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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 8, 1906)
Yeöraska Itaatanzriger nnd Yerollt 26. f JWI Trost. Der Schmerz gut recht, und nur im · chmetze " Liegt, was ihnv tröstet, was ihn lin ' eri. · Nicht ewig können wir besitzen, Doch ewig lieben ungehindert. Und wo wir ewig lieben müssen Und was wir hatten nie vergessen, Da wird der Schmerz verlernen Glückes Zum Dank, daß wir ej«einfi besessen. Und wenn wir weinend danken lernen, Dann auferfieh’n wie neugebo:en In unserm Geist die lheuern Todten Und sind uns ewig unverloren. Sie sind uns ewig unverloren, Entrückt, erhöht und doch geblieben; Denn ewig lernen wir besitzen Die Theurrn, die wir ewig lieben. v Wilhelm Jordan. Ver Abschied-stirbt Slizze von Rose Auspitzer. Die Zei er der buntbemal n Schtoarzroiil er-Uhr wie en die el te Stunde· Wie lan e rarr Minna das Haupt aus die and gestützt und wie geistesabwe end vor ich hin starrend dagese en hatte, wußte sie wohl selbst taum. Die kleine Steh lampe wars ihr Licht aus einen wei gen Briesbogen, daneben stand ein intensläschchen, das erst diexeen Abend geöffnet worden war. n r großen. schwieligen Rechten hielt die junge Frau, deren Antlitz Spuren von Kränkung und Bitterniß aus X wies, einen Federstil krampshast sest. Das Schreiben war Frau Minnas Sache nicht. Die Schlite der Uhr riittelten sie aus ihren Erärtmereietr aus. Sie sirich wieder einmal den weißen Bd en, der vor ihr lag, glatt und besah ich wieder die Ueberschrist. Groß und breit stand dort in der Mitte des Bogens mit ungelenten Zügen: Lieber Anton. Weiter war sie trotz reislichen Nachdenkeng über die Form des Briefes-, den sie nbsasi sen wollte, bisher nicht gekommen Sie seufzte ties aus. Wenn sie noch im Stande gewesen wäre, all dass-, was sie auf dem Herzen hatte, all dag, was sie so lange getraxem was sie elitten, ihm tlar machen zu können. enn sie ihn doch ihren Schmerz süh len lassen könnte, den Schmerz, der ihr Herz zerriß. Jin ganzen Pause wußten es die Leute, daß er ie betrog. Und nicht nur, daß er ihre innig ausopsernde Liebe so gering achtete, sie wußten auch, daß sie ihm nichts recht machen tonnte, daß er siir sie, die sich wag iider abauälte, um mit den bescheide nen Mitteln, die er ihr bringen konnte, ihm das Heim so angenehm als möglich u machen, nicht einmal einen guten liet iibria hatte. Nur das Kind hielt ihn bei ihr zurück, denn das Kind liebte er. Das war ein Trost siir ihre lranleSeele, trug aber auch dazu bei, das Entsehlichr. das sie vorhalte, zur Reise zu bringen· Alles hätte sie ertragen können, das Gerede der Leute« die Demüthiguncem die er ihr täglich bereitete, alles hätte sie schweigend wie bisher erduldet, nu: priigeln hätte er sie nicht "diirsen. Große schwere Thrönen tamen plößi lich aus den weißen Von-en, als sich Frau Minna der häßlichen Szene erinnerte, die sich heute Morgen abge pielt hatte. Um eines lleinen Ver ehens, nicht der Rede werth. hatte er sie vor dem Kinde geprügelt. Das konnte sie nicht iilericbein fo viel stand bei ihr fest. Sie mußte ein Ende machen. lind jetzt, wo alles ruhisi war, das Kind schlief, er beachte die Jiacht wie gewöhnlich auswärts zu, jetzt mußte sie ihm ein paar Zeilen zum Abschied schreiben. Wenn sie an das Kind dachte, folrampfte sich ihr Herz in tiefem Weh zufammen? Sie wußte fich keinen Rath mehr, wußte nur das Eine, wie ein Hund, der Fußtriiie bekommt und fich dann icheu in die Ecke drückt, fo lonnte sie das Leben nichi weiier ertragen. Sie iroaneie ihre Augen und wifchie for-g fiiltig mii der Schürze die nassen Tropfen von dem weißen Bogen, las noch einmal halblaut: »Sieh-er Anton« und begann dann langsam zu schrei ben. »Du haft mir einmal verspro chen, vor vielen Jahren natürlich, ich weiß nicht, ob Du Dich noch daran erinnerft, daß Du mich gehe liiellich machen wirst, und das elbe ,abe ich auch Dir gelobt. Du haft Dein Ver fprechen nichlZehaltem aber ich will es thun und ( ir beweifen, daß mir Dein Gliick mehr ifi als mein Leben. Du warfi lange Zeit gut zu mir, wenn Du auch oft rob un zornig gewesen dist, und ich ade Dich dafür lieb ge habi, wie Dich sicher nie mehr eine grau lieb haben wird. Ich danke ie ·ute fiir alle Liebe, die Du ein mal tir mich gehabt bafi. Ich habe -Dich noch immer lieb, nnd das beweise ich Dir wohl am besten, wenn ich yehr. Wir zwei passen nichi mehr zu-— ammen, das habe ich endlich einge sehen, also-mache Plat. Wenn Du diesen Brief erzätin werde ich nicht mehr auf der li fein,- Du haft mir viel an eihan, Anton, ich aber will Dir a ei verzeihen, wenn Du meine legte Bitte erfüllst. Behiite die Kleine, und wenn jie einmal nach mir fragt, dann sage: die Mutter war eine nie Frau — das war ich Dir doch mmer —es war nur letn Plah giirv sie auf der Welt Berlpreche mir as und Jei zum lepien Mal gegrüßt von Deiner unglückliche-i Minna.« Frau Minna haiie lange, lange an drtn Abschiedsbries geschrieben, iskid kst mußte sie die Feder wieder ab setzen, denn sie konnte durch dieüber uellenden Thränen kaum das Papier csichern Nun überlas sie den Jnhali noch einmal, dann salieie sie den Brief zusammen und steckte ihn in ihre Rock-« tasche. Morgen rüh wollte sie noch die Wohnung in Ordnung bringen und dann gehen für immer. Schwersällia stand ie auf, entlleideie sich, verlöschte das Licht und ging zu Besi. Sie war nan etwas ruhiger als während des ganzen Tages; es war die erleich ternde Ruhe, die einen Menschen über ionirnt, der lange Zeit geiömpst hat« nun aber endlichezu einem Entschlusse geiommen ist. er Schlaf freilich wollte sich noch lange nicht einstellen. Endlich machte die Natur ihre Rechte geltend, und sie schlief ein. Ist-« Früh am Morgen erhob sich Frau Minna, um all die tleinen und doch so nöthigen wirthschastlichen Angele genheiten zu erledigen-zum legten Male. Alles ging denselben Gang wie sonst. Anton erhielt seinen Früh-· -stiicls-Kafsee, den er nörgelnd, wie gewöhnlich, verschluckte. Aussällig wurde er heute nicht einmal, als er beim Weggehen seinen Hut nicht fand, den er Nachts vorher irgendwo hinge schleudert hatte; er suchte ganz gegen seine Gewohnheit selber, nur leise vor sich hinbrumniend, denn sogitr ihm iiel das scheue, gedrückte Wesen seiner Frau aus. Alles ging denselben Gang, wenn auch vielleicht weniger behend von Seiten Minnas. Nur als es da zu lam, der Kleinen beim Anziehen zu helfen und sie iich sagte, daß sie all die kleinen Handlungen-, die sie so gerne verrichtete, zum letzten Male machen sollte, da zitterten der kräfti ,en Frau die Kniee, und sie mußte ich an einen Stuhl festhalten, un nicht umzusinlen. Mit behenden Fingern zog sie den Stamm durch die weichen, goldblonden Locken, und ganz verstohlen — das Kind durfte nicht unruhig gemacht werden s— wischte sich die unglückliche Frau die Thränen aus iden Au en. Dabei durchzuckte ste immer wie r der Ge danke, ob es nicht Sünde wäre, dass Kind allein zu lassen in der Welt, obj sie als«Mutter nicht die Pflicht habe, auszuharren und alle Widerwärtig teiten zu ertragen. Mit einem Male siihlte sie wieder den Schlag aus ihrer Wange brennen, den sie gestern erhal ter. hatte. Sie griff in die Tasche nach dem Abschiedevries Es gab tei nen anderen Ausweg, sie mußte fort. Plötzlich fragte das Kind: »Hu t du Kopfschmerzen.i" Sie konnte nur den Fiops verneinend schütteln. Tie Kehle war ihr wie zugeschniirt. Alssieiich etwas gefaßt hatte, sagte sie: ,.Minni. gehe ietzt in den Hof spielen; aber-— vorher -—— vorher giebst du der Mutter noch einen Kuß." Sie nahm das- kleine Mädchen aus den Arm und tiißteun ter Thriinen das zarte, weiche, warme Kindergesicht immer und immer wie der. Endlich stellte sie das Kind wie der aus den Boden, tehrte ihm den Rücken zu und sagte kaum hörbar: . »Geh« ietzt!« Das Rind, das sich das sonderbare Verhalten der Mutter nicht erklären tonnte, fühlte nur das-Eine, das; die Mutter traurig war und daß es sie nicht auch noch er ürnen dürfe und trippelte artig zur hüte hinaus-. Frau Minna zog den Abschiede brief aus der Tasche und legte ihn mit zitternden Fingern aus das Bett ihres Mannes. Dann band sie sich ihr großes, braunes Umhängetuch um und nun wollte sie den Weg- zu ihrem i nassen Grab antreten. Als sie durch die Küche schritt. klopfte es leise an der Thüre· Das konnte nur Minni sein. Der Frau schlug das Herz hör bar. Warum kam das Kind schon zu rück?« Zögernd öffnete sie. Da stand das kleine Mädchen und große Thräi » nen rannen unablässig iiber das rosige Gesichtchen. »Was giebt es denn, mein Kind?« fragte die Frau mit gepreßter Stinii l me und beugte sich zu dem Mädcheni herab. Die Kleine schlug fest die; Aermchen um ihren Hals und klagte:l »Mutter-—Mutter ———du darfst nicht terbenl« »Was-W rief die Frau iinna, »was?« »Du mußt bei mirs bleiben, Minni tvill keine Stiefmut-i ter.« Das Kind schluchzte laut auf. Die Frau hatte in diesem Augenblick ihren eigenen Schmerz vergessen; sie lrar nur bemüht, das Kind zu beruhi- » en. »Freilich bleibt die Mutter bei ir —-freilich.« Sie trocknete dem Kinde, das nach dieser Versicherung bereits ein wenig zu lächeln versuchte, die Thranen und fra te ganz leise, kaum harbar: »Wer da dir denn ges sagt, daß ich sterben oll, Minni?« »DteMartk1a vom Port er tes mir Magd Mutter; ja,« bekrii tigte das nd. als es dre ungläubigen Augen der Mutter erblickte, ,, e t gesa i, wenn deine Mutter ftir t, eirathe Hch deinen Vater.« ·,,Minni, das at sie gef ti« schrie die ifrau aus. » inni, wei t du ei be irrtth« »Ja, sie bclt gesagt, sie wird meine Stiefmut ter.« »Minni, die Mutter bleibt bei dir,« sagte sie fest. Das junge Weib reckte und dehnte sich, als ob es heute( noch viel zu schuf en gäbe. Sie hob das Kind im Freudentaumel· hoch, drehte sich mit ihm wie in Kreisel und rief unzählige Male: »Nein, nein, du sollst keine Stiefmutter haben!« i Nun kannte sie den rechten Weg.. Sie ließ das Kind los, lief in das« Zimmer und holte den Brief, legte, ihn auf die Platte des Hei-des und« schob ein brennendes Streichholz da runter. Hoch auf loderten die Flam men des Abschiedsbriefeg . . . WH Jn den Lüften. Humvreste von Eugen Jsolant. Max Haltich war mehrfacher Haus besitzer und Rentier in Berlin. Das Glück war ihm hold gewesen, so daß er in der leften Hälfte feines Lebens über ein re peltables Vermögen ver fiigen konnte, das er in einigen statt lichen Häufern im Jnnern der Stadt angelegt hatte. Allein, wenn er auch nun dem Drän· en seiner Frau nach gegeben und fi zur wohlerworbenen Ruhe gesetzt hatte, fo war doch seine an rastlose Thätigleit gewähnte Natur noch viel zu regsam, um sich ganz und gar einem süßen Nichtsthnn zu über antworten. Sie drängte nach Bethei tigung und sollte sie auch bald genug in ausgiebiger Weise erhalten« denn .« err Haltirh der sich zunächst damit esrhäftigte, seiner etwa-J zurückgeblie benen Bildung durch Beischlingen al lerhand nützlicher und unnützer Bücher nachzuhelfcm war eines Tages un glücklielerweife über inen Aufsa? ge rathen, der mit lie voller Aus ühr lichteit von den hängenden Gärten der Semiramis berichtete. »Donnertvetter«, dachte Herr Hal tich, ,,wie müßte sich so etwa-Z erst bei uns in Berlin ausnehmen!« Und im nächsten Augenblicke hatte inh auch schon der Teufel der Steuern Pferde und der brotlofen Künste beim Kragen und flüsterte ihm zu: wie fchän es erst wäre, wenn sich der-Gar-« ten aus feinem, Herrn Haltuthause befändet — Mit der ganzen Kraft der wiederer wachten Unternehmungsluft warf fich nun rBett Haltich aus das seltsame Proie , und bald war Berlin um eine Sehenswürdigteit reicher: den hän genden Garten des Herrn Nentiersz Max Hattich und dieser Hausgaktcn war fortan Herr Haltiehs Stolz und Leidenschaft. Mit der ganzen Liebe eines Schöpfers pflegte er ihn, und ob auch seine Unterhaltung ein Heiden grld verschlung, war ihm doch teiiz Opfer zu groß, und schneller gab er für seinen Garten einige blaueScheinc aus, als etwa fiir die Loiletten seiner Frau und feiner Tochter oder sonst einen wichtigen Zweck. Wehe alser dem, der es gewagt hätte, feinen Hausgarten zu schmähen oder heral zusetzen; er würde ihn- hassen au-: tiefstem Herzens-Munde So hatte er sich mit seinem Ju gendfreunde Mertens nach beinahe halbhundertjähriger Freundschaft üterw orfeni we,l dieser spöttisch ge äußert hatte, der Garten werde so verrußt, daß er gerade noch für einen Rauchfangtehrer en angenehmer Auf enthalt fei. Und erft, als der Assef sor Lux. der Fräulein Haltich turz zuvor auf einem Balle kennen gelernt hatte und nun Visite machte» mit harmloser eIronie meinte, der Garten ei wohl o eine Art Blumentovf. den ein Mailäfer in einer halben Stunde abgrafen könne, da gerieth Papa altich in eine beinahe beängfti gende uth, die nur dadurch einiger maßen Luft erhielt, daß er in einem fort schrie: ,,Diefer Kerl kommt mir nicht mehr in’s haust Nie wieder Paef der Asseffor meine Schwelle be re en.« Frau Haltich war sehr ärgern-n über die Blindwiithigkeit ibeeI Man ries; sie meinte, er werde noch schuld daran sein, wenn leine einzige Tochter zur alten Jungfer würde, denn er habe seinen Garten lieber, ais sein Kind. Auch List-eth, die den Assessor Lux sehr gern hätte im Hause ver kebren sehen, suchte dessen Vorwiy zu entschuldigen, indem sie sagte, er habe ja den Garten gar nicht gekannt und könne da r auch nicht wissen, koie schön er ei. Er habe sich gewiß nichts Arges dabei gedacht. Einerlei! »Wenn er meinen Garten nicht kennt, so braucht er sich nicht über ihn iustisi zu machen,·' wetterte der ein pfin liche alte Herr .,Ueber »meine Schwelle kommt mir der Windbeutel nicht mehrt« i Und dabei blieb es. So oft Frau sdaktich oder Lisbeth den schüchternen Versuch machten, den unglücklich-n Assessor bei dem hauötyrannen wie ber etwas in Gunst zu bringen, er Ihpekten sie die gleiche ftereotype Ant wort: »Macht, was Jhr wollt; mit neeiner Zustimmung betritt der Asses sor meine Schwelle nicht mehr.« Für Herrn Haltich war der Assei sor somit aus der Jnterefssensphäee feines- Hauses für immer ge tri n Nicht aber fo für die zunächt tBe theiligteir Der Assefsor hatte trotz feiner miß lungenen Visite Lisbeth doch mehrere Mal gesehen und zwar im Haufe sei ner Tante, der verwittweten Frau Justizrath Lux, deren Tochter Lis beths intimfte Freundin war. Auch syrau Haltich wußte um diese Zusam nientiinfte und duldete sie fti ll chroei gend, denn ie hatte gar wohl die aufteimende teigung der beiden jun raen Leute zu einander erkannt und gerade die Starrköpfigleit ihres Gat ten drängte fie in die Opposition. Auch glaubte sie nach echter Frauen .u.rt tro alledem noch den Sieg überJ feinen Zchrullenhaften Eigenfinn da ivonzutrarem Auch der Asfessor und ILigbeth gaben die Hoffnung nicht lauf, die übereilte Abneigung Papa ?.5:altichg gegen den Assefsor schwinden Izu sehen, wenn er erst einmal Gele lcenheit hatte, den jungen Mann ten uen zu lernen Denn im Grunde ge lnommen besaß Herr Haltich ja ein laner Herz und handelte in dieser iSache nur unter dem Druck— eines Ifaltchen Autoritätsgesiihls, das ihm verbotv, ein einmal gegebenes Wort weidet zurückzunehmen oder zu igno i likcIL So war in stiller Entwicklung der Dinge das Pfingftfest herangekommen. Tag war nun immer ein ganz beson deres Fest im Haltich’schen Hause Denn mit diesem Tage begann sozu sagen dieSaison seines Hausgartens, und dieses Ereigniß wurde stets im Streife einiger Freunde bei einer selbst gebrauten Bowle freudigst begangen. Frau Haltich und Lisbeth bauten nun aus diese Gelegenheit ihre ganze Hoff nung. Stand doch auch um diese Zeit dac- Barometer seiner Laune aus »be: ständig schön«, und so piirschte sich Frau Haltich eines-Tages an ihren libeherrn heran und lenkte das Ge spräch geschickt aus den Assessor. Er sei doch ein höchst ehrenwerther und angenehmer Mensch, stamrne aus gu ter Familie, habe eine aussichtsreiche liarriere vor sich und sei mithin eine vortreffliche Partie siir ihre Tochter, Und die bevorstehende Gartenaesell ischaft sei ein günstiger Moment, die jungen Leute zusammenzubringen und zugleich die Ansicht des Assessors Tiber den Haltich’schen nausgarten zu widerlegen. Aber der Starrkopf er widerte nur: ,,Ueber meine Schwelle kommt der Assessor nicht; Du weißt, wen-n ich einmal etwas gesagt habe, so inufzeg dabei bleiben.« So war also auch dieser letzte Ver such gescheitert. Frau Haltich war zornig und Lisbeth sehr niedergeschla gen, nur der Assessor lachte vergnügt in sich hinein und sagte: »Und ich werde doch zu Eurer Feier kommen und Papa Haltich wird mir seinen Hausgarten persönlich zeigen.« »O. Du weißt eben nicht, wie Papa sein kann!« erwiderte Lisbeth ängst: lich. ,,Denn wenn er einmal gesagt hat« Du darfst ihm nicht über die Schwelle kommen, so bleibt es dabei!« »Und ich komme doch,« rief sieges gewisr der Assessor, »und wenn ich in einem Luftballon in Euren Hausgars ten fliegen sollte.« Damit gingen die Liebenden ans eiuander; Lisbeth in banger Erwar jtrgig der Assessor voll froher Zuver r t. Oer grokze zag war yeranqerom men. Herr Haltich hatte seinen Garten schön geschmückt mit Maien und bun ten Fähnchen und eine herrliche Mai bowle in schier unerschöpflicher Menge gebraut. Der Tag war prächti« und versprach somit einen äußerst harmo nischen Verlauf zu nehmen. Wider Ermatten aber wollte teine rechte Festesstimmung aufkommen Der Gastgeber selbst, Herr Haltich, war nicht so froh, wie sonst, und daz über trujgn sich unwillkürlich auf seine Gäste. enn er zu seiner Frau hinüber ,sah, begegneten ihm ein paar vor: wurfsvolle Blicke, und die thränen feuchten Augen seines Töchtercheng klagten ihn als hartherzigen Raben svater an Und das ging ihm am tmeisten ins Gemüth. Sonst war Lisbeth in ihrem hellen Frühlingsge wand und in ihrer lachenden Jugend istets der Frohsinn ausströmende Mit telpunlt seines Lieblingsfestes gewe sen, während sie heute mit ihrer Lei Eengmiene ihm die ganze Freude ver ar . Warum hatte er sich auch in seiner verwünschten Hinblütigkeit zu so dummen Konsequenzen hinreißen las sen! Aber-was einmal geschehen war, ging nicht wieder rückgängig zu ma ,en. Doch was sah er da? An dem Spalier, das seinen Garten gegen das Nebenanwesen abschlosz, bewegte sich etwas; das Weinlauhgewinde schob sich beiseite und mit einem kühnen Schwunge setzte eine Gestalt über die Umplantung. Es war der Assessoir Lux! ,,Entschuldigen Sie, meine Herr schaften, daß ich störe,« sagte er mit rtscher Stimme. »Aber ich ging da ein wenig aus den Dächern spazieren, und als ich an dies Hinderniß ta-in, sprang ich kurz entschlossen darüber hinweg. Ahnte ich doch nicht, daß sich dahinter so ein prächtiger Garten be fiinde. Doch, was sage ich Garten-— cin kleines Paradies. Man meint im Morgenlande zu sein und nicht in Berlin. Wahrlich, hier muß eine tunstsinnige Hand gewaltet haben -und ein aparter Verstand-· Und che sich die"«Umstehenden, vor nehmlich Herr Haltich, von ihrer Ueberraschung erholen konnten, theils wegen des Erscheinens des Assessors iiberhaupt, theils wegen der Gefahr, in der er bei seiner gewagten Promc nahe geschwebt hatte, trat dieser auf den Herrn des auses zu und fuhr fert: ,,Kennen Sie mich noch, Herr lcjsaitichY Jch hatte schon einmal das Vergnügen, leider traf mich damals das Unglück, mir Jhr Mißfallen zu zuziehen, was zur Folge hatte, daß Sie dem Assessor Lux verboten, Jhre Schwelle zu betreten. Was das leh tere anbetrifft, so habe ich das Ber bto nicht verletzt. Denn erstens bin ich kein Assessor mehr, sondern seit gestern Richter und zweiten-s bin ich auch nicht über Jhre Schwelle« gekom men. Ich yosse tonan. daß Sie mich nicht von hierw egweisen werden, ehe es mir vergönnti st, einen großen Her zenswunsch auszusprechen: Verehrter Herr Haltich, ich bitte ganz ergebenst um- die Hand Jhrer Tochter, und ich denke, für Jhren Schwiegersohn hat ja auch das ominöse Verbot keine Giltigteit.« Jn Herrn Haltichs Kopf brauste und surrte eg· Eine solche Keckheit hatte er doch noch nicht erlebt. Aber das sichere Auftreten des Assefsors ent wafnftee ihn vollständig. »Herr Assessor —Herr ——Herr f stammelte er. Aber schon schlangen sich zwei weiche Arme um seinen Hals, und eine zärtliche Stimme flüsterte: »Ach, Unpa, gib ihn mir dochä Er ist ja nich über die Schwelle gekommen und auch Deinen Garten hat er ja ge lobt!« Das Wort Garten brachte den Ren tier aus dein großen Wirrwarr seiner Gedanken wieder einigermaßen zur Wirklichkeit zurück. »Wie —— was —-— was sagten Sie doch iiber meinen Garten, Herr Asses sor« tames zögernd von seinen Lip pen »Daß er ein kleines Paradies sei,« beeilte sich Lisbeth zungenfertig einzu werfen. »Und daß eS eine tunstsinnige Hand sein müsse und da «———-—— »Herr Haltich,« fiel nun seinerseits der Assessor ein, ,,fchaffen Sie auch fiir zwei Menschen, die sich innig lie bne, ein solches Paradies, das-das beinahe so schön wäre, wie Jhr Gar ten, indem Sie unsere Hände zusam menaeben zum Bunde sür’"5 Leben!« »Schockschtverenoth!« rief Herr Hal tich, den die Rührung überrumpelte, einmal wegen des Lobes über seinen Garten und dann weil ihm ein Zent nergewicht vom Herzen fiel über die glückliche Lösung des insamen »Schtvellenverbotes« und der damit verknüpften Familienstreitiqteiten — ,,Sct,«ockschwerenoth, sage ich, so neh men Sie sie denn hin, Sie frecher Maikäfer, der mir die schönste Blume aus meinem Garten in weniger als einer halben Stunde weggegrast hatt« Und Assessor Lur ließ sich das nicht fweimal sagen. Herr Haltich aber tieg hinunter-, um noch eine, diesmal viel größere — Verlobungsbowle zu brauen. " Mißverständniss. Jn einem Städtchen unweit der lieblichen Mosel konnte man den Gang der Uhren am Kirchthurtn und am Rathhau e nicht in liebereinstim mung bringen, wie das erforderlich ist, wenn die Einwohner genau wissen sollen, was die Glocke geschlagen hat. Mit dein Ausziehen und Richtigstellen der Zeitme er war der im Dienste ergraute c«tadtt:siener betraut, der aber leider an einem Gehörfehler litt, was ihm die erwünschte peinliche Regelung der Uhren ungemein er schwerte. Das Stadtoberhaupt, das Muster eines gewissenhaften und in Sachen der Pünltlichteit besonders strengen Vorgesetzten, machte ihm we gen dieser Unzuverlässigleit des öftern in energischer Weise Vorhaltungen,; so daß der gute Mann nicht aus noch eni wußte. Als nun beim Abend schoppen auch noch festgestellt wurde, daß die Stadtuhr bereits eine volle Viertelstunde der Kirchenuhr vorgehe, war das dem Gestrengen denn doch zu viel. Schon längst war es bei ihm Brauch geworden, um wegen der Schtverhorigteit möglichen Mißver ständnissen vorzubeugen, alle Anord nungen dem Untergebenen au kleinen Zetteln zu übermitteln. o fand denn am anderen Morgen derSchwer horige auf seinem Schreib- und Ar veitsbrett einen größeren Zettel mit der Lapidarschrist: »Die Stadtuhr Fall eine Viertelstunde vorgehen.« So ort machte sich der gute Diener voll Eifer auf, um seines Amtes zu wal ten, und schon Mittags konnte man sich überzeugen, daß die Stadtuhr nunmehr eine halbe Stunde vorging. Eine gute Partie. Mit einem dramatischen Knsallessekt endete eine Verlöbnißseier, die tiir lich im Hause des Pariser Rentiers Ida mignon stattfand. Um die Tochter Damignons, Fräulein Jeanne, hatte sich zunächst eins gewisser GabrielOr-· meaux beworben, der zwar als anstän diger Mensch gern in der Familie ge sehen wurde, aber alsFreier mitRitcks sicht aus seine bescheidenen Einkünfte einen Korb erhielt. Bald darauf tauchte eine »glänzende Partie« am Horizont auf, und zwar in der Person eines gewissen Charles Delatour, der sich als reichlich mit Glücksgiitern ge scgneter Vertreter großer Häuser ein siihrte. Seine Bewerbungen wurden sofort angenommen, auch Fräulein Jeanne zeigte sich sehr entgegenkom mend. Ormeaux, der Zurückgewiesene, der weiter im Hause verkehrte, schloß sich nun dem glücklicheren Bewerbe: an. Bald entwickelte sich zwischen ihnen eine große Jntimität, die es Or meaux ermöglichte, allerlei über die Verhältnisse Delatours zu erfahren und sich sogar gewisse Dokumente des selben anzueignen. Er stellte fest, daß Telatour kein anderer sei, als der Hochstapler Henri Rouvray, nach dem die Pariser Polizei eben fahndete. Sei es nun, daß Ormeaux sich nicht frü her die nöthige Gewißheit verschaffen ionnte,· sei es, daß er seiner Angede teten eine kleine Demüthiigung gönnie, kurz, cr verschob die Enthüllung bis zur Verlobungsfeier und zog die korn promittirenden Papiere erst hervor, als man das junge Paar am fest« i geschmückten Tisch hochleben ließ. Während die Braut in« Ohnmacht fiel, die Eltern loiitheten und die Gäste sich disiret zurückzogen, verduftete der angebliche Delatour, wurde jedoch von Polizeiagenten festgenommen -—--.-— Hetmchenrämpke beiden Chinefem Jn einer kleinen Straße, die von Westindia Dock Road in London ab biegt, befindet sich eine kleine chinesi sehe Kolonie, zu der alle «in England einwandernden Chinesen ihren Weg finden. Jn dieser Kolonie wird der grausame Sport der Heimchenlämpfe eifrig betrieben. Die chinesischen Zu schauer machen dabei Wetten auf die Heimchen, genau wie der Englänsder auf Pferde wettet. Ein Mitglied der chinesischen Gesandtschaft in London erklärte einem Vertreter des »Dain Expreß«, daß der Heimchenlampf in China der Zeitvertreib der oberen Volkskreise sei. Ueber diesen Kampf seien mehr Bücher und Gedichte ge schrieben worden, als über irgend einen anderen Sport. Die Heimchen werden in China sargfältig gezüchtet und erreichen oft auf dem Markt in Peting einen sehr hohen Preis. Sie sind größer als die englischen Heim eben und haben einen unverhältnißi mäßig großen Kopf. Der berühmte Lihungtschang war eine Autorität auf dem Gebiete der kämpfenden Heim chen und hat mehrere Bücher über die wichtige Frage der Heimchenzucht ge schrieben. «- —---.-...— Lebensweishett. Gepriesen nnd verlästert wird der Gute, Bald folgt ihm Hosiannah bald der o n, Bald Ruhmesalanz und bald des Schicksals Ruthe; Wer will noch bauen auf der Welten Lohns Drum soll dich fremdes Urtheil nicht verwirren, Und Tadelsworte haben kein Gewicht; Laß Deine Schmäler stündlich weiter girren Und fürchte nicht ihr scheues Straf gericht! Seine Auslegung. Zigeunerin (dem jungen Kassier Meier aus den Linien der Hand wahrsa end): »Hier, junger Herr, sehe ich eine tinie, die fiir Jhr Leben große Bedeutung gewinnen wird.« ,,Weiß ich, das ist die Hamburg Amerika-Linie!« Eine Kritik. LTränlein Holdhauser hat in einer Ge ellschast mehrere Lieder gesungen. Nachdem sie geendet hat, sagte ihre eingebildete Mama zu einem bekaan ten Opernreferentem »Na, was sagen Sie dazu? Jst das nicht ein Talent? An der ist gewiß eine Primadonna verloren gegangen.« Kritiker: »An jeder Bühne wäre sie sicher so r t getommen.« »Du, Spund, Du trintst ja heute unbändig! Hat Dein Onkel Geld ge schickt?« «Nee —- nber ’ne gesalzene Ant wort.« ; Alte Dame: »Ich glaube, Sie sind sder saulste Mensch auf Gottes Erd sboden!« , ) lBettler: »Glauben Sie das ja nicht, Madame, da hätten Sie meinen Bruder Fritz sehen sollen, der tarb, Preis er zu saul tout zum nan en.«