W Jm Conslikt. ! VonheleneMarr. Vier Wochen lang war ihr Stüh spen, war ihr Herz von eitel Sonnen ranz durchfluthet gewesen, der um das elende Haupt des Entelkindes gespielt und die theuren Züge der Tochter ver klärt hatte, und ihr Mutterauge hatte sich nicht sattsehen können an den lie ben Gestalten. Aber dann kam der Abschiedsmor gen. Seitdem breiteten sich die Schatten der Einsamkeit wieder düster über ihr heim und über ihr Herz, und die Son nenstrahlen vermochten nur verstohlen » und flüchtig mit durch die abgegrissene Thüt zu schlupfen, wenn der Posthote einen jener kleinen Vriese abgab« der den Stempel des norddeutschen Hasen siiidtchens trug. Immer sehnsüchtiger wurden ihre eigenen Briefe, immer heißer las man dasckniihsam unterdrückte Verlangen -- nach Kind und Enkelin zwischen den Zeilen. Da faßte die junge Frau sich ein sei-. . .. »Fun, konnten wir die Mutter nicht zu uns nehmen? Sieh, ich habe euch, aber sie ist so einsam und leidet schwer ; unter der Trennung.« Fritz, der norddeutsch-wortiarge s Mann, der ohne viel Aufhebens zui machen, Frau und Kind mit seiners ehrlichen, starken Liebe umschloß, ; schwieg einen Augenblick betroffen. E »Meinst du?« fragte er dann klein laut. Als er aber in die slehenden Augen seines Weibes schaute sagte er guther zig in seiner gleichmiithigen Weise: «Laß sie nur kommen, Käti. nur — mehr Haushaltsgeld könnte ich —- bei ; dem schmalen Beamtengehalt. Aber das wußte Käti ja, und dessen bedurfte es doch auch gar nicht, — die 1 Atllcth UU ju lluc Ists clll IOUHILWUU In überquellender Dankbarkeit flog sie ihrem Fritz um den Hals. Die Antwort der Mutter aber war ; ein einziger Jubelschrei. »Ich ziehe zu meinen Kindern!" verkündete sie mit so viel Glückselig-! keit in der Stimme daß es klang. als l jage sie geradewegs-: Jch ziehe ins Pa- ! radiest Selbst gelegentliche, wohlgemeinte Bemerkungen: »Ach, wenn das nur gut geht!« — »haben Sie es auch genau iiberlegt?«——»Alt und jung paßt nicht zusammen!« vermochten ihre zuver fichtliche Freude nicht zu dämpsen. ; Warum sollte das nicht gut gehen? T —- Sie wollte doch keine Rolle spielen in dem jungen Haushalt, nichts besser wissen, keinen Rath aufdrängem — nichts als ihre Lieben lieb haben und bei ihnen sein! Nie hätte Frau Sabine Franzius » gedacht, daß ihr der Abschied von der " Heimath, von denBetannten und ihren » alten Kunden so leicht werden würde. « Aber hatte sie nach des Gatten frühem Tode nicht nur für ihr Kind gelebt, gearbeitet, gestrebt, für ihr einziges zu ; dem ihr Herz sie jetzt zog mit zwingen- ; der Gewal t? Fünfundzwanzig Jahre lang war sie in die guten Häuser der tleinen Stadt tagaus, tagein zum Flicken und Nähen gegangen, hatte die junge Ge- i neration heranwachsen und die alte: nach und nach von hinnen gehen sehen. ’ Wirklich, man konnte sich die Stadt j nicht ohne das fleißige Binchen den-« ken, das, mit der kleinen Ledertasche am Arm, die Fingerhut, Schere und Nadelbuch barg, früh Morgens und spat Abends durch die Straßen eilteJ freundlich hierhin und dorthin grü send. Und nun hielt sie ihren Einzug im neuen Heim! Jhre kleinen Erspar nisse hatte sie mitgebracht, die sollten die Kinder haben. Immer wieder ruhten ihre feucht schimmernden Augen aus Kätis strah lendem Gesicht, als Mutter und Toch ter bemüht waren, die Habseligteiten, von denen Binchen sich nicht zu tren nen vermocht, in dem aeriiumiaen Ge- - mach unterzubringen, das in ihrer Kinder Behausung für sie bereitstand. »Sogar die liebe, alte Zuckerdose hast du mitgebracht,« Iubelte Käti. »wie köstlich die an die Kinderzeit ge mahnt! O, du mein einziges Mut terchen« daß ich dich nun wieder habet Das soll ein Leben werden! Wie du « mir mit deiner Liebe die Kinderjahte Iertlärtest, so will ich dir jetzt dein Alter verschönen! Nein, beim besten Willen, allein könnte ich es nicht, —; « . Das da muß mir helfen!" Das da! Großmutters Singvögek chen, ihr Sonnenscheinchen, sür das die alte Frau in überströmender satt lichteir immer neue Kosenamener and, das Kind mit seiner anhänglichen Lie be würde es schon können. « Als Fritz am Abend nach Hause "tam, schaute er in lauter glückliche Ge sichter, und er selbst war auch ausge tiiumt und gesprächig. So friedlich und glücklich verstrichen die WITH-M Binchen vermeinte wirk lich im Paradiese zu sein. . Manchmal empfand Frih es aller W.«st.ätend, ein steundliches Gesicht aufzulesen ein packe höfliche Worte zu n, wenn er müde und abge nat nach hause sam; doch wenn an solchen Tagen die Anwesenheit tu alten rau etwas unbeauem zu W dr te, klangen ihm noch die» Mase- Borte Kätis an Btnchenz : Max in den Ohren: »Sei gut; Muth-e Mutter, ris; was du ihr ; thust, dastlzn du mir!" i m Gewiß, das wollte er ja auch, er hatte doch seine Käti lieb. Abends pflegte sie sich neben ihn zu segen, sobald er sich in dem weichen Sorgenstuhl im Hintergrunde des Zimmers ausstreckte. Das Kind spiel te um die Eltern herum, bis Käti es zu Bett brachte. Dann nickte auch Fritz ein wenig ein, oder er sah seiner Frau aus die fleißigsn Finger und hatte ab und zu ein freundliches Wort auf ihr munteres Geplauder, bis er sich in das Abendblatt vertieftez dabei hatten sie sich sehr behaglich gefühlt. Ein Freund vieler Worte war er nie gewesen, aber daß er so ein stummer, stumpfer Geselle, das fiel Käti eigent »lich erst letzthin auf. »War der Fritz immer so schweig sam, oder ist er es erst, seit ich hier bin?« fragte auch Binchen nach ein paar Monaten etwas ängstlich. »Er spricht nie viel, aber er meint es doch gut,« versuchte sie die Mutter zu beruhigen und ihren Mann zu ver theidiger » obgleich sie seine Verstim mung, sein ernstes Wesen täglich brüt tender empfand . Unmerklich war es gekommen, daß er so anders geworden, als sonst. Je « wortiarger und zurückhaltender Fritz ward, desto gesprächiger und herzlicher wurde Käti, als wolle sie an der Mut ter wieder gut machen, was er ver säumte. Voll Interesse lauschte sie auf ihr Geplauder und staunte über alles Neue, das sich in den Betanntenireifen derHeimathstadt seit ihierAbwefenheit zugeiragen Für Binchen iniipfien sich liebe Erinnerungen an- die kleinen Berichte, fiir Käti waren es Heimaths kliingr. Häufig sprachen die beiden Frauen allerdings nur, um das unfreundliche « Schweigen zu brechen, und hatten oft, . aber immer vergeblich versucht, Friß in die Unterhaltung zu ziehen· Er blieb theilnahmslos, spielte mit" dem Kinde und lag, wenn es zur Ruhe gebracht, blaue Rauchwolken vor sich hinblasend, unbeweglich in seinem Lehnstuhl. Es war von jeher nicht seine Art, rückfichtsvoll und duldsam zu sein, aber Käti hatte ihn lieb gehabt, so wie er war. Sein geradez, ehrliches We sen, sich ohne Verstellung zu geben, ost selbst auch aus Kosten der Höflichkeit, war ihr immer als ein Zeichen der Männlichteit erschienen; was hätte sie jetzt jedoch darum gegeben, hätte er der Mutter gegenüber wenigstens eine Zu neigung vorgegeben, wenn er sie in Wirklichkeit nicht empfand. Warum that er es nicht? Sie kannte doch das gute Herz unter der rauhen Schale, das so warm siir Frau und Kind schlug! Für Frau und Kind, aber nicht fiir die alte Frau, die Kätis Mutter war! Kann man Liebe und Sympathie erzwingen? Mußte er sie täglich um sich haben, die Gesellschaft seiner Lie ben mit ihr theilen, nur weil jene durch die Bande des Blutes mit ihr ver iniipst waren? sragte er sich immer häufiger beim Anblick des kleinen, un schiinen Altfrauengesichtes, und er ver bisz sich in eine immer erbitterte Stim mung mit dem ganzen rücksichtslosen Egoismus des Mannes. Der leicht süddeuische Dialekt, den « er bei Käti stets bewundert hatte, siel ihm in Binchens Munde geradezu aus die Nerven, und, war es Eisersucht, war es einer der unbegreiflichen Wi dersprüche der menschlichen Natur: je mehr Käti ihn mit ihren bittenden Augen zu zwingen versuchte, desto un erträglicher ward ihm der Mutter bloße Gegenwart-. Er hatte gewiß das Gute gewollt; aber wer kann siir seine Gefühle? Steht icht schon in der Bibel ge schrieben: ;,Das Weib soll Vater und Mutter oerlassen?« mcos Ins Zi- «;- III-I-« -"-;-I« -:-k . U . »s, bssi U I- blcs ·« er vorwurssvolL als Käti Thränen · vergeß. ,,Laß nur erst den Frühling kom men, Fritz! Du weißt, Mutters Zim mer läßt sich nicht heizen, sie würde sich ; ost gern zurückziehen. Ach, sei gut zur « Mutter!« flehte sie. ,,Niichst dir und dem Kinde ist sie doch mein Liebstes aus der Welt, und so brav und sein siihlig ist sie und hält so viel aus dichl« Jn Angst und frommer Täuschung T beruhigte sie auch die Mutter und ver sicherte sie, daß der Fritz sie hochschiitze, ·" wenn er es bei seinem einsilvigen We- L sen auch nicht zum Ausdruck zu brin- . gen vermöge. « Und die alte Frau zwang sich, Fri- . tzens Unsreundlichteit zu übersehen, I u«nd Fritz machte immer von neuem vergebliche Bemühungen, eine wohl- « wollende Gesinnung zurSchau zu tra gen. Binchen hatte gleich nach ihrem Einzug begonnen, sich im haushalt der Tochter nützlich zu machen. Sie nähte, kochte und haniirte herum mit so viel Freude und Lust. Aber dem Mann schien der Bissen im Munde stecken zu bleiben, als Miit ahnun slos vollStolz erzählte: »Den te hat ie Mutter-das Mahl bereitet!« Binchen sah es. und von da an glautite sie, auch wenn sie nicht hin schaute, Frisan Blick zu spüren, der zu sragen schien: Fühlst du denn nicht, daß du mir im Wege bist? Der Frühling, der Sommer kom. Da hatten sie sonst an Sonntagen und linden Abenden weite Spaziergänge . miteinander gemacht, und nun? Blieb Binchen zu Haus, so konnte Miit nicht fröhlich sein. Ihre ttese W Kindesliebe ahnte, wußte, daß die Mutter in die en Stunden desAlleinss seins ihr bitteres Weh ungesehen aus weinte. Schloß Binchen sich, von Kätis Bit ten bestürmt, ihnen an, so blieb Fritz schweigsam und undurchdringlich, und zwei tiefe Falten gruben sich in seine sinstere Stirn. O, wer es doch hätte begreifen tön nen! Wie war es möglich, sie nicht zu lieben, diese trauteste Mutter, die Kä tis vertlärenden Tochteraugen noch oon all dem Liebreiz umflossen schien, in dem sie sie seit den Kindertagen ge schaut. Nur ein Wesen war glücklich in die sem Widerstreit der Empfindungen, das Kind. Das Kind, das sie alle mit der gleichen Zärtlichkeit umschlos sen, das alle drei smit der gleichen Lie- « be beglückte. Die früher harmonische Ehe erlitt immer häufigere Vetstimmungen, und es kam der Tag, an dem die alte Frau sich nicht länger mehr verhehlen konnte, daß ihr Kind unter dem steten Zwiespalt litt, tief und schwer. »Ich will heim!« damit brach Bin hen endlich den Bann, als sie mit der Tochter allein war. »Nein, weine nicht, Miti, mache es mir nicht schwer, vir Zwei wissen doch, was wir einan der sind. —- Bielleicht erlaubt der Fritz von Zeit zu Zeit, daß ihr mich ivie damals besucht. Ach, was fiir eine sonnige Zeit das wart« »Mutter, fort willst du? Fort von mir und dem Kindes« stammelte Käti in leidenschaftlichem Schmerz. »Das Kind! Das Sonnenschein hen!« Die alte Frau preßte die Hän de aufs Herz. »Sprich mit ihm ( manchmal von mir — hörst du, Kätis —, damit es mich nicht ganz vergißt.« »Mutter!« schluchzte die junge Frau. »Mir wollen start sein, Kind: meint rltes Herz kann so viel Aufregung-T nicht vertragen, da pocht es immer so laut und hart. Sieh’, wir diirsen ruch niemand anklagen; es gibt Ver hältnisse im Leben, die auchder beste Wille nicht bezwingen kann. Dein Mann hat dich und das Kind lieh, nun stört ihn die alte Frau in sei nem Glück. Was könnte ich ihm auch lein?'« . »Meine Mutterl« Alles seit Monaten im Herzen ver chlossene Leid brach hervor, klang aus n diesem vorwurssvollen Aufschrei. Lange lagen Mutter und Tochter sich in den Armen, und Binchen fand "o versöhnende, so linde, tröstende Worte, wie in Kätis KinderzeiL Zum ersten Mal ward es der alten Frau oieder warm und friedlich ums Herz, ind ihre ruhige Heiterkeit besänftigte ndlich auch Kätis heißen Schmerz. »Nach Tisch pslege ich ein Stünd hen der Ruhe, dann packen wir; und nein Kind ist tasser und macht der al en Mutter das Scheiben nicht schwer. Zott segne dich sür alles, was du an nir getan!" Ja. sie wollte tapfer sein; sie hatte 7ie Mutter zu lieb, um eine Verlänge rung des Martyriums zu wünschen. »Die Mutter will heim,« begann sie nit einer Stimme. die sest sein sollte md doch von verhaltenen Tränen zit crte, als Binchen sich nach Tisch zu rückgezogen hatte. »Heim?« fragte Fritz erstaunt. »Ja, in ihre Heimath. Es ist auch Das beste.« »Jn.khre Heimath?« wiekerholte er tngliiubig. »Nun ja! Findest du das so wun )erbar?«.brachte Käti mühsam hervor. »Aber das ist doch Unsinn, das ist wch nicht ihr Ernst, darüber läßt sich oohl noch reden!« Jn diesem Augenblick hatte er inni xes Mitleid mit der alten Frau. Kkiii wollt- midersnkskbpn ab» M- . Thriinen schnürte-i ihr die Kehle zu. Sie fielen auf des Kindes blonden Kons, das sie zur Nachmittagsruhe ins Lebengemach trug. « Dann saß sie still bei ihrer Näherei. un Fritz nicht zu stören, der die Au ien geschlossen hielt und zu schlafen "chien. Aber bald entsank die Arbeit hren Händen. Konnte sie ihn noch lieben, ihn, des "en Lieblosigteit die Mutter sorttrieb? Jhre tkiränenfchweren Augen blickten nüde hinaus in die grüne, flimmernde Brucht, irrten hilflos im Zimmer um vHer und blieben plötzlich haften auf Dein Frauenbilde im Goldrahinen an Der Wand, das die Sonnenstrahlen imspielten, dem Bilde seiner Mutter. Sie hatte die sriih Verstorbene nicht Jersönlich getannt; aber unsympathisch vie das Gesicht mit dem energisch "elbstbewußten Ausdruck, schien ihr je )er Zug dieses Frauencharatters, trotz Der Schilderung des liebenden Sohnes. Und nun zu denken, daß sie mit die ser Frau in engster Zusammengehörig lett hätte leben, die Liebe ihres Man nes, des Kindes hätte theilen sollen, würde sie das vermocht haben? Sie, das Weib, das da gewohnt ist, Dpfer zu bringen stir seine Liebe, viel leicht? —- nein, gen-ißt Sie würde in der ihr geistig und leiblich Fernstehens den die Mutter ihres Mannes, die Großmutter ihres Kindes gesehen und geehrt haben, aber ging das nicht iiber die Kräfte eines Mannesti Da drang Frihens Stimme an ihr Ohr: »Ich kann nicht schlafen!« Schwerfällig erhob er sich und trat In ihrrSeitu Ein wenig zaghast strei helte er ihr da- Haar, und leise bat er .Bergieb mir, Miti. Deine Mutter soll et noch einmal mit mir versuchen.« « Er tiißte ihr die Thräncn von den Wangen, so innig, so gut, wie in ver gangenen. schönen Tagen. »Komm, wir wollen sie bitten, bei ans zu bleiben." Am Ende konnte doch noch alles gut werden! Man glaubt so gern, was« man wünscht, besonders wenn man jung ist und ein warmes, liebende-Z Hero in der Brust trägt, wie Käti. Arm in Arm standen sie vor dem Stäbchen der Mutter und pochten leise, vorsichtig an. »Sie schläft noch!" sliisterte Käti mit ihrem alten, glücklichen Lächeln, als kein Hei-eint ertönte, und sie wand ten sich zum Gehen. Aber nein, etwas Gutes erfährt man nie zu früh! Sacht löste sie ihren Arm aus dem des Mannes und öffnete leise einen Spalt der Tür, nur eben groß genug, um hindurchschliipfen zu können. »Mutter-then! Mutterlit Jch bin es, wir sind es, der Fritz und ich! Wache auf, du Herzliebe!« schmeichelte ihre zärtliche Stimme mit mühsam unterdrücktem Jubel, und ihre Augen umfaßten in heißer Liebe die ruhende Gestalt. Aber dann stieß sie einen Schrei aus so grell, fo bang, so voll Entsehenö daß er den draußen harrenden Mann in ihre Seite zwang Jhre freudestrahlenden Augen hatten auf ein wachsbleiches Angesicht ge schaut, ihre behenden Hände eisigialte Wangen geliebtofi. »Ein Herzschlagk tonstatirie der herbeigerufene Arzt »Doch heimgegangen!« hauchten tot «raurig die Lippen der Tochter. Mütterchen. Von J. E. Poriykh. Der junge Paul Maximowitsch Bristorv lebte in Berlin, und seine Mutter im ärmsten Stadtiheile von protvogrudoh Es war eine alte, krumme runzlige Frau, die sich aus Krücken fortdewegte, und die wie eine «ogelicheua-e aussah. Dennoch liebte liaul seine Mutter mit einer oerzeh renden Leidenschaft Sie saß den ganzen Tag in ihrem Irinuthreichen Hinterhauztammerchen, in das sich nicht einmal das Piepsen eines hungrigen Sperlings verirrte. und blickte in ihrer trostlosen Ein samleit über all die Lebeisoitterniß ,in, die sich während fünfundsechzig z: hren in l,r angesamemlt baue. Und Dc war tein Mensch, zwem sie sich cinmal ordentlich aussprechen tonnte. Denn Paulazen war in Berlin, und ihr ältester Sohn Troehim lebte — Denn er überhaupt noch lebte —- in den Bleibergcrerten Sibiriens als Sträsling. Und das lam so: - Trochim wurde während seiner Militarzeit von den Vorgesetzten iiber til-Maßen scharf angepaat, und des-— zalb hatte allmählich ein flammender syafz von seinem ganzen Wesen Besitz krgrissen. Er haste leine bestimmte bersory erschuf sich vielmehr wie alle Menschen, die triztz ihrer großen Wuth in Ohnmacht. verdammt sind, einen maginären Tyrannen, den es umzu jringen galt. Kaum hatte er deshalb sie Kaserne verlassen. als er sich der nihilistischen Partei anschloß; er be ring eine Dummheit iiber die andere, ourde tolltühn in feinen Plänen und Wagnissem biser sich eines Tages er :appen ließ« Ohne viel Federlesen ourde er nach Jrlutsl deportirt, und nan hatte ihm nicht einmal Gelegen sseit gegeben, sich von seiner Familie in verabschieoern Sie durften ihn fiir todt beweinen, denn der Trupp Ver fsannt:r, unter denen sich auch Trochiin besond, wurde zu Fuß durch die große Büstrnei aeichleift. und man loraie. set-on dafiie, dag nicht alle Geh-rand-s" narlten lebend an ihre-n Bestim nungsort gelangten. Kurz bevor das Unglück hereinbrach, var« der Bruder Trochims, Paul Ma isimowitsch Briåtom zum Milliar oienst ausgeboben worden.v Er sollte in einigen Tagen die Garnifon bezie hen, als seiner Mutter mitgetheilt wurde, daß Trochim wegen staatsges fährlicher Urntriebe in die Bergwerke als-geschoben worden fei. Um eine Kor respondenz zwischen Mutter und Sohn unmöglich zu machen, gab man Krag nojarsl als feinen Verbannungsort In. Paulchen, als der nunmehr einzige Sohn seiner alten Mutter und als ihr Ernähre-, hoffte, vom Militiirdienste befreit zu bleiben. Aber als man ihm angesichts seines eben verschickten Bru ders die Aussichtslosigteit seines Ge fnelses klargemacht hatte, Und als er einsah. daß seineMutter, während er dem Kaiser diente, Hungers sterben konnte, da blieb ihm nichts übrig. als sich falsche Papier-e zu verschaffen unb ins Ausland zu flüchten. Der Abschied von seiner Mutter war ein Abschied ans Lebenszeit Es kannte bei einer Beerdigung nicht trauriger sein. - Er liebte seine Mutter über dies-Na ßen. Er hing an ibr wie das Zicklein an dem Euter, und ein Leben ohne feine Mutter schien ihm genau so wi dersinnig, wie wenn man von einem Etsch verlangte, daß er auf deinLan de lebe. Vor lauter Sorgen um the Wohl befand er sich in anhaltendeni Fieber, in ewiger Spannung. Nun ollte er sie bei Nacht und Nebel ver lazserh die Augen nicht metzr wieder se en, die tbeurerem die hande nicht mehr, die sieh fiir ilyn regten; den W Mund nicht mehr, der so einfältig trostvolle Worte sagen konnte. War er einmal über die Grenze gesiohen, dann würde er sie nie wiedersehen . . . niemals wiedersehen. Da saß er nun in Berlin in irgend einer Straße, in irgendeinein Ge schiist Und das Geschäft verlangte, dasz er den Tag Dinge sagte und ver richtete, mit denen sich eine Maschine ebensogut und besser abgesanden ha ten würde. Er konnte darüber zeit weise verrriicit werden Er war kraus Inann, und seine Mutter lebte nun schon drei Jahr-e von dem Gelde, das er ihr schickte-. · Natürlich trant sie auch ein bißchen. Was sollte denn ein Mensch wohl sonst beginnen, der so schrecklich ver lassen war und ans nichts anderes mehr zu warten hatte als aus den Tod? Da nimmt man eben dann und wann ein Schlückchen, und dann koni men aus stillen- Sohlen allmählich alle quten Geister zur Thiir herein. Der rost. der Frieden. der Schlaf —- setzen sich um die Alte herum und verweilen und tauschen dem stummen Monolog ihrer Seele·» Sie dachte nur an das Glück Paul chens, und Paul nur an das ihre. Wenn sie krank war, war auch er irani. iind ließ sie ihm durch den Studenten Peter Eipowlowitsaz mittheiten: »Lie bes Paulchen! Deine alte Mutter lebt und ist gesund,« so schrieb Paul einen tollen Brief voller Purzelbäume und lustiger Schnurren an seine Mutter, einen Brief, ausgetossen wie ein Pojaz und fröhlich wie ein Kind. Er ließ die ganze Welt Kopf stehen in so einem Briefe. So ein Brief war nichts als eine grrße Schaar lustiger Worte, die zusammengestellt einen einzigen großen Jauchzer bildeten· -Bris!ow sprach aber nie mit Je nkand von dieser Liebe zu seiner Mut ter. Eines Tages erhielt er den folgen den Brief: »Lieber Paul Maxima witsch Brissowi Jrh muß anen tei der die traurige tsjiittheilung machen« daß Jhre Mutter im Sterben liegt. Sie hatte sich iiber den Tod Jhreg Bruders Trochim, der ihr eben erst initgetheilt wurde, obschon er schon lange erfolgt war, allzusehr gegrämt Sie geht sehr unruhig in den Tod, im Schmerz darüber, Sie nicht- mehr um armen zu können. Aber sie schickt Jhnen tausend Segen. Man wird sie aus dem Armenlirchhos begraben mitf sen, wenn Sie es nicht ooteiehem das Geld für ein ordentliche-It Begräbniß zu senden. Jch lasse täglich von dem Probst Slovensli sitr ihre Genesung beten. Vielleicht, nsenn Sie sich be eilen, könnte fre- noch die Hände auf Jhr Haupt legen. Jhr allezeit treuer Peter Eipowlowitsch.« Paulchen wars Scheere und Zenti meternraß hin und raste zur Bahn. Er bedachte nichts, er ordnete nichts-, er hatte tein Gepack. Er war wie eine Kugel, die-man hingeschleudert hat, und die ihre gerade Bahn entlang rol äenßmusn bis sie aus ein Hinderniß :ö t. Erst als Paulehen im uge saß, überlegte er, wie er ohne Pr- -gliicllich über die Grenze kommen würde. Aber alle Vorschläge. die ihm seine erhitzte Phantasie machte, mußten vom Ver stande verworfen werden. Der Zug rollte... Paul erduldete viel während dieser Eisenbahnsahrt. Die Räder flogen über dir-Schienen, Städte sausten an seinen Augen vor-« übers-und er saß unthiiria in einer Wagenecke und sah es Nacht werden und wieder Taa——und die Räder rasten noch immer durch die Welt-— --— die Minuten wurden zu Ewigkei ten, und er verzweifelte- keinen Zau bermantel zu besitzen. Die Räder klap perten, aber sein Herz tlopste wie ge wöhnlich. Jn diesem Augenblick lonnte das Schreckliche geschehen under saß L-.L-s-— I- h-- Its-l- -:..-- Ess--s.-t.— lylsbssssl Ill UII UUL loslck LIIsIlIUUIjH suqu mitten in der gottveraessenen Welt und las die Tagesneuigteiten einer Provinzzeitung« unt sich tu zer streuen. Er tatn spät Nachts in Max ra bvwa on. Dort Verließ er den Zug, that so, als hätte er sein Neisezieler reicht, und entfernt-« sich langsam von dem melancholischen Bade-hof. Jn einer Wirthschast. die an der Land straße lag, hörte er noch einige Leute zechenz er ging hinein, bestellte ein Gläschen Branntwein und Thee und suchte sich vorsichtig mit einem jungen Arbeiter anzusreunden, der ihm am meisten ähnlich sah. Paul Max-two witsch setzte ihm durch das rasche Tempo seiner Prosttruse«heftig zu, und als er ihn ein bischen trunken ge macht butte, lockte et ihn durch ein Geldstiick aus die Straße. Er bat den Arbeiter, ihm aus seinen Namen bis morgen einen Neisepasze zu besorgen; er sollte hundert Mart dasiir haben. Er zitterte, als er es sagte. Es trieben sich so viel Spione isier he um. Aber nein, der Bursche wollte icht. Er hätte vor, in sechs Wochen seine Verlobung zu feiern. Pein, er wollte sich nicht in solche Stäntereien einlas sen. Aber — Aberii«. - Er wollte ihn aus einen abseits ge legenen Fett-weg zu bringen suchen, wo er sich geiohrlos über die Grenze schmuggeln könnte. Sie wollten einen Wa en nehmen. Jn drei Stunden: tviir n sie in einein beidetrug sein « und von da hätte er noch eine Stunde den i Bata Lnrzewo. Dann seies n dunkel, und wenn er ein wenig Gl ck t)ittte, und die Posten schliefen. könnte er morgen-Abend bei seinem etwa bsur Grenze und noch zwei Sinn W Mütterchen sein. Paulchen hatte ihm alles erzählt.,« Es war Degen fünf Uhr Morgens alö er die renzposten witterie· sein Htkz sagte ihm, daßer an ver Grenze war. Der Mor en dämmerte schwkt und trübe herausg. Es war liihl nnd neblig und die Posten waren nicht zu sehen· Nun hatte er noch einige hun dert Schritte. Paulchen sog seine Stiefel aus und schlich in «triimpfer. durch die aufgeweichten Wege. Er ging leise und vorsichtig wie eine Rahe Sein Herz pochte gewaltig; aber er dachte jetzt nicht an sich. Er mußte zu seiner Mutter, mußte sie noch ein mal sehen. Er wollte dann mit allem zufrieden -sein,- was- auch über ihn iommen mochte». Kerker... Sibi rien... Biertheilung... es war ihm alles gleich. Es trieb ihn zur Mutter. O, wenn er sie nur noch lebend traf! Es war so weit nach Nowogrudoll Welch ein Gliick, daß es neblig war! Gott stand ihm gewiß bei. Wenn er sie noch am Leben fand, dann wollte er sein Lebenlang fromm bleilsen... nie sein Loos beklagen . . . immer den Ar men helfen . .. »Halt!« schrie es hinter ihm. Er begann entsetzt, in gerader Rich tung weiterzulausem Er wußte gar nicht, wie er über die Grenze gekom men war. Er lief behende. »Halt!« hörte er es- wieder rufen. Der Straßentoth beschwerte sein; Strümpr aber er raste mit dem Blitz um die Wette. Er lief im Zickzack, um der Kugel zu entrinnen, die ihm viel-« leicht drohte. »Halt!« schrie es wieder. und im selben Augenblict zertiß ein Schuß die Stille des friedlichen Morgens. Paul liefundlieh aber plötzlich tnatterten vier oder fünf Gewehre aus einmal . .. Paulchen machte einen Luftsprung und brach zusammen... Als die herbeigeeilten Eoldaienihn empor-hohem lächelte er. »Ich wollte — nur — —- zum — Miitterchen« konnte er noch sagen. Dann verschied er am Meere » Gute Eintheilung. »Wer sorgt sich bei Euch um die Bezahlunx der Haushaltusgstechnum gen? Du oder Dein Mann?« »Unsere LieferantenF Begründete Pantoffeln-echt »...Jnteressirit Du Dich nicht mehr für fdie reiche Wittwe?" »Nein, hab’ zu viel Respekt vor ihr bekommen-: sie lenkt ein sftpierdigee Autornobit!« Bett-must Mutter. »Einer von Euch Jungens hat wird-.- Rosinen genascht. Ich habe die Kerne in Eurer Stute an der Erde gefunden« Junge: »Das war ich aber nicht, Monta! Jch habe die Kerne mit hin unter geschluckt"' Leim Schiene-innern »Wollen Sie nicht wenigstens einen " von den beleidigenden Ausdriieten z:iriicknehtnen?« »Hm... übte das »Kameei« ließe sich reden —- aber den »Schafstopf" nehm’ ich unter teinen Umständen zuriick!« Grob. A.: »Wie soll ich denn Inein neues Witzblatt nennens« B.:" »Ich meine, »Der Trödel !aden.«« A.: »Warum dcnnFm f Its »Weil lauter alte SICH-en darin In .« — Er kennt thu. Junge: »Mutter, heute hat nich der Lehrer gefragt, ob mich der Vater tüchtig prikgeln würde, wenn ich eine schlechte Zeniur mit nach Hause bringe.« Mutter: »Nun, was haft Du da ge sagst-« »Junge: »Ich sagte: »Mein Vater harrt nicht, der weiß auch nüte thut wenn man Prügel betornmt.« Der Istsichttse Verehrer.