Der rechte Beter-. ] Don Max Ieuzit Guterisirte Uebersetung l von C Taneltux i Der Tag, an dem Odhlle von Li-! ancoutt is oder vielmehr diejenige, welche man unter. diesem Namen kannte —-— zwanzig Jahre alt wurde, brachte ihr den ersten schweren Kum mer« Jhre Mutter theilte ihr nämlich mit, daß sie nicht« wie sie bis dahini geglaubt hatte, die Tochter des Gra sen von Liancourt sei; ihr Vater sei ein Landschastsmaler, Namens Guh Feriag der erste Gatte ihrer MutterJ von dem diese nach vierjähriger Ehei geschieden worden wäre. Von den Gründen dieser Scheidung» zu sprechen, hielt die Gräfin nichts für angebracht; das ging ihre Tochter» nichts an. Odhlle wünschte wohl, sie tu kennen, doch wagte sie nicht, da-? nach zu fragen. ; Niedergeschmettert durch diese Crit-s hüllung, deren sie nicht im entfernte-’ sten gewärtig gewesen, blickte sie ihre» Mutter mit ihren großen, grünlichen Augen ganz erschreckt an. ; Tausend Gedanken wogten ver-» worren in ihrem Haupte, und das Blut hämmerte mit heftigen Schlägen gegen die Schläfe. E .Warum", ftammetre ne mir zir ternder Stimme, »warum hast du mit? dieser Mittheilung bis heute gewar tet? Früher, als ich tlein war, wäre; rnir dies weniger peinlich...« » lleberrascht hob Frau von Linn court das haupt. I »Peinlich? Jch sehe nicht« was die se Mittheilung Peinlichec fiir dich enthält! An dem bisherigen Stande der Dinge wird sich nichts ändern. Der Graf liebt dich, als wärest du seine Tochter, und du erwiderft feine Zuneigung Viele Kinder lönnen nicht das gleiche von ihrem rechtmäßi gen Vater sagen. Uebrigens«, fügte sie hinzu. als sie bemerkte, daß die Augen ihrer Tochter von standhaft zurückgedrängten Thronen verschleiert waren. »wenn wir so gehandelt ha ben, der Graf und ich, so sollte das nur zu deinem Besten sein, um dir das volle Gleichgewicht der Seele zu bewahren. Und dies wurde uns um fo leichter, als mein erster Gatte nie mals die Rechte geltend machte, wel che das Gericht ihm in Bezug auf dich zugebilligt hatte.« »Welche Rechte?« fragte Odylle sanft. »Dich zu besuchen nnd dich an zwei Tagen jedes Monats ganz fiir sich zu halten« Das junge Mädchen senkte das Haupt; es war noch bleicher gewor den· »Oh!" murmelte sie, mein rechter Vater hat mich niemals zu setzen ge wünscht? tir hat mich nicht geliebt?" Frau von Liancourt zuette ver ächtlich mit den Schultern. »Ich glaube dir gesagt zu haben, daß er ein Maler, ein Künstler war ein wenig Both-me sogar. Diese Art Leute haben im allgemeinen tei nen Familienstan. Und was deinen Vater ein-betrifft, der besaß ihn schon ganz nnd gar nichts Vorwärts! Geh dich umkleiden! Zur Feier deines Gedurtstagee will ich mit dir die Kirmeß in- Voitz de Bologne bes stichkn.« , si «Oic cklills IUIL ,,Nein!« sagte Odnlle und hielt sie an dem Arm fest. »Ich muß mich erst ein wenig gewöhnen an..· an dag, wag du inir initgeeheitt hast« Wieder zuctte Frau von Linnrourt rni: ten Schuttern »Ti: bitt lächerlich! -3ag’ einmal, gedentii du diese niedergedrückte Mie ne den ganzen Tag über beizubehal ten? Vor deinem Vater wäre das doch etwas heitel!« »Ich weiß genan, wag ich meinem tildodtiovater schuldig bin«, erttiirie dar iunae Mädchen ernst. »Von sei-— nee Seite habe ich die Zärtlichkeiten und Liebtosnngen eines Vaters ten nen gelernt· War es nun aus Liede oder aus Mitleid, er hat sie mit reichlich gewährt llnd wenn ich aus seinen Knien saß, die Hände um sei-— nen Hals geschlungen, hatte ich teinen Grund« auf andere Kinder neidisch zu sein. Das darf mich indessen nicht vergessen lassen, daß ein anderer als er ein Anrecht auf meine Lieb tainngen hat . .. oder auf meine Ge bete? Denn du hast mir nicht ge sagt, ob er noch ledi?« »Er lebt«, stieß Frau von Licht eourg dumpf hervor; ihre Augen wa ren test aus Odylles geheftet. Und könnte ich ihn sehen?« »Aber wie willst du das erreichen, mein armes Kind? Ich habe ihn aus den Augen verloren... Er ist mir gänzlich sremd, ietzt, da ich wieder verheirathet bin, und du mußt es verstehen, daß mein zweiter Gotte ei übel ausnehmen würde, wollte ich mich noch mit dem anderen beschäftigen, wenn auch nur wegen dessen, was du wünschest.« »Großmutter kennt ihn. Du brauchtest dich also nicht darum zu kümmern, sie tönnte sich damit be schäftigen!« . . . »Nein! Sei vernünftig! Du hast bis jeyt gelebt, ohne ihn zu tennen, , diesen Menschen... deinen Vater«.s verbesserte sie sich. »Er hat sich nie ""« mais um dich getlimmert seit den net-zehn Jahren« daß ich von ihm ge schieden bin. und ich sehe nicht ern, weshalb du dich ihm ausdkiiugeu, dirs dieserhalb etwas in den Kopf sehen! solltest. Berstanden?" ; El· It « Die Vernissage war auf ihrem. Höhepunkt angelangt im Salon des« Champs Elyssied Jn Begleitung ihrer Großmutter und einer befreundeten Familie be fand sich Odhlle unter den glücklichen Besuchern. Das schlanke, hart-gewach sene Mädchen erschien in seiner Robe von weißem Musselin, die nur durch schmale schwarze Sammetbänder ein wenig verdunkelt wurde, noch bleicher als gewöhnlich. Indessen konnte mau» doch etwas Erregung auf ihrem Ge sichte lesen, und ihre großen Augen schimmerten in einem wilden Glanz. Die Großmutter mußte sich bald vor Müdigkeit seyen, und Odyle derlor sich im Gewühl der Besucher. Fieber hast bliittertex sie itn Katalog nach einem Namen, der seit zwei Monaten aus ihren Lippen gewesen war.... den ihres Vaters. Mit zitternder Hand wandte se die Blätter um. Plötzlich erzittert sie, die Buchstaben tanzten vor ihren Augen. »Da ist er!« murmelte sie, Num mer 361, Landschaft: Guts Ferias. Das ist er!« »Nummer .'.’-61.... JHl61«, wieder holte sie leise. »Ah! Hier ist der Saal, es kann nicht mehr weit sein.« Jn der That, nat einigen Schrit ten blieb sie vor einem ziemlich gro-: ßen Gemälde stehen. Und soaleich eilten ihre Augen zu dem Künstler, der sehr geschäftig die lehte Hand an sein Bild legte. Sie betrachtete ihn mit glühenden Blicken. Es war ein Mann etwa um die Fünszig, groß und mager; seine haare, die er lang trug, waren fast weiß. Jn seinem regelmäßigen Ge sicht leuchteten zwei große dunkel grüne, etwas melancholische Augen« wie die ihren. Das Herz pochte mit heftigen Schlägen in Odhlles Brust, eine eiserne band trampfte sich gleichsam um ihren Hals, und sie mußte sich zusammennehmen, um die Thriinen zurückzuhalten, die hervor brechen wollten. Er war es.... ja, es war ihr Vaterl Sie tonnte nicht daran zwei feln. Sie war ihm so ähnlich, daß sogar Fremde die Existenz ihrer ganz nahen Verwandtschaft erkannt hätten Ganz in seine Arbeit vertiest,-er hob der Maler nicht die Augen. Doch als sie sich zu seinem Namensng niederbeugte, der rechts in die Ecke des Gemäldes getritzelt war, blickte er sie an. Mit einer heftigen unvor herhedachten Bewegung richtete er sich aus. Er war sehr bleich geworden. Langsam erhob sie das Haupt, und ihre Blicke treuzten sich. Ein heftiger Schauer schüttelte beide. Eine Minute lang sahen Vater und Tochter sich prüfend an, ohne ein Wort zu sa gen. Der Maler fühlte, daß sein Kind ihn durchschaute, und dieses hatte ieinen Zweifel, daß sein Vater es kannte, obgleich ihre Mutter ihr das Gegentheil gesagt hatte. Odhlle ergriff zuerst das Wort. Sie zeigte mit dem Finger nach dem Namenszug »Das sind Sie?« Sie konnte kaum sprechen Zu bewegt, um zu antworten. beugte er bejaheud das Haupt. Von neuem blickten sie sich an Die Augen des Vaters wurden sehr mild, bittend sogar. Sie sprachen, diese armen Augen« sie drückten die unsiigliche Melancholie derer aus, deren Herd durch ihren eigenen Feh ler zertrümmert ist, welche die Leere der ieelischen Verlassenheit lennen ge lernt haben... Odnlle sah, wie sie sich plötzlich verdunkelten, und wie zwei Thränen, zwei dicke» schwere Thriinen iiber die bleich:n Wangen herabrolltensbis aus den schwarzen Frack, auf dem sie zwei runde, feuchte Flecken bildeten. »Mein Vaterl« Eine nnwiderstehliche Regung schleuderte sie gleichsam vorwärts und schluchzend warf sie sich Gut) Ferias an die Brust, der wild die Arme um sie schlimm wie um eine lange heftig begehrte Beute. Eine Stunde darauf ging Frau von Lianeourt, die nach dem Salon gekommen war, um ihre Mutter szu treisen, aus die Suche nach ihrer Tochter; sie war beunruhigt, da sie Helen und deren Vater ohne Odhlle hatte zurücklonunen sehen. Sie traf ihr Kind auf einer Bank neben ihrem ehemaligen Gatten. Odnlles Hände waren umschlossen von denen ihres Vaters, und völlig isolirt inmitten der um sie herum toimmelnden Menge erzählten die beiden sich gegenseitig ihr Leben.... Vater und Kind lernten sich kennen. Ein Schleier legte sich um die Augen der Frau von Liancourt, und sie blieb unbeweglich zwei Schritte vor ihnen stehen. Gan Ferias sah sie zuerst und er hob sich— »Wer ist deine Mutter, sie sucht dich, mein Liebling", sagte er zu sei ner Tochter. Dann wandte er sich zu seiner einstigen Frau und siigte hin zu: »Wenn ich bisher keinen Gebrauch machte von dern Rechte, das mir die Behörde zuerlannt hat« nädige Frau, nämlich zwei Tage im onat meine Tochter fiir mich zu .haben, so war das der Grund: ich legte mehr Werth auf Jhre Ruhe als auf mein Glück. heute habe ich nicht mehr dieselben Gründe zur Zurückhaltung. und Sie werden mir erlauben, meine Rechte geltend zu machen.« Ein wenis zitternd, vielleicht er griffen von der Erinnerung an die Vergangenheit, erwiderte Frau von Liancourt: »Ich verstehe Sie·.. Meine Toch ter ist sehr oft bei ihrer Großmutter; besprechen Sie mit dieser die Ange legenheit; Sie mögen Odylle so oft sehen, als es Jhnen beliebtqkb Kommst du nun, Odhlle?« Sie wandte sich kurz um und ging, ein Gemälde am anderen Ende der Galerie zu betrachten; so gab sie Vater und Tochter Gelegenheit, sich zwanglos zu umarmen . . . Sie hatte eingesehen, daß trotz menschlicher Gesetze, und trotzdem die «Scheidung durch die Uebung gewis sermaßen geweiht worden ist, die Bande des Blutes doch immer ihre » Kraft behalte-i. »s-- —- - - O- ——--—-— Die Phantasie des Kindes-. — i I ; Jn der Seele des Kindes spielt die ; Phantasie eine große Rolle. t Die ursprünglichste Aeußerung der kindlichen Phantasie ist das Spiel. » Das Wesen einer großen Anzahl von F Spielen besteht darin, daß sie den Rah ;men bilden, innerhalb dessen sich die I Phantasie des Kindes entfaltet, die : Form, die es mit Inhalt erfüllt. Häu . fta aefchiebt dies m d» os» »me- kmä lKind sein Jch in ein anderes Wesen « versetzt, seine Persönlichkeit urngestal I tet. Es nimmt ein anderes Alter an, s ersindet einen Beruf, verwandelt sich in sein Thier, ja selbst in ein unbelebtes I Wesen. Immer aber ist diese Art s phantastischer Thätigteit dadurch cha i ratterisirt, daß das Kind selbst Mittel ; ounstt und Gegenstand seiner Phantasie i ist« Auch wenn das Kind in der Um ; gestaltsung von Dingen seelisch thätig ! ist, tritt es selbst mit seinem Erleben « nicht in den Hintergrund; ein Stuhl wird umgekehrt, er wird zum bespann , ten Wagen, und das Kind schwingt als i Kutscher stets seine Peitsche, nach einer »Weile wird derselbe Stuhl zu einem -,Kahn, und gespannt senkt das Kind Tals Fischer seine gedachte Angelruthe · in ein eingebildetes Gewässer. Die I Dinge werden durch die Phantasie nur der Rolle, die das Kind selbst spielt, I angepaßt, und es bethätigt sich an den z umgeschasfenen Gegenständen. t »Die Phantastische Umgestaltung der : Dinge ist psychologisch interessant ge I nug, um näher aus sie einzugehen· Der ? äußere Gegenstand wirtt zunächst als iReiz, der die Phantasie in Bewegung z setzt. Viel ist dazu nicht erforderlich; ; eine entfernte Aehnlichkeit genügt, und Laus einem Stück Holz ist ein Mensch E oder ein Bär geworden. Ja selbst das I bloße wahrnehmbare Vorhandensein 1 eines Gegenstandes genügt, um es zum Ausgangspunkt eines Gespinstes von Vorstellungen zu machen. An eine Eigenschaft des Gegenstandes knüpfen diese Vorstellungen an. Sowie aber I die Phantasie ihre Thätigteit begonnen l hat und die Umschafsung vollzogen ist, I hat das Ding zu bestehen aufgehört, es « wird zum Zeichen, zum Symbol, und H das Kind beschäftigt sich nur mit dem, . was es selbst schöpserisch an seine j Stelle gesth hat. Zwar täuscht es sich jnicht im Geringsten darüber, daß eg iein Holzstiirt und nicht einen Solda ten vor sich hat, doch dort, wo dasStück » Holz liegt, soll eben der Soldat sich be s finden. Das Ding, das Stück Holz, « ist ietzt lediglich Stätzpunkt der Pshans .tasie. Es hat seine Rolle gewechselt : und dient jetzt ausschließlich dazu, das, k- - msfl in Um CI k-«»--c-t -.. - ..-— L sp-- -.... »«»«», »»«H«,s, zu ununt ; schaulichen, die einzelnen Abschnitte Esinnlirh zu markiren und damit der Anschauung neue Anregung zu liefern. I Darum ist auch diese Art der Phantasie ;so tvandlungsfähig. Dasselbe Stück Holz tann im nächsten Augenblick zum s Thurm werden. Es vertritt dann nur : ein neues Phantasiegesbildr. . Jrnmer hat aber in diesen Fällen das IKinds mit dem Gegenstande auch sich i selbst umgeschafsen. Den eigentlich be: i stimmenden Inhalt liefert die Thötig i teit des Kindes-, der die Umgebung um bildend angepaßt wird. Die zentrale l Stellung des Ich ist ein Grundzug der - kindlichen Phantasie-. Der umgeschas ! fene Gegenstand hat nur die Stellung seines duldenden Dinges, höchstens die I eines iviltfährigen Spielgesährten, das i sich der Laune seines Gebietcrs fügt. FDamit im Zusammenhange steht eine . zweitesEigenthiimlichteiL Die Phan i tasie des Kindes, das vornehmlich Ge s fühlen und Trieben folgt, ist wesentlich ; Wunschphantasir. Das Kind erfindet s Gestalten, Situationen und Umgebun tgen, in denen gerade sich zu befinden j ihm lieb wäre. Der Wunsch, das ; augenblickliche Jdeal des Seins, ist der sZielpuntt seiner Phantasie. Es gibt i keine Form aller ihm vorstellbaren Ge nüsse, die es nicht derart durchleben könnte unter sorgfältiger Ausscheidung störender Bestandtheile. Es it Heer führer, Prinz und König, Ia noch mehr: es lebt als jegliches Wesen, das nur etwas ihm Wünschenswerthes an sich hat« ohne von dessen Leiden ergrif fen zu werden. Es fliegt als Vogel und v schwimmt als Fisch; doch keine unan Egenehtne Nealität stört es in seinem Glück. So wird die Phantasie nur Form, in der das Kind sich selbst aus lebt. Natürlich ist es sehr angehalten, wenn Jemand di Gegenstände seiner Illusion als das handelt, toas sie nd. Zu Venedig war’g, in einer Januar Nacht im sechzehnten Jahrhundert, als iMadonna Beatrice zornig und gede I mitthigt oon einem pomphaften Feste Iim Dogenpalast heimkehrte und, nach dem sie ihre unselige Zofe während des Auskleidens durch allerlei kleine Malt cen geärgert hatte —— man bedenke, es I war ja im sechzehnten Jahrhundert! —--— sich wüthend auf ihr Lotterbettlein warf, um über denVerlauf des Abends nachzudenken, an dem ihr so Uner-hör I teg widerfahren war. Messer Lionardo, «der heimlich Geliebte und, ach, von so » vielen Risvalinnen Verwöhnte, hattes tihr die Hand geküßt, dann aber dies Nase geriimpft nnd geflüstert: ,,-Euere Hand ist rauh, Matt-onna der scharse sOst, der seit Tagen dnrch Kanäle und i Gassen weht, schadet Euerer zarten shaut« — — und damit hatte er sich von s ishr abgewandt, um nicht wieder zurück-« zutehren Und nun saß sie da, ge kränkt, verschmäht, nnd zerbrach sichs das hübsche Köpfchen, was sie anstel-j len könnte, um ihre allzu zarten Hände gegen den Frost zu schützen, der in die sem Jahre so besonders scharf sich ein gestellt hatte, ja sogar in die Paläste eindrang. Auch jetzt sröstelte Mal-on na Beatrice; unwillkürlich wickelte sies ihre Hände in das Rauchwerb mit dem ihre langen Hängeärmel verbrämt wa- - ren; wohlthuende Wärme durchströmtei l s Vom Musi. I Wie Ulllgck «-- Da Vlitzlc klU chlllltcl durch Beatricens Hirn — sie hatte das z gesuchte Mittel entdeckt und eine Erst findung gemacht — den Muff. f Bald trug in Venedig jede Schöne, die etwas aus ihre Hände hielt, denl Muff, der sich von der Lagunenstadt aus schnell über ganz Europa verbrei tete und zuerst bei Frauen, später auch i beim stärkeren Geschlecht Gnade fand.s Jm 17. und 18. Jahrhundert trugl man ihn sogar in Haus und Gesell! schast. Die »Prerieuses« im Hoteli Rambouillet haben zu Moliere’s Zeiten i den Muff ebenso gewandt und .imu-I thig gehandhabt, wie den Fächer, frei-«- s lich war er damals noch nicht zu so riess « sigem Umfang gediehen, wie etwa hun- s ! dert Jsachre später zur Directoire : Zeit. l IAuf den Porträts aus dem Ende desl 118. Jahrhunderts, den Bildern eines sGainssbordugh Rennolds u. a., spielt »der Riesenmuff eine große Rolle. Er zhat seitdem allerlei Wandlungen ·-1 snicht in der Form, wohl aber in derl Größe —-—— durchgemacht. Während; des verflossenen Jahrhunderts ist er langsam zusammengeschruinpst, bis zu E jenen unpraltischen lleinen Bündelchen, i in denen taum die Fingerspitzen Platzs sfanden In den letzten Jahren hat man - ssich jedoch wieder auf feinen eigentli-! chen Zweck besonnen, und er ist gewach: l sen und gewachsen, bis er an Umfang1 beinahe seinem Urahne vor einem Jahrhundert glich. - « i v i Seiner Augen Gewitt. Der ruhige Mann mischte sich be-. scheiden in das Gespräch, welches die anderen Herren am Tische über den Mesmerismus führten. »Meine Herren,« sagte er, »die Kraft des menschlichen Blicks bändigt auch das wiithendste Thier. Jch will iJhnen nichts von Löwenbändigern er zähle-· und so weiter, aber eine eigene Erfahrung. Stellen Sie sich ein freies Feld vor und mich mit einer ro then Kradatte. Plötzlich höre ich ein blöckendes Brüllen. Jch schaue mich uni. Jch sehe einen Stier mit gesenk ten Hörnern auf mich los rennen. Dann erinnere ich mich plötzlich der unwiderstehlichen Gewalt desmensch s iichen Auges-. Ich iane also oen wu thenden Stier bis auf ——- nun, sagen wir, zwei Schritte an mich heran-— kommen. Erst dann faßte ich sein Auge mit meinem. Der Stier zögerte einen Augenblick. Dann raste er zurück.« Die übrigen Herren sahen den Er zähler mit entschieden ungläubigen Gesichtern an. »O« sagte der ruhige Mann, »ich habe allerdings zu erwähnen vergessen, daß ich, während der Stier aus michs losrannte, Gelegenheit fand, mich über eine solide Mauer zu schwingen und( daß ich die Bestie iiber diese hin an sah.« »Aber was hat das mit der Kraft oder magnetischen Gewalt des mensch lichen Auges zu thun?« fragte einer! der Hörer. ( »Aber bedeuten Sie doch, wag pas sirt sein könnte, wenn ich die Mauer nicht gesehen hätte,« antwortete der( ruhige Mann. ; i -- Reflexio n Bräutigam (derf auf dein Stande-samt warten muß ungeduldig): »Nach der Statistik geht die Zahl der Heirathen von Jahr zu. Jahr zurückt» .Kein Wunder, wenn man hier immer so lange warten mußt« —- Kafernenhofbliithe. Leutnant: »Sagen Sie, Einjähtiger, wag sind Sie eigentlich im Civilver-i hältniß?« Einjähriger: »Sei Befehl — t Redakteur!« Leutnant: »Na ja, Siei nehmen sich in der Front auch wie n! »Dructfehler« aust« - Schlau Herr (zu einem be i freundeten Kaufmann, der ein kleines Geschäft hat): »Was rennen Sie denn vor dem Laden im Schnee herum?«« Kaufmann: »Ach, ich mach nur Fuß sp uren mit der Richtung gegen ’ö Geschäft, damit’ö recht srequenHrL ausschaut!« r l» Der Gemisch-Ein Wenn es nach Recht und Gerechtig keit ginge, so müßte eigentlich endlich einmal ein Dichter auserstehen, der dem Gummischub eine Lobeshymne singt. Hut, Hemd, Mantel, Strömt-P und Schuh, der Rock, die ,,letzte Hose« (eigentlich die letzte ,,Rose«), der Spa zierstock —- alles hat schon seinen Sän ger gefunden, und nur er, der brave, derbe Gummischuh, der beste Freund des Menschen im Herbst und Winter, wenn dicke Regenschauer niederfallen und sich auf Straßen und Plätzen zu kleinen Meeren ansammeln, hat nooch Niemand gefunden, der seine Verdienste mit Poesie uncbrämt und verklärt, er bleibt unbeachtet in der Ecke und vor den Thüren, als wäre cr nicht der gute Freund, als wäre er der schlimmste Feind, den wir in unserem Leben ten nen. Und doch könnte ihn der größte Theil der Menschheit heute kaum noch entbehren Der Kampf um die Exi stenz hat aus unserem Dasein ein Ha sten und Jagen gemacht. Treppauf, treppab, über Straßen und Plätze heißt es heute eilen, Niemand bleibt Zeit, am warmen Osen sich die durchnäßten, halsb erfrorenen Füße zu trocknen und zu erwärmen, und der Schutz gegen Reißen, gegen Huften, Schnuper, Hexenschuß und wie sonst noch all’ die lieben Boten der Ertältung heißen, m-- scs m- M cu»«»;».-«--«—-.. «- ------ Ists-D sssss VOUIIUUBbsIUIUIUISLII UULSUGII IOI die Welt, wenn wir ihren Unbilden und Rauhheiten nicht erliegen wollen. Und rulhig spielt dabei der «Gummi schuh seine vornehme Beschützerrollr. Er läßt sich zwanglos durch Nässe und Schmud da«hinschleisen, er heftet sich an unsere Sohlen, um uns vor dem Glei ten und Fallen zu behüten, und er em pört sich nicht, wenn wir ihn mit einem leisen Fluch der Erleichterung beiseite schleudern, ja er versagt nicht einmal seine Dienste, trotzdem ihn keiner mit den Fingern berühren will, sondern jeder nur gewaltsam mit den Füßen in ihn hineintritt, bis er sich endlich unse ren seinen Lederstiefeln anpaßt. Jm Gegent-heil, mit wohliger Wärme um hüllt er noch den zarten Fuß des jun gen Mädels, das zum Tanze eilt, und er scheut selbst vor dem derben Knöchel der alten Dame nicht zurück, die ihn wie einen eisernen Ofen durch Watte einlagen und Pelzverzierung noch be sonders anheizt. Geduldig läßt er al les mit sich vornehmen, wäs derMensch nur will. Und wenn man ihm nur ein ganz klein wenig um sein Antlitz geht, dann strahlt und glänzt er wieder, als geschähe ihm sein größtes Glück. Freilich, wenn die Menschen ihn gar zu sehr geärgert haben, wenn sie ihn allzu sehr mit Füßen treten, dann zeigt er auch seine Mücken. Bleischwer hängt er sich dann an die Beine, die ohnehin schon genügend strapazirt sind. Wie ein Schraubstock nmschließt er Sohle und Spann, daß das Blut nicht mehr zirkuliren kann und es im Kopfe zu hämmern und zu schmerzen beginnt, als schlüge man auf ihm kaltes Eisen in Stücke. Und diabolisch lächelt er dazu und verstärkt von Minute zu Mi nute die herbe Qual, bis der Mensch mürbe wird, ihn sür einen Tag von seinem Dienst besteit und am nächsten vorsichtig und achtungsvoll sich seiner wieder versichert. O, in solchen Stun den der Empiirung kann er einen zu Tode ärgern! Denn er begnügt sich nicht damit allein, er Verschwindet ganz einfach, er rennt sort — oder er der wandelt sich zu so horrender Größe und zu so geringer Kleinheit, daß man ihn asbsolut nicht mehr gebrauchen kann. Wer ihn in sohcher Stimmung einmal mitnahm, wo auch seine Brüder zusammentommen, der wird davon ein nettes Liedchen singen können. Nichts wird ja im Leben mehr ver tauscht und verloren, als der Grimmi schuh. Alber das kommt davon, weil man ihn zu Unrecht so verachtet. Drücken ihm doch sogar die Russen, die ihn am meisten gebrauchen, wie ihren Striislingen in Sibirien unvertilgbare Zeichen in Gestalt von Messingbuchsta ben ein, und das findet so viel An klang, daß man es in Deutschland schon nachzuahmen beginnt. Und das finden die Leute sogar noch praktisch und schön . . .. A ff Das hohe C. Ein bekannter Tenorsänger konnte einmal das dreimal gestrichene C nicht klar herausbringen und verab redete mit einem Choristen, der den Ton hellschmetternd in der Kehle hattell im richtig-en Moment einzu springen Belohnung ein feines Souper. Der Chorist lieferte das dreimal gestri chene C, aber der Tenorist vergaß, den Choristen zum Ahendessen einzu laden. Bei der nächsten Ausführung von Rigoletto war es um nichts besser. Der Tenorist klopfte dem Choristen vertrauensvoll aus die Schulter und sagte: »Das war großartig Emacht Machen wir noch einmal.« « öer als der Tenorist mit der flachen Hand auf's Herz pochte, um das dreimal gestrichene C aus der Kehle heraus zu befördern, erklang lein Ton. «Wo ist das C geblieben?« fragte er den Choristem nachdem der Bor hang gefallen war, in großer Wuth »Nu, wo ist gestern mein Souper gebliebeni« — Flie- die Miche. Gans mit Apfelsauce. Die Gans wird in einer gut passenden Kasserole mit Wasser mit etwas Salz gar gekocht. (Die Brühe kann man am anderen Tage zu einer Erbsen-, Bolz nen- oder Kartoffelfuppe verwenden.) »Seid-s feine siiuerliche Aepfel werden gefchalt und in dünne Scheiben ge schnitten, die man in etwas Verlasse ner Butter durchdünften läßt. So bald sie weich find, gießt man SXH Quart Weißwein darüber, giebt einen lLöffel Zucker wenn man es liebt, anch eine halbe Qbertasse gereinigter nen, et ’was Pfeffer und Safran dazu, läßt alles gut verlochen und richtet die Sauce über der tranchirten Gans an. Salat Von gelochtem R i n d f l e isch. Man schneidet es in kleine Wiirfel und giebt einen in lleine Wiirfel geschnittenen sanren Apfel nebst einer in feine Scheiben ge febnittenen Zwiebel dazu Auch Sel flerie kann man (nachde1n er gekocht sifi) in Scheibchen geschnitten, eben wie einige in Essig eingemachte Tomaten, ’daran geben Dies alles wird mit et iroas Salz und Essig nebst hinreichen ldem Oel gut durcheinander gerührt und in eine Schüssel gethan, die man Enach Belieben noch mit Pfeffergurien oder mit Essigpflaumen oder mit ixauer eingelochten Kirschen garniren ann Dass-i- VII-Im l Gebackener Schellfisch. IEin großer Schellfifch wird sauber Hubereitet und von der Mittelgräte ibefreit. Nun schneidet man schöne, ihandbreite Stücke, nachdem man den lFisch der Länge nach zertheilt Die Scheiben werden gesalzen, in ver quirltem Ei und dann in Paniermchl jgewälzt und in steigender Butter von Ibeiden Oiten hellbraun gebacken. Auf jjede Fifchscheibe legt man eine Citro g nenscheibe. - « Gefiillte Kalbsscheiben". jAus einer saftigen Kalbsieule werden !große, dünne Scheiben geschnitten. jNachdem man sie gut geklopft und ngfalzen hat, bestreichi man sie mit zSardellenbutter und belegt fie zur iHälfte mit folgender Farre: gethei ·teS Kalbfleisckb fein geschnittene IZwiebeL etwas geweichte und gut , ausgedrückte Semmel ein Ei Majo- . ran, Salz und Pfeffer vermischt man innig. Die ungefiillte Hälfte der kFleischscheiben schlägt man iiber die mit der Fülle belegte Hälfte und näht sden Rand mit lofen Stichen zu Die Iauf diese Art vorgerichteten Kale Ischeiben werden auf gutem Feuer in fteigender Butter von beiden Seite-Hi ,...« fes-»W- . EJ f Egid während einer halben Stunde braun «:- « gebraten. Gedämpfter Wirsingkt lohl (französifche Art). Man paßt ldrei bis vier schöne Köpfe Wirsing kohl, schneidet sie in Viertel, blanchirtejl sie in tochendem Wasser, tühli sie ini italtem ab, drückt sie aus und legt sie IT in eine Kasserolle, deren Boden mit-J fein geschnittenen Scheiben von fetten-« todcr durchwachfenem Speck belegt ist, legt auch Speckfcheiben darauf, giebt eine bis zwei Tassen Rindsbriihe dar über, bedeckt ihn mit einer. Stück mit Butter bestrichenen weißen Schreib papiers und läßt den Kohl auf gelin dem Feuer weich dunsten, während nachfiillt. Der Kohl darf aber nicht zu suppig sein. Er wird mit den zer iochten Speckfcheiben angerichtet und am liebster zu Rindfleifch gegeben. Rothwein. Der Hase, der gut abgehängt sein muß, wird zu rechtgemacht, enthäutet und in Stücke zerlegt. Jn einer großen Kasserolle oder Schmoriovf zerläfit mrm ein man hin und wieder etwas Brühe Gefchrnorter Hase mit· viertel Pfund würselig geschnittenen fetten Speck, legt, sobald das Fett sich gelblich zu färben beginnt, die Hasenstücke hinein nnd läßt sie lei t anbräunen, bestreut sie mit Mehl, gi t einige geschälte kleine Zwiebelchen oder Schalotten dazu, gießt dreivier tel Quart lochendes Wasser darüber« würzt mit Salz, Pfeffer, einem Sträußchen Petersilie, zwei Lorbeer blättern und einigen Gewürzneliett läßt iiber sehr gelindem Feuer alle-i 11.-«4-——1l.53 Stunden schmoren, gieß lz Flasche Rothwein dazu, läßt ihr langsam mit der Brühe verkochen Tann riihrt man die Sauce durch eit Sieb, entfettei sie, toeyt sie mit ettvai in Rothwein glatt oerqnirlter Korn ftiirte seimig, schmeckt ab und gicß loie Brühe iiber die Masenstückc Weinschaumsuppe· Mal lquirlt sechs frische Eier mit eine ’Flascbc leichtem Weißt-nein, ebenso vie Wasser, einem lfszlössel Mehl, der. Saft und der fein geriebenen Schal einer l5itrone und vier Unzen seine Zucker gut durcheinander, schlägt di Flüssigkeit im Kessel mit einet Schneebesen iiber dem Feuer bis zui Steigen zu Schaum, läßt sie abt» nicht zum Kuchen kommen und richt ste sofort iiber zerbrochene Bifqusi kleine Zwiebacl oder Makronen an. Eine Fischsauce, welche-ans zugleich als Fleischsauce benutzt wei den kann. Man verrührt 2 L« " Mehl recht gut mit etwas Wo e gibt ein Stückchen Butter, 3 Eidotik 2 Obertassen Weißwein, sowie M Tasse Fisch- oder Fleischbriibe zu« mchbem die Sauce zu Fisch oder s lFleisch bestimmt ist, dazu salzt mk se» und ruhrt die Masse unter for wahrendem Schlagen aus dem Ieu so lange, bis dieselbe eine eremeatti «" sSauce gibt.