W Sommerabend. Liennst du die unsichtbar-e Macht Tes, Abends-, immer lautlos sintt lind aus den blauen Höhn die Nacht Mit ihren schwarzen Augen winkt? — Wenn leig der cllerletzte Ton Jn sammettreicher Lust erstickt, Der nibeitsfrohe Erdensohn Vettlärt aus seine Felder blickt. — I Die Vögel schlafen, ttnd der Wind Die Silbekpappeln siüsternd beugt, Der Mond die stille Stadt umspinnt lind heimlich durch die Fenster änth Dann steif ich in den dunklen Hang, Die Nacht deckt alleWeae zu, Von ferne tönt der Amsel Schlag Und meine Seele sindet Ruh’ . .. Das Wunderbare. Von Valesto Kusikr Nun hatte Lisa Welten ihren Ro man, nach dem sie sich so heiß gesehntk szr ruhig dahinziehender Lebenslauf trink ihr s- entsetzlich langweiilg ge wesen, so entsetzlich langweiligt Das »Wunderbare« hatte sie herbei ge wünscht wie biet-toten und aus diesem Grunde hatte sie dem Puck-haltet Fritz Psitzner einen Korb gegeben! Nein, dieser stille, prosaische Rechenmensch lonnte es nicht heran-tandem Er hatte sie nie angedichtet, nie ange schmachtet, und als et um sie ange halten, hatte cr —man denke-nur gefragt: »Woltcn Sie meine Frau werden, Lisa?« Keine Liebesschmiire, teine Treueide, keine Vetsicherungem daß sie die einzig Eine sei, die das Lebensatiick nettötpere——-teine Droh: ung, dnsi er sich tödten müsse, wenn sie nein sage. Eigentlich hatte sie doch etwas ge schwantt, als et ·die inhaltschwere Jene-e stellte. Ei- märe so hübsch ne weseri, als erste aus dem Freudinnen kreis den goldenen Ring an den Fin ger zu stecken, und als seine Stimme so ganz leise gezittert hatte, war ihr rrarm um«-J Herz geworden. Sie hatte nur »nein« gesagt. um ihn zu erproben. -«- Wenn er ihr zu Füßen gestürzt, wenn er gesteht hätte -— trenn er ver chert hätte, daß ihm das Leben uner träglich ohne sie sei —- wer weis; — dann hieße sie heute vielleicht Frau Lisa Psitzner. — Aber nichts von alle dem hatte er versucht. Still und schlicht war er bavongegangen nnd war nie mehr zurüd«ietehrt Und nun jubelte sie, daß eg so ge lommen war. Das Wunderbare, Märchenhafte wäre sonst nie an sie herangetreten -«—. so glaubte sie sicher. Jeßt aber »Jetzt war es da, und si-: wollte es festhalten. Es war mit einem Male ein junger, sehr eieaanter Mann aufgetan-»Ist und hatte Lisa aus allen ihren Wegen verfolgt Er war hochgetoachsem schlank, hatte feurige schtvarze Augen unr- ein dito Bärtchen auf der Oberlippe, dustete aus zehn Schritte Entfernung tut-. ein lsirsischer Fliedrrsirauß und fiel hauptsächlich durch seine wohlgewctten, schön ge pflegt-Hi Haare auf. Aus seinen Blicken lar- sie flammend-ce- Jnteresse, und sie mußte seinem qanzert Benehmen nach schließen, daß er sie uergöttere. Täg lich langten Rosen bei ihr an, so das; ibre Eltern schon aufmerksam wurden. Nun wußte sie bas- Mädchen zu beste rben, daß es ihr die Blumen heimlich gab. Sie kam sich zwar sehr schlecht oabei Vor-—indessen, die Eltern wa ren so streng! Sie wußten nichts von Romantik, nicht-J von der heinilichen Liebe, bie so heis; brannte, wie es kein Feuer, seine Kohle konnte! Wer weiß, was ihn noch abhielt, sich ihr offen zu nähern? Welche Schwierigkeiten er zu überwinden hc.tte, um sich ihren Eltern vorzustel len. Er war sicher ein hochgestellter Mann-— so vornehin sah er aus — und sie nur ein Subalternbeamten Töchterlein! Da hatten seine Eltern gewiß viele Einwendungen! Wie er aus sie verfallen war? Lisa erröthete heiß bei dieser stillen Frage und strei chelte dabei zärtlich ihren armdicken Sons. Jn bieseu mußte er sich zuerst verliebt haben, denn ihn befangen die Verse, die er den Rosen beizustecken pflegte. Es war ja auch eine Pracht -—ihr Haar. Aehrenblond umrahmte es das liebliche Gesicht und hing in seidenweichenFäden bis zu den Knieen hinab. War es geöffnet, umhüllte es sie wie ein Mantel. Die Farbe war so überaus selten, daß ihr ein Friseur schon tausend Mart fiir ihren Kopf geboten hattel Da war es kein uns der. basi er boeiische Naturen begei sterte. Dein Haar ist wie die Aehrenprach Draußen im wogenden Feld, « Und wie der sunlelnde Sonnenball Das Gold es gefesselt hält. Das war doch genügend bilderreich »und so glühendk Heute hatte er nun um ein Stelldichein im Thiergarten gebeten. Sie war den ganzen Tag in fieberhaster Erregung, konnte keinen Bissen genießen und lächelte immer still vor sich hkin. Nun war das Herr lieb-e ganz nahe. Er hatte geschrieben, daß er ihr heute die Erklärung für fein seltsames Benehmen geben würde. Die Schwierigkeiten schienen mithin iiberwunden, und morgen erklärte er sich gewiß den Eltern. Endlich war es vier Uhr geworden, der Nachmit tagslassee beendet. Unter dem Vor-— wand, eine Freundin besuchen zu wol len, ging Lisa aus« Die Berliner Om nibusse, die Straßenbahn—alles er Yebragka Staats-Zuzug« Und Yerold Jahrgang 27 — -- «—. - ——-L.. - Grund Island Nchr. .. 31 August 1906 (Zweiter Theil ) schien ihr heute so merkwürdig rosen roth. Endlich hatie sie das Denkmal der Königin Luise erreicht. Gerade schlug es fiinf Uhr,. als sie die Bank erreichte, und von der anderen Seite erschien auch »Er« aus der Bildfläche. Lisa wagte nicht, ihn anzusehen. Das Herz klopfte start und hüpfte bis zur Kehle hinauf; eg machte sie un fähig zu einem Laut. Bald beruhigte die Enttäuschung «sie, daß er ihr nicht zu Füßen stürzte, sondern sich neben sie auf die Bant setzte. Auch er schien beklommen, denn er räusperte sich und fand tein Wort. Nach einer Weile erst begann er stoaendt »Mein gnädi gks Fräulein — entschuldigen Sie —« Sie wagte nun einen kleinen ermu thigenden Blick, und er fuhr fort: »Mein Benehmen ist seltsam — icii gebe es zu —vielleicht allzu kect -—" Lisa mußte an sich halten, um ihm nicht zu sagen, baß gerade diese Kerk heit etwas so entzückend Romantisches besaß. »Aber,« fuhr-er fert, »wenn man ein großes Lebensglück erringen will —- ist es wohl entschuldbar, wenn man zu absonderlichen Mitteln greift.« Wieder war es Lisa, als hiipfe ihr das Herz aus der Brust hraus »Dars ich Jhnen alles erklären, mich ihrer Großmuth, Jhrer ——— Jhrer Nächstenliebe anvertrauen? Daß Sie selbst reich siir das Opfer, um das ich flehe, entschiidigt werden sollen, ist selbstverständlich.'« - »Sprechen Sie,« hauchte Lisa. »Ich bin verlobt —-—- seit vier Jahren --- -—«' Lisa war ausgefahrem wie von einem Mosauito gestochen· So sort aber beruhigte sie sich und fiel zurück. Das also war die Fessel, die er erst abstreisen mußte! »Ich will nun heirathen, mus-, mich aber dazu selbststiindia machen. wie Sie sich denken töttnen.« Jetzt durchzuckte es Lisa wie sein heißer Schreck. Sie mußte es offen nat mit einem Wahnjinniaen zu thun haben, und in der Angst vor diesem ging der Schmerz iiber die Enttiiu fchung unter. Er tonnte sie ermorden —- so etwas hatte sie schon gehört. Sie wollte fliehen, aber ihre Fiiße trugen sie nicht. »Nicht wahr, gnädireg Fräulein,« fuhr der junge Mann neben ibr fort, »Sie, die Sie doch sicher ein warnte-J Herz in der Brust l:aben, verstehen es, wie ein Mann alles an allesfetzt, um sich ein eigenes Heim und eine geliebt-: Braut zu erringen Aber wenn wir auch beide so sparen, wie wir können wir werden alt nnd gran, bir- wir uns eine standesgemiiße Eristenr er rungen haben.« »Und Da soll ich Ihnen dazu hel sen-« fragte Lisa, empört über die vol-« lendete Prosa, die die Romantit ab löste. Sie hatte erkannt, das-, sie eLs mit teineni thsnsinnigen zu thun hatte. »Wenn Sie sich einen Gotteglohn verdienest s— zwei Menschen zu Ihren ewigen Dantschnldnern machen wollen — dann helfen Sie « »Aber, wie kann ich denn da5?« »Seht gut --— hören Sie mich an. Jch bin erster Gehilse in dem großen Friste- und Barbier-Geschäft von Schule Hier hätte Lisa beinahe anfgeschrieen. —- ,,szeln dieses Geschäft ist von einer reichen leeritanerin die Ansrage gerichtet worden, ob es einen Zops von Arindicke in dieser wunder baren Farbe liefern könnte. Er zog dabei eine Probe hervor, die genau mit der Farbe ihre-s Haares überein stimme. 5000 Mart bietet die leeritanerin fiir solch einen Zopf«. vollendete er mit Pathos. Lisa faßte an den ihren, fiir den sie Plötzlich fürchtete. Feurig aber fuhr der wohtsrisirte Barbier fort: »Wenn ich nun diesen Zopi der Ameritanerin bringe, erhalte ich die 5000 Mart, unr- ivenn ich Ihnen da von 2000 Matt abgebe, Fräulein Liset, bleiben mir noch genug, um nie-Zu- NIMIIO Spimsssbspkl III YHIIUCN « Seine Augen funlelten und flehten --- es schien ihn eine große Sicherheit zu befallen. »Deshaib also — aller-« fragte sie ionloö. »Deshalb — ich hoffte iie zu er weichen mit meinen Versen auf Ihr herrliche-Z Haar »s—« »Schereigen Sie,« herrschte sie ihn an. Fräulein Liset« —— tief er erschreckt —-— »hai alles nichts genützt -—-— habe ich umsonst um .Jhre Gunst gewor ben? Denken Sie doch nur, was sie durch Hingabe ihres Haare-, das doch wieder wächst, erringen —- und 2000 Mark —— meinetwegen auch 2500 Eil-kath« . Veinahe hätt-. Lisa gelacht. Aber der Mann war so unescuni und ener gisch. Bei einer ewegunq seiner band schien es ihr, als oberer eine Scheere hervorzögr. Wenn er, ihr der Zapf abschniti! Jm Augenblick lakn ihr das ganz einfach und natürlich vor, wenn sie weiter hier blieben lind schnell srrang sie auf, den Zopf fest an ihre Brust pressend und sloh davon. Ihre erhitzte Phantasie log- itsr vor, das er ihr folge, sie an den Haaren parte -—— aenau fühlte sie, wie es an den Wurzeln riß. Sie schrie aus und fah sich um. Da war niemand hinter ihr, aber in der Entfernun: sah sie den Friseur stehende, ringende Bewe gungen mit den« Händen machen. Eis nen Augenblick wollte sie sich ausru hen —- ihr Korper schien ihr wie zer schlagen, eiker da setzte sich auch der Schreckliche in Bewegung und tam auf sie zu. So mußte sie weiter, und so Jschnell die Füße sie tragen konnten-» jeilte sie weiter, rastlos-J. bis sie Men sschen und Straßenbahnen erreichte. lEines Schutzmannes bärbeißiges Ge ; sieht erschien ihr wie das eines Engels Piun ging sie ruhig. Vorübergehende iwurden aufmerksam ans sie, und Hchnell wars sie den Zions zurück und ; brachte Hut und Schleier in Ordnung. Fieber wenn sie sich auch gesichert isuhlte — Ihr Herz war doch zentner ischwer und die Augen voll ThriinenI ,Die Blamage war zu furchtbar-. Ver Igebens redete sie sich Trost ein: es Ttvußte es ja niemand. Aber sie selbst t— sie tam sich so bodevzlos lächerlich wor- ——— so über die Maßen blamirt. INach Hause konnte sie noch nicht. Sie tsiirckxtete sich vor einem Thränen » strom, der in den gesicherte-n vier iWänden sich entfesseln und verrathen Würde, daß etwas Entsetzliches passirt jfci. So blieb sie sin dem wogenden YBerliner Wirbel, müde umherirrend, »sich verlassen fühlend wie der Stein Huf der Straßen und ernstlich erwä :g-nd, ob sie dem zerstörten Dasein ; nicht durch einen Sprung in die Spree ein Ende machen sollte. Sie schluchzte junter ihrem Schleier wie ein Kind. Unwillkiirtich mußte sie an Fritz Pfitzner denken, an seine Ruhe, seine »4s2-Lts..«t . »wu-«u.,us(u grksuuu IIUI cuslcc DtllllllL lichleit. Wie das sich plötzlich ver lockend und vertrauenermeclend von rer Roinantit, der sie zum Opfer ge si".l3«en war-, itdlsobZ Sie befand sich aus der Französi s schen Straße und wußte nicht einmal,l lwie sie dahin gekommen war. Hiert send Dass Ba.«ti)aus, tsein Psitzneranss gehörte Still wollte sie daran vorbei - schleichen. Aber ans dem großen Por »tnt trat ein Mann heraus, denn es war Schluß der Arbeitszeit Als Lis-: ihn erkannte, wollte sie fliehen, schwankte aber und wäre gefallen, wenn er sie nicht gehalten hätte. Drei Athemziiqe lang lag sie bewußtlos an »seiner Brust. Ohne zu fragen, rief e-. eine Droschte, nannte dem Kutscher ihre Adresse, hob sie hinein und setzte sich neben sie. »Und nun eriählen Sie, Fräulein :Lisa, was geschah Jhnen2« Ilnd sie erzäytc-—— sie staunte selbst darüber, daß sie sich so un den Pran ;si,er stellen konnte, aber seinen ruhig-n ji«-steigen konnte sie nichts- verschweigen s Als sie geendet, lächelte er. »So etwas mußte kommen, Fräii lein Lisa.« »Mußte ——« kommen?« »Gewiß, um Sie von Ihrer No itiantit zu heileu.« Lisa weinte still vor sich hin. »Sie verachten mich senr?« irnnic sie schluchzend. »Nicht im geringsten, Fräulein Lisnk Wer hätte denn keine siegendes-—- h.n — Jugendthorheit zu verzeichnen?« Jetzt lachte sie unter Thränen, unt dabei nestelte sich ihr Händchen gerne leise in seine Rechte. Da jubelte der prosaische Rechen niensch aus und nahm sie in seinen Amt. Da hatte sie das »Wunderbare«. -—---. Jm neuen Beim. Novellete von R u th G oe tz. Jn dem Stift der adeligen Frän lein erlosch das letzte Licht. Fräulein hnn EIJMMUI ds- III-III ROHR-inu ---------- squp -,(«»-« Hatte ihre Runde beendet, in jeden Schlafsaal noch einmal hineinnespälit und war nun auch zur Ruhe gegnn gen. Der Mond übersluthete unten den Schulhof, ges-, sein Licht iiber die Turngeriitbe, die Leitern und Baum an denen die jungen Mädchen täglich zxrci Stunden gnmnastische Uebung-en machten, sluthete hinein zu den offenen Fenstern, die des Nachts immer geösi net bleiben mußten, Sommer und Winter-, über das jungendliche Antlitz der einen und anderen der Schläferin nen und spielte hie und da in deni Haar der Mädchen Eigentlich hieß das Stift: »Heim fiir arme, adelige Friiulein«, aber die Mädchen, die hier lebten, vermieden den Beisatz »arm« aufs ängstlichste, sie trugen bei ihren Spaziergänizen und Eintiiufen in den Geschäften der kleinen Stadt eine äußerst hochmü tliige Miene zur Schau, und Fremd-, die dem Zuge des Leims, den vaae weis gehenden Mädchen, von einer Lehrerin begleitet, begegneten, hatten zunieist den Eindruck, daf; es alle sehr vornehme sehr wohlhabende Damen waren, die hier zu ihrem Vergnügen weilten· Aber das Leben der Fräulein war so arm an Jugendlust, an Vergnü gunkjern wie ein Auszenstehender sieh taum denken konnte. Am Vormittag war der Unterricht, der sie sehr in Ans spruch nahm, sie wurden sammt und sonderg zu Lehrerinnen ausgebildet und mußten viel,lernen, um nur ja das beste Examen zu machen von all den Prüslingen der verschiedenen Lehranstalten, die sieh jedes Hsalbjahr dem Provinzial - Schultollegiurn in der naheliegendenKreisstadt meldeten: bei Tisch durfte man keinen Ton sure-· eben, mußte ängstlich die Formen wahren und wurde siir jeden kleinen Verstoß gestraft, und nach dem Essen kamen die Arbeiten, »die Gyinnastik: und Sportstunde, aber man spielte nicht zu seiner Erholung seinem ei gensten Vergnügen, sondern man lernte, iibte, um später einmal darin unterrichten zu können. Und es gab leine Abwechslung Lein Aus-ruhen, nur die großen Ferien brachten etwas Erholung Da durften die, die von Angehörigen aufgefordert waren, zu ihnen reisen, und die anderen blieben hier, machten Ausfliige mit den Leh rerinnen oder saßen mit einer Hand arbeit iin schattigen Schulhos. Jn dem Schlassaal der sechsten Klasse lag die kleine Erila von Uler und starrte mit weit geöffneten Augen hinauf-. Das helle Mondlicht ließ sie nicht schlafen —- und dann wohl auch der Brief, den die Vorsteherin ihr an: Morgen gegeben. Was stand denn nur alles darin? —- einen Theil hatte sie schon wieder vergessen, sie wußte nur, daß das Schreiben sie entsetzlich traurig gemacht, daß sie am liebsten laut hinaus-geweint hätte, wild ac tchluchzt, —- aber die »Großen«, wie die Mädchen von der zweiten Klasse genannt wurden, hatten fiir laute Thränen nur ein mitleidig verächt lich-es Achselzuetem und to war sie trotzig dagegen angegangen. Jetzt konnt-: sie ihn doch noch einmal lesen, ganz, eanz ungestört darüber weinen. '«eise, mit einen: vorsichtigen Blick auf die sünf anderen Mädchen nlitt das Feind aus dem Bette-, suchte in der Tasche des Kleides und trat zun! Fen ster. Das weiße Licht det- Mondes lam herein, umhüllte das feine, schlanke Kind mit dem aoltig glän zenden Haar und leuchtete auf den Briesbogen.... Also sie durfte nicht nach Hause kommen, diesmal nicht zu ilsrrr himmlischen Mamm nicht die kleine Wohnung sehen, die weit dran lszen im äußersten Westen von Berlii hob oben vier Treppen lag. tllik, iund sie hatte sich doch schon so sehr diraus gefreut, aus den grünen Rasen sdeg Hofes, den man oom Fenster aus erblicken konnte, aus den Sprinabrun neu, der zwei Stunden am Tage plät lsakerte aus das nette tleine Mädchen lvom Portier das am Vormittag im Hner zum Spielen tani und für Ma iua einholen ging .statt dessen sollte sie zu Großpapa aus das große Gut « dort würde si- Mama treffen. Ach, nnd sie fürchtete sich so entsetzlich vor dem Großvater, nur einmal in ihrem Leben hatte sie ihn gesehen —— das war damals, nach Papag Tode. Wie böse er mit Mama gesprochen-, mit ihrer tiebeu, einzigen Mania, wie sie dann beide ceweint hatten, den ganzen Tag Und immer noch konnte sie seineWorte nicht vergessen, wenngleich sie damals ten Sinn nicht verstand und sie auch heute nicht begriff, was der alte Herr mit dein strengen Gesicht meinte: »Sie haben meinen Sohn in den Tod ge trieben, Sie allein. in io jämmerliche Leben, in einer solch untergeordneten Stellung konnte ein Utfen nicht leben. Er mußte zusa::i.ncnbrechen.« Ach wie traurig Mama gewesen war, jahrelang hatte sie nicht gelacht, nur zuweilen wehmiithig gelächelh I daä fah dann immer Ins. als ständen Tyriinen in Ocn guter-. Augen. Und Daran war Großpapa schuld, nnd zu dem sollte sie nun, um dort die Ferien zu verleom s-— Die Tbränen lamen, rollten herab-über das ernsthafte, ro sige Kindergesicht, tainen wilder, bis der schlanke, lleine Körper in Schluch zen schüttelte. Es war fast hell, alt Erster etnschlies. « —--— -— An der Bahn stand ein hoher, zwei rädriger Wagen, ein Stnabe von etwa elf Jahren hielt die Leine und blickte neugierig- spähend zum Eingang des Perrons2 »Da kommt der an.« Das Kind warf einen-. Kutscher in braune Livree die Zügel zu, kletterte ge schwind nnd gewandt herunter nnd ging suchend die Fenster des Zuges entlang. Da, vor einem Conpe zwei ter Klasse machte er Halt und öffnete die Thür. »Du bist Geile von Ulsen?« Das Hunde Kind nickte verlegen »Und ich bin dein Vetter Eberlmrd. Komm, trir wollen uns beeilen, dein-: Mama nnd mein Papa erwarten uns in Großvaters Veranda.« Der Kutscher hsob das Mädchen hinaus. Eberbard kletterte hinein in den Wagen und nun ging es. vor wärts, die Landstraße entlang, dann durch eine schattige Bud:enallee, an gepflegten Blumenrabcciten vorbei. Ab und zu hob der Knabe die Peitsche, tnallte, daß die Pferde den Trupp Verschärften· »Du bist stark«, sagte Erika be wundernd. »Und mithin Wie sein tu kutschiren kanns-is Eberhard lächelte and seine Kinder augen strahlten. »Ja, das habe ich alles in dem Jahre aelernt, wo ich bei Großvater war.« · »Ist deine Manier auch hier?« Das Licht in den Kinderaugen er losch. »Ich habe keine Marna.« Und nach einer Pause setzte er hinzu: »Todt.« »Mein Papa auch.« Erika hatte schon wieder die Thränen in den Angen, wie immer, wenn sie an den Vater dachte. »Aber mein Papa wird autzu dir sein, weine nicht, kleine Erika.« Es tarn seltsam gütig, seltsam weich auIJ dem Munde des Knaben. »Und meine Mutti zu dir, soll sehr, sehr lieb sein« Erika sah den kleinen Mann, an ihrer Seite ganz qliickselig Dankbar an Während der Fahrt war Erika so vergnügt wie seit langem nicht, aber als das Schloß austauchte, und die beiden Kinder die Treppe hinausgin aen, die zu Großpapas Veranda führte, wurde sie doch wieder ängstlich und wär am liebsten davonaelaufen. »Ich fürs-die mich vor Großpava«, sagte sie nnd ergriff lrampfhaft Eber ljards Hand. Der lachte schallend, riß die Gslastliiir ans und stürzte in die liihle, schattiae Holler ,Da ist Erika, li« ..-·«. . s ..».c.-«.k-. t-4 ein-»F k-. ;;:s««s’,yuf-Lt, UUIV III »le Aus-U »U sil Das Gesicht der Kleinen wurde aliihend vor Scham und erbleichte bald wieder. Kaum wag-te sie die Mutter zu begrüßen, die neben einem großen, schlinten Herrn stand und so lustig lächelte. »Komm iJer, mein Lin-UT sagte der alte Herr Von Uisei: und gina dem Mädchen einige Schritte entgegen. »Du fürchtest dich Vor mir —- hast auch Recht, du kennst mich ja nur von damals her... aber dag wird auch Vorübergehen« Wie blaß dein Kind aussieht, "Ungeie«, wandte der alte Herr sich an Frau von Ulsen. Erita horchte hoch auf War das denn der selbe Mann der so böse und zornig zu ihrer Mutter gesprochen? Er nannte sie »du«, sie saate Vater zu ihm . Wie war denn das alles möglich? »Nun krimin, nimm dein Hiitchen ab, und siärkc dich hier iß, mein Lieb iing, was dir schmeckt. . iriitke... so « ,.Dars ich?« sragte Erita zu der Mutter gemanat. ,,Alle"5, was Großpapa erlaubt.« »Wie ähnlich sie Dem armen Georg ist«, der alte Herr ion Ulsen stützte den Kopf in dir Hand und betrachtete die Zügefre Gesichte »Sage lieber deg reichen Georg, Papa«, nahm nun der junge Ulsen das Wort. »Er hatte ein reiches, wenn auch nur kurzer Leben —--- er titte alles-, was er sich je gewünscht « ,,Nur nicht die Verzeihung seines Vaters« Das kam schwer aus der Brust des Mannes Frau von Uisen stand auf, legte ihren Arm um seine Schulter: »(.55räme dich heute nicht dar11m,Vater«', bat sie. »Ich habe es ihm ins-mer gesagt, immer prophezeit, daß wir uns einst in Liebe finden werden Und er glaubte daran.« . Erika brachte keinen Bissen mehr herunter-. Wie lieb sich die Menschen H» stritten cYn den drei Jahren dic sie in dem Stift zugebracht, war nie ein zärtliche-H freundliches Wort an ihr Ohr -.«..escl«,tagen, hatten sich nie warme Arme tröstend nach ihr ausge streckt, um sie zu umschlingen —«—- Und dorthin mußte sie nun wieder zurück. Sie rechnete im Stillen die Tage aus, von heute noch Vierutidvierziq. »Erita ist fo still —— warum sprichst du nich-ts, Liebling?« Der Großvater streichelte iiber das seidige Haar. »Wir oiirfen nicht, Großpapa.« ,",Nie sprechen?« »Nur, wenn wir aefraat werden. Und bei Tisch tiberhaupt nicht!« »Armes-, junges Fitnd.« Und nach einer Pause-: »Wie wäre es, Erita, wenn du bei mir bliebst, mit Maine nnd Onlel Tuba und Eberhardt. Und wenn du versuchen wolltest, den Großvater nicht mehr zu fürchten, sondern gern zu haben, so schrecklich lieb ivie deine Mutti’?« »Ach ja, Großpapat« Und jauch zend warf sich das Kind in seine Arme. w Was man erscheint, hat jeden zum Nichter, was man ist, keinen. Eine Bunmqep Eines Abends kurz vor dem Ersten kam der Maler Vummel in triibseligee Stimmung heim, da ihm nicht klar war, wie er sich mit der Eli-be in sei nem Portemonnaie bis Ende des Mo nats iiber Wasser halten sollte. Da lenkte ein Briefchen, welche-s während seiner Abwesenheit seine Wirthin auf den Zeichentisch gelegt hatte, seine Aufmerksamkeit auf sich. Hastig öff nete er und las, daß er morgen Mit tag 2 Uhr bei Professor Klecksmeier zu Tisch geladen war. Seine dunklen Gedanken verflossen, er arbeitete noch etwas und legte sich dann in Erwar tung der bevorstehenden Genüsse, ruhig schlafen. Nächsten Tag-es fand er sich natürlich Pünktlich ein und er wies der Ziochkunst der Frau Profes sor alle Ehre. Später unternahm er mit noeh anderen Gästen, die sich mit ihm von dein freundlichen Gastgeber verabschiedet hatten, eine Gratis-Bier reise, die ihn erst iehr spät in sein Heim gelangen ließ. Dort fand er abermals eine Einladung Klecksmeiers stior, der er natürlich ebenso prompt EFolge leistete. Auch diesmal traf er wieder Bekannte, die ihn noch am Abend während eines kleinen Pum mels freibiseltem und somit kam er wieder ziemlich angeregt auf seiner Bude an. Zu feinem Erstaunen lag wiederum eine Einladung des Profes fers da. Der junge Maler glaubte, nicht so tiihn sein zu dürfen, so viel Liebenswiirdigkeit ablehnend zu be handeln und ging das dritte Mal zu Tisch bei dem P-:osessor. Dieser berei tete aber seinem Gast eine so kühle Aufnahme, daß er sich wenig behaglich fiihlte und bald aufbra.h. Ehe er sich aber noch ganz empfehlen konnte, fragte ihn der Wirth-« »Sagen Sie, lieber Bummel, Sie wissen ja, ich sehe Sie ganz gerne bei mir, aber eine Frage müssen Sie mir gestatten: wel cbem Umstande verdanke ich speziell heute das Vergnügeu?« — ,,Na, Sie waren doch so giiiig, mich fijr heute einzuladen« ,,Ehrlich gesagt, davon ist mir nichts bekannt.« »Aber ich fand doch gestern Abend auf meinem Tisch eireKarte, daß ich heute Jhr Gast fein sollte.« »Aber, liebster Bumniel, ich habe Ihnen die nicht- geschickt. Allerdings siir borgestern waren Sie von mir rirekt gebeten.« Die in Bummel aufsteigenden Ah nungen ließen ihn gar nicht Abschied nehmen, er stürzte davon —- nach Hause. Dort ergriff er in noch größe rerHast als an jenem Abend die Ksarte... laS... und sank alsdann geknickt aus sein Chaiselongue und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf trockene-m Sande. — Und was hatt-e er angerichtet? Er hatte in der an geheiterten Stimmung der letzten Abende das Datum nicht beachtet und dreimal die eine Karte alHEinladung zum nächsten Tage angesehen. »Zum goldenen Apiel.« Aug Leipzig wird geschrieben: Be tannt ist jedem Goethe-—- Kenner das alte Leipziger Haus »Zum goldenen Apel« in dem unser Dichter während seiner Leipziger Studienzcit verkehrte War doch im Pariere-e des genannten Hauses die Weinsiulse des warte-ren Gottlob Schöniopf, zu dessen Töchter-, lein Käthchen der junge Goethe eine tiefe Neigung empfand. Nachdem Käthcheu Schönkops Frau Professor Kanne geworden war und die Eltern das Zeitliche gesegnet hatten, ging das Schönkopf’sel«,e Amreseu iu fremde Hände über, und mit dem Besitzer wechselte auch die Bestimmung des Hauses. —- Heute befindet sich inc Parterre des ,,Goldei en .!psels«, wo ebedem die Schönlopfesch Weinstube war, eine Zigarrenhandlung. Gleich wohl ist das jetzt die Nr. 21 im Brühl tragende Haus heut-e noch eine höchst interessante Erinnerungsftätte Jn dem ersten Stock des Haus:s, das noch Hganz sein alterthiimlicheg Aussehen shat, refindet sich jetzt ein Case mit Rindenken an Kathchen Schönkops. Wir sehen daselbst noch den Tisch, an idem der junge Dichter mit Käthchen spielte Der heute noch iie altenbe walten Felder auftreisende Spieltiseh sollte in letzter Zeit siir eine Frank furter Sammlung gewonnen werden; obwohl aber dem Besitzer eine große soumrne geoolen wurde, ging er oocn nicht auf den Vertan ein, denn er wußte zu gut, weiche Anziebunaskraft dieser Tisch für sein Geschäft hat. Ebenso ist der analxesr des Hauses jetzt noctxs im Besitz von st«upsergeschirr, das den Namen Schöntops trägt. Kurz vor der Völkerschlacht hatt-: auch Na poleon der Erst-: mit mehreren Gene riilen dem Hause einen Besuch abge stattet, nnd dicht neben den-. Goethe’: scken Spieltisch steht heute der Tisch, an dem Napoleon mit Murat u. s. w. dem Rouletspiel yuldigte Jn späterer Zeit versammelten sich besonders die alten ,,521chtundvierziaer« täqlich in dem Cafe zur Aussrischung alter Erin nerungen. HON Mißverständniss. Einem Bauern, der in einem Laden nicegtaust hat, wird Von dem Inhaber eine Cigarrenliste präsentirt nsit den 5Worten ,,Dars :ch Ihnen eine anbie ien?-« Der Bauer nimmt eine Cigatre und meinte: ,,Danke, anbieten (anbeißen) will eck se meet schon sülwerst!« Alles Alte, soweit es Ansszruch dar auf hat, sollen wir lieben, aber siir das Neue sollen wir recht eigentlich leben.