Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 27, 1906, Sweiter Theil., Image 12

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    Maives Mitgift
Roman von Gurt garmsdorf.
(14. FortsehungJ
»Das wäre sehr chltrnm——sowohl
sit-r mich als sur hven Herrn Ge
mahl· Denn als Kaufmann lann er
nicht im Ungewifsez darüber sein, daß
Wechsel, die das legitime Atzept seiner
Firma tragen, unter allen Umständen
eingelöst werden müssen.«
»Das weiß er auch. Und es ist
cherlich nicht feine Absicht, Jhnen
as Geld schuldig zu bleiben. Aber die
Papiere sind schon in einigen Tagen
fällia, und in so kurzer Zeit kann er
die große Summe unmöglich auf
brin en.«
»Deinen Sie die Situation nicht
etwas zu schwarz ansehen, gnädige
rau? Jhr Herr Gemahl hat sicher:
lich Verbindungen, die ihm einenAus
leich ermöglichen Und sein Vater ist
siser eines ansehnlichen Rittergutes.
Ihm würde es ohne Zweifel ein leich
tes sein, die hier in Rede stehende
Summe zu heschaffen.«
»Sein Vater wäre der letzte ,den
mein Mann um hükse bäte. Und der
Oberst von Degendorf ist auch viel
leicht nicht so wohlhabend, als Sie
tandem Von dorther ist aus Bei
and keinesfalls zu rechnen. Und an
dere Freunde haben wir nicht. Seit
unserer Verheirathung hat mein
Mann jeden Verkehr mit den alten
Bekannten abgebrochen.«
»Ich danke Jhnen siir das Ver
trauen, gnädige Frau, das Sie mir
durch diese Mittheilung erweisen
Aber ich weiß nicht, was Sie in die
ser Sache von mir erwarten. Auch
wenn ich in Angelegenheit der Firma
anz selbstständig disponiren dürfte,
önnte ich doch diese Wechsel nicht ein
fach vernichten.'« f « «
.,Davon ist auch gar nicht die Rede.
Mein Mann würde von keinem Men
schen ein derartiges Geschenk anneh
men. Er wird seine Schuld aus Hel
ler und Pfennig tilgen, wenn Sie ihm
nur Zeit gewähren wollten, sich das
Geld zu verschaffen.«
Rainsdors sah wie in angestreng
tein Nachdenken vor sich hin. Erst
na langem Schweigen erwiderte er
ern : .
»Sie sagten, nädige Frau, daß
Sie ohne Vorwissen Jhres Gemahls
hierher gekommen seien. Sind Sie
denn auch sicher, daß er mit dem von
Jhnen ausgesprochenen Wunsche ein
verstanden sein würdet«
»Er theilte mir mit, daß er siir den
heutigen Nachmittag von Ihnen zu
einer Unterredung herbeschieden sei.
Er weiß, daß es in Jhre Hand gege
ben ist, ihn vor dem Aeußersten u be
wahren, und er würde es gewi sehr
dankbar anerkennen, wenn Sie ihn«l
durch Jhr Entgegenkommen die Mög
lichkeit gewährten, sich zu arrangiren.
Aber er wird sich schwerlich entschlie
ßen, Sie darum zu bitten. Selbst
wenn alles siir ihn aus dem Spiele
stände, würde er nicht im Stande sein,
sich vor irgend einem Menschen zu de
müthigen, und ich müßte dari in ohne
hoffnung von Jhnen gehen, tot in Sie
mir nicht versprechen könnten, ihri
den schweren Schritt großmüthig zu
erleichtern.«
»Ich verstehe vielleicht noch nicht fo
ganz, was Sie in dieser Hinsicht von
mir erhoffen. Aber ich möchte diese
siir mich überaus peinliche Erörte
rung sowohl um Jhretwillen, gnä
dige Frau, als auch meiner selbst we
gen so turz als möglich machen. Und
ich bitte deshalb, ganz aufrichtig sein
zu dürfen. Als sich Herr Hillmer
im Namen der Firma Hillmer u. Co.
mit der Bitte um Kreditgewiihrung
an mich wandte, zog ich. wie es in
solchen Fällelln selbstverständlich ist,
Ertundigungen ein« und was ich da
erfuhr, würde mich unter anderen
Umstänan ohne weiteres bestimmt
haben, das Gesuch rundweg abzuleh
nen. Aber ich hatte bei der Gelegen
heit auch Kenntniß davon erhalten«
daß Ihr Saite Mitinhaber der k ir
rna sei, und um seinetwillen —- o er,
da ich bedrängt-us aufrichti sein will
» twillern gnii ige Frau,
entschlo ich mich, den Kaufmann
nter Menschen zurücktreten zu
offen und die Wechsel der Firma
auch phne die sonst unerläßliche Si
cherheit zu distontiren.«
Jst-i meinetwillen, Herr Neuns
,,Jawohl, Doch dürfen Sie mich
natürlich nicht mißversiekjsen Jch
hatte so wenig ein Recht als die Ab
cht, Jhnen eine Wohlthat zu erwei
en. Aber es machte mir Freude,
mir vorzustellen, daß ich Jhrem Herrn
Gemahl feinen schweren und ehren
haften Kampf um seine Existenz ein
wenig erleichtert hätte. Der Wunsch,
Sie Hücklich zu sehen, ist noch immer
der unsch meines Herzen-«
Er hatte ei in sehr leichtem, lie
benswürdigem Ton gesagt, aber
Malve hatte gefühlt. wie ihr dabei
das Blut heiß in die Wangen stieg
inlicher als bisher war ihr in die
in Augenblick um Bewußtsein ge
pmmen, daß fie ein Unrecht gegen
Bernh hegisng, indem sie ohne sein
Be wissen als Biiistellerin gerade vor
gen Mann hintrat.
hee Be iernng konnte ihm nicht
en- ..--.eberee al« viel
» NR falsche Deutungz ht
»Mit dem Geständnis, das ich«Ih
nen da im Vertrauen aus Ihre utige
Diskietion abgelegt habe«, sage »er
mit leiser Stimme fort, »habe ich
Jhnen nun eigentlich schon die Ant
wott aus Ihren vorhin ausgesp.oche
nen Wunsch gegeben. Denn es wäre
sehr inkonsequent, wenn ich in mei
nem Bestreben, Ihnen zu dienen. auf
halbem Wege stehen bleiben und Ih
ren Gatten in seiner — wie ich gern
glaube, unverschuldeten —- Verlegen
heit im Stiche lassen wollte."
Mach athmete aus. All ihre Be
fangenheit war mit einem Schlage
verschwunden Sie hörte, daß Bernd
gerettet werden sollte, und neben die
ser erlösenden Gewißheit schien ihr
alles andere nebensächlich und gleich
gültig. .
»Sie werden ihn also nicht mit der
Bezahlung der Wechsel drängen? Sie
werden ihm Zeit,lassen, den schweren
Schlag, von sdem er heimgesucht wor
den ist, zunächst u verwinden--m
»Wenn Ihr zur Gemahl selbst
mir einen dahingehenden Wunsch zu
ertennen giebt, ja! Daß ich ihm nicht
aus eigener Initiative damit kommen
dars, sondern seine Vorschläge ab
warten musz, irerden Sie gewiß um
so begreiflicher finden, als Sie selbst
vorhin ja seines Stolzes Erwähnung
thaten. Aber ich werde es ihm leicht
machen, daraus können Sie sich ver
lassen, und werde«ihm soweit entge
genkommen, als die Umstände es mir
nur immer gestatten.«
Malt-e stand aus. Sie war glück
lich über den taum gehofften Erfolg
ihres Wagnisses und so voll Dankbar
Iteit siir Rainsdorf, daß sie dem Im
pulse ihres Herzens folgte «und ihm
mit einer raschen, lebhaften Bewegung
idie Hand reichte.
« »Ich danke Ihnen —- danke Ihnen
von ganzem Herzen! Sie können ja
kaum ahnen, von einer wie schweren
Sorge Ihre Zusage mich erlöst."
»Es macht mich glücklich, Ihnen ge-«
fällig sein zu können«, sagte er. »Und
.es wiirde mich schmerzen, wenn Sie
Ian meiner Bereitwilligkeit dazu auch
nur einen Augenblick gezweifelt
hätten.«
An ver-selben Stelle aber, wo Malve
mit ver agender Stimme Ludwig
Rainsdorf- ihr Anliegen vorgetragen
stand um die fünfte Mittagsstunde
dieses Tages ihr Gatte —- hoch auf
gerichtet und vornehm wie immer,
weder in seiner Haltung noch in reas
Ausdruck seines ruhigen, stolzen Ge
sichts einem demüthigen Biktsteller
gieichend. "
»Jn Jhrem Porteseuille befinden
sich einige von meinem ehemaligen
Sozius Hillmer Namens der Firma
Hillmer u. Co. acceptirte Wechsel
im Gesammtbetrage neunzehntausenv
fünfhundert Mart. Sie find am«
vierundzwanzigsten November fällig,
und da ich die Echtheit der Unter
schrift nicht bestreiten kann, muß ich
auch meine Eintösungspflicht aner
kennen, obgleich mein Comvagnon
mir von der Existenz dieser Wechsel
keine Mittheilung gemacht und die
dafür erhaltene Summe siir seine
Privatbediirsnisse verbraucht hat.
Aber ich fürchte, daß i nicht in der
Lage sein werde, die ppoints am
Fälligteitgtage zu houoriren.«
Bernd hatte vorhin bei der Begrü
ßung mit keinem Wort auf ihte alte
Bekanntschaft angesvielt. und sein Be
nehmen war von Anfang an so ge
messen und zurückhaltend ewesen, daß
auch Rainödorf es für be er gehalten:
hatte, ihrerfrüheren Begegnung imi
Hause des Geheimraths nicht Erwäh-«
nung zu thun. Wäre es seine Ab-»
ficht gewesen, den rücksichtslosen und«
unbarmherzigen Glaubt er zu spie
len, so hätte ihm das iihle, stunk-s
tot-rette Benehmen des Freiherrn dies
jedenfalls sehr leicht gemacht. Jeyt
aber brachte ihn die haltung Began
tsorfi, vie so gar nichts Bittendegw
hatte, fast in Verlegenheit. (
»Man hat mit erzählt, daß Sie
ron Jhrein«Geschäftstl,-eilhaber bin
tergangen worden sind, Herr von De-»
gerndorf«, sagte er zögernd, »und ich
muß Ihre leßten Worte wohl fiir eine ;
Bestätigung dieser Mittbeilung neh
men. Seien Sie versichert, baß ich
Jhr Mißgeschick aufrichtig bebaute,
und daß es nicht mein Wunsch ist«
Sie in noch größere Verlegenheii zu
bringen. Können Sie mir bezüzlich
eines Arrangements irgendwelche or
schliige wachem-«
Dies bereitwillige Entgegenkommen
schien Bei-nd einigermaßen zu überra
schetr. Mit einem prüfend-ern fast
mißtrsuischen Blick streifte ··er über
Rainsdorfs Antlitz in.
»Ich könnte-ja ver uchen, das Geld,
das ich Jshnen schulde, zu einem spä
teren Termin zu beschaffen«. erwi
derte et, »aber ich weiß nicht, ob ich
es vor meinem Gewissen verantwor
ten kann, Sie um eine rolongaiion
derWechfel zu ersuchen. nn ich bin
nicht in bet Lage, bestimmte Verspre
chnngen n machen oder eine Sicher
heit zu stellen, wie sie Jhnen doch
wohl erforderlich fcheini.«
Rainiborf biß auf die Unter
lippe. Er fand die e Art, an die
IIW eines Mubigeri zu appelli-«
ren, als h mitthis," und es koäete
ihm nicht ger nge Ueberwindung, m
Manne, den er von ganzer Seele haß
te wie keinen anderen aus Erden.
noch immer eine liebenswürdige ver
bindliche Miene zu zeigen.
»Es würde allerdings nicht gerade
aeschästsmäszig sein, von dem Ver
angen einer solchen Sicherheit ohne
weiteres abzusehen«, sagte er. «Jhre
Firma ist, wie ich höre, in Liqurda
tion und wird binnen kurzem an ge
hort haben, zu bestehen. Jch hatte
also bei den neuen Wechseln nur noch
mit Jhnen persönlich zu thun. Und
da wirke es mir sreilich sehr erwünscht,
wennSie mir noch eine zweite Unter
schrift, die Unterschrift eines mir als
zahlungsiiihig bekannten Bär-gen bei
brin en tönnten."
« as Verlangen ist durchaus be
rechtigt, aber ich kann ihm nicht ent
sprechen. Es giebt niemand. an den
ich mit einem solchen Anliegen her
antreten dürfte.«
»Sollte nicht vielleicht einer Jhrer
»wohlhabenden Freunde, Herr von
TDegerndorf, oder Jhr Herr Va
- ter —?·« «
! »Nein. Sie hören doch, daß ich
nicht in der·Lage bin, einen Bürgen
zu stellen» Die einzige Sicherheit, die
ich zu bieten vermag, ist mein Ber
sprechen, Sie zu befriedigen, sobald
die Verhältnisse es mir gestatten.«
»Das würde einein anderen an
meiner Stelle wahrscheinlich iaurn ge
nügen. Jch aber will in der Gewiß
heit, daß ich es mit einemEhrenmann
u thun habe, damit zufrieden sein.
Jsollen wir die Sache gleich jetzt er
ledigen?«
»Das heißt: Sie wünschen, daß ich
Jhnen neue Wechsel an Stelle der in
einer Woche sättigen gebe?«
«Jawohl. Und ich bitte Sie, die
Fälligleitsterrnine selbst zu bestim
nien.« «
»Und wenn — wenn ich auch an
diesen Terminen nicht im Stande
wäre, zu zahlen?«
LWir können sie ja entsprechend
weit hinausschieben. um einer solchen
Mäglichteit, die allerdings für beide
Theile sehr peinlich wäre, vorzubeu
. nen. Geben Sie mir also einen Wech
sel auf zehntausend Mart, fällig in
sechs Monaten, und für den Rest ei
nen zweiten, fällig in einein Jahr.«
Bernd von Degerndorss haltung
wurde immer steifer.
»Ihr Anerbieten ist überaus
freundlich. Aber da wir doch wohl
lediglich als Geschäftsleute miteinan-»
ter verhandeln, möchte ich mir zu
nächst die Frage erstatten welcher
i
Art meine egenlei ung fein soll.«
»Jhre Gegenleistung? s— Es ist
mir nicht recht tlar, was Sie darun
ter verstehen.«
»Ein Bankier ist, soviel ich weis:.
darauf angewiesen, sein Kapital niit
angemessenem Gewinn arbeiten zu
Elassen. Wie groß also würde dieser
Gewinn in unserem Falle sein müs
sen, uni Sie für den verzögerten Ein
gang desGeldes schadlos zu balten?'«
Rainsdorf fühlte sich beleidigt, und
wenn er sich auch äußerlich vollkom
inen beherrschte, konnte er doch der
Versuchung nicht widerstehen, das nach
seiner Meinuna über alle Maßen
hochsahrende Auftreten seinesSchuld
ners durch eine lleine Demüthigung
zu vergelten.
»Meinen Gewinn, Herr von Te
gerndorf, suche ich in dem angeneh
men Bewußtsein, Sie aus einer
schweren Bedrängniß befreit u ha
ben. Und vielleicht habe ich auch
» meine besonderen Gründe, gerade diese
Angelegenheit mehr unter dem mensch
lichen als unter dein geschäftlichen
Gesichtspunkte zu betrachten.«
»Unte: dein menschlichen Gesichts
punkte —- das heißt: unter dein Ge
sichtspunkte des Mitleids? Sie lau
ben, mir eine Wohlthat zu erweisenk
»O, warum sollen wir uns gleich
eines so starken Ausdrucks bedienen?
Nennen wir es eine Gefälligteit, das
wird angemessener sein. Und warum,
mein verehrter Herr von Degerndorf,
wollen wir meine Bewe gründe über
haupt zu einem Gegen tand der Er
örterung machen? Es kann Ihnen
doch, wie i meine, genügen, daß ich
bereit bin, hnen eine schwere Sorge
vom herzen zu nehmen«
«Jch erlenne Jhre freundliche Ab
sicht mit gebührendem Dante an, aber
ich pflege Gefiilligteiten nur von inei
iien Freunden zu acceptiren, Pier
Rainödorft Und du ich aus un erer
Unterhaltung die Ueberzeugung ige
wonnen habe, daß eine Prolongat on
der Wechsel aus der üblichen lau -
niiinnischen Grundlage unmiiglich ,
mZ te ich nu eine solche endgültig
vers chten. bitte, mir die Pariere
am Zälli ei singe räsentiren su las
sen. werde f·r Deckung Sorge
tragen. Udieuk
Je sprachlosetllebetraschung statt
te ainsdotf dem rasch Davoneilew
den nach. Aus nichts wäre er weni-!
It gefaßt gewesen, als aus dieseni
nsgang ihres Gespräches. Und dies
Verwunderung in seinen Mienen be-;
wies, wie wenig dieser unerwartete;
Ausgang seinen Wünschen entsprach;
Seine Lippen preßten sich sest zusam-s
men und et schiug such mit der flachen ;
Hand vor dte Stirn. T
Als die Thür des Zimmers sich:
Pintet Bernd von Degerndoks ge-’
chlossen hatte, eilte et nach dem näch-«
seen Postamt, um mit siiegendee Fe
der eine Depesche niederzuschteiben
— Sie.war an Fräulein Lydia von»
Thytnau aus Frankenhagen redres
siet und lautete:
»Nun-Ist Du mir innerhalb einer
Woche aus unbestimmte Zeit wan
zigtausend Matt zur ers’.-:ung
s felienf stiefliehe Ertliirun en
olgen Bernd
Es war das leite Rettungemitteh
nach dem er da gegriffen hatte. ein
Mittel, das er noch vor wenige Ta en
als etwas lian liebes weit von ich
gewiesen wede. Aber die pei
nigende orfiellung, noch einmal auf
die Großmuth des Bankiers Rains
dorf angewiesen zu fein, hatte ihn mit
fo unfäglichen Grauen erfiillt, daß
alle feine einfiigen Vorfiitze zerstoben
waren wie Spreu im Winde Wenn
keine Ehre und seine bürgertiche Exi
tenz doch einmal nicht anders zu ret
ten waren als durch fremde hilfe, so
lonnte er diefe Hilfe tausendmal eher
von der hochberzigen Ge pielin feiner
Jugend annehmen als von irgend
einer anderen Seite. Er wußte. daß
sie freudigen Herzens feinen Wün
fclcen willfahren würde, nnd es diintte
ihn beinahe thöricht, daß er sich nicht
schon früher zu solchem Entfchlufz
aufgerafft hatte. Daß feii feiner Ab
lehnung ihres letzten Anerbieten-Z
teine Correspondenz mehr zwifchen
ihm und Lhdia stattgefunden hatte,
ließ ihn nicht einen Augenblick an der
veränderten Fortdauer ihrer Freund
schaft zweifeln. Jhre Unierredung
nach dem Tode des Ge imraihs hatte
ihm ja bewiesen, daßr eviel zu groß
d: chte. um von tleinleichen Empfin
, dungen abhängig zu sein. Sie würde
seine Bitte nur fiir einen Beweis
i seines Vertrauens nehmen und wiirde
jihm danlbar sein« daß er sich Lieber
san sie als an einen anderen wendete.
s Vom Telegraphenamt aing er Le
lradewegs nach Hause. Voll freudi
!ger Erwartung eilte ihm Mal-e ent
sgegem
s »Nun, Lieber? Es ist alles gut,
»nicht wahr? Wir brauchen uns nicht
liirEer zu sorgen?«
; « r küßte sie lzliirtlich aber sein ern
stes Gesicht wo te sie nicht recht be
ruhigen. «
» a, ich hoffe, daß alles gut wird«,
erwi erte er. »Ich habe Vorkehrun
en getroffen, meine Schuld an das
an haus zu tilgen."
»Das heißt, Rainsdorf hat Dir
Frist gewährt? Du brauchst dieWech
e« nicht schon in einer Woche zu
bezahlen?«
»Doch, liebes Herz, ich mufz sie
pünltlich .einlösen. Aber ich hoffe,
wie gesagi, daß mir die erforderliche
Summe rechtzeitig zur Verfügung
stehen wird.«
Jn großer Bestiirzung fah sie ihn
»Aber hast Du —- hast Du herrn
Rainsdorf denn nicht vorgeschlagen,
Dir Zeit zu lassen?«
»Er hatte sogar die Güte, einem
solchen Vorschlage zuvorzuiommen.
Aber ich konnte seine Großmuth nicht
annehmen.«
»Und warum lonnieft Du es nicht,
Berti-di Gestern noch erblicktest Dir
darin den einzigen Weg zur Rettuna.«
»Ich hatte eben nicht daran gedacht,
daß es vielleicht noch einen anderen
giebt Die Hilfe, die Rainsdarf mir
cill
ätte gewähren lönnen, wäre nach
age der Dinge eine handlung sehr
unlaufmiinnischen Mitleids gewesen
Weil er nicht umhin tonnte, mich das
merken zu lassen, blieb mir nichts an
deres übrig, als auf jede Nachsicht
von seiner Seite zu verzichten. Jch
will lieber zu Grunde gehen, als daß
ich auf die Wohlthaten irgend eines
fremden Menschen angewiesen bin."
So war denn alles umsonst ewe
sen. Der Schritt, zu dem sich aloe
nach so hartem Kampfe entschlossen
hatte, war nichts als eine zweetlose
Demiitbigung. Bernds unbeugsamer
Stolz hatte ihre liebevolle Absicht ver
eitelt. Mit Beben dachte sie daran,
wie furchtbar sich wohl jetzt sein Zorn
iiber sie ergießen würde, wenn er eine
ghnung hätte von dem, was sie ge
an.
L
»Und von wem hofsst Du das Geld
zu erhalten, Bernd?« fragte sie be
klommen.
»Ich habe meine Cousine Lndia da
ciim gebeten«, erwiderte er, ohne sie
anzusehen, in einein sait rauh klin
genden Tone.
Malve aber war es, als ob ihr je
inand einen Stich ins herz versetzt
hätte. Unwilltiirlich hob sie wie fle
hend die gefalteten hände zu ihm em
por.
»Das hast Du gethan? O, Beend,
das war nicht aut. Und es wird uns
sicherlich nicht zum Segen sein.«
Seine Stirn zog sich in Falten.
«L dia iit die einzige, von der ich
nach age der Din das Geld anneh
men kann. Für isxen Reichthum be
deuten die zwanzigtausend Mari, um
die ich sie ersucht habe, nur eine Ba
gatelle Und sie tennt meinen Cha
rakter wie meine Verhältnisse hin
länglich, um weder demüthigende Er
klärungen noch unsichere Versprechunx
gen von mir zu verlangen. Hättest
Du mir vielleicht einen anderen Aus
weg zeigen können, Malve?«
»Wenn Du Rainsdors ge eniiber
Wender Pol und einpslindliifiL gewe
sen wäre , Hätte sich gewiß eine Eini
gung mit ihm erzielen «lassen. Und
eine Abhängi teit von ihm wäre doch
vielleicht wenkker peinlich und bedrü
ckend gewesen «
, «Meinst Du dasi Jch für meine
Person bin geiade der entgegengeset
iten Ansicht. Und Dein sonderbare-s
s Vorurtheil gegen Lydia wird mir im
Isiner unverständlichen Daß Du dein
ehemaligen Freunde Eures heisses
ilieber u Spanl verpflichtet sein mäch
ie as einem meiner Verwandten,
lnnte einen ini trauilcheren Mann
als ich es bin, lecht auf allerlei selt
same Gedanken brin en.«
Er konnte nicht a nen, wie furcht
Im ihr Gewissen diese Horte em
pjantn Die heimlichteit, die sie nun
fur alle ättmft vor ihrem Mann
haben trür , wuchs in ihrer Vorstel
lung zu einer schweren Schuld. Wenn
sie no vor wenig Minuten mit dem
Ents uß getäcnpft hatte, ihm alles
zu e ehen, so war es ihr Ietzt zur
LGewt heit geworden. daß er niemaIS
irriahren durfte, was sie heute gethan.
sUnd da sie meinte, daß er hir das
zSchuldbewußtsein vom Gesicht able
Igzn müsse, hatte sie keinen andean
unsch mehr als den, das Gespräch
abzubrechen, das dur Bernds letzte
Bemerkung eine für ie so peinliche
«Wendung genommen.
»Vergteb", bat sie mit fast versa
gender Stimme. »So hatte ickä es
natürlich nicht angesehen. Un es
wird gewiß das rechte gewesen ein,
was Du gethan hast. Jch bitte ich
von Herzen: sei mir nicht böse!'«
Er küßte sie, zum Beweise, daß e:
ihr nicht zürnte· Aber er fühlte, wie
ihre Gestalt in feinem Arm erzitterte.
I I I
»Stelle Dir Gewünschtes natürlich
mit Freuden zu Diensten. Da mor
gen aus geschästlichen Gründen in der
Hauptstadt anwesend, würde ich mich
sehr sreuen, Dich Nachmittags in be
tanntem hotel zu begrüßen.
Lhdia."
Das war ihre Antwort, die noch im
Laufe des Abends eingetroffen war.
Schweigend reichte Bernd die Der-e
sche seiner Frau, die ihm gegenüber
mit einer handarbeit am Tische saß.
Und Malve, die beim Lesen wieder
Farbe gewechselt hatte, wußte nichts
anderes zu sagen, als:
»Du wirt mich Deiner Cousinr
doch vorstellen, Bank-? Und sie wird
hoffentlich nicht verschmähen, uns
die Ehre ihres Besuches zu erweisen.«
Fast unwillkürlich überslog sein
Blick das kleine Zimmer. Er dachte
an die p"chtige Ausstatlung des
Frantenhag er Schlosses-. und bei
tem Gedanken. dasz er Lydia hier ein-—
siihren solle, regte sichs in ihm zum
erstenmal wie Beschämung über die
Bescheidenheit seines eims, in dessen
engen Wänden er d so Viele glück
liche Stunden verlebt hatte
Aber die schirachmiithige Antvand
lun ging rasch darüber.
» ch werde sie selbstverständlich da
rum bitten«, erwiderte er. »Den Be
such im Hotel aber werde ich ihr dad,
wohl ohne Deine Begleitung machen
müssen. Es würde nur peinlich siir
Dich sein« den unvermeidlichen ge
fchästlichen Eriirterungen beizuwohi
nen.'« «
Malde war herzlich froh, daß
Bernd ihre Begleitung nicht verlang
te. Sie sah den Ereignissen dek
tommenden Tages mit einer ilnruhes
entgegen, über dessen Ursache sie sichY
laum Rechenschaft zu geben oermochte.j
Diese junge Verwandte ihres Man-’
nee, von der sie noch immer nichts
treiter wußte, als das-, sie sehr schäu·
und sehr reich sei, släßte ibr ein Ge
siihl unüberwindlicher Scheu ein« und
es half nichts, dasz tie sich deshalb
eine Thörin schalt. Es entging ihr
nicht, daß auch, Bernd immer unru
higer wurde, se näher die Stunde sei
nes Besuches bei Lhdia herauriickte.
Sie hatten während des ganzen Ta
ges nicht mehr davon gesprochen, uno
erst als er sich bereits zum Ausbruch
anschickte, sagte Bernh:
»Da es nicht unmöglich ist, daß
ich Lhdia gleich mitbringen werde,
möchte ich Dich bitten, Dich aus ihren
Empfang einzurichten. Ohne alle
Umstände und · auger.sällige sestliche
Vorbereitungen natürlich. Sie wür
de dergleichen nur unangenehm em
pfinden. Aber ich möchte doch, das-,
fie einen anheimelnden Eindruck von
unserem heim und namentlich eine
recht gute Meinung von Dir gewinnt-.
Es wird Dir sicherlich gelingen Deine
Vorringenommenheit gegen iie zu ver
bergen.'·
Malve empfand deutlich genug den
Vorwurf, der in seinen letzten Wor
ten lag. Aber sie siihlte sich ihrer
selbst zu wenig sicher und die Thra
nen waren ihr zu nahe, als daß sie
einen Versuch gemacht hätte. lich zi«
vertheidigen Sie nickte nur stumm·
und als ihr Mann gegangen war,
tras sie alle Vortedrungen, die ihrer
Meinung nach geeignet sein könnten,
aus den erwarteten Gast den von
Bernd gewünschten Eindruck hervor
zubringen.
Aus den Schmuck ihrer eigenen
Person konnte sie schon urn der
Trauer willen, die sie stir die vor acht
Monaten verstorbene Mutter trug«
leine übers-rohe Sorgfalt verwenden.
Aber sie brachte doch gegen ihre Ge
wohnheii eine ziemlich lange Zeit vor
dem Spiegel zu, um ihr mächtiges
Haar möglichst efiillig zu ordnen
und um ihre äu re Erscheinung ern
nkee wieder darauf zu prüfen, ob
nichts einem scharfen Frauenauge
Anlaß zu mißfiilligee Kritik geben
könne. —
Siunde auf Stunde verging, und
es war längst Abend geworden, als
das zweimalige Anschlagen der Woh
nunggglocle endlich die Heimlehr des
lHausherrn anzeigie.
Unwillliitlich war Malve von ib
rein SiuBe aufgefahtem um dem ge
ilielkien anne wie sonst entgegen
fueilen Aber auf halbem Wege blieb
ie· stehen. Wenn er Lydia wirklich
mitbrachte, war solche hausiranliche
Aufmerliamleit ihn vielleicht unau
gcnehm, nnd es mochte schicklicher sein,
dem Mädchen das Oefan zu über
lassen.
Bernd alte Lhdia wirklich mirge
bracht. nlve vernahm den Hiang
einer tleren Frauenstiinnie, die ihr
metallischer und wollautender schien
als irgend eine, die sie bisher gehört
hatte. Die Bangigkeit, gegen die sie
schon bisher mit so geringem Erfolge
gelämpft hatte, überlam sie mit ver
stärkter Gewalt. Die Hand aus das
hoch llopsende herz gepreßt, ging sie
langsam zur Thür, um den Gast auf
der Schwelle des Wobnziminers zu
begrüßen.
Jni vollen Lichtschein der aus dein
Korridor brennenden Gaslampe stand
Lhdia von Thhrnau vor ihr. Und der
Eindruck ihrer strahlenden Person
lichleit wirlte vollends überwältigend
aus die junge Frau. Sie war ja
inoch viel, viel schöner-. als Malve
,sich«s vor estellt hatte, von den Federn
Ihr-es bretrandigen Hutes bis zu drri
"Spitzen der zierlichen Lackstiefelchen
Idie bestechendste Verlörperung weib
«!icher Anmuth und aristatratischet
Vornrhinheit. Wie unbedeutend mußte
sie selbst sich in ihrem schmucklosen.
schtvarzetiKleidchen neben dieser glän
zenden Erscheinung ausnehmen! Und
wie hilflos fühlte sie sich in ihrer gren
zenlosen Besangenhtit der sicherm
Gewandtheit dieser Weltdanie gegen
über!
Sie wußte laum, was sie sprach
Verwirrt und mit einer Unsicherheit,
die sonst durchaus nicht in ihrem ein
fach natürlichen Wesen lag, ließ sie die
herzliche Umarrnung und die liebens
würdigen Worte Lndias über sich er
gehen. Sie schämte sich in tiefster
Seele ihres linlischen Benehmerkk
Eine solche Empfindung aber war
natürlich ani wenigsten danach anne
than, ihr die verlorene Sicherheit wie
derzugeben. Und sie waate während
dieser aualvollen ersten Viertelstunde
nicht ein einziges Mal, zu Bernd aus
zusehem weil sie gewiß war, die bit
terste Unzusriedenheit aus seinem Ge
sicht zu lesen.
J re Hausfrauenvflichten Haben ihr
den orwand, sich für eine Weile zu
rückziiiiehen, und als sie später mit
ten leichten, leisenSchritten. die ihren
Gang fast unhörbar machten. das
Wohnzimnier wieder betrat. hörte sie
Bernd, der der «Thür den Riirlen zu
lehrte, sagen: «
»Ich habe Dir ja schon erklärt.
Lndia, wie gern ich es thäte. Es wäre
nach allem. was ich hier durchmachen
mußte» für mich wie eine Erlösung
Aber ich muß es Dir überlassen,
Malve dafür zu gewinnen. Ohne
ihre Zustimmung würde ich mich un
ter leineii Umständen dazu entschli
ßen.«
Fortsetzung solgt.)
W
Man tann den Num mit den Win-»
terhirnen vergleichen, die im Sommer
reifen, aber icn Winter gegessen wer
den.
s- i- s
Lehrerim »Was würde zuerst mit
einem Jungen zu geschehen haben,
wenn er vo Sonnenstich getroffen
wird?« —- illie: »Man wird ihn vo
der Schule näeghleiken latssenk
Der Verbrecher in Texas, den sie
zu 999 Jahren Haft verurteilten,
nimmt wenigstens noch den Trost mit
in die Zelle, daß ihm zehn Prozent
für gute Ausführung etlgssen werden.
s .
Die eine hälfte der Welt weiß nicht«
wie die andere iebt. Wenn man. wie
jetzt durch diesen White-Thaw-Stan
dal, eine Ahnung davon erhält, wie
ein Teil der anderen hälfte zeitweise
lebt. so vergeht Einem wirklich hie
Lust, noch weitere Einzelheiten tihet
das Leben der anderen hälfte der
Welt zu erfahren.
Ist ten Erinnerung-n eines Armutme
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»... Jn Gtofiquimbo fand ich ein teguläkes HotelisRestaumnt mit
eutopöischer »Es-M etattr. Ich lese unter anderem: Haken mit Kt.utt...
Hutrak Mem LeibgerichU — Nach zehn Minuten bringt mir die Kellnes
tin ein — Elefantenhaxl!«