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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Dec. 21, 1906)
otsksxmdsoss Oc Die Frau des djiestdasttcn. KkiminalsRoman von A. O. Klaußmanw Rucken-'s I- 0I01 (15. Fortsetzung) i In rer That litt Joseph Partei der an den Genuß geistiger Getränlei so wenig gewöhnt war, sehr empfind-— « lich unter den Nachwirkungen der ges strigen Ausschweifung. Ader trag des z dentete ihm dies körperliche Unbeha-( gen neben der Qual, die seine Seelel zerriß, seitdem er Mariha Wintertiz Schicksal und die Ursache ihrer Ver-; hastung erfahren hatte! Er hielt sichs nicht nur sür ren- elendesten und ver- ; worsensten, sondern auch für den. diirnmstrn und töpelhaitesien aller Menschen, weil er diese Folge seinerl Handlungsweise nicht vorausgesean nnd das angebetetse Mädchen ins Un giick gestürzt hatte, statt ihr einen ienst zu erweisen. Am liebsten wäre er gleich aus dem Bureau weg . dem Untersuchungsrichter gelau xty am ihn über die Herkunst des ansendnrarkscheins aufzuklären nnd damit Marthas Freilassung zu erwir . Aber er hatte sich natürlich ge sagt, daß et einen solchen Schritt nicht thun könne, ohne damit sich selbst an das Messer zu liefern. Und dazu fehlte es ihm denn doch an dem nö thigen Muth. Umsonst hatte er nach einem anderen Mittel gesucht, sie aus ihrer schrecklichen Lage, die er sich in den schwätzesien Farben ausmalte, zu erretten. Und nachdem er wieder wie an jenem Abend, der die Unglücksidee geboren hatte, eine Stunde lang plan los in den Straßen herumgelaufen trat, hatte er seine Herzensangsi uni die Vorwürfe seines Gewissens in dem Dunst nnd Lärm einer obstnren Kneipe zu betäuben gesucht. aus de ren rffenen Kellersenstern die heiseren Klänge eines verstimmten Klar-ists nnd der Gesang ioiderwärtig trei schender Weiderstimmen zu ihm her ggsgedrungen ·waren. Er hatte die narrnen Getranre veneuy und yaue wie ein Unsinnigser Glas auf Glas hinabgestiirzt, obwohl er jedesmal erst einen heftigen Ekel überwinden mußte. Die Wirkung war auch nicht ausgeblieben, aber sie war non ande rer Art gewesen, ais er es erwartet hatte Statt ihn tie Ursache feinert Aufregung vergessen zu machen, hatte der rasch zunehmende Rausch seine Phantasie mit allerlei Schreckaestalten erfüllt, deren tolles Durcheinander ihn nach grausamer peinigte als vor «n die Vorwürfe seines Gewissens. in verfiörtes Aussehen und sonder lares Benehmen hatten ihn endkich zu einer Zielscheilse für den Spott der Ihrigen, den niedrigsien Schichten In gehörigen Gäste gemacht. Und als er dann mit der sinnlosen Wuth des Trunkenen auf einen der Srötter los eeiahrens war, hatte ein Dutzend träf iger Fäuste s sich feiner bemächtigt, um ihn ziemlich unianft auf die Straße hinauszukefördern. An alles dies, wie an das-. was dann noch wei ter mit ihm geschehen war, hatte Var tel heute nur noch dunkle, unbestimm te Erinnerungen. Er wußte nicht mehr, wie er den Heimweg gefunden hatte und-wie er in sein Bett aeta:n men war. Und deshalb peinigte ihn ietzt zu allem anderen auch noch di zurcht daß er in seiner Veransch it irgend eine Dummheit gemacht. sich vrurch irgend ein unvorsichtig-ges Wort verrathen Haben könnte. Es felkltc ihm an Muth, seine Wirthin Tiber die Umstände zu befragen, un ter denen er nach Hause gekommen war; aber er suchte in ihrem Gesicht u lesen, ob sie vielleicht einen Ver t gegen ihn hege, und die auffal ten e Aengftlichteit, welche die Frau unter seinen farlchenaen Blicken ge zeigt hatte, war sehr wenig danach cngethan gewesen, seine Beiorgnisse zu zerstreuen. Mit wüstem Kopfe machte er fich! auf den Weg nach feinem B:1reau. Es würde ihn kaum überrascht haben, wenn er dort bereits die Polizeibeam ten vorgefunden hätte, die gekommen traten, ihn zu verhaften. Aber es war niemand da als der alieNischile,, der wie immer anf seinen Posten vor« Der Hansthiir stand und ihn Init einem lässigen Griff an den Mützen fchirm stumm begrüßte. Denn das Verhältnis der beiden Männer war nicht mehr so freundlich wie ehedem. Bartel hatte seinMißtrauen gegen den Pförtner nicht überwinden können. Wenn er ihn auch nicht mehr für den Dieb Hielt, so fürchtete er in ihm doch noch armer einen Mitwisser feiner Schulb, der eines Tages mit der dro henden Forderung eines Schweige fldrs an ihn herantreten könnte. Und seint Kessel-M sätetwas unvethh «n eiqes e, ging er i m deshalb nach Möglichkeit aus dein IV e. Dem arten Manne aber hatte er Veränderung in dem Benehmen des ehedern so leutfeligen Buchhalters nicht entgehen können, und da .er nicht ohne Ehrgefiihl war, zahlte er ihm seine Unfrenndlichteit mit glei cher Mtinze zurück, so daß sie wäh rend der letzten vierzehn Tagen bestän dig in einer Art von heimlichem Kriege miteiander gelebt hatten. Heute iiirnknrrte Bartels sich wenig um die verdrießliclce Miene des Pfört —n»er5. Er begab sich hastig in das Kassenziiötnxrr und nahm mit einem« wahren Feuereifer seine Arbeit auf. Eine halbe Stunde später empfing er den Besuch des Gseneraldirelrurs. der an diesem Morgen in noch weniger rosiger Laune war als sonst und der ihn in seiner nicht eben rücksichthol len Weise wegen einiger Versehen zur Rede stellte. »Man möchte wahrhaftig alauben, Daß Sie aestern Nachmittag Ihre fünf Sinne nickt mehr beisammen ge habt hätten«, polterte er. »Wenn Sie noch öfter solche Böcke ishieszem können wir bei Jhrer Kassensiihrnng ja hübsche Dinge erleben. Jch muß mir dringend ausbitten, daß derglei chen nicht wieder vorkommt. »Oder« —- er sah ihn mit seinen scharfen Augen durchdringend' an « »oder sind Sie etwa trank?« Ohne von seinem Buche auszahlt cken, murmelte Bartel eine Mrsiches rang, daß er sich volltominen wohl fühle, und daß er sich künftig gewiß vor ähnlichen Jrrthiimern hiiten wer de. Aber sein Herz klopfte beinahe dernehtnilich, denn es war ihrn immer, als ob die glänznden Augen des un bequexnen alten Herrn sich bis in den Grund seiner Seele bohren tönnten. und er hatte vor keinem Menschen so große Angst als vor ihm. »Wenn er doch erst wieder draußen wäre!«' dachte er, und er athmete auf. als ein Klopfen an der Thiir des Kassenzimer die etwa beabsichtigte Fortsehung des Berhörs abschniti. «Herein!' rief der Genus-Wirkl tor, und seine grimrnige Miene wurde etiras freundlicher,« als er den Ein tretenden erkannte. «Guten Morgen, Herr Rechtsan walts Bin ich es, den Sie suchen? Schöne Neuigkeiten, nicht wahr? Das werden Sie dem hübschen kleinen Miidel mit dem unschuldigen Tau beniiirbchen verrauthlich auch nicht zu gctraut haben» - , »Mein, nrk hatte es ihr ebensowenig vorher zugetrant, als ich es ihr jetzt zutraut Die Verhaftung ist nach meiner Ueberzcugung der ungeheuer lichste Mißgriff, der jemals began gen wurde. Und was ich thun kann, um seinem Urheber zu dem verdienten Lohn zu verhelfen, das soll sicherlich geschehen« »Nun, nun, Verehrtester -- Sie sind ja ganz aufgeregt. Geht Ihnen die Sacke so nahe? Jeh für meine Pers-n habe zu Ver Klugheit der Her ten Kriminalisten ia gewiß das vent lIar geringste Vertrauen. Aber ich kann Jhnen doch nicht verletzten, daß auch mit mit der Schwester unseres sauberen Rendanten manches- nicht ganz richtig vorgekommen ist. Sollte mich iibrigens aufrichtig freuen, wenn sieh herausstellt. daß ich ihr damit un recht gethan habe.« »Es wird sich herausstellen, —- ver lassen Sie sich darauf, Herr Direktor! Und das hoffentlich noch heute. Jch kam hierher in der Absicht. mit Frau Winter in Sachen Jhrer Sanriigerm Ritcksprache zu nehmen· Aber die Date-e hatte mich nicht empfangen, und so möchte ich von Ihnen noch ei nige Austiinfte erbitten, ehe ich mich bei dem Untersuchung-seichter melde.« .,Stehe gern zu Diensten. Wir tön nen ja, neun es Ihnen recht ist, in mein Bnreau hinausgehen. Ader was wollen Sie denn beim Untersuchungs tichter? Haben Sie etwa die Absicht, ihre Bertheidigung zu übernehmen?« »Diese Absicht Mbe ich allerdings-, sofern Fräulein Winter überhaupt noch eines Vertheidigers bedarf, und vorausgesetzt daß sie meine Dienste nicht verschmäht,« Weiter hörte Bartel nichts mehr; denn kei Schriöders letzten Worten hatte sich bereit-z die Thiir des Kas senzimmer-s hinter den beiden Herren geschlossen Aheeer hatteoteine Silbe ver Tusci- gququen unxel:)auuug verloren. Und"· der Generakkirektor würde sich wahrscheinlich auf-Z- neue über die Zerstreutheit des provisori fchen Rendanten entrüstet haben, wenn er hätte schen können, wie lange Joseph Bariel rnii nachdenklich ge iurchtcr Stirn unthätig vor sich hin ins Leere starrte. Au- die Erikarung hin, daß er be absichtige, sich ihr als Vertheidiger zur Verfügung zu stellen, hatte der Rechtsanwalt Schriider die Erlaub niß zu einer Unterredung mit der Un tersuchungsgefangenen Marthe Win ter erhalten, aber nur mit der Ein schränkung daß diese Unterredung im Sprechzimtner des Gefängnisses und in Gegenwart eines überwachen den Beamten stattfinde. Wohl fürchtete er, daß das unte: so iraurigen Umständen stattfindende Wiedersehen dadurch fiir Mariha zu einem noch peinlicheren werden würde; doch es war nicht in seine Macht ge geben. etwas daran zu ändern, und ais sie dann in den kahlen, durch eine behe Bacriere getheilien Raum ge fiihri wurde, in dem er sie bereits er wartete, da sah er mit einem einzigen Mid, daß sie um vieles ruhiger und gefaßter zwe, ais er selbst. Es huschte sogar wie ein Lächeln iilsser ihr Gesicht, ais sie seinen Gruß erwiderte und als sie, seinen Erklä rungen zurorkommend« sagte: »Ich — Idante Ihnen fiir Jbr Erscheinen. »Herr Rechtsantralt. aber ich nehme Han, daß Sie nicht getommen wären, i wenn Sie mich fiir eine Verbrecherin Ilsielten. ler Besuch ist die erite Er niuihiizung, die mir aus der Welt da draußen zutlzeil wird.« Oermann Schröder war aus Thräs nen und rerzstreifelte Klagen gefaßt gewesen. Um so aufrichticere Be wunderung nöthigte ihm darum diese tviirdige Haltung des jungen Mäd chens ab, an dessen Schuldlofigleit er noch nicht einen Augenblick gezweifelt hatte. Wären sie miteinander allein seines-n, und hätte er sich nicht in ie tem Augenblick gegenwärtig gehalten, das-, ja ihre Liebe einem anderen Manne gehöre, so wiirde eraxic unter dem eriten Eindruck dieses Ueberse Eber-g seiner Theilnahme wahrschein lich in viel wärmeren Worten ver sichert Haben als sie sonst zwilchen einem Anwalt und feiner Klientin üblich sind. So aber mußte er sich zu beherrschen und bei aller Herzlichteit des Tones feinem Benehmen doch einen gewissen eeschäftsmäßigen Cha rakter zu bewahren. Er fragte sie-, ob sie sich schon fiir einen Rechtsbeistand entschieden habe, und als sie mit leichtem Erröthen den Kopf fchättelte, bot er ihr seine Dienste an. Er hatte e :w.1rtet, daß sie ohne weiteres zustimmen würde. und es be reitrte ihm eine schmerzliche Entlast fchung, als sie in sichtlicher Verlegen heit mit der Antwort zögerte. s »Ich bitte, mich nicht fiir zudrings plich zu halten«, siiate er hinzu, »und fich tviirde selbstverständlich in jedem anderen Falle aöaewartet haben, ob Sie nicht lieber einem anderen An walt den Vorzug geben würden. Ein zig der dringende Wunsch, Sie so bald als irgend möglich wenigstens aus der Untersuchungsbaft befreit zu sehen, hat mich zu einem Schritt be stimmt, den ich. wie gesagt, unter an deren Umständen fiir durchaus unzu lässig halten würde. Und wenn es Ihnen vielleicht ans irgend einem .Gri:nde erwünscht ist, Jbre Interes Ifen durch einen meiner Kollegen ver i«--«-- ... t--... .- —-..s- :4 «.«.’; l ssssksl ou INDI, YU OUILU IW IIULUO' flich sehr gern den Vermittler zwi xschep ihm und Ihnen machen-« i Es ioar nichts von geträntter Em beintlichteit in seiner Rede, und doch ;fiiblte Martba, daß ils-r Zaudern ibm nich gethan habe. Hatte sie doch so ieben in der befchämenden Erinnerung Jan die giftigen Verdiichtigungen ibrer Ischmägerin wirtlich mit webem Her zen daran gedacht, seine großmütlzig dargeboten-: Hilfe abzulehnen, so würde sie es ietzt um keinen Preis mehr über sich gewonnen haben, ibn durch eine solche Zurücktrseisung zu kränken. Nein, er batte das nicht um sie verdient, und ob sie durch die An nabrne seines Beistandes ihren Ruf idem l,iitnifck,en Gerede böser Zungen dreiegab — was hatte es schließlich jetzt noch zu bedeuten, jetzt, wo ihre Verbaftung und die furchtbare An schuldig-eng die mcn gegen sie erho ben, sie ohnean mit einem unaus löschlichen Brandmal der Schande behaftet hatten. »Nein, herr Rechtsanwalt«, sagte zsie, und der Ton ibrer Worte machte Efiir ihn alles wieder gut, was ihr un schliistiges Zögern verschuldet hatte, Z «ich tenne niemand, dem ich die Wahr nehmung meiner Interessen vertrau cnzboller überlassen dürfte als Ihnen. Allerdings hatte ich gehofft, keines Nechtsbeistnndes und keines Verthei digers zu bediirtem um von diesem entsetziichen Verdacht befreit zu wer den. Aber die Behandlung, die mir von seiten des Polizeibeamten und des Untersuchungsrichters widerfah ren ist, hat mich bereits gelehrt, daß ein gutes Gewissen nicht immer ein ausreichender Schutz ist gegen bru tale Ungerechtigkeit Wenn Sie an meine Schuldtosigteit glauben und aus ehrlicher Ueberzeugung siir mich eintreten wollen, so geb-e ich mein Schicksal gern und freudig in Jhre Hände« Ohne eine Befriedigung iiber ihren Entschluß an den Tag zu legen, reichte ihr hermann Schriider das Vollmachtsformular, das er bis auf die Unterschrisken bereits ausgefüllt lkurie. « .Wollen Sie die Güte haben, is ren Namen darunter zu setzenl ur wenn Sie mich in aller Form zu Ih ren- Vertheidiger bestellt haben, kann ich beanspruchen, daß mir Einsicht in die Atten gestattet und die Erlaubniß gtbeiit werde, Sie jederzeit zu spre ,en.« Da Tinte uno zjeoer zur pano wa ren, konnte sie seinem Verlangen ohne weiteres willfahren. Mit einer kleinen Verbeugung nahm er das Blatt wieder in Em pfang und sagte: »Ich werde natür lich fofort einen Antrag auf Jhre Entlassung aus der Untersuchungs baft einbringen. Sollte derselbe von der Gefiellung einer Kaution abhän gig gemach-i werden, fo werden Sie niir gestatten, dieselbe fiir Sie zu hinterlegen. Einen sicheren Erfolg meiner Bemühungen aber kann ich Ihnen freilich nicht versprechen. So lange die Heilunft des in Jhcern Schreibtifch vorgefundenen Tausend martfcheins nicht aufgeklärt ift, bes finoen wir uns in einer recht ungün stigen Lage. Jch darf Jhnen das nicht verhehlen,« weil ich Ihnen als Jer Rechtsbeiitand vor allem rück haltlose Offenheit schuldig bin. Alle anderen Verdalxtsgründe fiel-en auf fo schwach-en Fükem daß sie nothwen dig in sich elbft zusammensinken imifssem sobald ez uns gelungen ist ricsen einen zu entlräften. Haben Sie denn gar keine Vetmuthung hin sichtlich der Person desjenigen, der die Banlnote dorthin gelegt haben könntes« E"·.Ikarthsa schüttelte den Kopf. »Ich habe mir während dieser langen, schlafloien Nacht unaufhörlich den Kopf darüber zerbrochen, aber ich habe nichts gefunden Es muß sich eben während meiner Abwesenheit jemand in das Zimmer eingeschlichen haben, um mir diesen abscheulichen kStreich zu spielen-« »Die betreffend: Schieblade Jhres Schreibiisches war immer unter sci«1ofi"en«.’« »Nein. Dass ist für mich ja gerade das Unbegreiiliche, daß sie es nicht war. Ich hatte vor einigen Wochen einmal die Wahrnehmung gemacht, daß jemand in meinen Brieer unr Papisren umhergeitöbert hatte, wäh rend ich mich in der Schule befand, nnd ich hielt sie seitdem immer unter Verschluß« »Das macht die Sache allerdings noch verwickelt—:r. —-— Antworten Sie mir ganz aufrichtig, kräulein Win ter: hegen Sie gegen hre Schwarze rin feinen VertIachtP »Nein. Einer solchen Schandlieh leit halte ich sie nicht fiir fähig. Es mag sein, daß sie mir nicht sehr zuge than ist, aber ich habe ihr nie ein Leid zugefügt. und sie batte darum auch keinen Grund, auf mein Verderben zu sinnen. Außerdem — woher hatte sie denn den Tausendmartschein ge nommen? Um sie siir die Urheberin meines Unglücke- zu halten, müßte man doch zunächst annehmen, dasz sie irgendwie an dem Kassendiebstahl be iheil igt gewesen fei.« Las müßte man allerdings. Und Sie halten dieke Möglichkeit sur ganz ausgeschlossen "?« »Ja( erwiderte Martha im Tone einer unumstößlichen Ueberzeugnng. »;,n dieser hinsicht bin ich ihrer Un schul d so gewiß wie meiner eigenen.« Dann stehen wir alio vorläufig noch vor einem ungelöften Näthfei. Oder haben Sie inzwischen Jhre An sichten in Bezug auf Jhren Bruder kränderik —- Halten Sie es für mög lich dasz e: doch der Kassendieb ge rrescn sei. und daß er vor feiner Abs reife den Schein in Ihren -C---clireibtifchL prattizirt habe, um Sie nicht ganz· inittellos zurückzulafsen?« »Dieselbe Frage hat gestern bereits der Untersuchungs-richtet gestellt. und ich war glücklich, ihm antworten zu können, das-, eine solche Erklärung schau deshalb nicht in Betracht tommt, treil ich am Tage nach meiner Rückkehr bei dem Suchen nach einein Briefe gerade dies-es Schiebfach voll ständig ausgeräurnt hatte. Ich habe jedes Blättchen in der Hand gehabt, das sich darin befand, und es ist un rentbar. daß der Rassenscheinsmep ner Aufmerksamkeit entgangen sein scllte.« »Sie hat wirklich alles nur mög liche gethan, um sich in den Augen des Untersuchungsrichters immer sitirerer zu belasten«, dachte der Rechtsannsalt, und er fühlte in diesem Augenblick eine so schrautenlose Be wunderuna iiir die unbestechliche Wahrheitsliebe dieses tapferen jun arn Mädchen-, daf; seine Ohnmacht, ihrer unwiirdigen Lage ein Ende zu bereiten, ihn mit tiefern Weh erfüllte. Aler er zeigte es ihr nicht, sondern beschränkte sieb daraus, ibr einige er« musternd-Worte zu sag-m wie sie wahrscheinlich auch jeder andere an feiner Stelle in Bereitschast« gebabt haben würde. Dann sab er auf seine Uhr. »Ich muß mich beeilen, wenn ich den Untersuchungsrichter nach in sei - nein Amtszimmer antreffen will. Sa bald die Umstände es erheischen, wer de ich mich wieder hier einfinden. ha ben Sie mir ietzt noch irgend etwas zu sagen, Fräulein Winter? Oder —-—« und die Worte lamen mit einem Male viel langsamer, gleichsam wi t-erstretend, iiter seine Lippen ——— »oder haben Sie mir etwa einen Auf trag für —- siir eine dritte Person zu ertheilen?« Sie oerneinte vollkommen unbe kangeiz »Ich dante Ihnen für Ihre freundliche Bereitwilligkeit, Herr Nechtsanwalts, aber es giebt meines Wissens niemand, der sich für mein Schicksal in so hohem Maße interes sirt. daß ich Sie deshalb bemühen mäßie.«« -.s-:- .-:..e. -2 --«-..r:«k- ««..·.:-i.-- L »Olk IUILU LD sung-du« »U-»n-Vs«s, sich ohne meine Vermittlung mit ihm in Verbindung zn ietzen«, dachte Schneiden »Es wen thöricht, zu ver s.nut!)en, daß sie sich dazu meiner be dienen würde.« Er war es zufrieden; denn wie gern et auch seine ganze Kraft einie n wollte, ibe beizustehen —- bie A gabe. gewissermaßen den Liebes-bo ten zwischen äbt und Geotge Millet zu machen, hätte doch eine gar zu star te Zumutbung an feine Entfagungs fähig-est bedeutet. Ihr Abschied war io kurz und so gemessen, wie es schon durch die äu ßeren Umstände dieserBtgegnung und durch die Anwesenheit des überwa chenden Beamten geboten erschien. Unvetziiglikb begab sich rmann Schröoer aus dein Gefängsni in daf Amtsziknmer des Unteriuchungsrich tets, um das von Martha Winter un terzeichnete Schriftstiick, das ihn zu ihrem Vertheidiger bestellte, zu den Akten zu geben. Als er von kein beabsichtigten An trage auf haftcntlassung sein«-Mien tin sprach, zuckte der alte Herr die W Achseln. »Ich glaube taum, daß Sie mit einem solchen Antrage durchdrin gen werden«, sagte er. »Wenn je mals in einer Strafsache die Gefahr der Verdunkelung vorlag, so ist es in dieser geheimnißoollen Angelegenheit der Fall, und ich werde «edensalls meinen ganzen Einfluß dasitr ein setzen, ß der Staatsanwalt Jhr Gesuch abschlägig bescheidet« »Werden Sie mir auch die Einsicht in die Aktien verweigern?«' , in die Aktien verweigern?« »Nein. Aber ich habe eine Bitte, den Mittheilumjem die ich Jhnen vor hin gemacht habe, dasz wir ein Num inernnetzeichnisz der gestohlenen Kas senscheine besitzen, und daß wir an der Hand dieses Verzeichnisses die Herlunst des gefundenen Tausend martscheins als aus dem Tresor der Bergwerlsgesellichaft feststellen konn ten .Jm Interesse der Untersuchung aber ist es dringend erwiiufcht, daf-, rie Existenz jener Liste im großen Publilum nicht bekannt werde. Jch möchte Sie deshalb bitten, ihres Vor handensein-Z gegen niemand Erwäh nung zu thun.« Hermann Schröder verbeugte sich leicht zum Zeichen seiner Zustim mung. Dann til-erflog er mit ra schem Blick in dem ihm dargereichten Altensaszitel das Protokoll über die Hausfuchung sind iiber Martba Win ters gestrige Vernehmung. Als er weiter zurückblätteete, fiel ihm ein beigeheftetes Briefblatt in die Augen. dessen Handschrift er sofort als die jenige Hercnines erkannte. Es war nicht mit dem Namen der Absende rin unterzeichnet und lautete: »Ich halte es siir meine Pflicht, Ihnen mitzutheilen. daß die Schwes ster des flüchtigen Rendanten Winter, die Lehrerin Marthe Winter, mit der Absicht umgeht, Breslau morgen zu rerlasfen. Jch glaube auch zu wis sen, dasz sie von dem Verbrechen ihres Bruders vor der Ausführung Kennt nifz hatte und daß sie von seinem jetzi gen Aufenthalt unterrichtet ist. Aber es tönnte leicht geschehen, daß sie ebenso spurlos verschwindet wie er, wenn nicht rechtzeitig die geeigneten Maßnahmen getroffen werden« ihre Flucht zu verhindern; denn sie ist, wie es scheint, mit Geldmitieln reichlich derseben.« »Die-«- also ist die anonnrne Denun ziatkom auf Grund deren die Hausw chung bei meiner Klientin vorgenom men wurde«, fragte Hermann Schro der, nachdem e: den Brief gelesen, in merklicher Erreaung. »Und man weiß nicht, von wein sie ausgegangen r -.« .,Nein.« - »Nun, ich bin zufällig in der Lage, es Jhnen zu sagen. Frau Winter hat sich ja nicht einmal Mühe gege ben. ihre Handschrift zu oeritellen.« »Frau Winter — sagen Sie? Die Frau des ftectbrieflich verfolgten Ren danten?« »Ja ——— sie.'« Ich besitze mehrere Briefe von ihrer Hand, die ich zum Zweck einer Schristvergleichung zur Verfügung stellen werde. falls man mir nicht auf meine bloße Erklärung hin Glauben fchenlt.« »Wer das ift durchaus nicht nd thig, Herr Rechtennwalti Jch glaube Ihnen ohne weiteres, und ich finde auch par nichts Befremdliches darin. Die Frau hat sowohl dem Polizei loinrnissiir wie auch mir gegenüber lein Hehl daraus aemacht,« daß sie ihre Schwiigerin fiir die Mitfchuldige ihres Mannes hält. Daß fre snicht so gleich mit einer offenen Antiage her vortreten mochte, ist bei ihren nahen verwandtsckastlicheu Beziehungen zu der Berdächtigen doch begreiflich ge nug, selbst wenn man ganz davon ab sehen will, daß manche weibliche Per sonen eine besondere Vorliebe .fiir anonhme Briefe haben. Sie sagen ja selbst, daß sie nicht einmal versucht hat« ihre handschrift zu herstellen. Also wird sie auf Befragen auch wohl ohne weiteres zugeben, die Verfasse rin des Schreibens gewesen zu sein.« Der Nechtsauwalt schwieg, aber seiner ernsten und nachdenklichen Miene war es anzusehen, daß er seine unerwartete Entdeetun fiir viel be deutsamer hielt, als Ie dem Unter fuchungsrichter erschien. 17. Kapitel. Dreimal war Joseph Bartel an die sem Abend vor dem Haufe des Rechts anwalto Schrift-er ooriibergegangen, ehe er sich entschloß, die Treppe hin aus-zustehen und die Glocke zu ziehen. Die haushiilterim die ihm iisfnete er — klärte, der err Rechtsanwalt »se! zwar zu Heu e, pflexe aber um Freie Zeit keine Besuche mehr in beruflichen Aegetegenheiten zu empfangen. · Und « eesi als der Fremde, dessen schüchter iiej nnd bescheidenes Wesen etnen sehr giinstigen Eindruck auf sie machte, ge radezu beweglich bat, daß sie doch we nigstens versuchen möge, ihm eine kurze Unterredung zu verschassen, ließ sie sich seinen Namen nennen, um ilni zu melden. Einige Minuten später stand der Buchhnlteh verlegen seinen Hut zwi schen den Fingern drehend, jin Ar teitszirnmer des Rechtsanioalts, der tlm von feinen Beziehungen zu der Gliickausgesellschast her dem Namen und dem Aussehen nach reckt gut tun-cic. »Bitte, —-— nehmen Sie Pian! Wo mit tann ich Ihnen dien-2n?« »Ich bitte tausendmal um Verzei hung, Herr Rechts-ande Es iit ei gentlich sehr ungehörikis Sie noch zu so später Stunde zu stören. aber ich bin ja den ganzen Tag über irn Bu reau beschäftigt, und dann dachte ich auchw daß es vielleicht teinen Aufschub bis morgen dulde.« »Was sollte keinen Aufschub dul den? haben Sie mir eine Mitwel lung zu niachen?« »Nicht gerade eine Mittheilung. Es ist eigentlich nur eine Frage oder auch eine Bitte, wie man es nun nen nen will. Als Sie sich heute in mei ner Gegenwart mit dem Herrn Gene raldirekior über Fräulein Winter un terhielten, hörte ich zufällig, das; Sie ihre Vertheidigung übernehmen woll ten« und da dachte ich —--« »Nun? Sprechen Sie sich nur aug! Jch habt in der That die Vertlyidi gnug. der jungen Dame übernom men.« Gortfetzung folgt.) r pas-se- Tut-. Schon vom ästhetischen Standpunkte aus ist ein haftiges Essen verwerflich. Unangenehm wird es von den Nächst sitzenden empfunden, jemanden mit haft und Gier die Speisen verschlingen zu sehen. Wenn auch das vornehmste Ziel bei Tisch die Befriedigung von Geruchs- und Geichmackssinn fein soll, so iibt es günstigen Eindruck und Ein fluss aus, wenn das Auge dem Hirn wohltuende Eindrücke übermittelt und dadurch den Appetit erregt, und dies geschieht teinesfalls, wenn man z. B. neben sich einen Tischgast hat, der alles mit Gier verzehrt· Am meisten indes sfen fchädigt der Betreffende sich selbst, kleinen Magen, sein törperlichrs Wohl Ibefinden. Ein altes Sprichwort schon Jsagtet Gut durchgelaut ist halb ver Jdaut. Jede Nahrung ioll durch tüchti fges Hauen vettleinert oder zermalmt lwerden, damit dieselbe. mit dem Spei chel genügend durchseyt, in den Magen Zaelangt und der Magensaft fich leicht Idamit verbinden kann. Hat doch die Natur dem Menschen das dazu nötige Werkzeug in den 32 Zähnen gegeben, ja die ganze Anatomie des Mundes weist daraus hin, daß die Speisen eine Weile im Munde verbleiben sollen Wohl die»meiften Magenverstimmuni gen und dauernde Ertrantungen find als Folgeerscheinungen «hastigen Es sens« anzusehen. Die Bewohner der Vereinigten Staaten haben Alles in Allem ein Ge samtvermögen von 8106,881,415,000, sagt der Bundes-Census. Die Nach richt wird Herrn Rockefeller doch etwas verstimmen, sie zeigt nämlich, daß es noch Geld gibt, das er nicht hat. II« I O Die Polizeirichter in Chica o wol len ihre Gerichte auch nachts offen hal ten. Da die Göttin der Gerechtigkeit blind ist« iann ihr Walten durch die - nächtliche Dunkelheit nicht sonderlich nachteilig beeinflußt werden. O It III »Sie war Eintaufen gewesen und er war natürlich nervös. »Ich hoffe, Du haft nicht viel Geld ausgegeben, wäh rend Du heute fort warst,« bemertte er. — »Nicht einen Cent, ausgenommen Fahrgeld,« erwiderte sie beruhigend. »Ich habe alles anLchreibeLi lassen.« Ein deutscher Schwarzseher ver gleicht nun gar den deutfchen Kaiser mit dem tiirlischen Sultan. Das ist starll Wer noch so viel reden und rei sen lann, wie Wilhelm, der ist doch wahrhaftig lein »Herunter Mann". Unten-sittlich. .4·"... . »Aber Leopold, du schütt’st das Zeug so hinunter... Denk doch an deine Gesundheit!« »Hast recht· Alte! Also — zur Gesundheit!«