Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 24, 1906, Sweiter Theil., Image 10

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    «- Js ;s Is Is-: sks - Z«Z«-I«-Z- II pjk J OF Z « IIIHI-zikHist-Erstssssssssskssfskssossitsjdsssksdskksssisikjsksiks
aives Mitgift
Nunm- vos Gurt darin-both
XII-THOSE
i .-Is-aww" ,
(18. Fortseyungh
2 0. R a p i t e l.
Lange hatte Malve still vor sich
hin geweint Undes war, als ob diese
wphtlhätigen Thriinen nicht nur ih
rem bedrückten Herzen, sondern auch
ihrem körperlichen Leiden Erleichte
ru verschafft hätten. Denn als sie
end ich versieLtem fühlte die junge
Frau den Schmerz in den Schläfen
minder peinigend als zuvor.
Sie richtete sich auf und ihr Blick
reiste den Brief. den Bernd ihr vor
in gebracht und den sie inzwischen
vollständig vergessen hatte. Die Hand
schrift war ihr unbelannt Und sie löste
ohne besondere Neugier den Umschlag.
Aber sie erseht-it, als sie einen Blick
cus die Unterschrift geworfen, denn
wag konnte der Bankier Rainsdvrf ihr
In schreiben haben?
hastig überflog sie die wenigen Zei
len des Briefes.
»Dochgeehrte gnädige Frau!
Durch Zufall habe ich neuerdings
eine Thatsache in Erfahruna ge
bracht, deren Kenntniß für Jhren
hetrn Gemahl von großer-Wichtig
keit werden könnte. Jch würde
nicht gezögert haben, wich persön
lich an ihn zu wenden, wenn mir
nicht die Unfreundlichleii feines Be
nehmens bei unserer letzten Begeg
mmg jede derartige Anniiherung
verböte. Da aber mein Verlangen
Nin-sk- sesJiNas Ism- « in dient-I
heute tein geringeres ist als zu ir
gend einer früheren Zeit, würde ich
»auch glücklich schätzen, wenn Sie
rnir noch einmal die Ehre Jhres Be
suches erweisen würden, damit ich
Ihnen die in Frage stehende Mit
theilung, deren Sie sich ja dann
ganz nach Belieben bedienen tön
nen, machen tanii
Jch bitte Sie sich nach wie vor
meiner bedingungsloses-« Verschwie
genheit versichert zu halten und ein
pfehle mich hnen als
hr sehr ergedner
sudwig Rainsdorf.«
Der Bankier hatte von ihrer Ueber
siedelung nach rankenhagen offenbar
nichts gewußt, a er den Brief noch
an ihre alte Adresse gerichtet hatte.
Malve war empört über die Sorglo
figkeit irr-it der er dabei verfahren
war Sie zitterte bei der Vorstellung,
daß Bernd sie nach dein Absender des
Schreibens oder nach dem Inhalt des
selben fragen könnte Denn sie wäre
nicht fähig gewesen, ihm eine falsche
Auskunft zu geben, und ein Geständ
niß ihres damaligen Besuches bei
Rainidorf würde ihn sicherlich jetzt,
nachdem sie ihm ihren damalige-n Be
such so lange verheimlicht hatte nur
noch heftiger aufgebracht haben.
Und was ollte sie nun thun?
Wenn es ch in Wahrheit um eine
"r Bernd wichtige Mittheilung han
lte, durfte sie ihrn natürlich nicht
vorenthalten bleiben. Es wäre ja das
Nächftliegendk wesen, ihm einfach
Rainsdorf Briefzu zeigen. Aber da
u, das fühlte sie schon ietzt, würde
im entscheidenden Augenblick doch
nicht den Muth haben Gerade weil
Verzigd ihr gegenüber noch niemals
Bwefen war, fürchtete sie eine
solfåöåkzo olichteit nur um so mehr
noch in der Stadt gewe
feu, so würde sie wahrscheinlich nicht
gezogert haben, der in diesem Briefe
ausgesprochenen Aufforderung Folge
zu leisten und Rainsdorf in überreden
sichdennoch direkt an ihren Gatten
B wenden. Da es dazu jetzt keine
öglichkeitg ab blieb ihr kaum etwas
anderes übri als i in u
Ein Gifchluå der ihr sel: samerweife
viel schwerer wurde als der ungleich
gefährlicher-e ihres ersten Besuches.
Jedenfalls vermochte sie nicht so
leich mit sich ins reine zu tornnien
ie verbarg den Brief und kleidete sich
zurn Artng an, da sie von der
mhlthuen n Einwirlung der tri
schen Luft eine vollständi e Beseiti
gung ihrer Mattigkeit erhof?te.
Wie immer wählte sie für ihren
einsamen Spaziergang den Weg nach
dein norwegischen Gartenhäuschen
Langfam stieg sie den kleinen Hügel·
hinan, und üoerrafchi blieb sie stehen«
als sie da oben plötzlich der beiden
, Reitpferde ansicktig wurde, die un
beauffichiigi unweit des Pavilloniz
standen.
Sie hatte Bernds Bronnen sogleich
akaan und der Damensattel auf
dem Rücken der Stute ließ ihr leinen
ifel. wem das andere Pferd ge
re. Die beiden mußten hier abge
effen fein, um in dem notwegifchen
Gartenhäuschen zu rasten, und Malve
freute sech, die beiden doti zu treffen.
Mit einem Lächeln auf den Lippen
trat sie durch den weit geöffneten Ein
ang in die kleine, dämmerige·Vor
solle und ging auf den Fnßspisem
Im ihren Gatten zu überrafchem zu
.. It in das Hauptgemach führenden,
ebenfalls halb offenen Thür.
« Mk einem Blick konnte sie das Jn
IM des freundlichen Raumes über
W Und was fie di erblickte,
he für einen Moment die Fä
anes nur einen einzigen
· » weist zu thun oder irgend
, , · Ha machet-.
»s sie fis « s lang ausgestreckt auf
.
WW " f s
dem Ruhebett an der ihr gerade ge
genüber befindäichen Längswand des
Gema s liegen, und fah ihren Gat
ten tie über sie herabgeneigt. .
Wie sie aus dem Pavillon hinaus
wieder ins Freie gelangt war und wie
sie den Weg den Hügel hinab gefun
den —- Maloe begriff es lnum, denn
alles urn sie her war wie in einen dich
ten Nebel gehüllt in den: hunderttau
sende bunter und feuriger Flecken
tanzten. ·
Troydem eilte sie weiter, gepeitfcht
von der Angst, daß eines der beiden
da oben im Vaoillon ihrer ansichtig
werden könnte, ehe das schützende
Strauchweri fie verbarg.
Denn es war nur ein einziger Ge
danke in ihrem iebeenden Ge irn —
der Gedanle, da sie fort mü e. ohne
Bernd noch einmal wiederzusehen
Jhr Glück las, in Trümmern und lei
ner befaß·die Macht« es wieder auf
zubauen —- leiner, auch der nicht, der
es ersiiiri halte. Es gab keine Zu
kunft mehr für sie, denn vor ihr war
alles Nacht, schwarze, undurchdring
liche, hoffnungsiose Nacht. Aber ge
rade deshalb wollte sie keine Busen
andersesungen und leine Erklärun
gen. Nun war es nicht mehr-Zeit für
Anklage und Rechtfertigung — nun
war es Zeit, zu handeln. Und auch
richt fär den Bruchtheil einer Sekunde
war sie im ungewissen, was sie zu thun
be
Sie war ja, wie sie meinie, ihres
Mannes Verhänaniß aeweien seit dem
Tage, da sie in fein Leben eingetreten
spar. Alles Unglück und alles Miß
geschick gegen das er sich in auäreibeiu
rem Kampfe hatte wehren rnii en, ihr
allein hatte er es ja zu verdanken.
Seine gefellfchaftliche Stellung, seine
Aussichten, sein Vermögen —- alles
hatte er opfern müssen, nur, weil er
zu großmüihig gewesen war, sich von
ihr loszusagem Und sie hatte alle
diese Opfer angenommen, weil sie in
dem thörichten Glauben lebte, ihn
durch ihre Liebe entschödigen zu tön
nen fiik dnä mirs n- netlnterr Nun
aber wußte sie, daß auch die Güte,
mit der er sich diele Liebe hatte ge
fallen lassen, nicht als greßmiithiges
Mitleid gewesen war. Sein Herz ges
hörte ja nicht mehr ihr, sondern es ge
hörte jener anderen, die alles besaß,
was ihn hätte beglücken tönnem
Schönheit. Reichthum und glühende
Freude am Leben. Und so brennend
war sein Durst nach diesem Glück,
daß er sogar die Stimme der Ehre in
ihm zum Schweigen gebracht daß er
ihn zu verächtlicher imleichteit, zu
liii lieben Betrug ver iihrt hatte.
ß er so jäh von der leuchtenden
Sonnenhiihe herabgestürzt Dar, in der
Mqlve ihn bisher über sich gesehen,
das war es, was sie sich am wenig
sten der eihen konnte. Denn nicht ihn
klagte Ie deshalb an, sondern .nur
sich selbst —- ibre thörichte Blindheit
und ihren egoistischen Wahn, ihm mit
ihrer Liebe Ersatz bieten zu können
siir alles, wonach ieine große, freie,
dolltriistige Natur Verlangen trug.
Zum Bettler und zum Ausgestoßenen
hatte sie ihn gemacht, hatte das heilige
Band zwischen ihm und seinem Va
ter zerschnittem und nun wnr er auch
Fth zum Verräther geworden durch
ie.
Das aber war das lehtr. Nun war
es Zeit, daß sie sich aus seinem Da
sein entfernte. still und leise. ohne daß
dadurch ein Schatten aus seinen küns
tigen Lebensweg geworsen ward-.
Und weil er«vielleicht versucht hätte,
sie daran zu bindernz weil sie in ihrer
mal schwach und widerstandsunfähig
geworden wäre, wie damals in Stock
holm —- dqrum durfte sie ihn nicht
mehr sehen, ehe sie ging —- und da
rum durfte er nie —- niemals ersah
ren, daß sie kute seine Erniedrigung
mit eigenen Augen gesehen.
Sie war halb ohnmiichtig als sie
die Wohnung erreichte. Aber sie
rasste sich energisch zusammen, um
unverzüglich ihre Vorbereitungen sitt
die Flucht zu treffen.
Sie sagte dem über ihr versiörles
Aussehen ganz bestiikzles Mädchen
baß sie sich unwohl fühle und mäh
tend der nächsten Stunde ungestört
bleiben müsse.
Hätte Malve nur noch wenige Se
lunden auf ihrem Beobachtungsw
iten in dem notwegiichen Gatten
häuschen verharrt, so hätte sie erken
nen müssen, wie vorschnell sie die
Situation beuelheilt hatte Sanft
löste Bernh Lydias Verfchlnngene
Hände von seinem halte und fragte
voll Theilnacme:
»Wie fühlst Du Dich? Leidefi Du
toße Schmerzen? Und fällt es Die
schwer, Dich zu bewegen?«
Jene erst schlug sie die bisher nur
halb geöffneten Augen vle auf und
sah mil verniirrlem Blick umher.
»We- sind wir? Was ist mit mir
Stich-dens«
»Du Hist von Deiner »Eine« abge
wvxfen worden, und ich habe Dich zu
näch in das- Gattenhäuschen ge
bra i Aber Du bist nicht ernstlich
verleie —- niese wobei-«
Sie des-echte noch einige Sekun
den mn sich die les ten Eteigäniss e mi
voller Klarheit ins Gedächln ß zurück
tn s.en Dann, noch e Vernd ihre
bficht hatte errathen i nnen, sprang
sie aus. Sie mu edabei doch wohl
einen heftigen merz empfinden,
denn in ihrem Gesicht zuclie ek, und
für einen Moment biß sie die Zähne
auseinander. Aber diese Anwandlung
ron Schwäche Fing bald vorüber.
Stolz er und hert scher denn se kam es
von ihren Lippen:
»Nein —- mir ist nichiz geschehen.
Ein paar seichte Kontuiionen viel
:eichi, aber sicherlich nichts, was dec
Rede werih wäre. i Es isi lächerlich,
wegen eint solchen Bagatelle ohn
mächtig zu werden Aber ich bin hos
senilich niebi lange in diesem iliigli
eheu Zustande gewesen?«
»Es waren nur wenig-; Minute-«
liebe Lhdia! Doch ich kann wahrhas
iig nichts Lächerliehes oder aar Klag
liches darin finden. Wiilii Du niir
erlauben, zum Schlosse hiniiber zu rei
icn nnd einen Wagen zu holen?«
»Weil-her Gedanke! Sollen wir ei
.va die gasw Dienersckkafi alarmi
ren? Jch sage Dir doch daß mir
nichts geschehen ist. Jch bedarf weder
eines Wagens noch sonst einer hülse.«
Und sie sehnte in der That mit
einer sehr sntsehiedenen Bewegung
seinen Arm ab, den er ihr als Stüse
qeboien Aisirecht und elasiisch wie
immer trat sie vor ihm aus dem
villon und n« eine Miene, ihr Perd
zu einem Baumstamm zu führen, von
dem aus sie es ohne seinen Beisiand
hätte besteigen können. Jbr Möhli
Oes Erbleichm aber beweis daß sie
sich damit doch zu viel zugemuihel
hatte
»Wenn Dies recht ist. machen wir
den kleinen Weg zu Fuß«, sagte sie
kurz. »Ich habe einen Widerwillen
neaen das Thier und msckik es nick-!
Is
wieder reiten.«
Bernd nahm schweigend die Zügel
der beiden Pserdr. nnd sie gingen,
ohne ein Wort miteinander zu spre
chen, dem Herrenhaule zu. Alle
Weichheit und mädckenhafte Anmuth
schien aus Lytias Zii n verschwun
den. Daß die Ereignis dieses Vor
mittags eine uniiberneigliche Schranke
zwischen ihnen aufgerichtet hatten,
fählten sie beide mit derselben Gewiß
heit. Und Bernd schalt sich in der
Stille seines Herzens einen The-ren,
daß er einen solchen Konflikt nicht
vorauszusehen Wie verblendet mußte
er gewesen fein; wekche Untenntniß,
als er in Lydias Entgegenkommen
nur einen Beweis hochsinniger, un
eigennütziger Freundschaft gesehen, die
nur sein Glück im Auge hatte und
nichts fiir sich selbst begehrte! Aber
zugleich mit der Ertenntnisz seines
verhängnisvollen Tritt-ums war ihm
auch der Entschlu gekommen, dem
aegenwartiaev Zustand, der für die
Dauer ja doch ein rnertriiglicher ge
wesen wäre, ohne Zaudern ein Ende
zu machen. Wie ungewiß auch immer
die Zutunst sein mochte, der er drau
ßen entgegen ging, hier aus Franken
liagen konnte seines Bleibens nicht
länger sein. Er war ei sich selbst und
seinem ahnungsiosen Weilst-, aber auch
Lydia schuldig, Klarheit zu s asfen.
Und nichtsin der Welt sollte i n ab
halten. es noch heute zu thun.
Sie errieth ohne Zweifel, was in
ihm vorging, und die Herbheit auf
ihrem Antlitz ließ erkennen, daß sie
teinen Versuch machen würde, seinen
Sinn zu ändern. a. sie schien sogar
entscholssen, setbst n ersten Schritt
zu thun. Denn als sie das Schloß
erreicht hatten, und ais einer der Die
ner ihnen entgegeneilte, um die Pferde
in Empfang zu nehmen« brach sie das
Schweigen.
»Kannst Tu mir noch eine Viertel
stunde schente:i. Berndi«·«
Er bejahte bereitwillig; aber ein
Unvorhergesehenes machte Lydias Ab
sicht zu schudkw
Denn der Diener wandte sich an
den Freiherrn, um ihm zu melden,
daß vor einer halben Stunde ein rei
tender Bote aus Manitz dagewesen
sei, der den Herrn Baron hatte holen
schwer erkrankt. Man fürchte, da es
ein Schlaganfall sei. Und der Bote
habe hinterlassen, Zeit von Degen-.
torj möge ja keine eit verlieren.
sdeltsam —- eö war eine getreue
Wiederholung des Vor anges, der sie
einst verhindert hatte, ich auszuxpres
chen. Auch nach jener Liedes zene
am Waldrande hatten sie bei der
heimkeht einen Boten aus Röcknis
Umit ein« Hinsika binhtnice imme
—s
fanden. Und damals wie deute hatte
fiir Betnd alles andere hinter feinen
tindlichen Pflichten zurücktreten mits
sen. Noch ehe der Diener mit feinem
Bericht zu Erde gekommen war, halte
er schon wieder den Fuß ten Bügel.
»Ich darf mir nicht Zeit lassen.
Malt-e zu benachtichtigen«, sagte et.
»Vielleicht hatt Du die Gute, Lydia,
jemanden von der Dienetschaft zu ihr
zu senden. Jch werde später aus
Nöcknitz Nachricht an Sie gelan en
lassen ob etwa auch ihre Anwesen t
am Aranlenbett meines Vaters noth
wendig ift.«
Dann schwang er sich in den Sattel
und fprengte in scharfem Galopp da
von.
21. Kapitel.
Ueber dem alten Röckniser herren
haufe, das in feiner altvätetlichen
Einfachheit in der That febr wenig
Aehnlichkeit mit Lydia von Thytnaue
pruniendem Schlosse hatte, hi n
schon die dunklen Schatten des IYea
des, als der Sohn des Gutsherrn mit
etnftem Antlitz und ahnun ibangem
her en Ader vie Schwelte f ritt.
alte stammeedienet dei Oder
ften tam ihm auf der Diele entgeäeiat
und fuhr «in mit dem Binde-it
W
Tiber die Angen, als er Bernd er
kannte.
»Ach, herr Oderleuinant —- wag
für ein Ungliiell Und am Morgen
war der Heer Oberst noch ganz ge
sund und riiftig gewesen — nur
schlecht getan-it, wie immer in dieser
Zeit. Hatte ei nachher nicht den Aet
gek mit dem Reittnecht gehabt —
,,Etziihlen Sie mir das nachher,
Hennig«, fiel Bernd ihm in die Rede.
»Sagen Sie mir je t vor allem, wie
es meinem Vater geZL Ich kann doch
zu ihm hinein?«
- »Ja, Herr Oberleuinant, das wer
den Sie wohl tönnen Tenn er er
tennt Sie gewiß ebensowenig, wie ir
gend einen anderen. Seitdem er im
Stall umgefnnten ist« hat er fein Be
wußtsein noch nicht wiedererlangt.«
»Und was sagt der Arzi?«
Der Alte zuckte die Achseln niii
einer Miene, die mehr als alle Worte
sagte.
Und Vernd fragte nicht weiter.
Auf das-Schlimmste- vortsereitet, be
trat er das foldatifch eianPe Schlaf
zimmer, in das nur gedämpie a es
helle durch die heut-gelassenen or
lsänge drana.
Er fand den warteten alten Land
arzt, den seit Jahrzehnten eine herz
liche Freundschaft mit feinem Vater
1·erhand, und die i m ebenso treu er
aebene befahrte irthfehafterin bei
dem Kranten Der Freiherr nahm
nichts mehr wahr von der liebevollen
Sorgfalt, die ihn umgab. Mit hoch
rothem Gesicht lag er in den Kissen.
Seine Augen waren weit geöffnet,
eher sie ftaerten mit leerem Ausdruck
Jnlvcttvandi tm- Qimnnsdesls »unm
und wenn nicht die schweren, fächeln
den Athetnziige verrathen hätten, daß
noch Leben in diesem bewegungslosen
Körper sei, so hätte man glauben
kbnnem einen Todten vor sich zu ha
en.
Bernd neigte sich über seinen Vater
herab und redete ihn mit einigen zärt
lichen Worten cn, obwohl er ja wuls
te, daß sie nicht mehr in das erstorbene
Bewußt ein seines Vaters klangen.
Nach Verlaus von Minuten erst, als
er jede otrnung aus den mu te,
vielleicht nncch ein chwacheö i
chen des Aufsehens zu erhalten, wand
te er sich dem Arzte zu und drückte
ihm die hand.
-Sie haben teine Hoffnung mehr,
Herr Dottor'f'· flüstert-— er.
Und der Gesragte schüttelte traurig
den Habs.
»Formen Sie denn aber gar nichts»
für ihn thun? Läßt sich nichts ver-«
suchen, ihn ins Bewußtsein zurück
zurusen?« .
»Es würde doch alles umsonst sein. ;
Und als ich ihn neulich aus die Gefahr j
eines Schlagansalles ausmerlsatnj
machte, nahm er mir das Versprechen!
ab, ihn nicht nutzlos zu quälen wenns
eines Tages das Gesiirchtete eintretenj
sollte.« (
»Sie müssen das mit Ihrem Erzi-l
lichen Gewissen abmachen, Herr Dol
torl Und nsenn es nur noch das
schwächste Hoffnungssiinlchen gäbe, s
dürsten Sie sich an ein solches Ver
sprechen selbstverständlich nicht gebun
ten halten.
»Mein sage-. Sie dass Jhr Vater
ist mir der liebste unter all meinen
Freunden. Und die Hölste meines
eigenen Lebensrestes würde ich unbe
denklich hingeben, wenn ich ihn da
mit retten kannte. Aber es ist vorbei.
Er wird aus diesem Zustande sanft
und schmerzlos hinübergehen in die
Ewigteit.«
Bernd athmete mühsam. Er wollte
sich mannhast Beherrschen, aber der
Schmerz preszte ihm wie mit einer
Eisensaust die Kehle zusammen. Es
kostete ihn Anstrengung zu fragen:
»Und wie lange noch kann es Ih
rer Meinung nach währen?«
. ch glaube nicht, daß er den Ein
bru der Nacht erlebt.«
Dann wurde sür eine lange Zeit
nichts mehr in dem Krankenzimmer
esprochen. Bernd hatte sich neben
derglassen und seines Vaters Rechte
in eine beiden hände genommen. So
rer rrte er lange i:r regungslosem
Schweigen »
Der Doktor-, den unabweisbare
Pslichten riesen, entfernte sich nach
Jeiner Weile«-teilt dem Versprechen, in
—1
einigen Stunden wieoerzurornrneik
Und auch Vernd mußte sich endlich
entschließen, seinen Platz zu verlassen,
um an Stelle des mitten aus seiner
Thätigteit atgeruienen Gutsherrn die
für die Wirthschast erforderiichen
Anordnungen zn treffen. Dann fec
tigte er einen Boten nach Frankenhas
en ab mit einem kurzen Briefchen an
ialve, in dem er ihr von der hoff
nungsloien Erkrankung des Obersten
Mittheiinng machte und es ihr anheim
gab, ob sie nach Röcknip fahren wolle.
»Nu: wenn Du ihm von herzes-.
ver eihen kannst, was er Dir on Bit
tet eit und Unrecht zuger t«, schrieb
er, »sollt Du an sein terbelager
treten. enn ich will nicht, daß in
seiner Todesstunde jemand um in
beei,tdsessen Seeie einen Groll gegen i n
o—«
Er zweifelte keinen Augenblick, dass
sie kommen würde. Aber feine n
versicht hatte ihn betrogen. Der sie
kenn ohne eine Antwort von Mode
«uriick. Er hatte den Brief an das
Eidchen ousgehändigt und dann so
aleich wieder den Rückweg eingetreten
Stunde unt Stunde wartete Bernh
vergebens auf ins Erscheinen seiner
Frau. qihr Auidleiben bedeutete die
ersie· ge e Entiiiuschung, die sie ihm
bereitete. Denn seinem Geiiihi nach
hätte sie nicht-; odhatten disk-sen ans
der Stelle zu Ihm zu eilen. Daß sie
, nicht korn, war ihm ein Beweis ihrer
W
Unversöhnlichteit, und er sühlte sich
davon ties verletzt. Aber seine Gedan
len gehörten heute vor allem dem ster
benden Vater, an dessen Bett er ssst
ununterbrochen weilte. Gegen Abend
war der Arzt wieder elommen und
hatte ihm nach einem litt aus den
Patienten bedeutet, daß das Ende
nahe sei. Aber die zä Soll-annua
tut des Obersten lämpte einen schwe
ren, hartnäckigen Kampf gegen den er
rarmungslosen Würgey der seine
Hand nach thn ausgestreckt hatte. Ge
gen Mitternacht erst stellte sich der rö
chelnde Athem, der während der len
ten Stunden schon mehr als einmal
ausgesetzt hatte, nicht wieder ein, und
ter Doltor, in dessen Gesicht es ver
dächtig zuckte schloß seinem alten
Freunde mit sanster Hand die Augen
zum ewigen« Schlummer. ·
Schon las-ge vorher war aus
Bernds Bessehl im Sterbezimmer und
in dem an toßenden ebenso schlichten
Raume nach ehrwürdiger, ländlicher
Sitte alles versammelt worden, was
zum ause gehrrtr. Und nachdem der
verwaice Sohn Stirn unt-Lippen des
Entschlasenen gelüßt hatte, trat einer
nach dem unteren heran, um in ehr
surchtdvollem Schweigen ten letzten
Abschied zu nehmen von seinemherm
der ihnen allen ein guter und gerechter
IHausvatet gewesen war. — —- —— —
) Jn der Frühe des nächsten Mor
gens war Bernd nach laum weistiin
L igem Schlummer aus dem ege nach
; Ironie-ihrigen Da seine dauernde
jAnwesenhert aus Röcknitz jetzt drin
.gend erforderlich war, mußte er un
verzüglich die nöthigen Anordnungen
sür die Ueberfiihruna seiner unent
behrlrehsten Essetten tresfen Und es
drängte ihn überdies, aus Malves ei
genem Munde die Erklärung iijr ihr
seltsames Benehmen zu erhalten«
Vor dem Portal des Schlosses hielt
er sein Pferd an und ries, ohne abzu
sidem einen der Diener zu sich heran.
«Melden Sie dem gnädinen Fräu
lein, daß der Oberst von Tegerndorf
in d» lobt-n Neu-M innft entschlnfeei
sie. Vor meiner Rückkehr nach Rad-«
nitz werde ich nir noch erlauben, dem
aneidigen Fräulein meine Aufwartungv
zu machen.«
»Ja Befehl. Herr Baron! Es iit
auch ein Brief fiir den Herrn Baron
eingetroffen; ich werde ihn sogleich
holen."
Er iarn nach einer Minute zurück
und Bernd ertannie auf dem Umschla
ge, der eine amerikanische Briefrnarie
trug, die Handschrift feines ehemali
gen Sozius Hillnren Während er
langsam durch den Part ritt, er
brach er das Schreiben und überflag
seinen Inhalt.
Der gewissenlofe Mann, der glück
lich in einein fiidamerikanifchen Ha
fen gelandei war, hatte in einer spö
ten Anwandinng von Schamgefiihl
das Bedürfnis empfunden, sich vor
ihm ·u rechii:riigen und ihn wegen
der edriingniß, in die er ihn ge
bracht. um Verzeihunq zu bitten.
Es war nichts als hittere Verach
tung, was sich in Bernd regte. wäh
rend er die leeren Phrafen des lang
athmigen Briefes las. Plötzlich aber
iarn er an eine Stelle, die ein Ern
pfinden ganz anderer Natur, ein Ge-v
fiihl des Er,chreetens in ihm auslöstr
Denn IzFillmer schrieb:
» as nrin die beiden Wechsel
betrifft, die das Banlhaus Roms
darf u. Becker von mir tief-Pt, unt,
deren unniiltelhcrr benortehende
gölligkeit mich in erfier Linie zur
lacht getrieben, fa fürchte ich nicht«
daß hnen daraus allzu roße Un
anne rnlichteiten erwachsen tön
ien. Ludwig Nainiedarf wird Ih
nen fe eniiher schwerlich den rück
sichie aer Gläubiger spielen. Jch
hatte durch einen Vfall erfahren,
daß er var Jhrer erlahung mit
dem räulein Vreiienhach einer der
eifrig ten Verehrer Ihrer jeyigen
raie Gemahlin gewesen fei. Und
efe Kenntniß var allem brachte
mich aus den Gedanken, mich an
·
W
ihn um Rrediigewährunr zu wen
den. Ja- wußee es, da ja m Gei
des leider steht dringend bedurfte,
g darzufteten, als wenn er rnri
r Herze-be Ihnen und darnit auch
Meer attin einen unlchayharen
enst erwiese. Und ich hatte mich
damit nicht etiiuschi. Es war
ohne allen Zweßel seine alte Erge
benheit, die ihn bestimmte, nur ge
fällig zu sein. Und dieselbe Eins
pfin un· wird ihn voraussichtlich
auch ab lies, allzu rigorcs ALan
Sie umzugehen Ein gutes Wort
aus dem Munde Jhrer Gattin
wird ·edenf«—.lls genügen, ihn so
nachsi ti zu stimmen, als Sie es
nur tviin chen tönnen.«
Jn leidenschaftlichem Zorn zer
iniiterte Bernd das Blatt, das ihm
eine so befchinrende Aufklärung fiir
manches bisher Ilnverftandene brachte,
und ugleieh gab er seinem Braun-n
die poren, um den kurzen Rest fei
nes Weges in raschefier Gengart tu
riiciznie en. Es gab fiir ihn keine
Un ewi heii darüber, daßhillmer die
ro e Wahrheit schrieb. Alles, was er
nach dem Zusammenbruch erlebt hatte,
war ja nichts als eine unzweideuiige
Befiiitigunq dieser DarftelEung. Mal
ves Zuversicht aufRainsdars freund
liches Entgegeniornrnem die unge
schäfismiißigeBereitwilligieit, mit der
Rainsdarf ihm, der keinerlei Bürg
ichafi zu bieten vermochte, einen belie
ltg langen Kredit hatte einräumen
wollen —- sie hatten ihn ja schon da
mals stuzig nmchen müssen, wenn er
nicht vo des fchranienlosesten Vet
trauens zu feinem Weihe gewesen
wäre. «
Und sie haiie es iiher sieh gewon
nen, ihn dar-r- ihr Verfchweigen der
Wahrheit zn hintergehen! Denn sie
hatte natürzich gewußt, welcher Art
Rainädorfs Empfindungen für see
waren. Jhr ganzes Benehmen ke
wies es ja, daß sie es gewußt hatte.
Wäre sie selber frei ron jedem Bors
wutf gewesen, was in aller Welt hätte
sie abhalten können· autrichttg gegen
ihn zu sein? Hier est-b es ein Ge
txeimniß und auf der Stelle mußte sie
ihm Rechenschaft datiibee geben.
Er sprang voe der Villa aus dem
Sattel, kies einen in der Nähe ar
beitenden Gärtneeburschen heran, um
sein Pferd zu halten, und stürmte in
das Haus« -
»Ist die gnädige Frau noch im
Schlafzimmer?« stagte er das Mäd
chen, ras ihm mit metttviiidig verte
aenem und verängstigtem Gesicht ent
aegentam. Und wie von einem Faust
schlage getroffen, taumelte et zurück,
cis die Geseagte zögernd erwiderte:
»Die anädige Frau ist schon seit
aesteen Ratmittaq satt, Heer Baron!
Sie ist diese Recht gae nickit mehr im
Hause gewesen-«
»Was heißt das? Was reden Sie
da? Sie ist also drüben im S lossei«
»Ach nein. anädiaer Here! ts ich
das Schtaszixnmet heute seiih leet
sand. trat das ja auch mein erster Ge
tante, und ich ging gis-ich hiniihee, um
zu fragen. Aber niemand im Heeren
ltause hat seit gestern die gnädige
Frau pesehem Und eä ist gewiß, daß
ne mit einem Handtosser nach der
Bahnstation genannten ist. Ein vaae
Leute aus dem Dorfe haben sie ge
tehen.«
Fortsetzung folgt.)
Stets machen nur die Dummen in dee
Welt
Den größten Lärm. das meiste Wetter;
Vom geiinen Laub vernimmst du tei
nen Laut,
Es taschetn nur die diieten Blättext
I O O
Bei den Schiedsgerichtjhesptechum
gen in London taten sidk die österreichi
schen Und die ungati ehen Delegaten
hetvor. Merkwürdig, daß sie der Welt
eine Medizin verabreichen wollen, die
zu Hause zu nehmen sie sieh behaeelieh
steiiubenl
hat)- -M3ch!en S’ mit net den Gesellen thun und durchs Hintetthüil geh
i Dotfbadet Un ein-m Fremder-. den er beim Nasid-en übel zugericht.
auf der Streif-I san fes g’rad’ so pikt OWN