine, »denn ich habe aar leine Aus
sicht, jeeine glückliche Braut eu wer
den, während Sie dieses Glück vor sich
haben und nur ein bißchen daran
warten müssen« -
»Wer Jahre noch, Fräulein! So
lange wird es dauern, bis Braun eine
feste Anstellung erhält.«
»Ich wollte vier Ewigleiten darauf
warten.««
»Was alles kann da noch dazwi
schen tornrneni" seufzte List.
»Was soll denn dazwischen kom
men? Braun hat Sie doch so recht
herzlich lieb, seiner Treue sind Sie
sicher, und hat er sich nur erst eine
Stellung errungen, vie das Heirathen
möglich macht, dann den-it er gar nicht
daran. eine andere zu seiner-Frau zu
machen als Sie. Als hauslehrer san-n
er doch nicht sheirathen!«
Die hübsche List nicktr. Jhr Ver
stand sagtees ihr ja. daßsie warten
müsse, aber das Warten that trotzdem
recht weh. »Freilich, gnädigez Fräu
lein sind noch viel schkitnnrer daran als
ich,« seufzte sie. »Daß aber auch der
Fett Kommerpienrath so gar tein
fEinsetzen hat. Er zwingt Sie ja
a —«
»,,Wozu denn, AM« fragte Edwine
s tritle lächelnd. »Ach nicht dazu, gegen
sseinen Willen zu heirathen, in Zwist,
Eviecleicht mit einein Stank-at aus dem
Gasse zu gebeu? Ich hätte nicht den
Muth dazu.« .
, Liti nickte eifrig-: »Das ist's ja, und
weil der aus«-disk Herr weiß, daß Sie
sich nicht wehren Meinem wird er Sie
auch nkch zwingen, den anderen zu
e
n
- thich zornig war das junge
UØ ’ «
(« »Ist-»F ’- « T -
Ding« «wor·,oen. aber a Edwine
hatte «ausgerichtet,s und eti tlang
ihre Stimme, als sit sa te: »Das tann
Papa nicht. Mein bozsarn bat
Grenzen. Ich werde niemals Fiau
Colmar sein.«
«Meriwiirdig, daß Sie ibn so gar
nicht leiden tännenl" bemerkte das
Mädchen nachdenklich. »Er ist doch
eigentlich ein sebr hübscher und feiner
Herr. Aber freilich —«
»Es ist spät, Lisi,« unterbrach Ed
tvine die Zose. »Im unser Reden dilst
uns ja doch nicht« Glück überhaupt
und gar io ungetrübtes Glück, toie
Lena es gefunden hat« ist eben nur
wenigen,beschieden. Gott bewahre es
ihr.«
l »Ja, Gott bewahre es ibrI« wieder
holte Lisi. tüszte Edwinens Hand,
schaute sie noch einmal mit feuchten
Augen an und ging.
Jhre junge Herrin sal) ihr bewegt
nach-· »Armes.-Ding,'« dachte sie,»sebk:st
und härmst dich auch, weil dich die
Armuth von deinem Liebsten trennt,
nnd hast auch sonlt gar wenig vom
Leben. Aber du wirst doch einmal
glücklich sein. Jch aber-ach! Daß
doch unser Glück immer nur oon
einem ganz bestimmten Menschen
tommen tannl"
B. K a p i te l.
Mitternacht war vorüber.
Im Aerztezimmer der freiwilligen
Rettung esellsschast befanden sich zwei
Herren. ie standen in Menschen-it
fchaft, waren jeden Augenblick gewär
tig, abberufen zu werden« jeden Mo
ment bereit, ihr Können in den Dienst
der Nächstenliebe zu stellen. -
Der ältere der beiden Herren war
Doltor Josepbi, einer der leitenden
Aerzte der Anstalt, der jüngere Doltor
Brenner, war einer der vielen Wasc
ren, welche sich dem Institute freiwil
lig zur Verfügung reitellt hatten. Zu
Anfang ihres heutige-n Nachtdienites
hatten die beiden Herren über allerlei,
das der Tag gebracht, geplaudert,
dann aber hatte sich jeder von ihnen
in eine andere Lettiire vertiest. "
Als es Zwölf schlug, legte Josepbi
sein Buch hin und verglich seinen
Chronometer mit der Wandubr. dann
lauschte er nach der Straße hinausk.
»Ist heute aber eine stille Nachtl«
sagte er.
»Auch in dienstlicher Beziehung.«
setzte Doktor Brenner hinzu, stand,
sichtlich ein wenig gelangweilt, aus
und dehnte und reckte sich.
Inzwischen hielt Josephi ieine Vir
ginia, welche talt geworden war« über
die Flamme der Lampe. Er dachte of
fenbar dabei an etwas Ani; nehmes,
denn er lächelte vergnügt vor sich bin.
Da veränderte sich ganz plötzlich
seine Miene. So sorglos heiter sie ge
rade noch gewesen war, so :rnst und
gespannt war sie jeßtl
Auch Doltor Brennershatte aufge
horcht, denn es hatt-: am Telephon ge
läutet.
Der Apparat befand sich im Zim
mer, aber er« machte sich auch außer
baib desselben bemertbar. Kaum er
scholl ,die KlingeL als auch schon die
zwei im Vorraum wachenden Heilgc
hilfen in zuwartender Haltung hinter
der Glaåthiir erschienen.
Doktor Josepbi stand schon, die
örmuscheln haltend, am Apparat.
sein jüngerer Kollege war, eniteinern
Notizblatt und einem Vleisiift ver
sehen, zu ihm getreten, bereit, die
Adresse aufzuschreiben, welche ver
mutblich angegeben werden würde.
Josebbi nannte ießt thatsächlich eine
Adresse, welche der andere notirte.Er
war merkbar erregt dabei gewesenl
dann sagte er in den Apparat hinein:
»Ja. Hier RettungsgeiellschafL —
Josepbi. — Was gibt’s denn bei Jlk
- nen S«
Und wieter horchte er, schüttelte den
Kopf, und dann wurde er blaß.
»Was gibt es denn?« fragte Doktor
Brenner, besorgt auf den Kollegen
schauend.
Er erhielt nicht sofort Antwort.
« Josephi lauschte mit seiner ganzen
Seele, und da diese Seele jetzt nichts
weniger denn ruhig war, das tonntt
man« an der ganz unbegreiflicher
Spannung in des sonst so gleich-nis
thi en Doktors Gesicht erkennen.
est ließ er die hötnsuscheln sal
len. eilte zur Thiit und tief den dort
harrenden Männern zu: »Wir fahrer
sofort nach Döbling.«
Auf diese Weisung hin verschwan
den die heilgehilsen augenblicklich
»Sie bleiben, Herr Kollege.«wandt«
Josephi sich jetzt zu dein zweiten Arzt
der schon nach seinemlleberroct langte
and warf sich seinen Hat-elect um
»Telephoniren Sie dem Polizeiann
Döbling, daß es sofort Leut-. an die
gegebene Adresse entsenden solle. Ei
handelt sich Um ein Verbrechen. ver.
rnuthltch um einen Mord.«
»Wer hat uns denn angerufe11?«
fraate Brenner hastig.
Ebenso hastig wurde geantwortet
«Dottor König —er that es unter den
merkwürdigften Umständen. Erselbei
ist das Opfer des Vetorecht-to Ten
ten Sie nur, er tounte mit seiner hei
ser gewordenen Stimme nichts mehr
sagen, ali: »Einboecher, angefallen·
verwundet, schnell ’—«
.Jofe hi stand dabei schon auf der
Schtve e. Jekt stüer er seinen Hut
aus den Ko . und fort war er.
Ein paar tnnden lang starrte der
innre Arzt ihm nach, dann ging er
lopfschtittetlnsd an das Telephon, um
Josephii Austrag stutzt-fuhren
Aus irgend welchenGritwdent .nte
er jedoch nicht sogleich mtt dem olts
eetatnte Ost-sing verbanden werden.
Ei dauerte ftir seine Ungeduld eine
I
—
I case-is- sen-et
,
—--- Sag« mal FritzeL wag willst du denn werden, wenn du einmal
groß bist? «
Na, ooch Nedakteuri
Ewigkeit, fafi sieben Minuten, ehe
seine Mittheikung an den dienfthaben
den Kommissar gelan te und er den
Apparat wieder vertayfen konnte.
Mit der Uhr in der Hand berechnete
er, da der Rettungswagem mit wel
chem Jofephi ausgefahren, nnd der
schon etwa acht Minuten unterwegs
war, jetzt schon auf dein Schottenring
angelangt fein und höchftens zwanzig
Minuten danach fein Ziel erreicht
haben tonnte·
»Vielleicht noch bevor die Poiizei
dort eintreffen kann-« dachte Brenner,
fah nach, ol) im Vorraurn draußen Er
fahrnannfchaft eingeriickt fei. was
denn anch schon der Fall war, tvectte
einen feiner beiden Kollegen, die, iiir
alle Fälle anwesend, in einem Neben-»
raume schliefen, und durchwachte nun
mit diesem das Ende der Nacht, die fo
»ftill« begonnen hatte und die dann
doch ein Ereigniß gebracht wie es fett
sarner nicht gedacht werden konnte.
Während die beiden jungen Aerzte
über dieses abfonderliche Ereigniß re
deten, jagte der Rettungswagen, von
zwei vorzüglichen Pferden gezogen,
durch die längst menschenleere Rufe
rsorferftrafze dem Bezirke Dökslina zu.
darin in einer noch ziemlich ländlichen
Gasse Dottor Königs bis heute fo ge
miithtiches Heim lag.
Die gänzliche Unbelebtheit Der
·S:raßen hatte die größte Fahrw
schrvindiateit ermöglicht. Nur zweimal
lang während der Fahrt der fchrille
Ton der Warnungöpfeife durch die
Stille der Nacht. Einmal, als ein
Fiater den dahinrafonden Nettnnass
wagen in die Nähe karn, und das
zweite Mal. als ein Radien aus einer
Querftrafze kommend, nahe der Nuß
dorfer Linie iiber die Straße fuhr.
Da hatte der Kutscher die Zügel an
sich reißen miiffen und hatte eine Ver
wünschung ansgeftoßem die dem Un
vorfichtigen galt. Nur wenig hatte Je
fehlt, fo wäre der fo toll daher korn
mende Nadler von den Pferden nie
dergetoorfen worden.
ts- —-I-.4- L-- k-fk-s4 —-k- -----------
.—-—«
CI IDIUWIL III sIIUsl IUUHIHLIIJlI--OZIII
baden, denn der Kutscher hatte es
beim hellen Schein der zwei Wagen
latetnen ganz genau gesehen: des
Radlers todtenbleiches Gesicht batte
eine Selunde lang entsetzt aus den
Wagen gestarrt. ehe er, einem Sche
men gleich, wieder in der Dunkelheit
verschwunden war.
Wenige Minuten später hielt der
Wagen vor Königs haus.
Als Doktor Josephi und seine bei
den Begleiter heraussprangem sagte
ihnen schon der erste Blick auf die
Billa. daß die Polizei noch nicht da,
saß sie die ersten aus dem Platze
eken. . .
Der Doktor hieß, während der eine
Diener sitt alle Fälle zur Polizei ge
sandt worden war, und der Kutscher
l die Decken über die dampfendenPserde
wars, den zweiten Diener, ihm mit der
einen Wagen-latetne folgen.
Es bot sich ihnen bezüglich des Gin
iritts in den Garten und in das Haus
keinerlei hindernis. Die Tätir des
Vorgartens stand ebenso weit offen,
wie diejeni . welche in »die kleine Villa
sübrte. N n der Hausthür, ans den
bunten Fliesen, lehnte eine Hatte, ne
ben dieser lagen etliche batest-litten
Die Thitt war von innen aus gewalt
sam geiissnet worden.
Im Hause herrschte tiese Stille.
Eos-pas um früh-: schon mich
Male hier gewesen. Er vertehrte seit
etwa zwei Jahren mit König und
kannte die wenigen Räumlichkeiten
vrn dessen eleganter Junggesellenon
nu .
Rnige Stufen führten zu einein
kleinen Dauöflur. in welchen eine
Stiege und zwei Tbiirens mündemn
Durch die linli gelegene dieser beiden
Thüren gelangte man in ein Vorzirni
nier.
Auch die Thü: zu diesetn stand os
sen. Es war :a nichts Ungewiihnliches
zu sehen, nichts, als daß ein Stuhl
umgeworsen war.
Der Diener wollte ihn aufstellen.
Josephi hinderte ihn daran. »Wäh
ren Sie nichts an,« sagte er. »Die
Kommission muß alles so finden, wie
es nach dern Verbrechen warf
Er öffnete die Thür zum Wohn
zimmer, sich im Stillen wandernd.
daß nicht auch diese offen gewesen
war. Die untere Glastasel des einen
äußeren Fensterfliigels, der leise knar
rend sich in den Angeln drehte, war
zerbrochen. Die inneren Flügel dieses
Zenit-ers standen offen. Auf dem dichl
daneben befindlichen Schreihtisch
herrschte große Unordnung.
»Dort ist man hereinqelornnien.«
sagte der Doktor, rasch das grosse
Zimmer durchschnitend, und dann
sagte er noch etwas: »Allo, da drin
nen.« -
»Ich da drinnen, hinter der nur
angelehnten Thür. iin Schlafzim:ner
mußte er König finden. Dahinein, so
unt-site man annehmen. hatte der Ver
,wund»ete sich geschleppt
; Es war hinter der Thür, welche der
lDoltor sent ausstieß, unheimlich still.
»Ich bin zu spät getoinnien," dachte
er, und seine Hand bei-te bei Zieva
danken, daß hier einer, den er lieh ge
habt hatte, ohne Hilfe hatte enden
müssen. .
Tief ausathrnend trat er iiher die
Schwelle. Tief ausathmend folgte der
Diener ihm nach. Sie erwarteten
beide Schreckliches zu sehen, einen ar
men Menschen, der todt in seinem
Blute lag-—aher sie sahen nichts der
gleichen. Auch dieses Zimmer um
schloß den« unt dessenwillen sie gekom
men waren, nicht. Ein zerwiihltes
Bett, ein Waschbeclen, darin das Was
ser ein wenig röthlich war, und ein
Kleiderschranh der halb offen stand
—sonft gab es hier nichts, das aus
einen ungewöhnlichen Vorgang hin
deutete.
Abse- ksnf Heim Neues-»Einheit Its-Im
etliche Splitter polirten Holzes. Einer
der beiden in diesem Zimmer befindli
chen Schriinte war erbrochen worden.
Der Laden des einzigen, sehr brei
ten Fensters, welches das Zimmer be
saß und weiches die abgestumpfte Ecke
des Hauses unterbrach, war gesetzt-es
sen.
Josephi wandte sich wieder dem
Ausgang des Zimmers zu. Man
mußte noch immer weiter suchen. Das
ungückliche Opser dieses nächtlickten
Ue rsalles mußte doch zu finden fein!
Die beiden Männer hatten soeben
Personen durch den ziemlich tiefen
Vorgarten aus das Haus zu lamen.
Der Helm eines Wachmsannes blitzte
auf. Die Unisorm eines Polizeibeam
ten wurde erkennbar.
Der Wachmann blieb unten, der
Kommissar, von einem Josephi zufäl
lig bekannten Arzt und einem Schrei
ber begleitet, stieg eilig die paar Stu
sen heraus.
Die Herren nannten ihre Namen,
nnd Josephi berichtete eilig den Wort
laut der erhaltenen telephoniischen
Meldung, sowie auch. daß in den von
ihm bereits durchsuchten Wohnriiurnen
ergab es sich von selber, daß die wei
teren Nachforschungen rasch in den
seht wurden.
l Fortsetzung solgt.)
M
Die Aebetteroerhältnisse in San
; Franeikro sind annähernd wieder not
jmaL Namentlich Dienstmädchen sind
HMt so wenig wie anderwärts zu ha
den Flur erreicht, als eilig mehrere
deren Inhaber nicht zu finden fei. So
anderen Räumen des hausez fortges
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