Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 07, 1906, Sweiter Theil., Image 14

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    Wes-spielen ’
Das Verismus-iß auf dein die
iivlaende Emblung beruht. toll sich
Wirklich sagten-gen haben. Wir legen
unsere Hand nicht dafür ins Feuer.
Freilichwurden wir sie ebensowenig
Ici Feuer legen, wenn wir felsensest
von der Wahrheit überzeugt wären,
denn lxutzutage ist selbst dsie fchäbigste
Thron-W von grundätzlichemSleps
tiziirnuö angekränkelt
·Der Schaut-las der Gefchsidjk ist
esn Maß des nördlichen Frankreich.
en- altei Schloß, dessen Erbauer einst
ali- absolute Zannskönige die umlie
genden Ortschaften beherrschsten und
Jeden, der die ehrwürdia patriarcha
lische Eintheilung der Menschen in
Schinder und Geschundene zu betrü
teln wagte, dem dicken-. schwarz unt
gelisgrau gestreiften Rundthurtn mit
-detn spiyen Kegelvach einrerleibten
Trotzdem hatte sich die leibeigene
Heerde zuweilen empört, ihren Herren
den rothen Hahn aufs Dach gesetzt
und am Geanäuer der verhaßten
Zwinnburgi so lange hemmgehackt, bis
die Besitzer mit Heeresmacht zurück
kehrten und sie auftniipften Nur der
Iliigel mit dem alte-n Thurm hatte
gute und böse Zeiten überdauern den
brigen Theil der Bura hatte ein
standieigneur unter Ludwig Wem
Hierzehnten in ein Lust-schloß mit
Hohen, bei-irren Fenstern und Mar
mornymwen auf der breiten Terrasse
smgeftaltet Vor einigen Jahrzehn
ten waren in diesem Schlossse an
einem herbsttage zahlreiche Gäste ver
sammelt, um dsie auf den folgenden
Tag festgesetzte Hochzeit der Tochter
des Hauses zu feiern. Das junge
Volk hatte sich auf der Partwiese mit
Bausch-lagen vergnügt; der kühle
Herbftwirtd hatte den Damen rothe
Näschen angefchminkt und ihre Augen
klar und strahlen-d gemacht wie das
Stückchen blauen Himmels. das hier
unt- da zwischen den segelnden Wol
ten hervorlugte. Am Spätnachmsit
rag aver wuroe oer umno zun
Sturme, pfiff schrill um den Thurm,
durchwüshlte die Baumkronen und
wirbelte gelbe Blätter hoch in die
Luft. So slüchitleten die Spieler zu
den älteren Herrschaften im Salon,
wo ein behagliches Feuer um mächtige
Holxscheite flackerte und des Windes
spottete, der oben im Rauchfang ru
morte. Neben dem Kamine saß der
mißhaarige Marquis, der Herr des
Schlosses. Mit befriedigtem Lächeln
rnusterte er die jungen Leute die,
noch glühend vorn Spieleifer und
schwatzend wie ein Schwarm reise
lustiger Staate, mit einem frischen
ach herbstlichen Laut-es in- das
imrner drangen-« Ein Diener kam,
um die Kerzen des Kronleuchters an
zuziindetr. Aber die Jugend erhob
Einspruch.
Gännett Sie uns das Dämmer
stündchen, liebster Herr Marquis.rief
eine aer Brauifiihterinnem ein dun
kellockiges Mädchen mit schelmischen
Augen Das romantische Halbdunlei
paßt viel besser zu Ihrer mittelsalter
lichen Burg, als der helle Kerzen
glanz Hören Sie, wie der Wind an
die Scheiben pocht, als wolle er alte
Geschicht-en vermelden Aber feine
Sprarke ist uns- unverständlickn Bitte,
bitte, machen Sie das Maß Ihrer
Güte voll und erzählen Sie uns- eine
Gefchichlel Jetzt ist gerate die wichtige
Zeit. hier muß sich- doch gar man
ches Abenteuer ereignet haben!
Zum Beispiel die Geschichte des
Fräuleins von Mbastensl wars ein
Gutswachbar ein«
Der Marqnis hob den Arm mit ei
net ieicht abwehrendenGeste, dieeinem
Besucher des Sallonss der Marquise
du Des-fand Ehre gemacht hätte und
--t-1. L-..4 -- «---LI L- o
sog-k. solt Fuge »Hu-sc »Hu-usu- »Hu
am allerwenigsten
Aber sieift so reieend oruleliq, Ver
Feidigite sich rer Gutsnachbar. Die
eugiier war ge-wecti. Die reizend-stet:
kleinen Hände streckten sich flehend ge
falten gegen den Marauis aus, der
überdies auf fein Erzählertclent ein
wenig eitel war.
Nun gut, sagteer, der Wunsch mei
ner Gäste ist mir Befehl. Jm voraus
jedoch wälze ich jede Verantwortung
von mir ab, nenn unsere jungen Da
meet heute Nacht unruhig träumen
Vor hundert Jahren roch-nie hier im
Schlosse die Familie oon Rabastens,
diein direkter Linie ausgestorben ist
und deren nächer Verwandten und
Erben- meine Vorfahren waren. Das
Fräulein von Rabaftenis war mlobt
und, wie heute, beehrtens viele liebe
-- Freunde am Vorabend der Hochzeit
das-· Schloß mit ihrem Besuche Wie
heute war schlechtes Wetter. Aber die
ngend mochte nicht stille sitzen und
schloß, Verstecken zu spiecen Das
Sshloß ist dazu wie gemacht Veso-n
ders der alte Tsheilz dort treuzen sich
enge-Gänge schmale Wendeltreppen
« steigen auf, wo man-sie am wenigsten
« vermuthen sollte, in den Boden-räu
, wen war attet Hausrath aufgestnpett
den ungeheure Schreian aus de
ren lolidem Eichenholz mun- heute ein
Puder-d Sehr-Tinte zimmerik weit-de
Die Braut gehörte zu den Vnsnügtex
» «; is ihrem, weißen Kleide eilte sie
« ejbrigen voraus, ihr helles Lachen
INDIan die kein Gänge und
m Ew- G .Get, triumphi
M nnd schallend-e Rufe bezeichne
»d,enOr-t, wo die Sucher eines Ver
» , »Mit wenden. Noch einer
» " W alle aufgefunden nur die
, . Rotiirlich, sie konnt-.
MIH nsigeuBemambesten und
M sit Uebers-W Seh-IM
IIW W ers-der FUWM
« M due gessen-m Jugend,
l
sie zn s Die beeren stießen mit
ihren MS an die Ballen des Stil
lers, daß der Puder aufflog und klet
terten wnghalsig über Kisten und
Truhen in die Dsachiwinteh die Da
men scheuten nicht Staub noch Spinn
getretK wenn sie die Vorhänge klei
ltoven zurückschlugen unsd die
Schränte aufbrachen, die sich lrachend
über die Störung ihrer Ruhe be
schwerten. Alle Mühe war vergebens
Athemlos, mit zerzauster Frisur und
weißbetallten Kleidern lehrte ein
Spieler nach dem andern in den Sa
lon zurück, wo ihn neckische Zurusn
begrüßten. Zuletzt war die ganze Ge
sellschaft wieder beisammen, und man
erörterte eifrig und unter vielem La
chen, welche Vetstectmöglichleiten noch
übrig blieben. Plötzlich entstand ein
Schweigen. Keiner hätte sagen tön
nen wodurch. Draußen stöhnte der
Wind. Das Feuer tnisterte ängstlich
im Kamin auf. Obschon die Thüren
geschlossen waren, schien ein kalter
Hauch durch den Saal zu fahren.
Das Spiel dauert wirklich etwas zu
lange, sagte die Brautmutter endlich
in scherzendem Ton. der schlecht ihre
Beklommenheit verbarg, wir alle wol
len jetzt die Uebeltbäterin suchen. und
wehe ihr, wenn wir sie gefunden ha
ben! Wieder rauschten Reifröcke und
Seidensriicke in Gängen und Treppen.
Man rief den Namen der Braut, zu
erst noch fröhlich, dann ärgerlich, zu
lejt mit fteigender Besorgniß. Der
Vater hielt zuweilen im Gehen inne
und befahl mit lauten, scheltenden
Worten seiner Tochter, den Scherz
nicht zu übertreiben und hervorzukoin
men. Die Tochter gehorchte nicht.«
Sie mußte ohnmächtig geworden sein,
vielleicht infolge der dumpfen Luft ei
nes engen Gelasses Vielleicht war
ff e eine der steilen Treppen hinunter
Jgefallen oder hatte sich sonstwie ver
letzt. Und die Suche ging weiter, nicht
fmehr in munterm Spiel, sondern
lplanmiißig ernst und schweigend
sklbekmals wurden alle Nummern
durchstöbert, alle Schränie ausgerissen,
verblichene Borhänge beiseite gezerrt
schwere Truhen verschoben Selbst in
! den Kellern leuchtete man nach, in den
tVorrathsräumen den Ge«sindestuben
Man spähte hinter die Fässer des
Weinkellers und drang bis in die
lange nicht mehr betretenen, unheim
lichen alten Verließe vor, wo Ratten
über saulendes Stroh huschten und
rostige Eisenketten an den feuchten
Mauern hingen. Man umtreiste mit
Windlichtern das Schloß, um nachzu
sehen. ob die Braut aus einem Fenster
gestürzt sei; die Diener streiften die
Gebüsche des Gartens ab. Noch um
Mitternacht sahen die durcls das Ge
rücht herbeigelociten Dorsbewobner
ruhelose Lichter durch alle Räume des
Schlosses wandern. Mie zersehten
Kleidern und blutenden, von Nägeln
und Holzsplittern zerschlitzten Händen
durchirrte der Bräutigam immer wie
der die Räume, die schon zehnmal
durchsucht waren.
Der arme MevschT unterbrach ein
junger Mann den Erzählen Unter
defsen saß die Braut wohlbehalten in
einer Kutsche zur Seite eines liebens
würdigen Entsiihrersl
Der Matauis sandte einen rügen
den Blick zu dem vorwitzigen Unter
brecher, der die Wirkung seines Be
richts aus die grofzäugig lauschenden
Dämchen beeinträchtigte, und suhr
fort: Selbstverständlich wurden aller
lei Vermuthungen in dem Saale laut,
wo die Zeitgenossen bekümmert und
rathlos heisammensaßen. Die meisten
Lwaren eine Beute zwiespältiger Em
psindungen. In heiße Angst um oie
Verlorene mischte sich der·ärgerliche,
aber so tröstliche Gedanke, daß sie doch
noch vielleicht die ganze Gesellschaft
zum Narren habe. »Auch muntelte
man von heimlicher Flucht. Als der
Vater des Bräutigams diesem eine
solche Möglichkeit andeutete, rollte der
Unglückliche wild die Augen, tastete
nach der Stelle, wo sonst der Degen
hing, ward sich plötzlich inne, daß er
vor seinem Vater stand, und fiel ihm
weinend um den Hals. Es sei ganz
unmöglich, daß seine Braut, der reine
Engel, eine solche That beaehe; sie
müsse auf räthselhafte Weise verun
glückt sein. Am folgenden Tage, dem
Hochzeitstage, ließ man Maurer und
Zimmerleute kommen und das Haus
durchforschen. Alles ohne Erfolg. Das
haus der Freude war in ein Haus der
Trauer verwandelt. Alte Sagen wur
den ausgetramt von rächenden Ge
spenstern der Gefangenen, die einst im
Thurme schuldlos erdrosselt worden
seien, man wollte eine weiße Frau ge
sehen haben, Und-ein alter Diener
schwor Stein und Bein, er habe nach
dem Unglück in stiller Nacht gespen
stische Klageruse vernommen. Jn der
Revolutionszeit war die Familie de
Rabastens gezwungen, die Burg ihrer
Väter zu verlassen. Das Schloß
wurde wieder einmal vom Speicher
bis zum Keller ausgevliindert; der
Saal hier diente als Stall, und eine
Abtheilung zerlumpter Revolutions
soldaten schob die kostbaren Möbel in
das Jener unter ihren Suvpentaps.
Der lette des Geschlechts starb in
England. Das Unwesen kam an mei
nen Urgroßvater. Er ließ es lange in
voller Milderung erst unter der
Restauration betiirnmerte er sich da
rum. Vieles wurde abgebrochen und
tin-gebaut Die Geschichte des Fräu
leins de Rabastens, die früher den Ge
vatteeinnen zder ganzen Umgegend un
Iekschöpscicheu Stoff zur unterhactuug
bat, fiel allmählich der Vergessenheit
anheim.
Und nie hat man eine Spur von
der Braut entdeckt? fragte eine sahs
retin.
Nie, antwortete der WANT das
Räthsel ist ungelöst bis auf den heuti
gen Tag.
Während der Erzählung war es
dunkel geworden; die Diener zündeten
die Kerzen an und verscheuchten da
durch die Gedanten. die mit Fleder
mausflügeln um manches blonde und
braune Köpfchen flatterten. Die
Brautfiihrerin sprang auf und ries:
O. Sie böser Marauis, ich werde
heute Nacht Alpdriicten haben und
i meinen Frisirmantel fiir den Geist des
FFräulein von Rabasteng ansehen!
Und gewiß wird es andern ebenso
gehen. Aber dagegen gibt es ein Mit
"tel, hören Sie zu, meine Damen und
’Herren. Man muß der Gefahr kühn
in’s Gesicht sehen, dann entweicht sie.
Und darum schlage ich vor. daß wir
ietzt troh alledem Verstecken spielen!
Die Jugend tlatschte Beifall, die
Herren sehr nachdrücklich und aufge
klärt, msancktes Mädchen etwas zag
haft. Aber das ,Sviel hatte unter den
abmaltenden Umständen doch einen
eigentdiimlich rricketnsden Reiz· Man
empfahl dem Bräutigam, seine Braut
«gut zu hüten: ein Spaßvoael äußerte
in bohlem Grabe-Zion die Befürchtung
Fräulein de Rabastenss werde sich an
den-. Bräutigam schadlos hellen-.
Gänge und Treppen wurden, so gut
es Fing, beleuchtet; das junge Voit
zählte nach alten Kinderreimen ar
und stob hinan-» Der Bräutigam be
fand such unter denen, die sich ver
stecken sollten. Er stellte sich im alten
Theile- des Schlosses hinter eine
schwere, eisenbeschlagrne Thür, die
zwei Gänge trennte. Der Raum
hinter dem Thürsliigel war sehr
Eschmah er mußte sich eng an dre
JSteinplatten der Mauer drücken. Da
lnahten Schritte-. Tiefer preßte ersich
in» den Winkel, die Hände auf dein
Rücken gelegt. Zusllig drehten und
drückten seine Finger in der leichten
Spannung des Spiele an einem ei
sernen Nageltovfe, der aus dein
Mauerweet etwas here-erstand- Da
fühlte er zu seinem Erstaunen hinter
sich nie Steinplatten weichen, es bil
dete sich eine Oeffnung und er trat
rasch in sie 3n:iick, da der Sucher jetzt
ganz nahe war. In demselben-Augen
blick schonen sich die Platten wieder
geräufchlog zstjurnmem er ftand im
Stockfinftern Er lachte über den
IZufalL der ihsn zur Hiife gekommen,
Hund über cie sinnreiche Verrichtung
des alten Schlosses Wer weiß, ob
nicht in früheren Zeiten die Schloßbe
1rsol3ner, wenn die Feinde Stier-inhi
tern an den Mauern- anlegten, hier
feine Zuflucht gefunden hatten. Als
s sein Auge sich etwas an die Dunkelheit
pgewöhnt hatte, gewahrte ee durch ei
jnen schmalen Spalt in der Mauer
den Himmel. Ruhe bei ihm schim
i merte in der schwarzen Finsternis un
ETeUIlich und verschwommen etwas
Weiseva das ihm sei rang-km
Hinfeben die Form einer menschlichen
Gestalt anzunehmen schien. Hatte sich
eine Dame, die das Geheimnis des
Nagenopfes kannte, hier versteckt, oder
war er in eine Dienstbotentammer
gerathen? Um nicht eine aufsteigend
Beklemmung zu verrathen, fragte er
gezwungen lachend, wer da in der
Ecke Me. Keine Antwort Mit herz
hqftern Entschluß trat er nasher und
faßte die graue Erscheinung an. Er
leichtert athxneteer auf. Es war mor
fches Gewinn-eh das man mit einem
Tucke bedeckt hatte; s tnackte und
tnisterte unter feinem riff wie trocke
neå Reisig. iim den Ausweg zu ent
decken. entzünden er ein Züsndhölz
eben. Die Wand war mit Hoiz aus
gekleidet er fand kein-e Thürtlinte
und keinen Knopf. Das Zündhöli
chen erlosch. Während Das Stümpf
chen noch einen kurzen Llugenblid
glühte, iiberrieielte ihn plötzlich eis
lalt die Empfindung alr- starrten
ihn zwei große schwarze, glanzloie
Augen an aus einem weißen Gesicht
mit grinsenoen Zähnen. Sein Herz
schlas. stockte. Er harte ein Gefühl,
wie einer, der aus einem Traum mit
tiesern Grauen emporscihrt, ohne sich
genau zu erinnern, was er geträumt
hat. Nach kurzem Zaudern zündete er
ein zweites Ziindhölzchen an und hielt
es- über das graue Tuch...
Einer der Spieler, Der sich in einem
stillen Winkel versteckt hatte, glaubte
plötzlich dumpfe Rufe wie aus höch
stem Entsetzen zu Vernehmen irr
theilte es andern rnit. Man lachte ihn
zuerst aus als Haienfuß und Ge
spensterfeher. Dann lausclxte man.
Richtig, wie aus weiter Ferne, bald
wie von der Spitze des Ihn-mes, bald
wie aus den unterirdischen Gewölben
klang die erstisjte kaum wahrnehmbare
Stimme eines Mannes, der offenlm
aus Leibesträsten schrie. Von- Grau
sen erfaßt, sorichten die Herren nach
dein Ursprung der Töne und laubteii
sie endlich hinter einer an cheinenv
soliden Steimvand u entdecetn Der
Marisuis legte das an vie Mauer
und lauschte angestreqt Kot-sichm
telnd und mit ungläu ia erstauntes
Miene, als habe er eine seltsam:
Kunde erhalten, ging er dann hinter
eine nahe Thür, tastete an den Stei
nen auf und nieder und drehte an
einen-, aus der Mauer stehenden Na
gel. Die Wand wich. Der Bräutigam
taumelt hinan-, steil-Nenn nach Lust
ringend-. .
Das Versteck des Fräuleins von
Ruban-n- nm stunden ;
W
L .
. Ver Ferstrente Verehrer-.
Humoreöie von E. F a hr o to.
Man Watte beschlossen, Dr. Karl
Wikhelm zu verheirathen — »Man«
dae war Karls Schwester, Frau
Herivig Bürger und ihr Gatte, der
Apothetendesitzer Gottfried Bürger,
ver sehr selten anderer Meinung war
als seine Frau.
»Kat( muß benanan sagte
Hedivig Bürger gebotene Wilhelm,
zu ihrem Mann »Ich finde, dasz er
ron seiner Wirthschaslestin beherrscht
tri: d — kurz, ich finde, er muß hei
r: tlsenk
Wenn Frau Hedwig etwas «fand«,
soirnr es gemeinhin besser, ihr nicht
zu widersprechen Lanajährige Er
fahrung hatte denApotheter gelehrt.
daß dies mühsam, ausregend und
nutzlos war·
»Ja, ja,« sagte Herr Bürger.
»Es sreut mich, daß Du derselben
Meinung bist, lieber Gottfried.
Was meinst Du nun, wenn wir Tin-v
chen Müller zi- seiner Frau mach
ten-T«
..Tinchen Miiller -—— ja —— glaubst
Tun denn, daß das so ganz einfach
geistl»
»Viel-er Gottfried,« sagte Hedwig
mit jener Mi!re, die ein so umring
liches Zeichen siir herannashenden
Sturm ist, »Du weißt ja. ich pflege
nicht ins Gelache hineinzureden. Na
türlich weise ich, daß es gehen.
wird. Du mußt bedenken, daß mein
Bruder eine gute Partie ist.'« .
Dieses Argument bekam herr;
".iE rger so häufig und in so vielerleij
Gestalt zu hören, daß er es l« ngisi’
auch seinerseits als Argument czan
sehen gelernt hatte. "
»Na denn man tau!« sagte er in
g
l
cclll kk Ilch II IclllcM Ycllwl Hlllgs
schlafe auf das Svsa streckte ?
Frau Hebwig aber zog sich an und
ging stracks hinüber in die Kbnigs-»
itszze zu ibrem Bruder· Der wars
Strivatlehrer nnd Sammler Er hatte
Natiirgkschichte studirt Ueber ein ent
ziictendes Prijparat einer Mißbilduna
einer Krotobilstbriinendriise gebeugi«;
fuhr er erschreckt ani, als seinel
Schwester eintrat.
»Um Gotteswillen, « dachte er, »jetzt
kommt die wieder mit ihr-en heirathsJ
projekten!« Aber er sagte nichts-—e·5
war merkwürdig welk-If Atmosphäres
von Widerspruchölofrgteit die Franj
Apothekerin um sich zu verbreiten;
wußte. !
»Mir-U sagte sie mit einein etwagl
künstlichen Enthusiasmus, «bente nur»
Karl, es ist jemand in Dich verliebt!«
»Schon wieder?« brummte Herr
Wilhelm während er seine Brille zu
rechtriickte nnd schrnuanelte I
»Wieso, schon wieder?«
,, Na, hevchem weißt Du nicht, daß
Du alle Jahre von neuem bebaut-dein
jemand sei in mich verliebt? Unb»
nachher stimmt es nie.«
»Ja, es stimmte jedesmal! Du
weißt, ich pslege keine unbegriindeten
Siiye auszusprechen! Sie waren alle
drei in Dich verliebt, die hingean
men, die ich-Dir als Lebensaesiihr
rinnen vorschlug. Aber Du selbst —
Du bliebst ja immer so gieichgiiltigi
Natürlich —, wer-n die Damen- zu
fällig fliegende Fische gewesen wären
oder Enten mit Fuchsschwanzen oder
Frösche mit Federn-—- dann hätten su
Dich mehr i teressirt!«
«Vermutblich, ja!« sagte Karl ge
miitblich.
»Na also, die Damen waren nicht
Huld daran, daß sie Dir nicht paß
ten nnd ich ebenso wenig-«
»Das habe ich ja gar nicht behaup
tet.«
»Diesnml ist es aber eine wirklich
in jeder Beziehung passenbe Frau fiir
Dich, Karl sp— und so stattlich und
bübkch —- ksanz Dein Geschmack.«
»Der Geschmack, weißt Du, Hei-e
k.«e·t HIO In 7n' Cis-Iw- —- ZA nldukv Zsk
rindem- tiebek doch nicht heimthenrs
»Mein Himmel, so höre doch erst
zu! Du mußt doch auch nicht immer
nur an Dich selbst denken! Wenn ich
Dir nun sage, daß Tinchen Müller
unglücklich wird, wenn Du sie nicht
ninmrsi!«
Der Bruder sank auf einen Stuhl.
»Tinchen Miillerl« stöhnte er.
«Weiter fehlte nichts oh Gott —
Tinchen Müller! Die wiegt ja zwei
Zentner-P «
»Sie wieqt genau einhunderiunlx
fünsundsiebzig Pfund —s— ich habe sie
n:u!ich gewogen — Aber was hat
denn das Gewicht mit der Ehe zu
thun, bitiie?—« Komme mir doch nich-i
mit io elenden Aeußerlichteitenl Daß
Du so ein spindeldiirrek Laternen
psalyi bist. rechnet Dir doch auch leine
als Fehler an! Und Tinchens Miilkt
ist gssund und hübsch und wohlha
bend und wohlcrzoqem kocht brillant,
isilindetlieb undist bei alledem noch
nichi mal dumm«
Tr. Wilhelm ham rvöhrend· dieser
lan en Loopreisung seine Fassung
wiedergefunden und sagte: »
»Das sind zu viele Vorzüg«, Hed
chcn, —— die wirken erdrückend.«
.,Aber, Karl, wenn ich Dir doch
sage, das Kind ist ganz ver-want in
Dich! Du kannst doch nicht so gefühl
loi sein und Dir gar nicht-s daraus
machen, wen-n ein Mädchen Dich so
lieb-if Si paßt auch irr-Miet- so qui
zu Dir, — ist kein Kind mehr . . .«
«Salta!« sagte dek- Doliot, »das
sollt« Ich meinen! SI- ist start Mitte
Dreißig«
»Ur-sang Dreißig, bitte. Und
Du bist B ig- Du wirst bald kahl
und grau se n ——« .
» -
, r
Mitwle · « , » .- «
.. Heute hat er um unl
zi
. ',- «
». » « . . . .1...x..«« — L .-.,. ( -
Bankierstochten »Der Baron liebt mich! .
Hand ansehulten!«
Freundin: »Als-) dich liebt et— ausgerechnet dich?«
»Wenn ich kahl bin, kann ich doch
nicht mehr grau sein, Liedchen-W .
»Und dann sieht Dich lein Mädchen
mehr an. — Uebrigens thsu was Du
willst, ich kann Dich natürlich nicht
zur Ehe zwingen — leider! Aber
wenn Du nur ein bißchen Vernunft
besitzt, dann areisft Du diesmal zu,
ehe es zu spätiftl Deine Frau Bimke
kann Dir doch im Leben keine Frau
ersetzen, uno wenn Du mir bas auch
tausendmal fchtvörfU Adieu! —- Und
morgen zu Tisch wirst Du neben Tir
chen Miiller sitzen-. Sei nicht zu zer
streut und gieße ihr nicht wieder
Rothwein aufs Kleid wie im vorigen
Jahr Minchen Schulz- —— Es gibt
Salmi von 5lLkildenten.«
Schnapp, flog die Thiir hinter der
davonrauschenden Schwester zu. Ge
tnictt blieb Karl auf feinem Stuhl
siyen Er mußte morgen zu Apothe
kerg gehen-, das war gar teine Frage
dersn er speisteja jeden Sonntag dort.
Und Salmi von Wildenten kam bei
ihm gleich nach der ewigen Seligkeit.
Das- konnte er sich also auch nichtan
gehen lassen. Aber Tinchen Müller-!
—Er war ja fo schrecklich zerstreut,
befand-is nach Tisch-wenn siesich
nun mit ihm verlobte2
Die Thür zum Rebengintmer öff
neie sich jetzt, und Karls Wirthfchaf
teri·-i, Frau Bimv!e, erschien. Sie
swar alt und behaglich und tannte ih
ren Doktor wie ihren eigenen Sohn.
Auch besaß sie einen grenzenlosen Re
spekt vor senken Präparaten und Ro
kiien und räumie then niemals feinen
Schreibtisch auf, densie tro dem auf
irrend eine gehtimnißvolle « eise sau
ber nbzuftauben wußte.
Frau Bim!e,« sagte Karl kläglich.
kennen Sie auch Salmi von Wild
enten machen?«
»Ich denke doch, Herr Doktor Uni
swas man nicht kann, das lernt man
)eben. Warum fragen Sie denn?«
I »Ach ich fsqgkk visßsp —- Mooren-i
l soll ich wied: r bei Bürgers essen —- izh
Hnschte mir das Sonntagsausgehn
am liebsten ohne-wähnen«
»Aber Herr Doktor, dann kommen
Sie ia gar nicht mehr an die Luft!
Gehen Sie nur hin —- und grüßen
Sie Fräulein Tinchen Müller schön
von mir.«
»Ach, Frau Bimte —— Sie haben ge
s. ,.k-t.1l«
,.Nein, Herr Doktor, so mag thue
ich nie. Aber Frau Bürger hat ja n
Eis-ten ’ne laute Stimtne — die hört
maii bequem bis in die Kirche raus.
—— Fräulein Müller ist aber auch
wir t l ich lehr nett, Herr Doktor-—
Sie sollten sich doch die Sache mal
iik—erlegen.«
Ein humoristischer Seitenblick flog
von dem Dottor zu seiner braven
Haushalterin hin. Fing die nun auch
ar- zu triebean Denn offenbare Sti
alt-let war das ja! Sie mußt-e ganz
aut, daß Herr Karl Wilhelm lein an
deres loeiblickeki Wesen um sich haben
wollte als sie, die mütterliche Alte
die schon so lange jenseits der Liebe
stand· »s— —
«)lm nächsten Tage saß richtig das
voluminiise Fräulein neben dem dür
ren Gelehrten. -—- Sie ticherte sehr
viel und sagte fortwährend, daß doch
der Doktor »in originell« lei.
Originelle .Meuichen möge sie so gern.
Und sie interesfire sich so sehr für
Alpenpflanzen und für alt-r Münzen.
Das sei ja wohl seine Spezialität?
Nein, er iei doch mehr Zoologe.
sagte er.
»Ach, das lommt ja altes auf eins
heraus, die Naturwissenschaft,« mur
melte Karl Wilhelm. Aber er war
immer ziemlich schüchtern in Damen
Jexelltchest und murmeltees nur gam
ei.e.
Als die Tafel aufgehoben wur, hatte
lich zwar das Fräulein roth nicht mit
dem Doltor verlovt, aber er hatte doch
ein Vielliebchen mit ihr esseni und es
keimt beim «i’n pense« verlieren mits
en.
»Das ist vorziigtich,'« faate nachher
se«ne Schwester zu ihm- »mitBtellieb
chen fängtei so oftont Bei Gottfried
und mir hat ers aurh mit Vielliebchen
anzefangen.«
Gottfried seufzte-— was ia alleriei
bedeuten lonnte. »Noch drei Tagen
mißt Du ihr spätestens Dein Ges
fcksent senden»« meinte die Schwester.
»Ich tann Dir la eins auslachen. —
Ja —- das wird das Beste sein. —
-
Kümmere Dich um nichts, ich schbh
es Dir dann hin-.«
Der arme Doktor mußte an dies—
Tage ganz besonders zerstreut sei-.
Er schrieb zierlich aus eine Bitten
karte «j’y penie« nnd legite die atte
mit Vorsicht aus dieBlumen, die obe
sorglich Frau Bürger gleich mitge
schickt hatte.—Die Blumen überdeck
ten eine ziemlich tiese Schale, in der
das Etui mit dem Fingerhut wie in
einem Bettchen in Vergißmeinnicht
versteckt war.
Fräulein Tinchcn Miiller e:hielt
das Geschenk in der Dämmerung und
nahm voller Neugier die oberen Blu
men fort. Da kamen die vielen Ver
gißmeinnicht zum Vorschein. Sie
tauchte beide Hände hinein, zog sie
aber sofort mit einem Aufschrei wie
der zurück —— sie hatte in etwas Unbe
schreibliches, Weiches, Schlüpftiges
gefaßt.
.,Psui——äckg———psui!" rief sie, in
dem sie z Lampe stürzte, um sie an
zuzijnden.- »Was schickt mir der
Mensch denn da!«
,Der Mensch-« hatte ihr in feiner
bodenlosen Zerstreutheit eine seiner
tveichsten Quallen in die Schutt ge
legt, die er an diesem Nachmittag stu
dirt hatte.
Fräulein Müller war außer sich
und satte siir alle Zeiten genug von
diesem zerstreuten Herrn· Sie er
tlärte Frau Hedwig, da sei man ja
nicht-sicher, daß man nicht eines Ta
ges anstatt eines Präparats kurzer
band in eine Spititusslasche gesteckt
werde oder dergleichen. Herr Gott
sried meinte zwar das sei eine tech
nische Unmöglichkeit; aber seine Frau
brachte ihn mit einem einzigen Blicke
zum Schweigen.
Karl Wilhelm hatte von jetzt an
Ruhe vor den Heirathgplänen seiner
Schwester. Diese aber hat nie ersah
ren, was der Doltor an jenem Abend
seiner Wirthschasterin zuflüsterte, in
dem er ihr den goldenen Fingerhut
schenlte:
»Frau Bimle,« sagte er, »verrathen
Sie es niemand, aber -—— ich habe es
nämlich —- mit Absicht gethan!"
DOO JOWUUIUUIG Pcfismh
Die eigenartigste Postanstalt auf
der ganzen Welt ist entschieden jene
in der Mageijawhllicerenge an der
Küste von Pataaonien Dieses Post
bureau besteht nämlich nur aus einer
grossen Tonne, die mit einer satiden
eisetnen Kette an den Felsen der Kiiste
angeschlossen ist. Ein Beamter ist
nicht vorhanden. Auf der Tonne be
findet sich nur ein boter Mast aus
Metall, der die weithin sichtbare Jn
schrift trägt: »Von Ofsice«. Fahrt
nun ein Schiff vorüber-, so vertraut
es die Briese und Postsakken seiner
Passagiere der Tonne an, während
andere dieses Weg-IT- tosmmenitiz Dam
pser die Postsaden mit fortnehmen
und siir deren Tibeitertesordetung iet
aen. Diese nicrtwiirdige Postansiali
steht unter dein Schutze Ver seefahkep
den Nationen.
W
Ssuqstnsetic tür- Bäume.
Heutzutaae toinrnt man auf alles
hand selttanic Einfälle auch in der
wissenschaftlichen Forschnnazivelts, M
manche derselben find ernster zu
n:en, als es im ersten Augen
scheinen mag. So vielleicht auch der
nachstehende. '
Nie-zierliche Versuch-e ein der Experi
mentirstation in Nord-Dakota gin
gen Darauf aus, schlechtgeniihrten
jungen Bäumen tiinitiiap Nahrung
Juzufiihrcnj auf raschen-m Wege. als
dies geschehen tann, wenn man das
mngebende ist-dreien bereist-ert. Es
wurden zu dieseer Bett-es gewisse
chemikaslische Stoffe thatsiichlich aus
einer k lasckze Unter nie Rinde der be
Ftresfen n Biinme (.espriszt: und man
stellte gest, daß diese Stoffe verhält
Inifzrniii sehr rasch in den Saft
sseeislau des ganzen Bann-es über
åmgni Bei einem « Cottontvootk
ein-n z. B. fand man, das- das ein
gespriste Nährsludimn binnen zehn
lSumdergnk tu den höchsten Zwei
gen des Baumes-, 30 bis «- Fuß über
stier;f Einspritzungsstelle. im Saft
Jret te.
Bewährt sich dieses Verfahren ·
dauernd, so sollte es jedenfalls
eine grosse Zukunft haben.