Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 06, 1906, Sweiter Theil., Image 13

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    M
Sein Schmik
Von Julius Keller.
Mit ftrahlendem Lächeln hafteten
ihre Blicke auf seinem Gesicht. Nach
drei Wochen sah sie ihn heute im
Thiergarten wieder —- wie neckisch der
liebe Zufall doch manchmal spielt ——,
und laum kamen ihr ver freudiger
Ueberraschung die Begriißnngsworte
iiher die rosigen Lippen. Ja, geute
schaute er ganz anders aus, eute
tand der Jüngling, den sie bisher
nicht so ganz ernst genommen, als
schneidiger Mann vor ihr -— heute!--—
Fast verlegen senkte sie den Blick.
als er in selbsthewußter Haltung
» dichter vor sie hintrat nnd in seiner
f-« zuversichtlichen Manier —-- den etwa-«
i
i
i
E
»näselnden« Ton von ehehem schien sie
heute gar nicht zu bemerken s-— sieges
gewisz fragte:
,,« nn, gnädigstes Fräulein scheinen
heute etwas überrascht von meinem
Anblick, und wenn mich nicht alles
täuscht, fast —- hm ——— angerichtet . . .·
Welchem Umstand habe ich die Ehre,
diese freudige Thatsache — hin »s- zu
i: verdanken?«
i
i
I
Jetzt schlug sie die Miete roter-er aur
« und musterte ihn mit jenem verführe
rifchen Lächeln, das schon so man
chemJiinglinq aus dem Gleichgewicht
gebracht....
»Sie haben« — sagte sie dann er
wartungsvoll —- ,,Ste haben einen
Zweikampf bestanden?«
»...Hm...Zweiiamps. Na ja
—- sa «’ne ähnliche Chose... Verteu
selt ernst genug ging’«5 dabei ber...
wie Sie ·a wohl aus meiner linken —
hm — til-sinnen sehen«...
«LViahrhastig! . . . Ein imposanter
m «
»Finden Sie?... ihm-» ich mei
ne... finden Sie?... Nun, da soll
ten Sie mal erst den sehen, den der
andere hat... mein Gegner... von
meiner Hand- Ein Atom weniger
Rücksicht und — hin —- dieNase war
weg... abrasirt... aber ich begnüg
te mich damit, ihn zu zeichner.'«
»Ach, der arme Mensch!«
»Bedauern Sie ihn nicht, qnädigs
stes Fräulein. Der Kerl how per
dient... Beleidigte ein wehrloses —
hm —— Weib-« Da züchtigte ich ihn
——— diesen grünen Jungen mit der
bunten Mütze, und so tamen wir —
aus die Meniur... Lhok Jch konnte
dem Herrn Studenten beweisen, daß
auch unsereiner Muth in der Brust
und Schneid· in der Hand han« . . ..
»So sind Sie zu ihrem Schmiß
getommen?« fragte sie bewundernd
»Hm... bin ich. lind steht mir
ganz gut, was?««
J
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« .-k-.-.« s-«-«-.,,«4 «,-.-« «
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«;z-anios"..· iaaie Vers liebliche
Bankiergtöchterlein stolz. »Sie ha-:
ben um 10 v. h, gewonnen.«
Langsam schritten sie nun neben
einander her, und er begann wieder
von allen Dingen zu plaudern, wie
schon öfters vorher. Aber merkwür
Bisher hatte ihm die ge-—
witzigte Elh immer nur ein bischen
von oben herab zugehört und sich nur
ganz im stillen über ihn lustig ge
macht« Sie wußte, er war ekn
sehr reicher Junge --—u nd ganz patent
fah er übrigens aus... Dazu gute
Dutchschnittsfamile.» Es hätte
schon etwas mit ihnen werden tön
nen... Aber eshatte ihr an diesem
jungen Mann immer das Männliche
gefehlt, die Energie und der Man
neemuth — die Attribute, die sie
vom Herrn der Schöpfung vertangte,
um an ihnen die Kraft des Weibes
u erproben... Heute zum ersten
smale wird sie ernster und wärmet ..
«Er war also nicht nur der reiche
Nichtsthuer, der Muttern schon bei
Lebzeiten beerbt, er hatte Konrage e
zeigt, hatte die Kühnheit gebaut. sgct
mit schneidigen Studenten in Händel
einzulassen» . Und in der That —-—
der Schmiß stand ihm fainosB ——
Sein nicht sehr durchceistigtes Gesicht
erhielt dadurch einen Schimmer von
Bedeutung.... Und unter diesem
neuen Eindruck begann sie ihn im
stillen noch einmal zu prüfen . .. Sie
blinzelte ihn ergründend von derSeite
« an und hörte aufmerksam zu, ich
und wie er sprach-« Wahrhaftig «
er war doch ganz befchlagen in Lite
ratur und Sport -— er vermochte sich
gewandt und tvitziq auszudrücken —
jo fogar in den Börienverdälrnissen
wußte er ein bischen Befcheidt .....
Und gut gewachfen war er auch. Et
was lang aufgefchoffen und blaß ——
nicht blasirt, wie sie bisher geglaubt
—- aber das würde sich ja in einer
gliieilichen Ehe zweifellos mit der
«eit geten... War er also im
runde nicht doch beachtenswerther
als der Vetter Gerhard der furcht
bar langsam Medizin ftudirte und
der ihr nichts Llhues bieten tonnte, da
sie ihn fchvn von Jugend auf kannte
Freilich —«- den braven, fleißigen
Jungen hatte sie immer ernft genom
men, faft zu ernft... So etwas wie
ein Seetendilemma dämmerte in ihr
auf, und te tam sich plötzlich furcht
bar intere ant vor...
Am »Er-Wen Stern« trennten fie
sich..· mit wärmerem händedruck
und freundlicheren Blicken als je zu
vor, sie beftieg den Strakenbabnwas
en und fuhr nach haue... Auf
m interperron stehend, fal) sie
ihm r ckfchauend noch lange nach, und
ein fchöner Schmiß glänzte rosig
rifch In der leuchtenden Frühlings
onne...
- ·- i
Drei Tage ging Ely im Kampfe
mit sich gelbft umher..·Atthur oder
Qrdard Das war die Frage.
Sie konnte m t ins Reine lommen ..
Unfiit fchwan denseon und herz von
einem zum anderen...fzatte sie nie-«
inand, dein sie beichten, er ihr rathen
konnte? Die Freundinnen? Ach, die
waren alle dümmer als sie und wür
den ohne weiteres dem Manne mit
dem Schmiß den Vorzug geben! Ma
sno ruhte schon längst draußen in
Weißcnsee, und Papa ging ganz in
seinen Geschäften auf nnd hatte eine
Vorliebe fürVetter Gerhard... Ent
iich kam ihr die Erleuchtung .....
Onkel Sanitätgratli... «der leben-»s
iluge und lebengsreudige, alte Herr,
der seinen Patienten Seele und Leib
zu lutiren verstand, der bis in die
Jugend hinein noch mit der Jugend
iühlte... ihm wollte sie sich anver
trauen —--— er sollte ihr ratlten...
Und so stieg sie denn eineg Tand-, tre
nige Minuten nachdem der Onkel von
seiner ceruflictsen Rundfafirt heimge
tebrt war, die Treppe zu feiner Wob:
Ulmg ymulls».ltop1emsen Herzen
-—— dennsie hatte sich vorgenommen,
seinem Rath zu folgen, mithin sta d
ihr eine der wichtigsten Stunden i,
res Lebens bevor... " «
Er empfing sie wie immer bei rh
ren ziemlich seltenen Besuchen, mit
einem heiteren Scherz, aber sie schnitt
ihm das Wort durch ihre ungewöhn
tich ernste Miene ab und sagte:
»Ich bitte dich, Onkelchen, sei heute
einmal recht, recht ernst zu mir —
nicht so wie zu einem thörichten Kind
..«. Jch tomme mit schwerem Herzen
zu dir — mit einer Gewissenssrage
Es handelt sich um mein Le
beusgliict.«
»Donnerwetter!... So siiih schon
tommt dein Lebensglück ins Ge
dränge? No gut, Kleine, also nur
raus damit: in wen bist du ver
schossen?«
Sie beichtete ihm, wie sie es sich
vorgenommen, getreulich Den kompli
zirten Zustand ihres Herzen55». Er
hörte sie mit ausmerksomem Ernst an,
hinter dem aber schon daf- schalthafte
Lächeln des alten Weisen lauerte.
Dann begann er zu fragen: -
»Also der schneidige Jüngling hat
unseren ernsten Gerhard ausgesta
chen... Ei, ei! und doch sagst du
mir, daß du dich iiber jenen bisher
immer nur lustiq gemacht hosl?....
Merkwürdige Geschichte! . . .. Seit
wann imponirt der junge Herr dir
denn so gsetvaltig?« . . ..
Sie stockte einen Moment. Dann
aber stieß sie hastig herauf-:
»Seitdem-————- seitdem —-—- er ri
nen Smmiß hat«
,,Einen Schmiß hat er! Huii
a freilich dann!... Wenn -—-« er’n
cchmisz hat.... Wie ist er denn zu
dem Dinq qelominen?«
, »Aber Onkel.... Wie soll ein
Mann zu einem Qchmrtz rommens
Aus der Mensur.«
»Na -— weißt du, Kind —- cs sol
ten auch Fälle vorkommen, wo man
so’n oeraniigtes Närbchen triegt ---
ohne —- ohne jede Gegenleistung arg
Kourage.«
»Nun machst du schon wieder
Witze.«
,,Nee, nee.... sieh mal her —- licg
dir mal das hier durch.«
»Er langte aus seinem Notizbuch
eine ausgeschnittene Zeitunggaw
nonce, reichte sie ihr, und sie las mit
steigender Erregung:
»Welch» Heiltundige bringt einem
jungen Studenten gegen hohes Hono
rar einen hübschen Schmiß bei?...
Osserten« . . .
Es slimmert ihr vor den Augen.
»Was?«... fragte sie stockend...
»Auch mit so heil’gen Dingen wird
Schwindel getrieben?«
,,Wird!... Und in diesem Falle
tenn’ ich den Schwindler.... Ein
Zufall hat inir die Annance in die
Hände gespielt, und es gelüstete mich,
den -— muthigen iunsen Herrn ein
mal tennen zu lernen. Du weißt ia
——— so was ist mein Spezialvergniis
gen, da erhole ich mich von meinen
beruflichen Strapaen... Jch ließ
mir also den Kun en tommen und
seiste ihn ganz gehörig ein... Ich
sage dir... ’n Schmiß hat er von
mir nicht bekommen —- der hohe Ge
winn reiste mich nicht —- aber ’1«.e
Standpaute2 . . .. Wie ’n begossener
Pudel zog er ab.... Ein —- ein sei
ger Luinp —- ein Schwindler durch
und durch... denn selbst die Stu
dententriirde hatte er sich erschwindelt
Er irar gar teiners«
»Er —---— s——-- er war — teiner5"
»Nu! Gottlob . . .. Bloß’n qu
lenzer, so ’n reiches Mutterfohns
chen«....
»Ontel!...Wie sah der Mensch
aug?... Befchreibe mir den Men
sit-ein«
Der Alte sah einen Augenblick fin
nend vor sich hin, und dann entwarf
er in tiiappen Strichen ein leben-s
volles Bild des gefoppien Kunden.
Elly stand wie entgeistert vor ihm . ..
»Es stimmt...es stimmt alles...
Sein Schmiß·..o —— o ·—- Onkel!
Onlel«...
Tie Worte ivirbelten ihr iti wilder
Halt von den Lippen, so daß er den
Thatbeftand eigentlich nur erathen
lonnte... Und dann fiel sie ihm
plöhlich um. den Hals, gab ihm einen
Kuß nnd ftiirmte hinaus, die Treppe
hinab und auf die Straße...tvie im
Taumel-» Erst in einer benachbar
ten Konditorei tam sie unter dem be
sänftigenden Eindruck mehrere Stücke
Apfeliuchen mit reichlicher Schlag
fahne wieder zur Besinnung und
schmiedete ihre-n saßenFacheplam
Zwei Tage darauf bereits traf sie
;,ihn« im Thiercarten wieder. Schon
von weitem leuchtete ihr in der glän
enden Frühling-innere fein rosiger
ehmiß entgegen.
Mit dem üblichenSiegesbewußtfeiI
trat er ihr entgegen und erkundigte
sich nach ihrem Befinden.
»Ich danke«...antwortete sie,mit
Mühe eine ruhige Liebenewijediqteit
heuchelnd».. »Und wie geht es Ih
nen? Bereitet Ihnen Ihre -—— Wunde
noch ein bischen Schmerzen?....
Aber nein! . . . . Sie ist wohl sehr gut
ge:nact1t...ach, was ich Sie übrigens
fragen mollte...wa«g kostet denn ei
gentlich Ihr hübscher Sännisz«
Er znckte zusammen und starrte sie
»Wie meinen gnädiastes Fräu
lein?« —
»Ich meine: wie hoch das Honorak
.war, das Sie für Jhten hübschen
Schmiß bezahlt haben! . Und hat
der Heillundige Sie auch siir zhr
Geld eeniigend narlotisirt? Pan
zieht ja jetzt nicht nur schmerzlos
Zähne — sondern bringt junaen an
geblichen Studenten auch schmerzlos
hu bsche Cctjimsse bei«.
»Zum Teufel! Der Halunte hat
geplaudirt?!«
. Seine Dummheit siegte in diesem
verhängnißvollen Moment..· Ganz
unwillkürli, hatte sieh ihm die ver
kiitherischen orte über die Lippen ge
drängt... Und nun stand er vor
ishr —- ein Ritter von traurigstet Ge-v
talt...
Jm Augenblick fand sie ihre gute
Laune wieder... Sie lachte ihn aus,
wie sie noch niemals einen Menschen
ausgelacht, und lachend noch eilte sic
davon und ließ. ihn mit seinem im
»a«länzendenFriihlinaSsonnenschein to
sig leuchtenden Schmiß in Verzweif
luna, Scham und Wuth zähnelnir
sehend zurück«
Am andern Tage aestand ihr Bet
ter Gechakd zum fünftenmal seine
Liebe· Und zum ersten Male sagte sie
Ia.
H
Fritz Vogelsaug.
Tragitotnische Geschichte von Car
lot Gottfrid Neuling
Fritz Vogelsang ließ das Jackett
sinken, an dem er gearbeitet hatte,
und blickte träumend ins- Freie!
Wie schön war es doch da unten in
dem großen Garten, den er von den
Fenstern seiner .f,xlnterhauewohnung
sehen konnte. Und von allen Ecken
und Enden ein Zwitschern unt-Jauch
zen und Schmettern der Finlen und
Ammern und Rothlelchen, und von
den höchsten Spitzen der Kastanien
der weittönende Ruf der Amsean
Ja, ja, die glücklichen reichen
Leute. Sie lonnten diesen Maiavend
der alle Lebewesen mit heißer Sehn
sucht berauschte, so recht augloften in
lässiger Ruhe Blütbeuduft und stür
mischeg Liebeswerben der Vögel ge
nießen
Der Amselrus tönte immer voller
und voller in die weiche, stille Luft.
Fritz Vogelsang horchte ondiichtig.
Eigentlich hat es doch-so ein Vogel
noch viel, viel besser, als der reichste
Mensch. Er muß niemals auch nur
das Geringste arbeiten, hüpft ver
gniigt von einem Zweig zum andern,
« cht sich stets sein Lieblingsessen aut
nd lann obendrein singen, so recht
nach Herzenslust sinken·
Wenn jemand die Arbeit haßte,
aus- tiefstem Herzen ehrlich haßte, so
war es Fritz Vogelfang. Er verstand
die Stelle der Bibel nur zu gut, das,
dir Menschen als surchtbarste Straf-:
im Schweiß ihres Angesichts ihr Brot
essen sollten. Lieber aß er gar nich-ts.
Und doch war einer seiner Lieblings
träurne eine gute und reichbesetzte Ta
fel. Sein Magen undseine Zunge
waren don bester Beschaffenheit, aber
wie selten war ihm vergönnt, sie ein
mal würdig zu verwenden! -— »Tü
rili«, sang die Amsel, »tiirili!«
Von der nahen Kirche schan es sie
ken. Obgleich er ja selbstständiger
Meister war, iiberhörte er denSchlag
nie. Jetzt durfte er frei sein, jetzt
durfte er sich algMensch fühlen, ohne
dask ihn sein Gewissen mahnte. Sein
Gewissen aber war seine Frau!
Eilig schwang er sich von der-Prit
sche und begann Toilette zu machen.
Heute war sein Ausgehtae, heute
konnte er sür einige Stunden den
Gram seines Lebens in derKunst ver
gessen. Er war Sänger, er war er
iter Tenort «
In der ganzen Stadt gab es ternen
Geianglebrer, von dein er sein-.
Stimme nicht schon hatte prüfen lass:
sen. Und als von ihnen auch nicht
einer den wundersamen Schatz seiner
Kehle beben wollte. drang er eines
Tags iu stolzeni Selbstbewußtsein bis
zum Kapellmeister Ver Oper var, unt
ihn nach einer Viertelstunde arollend
nnd zöbnetnirichend schleunig zu ver
lassen. Dies war sein letzter Versuch
gewesen. Er batte sich mit dein Un
verstand, der Mißgunst nnd Unduld
sanikeit abgesunden und glänzte nun
als vertannter Stern ins. Gefangner
ein Ation.
»Tii-rili, tiiriti!« sang die Amsel.
Merkwürdig, diese prachtvollste, ge
waltige Stimme, sie mußte ein Ta
inakno unter den Amseln sein.
Frau Vogelsang brachte das
Abendessen, dem Herr Fritz nur sehr
obersliichliche Beachtung widmete.
Nachdem er es hastig und uninteres
sirt verschlun en hatte, drückten den
breiten Küntlerhut aus die Locken,
wars den Mantel um und eilte in’s
Freie.
Fiir ben näckLsten Morgen um zehn
hatte sich Frau Glockner zur le ten
Anprobe ihresJacketts gemeldet. as
Gewissen trieb deshalb Fritz zeitig
aus den Federn; seine Frau wußte,
saß er erst knallaus derPritsche, dann
ging er auch nicht wieder herunter-,
—
sondern siichelte in langen Pausen
daraus los.
Als »Hu Glockner von ihr in das
Alelier aesiilzrt wurde, saß Meister
Mit-) tratenlog am osfenen Fenster
nnd blickte vetgniigt den Wolken zu
Von dem Jackclt war nicht das Ge
rinner zu sehen.
»Du, »ril;-» wo hast di denn das
Jaclcit sijr Frau Glockner?« fragte
ihn feine Frau etwas Järaerlich Sie
sclieimte sich vor der Kundin über
ihren iiulen lelann
,kTii1ili, türili!« flöieteFritz in die
Lu i·
Verdutzt tahen trch die neioen
Frauen an. Und als nur Fritz plötz
lich ein Bein lang ausreckte, dann mit
leiden Armen flügelte, in zierlichen
Sprüngen aus sie zuhopste und ihnen
ein lautes, freudiges ,,Tiirili, türili!«
nach dem anderen entgegenschmetterte,
da stürzten beide, gewaltig aufschrei
end, die Treppe hinunter! —
Ein paar Stunden später war
Fritz Vogelsang in der Nervenheilaas
stalt untergebracht.
Hier führte er ein stilles, glückliches
Dasein. Sein Gewissen plagte ihn
nicht mehr, sein Schlaf war ein aus
gezeichneter, und sein Appetit stand
ans gleicher Höhe. Nun hatte er end
lich gesunden, was er so lange
wünschte: eine reiche, gutbesetzte Ta
fel, alles schniackhast zubereitet. Von
Arbeit war natürlich keine Rede.
Mehrere Monate waren verstrichen.
Fritz Vogelsang glänzend und rund
geworden. Aber eine Besserung trat
nicht ein; noch niemand hatte je einen
andern Laut vvn ihm vernommen
als sein »Titrili, tiirili!« so viele
Mühe sich auch jeder Arzt mit ihm
gegeben.
»Wenn wir ihn zum Sprechen
bringen, ist sicher alles gut!« sagte
der Leiter der Anstalt zuFran Vogel
sana: ,,sonst aber —« und er zuckte
die Achseln.
Man hatte gewartet, probirt, wie
der aewrrtet —- umsonstt Der Mei
ster blieb ein Vogel. —
Jm Herbst kam ein neuerAssisteut,
D» sich sür den seltenen Fall beson
ders interessirte. Er beobachtete Fritz
Vonelsana in alten seinen Gewohn
heiten ausg genaueste und bat bei
der nächsten Wochen-Konsereuz, ihm
den Meister zur speziellen Beband
luna zu überlassen· Er wolle noet
einen Versuch wagen. Fritz Vogel
sank- hatte aerade sein zweites Früh
stiid bis zum letzten Krümmen ver
zehrt und lag behaglich dem wichti
aen liteschiist der Verdauung ob,al;
Tottor Dietz ihn besuchte-!
»Nun, mein lieber Vogel, wie aehi
ei— dir·.'« redete ihn der Doktor jo
rial an
,,Tiirili!« niette Meister Voaelsana
freundlich
»Du bist recht zufrieden, hast über
nichts zu llaaen, und dag Essen
schmeckt dir auch?«
,,Tiirililili, türililili!« schmetterte
er in bellster Freude und schlug niit
beiden Armen selig in die Luft.
»Na, da ist ja alles in schönster
Ordnung! Aber sieh mal, mein lie
ber Vogel« ich meine, mit dem Essen
sollten wir dir nun was Rechtes zu
gute thun. Du verdienst es. Jch habe
deshalb angeordnet, daß du dich heute
vollständig in Hanfsamen satt essen
darfst!«
Ein großer, vertvunderter, ent
täuschtei Blick!
»Tu» ri —- tu·..ri.
Der Dbttor gina.
Für heute war Fritz Voaclsan·c’g
Verdauung gestört. Niedergeschlagen
hockte er aus seinem Stuhl und sann
und sann. Mertwiirdia! Hanssa
men war ja ein Lieblingsgericht der
Vögel, gewiß...und er war einer!
Warum wollte es ihm da gar nicht in
den Kopf, daß er eg- nnn verzehren
sollte? Er war bisher mit allen Spei
so so glücklich gewesen. Nun auf
einmal . . . Hanssanten! Hm, hm . . . .
Hanssament
Die MittaJöglocle läutete. Was
war dies sonst für ein freudiges Er
kianiß qewcsen! Heute schlich et ängst
lich, zaghast über die geliebte
Schwelle. Noch bofste er. aber-an
seinem Platz stand eine große, große
Schale, bis amRand voll von Hanf
hmknx Dies mächtiaen Schüsseln
«
rampstm Fritz Vogelsana schnurs
perte; sein Hals wurde länger und
länger. Nein, es war zu arg! Erb
sensuppe mit Wurst!——
Am anderen Morgen fand der
Tottor den Meister in äußerst gereiz
ter Sti:nmuna. Zum Frühstück hatte
er nur eine Schale Milch mit Broc
rsetomrnen, die er in seinem Heißbuni
aer zwar rein ausaß, aber ohne jen
liche Liebe zur Sache!
»Na, guter Vogel. wag machst bn
kenn heute?«
»Tiirri, türki!« zischte es ian zor
nig entgegen.
»Du scheinst mir ja in teiner guten
Stimmung zu sein. Wie? Hat dich
jemand geärgert? Nein! Oder das
Essen nicht geschmeckt?«
»Tu.... tü....« piepste es
schwach.
»Ich begreise gar nicht! Du hast
doch das beste Essen der Welt . . .«
,,Tiir . . . tilr . . .«
»Nichts-« Aber alle Vögel essen es
doch gern und gedeihen tresslich da
bei! Hm Oder machst du
tir etwa nichts aus der Pflanzen
nahruna?«
»Türi, tütil« llang es lebhafter.
»Aha! Jch ver-stehet Nichts Bege
tabilischesl Schön! Wechseln wir
ab! Du sollst Fleischsost haben! Jch
merde gleich sagen, daß du morgen
eine ganze Schüssel voll Mehlwür
mer seiest
Ein hnsierbendes «Tii« war alles-«
Aus der Sommktfrischc. -
Zahltellner (zur Kellnerin): »Heut speist der Hofrath Müller und der
Privatier Sichmutzerl zum letztenma! bei uns. Stellen S’ dem Schmutz-d
g’schiwind a« paar Blumen auf’n Tisch... beim Hostath i"5’s net nothwen
dig —- Ver gibt so auch a’ Trinkgeld!«
was Fritz Vogelsang über seine Lip !
pen bringen tonnte. —- I
Wieder war ein Sonntag in da-s
Land cezogen, mit solch leuchtendeis
Schönheit, wie ihn nur der Herbst!
hervorzaubern kann.
Aber für Fritz Vogelsana herrschte!
noch immer Winter mit starrendein
Trost, und sein Jnneres wurde von
Lantalusaualen zerrissen.
Vorhin hatte er gesehen, wie ein
mächtiges Roastbseef vorübergeschleppt
wurde, das röthliche Fleisch mit zar
tem weißem Fett durchweht Und
jetzt, nein, es war keine Täuschung,
der Wind stand von der Küche ge
rade auf ihn zu, jetzt mischte sich in
den kräftian Bratetcbrodem en krei
cher, süßer Duft, lockend, entführe
rifch
Neicspudding mit Haaebuttensaucel
Seine Nase betrog ihn nicht! Mit
seiner Beherrschung war es vorbei.
Ein unbezwinalichesh naturaewalti
arg Sehnen trieb ihn vorwärt s, er
suhr in die Höhe und wollte nach der
Küche sausen — da aing die Thür,
nnd Doktor Dietz stand Vor ihm.
»Mein lieber Vogel, eben höre ich
in meinem Bedauern die Mehlwijr
rrer List-en dir wieder nickt ce:
set)s.1s.ec1t.«
Fritz blieb stumm.
»Ja, ich bin mit meiner Weisheit
zu Ende! Die Körner hast du nicht
gewollt, Di-: trefflichen Mehlwiirmer
hast du stehen lassen —-— jetzt sage mir
nur das eine: trns soll ichs dir denn
Heute geb-en?«
Mit einem niiichtiqen Hechtfprunn
stürzte der Meister auf den Doktor,
faßte ihn mit beiden Händen am
Rock, t«chijttelte ilm wie der Sturm
eine Poppel und donnerte mit voller
Kraft feiner Lunge: «Roaftk-eef will
ich haben. Roaftbeef mit Puddsing!«
Fritz Voaelfang war der menfchs
litt-en Gesellschaft zurückgegeben!
Die Cis-Irre als Brauen-erben
Jn Holland ist es Sitte, daß
junge Männer die Ciaarren zur Ver
mittlung von Heirathsanträgen be
nutzen· Jst nämlich ein junger
Mann in ein Mädchen verliebt, so
tlineelt er an der Thür des Hauses-,
in dem seine Angebetete wohnt, und
dittet um Feuer, um seine Cigarre
anzuziinden. Dieser erste Schritt
macht die Eltern blos aufmerksam.
Wenn sich aber der junge Mann zum
zweiten Male unter dem Vorwande
des Feuersorderng meldet, dann wis
sen sie. woran sie sind, und treffen
ihre Maßregeln, um bei dem dritten
entscheidenden Versuche den entspre
chenden Bescheid, je nachdem ihre Er«
tundigunaen lauten, geben zu tönneu.
Dieser dritte Versuch erfolgt ac
wöhnlich sehr bald nach dem zweites-»
Jst der Freier nicht genehm tso wird
ihm das Feuer ab- und die Thiire vor
der Nase zueieschlagen Jst aber die
Werbung willkommen, so wird ihm
artias Feuer gereicht: er tritt diesmal
in’s Haus. too ihm die Familie enz
psänat. Jetzt kommt es zur Erklä
rung, und nach dieser tritt ihm das
Mädchen entgegen, und sie reichen sich
die Hände. Hat der Freier seine
Ciaarre ausserauchh so wird ihm
die nächste von seiner Braut aereicht,
die ihm auch das Feuer dazu giebt.
—-—-.—
Bose-hast
Tbiirsteher ezu einem Herrn): »Den
Hund da dürfen Sie nicht mit ins
Wohlthätigkeit-I Konzert nehmen!«
Herr: »Sieh da, wie für die Röter
gut gesorgt ist!«
Seht einsmtp
Erster Studim »Was-; Schluck,
vierzehn Tage behauptest Du, ohne Gie
tränte leben zu könne«-«
Zweiter Studio: »Gewiß, ich trink
mein Sach’ bei Macht«
Schlußfolgerung.
,,Also. Zwickels Emmy hat sich cnit
einem Ofsizier ver-lobt! Nicht wahr, er
ist bei der Marine2«
»Ich glaub’ es: wenigstens
schwimmt sie in einem Meer von Se
ligteit.«
Symptom.
Arzt: »Wie begann denn Jhre
Krankheit? Jst denn der Appetit ver
schwunden?«
Bauer: »Nein, aber der Durst!«
Besenstiel-er Tabel.
Gelehrter: »Du hast meinen Bücher
schrank schlecht ausgeräumt, liebe
Frau; meine ,,Ansichten über das Le
Isen« stehen ja aus dem Kopf!«
Der Protz.
«. . . Oberflächlichteit ist das Kenns
zeichen der heutigen Welt.«
»Da haben S’ recht, Herr Doktor,
meinen Sie, ’s hätte heut’ Abend
schon einer meinen neuen Brillantring
bewundert?«
Anziigliche Frage.
»Ach, sagen Sie ’mal Herr Hok
lier, warum man Jhren Gasthof »zum
wilden Schwein« nennt, Sie sind ja
sehr ruhig und gutmüthig?«
Zu mutet-.
Maler: »Das Bild kostet hundert
Mark.«
Dame: »Hundert Mart für ein
Brustbild, das ist zu theuer. Da
trieg’ ich ja fchon mein neues Kleid
auch niitgenialt dafür.«
Dir Quelle.
»Woher hat sich denn Jhr Mann
seine neueste Krankheit geholt?«
»Ach, die hat er nur aus dem medi
·zinischen Buch, das er sich neulich ge
tauft hatt«
Ach so!
Freundin: »Nun, was macht Jht
Mann?«
»Der arbeitet an meinem neuen
.H11t.«
Freundin: ,,Wag?«
»Ja, er schreibt eine Novelle, siit
deren Honorgr ich einen neuen Hut be
tonnne·«
Entriiftnng.
Vahnhofportier fim Wartefaal die
Züge ausrufend): »Zum Schnellng
nnd- Hamburg höchste Zeit!«
Kassirer ("im Begriff durchzubren
jnen, entrüstet für sich): »Ein so im
Pertinent anzijglicher Kerl!«
kindisch-tut
Sonntaggreiten »Ich komme schon
wieder zurück, das Wetter war mir zu
»schlecht!«
i PserdeverleiherJ »Sie hätten ihm
eins mit der Reitpeitsche ’nüberziehcn
Hallen, dem Rader!«
f Vor-hatte Anspielung.
Erster Herr (der im Rufe eines gro
kßen Pantoffelhelden steht): »Ich habe
jseit zwanzin Jahren keinen Rausch
mehr gehabt!«
Zweiter Herr: »Was, so lange sind
Sie schon verheirathet?«
Fatnlc Gewohnheit
Meisterin tzum Lehrling, der den
Meister aus dem Wirthshaus geholt
hatt: »Warum heulst Du denn?«
Lehrling: »Den Meister hol’ ich
nicht mehr ah! JedesmaL wenn er tau
!melt, areift er nach meinen Ohren!«
Anerkennung.
Schwiegervater: »Ei, ei, Du machst
Zigarren zu 50 Pfennig das Stück!
. . . Ich habe in meinem Leben noch
teine theurere als zu 6 Pfennig ge
raucht!«
Schmiegerfohm »Ja sonst
könnte ichs auch nicht machen!«
Schlußfolgerung.
Jungrr Arzt: » . . . . Sie meinen
also, daß der Herr im Wartezinnnet
mich tonsultiren will --—— oder ist’"5 biet
leicht nur ein Gläubiger?«
Diener: »Ich habe ihn stöhnen hö
ren! Wenn er nicht krank ist, muß er
sehr viel zu kriegen haben!«
Moder-te Berühmtheit
Sängerin: »Aber bester Kollege.
warum treten Sie denn gar nimmer
anf?«
Tenar: »Ach, weil ich mir jetzt auf
bequeme Weise mehr verdiene: Bald
singe ich bei einem Fabrikanten in ein
Grammophon . . . bald lasse ich mich
für einen Kinematographen aufneh
men!«
Modernes Hausenüttetchesn
»O, meine Frau ist kolossal häus«
lich! Als ich gestern Abend aus der
Kneipe heimiam, da saß sie noch bei ei
ner Cigarette und stopfte meine
Strümpfe!«
Bei-hast
»Das Häusl Eures Nachbars
scheint aber feuetgesährlich zu sein.
Moosbauer?«
»O na! . . . . Wenn er’ö aber, wie
er vorhat, versichern läßt —- nachts
tann’s es werd’n!«