Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 30, 1906, Sweiter Theil., Image 9

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    Vesicale
Itaatssgknzrjger Und Yeroljt.«
Jahrg-wo 27
J- -.—-— —»jsg«—— ..-—.
Graun Island Nebr» 30. November 1906 (Zweiter TheiU
No. 14.
Ein wette- Blatt.
xVon Alte-ed Friedsncanm
Du weites Matt zu meinen Füßen,
Ach,,welch ein Trauetloosistdeini
Und sclnrkebiest einst so hoch im süßen
Und wonniglichen Sonnenschein
Du gleichst dem abgezog’nen Kleide,
Das eine Mitte von sich warf,
Dies lange trug und nun vom Leide
Jn stummem Schlafe rasten dars.
Du gleichst dem Pergament entwendet
Aus einem einst gel-es’nen Band;
Gleichst einein Vöqleim das verendet
Jn initsleidlotem, kaltem Land.
Du gleichst dem End-. alles Strebens,
-L«- Blatt, welch’ Trauerioos ist dein!
Du bist ein Abbild allen Lebens —
Du, einst so hoch im Sonnenschein!
H
Leben-schritten ·
Eine Stizze von B. L e i ser.
Mit schweren, langsamen Schritten
stieg das junge Mädchen, sich fest aus
die Eichenlehne stützend die Treppe
zum zweiten Stockwerk hinaus. Noch
nie trat sie so miide gewesen, hatten
ihr die Treppen so steil gedünkt und
derartig den Äther-: benommen.
Zunseilen blieb-sie stehen, mühsam
athmend. Von Stufe zu Stuse ver
langsamten sich ihre Schritte-, zönrrnd
verharrt-: sie an jedem Treppenabfatz.
...Was sollte sie der tranken Mutter
sagen. wie ihr sie ganze Hoffnungs
losigtcit ihrer Lage retbergezi?· . . An
das Fenstertreuz des Treppenhauses
gelehnt, stand sie unsd blickte sinnend
vor sich nieder-. Welt Und Menschen
waren ihr entriickt in weite, traum
hafte Fernen. Nicht die Existenzsrage
allein war es, die sie so mächtig er
regte, nein, nicht das... Ihre Kunst,
. . . ihre wundervolle Kunst-, ihre herr
lich-e Stimme, mit der sie die Menscher
entziictte, bezaukerte...’ verloren,...
. rerinren... Der Metallglanz, die
sieghcfte Höhe, Pahin . . . dahins. . .
Lange schon-, noch ehe das von ihr
so wenig beachtet-e Hals-übel sie quälte,
hatte sie mit Schrecken bemerkt, wie
leicht sie ermüdete, wie sie die Töne
nicht zu halten vermochte, wie es sich
trie ein Schleier darüber leg-te. —Abek
sie wollte es nicht glauben, sich keine
Schonung auserlegen. Und als man
ihr es sagte, trat jede Hilfe zu
. spät. Auch das merkte sie. und doch
gab sie das Hest nicht ans der Hand.
Sie wollte es zwingen, his...
heute cer Direttnr sie zu sich bitten
ließ, qerade als sie mit ihm tranken
Mutter Zur Konsultation zum Arzte
fuhren wollte-«
War es nun vorbei, war diejes das
Ende ihrer so glänzend begonnenen
Laufbahn? . . . Sie unttlammerte
trampfltast denFenstergrisf, während
ein nervdsestittern ihren zarten Kör
per iiberlief... 0Jemand lam di:
Treppe herab und zog grüßend den
Hut. Sie fuhr zusammen-, strich mit
del-endet Hand über die feuchte Stirn
und nstn erst lam ihr re ,t zum Be
wnfz:sein, wie die letzten-Stunden ihr
Leben veränderten Gewiß, nun war
es ttar in ibr. Sie hatte bis zu die-—
set Stunde sich noch in Träumen ge
wiegt, sich Hoffnungen hingegeben, die
sich nie mehr verwirllichen lonniten . ..
Sie mußte sich in diesem Moment ein
gestehen, daß sie mit großer Sicherheit
auf die Erneuerung ihres Engage
ments gerechnet hatte . .. Und nun . ..
Jn längerer, wohlgesetzter Rede,
Mit klugen Worten hgtte der Direktor
ihr auseinandergesetzt, daß es nie-men
tan dat- Beste siir sie sei, von diesem
Plane abzusehen.
Direktor Note war ein humaner.
wohlwollender Mann, der ihr immer
auch wegen ihrer guten- Leistungen be-;
sont-ers zugethan gewesen. Er sprach
tanze, ohne auszufegen Aber ihr war
es, als ob er trotzdem nicht ganz aus
sich herattssginge, als ob er nich-i ganz
aufrichtig sei . . . Er ging da auf und
ab in seinem Privatzinnnen wo er sie
empfangen, mit unruhigen, kleinen
Schritten iider den schönen, weichen
Teppich, dessen bunte Muster er zu
stnriren schien. Dann wieder irrten
seine Augen an den Bildern hin, die
in reicher Auswahl die Wände
schmückten. Sie alaubte wahrzuneh
’ niest, daß eine leichte Verlegenheit auf
ten tonst so offenen Zügen des Man-·
nes lag, die er vergeht-ich zu beweis
stern suchte. Wenn er mit ihr sprach,
sah er ihr nickt mit jener bezwinaen
den, Vertrauenrrwcclenden Festiateit
in die Augen« wie es stets seine Art
ewesen. Sie wurde ganz unsicher.
ein Gott, was hatte er nur?...
Plötzlich, wie ein Blitz hernieder
fährt in schwiiter Sommernacht, hatte
der Wahrheit helles Licht die Dunkel
heit durchleuckxtet, die sie umhüllte.
Dasz das Nächste ihr fern lag! Daß
sie es so viel leichter genommen·
Hätte sie nicht seit Monaten wissen,
fühlen müssen, das-, es so, und nicht
anders lam! Es traf sie fürchterlich
Als ob urplötztich sich eine schwere»
unsagbar schwere Last auf sie herab-i
ientei Einige Minuten währte dies-;
ser Zustand Dann hatte sie festen
Tones, dem Direktor unverwandt in
die Augen sehend, gefragt: »Nun noch
eine Bitte, Herr Direktor! Sagen
Sie nrtr ohne Ums ite die reine
Wahrheit, mit der hrl—ichteit, die ich
steto an Ihnen bewundert habe, be
antworten Sie mie diese einse, fiir
mich so brennend wichtige Frage: Jst
es nun vorbei mit meiner Nun ti« . ..
Zuerst hatte er geschwiegen » a wa
ren schreckliche Minuten für sie, pein
lich auch wohl für ihn, diese Minuten
des Sehn-eigene Als der Mann-, den
sie so sehr verehrte, der Manns der fo
zusagen ihreZulunst in der-Hand hielt,
dastand, nachdenklich, dsie Augen durch
das geöffnete Fenster in den maint
grünenGarten gerichtet, deksich hinter
dem Hause befand. Die Vögel zwit
sche: ten da in den Zweigen der Bäume
so fröhlich, als gäbe es in derWelt nur
Freude und Herrlichkeit, nicht auch
Leid und Unglück. Sonnenstrahlen
fielen durch das Gezweig der Bäume
in das zu ebener Erde gelegene Zim
me: und zeichneten leuchten-de Linien
und Kreise auf ten bunten Teppich,
das glänzende Parteit»
Es war so still ringsumher .....
Und dieses Bild der Ruhr-, da- so
sehr tontrastirte mit den Gefühlen,
die sie bewe;,ten,...das Vogelgezwit
scher, die leuchtenden, tanzenden Son
nensttahlern der leise wandernde
Mann -—— dass alles beobachtete da-«
junge Mädchen, ohne daß es ihr recht
zum Bewußtsein lam. Sie hätte
sitzen mögen, da, wo sie saß, immerzu,
still, ohne die Antwort zu hören, die
sie doch treffen mußte bis ins Junerste
hinein. Und nieer Bild grub sich
ohne ihr Zuthun tief in ihre Seele ein
und viele Jahre spiiter, als all diese
Kämpfe hinter ihr lagen, erinnerte sie
sich mit der gleichen-, intensioen Deut
lichteit dieser Szene, empfand sie im
mer wieder dirs itechendr. wühlend-e
Schmerzgefiihl, das ihre Brust ers
füllte als sie use-dich kaum bewegt,
die Worte des Direktorg hingenomi
nIen wie etwas Selbstverständliches
»Mein FräuleinC dies muten seine
Worte, ,,nun wohl, nehmen Sie es
nicht so schwer! Sie wissen ja, wie
ich Jhre Fähigkeiten zu schätzen weif;,
aber» Da hatte sie ihn Doch heftig
unterbrochen: »Ist es alio vorbei»
ganz vorbei?.. »Vorbei mit Ihre:
Stunfr Nein, mein Kind, das ist ein
zu harter Ausspruch! Was Sie ge
lernt haben, ——- und es ist nicht we
nig, -—-— ist iiår Sie nicht verloren!
Es lleibt Ihnen noch ein weite-«- Feld
s
t
. . Als Sängerin..-.allerdings.»
Jndeisen».ich will mir lein ab
schließendeå Urtheil erlauben, viel
leicht...wenn Sie eine Kur Durch
machen, Eins-, dinn die See, und sich
moiiatelrng intenskv schonen...e-8
könnte sein...Aber, auch ohne dies.
es bleibt Ihnen das Lehrfack, Sie
besitzen eine brillante Technik .....
Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich
sein kann, so stehe ich gern zu Ihrer
Verfügung und Iin bereit, Sie über
all, privat nnd öffentlich auf dass
Wärmste zu empfehlen...« »Jet
dante Ihnen setze für Jhr Wohlwol
len, Herr Direktor«, hatte sie nun ru
higer erwidert, »ich muß nun erst mit
mir zu Rathe gehen, dae alles- über
:r.i».den.!... Vielleicht komme ich mit
Privatstunden durch! Das ist jetzt
auch alles nebensächlich. . .«
So war sie gegangen . . . Stunden-—
lang war sie gewandert-, um ruhiger
zu werden. Nun trieb es sie zur
Mutter· Langsam stieg sie jetzt vol
lends hinaus. Stumm war der Gras-»
den sie wechselten, als sie schließlich
geläutet und die Mutter ihr selbst ge
öffnet. »Wie steht es, mein Kind?«
fragte die ältliche Frau. »Du meinst
mit dem Direktor, Miitterchen, was
er hattest Nun, davon später! Wie
Du neugierig bist! ..."
Sie sprach rasch und der Ton sollte
sröhlich"klinaen, aber den; seinen,
durch Krankheit und Leid geschärften
Ohr der Mutter entgingI der leise»Un
terton von Jammer nnd Schmerz
nicht... Mit schnellen Schritten, alsI
wolle sie weiteren Fragen ans dem
Wege gehen, betrat das junge Mäd
chen das Wobnzimmer. Hier blieb
sie inmitten Jes- sreundlichen, liinstle
risch ausgeschnnictten Raume-z endlich
stehen. Sie wähnte sich allein, die
Mutter in ter Fläche, wo sie dem
Mädchen einen Auktrag aeben wollte.
Und da fiel plötzlich die Maer der
Heiterkeit, die sie der Mutter zu Liebe
trug, von ihrem Gesicht, und sie preßte
beide Hände an die pochenden Schlä
en...
»Meine nicht«, sagte da die sanfte
Stirn-me der Mutter hinter ihr, und
die weiße, kraftlose Hand fuhr über
den blonden Scheitel der Tochter.
»Sehiitte Dein Herz aus-, unbesorgt
um meinen Zustand. Es wird uns
beiden leichter ums Herz, wenn Du
Tich auszusprechen . . .4« Daraus wur
de er- ganz still. Tie alte Frau saß
cniide tm- Sessel, die Hände bewegten
sich in unruhigem Spiel aus dem
Schoosze, sie wartete auf die Worte ih-·
rer Tochter. Und plöhlich laa diese
vor ihr aus den Knien, den Kopf in
den Schooß ihrer kranken Mutter
gebettet, schluchztt sie unhörbar, leise
. . »nur an dem Zacken der schmalen
Schultern machte sich die tiefe Er-t
schiitterung bemerkbar. Dann endlich
hatte sie sich gefaßt und in- leiden
schaftlichen Worten machte sie ihrem
Schmerze Lust. Die Mutter ließ sie?
ruhig gewähren . . . Lange blieb es
dann still im Zimmer. Man- hörte
nur das- Tieken der alten Wanduhr,
das jubelnde Trillern des Kanarietpl
rogels, dem es in seinemi Käfige zu
eng zu werden schien.
»Nun mußt Du Dich zusammen
nehmen, Leonore! Sei wieder mein
rul)iaes, zielbewußtes Mädcken!«
sagte die Mutter endlich mit ihrer
kranker-» matten Stimme. »Mutter,
Mutter, es ist so schwer! Mir ist, als
ob ich selbst gestorben wäret . . .« Leise
erwiderte die Mutter-: ,,Kin"d, Kind,
sag’ so etwas nicht Auch dass geht
vorüber! Es giebt weit größeres-«
Unglück in der Welt. «Wir Menschen
miissen eben resignirenL Wer ist denn
nnkedriictR Das beste ist: im klein-en
und kleinsten seine Pflicht zu thun . ..
Las-, uns weiter denken! Fiir Dieb
würke es nützlich sein, in ein-e andere
Umgebung zu kommen· Du mußt
Dich pflegen, scbonen...« Und Du
Mutter? . . .«
Da lächelte die Mutter wehmüthig
»L-, darum mark.’ Dir keine Sorgen,
mein Kind! Mir wird so wohl sein!
Es war ein sonderbarer Ton,
in dem die Mutter das sagte. Und
nun sah die Tochter aus. Da wußte
sie sich diesen Tonv zu deuten. Wie
gelähmt stand sie da. »Gott, mein
Gott«, kam es schwach über ihre Lip
pen, »der Arzt hast sie aufeegebenk«
Sie wollte der Mutter um den Hals
fallen, aber sie preßte nur beide Hand
sliichen an die Augen und die Stirne
gegen- die Thür des Schlafzimmerz
Wie lange sie so gestanden-, wußte
sie nicht. Mit einem Mal-e fühlte sie
die leichte Hand ihrer tranken Mut
ter. die sie streicheth Sie blickte auf.
Da stand ihre Feliebte Mutter, der
Tod im Herzen, doch lächelnd. sein
zärtlich-Ich hingerendes Lächeln um
Die Lippen . ..
»Meine nicht, LeonoreI Mir wird
so wohl sein! ich leide so sehr, der
Tod ist eine Erlösung sür mich! Du
ater sei start nnd muthi·a! Du bisr
nrch so jung, Du kannst noch viel
Glück selfen...« »Welch- ein Egoists
ich- war, welcli ein Egoist!« murmelte.
da- junge Mai-eben Sie wsollte siebi
zusammennehmen, wollte stark sein«
Plötzlich sank sie-zusammen und
nmtlammerte, ais wen-n sie sie nicht
lassen« wollt-» mit beiden Armen die,
schwache Gestalt der tranken Matt-eint
-———.-.—-—
Münchmeyers pürschtalent.
BonTeobosnTorn l
,,,Miinchinener« Wo toollen Sies
hin, find Sie denn toll geworden!.«
Zurück, Diana —— nirüctt Hundebiefis
insnrrieg! Fuit Fuiuiaiauit. -
Aus den gellenden Pfisi ihr-es Herrn l
stoppte die Hündin in dem rasenberi
Laufe ab. Zitternd und winselnd vors
Jagd-Ufer verharrte sie noch einen
Moment auf der Stelle. Die rechte
Vorderbfote emporgezogen, wittertes
sie nach der Richtung hin, wo deri
Jugenscbeinlich tranle Lampe über
die Brache davonhuppelte —- hinter
ihm der Assessor Egbert Münchmeber.
den blonten Zblinderhut in den Lin-s
len, den seidenen Regenichirm hochge- l
schwangen in oer Rechten. Aus eineni
erneuten Psits kehrte die Hündin
langsam, sich windend und mit ein-ge -
zogcner Ruthe zurück. Jhre trübe«
Ahnung betrog sie nicht. Herr v.
Kaola zog ihr mit der ledernen Kop
pelschsnur ganz qehörigs eins über und
legte sie dann an die Strippe.
»Münchmeyeeeer!« brüllte Herr b.
Kasta noch einmal mit voller Lun
nsitrast Aber Vergeblich Der tleinc
Vlssessor preschte wie ein ourchgehender
Droschtengaul über das Feld. Jrnmer
weiter und weiter-bis er eianz
plötzlich den Blicken des zwischen Aer
get und Lachen nachspähenden Jn
sbeltors entschwand Der wilde Jä
get war wie in die Erde versunken.
Gleich daraus aber bezeichnete ein- aus
zappelndes Durcheinander von Armen
und Beinen, Hut und Schirm, wo der
Hei-e ein Ziel gesetzt war.
Herr v. Kastu faßte seine zerrende
Diana fester und eilte der Stelle zu
um dem Kleinen eventuell beizusprisi
gen· Dieser hatte sich jedoch inzwis
saen aufgerapbelt und tam ihm aui
halbem Wege entgegen Wie aber
sah das sonst so adrette Kerlchen
nur-! Der helle Anzug von oben bis
unten mit der setten Bracherde einge
schmiect, Gesichc«sunt.f)ände nicht min
der Der Hembeinsatz war zerknittert
her-ausgetreten, eine Mlansschette hatte
et überhaupt verloren, die andere saf
nicht innerhalb, sondern außerhalb
des Rockiirmels, und die Krawatte
hatte sich bis hinter das linke Obk
verschoben. Trotzdem strahlte er
über das ganze von Schweiß und
Erde indianerhaft tätowirte Gesicht.
Er streckte den: jungen Landwirth ein
Thier entgegen, das er tmmpshast
»mit beiden Händen an den Löffeln
hielt, und rief athemlos: »Kasla, —-(
mein erster Haß-J«
»Na, da gratulire ich«, erwiderte
der Jnspeltor mit oerlnifieneni La
chen« indem er näher trat und das
verendete Wild scheinbar mit hohem
Interesse betrachtete. »Die Sache hat
nur zwei Haken, mein lieber Assessor.
Erstens mal werden wir nachher zu
Hause gleich ein Protokoll aufnehmen
tin-d rsem Königlichen Amtsgericht zu
stellen. Falls Sie sich nicht als bie
fangen ablehnen, werden Sie das
Vergnügen baden, als Borsistzender
der nächsten Schöffensitzung den Affe
ssor Egbert Miinckimeyer, 29 Jahre
alt, evangeliisrl;s., bisher unbestrafh
wegen Jagkireveis zu 6 Mark even
tuell zxrei Tagen Haft zu Verurtbei
len. Und dabei haben Sie noch
Glut-. Die Sache würde wahrschein
lich its-eurer werden, wenn Sie wirt
lieli einen Haer nnd nicht blos ein
Karnickel erlegt hätten.«
»Das —- das ist ein Karnickel?« —
sianimeltse der Llssessor, indem er das
Thier fallen ließ und sein« Augenglas
hervorzcrrte
,,Ll!lerdings, Verehrtester, ein ural
ter Rammlser, den Sie übrigens ganz
gewiß nicht gekriegt hätten, wenn er
nicht irr-geschossen gewesen wäre. Es
ist zum Tenfelljolen!« wetterte Herr
v. tin-sta, indem er den« verendeten
Kaninclrenbocl näher besichtigte. »Das
ift wieder der Halunke von Wilderer
niii seinem Nei:n—-Millimeter-Tesching
genesen! Wenn ich diesen Kerl blos
einmal kelauern könnte!«
Während der Jnspektor dann das
CorpusJ delicti in seinen Rucksacl
steckte, suchte der Assessor seine sieben
Backen zusammen Seine Begeiste:
rung hatte vollständig abgeflaui. Die
Btaegnung mit seinem Zdlinder war
einfach niederfchtmetterno Er mußte
bei der Kainstrcphe auf ihn gefallen
sein —- denn der Bibi fah aus wie
ein lslaque, bei dem auf der einen
Seite die Feder nicht fsinltionirte.
Von dem Schirm, mit dem er deinff
Wild sozuiasien den Genick-fang gege
ben, war die K:«iicle abgebrochen-. Und
altes das um ein Karman
»Sasgen Sie mal, Kaska«, bemerkte
Müncheinener tleinlaui, indem er sei
nur Zylinder mit dem Rottärmel ei
nigermaßen nieder in Fasson dürfte
te, »Sie werden doch meinem Onket
nnd namentlich meiner Consine von
der Geschichte nichts sagen.'"
»Natürlich werde ich was sagen's
brummte der Jnspetior. ,.Solch ein
Waidwerk ist ja schon mehr ein
Sebimpf! Mit dem Nenensclwirrn
hinter dein Wild herzuiolseni Pfui
H-.is·:«
.,’«t«l, cklctilllckt Vlc lllUL «- geil sU
schlimm ist doch das nicht. Wenn man
gerade teinGetrehr hat und man gern
einen Hasen schießen möchte! Uebri:
aens —- die alten Deutschen hatten
doch auch teine Lesauichettr —s- und
schlagen das Wild todt.«
»Aber doch nicht mit den Regen
ichirmen, Herrs« brüllte der jun-ge
Landwirth, welcher nun von der Ke
mit der ganzen Situation überwun
den wurde und lautlos auslachte· Der
Assessor lachte ein weniges mit, dann
aber wurde er bald wieder ernst. Er
wischte und driictte immer noch an sei
nem Zylinder herum und sagte sasi
triehmiithig: »Sie wissen ja gar nicht,
hinging was es siir mich bedeutet, daß
dieser Hase eit: Karniiclel ist. Ja
lxabe Jhnen sch:n aesagt, :vie gern ich
morgen aus die Jagd mitknöchte —
schon Meiner Cousine wegen, bei der
der Mensch überhaupt erst bei dem
dritten Rehboct anfängt, den er er
teai. Aber ich soll nicht. Onkel will
mich partout nicht mitnehmen, bevor
ich ein Stück Wild selbstständig erleat
habe. So eine Art Besähigunas
Nachweis-, verstehen Sie....«
»Den hätten Sie ja auch sehr schön
erbracht, wenn Sie ihm zur Schonzeit
mit einem Hasen unter die Augen ge
kommen mären rnit einem erschlage
ncn noch dazti"«
,,Schonzeit hauen dieBeejter auch!?«
rief oek Assessor kläglich, indem er
mit einem hörbaren Ruck seinen Hut
at:sstiitpte. »Aber was tann ich denn
aufstetlen, um«
»Das will ich Ihnen sagen. Be
gleiten Sie ’mich heute Abend, um
dem Wilddieke ausszulauera der schon
seit Wochen unser Revier unsicher
macht. Fangen wir den Kerl ab,
dann aarantire ich Ihnen, daß Sie
von Ihrem Onkel verllaiiaen können,
was Sie wollen!«
»Mensch! Kastal Edelster aller
Klutenpedderl Wenn Sie wahr sprä
cl:·en,! Natürlich tornrne ich mit —un-d
wenn ich den Onkel rumlriege, dann
—- dann soll Jshnen verziehen sein
daß Sie im- Skat der elendste Patzer
dieses Jahrhunderts sind!«
Assessor Miinchsmeyer hatte birei
Leid-enichasten: das SskatspieL seine
achtzehn Zytinderhiite unsd seine Con
sine. Und- alle drei Leidenschaften
waren so ziemlich gleich stark. Den
M
riet Wenzeln opserte er bei allen mög
lieben und nnmögslichen Gelegenhei
ten. Bose Menschen behaupteten, daß
seine richterliche Urtheilsiindunsg nur
deshalb immer so lange dauerte, weil
er nach jedem Falle mit den Schöfsen
im Berathungszimmer regelmäßig erst
drei Rund-en spielte Und was seine
Vorliebe siir aninsderhüre betrifft, so
wurde von den nämlich-en bösen Men
schen behauptet, daß er zu Hause ein
mindergutes Exemplar . sogar als-Z
Nachtmütze bensiitzr. Das war natür
lich übertriebeii —- aber der Uz als
solcher hatte seinen berechtigten Kern.
Es giebt bielc Anlasse, die den Kul
iurmenschens zwingen-, einen aninsder
ans-zusetzen Immerhin ist es doch ein
hervorstechendes Merkmal dieses Hu
tes, daß man fich- seiner nur zu Zeiten
bedient. Obwohl es King Bells und
sonstige eigensinnsige Menschen giebt,
die ihn immer tragen-, hat er sich den-—
noch in allen Wandlungen der Mode
seinen Charakter als Ausnahmegegem
stand bewahrt.
Egbert Miinchmeyer bestritt das
ganz entschied-en. Er erklärte den
Zulinder als einzig menschenwiirdige
Kopfbelleidursg — und bethätigte die
se Ansicht auch- dadurchi, daß er den
strahlenden Chapeau selbst in der
Sommersrische bei seinem Oheim,
dem Gutsbesitzer Kemmler, trug.
Als darum der Jnspettor b. Kasla
ihn nach- Einbrurh der Dämmerung
zu der Pürschse auf den Wilddieb ab
holte, setzte er, trotz aller Proteste. zu
Ehren des seltsamen Unternehmen-s
sogar statt des bei der Karnickeljagd
vzerbolzten Zylinrers ein strahlend
neues Exemplar aus.
Da der Himmel sich zur Nacht be
wöltte, brach die Dunkelheit frühe-r
herein, als Herr v. Kaska berechnet
hatte. Aber das-·- trar nicht das ein
zige, was gegen die Berechnung ging.
Man hatte den Standort in der Nähe
des jttebwerbsels erreicht, als plötzlich
in einiger Entfernung ein Schuß fiel.
Gleich daraus ein Knaclen und Bre
chen im Niererholz, und ein starker
Bock vralljte seien-den Assessor Es
war nicht gleich festzustellen, wer
tonsternirter near, der Bock oder Eg
kert Vllsiinchmenen Als sich beide be-:
sonnen, merkte letzteren dass er recht
empfindlich argen einen Baum ge-·
schleudert worden war, und ersterer
zeigte, durch den Anstoß gereizt, nicht
Eli-et Lust, seinen Karambolpartner
anzunehmen. Das sisel nun wieder
dem Assessor aus —- in seiner Angst
schlug er mit dem Zylinder um sich
und —- baui! — fuhr der Bock mit
’der Angströhre aus der Gabel ab.
Das vollzog sich natürlich nicht so
langsam, als es erzählt wird. Das
Verhängnis-z kam so blitzartig, dasz
Herr v. Kasta die ganze Situation
erst erfaßt, als er den Bock mit dem
Zblinder auf dem Haupte über die
Lichtuna davonpreschen saihr Auch
hatte er nicht ein-mal Zeit, seine Freu
de und Verwunderung über dieses
eigenartige Bild Ausdruck zu geben,
denn in dem Augenblicke hasteten auch
die Wilderer, zwei junge Bauern-hur
selJen, durch das Gestrüpp. Mit se
stem Griff nahm der Jaspektor den
einen fest, der andere wars denSichiefzs
prügel weg und schlug sichs seitwärts
in die Busche-. Da aber dieser gerade
die Masse geführt-, war Herr b. Kaska
flicht geneigt, ihn entkommen zu las
en.
,,Brsingen Sie den Bengel ins Dorf
runter und bewachen Sie ihn vorläu
sia im Krug« ruf er dem Assessor zu
und drückte ihm gleichzeitig den vor
Schreck zitternd-en Bauernburschen in
die Arme. Daraus verschwand er hin
ter dem andern her.
Egbert Münchmeyer war glücklich,
das; sich die Sache doch- noch zu einer
Heidenthat auswachsen sollte. Kraft-:
voll faßte er den Delinquenten beim
Srhlasittchen und führte ihn stolz ins-.
Dorf.
Als der Jnspettor nach fast zwei
Stunden vergeblickenStreifens in den
Ring einkehrte, drofch der Affessor mit
drei Bauern einen solennen Skat —
under war so angeregt bei der Sache-,
daß er kaum ausfchaute
Heu v. Kaska fah sich in der Gast
still-e um nnd war einen Moment
sprachlos. Dann brüllte er: »M«ünch
meyer Assessor!! Herr — —!! Wo
ist der Wilddicb, den Sie hierher
schaffen sollten!?«
»Ich bin vorne, Sie habenqiu rei
zen « bemerkte der Assessor dem nächst !
sitz-Juden Bauern. Dann saher unwil
iig von seinen Karten auf und fragte:
»Wieio! Was ift’s mit dem Wild
dkcb?«
»Aber Mann!« schrie der Jnspektor.
»Ich habe Ihnen doch dex Burschen
iu die Hände gegeben! Wo ist er
denn!?«
»Ach- so———— ja, wissen Sie—dek
Bengel hat hier in einer ganz unver
schämten Weise geliebitzi —- unsd da
—
hakt ich ihn eben rauischmeißen las-.
sen vom Wirth! —- Akso Grund, » »
meine Herren, schwarz antgesagtt« ·
Die selbe Kessel.
Wir lesen im ,,Neuen Wiener Tag
lstatt«: Die ,,Automobile Association«
in England hat ein neues Systeml der
Verständigung ihrer Mitglieder wölk
rend der Tour adoptirt, das sich mög
licherweise als recht nützlich erweisen
kann. Wie der »Stan«dard« berichtet,
besitzt diese Gesellschaft in ganz Eng
land Depots auf den Hauptvertchrs
straszen und gibt den- vorbeifahrenden
Mitgliedern Zeichen mittels einer
gelben Kugel auf einer Fahnen«stunge.
Wenn die gelbe Kugel sich- obens auf
der Stemge befindet, dann bleibt jedes
Mitglied bei dem betreffenden Depot
stehen, da Der dieses leitende Ange
stellte für irgend ein Mitglied der Ge
sellschaft, dessen Vorbeikommen er
wartet wird, irgend eine telegraphiich
angelangt-e Botschaft hat. Besindetsirh
dagegen die geil-se Kugel unten an der
Stange, rann kann jedes Mitglied,
ohne zu halten, seine Fahrt fortsetzen.
Dieses System ermöglicht es- Ge
schäftsleuten, die am Ende der Woche
ihr Geschäft verlassen, um einen Aus
sluza zu unternehmen, mit ihren Bus
rennx in steter Verbindung zu bleiben.
Vor ihrer Abfahrt haben sie zu die
sem Zwecke der Gesellschaft nur die
gewählt-e Route und die ungefäyre
Zeit ihres Passirsens bekannt zu geben.
Trifft nun nich ihrer Abreise irgend
eine micktige Nachricht ein, j"o«1vsirdsise
an nie betreffende Station oser Gesell
··ct«,-a-ft telegrnphirt, der Stationsileiter
zieht die gelb-e Kugel auf und jedes
vorbeifahrende Mitglied verlangsamt
sein Tempo, ruft seinen Namen und
hält an, falls die Botschaft für ihn
bestimmt ist« Aus diese Weise kanr
der Automobilisi selbst Hunderte von
Meilen entfernt mit seinem Geschäfte
in Verbindung bleiben, und speziell
fiir Sonntiagsausfliige läßt sich nicht
leiekxt etwas Prattischeres denken.
Geschmeizeries Holz.
Eines der verwendbarsten von der
Natur- uns aegebenen Materialien ist
von jeher das Holz gewesen. Seine
schon so vielfältige Anwendbarkeit
durfte aber eine bedeutende Ausdeh
nung noch datnrch erlangen, daß es
gelungen ist, Holz zu schmelzen. Ein
französischer Forstinspektor hat »dies
dadurch erreicht, daß er das Holz
einem sehr starken Druck und- gleich
zeitig der trockenen Destillation aus
setzte, das heißt, er erhitzte es stark
unter völligem Abschluß der Lust, so
das-. es nickt verbrennen konnte. Hier
ruiclx erhielt er eine geschmolzene
Mass-, die nach dem Erkalten eine
schwarze Farbe auswies mit glänzen
den Oberslächien an den Stellen, wo
man sie zerbrach Die Sache ist da
rum so wichtig weil die so erhaltene
Masse mehrere Eigenschaften besitzt,
die siir eine praktische Verwendung
sehr tnertshooll sind: Sie leitet die
lslcttrizität nicht, ist also bei den so
viel-kacken elektrisilssen Anlagen als
billian Jsolirmaterial zu benutzen:
sie ist für Wasser undurchdringlich-; sie
wird von Säuren nicht angegriffen.
Ein Hauptvorzua des geschmolzenen
Holzes ist aber, daß es sich- in belie
bige Formen preisen läßt, das heißt,
man kann ihm schon bei der Herstel
lunnl die Form geben, in der es dann
gebraucht werden soll.
Des Geiqcntünstlxrs W.tte.
Eine originelte Wette wurde, wie
die italienischen Blätter berichten,
kürzlich von Willy Burmester in· Tu
rin, wo« er zwei Konzerte gegeben- hat,
gewonnen. Bei einem Bankett, das zu
seinen Ehren veranstaltet wurde.
sprach jemand die Ansicht aus, das-,
ein wahrer Virtuose einem guten Jn
strumente im Werthe von 200 Lire
einen ebeniso inelodiösen Ton enstlocken
könnte, als einem Stradivarius Der
bekannte Jnstrumentenmsacher Anto
nio Bonelli. der dem Bantett bei
tcolsnte, protestirte gegen diese Be
hauptung und erbot sich, 20,000 Lire
einem wohlkhätigen Werte zu stiften,
wenn Burmester im Stande wäre,
dies zu vollbringen. Burmester nahm
die Herausforderung an, und Boneui
liess eine ganz neue Geige und eine
Stradivarius holen. Von drei Zeu
gen begleitet, begab sichs der Virtuose
daraus hinter einen Wiandschxirm und
spielte eine halbe Stunde lang abwech
selnd aus beiden Geigen, indem er sie
alle zwei oder drei Minuten aus
tauscbite, ohne daß die Anwesenden,
meelli einbearissens, im Stande ge
tresen wären, mit Bestimmtheit zu
sagen, ob er aus der Stradioarius
oder ans der gewöhnlichen Geige
spielte
——-——
Unzufriedeir.
Richter: »Sie haben diesem Herrn
leine Ohrfeige versetzt, wodurch sein
Zwitter zerbrach Sie haben ihsm da
für 12 Mart zu entschädigen.«
Tkkngettagten »Wie, und für die
Ohrfeige bezahle ich nichts?«
Die Hauptsache.
Herr: »Wissen Sie schon, diese
NaEiji bat ex- in der ftiidtischen Bier
brauerei gebrannt «
Student Süifsek »Ist der Schaden
denn groß?«
Herr: »Er soll ziemlich bedeutend
grein, aber der Betrieb ist nicht ge
ort.«
Student- Siiffel: »Na, Gott sei
i Dank.«