. — Berühmte Blinde. Aus dem Denkmal eines großen Wohlthäters der Menschheit, des be rühmten Augenarztes v. Gräse. dem viele Tausende Menschen die Erhal tung ihres Augenlichteki verdanken, sind n- Stein und Erz die Worte ge graben, die Friedrich v. Schiller den Melchthal sprechen läßt: O eine edle Menschengabe ist Tag Licht des Auges. Alle Wesen leben , Vom Lichte, jedes Flückliche Geschöpf Die Pflanze selbst lehrt freudig sich zum Licht. Kaum schöner konnte der Besitz des Augenlichts ausgedrückt werden, aber kaum wahrer auch die fürchterliche Nacht der Blindheit bezeichnet werden« fäslmit den Worten desselben Melch a : Sterben ist nichts, doch leben Und nicht sehen, das ist tin llngliickl Wer des Augenlichts beraubt ist« dem sind die schönsten Freuden des Lebens versagt: er vermag nicht die Herrlichkeiten der Welt wahrzuneh men. Doch hat es einzelne hervorragende Menschet gegeben, ia es gibt noch de ren in unseren Tagen. die, trotzdem es ihnen versagt ist, körperlich wahr-4 zunehmen, was um sie herum vorgeht, mit einer seltenen inneren Weitsichtig seit begabt sind, so daß ihr geistiger Weitblick den vieler Sehenden bei wei tem überragt. Wenn die Sage uns in sinniger Weise von ,,blinder. Sehern« berichtet, von Männern, die dadurch, daß sie des Gesichts beraubt sind-, vermöge der Schärfung ihrer iihriaen Sinne Pro pheten geworden, so ist diese Sage in der Wirklichkeit nicht selten zur Wahr heit geworden. Es hat hervorragende Künstler, Dichter und Gelehrte gege ben. die trotz ihrer Erblindung bedeu tende Werte schusen und rnit ihrem Geiste die ihnen auferlegte, sie umge bende Nacht durchdrangen. Der französische Lehrrichter des vo riqen Jahrhunderts-. Abbe Delille, z. B. aelörte zu jenen glücklichen Un glücklichen, welche durdh ihre geistige Begabung das schwere Loog völliger Erblindung nicht sonderlich fühlten. Jacaues Deltlle ·"geboren 17538 ge storben 1843" war von Juaend aus sehr turzsichtig aewesen und hatte sitt-, acwöhl:t, seine Gedichte, ohne daß er sie niederzusehreilsen brauchte, länaere Zeit ins Gedächtniß zu leh.1lten. Einst als er schon völlia erbliudet war, trug er in einer Gesellschaft kei einer Freundin. der Baronin v. Donhourn, ein paar Verse vor, die er eben erst ge dichtet hatte. Diese geistvolle Frau nun, welche sehr schnell zu schreiben rerrnochte. wollte mit dem Dichter eine Netterei sich erlauben, griss schnell zu Papier und Feder und iina an nach zuschreihem Dem geschärsten Gehör des Dichters entging indessen das lei te Geräusch der Feder nicht, under schob daher in seinen Vortrag aus deu: Stegreis die folgenden 5Verse ein-. Während meine Verse ich lese, wandelt sich ein Rabe hier Um .irrs·eine dielksphe Elster, und sie stiehlt die Verse mir. Daß auch Englands beriihmter Dichter Milton, der Schöpfer des Vers lorenen Paradieses, in den späteren Jahren seines Lebens, wo er von Blindheit umnschtet war, sich die bei terleit des Geniiithes und vollständige Geistessrische bewahrte. ist bekannt. Sein satirischer Witz schien sogar noch in dieser Zeit sich gescharst zu haben., Der Dichter wurde fast zu gleicherZeit blind und Wittwer. Bald daraus nahm er eine zweite Frau. Als nun ein Freund sein Befremden darüber äußerte, daß er bei seiner Blindheit eine zweite attin habe finden können, sagte Milton scherzhastk »Sie irren sich! Jch brauche nur noch taub zu sein. so bit-. ich die feste Partie von ganz England!« Als Lord Buckingham einst galanteeweise die Gattin des Dichters mit einer Rose vergtich, sagte Miltom »Ja, sa, Sie möaen recht haben. An ihrer Farbe tann ich es zwar nichters tennen, denn ich bin blind, aber an ihren Dornen iiible ich est« Auch der deutsche Fabeldichter Gott lieb Konrad Pseffel war betanntlich schon mit seinem einundzwanzigsten Lebensjahre völlig erblindet. schleich wohl verheirathete er sich ein paar Jahre darauf mit einer Verwandten aus Straßburg nnd diese edle Frau bot ihm in glücklicher Ehe über ein halbes Jahrhundert lang Ersatz siir die Entbehrun, welche ihm der Ver lust des edelsten Sinnes auferlegte. Er war nicht nur dichterisch thätig, sondern wirtte auch trotz seiner Blind heit in Aemter und Würden. Pfefsel hat sich oftmals iiber seineBlindheit, die er nicht selten dollsiändig vergaß. scherzbast geäußert. Ja, man vergasz Hin seiner Umgebung selbst nur zu leicht, dasz man es mit einem Blinden zu thun hatte, und laut auflachen tonnteer dann, wenn jemand im Ge spräch mit ihm Wendungen gebrauchte wie: »Sei-en Sie mir, lieber Psessel!« oder dergleichen. Einstmals tonzcrtirte in Folmay wo Pfes el lebte, eine seiner «eit be kannte ontiinstlerin Therese Para dies, die ebenfalls blind war und ed tro dem Peit in ihrer Kunst als Or et pietertn gebracht hatte. Psesfel görte die Künstlerin und war so be geistert von ihrem Talent, daß er die -—— folgenden aus dem Stegreis verfaßten Verse in ihr Stammbuch-schrieb: O weh’, Thereie, weh’ dem Mann, Der nicht, vor Wonne, dich zu hören, Wie trie, des Augenlichts entbehren Und Ohr und Herz nur weiden tanu. Jn witziger Weise verstand es auch der Dichter, aus seiner Blindheit Ka nital zu schlagen, um anderen tleinc Bosheiten auszutheilen. So wurde er einst längere Zeit von einem langwei ligen Menschen belästigt, der viel und beständig in derselben monotonen Weise sprach. Endlich wurde dem guten Pfefsel das unaufhörliche, un sinnige Reden doch unerträglich, und nachdem er ihm eine Weile zugehört hatte, sagte er: »Aber, mein Herr, was für een schlechtes Buch lesen Sie mir da vori« Der langweilige Mensch verstand die bittere Pille, die er hinun terschlucken mußte, er entfernte sich bald und tam nicht wieder. Die erwähnte Therese Paradies ("1759-——1824) war selbst eine der Inerltviirdigsten Blinden, die siir dic Geschichte der Blindenanstalten noch eine besondere Bedeutung gewann. Mesmer, der Entdecker des thierischen Magnetismus, behandelte im Jahre 1777 die »Jungfer Paradiests und das Aussehen, das die Widersprüche iiber das Sehen oder Nichtsehen dieser Blinden hervorrief, war die Ursache, weshalb Mesmer ans Wien verwiesen wurde und nach Frankreichging Das blinde Mädchen wurde thatsäeblich durch Mesmers Behandlung zuweilen sehend gemacht, sie sah und unterschied in Mesrners Gegenwart alle Farben. Aber ihre Eltern, die auf die Blind heit ihres Kindes hin von Maria The resia eine Pension bezogen, wollten von dteser IHeilung nichts wissen, und den Drohungen der Eltern folgend, bestritt Therese die Rückkehr ihres Ge sichtes. Therele Paradies war ein ungewöhnlich begabtes ädchen. iSie erdachte sich selbst höchst innreicheAs.-s varate zum Lesen, Schreiben und No tensetzen und brachte es im Orgelspiel sogar zu einer gewissen Birtuositiii. Als Valentin Hauy in Paris auf den Gedanken kam, für die Blinden eine ähnliche Lehranstalt zu errichten, wie der Abbe de L’Epee siir Tanbstumnle gegriindet hatte, benutzte er fiir den Unterricht seiner Blinden dieselben Vorrichtungen und Apparate, die er durch Therese Paradies kennen gelernt hatte, lrelch letztere sogar einige Zeit an dieser ersten Blindenanstalt der Welt als Lehrerin wirkte. Einer der merlwürdigsten Blinden war auch der englische Mathematiker Sanderson, der im Jahre 1682 in der Grafschaft York geboren wurde. Jn seinem zweiten Lebensjahre verlor er durch die Blattern seine Augen. Die ses hinderte ihn aber nicht, sich in seiner Jugend rnit Hilfe seiner Angr hörigen auf die Erlernung der alten Sprachen zu legen, so daß er nicht nur die Werte der griechischen silassiter verstand-, sondern selbst sogar mit außerordentlicher Leichtigteit und Zier lichteit Latein sprach Dann sing sein Bat-: mit ihm an, die gewöhnlichen Spezies der Rechenlunst zu treiben. und der blinde Knabe brachte es bald so weit, daß er den Vater übertraf. Mit Nadrln und Schnüren tonstruirte cr sich ein Recherks nnd Messbreti und löste damit die Verwickeltsten Aufgaben. Verschiedene mathematische Schlüsse von grundlegender Bedeutung rühren von Sanderson her, dessen Werte nach sein-m Tode zu London auf Kosten der Cambridger Universität gedruckt worden sind. England war überhaupt reich an hervorragend begabten Blinden. Der Blinde Thomas Blaclock zum Beispiel war ein Doktor der Theologie und gern gehörter Prediaer in Edinburg. John Metcalf in Manchester beaufsichtigte, obwohl völlia blind, den Straßenbau unL legte nach selbstständigen Plänen und Berechnungcn mehrere neue Stra ßen an. Mit der einzigen Hilfe eines laneen Bergstoetes durchwanderteMeti ralf Berge, Abgriinde und Thaler-. Verschiedene Straßen von Derbnshire sind seinen Angaben gemäß verbessert worde::. Dieer wunderbare Beispiel anges wrihnlichen Tastsinnes eines Blinden wird aber noch übertroffen durch einen s Deutschen Johann Knie, der ohne Be gleiter eine Reise durch Deutschland unternahm, obwohl er blind war. Wie sein die übrian Sinne eine-z Blinden entwickelt sind, davon gielst d’Alembert in dem Dictionairetsncn-" elopedieue ein Beispiel. Ein Blind-! ;«eborener, der zu Puisaut in Gatinois » lebte, war Tontiinstler; dessen Gefühl war so fein geartet, das; er die Nähe der Körper nach dem Grade der Wir tung bemafz, die die Luft auf seinen Körper machte. So wußte er eine of fene Straße von einer solchen, die tei nen Ausgang hatte, sofort zu unter scheiden. Jm vorigen Jahrhundert lebte in’ Frantreich m Saintonge eine merli würdige Blinde, Madenieiselle de Sa lignac, die selbst das Schreiben und Lesen mittelst ihres feinen Tastsinnes erlernt-, Sie spielte auch Karten mit telst eigens fiir sie durch,unscheinbar Stiche gekennzeichneten Nattern-lat tern. Ebenso hatte sie sich das Zither spiel erlernt, und ihr musikalisches Gehör war so fein geartet, daß sie nach einem Gesang, den sie hörte, sofort die Roten niederzuschreiben vermochte. Sie tanzte in sie-mitten Tänzen mit tonnte die feinsten weiblichen Arbeiten inachen und sie xädelte sich beim Nähen die feinsten Na eln ein. Auch in unserer Zeit leben ein paar bedeutende Männer-, die trotz völliger I — Blindheit iibet eine erstaunenswerthe eistige Weitsichtigteit verfügen: der in grünn lebende Dichter und Philosoph Heinrich Landes-nann, genannt stern nhinus Lorm, und der in Blasewitz bei Dresden domizilirende Rezitator Türschmaun. Hieronymus Lorm isi seit vielen Jahren nicht nur blind, sondern auch taub. und lebt neit der Arißenwelt nur durch drei Sinne. Er hat eine höchst sinnreiche Zeichensprache erfunden, durch die ihm seine Umgebung, insbe sondere seine Tochter, die Geschehnisse der Aufzenwelt vermittelt, durch Bei rühren der einzelnen Fingerglieder, deren jedes einen Buchstaben bezeichnet. Jn dieser ungemein mühevoller-. Weise werden dem greisen Dichterphilosopben eb o auch seine eigenen Werte» die er di rr·t, zurückiibersetzt. Jn dieser Weise werden ihm auch die Unterhaltungen der wenigen Personen vermittelt, die ihn besuchen dikrfm Aber trotz dieses schwierigen Weges, auf welchem die Außenwelt zuLorm dringen kann, hat er sub ein reges Interesse selbst iiir die kleinsten Dinge des Lebens gewahrt« Wenn er reist-— under sitzt merkwür digerweise gern iin Eisenbahnroupe — ruuß die ihn begleitende Tochter ihm mittelst der Fingersprarhe die Mitrei senden beschreiben, ia selbst auch deren Kleider schildern. Nur bei diesem lei haften Interesse siir die ihn umgebende und ihm selbst unsichtbare und übers haupt nicht wahrnehmbare Außenwelt ist es dem Dichter ja wohl möglich ge wesen, lange Jahte nachdem er vom Schicksal zu dieser Abgeschiedenheit verurtheilt wurde, noch das Leben in Romanen und Erzählungen in lebens voller Weise zu schildern. Ja, wie seltsam rege das Jnnenleben dieses unglücklichen Mannes ist, möge die sThatsache zeigen, daß Lorm. der in sseinen jungen Jahren auch bohe musi Itnlische Begaburg zeigte, in seinem jsiebzigsten Lebensjahre lanae Jahre lnachdem kein Ton mehr an sein Ohr sihm wahrnehmbar gedrungen war, snoch zu lomponiren begann. Ungemein siegen Geistes und begabt mit einem s fabelhaften Gedächtniß, nimmt — der jblinde und taube Mann an allen die "We1t bewegenden Fragen regen Au stheih spielt Schach, ditlirt heute an leinem Werte über ein hhilosophisches LThema, morgen an einer gedankenrei » eben Novelle. « » Der erwähnte deutsche Rezitator ERichard Türschn«-.ann ist ein früherer »Biihneniiinstler, der nach seiner Er zblindung die weltbedeutenden Bretter Hverlassen mußte, und dann von seinem »Tristulum in Blasewitz aus, von Zeit zu Zeit die größeren Orte Deutsch lands und Oesterreichs bereiste, um. die dramatischen Meisterwerle unserer Klassiler und auch Shalcspeares frei aus dem Gedächtniß zu rezitirern CI »machte einen ergreifenden Eindruck, »den blinden Räumen geführt vonfeis Jner Tochter-, das Podiutn betreten zu ;sehen, wo cr dann vor dem geistigen TAuae des Zuhörers die Gestalten der Dichter in handgreiflicher Lebendigkeit erstehen ließ. Jst »chen und nicht sehen ein Unglück« für diese blinden Seher?" Die schöne Unbekannte. Humoreste von H. Abt. Vozauberndt rief Herr Bernhard Hei-biet, meine Zimmerthür mit sol chein Ungestüm öffnend, daß de: Drücker anderthalb Zoll tief in die Wand hineinsnbr. Jch stieß sofort mein Tintenfaß um, denn ich bin ein rervöser Mann und der geringste plötzliche Lärm erschreckt mich. Jch bin sehr schnell, ungeschicltc Dinge zu thun, deshalb sammelte ich auch die Tinte nicht mit derselben Ge schwindigkeit wieder aus« die ihr Uni schiitten charakterisirt hatte. .,Bezaubernd-, ans Wort, total be .zaubernd!« fuhr Herbig sort, indem er mit der ihm eicenen holden Ungenirt heit ungebeten Platz nahm. »Ich habe Schönheiten die Menge gesehen. haufenweise-, aber nie zuvor bin ich solch einem unvergleichlichent guckend-m himmlischen, engelhasten Wesen begeanet « Jrh widersprarh Herbigs Beaeiste rung schien mir unter ten vorli gen den Umständen völliq übertrieben: Zwar lannte iet: diese Umstände nicht s trug auch keinerlei Wißbegier daitact, aber es gab überhaupt leine Un! ! stände, die solche überschwenglichen Phrasen rechtfertigten. Ich wider-; sprach, steigerte aber damit seine Ver-i ziickung bis zum offenbaren, helle-us Wahntvitz. Mit rollenden Augen suchte er mir eine Dame zu beichtet ben, der er vor zwanzig Minuten an der Ecke der Friedrich- und Leipziger straße begegnet war. Sämmtliche ge malte nnd gemeiszelte Schönheiten der Antile nnd Moderne schrumpften vor dieser holdseligen Leibhaftigteit in wesenloses Nichts zusammen. Die Schöne-, deren Anblick Herrn Herbig um das gebracht, wovon er am wenig sten entbehren lonnte, hatte seinen Nuin vollendet, indem sie unter gra ziiis hochgenonitnenem Kleide hervor zwei zierliche Fäßchen hatte sehen lassen. »Rauschle«. sagte Herbig, »Sie sollten diese Aschenbrödelsiiße gesehen haben!« ( Und dann oersiel er in eine« glühende Rhapsodie über jene pedalen Extreniitäten. Jch athtnete erleichtert aus, als er sich endlich in sein eigenes Zimmer zurückzog, um, wie er das in seiner blumigen Art ausdrückte, seine Seele —- -.—. — .··.. » — aus »der Wonnezlur de: Erinnerung spazieren zu sii ren. Jch bin eine sehr empfängliche Na-— tiir——nervöse Menschen sind das in der Regel —- und obgleich Herbigs Be schreibung der unbekannten Schönen vlödsiiinig lächerlich war, so saß ich nach seinem Fortgang doch noch wer weiß» wie lange nnd dachte darüber nach, statt in der höchst wichtigen Be schäftigung fortziisahrem darin jener mich so zur Unzeit unterbrochen — den Vorbereiiiingsarbeiien zum letzten Staats-Examen. an der Nacht hatte ich einen sonder baren Traum. Jch ging auf einer von seltsamen, nie geschauten Blumen iiberwiicherten Wiese dahin, von der ich, ohne daß einer mir das gesagt, wußte, daß es die Wonneslur der Er innerung sei. Vor mir her täiizelte und schwebte eine weibliche Gestalt, das Gesicht schleierverhiillt, die Arme mir entgegengebreitei und sie Iaghte und lockte-.- s ,,Jch bin die schöne Unbekannte, bin das Glück, wenn du’s vermagst, mich einzusangen und meinen Schleier zu heben.« Jch lief und lies, meiii.S—treben, sie zu erhaschen, ward allmählich zur wilden Hetzjagd, endlich gelang es mir. den Saum ihres Schleiers zu berüh «ren, da ward dieser zur Wolke, die die schöne Unbekannte jählings in die Luft cmporhob und ich, der ich suchte, die Entfliegende festzuhalten, ward ! mit in die Höhe getragen, bis Hinter jnieinen umklammernden Händen die sSckeleierwolke zerriß und ich mit jäher Pldtzlichkeit mich der Erde zurückgege ben fühlte, während- iiber mir im blauen Aether ein Lachen spottete: »Du Narr des Glücks.« Am nächsten Tage mußte ich wider Willen stets an meinen seltsamen Traum und- »in Herbigs Abenteuer denken und als ich am Abend Alma besuchte-wir waren seit drei Wo chen heimlich verlobt——war ich nach denklich und bedrückt; ich fühlte, das-, etwas wie ein kaum wahrnehmbare: Schatten zwischen mich und Alma sich zu schieben begann. Zwei Tage später kam Herbig wie der in mein Zimmer gestürzt. Er hatte sie wieder gesehen, war in derselben Pserdebahn mit ihr gefahren. Er hat-re ihre zarten Fingerspitzen berührt, in dem er ihr das Fahrbillet hinreichte; Worte waren zu arm, seine Empfin dungen zu schildert-» »Er-ten Sie her, Raiischle,« sagte er, seine Uhr hervorziehend und vor mir eniporschwenlend. »Als sie dein Schaff-Irr ihr Fahrgeld, zwei Fünf-« psenniger, überreichte, wissen Sie, was ich that? Ein Fiinsiiapsennigsiück dem Schassner geben, ihm die beiden Nickel entreißen Und den Rest ihm als könig liches Trinkgeld schenken. Da sehen Sie sich diese beiden Fünser an.« Und Bernhard Herbig öffnete die Goldiapsel seiner Uhr und schüttete die beiden kleinen Münzen in seine boble Hand. Gewöhnliches Gold, ordiiiäre Geldstücke, und wären sie auseinander geschichtet so hoch wie der Rathhaus thurm, könnte diese geheiligten Anden ten nicht kaufen. Sich je davon tren nen? Wollte ich sein Herzblut hinneh nien als kleinen Beweis seiner unwan kelbaren Gefühle? »Als die Dame ausstieg« fragte ich zögernd, ,,sind cie ihr gefolgt?« »Gefolgt?« Er schaute mich ver lsliifst an, als e:"o·ffiiete sich seinem Ge sichtskreis eine ganz neue. ungeahnte Perspeltive. »Nein, ich bin ihr nicht gefolgt. Jch war verzaubert, fest ge bannt, besinnungslos. Und außerdem —- hatte ich doch siir die ganze Strecke bezahlt« Diese zweite Begegnung und Her lsigs gesteigerter Enthusiasmus ver setzten mich in einen heimlichen Fieber zuitand. Meine Vorbereitungen zum Vlssessor kamen auf schnsiihliche Weise ins Hintertrefsen und Alma, die auf das Jnniqste mit dieser Vorbereitung «iusa:nmenhing — denn unsere Verlo bung sollte erst nach glücklich absolvir tem Examen veröffentlicht werden, Alma --— ——— Ja, jeder Abend fand uiich bei ihr, die ganz Liebe und Ver trauen war und mir in dem Blumen erler solche entzückenden, kleinen Küsse ital-, daß mird er Glaube lam, sie sei doch wirklich und ausschließlich die Rechte, die Einzige, und ich liebte sie von Herzen —- so lange ich bei ihr war. Aber wenn ich in meine Wohnung zu rückkehrte, nicht meltr die geheimnißs volle Lust athnxete, die stets ein lie benswiirdiges, Ineibliches Wesen um« weht, begannen die Schatten bangen den Zweifels wieder aui mich nieder znsinten Hatte ich auch wirklich aus innerer, unabweisbarer Notwendig teit gehandelt, als ich mich mit Alma oerlobte2 War es keine übereilte That acwesen? Besaß Alma wirklich jenen innerlichen und äußerlichen Grad von Vollkommenheit, iiber welchen hinaus mein Wünschen niemals sich erheben würde? Es ist wahr, sie hat prächtiges Vlondhaar, herrliche Augen, schöne Zähne, einen blendender Teint und eine elegante, graziöse Figur. Sie hat auch Geist und kann witzige, schlagfer tige Antworten geben, dazu ist sie warmherzigs und ven ungezierter Na iiirlichleit. Doch alle diese Eigen schaften konnten einem anderen Wesen in noch höherem Maße zu eigen sein —eine:n Wesen,» das ich nicht tannte, noch nicht kannte, welches aber das Schicksal eines Tages in meinen Weg führen konnte —- eines Tages, wenn es zu spät war,wenn ich, als Almas Gatte, gebunden war an die Galeeren lettte einer uniiberlegten Ehe. Ah... in meinem, bisher so wohl geordneten , Zu gut gemeint , sp « jA Schuldner: »...Jk)ren Gsturtstug kalten Sic- lzeuteI .· So lange sollen Sie leben, Meister, big Sie Jht Geld Von mir haben!«« Innern be ann ein verhängnißvoller Riß zu klaxifem Inzwischen hatte Herbig zweimal wieder seine Göttin gesehen; einmal hatte ihrer Locken Goldflimmer in Thiergarten vor ihm hergeleuchtet, ein andermal gar hatte er ihr bei Kranz ier vis-a-vis gesessen, wo sie mit einer Freundin Windbentel aß. Jch wage nicht daran zu denken, wie elend ich war. Und ob ich es auch vor mir selber lächerlich, abgeschmackt, wahn sinnig nannte, es änderte nichts ter Thatsaehe — ich war unrettbar Ver iebt in Herki gs ,chöne Unbekannte Und Alma, die geschworen hatte, des Daseins Freud’ und Leid gemeinsam mit mir zu tragen — armes Mäd chen, sie dauerte mich. Jch raffte allen meinen Muth und meine Ehrenhaftigkeit zusammen und ermannte mich- zu einer offenen Aus-: sprache mit meinem unglücklich-en Opfer. Eines Nachmittaqz kleidete til-. mich in stiller Verzweiflung zu diesem herzbreehenden Zwecke an. Jch hatt-. meinen Hut wohl zum hundertstenmal k«:ebitrstet, bei jeden-. Strich stiller und verzweifelter werdend, als Bernhard Herbig —- ieh veraafz zu erwähnen, daß wir beide bei derselben Zimmer-wit thin ,,möblirte Herren« waren -— in meine Stube trat. Er war ausstcifiirt nach dem neuesten Modejournal und ging, seine Eleganz spazieren zu füh ren. mit der stillen Hoffnung. der Dame seines Herzenss- zu begegnet-» »R.uschie, « saate er vertraulich. mich aus die Schulter t :Ppend, »fehen Sie mich an. Der letzte Pschiitt, di rekt von Paris. Wenn das nicht Ein-: udruet auf sie macht — Ich nickte nur und ein großer Ent schluß hatte plötzlich das dunkle Chaos meiner Seele dnrchleuchtet. »Ich bin gleichfalls am Aus-gehen nnd werde Sie ein Stück begleiten.« Herbig zögerte. »Aus Wort, ich weiß nicht recht — bin etwas empfind lich auch fiir Sie, Rauschte. Wenn Sie sie sehen sollten und etwa selber sie »«·ich —« »O —- ich bitt-« Sie, Habic« — sagte ich mit so viel Gleichgiltigkeit, als ich zu heucheln vermochte. »Nun, ich will Jhnen vertrauen. Aber auf Wort, Rai!schte! ausWort!« Wir gingen die Friedrichstraße ent lang, den Linden zu. Mir war unbe schreiblich zu Muthe bei dem Gedan ten, vielleicht die Reize Von Angesicht zu Angesicht zn sehen , deren blose Beschreibung mich in eine solchrBer wirrunsc versetzt hatte. Langsam schlenderten wir dahin. priifend den Schwarm der promeniren den Schönen musternd und nach jener höchsten, weiblichen Vollkommenheit ausspiilfend, die rnich zutn unglücklichen Menschen gemacht hatte. Wir hatten den Damm zu über schreiten. Ein Oniiiibus, aus einer Luerstraße eint-irgend, Und ein Obst stand an der Ecke, hemmten ung. Plötzlich preszte Herbig meinen Arm. ,,Dort——dort ist stel« fliisterte er. Jch fuhr herum ,,Wo?« »Dort driiben!« .,O!« sagte ich bitter enttäusstxt — ,,da5 ist ja nur Tora Pfeifer.« Sie idvar mit meiner armen Braut befreun set. »Nein, nein, — nicht die stuvsniisiac, die andere, hinter ihr, ans dein Damm, die im blauen Kostiim -—« »Was, Elendert« rief ich are-J — »Das ist ja meine Alma!" und im sel ben Augenblick fis-. ich rnitGrazie den Obststand um Herr Bernhard Herbig drückte den Hut tief in die Stirn nnd stürzte die Straße hinalu Denselben Abend noch verschwanden er und seine bewegliche Habe in einer Droschte zweiter Gitte, um ein anderes Quartier zu beziehen. Alma ——als ich ihr noch am selben Nachmittag eine umfassende Beicht-. ablegte, wollte zwar zunächst ein sehr bedenkliches Gesicht machen, da ich ihr aber sehr klar auseinandersetzteZ das; sie doch siig!ich nicht aus sich selber eisersiichtig sein könne, lachte sie und sigtnnte mich -— nun, die kleinen Ochmeichelnamem die mir meineAlma zuweilen gibt, braucht ji kein Dritter zu wissen. Falsch aufgefaßt Gnädiget »Hul«ca, seien Sie heut’ Abend recht bei der Sache, ich veran stalte ein kleines Tanzlriinzchen.« Dienstmädchen: »Ach, gnäd’geFrau, unbesorgt, tanzen thu« ich rasend cern." Eiche Abwehr-. Student (sich vom Universitätspro. fessor verabschiedend): «Jhnen, Herr Proßfessor, verdanke ich alles-, was ich wer .« Professort »Aber, bitte-, machen Sie doch nicht so viel Aufhebens von dieses Kleinigkeit.« Bewiescn. Stubenmädctken lals die Tochter des Hauses für ihren Verehrer etwas ge kocht, und dieer es rein aufgegessen l)at): ,,Fräulein. der liebt Sie wirk lich. da brauchen Sie nicht zu zwei seln!« Ja so! »Hei sich Dein Papa vor unserer Verlobung iiber mich im Airgtixnfts dureau erkundigt?« »Nein, Fritz!... Er meinte was die Spctzen rinnt Dache pfiffen, das brauche man sich nicht erst in eines Auskunstei sagen Zu lassen!« Ver-rechnet Schwiegersobm »Das hast Du recht gemacht, liebe Schwiegermama, Dich fiir die kurze Zeit nicht mit fo viel Gepäck zu beschweren!« Schwiegermutter: »J, was Du denkst, Adolf .. Zwei Koffer und einen Reisekorb habe ich aufgegeben und für alle Fälle auch gleich meine Wintersachen mitgebracht!« Gefährlich. Hausherr: »Aber warum wollen Sie nicht in mein Haus ziehen,rvenn Ihnen die Wohnunq so sehr gefsillt?« Mietlzien »Weil ich dann in kurzer Zeit bankerott sein würde. Sie müssen bedeuten, daß ich eine Frau habe und Daß es in Ihrem Haufe einen Juwe lier, eine Modistin und ein Reise bureau gibt"' Neuer- Begriff. Gast (zur Kellneri2:): »Ich möchte gerne Kalbsbraien essen, ist der aber auch fertig?!« Kellnerint »Ach, nehmen Sie liebes Lunaenbraten der ist fertiger!« , Immer derselbe. »Herr Professor haben drei Bril len?« Allerdings-! ———Eine gebrauche ich zum Lesen, eine fiir die Ferne, und tuit der dritten suche ich gewöhnlicf die andern zwei!« Mangel an Vertrauen. Junge Beaniienfrau (sclunollend): ,,(v"el«,’, Du liebst mich auch gar nicht! Sechs Wochen sind wir jetzt schon ver heirathet, und Du hast noelx nicht ein einzig-es Mal das Amtsgeheimniß mit gegenüber verletzt!« Aus dein MerichtøfaaL Rielitert ,, . . . Wir kommen jetzt zur Verlesunq Ihrer Strafliste!« Angeklaaier iGeivohnheitsverbre chei): ,,«JJieiuetns-egen... nur daß es nachher nicht beißt, ich hätt’ die Ver handluna in die Länge gezogen!« Ein »Auftrag«. Chef (zum Reisendeu): ,,Haben Sie den Kaufmann Meier, mit dem wir lLiuaere Zeit entzweit waren, auch be sucht?... Und hat er Auftrag gege ken?.« Reisender-« »Ja,» aber dem Haus tnecht!«"'