Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 14, 1906, Sweiter Theil., Image 9
— I Tiefe-Rast Von Anna Hinckeldeym Auf Deine Hände laß das Haupt micl legen, - Die Augen schließen, die von Thränei schwu. Ansrastend tief in Deiner Lieb· Segen, Schweigi aller Erdenwiinfche ruhlok Heer, Und Dämmerfriede will mich weick umfangen, Der lange schon aus meinem Leber "fchtvand, Vorbei der Sehnsucht immer quelleni Bangen: - Der Seele Sonntag trat in’s All tagsland. Der Weg zum Glück. Novellette von L a r s D i llin g. Frau Rambet war eine Beamten wittwe, die von »Halb- und Voll Pensionären lebte. Gegenwärtig ge nossen nur zwei Sterbliche, der tand phil. Stein und Fräulein Lisbeth Hansen, das Glück voller Pension, d· h. sie erhielten Morgens und Abends eine Tasse wässerigen Koffee oder Thee und ein paar dünne Brotfchnitte mit problematischem Butteranftrich und zu Mittag homöopathische Por tionen Klops, Saftsuppe- Schellfisch, Milchfuppe und ähnliche Gerichte, die mit dem trefflichen Namen »Don-s - mannslost« beehrt werden. Kandidat Stein genoß Aüberdies-E noch eine andere Gunst eraulem Klara, die einzige Tochter des Hau ses, hatte nämlich ihr zärtliches Herz zu seiner Disposition gestellt, und der Kandidat lonnte daher von allen An nehmlichkeiten und Unannehmlichtei ten des Bräutigamsstandes profitiren. Bei früheren Gelegenheiten hatten ein Kandidat der Theologie, ein Leut nant und ein königlicher Selretär die selben Privilegien — inllusive Fräu lein Klara’s Herz —- besessen, aber sie hatten sich sämmtlich bewogen gesehen, zu verziehen, da Frau Rambel den sehr logischen Schluß gezogen, daß Klara demjenigen, dem sie »alles« Im Leben sein sollte, auch »alles« im Hause sein müßte, weshalb die B trefsenden sür ihr Geld fast nichts an deres erhielten. Bald nachdem der iänigliche Seer tär sein Logis im ause der Mutter und irn Herzen der wochter geiiindigl« hatten Stein und Klara —- bei Ge legenheit englischer Vorlesungen in der Universität —— einander lennen ge lernt. Sie hatten nebeneinander ge« sessen, in dasselbe Buch gesehen, ein ander Bleistifte geliehen, und am Schluß des Quartals hatte Frau Rarnbet einen neuen Miether und Klara einen neuen Bräutigam. Der zweite Pensionär war ein ver waistes junges Mädchen, eine Kon toristin, die Abends Stickereien ser tigte, um ihren Unterhalt bestreiten zu können. Es war Abend. Der Theetisch war gedeckt und die Lampe angezündet. Frau Rambel und Tochter, beide in Gesellschaftstoilette, da sie von Ver wandten Theaterbillets geschenkt er halten hatten, saszen voll sichtlicher Ungeduld auf dem Sosa, während der Kandidat in einem Schautelstulzl lag und die Gipsornamente der Decke studirte. »Nun ist die Uhr bald sieben, und Fräulein Hausen ist noch immer nicht da, wiewohl ich sie gebeten habe, heute möglichst früh zu kommen, da das Mädchen große Wäsche hat, sodaß während unserer Abwesenheit Nie mand da ist, um das Haus zu hüten und —- falls Jemand läutet —- die Flurthiir zu öffnen,« bemerlte Frau Raknbet verstimmt. »Das sieht ihr ähnlich,« versetzte Klara sin. »Wir behandetn sie nahe zu verwandtschastlich, doch bitten wir sie um einen kleinen Dienst — o Gott bewahre! Das ist zu viel verlangt.'· »Es wird ihr wahrscheinlich un möglich ewesen sein, abzutommen,« wandte r Kandidat ein. »Sie ist doch sonst ein so angenehmes, hilfs bereites Mädchen.« »Ja, vertheidige sie nur, Du! Das thust Duja jmnier.·»tl)»2am·a»und ich T- »He-sk mlsyanoclll sle Ia Iulayrccrlw, usu hätte sie Dich nicht zum Ritter, so—-—«« »Hm-, Klara,« sagte der Kandidat anmuthig, »verschone uns heute Abend mit Disputen Jch gedenke nicht um den Doktorgrad zu disputiren unt tann Deiner Lettion in Dialektik da her entrathen.« Eine bitteee Antwort schwebte aus Klarcks Lippen, doch ihre Mutter tacn ihr zuvor, indem sie sie ersuchte, hin auszugehen und nachzusehen, ob das Fräulein mittlerweile heimgekommen er. Klara ging und kam sogleich wie der, gefolgt von Fräulein Hansen, di( ein wenig roth und verlegen aussah »Jo, Mann-X tagte sie höhnisch «Fröulein war richtig schon daheim Und weißt Du, was sie that? Si· stand draußen im Treppenslur unt aß eine Apfelsine. Natürlich aus Furcht, sie mit uns theilen zu müssen falls sie sie mit hineinbriichte. F« donet« ,.Wollen wir nun nicht Thee trin ten?« unterbrach der Kandidat ernst Der Thee wurde unter allgemeinen Schweigen eingenommen, und alt man sich vom Tisch erhob, sragtc Nebraska Staats-I Uzrjgrx UUU THUUUlU Jahrgang 27. H - - Grund Island Nebr» 14. September 1906 (Zweiter Theil.) No. 3L Frau Rambet Fräulein Hausen in ironischem Ton, ob sie es wagen dürfe, Fräulein mit dem Ersuchen zu beschweren, während ihrer Abwesen heit das- Haus zu hüten, wozu Lieg .heth sich gern bereit erklärte. »Du bist wohl so gut, uns jetzt zum Theater zu begleiten und uns Punkte zehn adzuholen,« wandte Madame fuh dann an den Kandidatem Einige Minuten später hatten sie das Haus verlassen und Liesbeth war allein. Bei seiner Rückkehr fand der Kan didatsie mit einer Stickerei im Wohn zimmer sitzen. ,,Fteißig wie immer," bemerlte er. Ein ivehmiithigeö Lächeln erhellte iljr blasses-, sympathisches Gesicht. , »Ja, man muß wohl, um den An sorderungen des Dasein-s gerecht zu werdet-. So leicht wie die Spatzen und die Lilien aus dem Felde haben trir Menschenkinder es nicht« »Arn.es Mädchen,« dachteer, wäh rend er sich in sein Zimmer begab. »Sie verdiente ein besseres Geschick.« Die Uhr schlug echt -—-- halb neun — halb zehn-und Liesbeth saß und nähte. Da hörte sie den Kandidaten durch den Korridor hinausgehen, wahr scheinlich um die Damen aus dem Theater abzuholen. Doch ateich daraus vernahm sie von der Treppe her einen schweren Fall. Sie sprang empor und eilte hinaus-. Am Fuße der Treppe lag Stein mit blute:·.dem, zerschlagenem Kopf. »Helf-en Sie sich Schaden gethan?« fragte sie erschreckt, bemüht, ihm eins porzgihelsm » s hat nichts in sagen,« versicherte es:. »Dein-. Hinuntergehen bin ich auf tirgend einem aus der Treppe liegenden J Gegenstande ausgegmienk »Ach, esist ein Stück der Schale meiner unseligen Avselsine, das mir vorhin entfallen sein muß,« sag-te sie erschreckt nnd betrübt. »Mithin bin ich die leidige Ursache Ihr-es Falles. Aber Sie bluten ja " »O, nur eine tleine Beute in der Stirn nnd eine leichte Kontusion des Ellbogens. Morgen ist altes wieder « gut,« sagte er, während beide zum Wohnziizmier zurückkehrtm »Ich flirctste, Ihre Verletzung ist schlimm-m als Sieisaestehen wollen, und ich bin schuld daran.« Thrijucn schimmerten in ihren Augen. ,,Besie:-x Fräulein, ich weiss, ja, das; Sie es nicht absichtlich gethan haben. Iriistenkzie sich«alsd und verschaffen Sie mir lieber etwa« Wasser und ein paar Lapi-sen, damit ich mir talte Uni « schläqr aus die Stirn machen lann.« Liegbeth eilte hinaus und lehrte alsbald mit dem Geiniinschten zurück. »Gestk:tten Sie, daß ich Jhnen die Umschlcige Inache,« bat sie. »Dann müssen Sie sich aber setzen. Sie können unmöglich so lanae stehen-" . Sie nahm ein TaboureH setzte es neben seinen Lehnstuhl und begann so leich init den Umschlägem die sie beständig wechselte. »Nun siihle ich mich bereit-«- besser,« bemerkte er nach einer Weile. »Die Geschwulst ist schon wesentlich zurück gegangeu.« Liesbeth wandte sich jäh und lies; vor Schreck den Usnschlag fallen. ,,R’tlti, das muß ich sagen,« klang des plötzlich-von der Fihiir her. Jn der ksluriyur stand Franz-um det, aschgkau vor Wuth, und hinter ihr ward Mater-I ,«.orncntstellteg Llnt litz sichtbar. »So! Also dar-Im mußten Ivir in dem zuaigen Vestibiile vergebens wars ten und schließlich allein nach Haufe gehen!« riesErstere außer sich. »Unt daher finden wir die Feurthiir offen, so daß Diebe und Räuber ungehindert aus- und eingehen lönnent Der Her Kandidzt und das Fräulein waren so ersiillt von ihrer gegenseitigen Gesell schast, daß sie darüber alles um sich her vergessen haben." »Juki-e Heuchelei!« wandte sie sich dann an Liesbeth, ,,vergiltsi Du so meine Wohlthatent Nun begreise ich, warum sllara ihre Verlobten niemals behalten tonute.« »Schlange!« zischte das Fräulein sinnt-bebend »Ja, Schlange!« fiel die Mutter ein, «S-.hlanqe. die sowohl den Theo logen als den königlichen Setretiir aus unserem tleinen Paradies ver trieben l)at!« »Schon zwei Vorgängers Na dante!« :nurmelte der Kandidai »Ich müßte nicht, was meine frühe ten Beziehungen mit dieser Sache zu thun haven!« sagte Klara in heftigem, geteizteni Ton. »Und was das bit-li sche Gleichnisz anbelangt, so muß ich Dich dahin berichtigen, daß nicht die Schlange. sondern der Engel die ersten Menschen-aus dem Paradiese vertrie ben hat-« »Das ist mir ganz gleichgültig, l mein Engel. Aber eine Schlange ist sie, . die nicht nur zwei Menschen, den tö niglichen Setretär und den Theolo-: gen, sondern auch den Leutnant, den siiszen Leutnant, verführt hat« »Du-ti« rechnete der Fundidat law-z nisch. · »Nein· Mama, da möchte ich doch behaupten, daß der Leutnant einen viel zu guten Geschmeid hatte, um Fräu lein Hansen mir( wessen-elfen sDn weißt sehr wohl, dasz er nur deshalb fortzog, weil er, wie er sagte, zwar Von meiner Anmuth gefesselt dieser halb jedoch nicht gewillt sei, von Ge fängnißtost zu leben.« »Es hilft nichts, Fräulein Hausen in Schutz zu nehmen, Klara; sie soll leine Minute länger unter meinem Dache bleiben. Diesmal haben wir sie jedenfalls auf frischer That ertappt. Hinaus aus meinem Haus-P fuhr sie, zu Liesbeth gewandt, fort. »Augen biicklich hinaus, oder ich lasse Sie durch die Polizei binauswerfenZ Und ifvas ·Sie anbelangt, Herr Kandidat, to — ro «— « »So ist das eine Sache, die wir beide mit einander abzumachen ha ben,« sagte Klam, bemüht, möglichst ruhig zu erscheinen. »Nach dem Vor gefallenen ist selbstzedend alles aus zwischen uns. Jch bin schändlich be trogen. Hier ist Jhr Nin , geben Sie mir den meinen zurückl« chloß sie mit steigender Heftigieit Der Kandidat hatte sich erhoben und strich mit der Hand über seine feuchte Stirn. Er war blaß, aber vollkommen ruhig, wähernd Liesbeth wie versteinert dastand. Sind hin mai-non nun n- lcnds To. «--».- - -s »s- --- - Inv-, I daß auch ein Anderek zu Worte kom men tann?« fragte er »Wir sind: mit Ungehörigteiten überhäuft wor den, warum, ist mir unklar· Jch fiel von der Treppe und habe mir die« Stirn zerschlagen, und Fräulein Han sen war so freundlich, mir kalte Um fchläge zu machen. Das ist unser ganzes Verbrechen. Sie haben mithin absolut keinen Grund, sie »stante pede« vor die Thür zu setzen, meine Gnädige. Gehen Sie in Jhr Zim mer, mein Fräulein. Morgen werde ich Jhnen bei einer Verwandten von mir Logis besorgen.« Liegbeth entfernte sich wortlos. »Ein-as Vernunftiges hat Klara heute Abend aber doch geäußert,« fuhr er sodann fort; »nämlich, daß alles aus sein muß zwischen ung. Jch habe schon längst eingesehen, daß eg für uns beide besser wäre, und hätte ich gewußt, daß das Fräulein ihre Bräu tigams wie Handschuhe wechselt, und daß ich die Marcke »No. 4« getragen, so hätte ich sie schon lange ersucht, sich nach einer höheren Nummer umzuse hen. Jch passe für ihre Hand nicht. Hier ist mein Ring. Daß ich zugleich mein Zimmer kündige, ist ja wohl selbstredend, meine Gnädige. Und nun dürfte uns allen Ruhe noth thun. Gute Nacht.« Frau Rambet murmelte etwas Von Uebereilung, Mißverständnisz u. s. w. »Gute Nacht, gnädige Frau.« wie derholte der Kandidat talt und verließ das Gemach. »Da ging der Vierte!« rief Klara weinend. »Das ist Deine Schuld, Martia. Es hätte alles wieder gut werden können, wenn Du ihm nicht meine alten Bräutigams aufgetischt hättest." Am nächsten Tage verzog sowohl der Kandidat als Fräulein Hausen. Der Erstere miethete ein Zimmer in einem Vorort, während Liesbeth bei einer seiner Tauten, einer freund tichen alten Dame Pension sand. Der Kandidat kam oft dorthin und fand das junge Maocyen jedesmal liebenswürdiger nnd anziehender. So lange er mit Klara vertobt gewe en, war es ihm nicht eingefallen, i gend welche zärtlichen Gefühle für Liesbeth zu hegM,--doch seit-Frau und Fräulein Nambet ihm diese Eventualität vor oemonitrirt hatten, begann auch er sie nicht sitt unmöglich zu halten. Und eines schönen Abends fragte er Lieg-: beth, ob sie Frau Stein werden wolle, und das wollte sie von Herzen gern. Bald daran erhielt der Kandidat eine Anstellung an dem Gymnasium einer Provinzialstadt und etwa ein halbes Jahr nach dem verhängnißvoL len Ereigniß mit der Apfelsinenschalel las Klara Rambet eines Morgens un ter der Rubrik »Verehelicht«: ,,Gnn1 nasiallehrer Albert Stein und Elisa beth Hansen.«« Die Hochzeit wurde in aller Stille bei der Tante Stein’s gefeiert. Beim Dessert wurden Apfelsmen servirt. i »Daß Du mit aber keine Schale zu ; Boden fallen lässest, Liesbeth,« scherzte der Bräutigam. »Bewahre, das könnte wieder ein Unglück geben« »Ein Unglück? Jch dächte, uns hat es nur Glück gebracht.« »Ja, Du hast recht. Wie wunder bar sind doch die Wege des Geschickes!« sagte sie danlessroh. »Nicht wahr? Und der Weg zum Gliick kann sogar über eine Apfelsi nenschale führen.« ——-. Unter unwiderstehlichem Zwang· Von Richard Deinmler. »Jgnich,« sagte der jüngste Konzi pient Heller am untersten Ende des Juristentischeg, dessen Gesellschaft sich cillabendlich im ,,Gsoldenen Löwen« zum Viere einsam-. Man «fachssim pelte« natürlich, war aus ,,mildernde Umstände« und so auch aus den »un Ioidersteblichen Zwang« zu sprechenng komme-u »J"s nich«, sagte Richard Zeller nochmals in jenem näselnden, schnoddriacn Ton, den er siir beson Vers »sein« hielt; er zoa dabei krampr haft sein Miniatnrbärtchen in die Höhe, und stieß den Rauch der Ciga rette aus zum Kreise geöffnetem Mund als kleine Ringel in die Lust. »Nein, wirklich, in den meisten Fällen herrscht ja doch ein moralischer Desett :«,-:r,« wandte auch Doktor Horn ein« eine-.- der älteren Herren, mit ei nem smnpathischen, liebenswürdigen Gesicht, »daß ein ganz normaler, ver nijnlstiger Mensch Von Charakter ein vcritables Verbrechen begehen wiirde, init dem Milderuitgsgrund ,,unwider stehlicher Zwang«, das ereignct sich Loch not-lob nicht nllmnftsp » »Aber doch manchmal,« warf der Staatsanwalt Baron Kuttos eite, während ein leises, lustiges Lachen wie Sonnenschein sein gewöhnlich sehr ernste-s Gesicht erhellte. »Ske sagen das so sonderbar, Herr Staatsanwalt, als hätten Sie Jhre besonderen Erfahrungen?« »Hab’ ich auch!« »Sie altenbem daß ——- ——-« »Ein Mensch ohne moralischen De— fett, ganz niichtern und verniinstia, ein Verbrechen begehen tann —-—ja,da-Z glaube ich allerdings; inebr als da-« « ich weiß es!« »Ein Verbrechen?« »Na, Gott, meine Herren, keinen Mord, obwohl ich auch den Fall fiir nicht ans-geschlossen halte -—-— aber im merhin ein Verbrechen nach den Para araphen unseres Gesetzbuches Jch will Ihnen mal die Geschichte erzäh len, sie macht mir heute noch Spaß. Jch stand damals —--seg ift schon lange her ----sani Beginne meiner richterlichen Laufbahn, ein bischen Heißsvorn, strean im Denken, rasax im Urtheil wie unsere jungen Herren da unten.« Sein lustiger Blick streifte Heller, der sehr interessirt zuhörte. »Ich war jung rerheirathet, sehr verliebt und ver brachte meinen Urlaub mit meiner Frau iu einer herrlicken Gebirg-Z aegend. Der Sommer war auch prachtvoll, fast zu heiß unt trocken, und wir unternanmen täglich Aug flöge in die herrliche Umgegend. Meine Frau wir'sehr jung und sehr zart. Sie hatte im Winter eine böse Jnflnenza lebet-standen und der Arzt warnte mich nor Eriältungen Sie selbst war noch ängstlicher als ich, und so schleppten wir trotz der Hitze getreulich Mantel und Sturme auf all unseren Wegen n:it, natürlich immer unniitzl Es wurde weder tiibl -—— noch regnete ed. Endlich trat mir das Mitschleppen denn doch zu dumm. Eines Sonntaas, wir hatten eine iiinaere Fußwande: rnng ch, der Himmel war wolkenlos, erklärte icb lateaorisch wird heute der Ballast ’n::.l zu Hause gelassen! Alle »wenn nnd aber« meiner kleinen Frau blieben wirkungslos An einem bis chenReaen wird man schließlich auch noch nicht zu Grunde gehen, wenn einer krnunt, aber er kotnmt nicht. Meine Frau fiizite sich. Sie trua zu all unse ren Partien das Dirndlgetoand der Baubernuiiidchem kurzen Ziattunrork und Ell-Fieber, weiße weite Leinenärmel, Buseiituck, Schürze und großenStrohs but. Sie sah allerliebst aug. Lufkig traten wir unsere Tour an. Gewitter im Hochgebirge sind beim tiickischx die Wolken lauern hinter den hohen Bergen, ein Windstoß jagt sie hervor, und ehe man noch recht über legen kann, hängt Alles voll schwerer, schwarzer Nebelfetzem ein Orkan bricht los-, ein Wollenbrus.t) stürzt nieder, es blitzt und donnert —- und nach einer Stunde oder zwei. als wär’s ein toller Spuk gewesen, ist Alles vorüber, der schönste blaue Himmel lacht den armen durchweichten Tquristen aus. Mitten am Wege, weit und breit keinerlei Uiiterschlupf. eine Stunde entfernt non der nächsten Bahnitation, überraschte uns so ein nnertvartetes Gewitter. Ein tvoltenbruchartiger Re gen ging nieder, dein wir preisaegeben waren, denn wir mußten einfach wei tetgehen, hatten nichts zum Schutz, als den rothen Sonnenschian meiner »Frau! Als- wir das kleine Bahnhoss restaurant erreichten, boten wir'einen crbarmunaswiirdigen Anblick; wo wir standen, lsildeten sich kleine Seen. Da bei will ich von mir nicht sprechen; nrein joasserdichter Lodenroch hielt nohl das Gefühl der dampfenden Feuchtiakeit nicht ab, aber doch die effektive Rüsse. Meine kleine Frau indessen! Vollständig aus-winden und zum Trocknen aufhängen! Ein anderes Mittel aab es nicht! Aber wir muß ten fort! Der Zug, der in fünfzehn Minuten vorübertam, war der letzte, irir hätten in dem Neste sitzen bleiben( müssen bis zum andern Morgen. Der Gedanke, in einem der wenig einluden den Bauernwirthshäuser zu übernach ten, jagte meiner Frau Entsetzen ein, und außerdem, meine Schwiegermama erwartete uns Abends zurück, sie war so überaus ängstlich« ein Telegramni, daß wir nicht heimkämen, würde sie zu Tode erschreckt-n —- nein, wir mußten fort! Aber meine kleine Frau in dem Zustand? Sie mußte sich erkläten. »Weißt Du, Carlo,« sagte sie halb lachend, halb schmerzlich, ,,alles Andere macht nin gar nichts-, nur die nassen AerrneL die mir so an den Armen kle ben! Tas ist gräßlich! Wenn ich nurl zwei trockene Tücher hätte, mit denen i«.b mir die Arme umwinden könnte-, daß dass Zeug nicht Co direkt aufliegt!« Tücher! Herr des- Hiinrnels, wo nimmt man in einem kleinen Bahn bofsresiaurant Tücher her! Die Wir tiun bitten! Ja, das wollte ich! Da wurde Zum Einsteigen gerufen. Unser Zug-. nnir mußten fort! Aber meine Frau anderthalb Stunden mit-den nassen Izlcrmeln im Conpee sitzen — ihr Tod konnte das seir.! Was thun? Da der liondukteur ruft: »Einsteigen!« Der Kellncr ist gerade auf dem Person, wir find allein —-- -— --— Zum Sernietk tenkorb stiirzen, zwei Servietten er greifen, meine ganz bestürzte Frau packen, zum Wagen zerren, ssie ins Coupee schieben —— das Alleg- war das Wert einer Sekunde Der Zug setzte sich in Bewegung, außer Une« war Niemand im Coupee gebliebe::. Jch wischte mir den Schweiß bon der Stirne, schob dann ; meiner nie erstarrt dasitzenden kleinen ; Frau ganz ruhig die nassen Aermel in die Höhe, bandagirte ibr die Arme ganz regelrecht mit den trockenen Ser riettten und ließ mich dann erschöpft in die Kissen fallen. »Carlo, Du hast gestohlen!« stöhnte meine Frau. Jch lachte Jaivol)t, ich hatte gestoh len, da gab’s gar nichts-! Jch hatte einen Augenblick des Alleinseins be nützt, um mir u:1r-:chtniäßig fremdes Eigenthum anzueignen --— das- stimmte auf ein Tiipselchen! Aber —--- der Un lriderstebliche Zwang! Meine Frau inußte die trockenen Tücher haben, mir blieb keine andere Wahl. Mein Plai dener beruhigte meine Frau bald, wir lachten weidlich dariiber, daß der Hiiter des Rechts ein ganz gewöhnlicher Ser viettendieb geworden, denn das war ich doch, dariiber gab’s gar keinen Zwei sel. Wir haben am anderen Tage die Eervietten vünltlicb zurückgeschickL und meine Frau verurtheilte mich lebenslänglich zu Ueberroct und Schirm —— als Sühne Ich habe aber seitdem oie Macht des »unwiderstehli eben Zwanges-« respektiren gelernt. Am Vorabend der Schlacht von Schar-. Jn einem demnächst in Paris er scheinenden Buche »Notes et Sonde nirs« berichtet der bekannte Oberst Ch. Corbin über eine ebenso interes sante wie bedeutunggvolle Episode im französischen Hauptquartier am Vor «c«--)- k-- HEXE-Js- ksps C-h«» Es kM »I- ·, VI »Hu-· »» ppppp kein großen Saale der Unterpräfektuscl saß Napoleon der Dritte in der Uni form eines Divisioiisgeneralss vor einem mit Brit-sen und dechiffrirten Depeschen bedeuten Tische und lies; zerstreut seine Blicke über ein-e Karte sakweifein die ausgebreitet vor ihn-. lag. Trotz der scheinbaren Gleichaiil tigteit und Ruhe vermochte er doch nicht den Ausdrucks tiefen feelifchen stumm-ers zu verbergen, der seine kör Perlichen Leiden nur noch unerträg licher machte. Von düsteren Gedanken röllig erfüllt, in der Hanid eine erlo fchene Zigavette haltend, blickte er theilnabmslos auf seine Umgebung, die sich nur im Flüstern-ne zu unter kialten wagte. Die wenigen Lampen, die in dem aroßen Saale brannten, warfen ein bleiche-s Licht auf die fah len Zijae des französischen Kaisers. In seiner Nähe befanden sich seine Adjutanten Castclnau und Ney, ans dere Generäle standen zerstreut im Saale umher, als ein Ordonnanzofsii zier eintrat und mit leiser Stimme dem Kaiser einige Worte sei-ate, die dieser mit einem leichten Kopinielen erwiderte. Daraufhin traten etwa zehn Generiile ein, an ihrer Spitze Mars-Mahom dann Ducrot, FetDouaL Wimpfien, Lebt-un, Foraeout u.a. Nachdem Napolcon sie zum Sitzen ein-— M geladen hatte, wandte er sich an Mne Mahon und sagte ihm, daß et die Verhältnisse fiir sehr ernst halte und lrohl wisse, das; die Entscheidung dec Liirieges nahe. Trotzdem wolle er nicht wieder den Oberbefetkl ergreifen- (den er dem Marschnll abgetreten hatte), aber er bitte ihn doch, ihm seine Auf sassung der Lage mitzutheilen und die Pläne, die er fiir die Fortsetzung des Lriegecs und fiir die bevorstehende Schlacht ergriffen·habe. Mit sichtlicher Anstrengung hatte Napoleon gespro chen und seine anfangs laute Stimme endete völlig tonlos. Als dann Mac -tahon seinen Schlachtplan entwickelt hatte, der mit der Aussicht auf einen völlig-en Sieg endete-, bemerkte der Ziaisen »Gott möge Jhre Hoffnungen erfüllen ——« aber sein Gesichtsausdruck verrieth daß er nicht mehr daran glaubte. Als sich daran die Ver sannnlung erhob. um sich zurückzu ziehen, hörte man plötzlich aus einer Ecke des Zimmers eine bittende Stim xnerufem »Gnade, Sire!« Zugleich sdrängte ein junger Osfizier die ihn nmgebenden Generäle zur Seite und suchte an den Tisch des Kaisers zu ges langen. Napoleon sah erstaunt anf, als er die Stimme vernahm, und er blickte einen ausgezeichneten Kavalle rieoffizier, den er wegen seiner hervor ragenden Fähigkeiten außer der Reihe zum Schwadronschef ernannt hatte. Tief erregt stand der junge Offizier ror ihm und sagte, daß er sich der Tragweite siner Disziplinlosigkeit wohl bewußt sei; er wisse, daß ein -kriegsziericht über ihn zusammentreten werde, er selbst werde es beantragen, aber unbekümmert um alle Folgen flehe er den Kaiser noch einmal an, ihm Gehör zu schenken. Mit angst lichem und gespannten Erstaunen hatte der Kaiser ihm zugehört und gab ihm dann die Erlaubniß, zu reden. Und nun setzte ihm der junge Ossizier aus einander, wie das französische Heer der fitrkbtltarsien Katastmhlie entom-n gehe, da der Angriff der Deutschen zweifellos in aller F"riihe««ersolge, um dem von langen Märschen erschöpften Feinde keine Zeit zur Ruhe und zur Erholung zu gönnen. Keine siebzigtau send, sondern zweimalhunderttausend Deutsche hielten die umliegenden Höhen besetzt, denn nicht nur die Ar rnee des Kronprinzeu, sondern auch die zweite Armee stehe vor Sedan und der König von Preußen befinde sich an ihrer Spitze. Und neben der nn merischeu Ueberzahl besäßen die Deut schen auch jene frohe Siegeszuversicht, die deu Sieg verleihe. Um diesen Vortheilen in der Hand eines furchts baren Feindes entgegentreten zu kön nen, intisse das iranzösische Heer we niastensks gute Stellungen inne haben, aber diese Stellungen besäße das Heer nicht. Bei aller Verehrung fiir den YJiarseh all, unter dessen Fahnen er sich kir ersten Lorbceien in Der Krim ge holt habe, und dem er in kindlicher Treue anhänge, müsse er dem von ihm entwickelten Kriegsplan doch wider sprechen. Als Knab-e habe er in Se dan gelebt, sei zweimal als Offizier dorthin Versetzt worden. keine Terrain falte, keine Hecke, kein Baum-—niehsts sei ihm unbekannt geblieben und alle natiiriichen Vortheile seien in preußi schen Händen· Mit fteigender Unge duld hatten die Geueräle ihm zuge hrt, Wimpffen lnurrte mit halblauter Stimme, aber doch deutlich genug, um gehrt zu werden, daß er nicht zue Armee gekommen fei, um sieh voi: einein Schwadronschef Vorlesungen iiber Siriegswissenschaft halten zu las sen, aber MacMahIn rief ihm zu, den Offizier reden zu lassen, wenn der Kaiser es gestatte, da eine solche Geländekenntniß dem französischen Heere nur von Nutzen sein könne. Und während der Kaiser dem Marschall beistimmte, entwidelte der junge Ritt meister in feurigcr Rede die Vortheile, die ein Rückzug nach Mczieres bring-en werde, und schloß in tiefer Erregung, während der Kaiser ihm gnädig die Hand reichte. Dann wandte sich Na poleon an Mac Mahon und fragte ihn um seine Ansicht Der Marschall mußte zwar zugeben, daß die eben erst ins Inihmnk einnesiiekten vaven miide nnd erschönft seien, betonte aber auch, daß jede Veränderun ihrer Stellung zu so später Stunde große Unordnung nach sich ziehen werde und gab wiederholt der Zuversicht Aug drurk, daß die drohenden Schwierig keiten nnd Gefahren wohl zu überwin den seien, wenn jeder seine Pflicht thue. ,.Möge der Kaiser entscheiden Wenn er glaubt, daß die neuen Vor schlage den meinen, die auf einer we niger zjenauen Kenntniß des Geländer beruhen, vorznziehen seien, so werde ich sofort die nöthian Befehle geben nnd ihre piinktliche Befolgung so viel an mir liegt, wird gesichert sein« Dann wandte Mac Mahon sich zu den übrigen Korpsiommandantem die sich schweigend verneigten, und fiigte hin zu: »Diese Herren denken wie ich, ihr Gehorsam ist dein meinen gleich. Der Kaiser möge besehlen, wir folgen ihni.« Napoleon ließ aus diese Worte Machtahons hin seinen Kon in di: Hand sinken und eine Welt von Ge danken schien ihn zu durchstiirmen. Dann sagte er: ,.Lieber Marschall, lassen Sie die Dinge wie sie sind« . .. — w Daß China eine Million Soldaten aus-bilden läßt, ist nicht wunderbar, wohl aber, was es mit ihnen zuerst anfangen wird. III Il· sit Das Jdeal der Ente ist nicht der Schwan, sondern der Enterich.