Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 10, 1906, Sweiter Theil., Image 9

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    -— —
Yebraska
Staats-Zuzug« und Yerold
——-——
· Ja verwan
Von-Otto Ptombe:.
—--.—
Te leichem Lan
tsfjeße jeden die Tage
Was nützt die Klage?
Wach’ auf! Wach auf!
Laß allen Tand
Und tnechtischen Jammekz
Schwing’ kühn den Hammer
Mit starker Hand!
Und mag die Gluth
Auch unten sprühen —
Ein e rliches Mühen
Macht vieles gut·
Der Brand verloht!
Weis dem, der säumte
Und —- sich verträumte.
Bald tomknt der Tot-.
Pfuscherei.
Humans-te von K u tt T h Te r a e n.
»Nein, nein. um keinen Preis·!«
sagte der alte Rath zu mir, als ich
um seinen Beistand ine iner delikaten
Angelegenheit gebeten hatte. »Ich
habe mir geschworen, nie wieder in
das Rad der Geschichte einzugreifen.
Wenn der rr durchaus seine Kell
nerin betrat n will — dann nur zu!
Mich bringen zehn Pferde nicht mehr
von meinem Prinzip —- die Hände
von anderer Leute Privatassären zu
lassen —- ab."
»Ja, Herr Dototr«, wandte ich ein,
»wenn es sich nun aber um das Glück
eines Menschen handelt. Lchmer ist
nur momentan in einem ganz tollen
Rausch, in welchem er einfach unzu
rechnungssähig ist. Wenn er das
Mädel that ächlich heirathet, ist seine
gar- e Catriere verp«uscht.«
» ch will Ihnen nur einen Rath
Leben, lieber Freund«, meinte hierats
der alte Herr, ,,lassen· Sie die Sachen
sich selber arrangirenu nd versuchen
Sie um des Himmelswillen nicht,
Vorsehung zu spielen. Derartige
Dinae tann man unmöglich in richti
ger Weise drehen, und steckt niun seine
Hände hinein, so weiß nmn nicht,
was wassiren kann· Ich habe das
an mir selber erfahren. Jch habe esp
mal den Lauf des Geschickes torria·r
ren wollen, und das kostete mich einen
lieben Freund und ein noch liebercs
!l«.ltiiedl.« .
Jch bat: »Wä» es unbescheiden,
wenn ich Sie bitten würde, mir dir
Geschichte zu erzählen?«
»Aber durchaus nicht. Jch will sie
Ihnen gern berichten, damit Sie sel
bcr Jhrrn Standpuntt in Jhrersache
danach bestimmen können«
Wir gingen zu samtnen in tin tlei
nrs Weinlotal, und nachdem wir eine
Flasche vor uns hatten und die Ci
narren glommen, begann der alte-Herr
mit Behagen.
»Die Geschichte spielt lanac Zuriirt
Ich hatte meine Studien aus der X’
schen Universität beendet und sollte 4"
Wochen daraus nach Berlin iibersiess
del-r, um dort einen Posten zu über-J
nehmen. Nun hatte ich einen Freund, ;
einen tadellosen Kerl, es sei dennJ
man rechne ibrn seine übergroße Un
rntschiedenheit als Fehler an. Vier
Jahre lang waren wir nebeneinander
hermarschirt, so daß ich ihn und seine
Assären vollständig tannte. Wir ver
lehrten viel in einer töchterreichen Fa
milie. Eines Tage-Z kam er zu mir
und sagte: »Ich habe entschieden Pech.
Ich glaube, ich werde nie im Leben
wirklich glücklich sein können. Mir
schnappte immer ein anderer vor der
Nase weg." ·
Jch fragte, was er habe.
,,Martha hat sich.verlobt! " stöhnte
er mit todestraurigem Blick. Jch ent
gegnete, dasz ich mich steue, daß das
steigende Mädel einen Mann gesunden
ha .
,,So«, sagte cr. »wir nun, Ioenn iili
sie geliebt hätte-Z« Jn seinem Ton lag
sc wag wie höhnische Resignation."
Jch alchte ihn aus und ries: »Men
. faxeniind, sei nicht so komisch! Wenn
Du sie geliebt hättest, so wärst Du
hiitsch hingegangen und hättest sie ge
hiirathet.«
»Hei-mitten ist eine Sache, die übers
legt sein muß", antwortete er matt.
»Man ist nie sicher, ob man die Rich
tige erwischt. Und ganz abgesehen da
von, halte ich es einsansiir eine Be
schneidung meiner enschenrechte,
wenn mir verwehrt wird, enir die
Sache ert zu iiberlegen Ich habe
eben Pe und dagegen ist nichts zu
iuachent Das ist nun die Dritte, die
mir vor der Nase weggenommen
mird.«
Jn seinem Tone lag etwas so tief
Tragisckyi, das mich unwillkürlich
zum Lachen eei te. Jch ries: »Mensch,
Freund, Geno e, Du tannst doch nicht
ein halbes Dutzend heirathen?«
Und er immer in der gleichen resi -
nirten Weise: »Das verstehst Du ni it
—- ich bin ein« anderer Mensch als
Du! —- Du weißt, daß ich seit acht
Jahren bei Kiihns aus- und eingehe.
Nochv or vier Jahren war das ein
göttlicher Gean. Den-te Dir: vier
Mädchen im Hause, und alle verschie
dene Ihnen, und jede schön und lie
lsenswerthl Fiir «ede Stimmung et
wasz war meine eele schmerzbewegt,
so ging ich zu Rathe, die mich, mei
nen Kummer mitstihlend, anhörte und
immer tröstete, schon durch ihr Zuhiis
ren Mithe ist vor drei Jahren siir
mich gestorben --— das hett verheira
thetl —- Dann war Lotte, in deren
Gesellschaft man sich eins-ich wohl
fiiylen mußte, ob man wollte oder
IF
nicht. Ja ihrem Wesen la eine wohl
thuende Sicherheit »—— au sie ist todt
siir mich —- anch verheiratheti«
»Nun ist auch Martha futlch —
Martha, deren braune Augen sc- lachen
lonnten.«
ch hatte ihm lächelnd zugehöri. Als
er chwieg und mit verlorenen Augen
zum Fenster hinauösah———mir ist das
Bild noch ganz klar in der-Erinnerung
——ba sagte ich: »Nun bleibt nur noch
eine, Dorel Und wie halb wird auch
die den Weg altes Fleisches geben«
Mein Freund meinte: »Dore ist ein
mächtiges Mädel· Jhr Körper ist bieg
sam wie eine Gerte. Sie spielt auch
fein Tennis. Ueberhaupt Dorelt Jch
werde fiiir die Sache «iiberlegen.« Er
machte eine .use und fuhr dann
fort: »Ach ruhet, dass waren doch
prachtvolle Zeiten. Wenn iclk Sultan
gewesen wäre, hätte ich die ganze
Flügmscke Familie gekauft, Mutter
Kii n einbegriffen« Selbstverständ
lich machte ich ihm das Unmoralische
seines-, mit unserem christlichenStanb
pnnlte gar nicht zu vereinbarenden
Wunsches klar und nannte ihn einen
dreimal gesottenen, alten Türken
Ein halbes Jahr später beniitzte ich
die Gerizhztssetiem um nach dein alten,
lieben este zurückzulelzken Alles
war danoch beim Alten. ein-Freund
verkehrte, nach wie vor, in der Rührs
schen Familie nnd erzählte mir bie
Ohr-en voll von den Vorzügen des
moch übrig gebliebenen Mädels «
Dore hieß sie. »Gut«, sagte ich,
»warum heirathest Du sie nicht«-«
Mein Freund druckste hin und her
unt blieb dabei, daß so was- itberlegt
esin wolle. Jch fragte, ob er sie sitt,
zur Frau wünschen möchte« vag er»
bejahte. Nur nseinte er, man wüßte
nie, ob man sollte oder nicht sollte
Als- ich einwarf, daß er tvahrschein
liest solanqe zögern würde, bi- er- zi:
spät sei, wie bei Der-eng Schwestern,
entzieanetse er: ,,.c"ieine Sorge-, momen
tun ist bei Kühns die Luft rein void
heirathzsiihigen Iltännern.«
Der alte Rath beugte sich nayer zu
mir:
»Geber« Sie, lieber Freund, jetzt
fängt meine Geschichte eigentticti erst
au. Jchh abe Jhnen nur Kur Erklä
rung einige Praliminarien unftilchen
müssen Jetzt machte ich die verfluchte
Dummheit, eines Menschen Geschia
lorrigiren zu wollen » das Ergebnis
war kläglich. An und fiir sich war
meine Idee gar nicht so übel und Sis
iverden zugeben, daß ich so richtig, ask
es menschenmöqlich ist, taltulirt hatte,
indem ich menschliche Sschivkixircu aus«
ziiniitzen sucht-n Jch ging tu einer
jungen Dame, einer Cousine Boreas-,
ans welche ich, ganz nebenbei bemerkt,
ein Auge hatte. Wenn ich ganz offen
sein sollte, so mußte ich gestehen, das;
ict mir die betreffende Dame bereits
als mein zukünftige-i Gespong ansah»
und da ich nur noch auf eine Klärune "
meiner Zukunft wartete. um ihr mei-:
nen Antrag dnnn sofort zu machen
Zu dieser Dame ging ich also unt-.
tagte ungefähr: »Mein Freund X
liebt Jhre Cousine Dore, ist aber ein
energieloser Mensch —- an feinen son
stigen Qualitäten ist nichts zu tadeln ;
Da er, ohne gewaltsame Mittel, nie(
u einer Entscheidung kommen würde,
so müssen wir, ich halte das atzf
meine Bundespflichu die Sache for
ciren. ein Freund ist eisersüchtig,
lsis in’s Schivefelgelbe. Darauf
bauend, müssen wir ihm einen Rivas
leu besorgen, welcher Jhrer Cousiuc
aus Tod und Leben die Kur fchneidei,
notabenc: nur rein äußerlich. Multi
pliziren wir seinen Männerstolz mit
feiner aufgeftachelten Eifertucht, so
muß das Fazit: Verlobung! Heirath!
find Glück bis zur Bewußtlosigteit
ein.«
Natiirlich lachte das junge Mädchen
mich aus und suchte mir tlar zu ma
ellen, daß dere iusachste Weg sei. man
verständige Date, so dasi diese der
agressive Theil werden könne. Jch
hatte das aber längst schon verworfen,
indem-ich X’s Feingesilhl in Betracht
zog, welchem jedes Entgegenlommen
von weil-lieber Seite als unweiblich
erschienen wäre.
Na, um kurz zu sein: sacht Tage
daraus trat ein entsetnter Ccufm mei
ner Helfershelserin das Amt eines
Strohvetehters an, und mit solchem
Erfolge. daß mein Freund in größter
Aufregung auf meine Bude gestürmt
lam, seine Fauste aus meinen Tisch
schlug, so daß das Tintensasz hock
eussprang Gleichzeitig tnirlchte er
zwischen den Zähnen: »Der Teufel
hole alle Cousinöt Man weise nie,
njie man hält bei diesem Geschmeid
Man sollte sie einfach, von Geschw
nzeaem ausrotten mit Stumns und
Etiel.« Selbstredend freute ich mich
nesslich über die Wirkung meines
Planes, stellte mich aber vollständig
harmlos. Aus meine Frage-, was
ihm in die Quere gekommen sei, sah
ersinich mild an und schrie:
«,,Was, Du weißt es noch nicht? Bei
tinhns ist seit ein paar Tagen so ein
Ekel ansgetancht und erlaribt sich un
ter dem Deckmantel der Verwandt
schaft allerhand Vertraulichieiten
Date gegeniibet.«
Jch entgegnete: »So, sp IS Alst
auch Dore!«
Er fuhr auf: »Wie meinst Du
das?«
,.«,O rief ich ganz bescheiden, »mei
ne Meinung ist ganz nebensächlich!«
Einige Tage daran gingen wir zu
sammen zu Kühns und dort lernte ich
den wackeren Cousin kennen, ein flat
teg Kerlchen mit noch flottcremMunds
wert und augenscheinlich reichlicherEr:-s
fahrung im Unigang mit Weiblichkei-«
ten.
Mein Freund biß die Lippen auf-«
einander und öah melancholisch zu.
wie Dore mit i rem Cousns Tennis
spielte. Die andere junge Dame war
auch anewfend und kam auf uns zu
und suchte meinen Freund aufzuhei
tern. Sie flüsterte mir zit: »Den
arme Kerl«. woran ich antwortet:
»Macht nichts-! Medizin fchmecktj
bitter!« z
Die darauf folgenden vierzehn-Tage
oder drei Wochen waren fiir mich eine (
unversieghare Quelle von lachtnustel
reizender Komik. Mein Freund be
mühte sich auf alle möglicheWeise, sei
nem Conturrenten den Rang abzulau- t
sen. Dore ward förmlich mit Blumen
bo-nbardirt, und der andere entwickelte
auch hierin einen wahrhaft nervener
schütternden Eifer. Nach DreiWochec
ungefähr war mein Freund reif undt
bereitete sich,zum letzten Sturm vor.
Aber es dauerte immer noch cineWochc,
ehe er seinen Gebrock und die unver
meidlichen weißen Giacees unterir, um
seinen Antrag zu machen. Vor dem
schweren Gange tam er noch einmal zu
mir, und ich ertheilte ihm meine viis
terlichen Rathschlägc und freute mich
! königlich am Gelingen mein-IS Planes l
In meiner Freude war ich zu allem
Fähig, und bekanntlich stecken Verlo
slsungen an. Daher sagte ich zu ihm,
alr er die Treppe hinunterstieg: »Mot
aen folge ich Deinem Beispiele und
. rerioke mich auch-« Er wollte natür
;ti-.t: wissen, mit wem, ich sagte aber
Euurz »Du wirstUz schon zeitig genug
sehen addio!«
Keine zwei Stunden waren vergan
gen, Da wurde die Korridorgtocte ge
rissen, so daß ich wüthend aufsvwng
iuud hinaugeilte, um den ungehörigen
ttlingler zu riiaen. Wer kommt her
ein-? Mein Freund X, den ich in den
Armen seiner Braut wähnte! Seine
Es.irnadern waren geschwllcn und
seine Augen brannten wie Konten. Er
schin mich rasch in mein Zimner zu
riict und schlos; die Thür. Dann
nackte er meinen Arm und zischte:
",.Der Lump ist mir zuvorgekommenP
,,Wae?« fragte ich und gesror fast
zu Eis vor Schreck.
»Ja, dieser etelige Schleicher begeg«
nete mir in der Nähe von Kiihns; er
tam gerade von dort. Und da sagte
er mir mit hiimischenGrinsen, er habe
sich soeben mit Dore verlobt."
»Nicht möglich!« stammelte ich. »Er
hat vielleicht nur gescherzt?«
»Ganz und gar nicht. Die That
sache steht fest. Jch bin wieder der
Lackirte. Himmel, Hölle! Jch habe
mich zusammengenommen und mit
heiterem Lächeln gratulirt. Erwär
geu hätte ich ihn tönnen.«
Jch konnt-e ec- immer nocti nicht tat
sen und drängte »Du irrst Dies-,
sicher. Es ist Ia absolut unmöglich
Es ist ja gegen Unsere Abwachunasp
Er sagte: »Ach wag, Alsmachiinal«
obgleich er nichts ahnte. Jch tam mir
vor, wie ein begossener Pudel. Ten
sel, wie man sich täuschen lannl Ali-·
dkm Spiel war Ernst geworden, uns
der Strohmann hatte ernstlich Feuer
gefangen. Da sprang mein Freund
plötzlich auf und lachte: »Nun ist ei
ganz egal, wie es wird. Ich habe dir
Zögerei und Zieherei satt So oder
sot Die,Lawine ist ins Rollen gera
then —« und Gott weiß, was für Un
sinn er noch schwatzte. Und sort· war
er, ehe ich ihn noch beruhigen konnte.
Dich dachte nicht anders, als er wollte
ich’g Leben nehmen. Jn fürchterlich
ster Zerlnirschung verbrachte ich die
nächsten Stunden. Jch wagte an gar
nichts u denken — ich sah ihn im
Geiste schon als blutige Leiche. Die
Geschichte nahm aber einen total un
erwarteten Vetlaus.
Der unglückliche Freier lam schon
nach einigen Stunden wieder zu mir,
etwas verlegen zwar, aber sonst strah
lend und selig. Jch staunte. Als er
aber gestand, daß er sich soeben mit
Poren-s Cousine verlobt hat«-, lachte
Ich laut aus undh ielt ihn siir überge
schnappt. Er aber versicherte:
« »Warum nicht? Rosa ist tin-h eben
to nett, wie die andere, und außerdens
scheint sie mir schon lange zugethan
gewesen zu sein. Feine Partie! Gelb
ist auch da! Was will ich mehr-W
Jch wollte ihm an die Kehle lptin
feu, aber meine Arme waren zu
»cblapp vor Schrecken. —Rosa, aus die
ich selber reslettirt hatte; Rosa, die
ich am solgenden Tage fragen wollte,
ob —- Dazu fragte mich mein Freund
noch: ,,Na,u nd morgen kommst Du
dran! Das ist göttlich. Du, wir
feiern zusammen Hochzeit!«
Ich murmelte etwas von aufschn
ben und er hatte die Frechheit, mir zu
rathen: »Du, dieAufschieberei hat tei
uen Zweck! Man ist nie sicher, ob sie
einem nicht weggeschnith wird!«
Der alte Rath stand auf und, obs
gleich er zu lächeln schien, bemerkte ich
doch einen leiclnen Schatten in feinen
Augen. ,,Adieu, lieber Freund! Pfu
schen Sie ja mcht dem Schicksal ins
H.1ndtrerl!««
Und so ließ ich denn meinanreund
Lehmer feine Flamme ehelichen, ohne
meine Hände zuv erbrennen.
Of—
«Napoleon5 ceibmameluck
Ein kläglich-es Schauspiel boten die
,,.Helden« des ersten Kaiserreiches, als
das Glück feine Hand von ihremHerrn
und Meister abzog. Die Schuld daran
trifft den Kaiser selbft. Außer bei we
nigen Männern, deren lautern Cha
ralter er fchä te, baute er auf die Ge
fallsucht der ienschem er ftachelte mit
talter Berechnung ihren« Ehrgeiz und
ihre Habgier ins Ungemessene an, um
sied urch Befriedigung ihrer Wünsche
an sich zu ketten. Der furchtbare Men
schenkenner gab sich keiner Täuschung
darüber hin, daß er von einer Horde
von Raubthieren umgeben .var, die
ihm zu Füßen krochen, wenn er ihnen
reichen Fraß vorwarf und scheu knur
rend zurückwichen, wenn er dieStahl
Peitsche hob, die aber gegen ihren Bän
diger anspringen würden, sobald das
Futter: Kriegsehrem Fürsteutiteh Do
tationen. Brandfchatzungen befiegter
Länder, mangelte und er dir Peitsclxe
niilkt mehr in ficherer Faust hielt.
Nicht besser als die Großen desReL
its-ers benahm sichR nftan, der berühmte
.LeibinameluckNatioleonL-, der in volks
thiiinlicben Anetdoten als Muster
treuer Ergebenheit gilt. Nanoleon
trachte aus Aegnpten eine Leibwache;
mit, die er dort aus Griechen, Konten I
Sz)rern, Negern zusamniensgezefen hat-« !
te. Obschon die-Schaulust der Pariserl
our chdie Ereignisse des letzten Jahr
zehisig sehr abgestumpft worden war,
hatte der tiirtifche Garde doch einer-.
großen Erfolg; allerlei düster blut
künftige Legenden tauchten auf, wenn
die bunte Schaar bor dem Wagen der
zerrisulg dahersprengte im Schmuck ih
rer abenteuerlichen Trachten, mit lan
gen Flinlen, Lanzen, den Gürtel voll
geftopft von Pistolen, Dolchen einem
krummen Yatagan Bonapi.1rie, det ei
Lelien von fortwährenden Verschwö
rungen bedroht war trug dazu bei,
den unheimlich-en Ruf feiner Begleiter
zu mehren; irn Privatleben Ivaren die
fürchterlichen Krieger harmlose. sanft
uiiithige, etwas träge Leute, aber von
erprobter Tapferkeit. Eine besondere
Vollsthümliehteit genoß der Mamelucl
Ruflan. Ruftan war in Georgien ge
boren und fünfmal als Stlave ber
iauft worden, als cr in Lairo dem
General Bonaparte vongefiihrr wurde,
der nach landestundigen Führern
suchte. Nach Ruftans eigenem Bericht
zog ihn Bonaparte, wie es feine Gr
tvohnheit war, zuerst am Ohr und er
kundigte sich dann, ob er reiten könne
und den Säbel zu führen wisse. Rustart
bejahte, erzählte, daß er schen mehrere
Araber niedergehauen habe, und zeigte
eine Narbe als Beweis der beitandenen
Flämpr Der General fand Gefallen
an dem hubfcrem rrafngen Burschen
und nahm ihn i.i seinen iJIenst. Schon
an demselben Abend trug Rrxstan das
Essen auf und schlief dann quer vor
der Thür sein-IS Herrn. Bald daran
schiffte sich Napeleon nach Frankreich
ein. Er verhätschelte Ruitan wie
Friedrich der Große seine Windspiele
Als einige Spaßbögel Rustan bang.l
gemacht hatten, man werde ihm in
Frankreich den Kon abschlagen, be
ruhigte ihn Napoleon, er solle nichts
fürchten, bald werde man in Paris
aiilangs:n, und da gebe es hübsche
Frauen und Geld in Menge. Rustan
zeigte bald die naive Unverschämtheit
verwöhnter Dienstboten. Auf dem
Schiff befanden sich zwei Ziegen, die
zum Frühstück Bonapartes die Milch
lieferten. Fischer, der Kammerdiener
Napolecns, benutzte seinen Posten, unt
sich einen Theil der Milch zuzuführen
Rustan sah das mit neidischen Blicken,
beklagte sich bei seinem Herrn und er
reichte seinen Kassee mit Mil:i. Wenn
Bonaparte Abends nicht auf der
Schiffsbrürke bei einer Papierlaterne
las, spielte er .uarten; seinen Gewinn
theilte er mit Rustan. Jn Paris war
Rustan bald eine bekannte Persönlich- ;
leit. Sein prunkvolles Oper-einstw
stiim, weißer Turban, roth Sammet
weste, weite Pluderhosen und fein
prächtiger Schimmel erweckten Bewun- «
gerung; am Taae der Krüman Nat-o
Zeons erschien er in zwei Kostiimen,
die Jsabcy entworfen hatte, und die
9000 Fres. kosteten. Ueber-Jll, wo
der Kaiser war, war auch Rustan; die
Fremden betrachteten ihn als eine
Merkwürdigkeit von Paris, der Mo
niteur —- anch damals waren die
Zeitun en rechte Klatsdgbasen und die
Leser fehr begierig nach Klatsch —
berichtete die Aeußerungen, die er ge
than, sein Bildniß tosar in Tausenden
von Exemplaren Verbreitet, obwohl es
noch keine Ansichtspostlarten gab.
Napoleon blieb ihm nach wie vor
igewogem er gerieth in Zorn, als ein
»Diener Rustan einst Sklave genannt
Ihatte: ,,Sklave? Hast du denn nicht
ideinen Dolch? Oder doch wenigstens
einen Stock? Sklave? Bin ich etwa
ein Bey oder ein Pascha?« Er über
häufte ihn mit Geld und anderen Ge
.schenlen, als Neujahrsgeschenl erhielt
er z. B. jedes Mal 5- bis- 600 Fres.
Auch den Spielgewinn, der sich oft auf
mehrere Hundert Franken belief, trug
häufig Rustan davon. Das- Vertrauen
des Kaisers- zuRnstan war unbegrenzt,
er schlief stets im Vorzimmer vor dem
»Schlafgemach des Kaisers nnd zeigte
auch- in seinem Dienst die durch nicht-II
zu beirrendeHartnäckigleit eines treuer
Wachhundes. Die Königin Hortense
malte ihn und sang ihm, als er wäh
rend der Sitzung einschliei. Lieder vor,
um ihn wachzugalten Als Rustan die
Tochter eines huissires der Kaiserin
heirathen wollte, beseitigte der Kaiser
mit einem Machiwort alle Schwierig
keiten, oie sich derEhe entgegenstelltern
da Rustan Mohammedaner mar, nnd
bezahlte das Hochzeitsmahl, das in ei
nem vornehmenRestaurant abgehalten
mnrde und 1341 Fres. kostete. Die
Wirkungen des guten Lebens ließet-.
nicht aus sich warten; der schlanke
Rustanw urder und nnd fett. Der
Kaiser pflegte um 6 Uhr Abends- die
Hauptmahlzeit einzunehmen, für dac
Nachtessen hielt man ein kaltes-, ge
bratenee Huhn bereit, das er jedoch
nur selten verlangte. In Schön
lsrunn hatte sich nun der leckerhafte
Rustan trotz des ängstlicher-, Ein
spruch-» des stammerdienerski iiber daCJ
kaiserliche Hulm hergeniacht und schon
einin Erl-,enlel und einen Flügel ver
tilat, als der Kaiser schellte und
Nacht-essen befahl. Bebend brachte der
Diener dag- ocrftiimmelte Bahn, aber
der Gewaltige, Vor dessen aernnzelten
Augenbrauen Könige und Fiirsten zit
terten, lachte gutgelaunt, als- er hörte,
daß Rustan der Dieb sei.
Am 1. Januar 1814 erhielt Ruitan
ein Lotteriebureau und 5(),Us)0 Fres.:
drei Monate später, als sich das well
geschichtliche Drama in Fontainebleau
aufhielte-, zögerte er aus die Frage, ob
er den Kaiser nach Elbe-. begleiten
wolle, mit der Antwort und suchte
nach Aussliichtcin Das Gerücht hat
te sich verbreitet, der Kaiser wolle
Hand an sich selbst legen, und ein Die
ner sagt-e zu Rustan, wenn Das Ereig
niß einiräte, werde man klinstan aliJ
den Mörder hetreechtem der vorn Aus
land hestochen worden sei. Ruft-an wur
de ängstlich; m: Htten in derNacht verließ
er die Schwelle, die er 14 Jahre ge
hiitet, und eilte nach Paris Nach sei
ner Anat-be wollte er zu Napoleon zu
rücktehr .1, ehe er sich nach Elba ein
schiffte, aber er fand teinenWagen für
die Reise und hatte dadurch einen be
quemen Vormund zur Beruhigung sei i
ne5 Gewissens Sein einzigerWunscl)!
war, nunmehr in Frieden die erwor
benen Güter zu genießen; die orienta
lische Faulheit kam jetzt vollends beii
ihmz um Durchdruch. Aber die lönig
liechn Behörden hatten von ihm eine
andere Vorstellung Sie sahen in dem
settgeschwellten trägen Burschen noch
immer den ttiegerischen Mamelucken,
die Dogge, die allen Leuten blutsgierig
an die Kehle sprang, die sich derThiir
ihres-Herrn näherten, eine Art moder
nen Hamertana Ur wuroe polizeukchs
überwacht; es gelang ihn nicht, die
Regierung- Von seiner vollständigen
Unschuld zu überzeugen Als Natio
leon aus Ele zurückkehrte, bot Ru
stan durch einen Vermittler wieder
seine Dienste an, aber der Kaiser er-·
widerte: »Er ist ein Feigling!« Ru
stan war mit der-Abweisung recht zu- l
frieden; die Ruhe stand ihm über al
les, und vielleicht begrüßte er die
stunde, daß der Kaiser nach einer ein
samen Jnsel im Weltmerr verbannt
sei, mit einem Seufzer der Erleichte
rung. Ohne Neid sah er an seinem
ehemaligen Platz einen andern Mames
luclen Namens Ali, der aus Versail
les stammte und eigentlich Etienne
Saint-Denis hieß. Der rornantische
Krieger, der finstere ,,Stumm- des-s
Serails«, lebte still und vernünftig
wie ein französischer Philister. Durch
geheime Reisen nach Englang erregte
er jedoch wieder den Verdacht der Po
lizei, aber es stellte sich heraus, das
er auf englischen Jahrmärtten stirn:
runzelnd und augenrollcnd in dem
Kostum paradirte, das er bei der
Krönung Napolcons getragen hatte-.
Rustan liebte die Jagdu nd siedelte,
tun sie ausüben zu können, von Paris
nach Dourdan über. Jn dem Pro
vinzstädtchen gehörte erz u den Ho
noratioren. Man sah ihn, wie er
hemdärmelig im Gemüsegarten schau
selte; die IKinder lachten über die
Art, wie er die Worte verstümmelt-e,
denno rdentliches Französisch hatte er
nie gelernt. Die Kriegserinsnernnpm,
die er zum Besken gab, liefen W- L
sachlich auf die einkassirten Tri l
der und die Güte der leiblichen - Ir
pflegung heraus; wenn man ihn z. B.
über Ansterlitz befragte, hob er an:
,,Großer Hunger, kein Fleisch- nur
Kartoffeln in der Aschegebraten.«
Jm Jahre .1845, 64 Ja re alt,
starb ,,Papa Tarn« —- so hie Rustan
in seinem Städtchen. Jn der Ge
ssnchte lebt der feiste, satte, lächelnde
epießbürger fort als der mächtige
wilde Reiter, der vor dem großen
Cäsar dahinsprengte, als das Urbild
der Treue. Dem fleißigen Stöberer
in alten Papieren und Archiven, Le
notre, ist es zu Verdanken, wenn Ru
stan der Lorbeerkranz etwas zerzaust
wird, den er zu Unrecht trägt. Wenn
er auch kein ausgesprochener Lump
war, so waren seine Gesinnung und
sein Verhalten gegenüber dem Kaiser-,
der ihn iiber alles Verdienst mit
Wohlthaten überschüttct hatte, zum
snindestcn recht schäbia.
Pfeilgisttk
Der Tod des Hauptmann-s Thieer
im Hinterlande von Kamerun infolge
eines Pfeilschusses hat die Aufmerk- ,
samkeit wieder einmal auf das gefürch
tete Pfeig-ift, dessen sich manche Nas
tnrvölker bedienen, ·gelenkt. Das
Pseilgist wirdt heils dem Thierreiche,
theils dem Pflanzenreiche entnommen
Gistige Schlangen, Insekten, dann der
Saft einer Euphorbiacee, Strychnos
arten usw. geben das Material ab.
Auch Mischungen von beiden kommen
vor. Nach einer Darlegung in der po
pulär-wissenschaftlichen Revue »Der
Stein der Weisen« erfährt man Ge
naueres überd iese Mischungen sowie
tiber die Art, wie manche Naturvölker
mit der mörderischen Wasse, deren
Spitze in das tödtliche Gift getaucht
ist, umzugehen pflegen. Die Pfeile
.werden aus einem langen Blasrohre
(Schilsrohr, dünne Palmsihafte) ver
schossen. Die Jndianer bedienen sich
Edieses Instrumentes mit solcher Ge
schicklichkeit, daß sie aus eine Entfer
nung von 100 Msetern jeden Gegen
stand sicher tressen. Das Gift wirkt
unmittelbar; es zerstört die Empfind
lichkeit und verhindert die Flucht der
Thiere. Das Blasrohr ist Zoll lang,
das Jnnere ist glatt, der urchmesser
beträgt fast 1 Zoll. DerSicherheit hal
ber läßt man es gern aus einen:
Baumstamni ruhen. Der Pfeil ist mit
einem Bausch Baumwolle umgeben,
der das Rohr genau aussiilit und ge
gen das Blasen einen genügenden Wi
derstand leistet. Die Pfeilspitze wird
vom Zahn eines Fischesgelsild et, der
in einem Holzspalt mittels Pflanzen
faser befestigt wird. Das bekannteste
rer von den siidamerikanisck,.en India
nern benutzten, aus dem gistisgenSast
ciner zur Strhchnos-Famijie gehö
renden Liane und verschiedenen Bei
niischungen gewonenen Pseilgifte ist
das Curare. Mit ihnen bestreicht der
Judianer die Spitzen seiner Pfeile,
und so Vesehleicht er den ahnungslosen
Feind. Kein Geräusch verräth den
geübten, leise dahingleitenden Fus-«
kein Auge erkennt im dichten Gebüsch
das gefährliche Rohr, aus dem laut
los und sicher der gsefliigelte Bote des
Todes selbst aus 30 Schritte Entfer
nung das wehrlose, ungewarnte
Opfer erreicht, das bei der kleinsten
Wunde schon nach wenigen Minuten
unter heftigen Zuckungen seinen Geist
nur-haucht
Schwierig.
Bei einer Audienz bei dein vor kur
zem verstorbenen Bei von Tunis sagte
der Vertreter Frankreichs einmal im
Laufe des Gesvrächs: »Wie schade-,
daß wir Ihren schönen tunesischen
Himmel nicht nach Frankreich tr:.gen
tönnen.« »
Der General Valusi. der als Dol
nietscher fungirte, übersetzte"" fälsch
licherweise das Wort »Hirnmel« ins
Arabische mit ,,Zimmerdecke«. Der
Bei sah eine Weile seine schön gemalte
Decke an und erwiderte dann gelas
sen: »Das wäre in der That etwags
schwierig. Außerdem aber habt ihr
Franzosen auch schon Sachen genug
von hier weggetragen!«
»Das Hauptersordernis für jeman
den, der Karten spielt oder auf Pferde
setzt,« erklärte Herr Jmmerschlau, ,,ist
Konrage.« — »Gewiß,« meinte Fräu
lein Weiser-, »ich glaubs. Es muß eine
ganze Menge Kourage dazu gehören,
wenn ein Mann im stande sein will so
oft heimzukommen, um seiner Frau
nnd seiner Familie klar zu machen,
daß man tünftighin noch sparsamer
sein müsse.«
slt II- Il
Jn No. 283 erklärt der Berliner
Lokalanzeiaer: »Es ist ein sehr selteues
Vorkommnis-, daß sich ein Stör aus
der Wolga in die Warthe verirrt.«
Freilich, denn er war dann wohl auf
die Bahnverbindung von Nischnei
Nowgorod über Moskau nach Posen
» angewiesen, und das ist immerhin für
TStöre eine umständliche Art, aus ei
nem Fluß in den anderen zu gelangen.
It- sk II
DerkKönig Edward soll sich ent
schlossen haben, dem Rennsport zu ent
sagen. Er hat das Alter erreicht, in
dem man aufhört, ein Springinsfeld
zu sein.
si- si
Die Leidenschaft ist ein edles Roß,
das du vor jede deiner Tätigkeiten
spannen mußt. Halte es aber scharf
am Zügel, daß es nicht durchgeht.