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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 8, 1906)
Malves Mitgift Roman von Gurt Unrmgdorfx (7. Fortsetzung) s Die Erregung des Obersten von De gerndorf wuchs bei der Erklärung seines Sohnes, auf die Mitgift seiner Gattin verzichten zu wollen, immer nie r. Mit nur mühsam beherrschter Stimme rief er jetzt Bernd zu: »Bist Du von Sinnen-s Wenn Du die Mit ift wieder herausgidft und obendrein s Königs Rock ausziehfi, wovon willst Du denn eigentlich dann leben? Haben sich Dir über Nacht geheim-mäß volle Hilfsquellen erschlossen —- oder rechnest Du etwa auf mich?« »Auf Dich, Vater!———Nein, wahr-z hastig, das wäre das letzte, womit ich rechnen würde. Aber ich bin doch wohl nicht der erfte verabschiedete Offizier, der sich in einem anderen Berufe fein Brod zu verdienen sucht.« »So9 —- Deine Zulunftspliine sind also, wie es scheint, schon vollständig rtia! Deine Gattin muß ein gut « heil von den Talenten ihres Vaters rbt haben, um Dich dahin zu rin en." och einmal, Vater: lassen wir meine Frau aus dem Spiel, wenn es Dir nicht möglichist, mit der Achtung von ihr zu prechen, die ich unbedingt ge sie in nspruch nehme. Jch tann ich nicht zwingen, Mitleid mit ihr pu haben; aber ich werde Dir nie mals gestatten, sie zu beleidigen.« »Ah, reden wir so miteinander? hat Deine Leidenschaft Dich so blind gemacht!« »Die betlagenswerthen Frauen, die Du so verächtlich abthust und denen « Du in Deinem Hochmuth nicht einmal ein Wort der Theilnahme vergönnt s Hist, sie haben allerdings in diesem ugenblick die nächsten und die hei ligsten Ansprüche an mich, nicht nur um der jungen verwandtschaftlichen Beziehungen willen, in denen ich jetzt. su ihnen stehe, sondern vor allern,l weil ihr Verhalten ihnen ein Recht giebt, auf den Beistand jedes ritter ich denkenden Mannes. Weißt Du, was die Wittwe des Geheimraths Breitenbach bereits gethan hat, Va ter? Sie hat zu Gunsten der Gläubi ger freiwillig auf den Nachlaß ihres Mannes verzichtet. Sie ist ebenso wie ihre unverheirathete Tochter fest ent schlossen, alles hinzugeben, was sie besitzt. Diese schutzlosen Frauen wol ’ sen lieber den harten Kampf mit der Armuth aufnehmen« als daß man ihnen nachsagen soll, sie hätten sich an unrechtniäßig erworbenem Gute bereichert.« Wenn- Bernd erwartet hatte, mir diefer Erklärung einen starken Ein druck auf seinen Vater u machen, so geh er sich getäuscht Tit über der tust verschränkten Armen stand der Oberst vor ihm und fein Gesicht war noch härter als zuvor. »En! effektvoller Theatercouv — weiter nichts! Denn sie wissen rechts gut, daß man ihnen von rechtzwegenl morgen nehmen würde, was sie heute» kreiwillig hergeben. Komödianten » nd sie alle miteinander. Und damit läßt Du Die imponiren? Natürlich gibt-ji Du sie allesamt-ne auf dem Halse a n.« »Ich werde mich auerdinag ver pslichtet fühlen, für sie zu soraen, sk weit ichs vermag Tag ist doch selbst verständlich « »Nun wohl, so will ich Dir etwas sagen Jcb sehe, daß eg unmöglich ist, heute vernünftig mit Dir zu reden Aber ich habe Vertrauen genua in Deinen gesunden Mensckenveritand, um zu hoffen, daß Du bei ruhiger keherlegung von selbst zur Besinnung ornmst Dein Abschiedsgesuch magst Du immerhin einreichen. Wie die Dinge liegen, läßt sich das wohl nicht vermeiden. Es wird sich eben nur darum handeln, Dir den Wer sreizu halten für Deinen späteren Wiederein tritt in die Armee. Wovon diese Re Zbilitirung allein abhängig ist, weißt u An dem Tag-, wo Du die Schei dung eingeleitet hast, ist der erste Schritt dazu gethan.« »Ein Schritt, den ich niemals thun werde, Vater! Hier gebe ich mein Eh kenn-okt, daß es weder jetzt noch künf - schehen wird Du siehst nun wo ein, daß es zwecklos ist, weiter davon zu sprechen « Der Oberst richtete sich noch höher an und seine Aug-en funtelten in miehsam niedergehaltenem Zorn. «Und ich —- ich gebe Dir mein Eh- H tentvort daß jede Gemeinschaft zwi Eien uns beiden aufhört, solange Du — r Gotte dieser Frau bist. Wer zu den Breitendachs gehört, dem ist die Thier meines hauses ein- fiir allemal verschlossen Lieber will ich unser . Steuern t Röcknitz dein ersten besten -- Ærs lachter siir ein Sändenaeld Eber-geben als daß eine Breitenbach als als Herrin daraus schaltet. ist meine Antwort. Nun weißt woran wir miteinander sind.« Vernd wer bieieh geworden aber er Its-is nicht, daß es sein Vater war, PMB er gesenkt-erstand und er hieli P MDeine Engherzigteit be aber ich Innre ihr keinen Ein Misehlii sie einräumen Its-easy Dir gebie; zu eine-, Dei . Jan meine Du M mit eiqu sch thue, was mir das meinige vor chreibt.« Er nahm seinen Hut und ging zur Thür. Der Oberst schien mit sich zu käm pfen. Am Ende kannte er seinen Sohn gut genug, um zu wissen, daß er nie mals aus freien Stücken zu ihm zu rückkehren würde, wenn er ihn so von sich gehen ließ. Aber er tonnte nichts zurücknchmen von dem, waser soeben ausgesprochen Darum "preßte er die Lippen zusammen und schwieg ,,Adieu, Vatert« Der Gruß blieb unerwidert. —- Ein paar Selunden lang noch zauderte Bernh auf der Schwelle der offenen Thür. Dann drückte er sie hinter sich Ins Schloß, und der Oberst war at em. 9. K a p i te l. Zum erstenmal seit mehreren Ta en hatte Bernd seft und ruhig geschla en, bis ihn sein Bursche weilte. Er brachte ein Telegramm. das wieder eine be ruhigende Nachricht über Matves Be finden enthielt. Auch ein Gruß war in ihrem Auftrage beigefügt —- sicher tich ein gutes Zeichen. Jn fast heiterer Stimmung tleidete sich Bernd an. Die gestrige Angem anderfefzung mit seinem Vater war wie ein Gewitter gewesen, das die Luft gereinigt hatte. Er sah die Zu kunft, die vor ihm lag, zwar nicht in rosigem Lichte, aber in scharfen undi bestimmten Umrissen. Die Nebel, die ihm noch gestern den Blick verhüllt. hatten, waren verflogen, und mit der? ltaren Ertenntniß dessen, was er zui thun hatte, war ein befreiendes Ge fiihl der Sicherheit über ihn gekom men, ein festes, ruhiges Vertrauen in bie»eigrne Kraft. · k- s- nir,«c r qcUlk slll U(cchls(llIli apcll U einen lan en ermnthigenden Brief an Malve geschrieben und dann ntit fester Hand sein Abschiedsgesuch zu Papier gebracht Daß er es jema als so ruhi gen Gemüthes würde thun können, wäre ihm aewiß noch vor kurzem un tentbar erschienen. Es war dcch eine unumstößliche Wahrheit in dem alten Erfahrungssatz, daß die Vorstellung eines Unglücks bei weitem schlimmer ist als das Unglück selbst. Nun legte er die Uniform an, um sich bei seinem Rammandeur zu mel den. Es war vielleicht einer de: schwersten Gänge, die er zu matten hatte, aber er dachte trotzdem nnt da ran, ihn hinauszuschieben « Und die Unterredunc gestaltete sich viel weniger peinlich als er es erwar iet hatte. Der mit der Führung des Regiments betraute Oberstleutnant empfing ihn mit einer herzlichen Wärme, die Bernd wohl that und rasch alle Besangenheit verscheuchte. Mit feinem Tattgesiihl ging der Vor gesetzte über die le ten traurigen Er eignisse hinweg. uch er schien es selbstverständlich zu finden, daß der Oberleutnant um seinen Abschiedein gekommen war und mit einigen freundlichen Worten gab er seinem Bedauern über diese Nothtpendigteit Ausdruck »Das RegimenhJ mein lieber De erndors das in Ihnen einen feiner fahigsten und hoffnun Svollsten Offi ziere verliert wird Jänen ein treues Gedenten bewahren. Und Sie dürfen sicher sein, daß man Sie mit Freuden willkommen heißen wird, wenn es Ihnen eines Tages gelingt, den Weg Inbskndem der Sie zu uns zurück u r ." Daß der Urlaub, der ihm sür seine Hochzeit-steile bewilligt worden war-. bis zur Ertedigung des Ell-schieds gesuches verlängert wurde, war unter den obwaltenden Verhältnissen selbst verständlich Als Bernd den Regimentslomman deur verließ, hatte er die Empfindung daß ein bedeutsamer Abschnitt seine-· Lebens fertig und abgeschlossen hinter ihm lag. Ein leifes Gefühl der Weh mutb wollte sich in feinem Herzen re gen, denn er war mit ganzer Seele Soldat gewesen und der Verzicht auf den lieb·ewordenen Beruf wurde ihm nicht leigi. Aber er ließ diese Wer muth nicht start werden in feinem « n nern. Das Bewußtsein, einer ii r nommenen Pflicht treu geblieben zu fein, half ihm rasch, sie zu verscheu chen. Auch das neue Leben, das er mit diesem Tage begann, würde ihm ja Aufgaben stellen, die wertb waren, feine ganze Mannestraft für sie ein zusetzen. Sein nächstes Ziel war die Woh nung des Geheimtaths. Indessen tam er zu ungele enerZeit, denn dasMäd chen fa te i m, daß er weder Frau Breiten ach noch Sigrid sprechen tönne. Die Huädige Frau habe eine scbr schlechte acht gehabt und fei erst gegen Morgen eingefchlummert. Das gnädige Fraulein aber habe auf drin endej meden des alten Hausarztes ch eben alls niederlegen müssen. »Seit dem Tode des Herrn Ge heimraths lft Fräulein Si rid nicht ins Bett gekommen. Der er Dot tor bat mir's auf die Seele gebunden, sie unter keinen Umftänden friiren zu tafferr. Denn er meint, Oh sie am Ende aus-h trank-verliert wärde, wennfie even Itu 'at.« Unsdkikßfeimkartegärcktnit dem- Bemerten, daß er am Ra mit tag wiederkommen würde. nn chlug er nach kurzem Ueberlegen den eg zu dem otel ein, in dem sein Vater und Lh ia wohnten. . Nicht um eine nochmalige Desg nung mit dem Obersten war es hin u thun. Gab er sich doch itiner aäuscbung darüber hin, daß jede er neute Auseinandersetzung vie Klust nur erweitern würde, die sich mischen ihm und seinem Vater ausgetham Aber er hatte keine Veranlassurzx un höslich gegen Lydia zu sein. kade weil er die Gewißheit hatte, da ihre Wege von nun an so weit anse nan der gehen würden, als die Lebensbah nen zweier Menschen sich nur immer entfernen tönnen, meinte er ihr diesen Abschiedsbesuch schuldig zu sein« Mochte sie ihn immerhin als eine leere Förmlichteit ansehen. Er hatte dann das seinige gethan, ihren Beziehungen einen freundlichen Austlana zu geber-» Man sagte ihm, Fräulein von Thyrnau sei im Schreibzimmer. Und erfand sie dort ganz allein. Sielegte bei seinem Eintritt die Feder nieder nnd ging ihm entgegen. Viel unbe sangener und, wie ihm schien, herz licher als gestern reichte sie ihm die Hand »Es ist hübsch von Dir, Bernh, baß Du aus eigenem Antriebe selommen bist. Wie Du siehst, war ich eben im Brgkifs, Dich um Deinen Besuch zu bitten.« Sie deniete aus den eben begonne nen Brief. »Es war doch selbstverständlich daß ich nicht abreisen würde, ohne Dir Lebewohl zu iagen." «Run, so ganz selbstverständlich war das«fiir mich gerade nicht,« ern-i derte sie freundlich, indem sie den an gefangenen Brief langsam in Stücke riß. »Ich will Dir gar tein Geheim niß daraus machen, daß mir während dieses letzten Jahres manchmal der Gedanke gekommen ift, ich müsse mir durch irgend ein Verschulden Deine Freundschaft verscherzt haben. Und ich zerbraeh mir vergebens den Kopf, wel chen Anlaß ich dazu gegeben haben tönnte.« Jhr sanfier Ton setzte ihn in Er staunen. Das war die Art nicht, die er an ihr gewöhnt war. Diese freuen haste Milde zeigte ihm eine ganz neue Seite ihres Wesens. Und er hatte ceglaubt, sie so gründlich zu kennen. Reichten ihre gemeinsamen Erinne rungen doch bis in seine frühen Ana Hbenjahre zurück. Die Verwandtschaft, Haus Grund deren sie sich als Vetter Iund Base ansahen, war zwar iebr weitläufig, aber zwischen den Herren häufen-. der beiden Nachbaraiiter hatte seit Generationen die inniafte Freund schaft bestanden, und man hatte den Kindern in ihrem Verkehr so viel Freiheit gelassen, als wären sie wirt lich durch nahe Blutsverwandtschafi miteinander verbunden. Die glück lichsten Stunden feiner Jugend waren es gewesen« die Bernd auf Franken hagener Grund und Boden verlebt hatte· Noch jetzt tonnte er ihrer nicht gedenken, ohne daß es ihm warm ums Herz wurde. Nicht daß immer das herzlichste Einvernehmen zwischen ihm- und der um fünf Jahre jüngeren Lhdia be ftanden hätte. Sie hatten im Gegen theil fait immer ausKriegsfuß mit einander geftanden. Unzähligemale hatte er sich über ihr spöttisches La chen geärgert, wenn er sie mit der Be dachtfamteit des Ritters, der sich fiir ihre Sicherheit Verantwortlich fühlte, von irgend einem tolltiihnen halsbre tzkerifchen Streich zurückzuhalten ber suasl Halle. tslllllikl Aus-: licuc lcill ihre Launenliastiriteit, ihre Herrsch sucht und ihre Rucksicbtsloiieiteit gegen seine tleinen Schwächen die Ursache zu Mißbelliqleiien zwischen ihnen ge nesen. Aber wenn er sich beute von ihr pet:ennt hatte mit dem seiten Ent schlusse, mindestens ein paar Wochen lang ihre Gesellschast zu meiden, so war er doch sicher schon moran wie der aus Frankenhaaen gewesen und hatte sich willig zum Opfer ibrer Quälereien heraegeben Denn wag be deuteten am End-e die Leiden, die sie ilim bereitete, jenen töstlichen Augen-· blicten gegenüber, wenn sie ausgelext mai-, die Liebensioiirdige zu spielen! n solchen Augenblicken gab es nach siiner sesten Ueberzeugunn aus dem ganzen Erdenrund tein liebrei zenderes Geschöpf als sie. Ihre iprühende Ausgelassknheit ris; ibn wie einen tot len Wirt-e mit sich sort. Das war zu der Zeit gewesen« da sie in losem Haar und im kurzen, latternden Röckchen herumlief. Aber ee hatte eigentlich nie eine merkbare Veränderung an ihr wahrgenommen. Wenn er später als blutjuiiger Leut naiit mindestens die hälste jedes Ur laubstages aus Iranlenhagen u brachte, hatte er in dein tapriziösen Backsischchen und in dem betanbliilzenis den« sehr selbstbewußten Mädcheniw mer dieselbe Lydia wiedergefunden, die als ein neckischer und zuweilen auch grausamer- Kobold, in seinen Knabenerinnetungen sputte. Auch heute noch vermochte er sie sich taum anders vorzustellen, wie königlich stolz und sicher sie auch immer austreten mochte. Er konntea seine use nd es elin tooyl Damit-is ranlte Ho ze Gebieterin aus Franken qgeii inten, nur nicht alisanätech g ti s toeiblichei Wesen wie er e in diee ein Augenblick vor sich sah Damm war seine Antwort nat Z nd alt siiitchte er, tin mich it aszeanet the altes, spöttisches Lo cheu u vernehmen, wet er so thiiricht zause- toeie, Mo Maske site das wiss Gesicht zu besten zsie konntest Du etwas derartt es M, Wes Ei Hob- seve wenn ich nach Röcknis kam, so vieler lei siir mich zu thun. Und dann wußte ich doch auch nicht recht, ob ich Dir gelegen kommen würde. Die Ver hältnisse waren ja in mancher hinsicht andere geworden, und —« »O, Du brauchst Dich durchaus nicht zu entichuldigen,« fiel te liebens würdig- ein. »Es ist mir s on genug, zu hören, daß ich mich getäuscht habe. —— Uebrigens möchte ich Dir einen Vorschlag machen, Beend! Es plan dcrt sich hier nicht gerade behaglich, Ioo man ·eden Augenblick durch fremde Menschen gestört werden kann. Wollen wir nicht durch den nahen Stadtpart promeniren -— vorausge setzt natürlich, daß Du in der Absicht gekomemn warst, mir eine halbe iStunde zu opfern?« l Hin bewirkt hab-u, und andere-eng H stelle. Denn diese Kunst war nie ihre ;starke Seite gewesen und es war ihr :nen. sich darin zu üben. Von aller f ) »Ja; siehe setvuvernandnch mir Vergnügen zu Deiner Verfügung« »So entschuldige mich nur ein paar Minuten· Jch bin gleich wieder da.« Sie nickte ihm lächelnd zu und ging, um sich auf ihrem Zimmer fiir den Spaziergang fertig zu machen. Mit einem kleinen Kopfschiitteln fah Bernd ihr nach. Wenn diese freundliche Unbefangenheit wirttich ganz aufrichtig war, so mußte das Leben eine wunderbare Wandtun in traute er ihr nicht zu, daß sie sich ver wohl auch nie der Miihe werth erschie Welt verwöhnt, hatte sie jeder Laune nachgegeben, ohne sich viel um die FU gen zu kümmern. Er hatte oft Unter ihrer tücksichtslofen Aufrichtigkeit ge litten, doch nie unter ihrer Unwahr hastigteit. Und es war ihm deshalb unmöglich, sich vorzustellen, daß sie gerade heute mit ihm Komödie spie len sollte. — So zürnte sie ihm also in Wahr heit nicht mehr, hatte ihm oielleichi niemals gezürnt, und er war ein Thor ·ewesen, daß er in den letzten zahren o fetten als möglich auf chlosz Frantenhagen erschienen war und es seit seiner Verlobung vollständig ge mieden hatte. Auch sie sah in dem, was vor Jahren zwischen ihnen ges schehen war. wohl schon längst nur noch eine Kinderei und es fiel ihr nicht ein, seine Liede zu einer anderen als einen Treubruch zu betrachten Er fühlte sich versucht, zu lächeln, als er an die ernsthaften Gewissens bisse dachte, die er in all dieser Zeit bei der Erinnerung an jenen eteigniszs reichen Sommertag von damals em pfunden. Es war doch auch wirklich nichts anderes gewesen als ein holder, rasch verflogener Rausch Bsi einem feiner Urlaubshesuche auf Frankenhagen war es gewesen« auf einem der lustigen Spuzierritte über Stett und Stein, die ihnen selbst wie ihrer Umgebung als etwas so Asltgewohntes und Unberfiingliches erschienen. Mit allerlei harmlosen Neckereien hatte es angefangen, ganz so, wie schon hundertmal zuvor, und teineg von ihnen hatte daran gedacht, daß es diesmal anders enden könne. Ob die prangende Schönheit des Sommertages schuld daran gewesen war —- all die üppige Lehensfiille rings um sie her —-· das Gezwitscher der Vögel oder der süße, ei enthiim lich berauschende Duft des risch ge miihten Heus — heute wußte er es nicht mehr zu sagen. Er erinnerte sich nur« daß sie auf Lhdias Wunsch am Waldrande abgesefsen waren und sich in das weiche Moos niedergestreckt hatten. um ein Viertelstündchen zu ruhen. Und so deutlich, als wäre es erst gestern gewesen, hatte er das Bild vor Augen: ihre in dem tnappen Reitkleide hiegsame Gestalt, ihre la chenden Augen und das durch die Wipfel einsallende Sonnenlicht, das sie mit zitterndem goldenen Fleaen iiberftreute. Nie war sie ihm reizen der erschienen als an diesem Morgen» und nie war sie in ihrem fröhlichent Uebermuth liebenswürdiger gen-elect Ein kleiner, bunter Käfer-, der inj der Sonne wie ein Smaragd glänzte, 1 fiel aus dem Gezweig ins Moos nie-; der. Sie fing ihn und hielt ihn in ihrer Rechten, von der sie den Hand- » schuh abgestreift hatte, wie in einems Parmen, weichen Kerker eingeschlos«s en. , · ; »Gieb ihm seine Freiheit wieder,« bat Brind. Da streckte sie ihm die tleine ge ballte Faust entgegen. »Mach’ ihn frei!'« rief sie lachend. »Wennes Dir gelingt, soll ihm seine Freiheit wiedergegeben werden.« Und er hatte sich wirtlich rechtschaf ien bemüht, die weisken Mauern des lebendigen Gesänani es gewaltsam zu öffnen. Neben ihr auf dem Waldboden knieend, hatte er die zierliche und doch traftvolte Mädchenhand zwischen seine beiden Hände genommen und alles versucht, was er an tleinen Kunst griffe-n aufwenden tonnte, ohne ihr wehe zu thun. Aber seine Anstren gungen waren vergeblich geblieben, und mit hellem Lachen hatte Lydia ihn verspottet. Dies-mal aber hatte ihr Lachen ihn nicht gereizt wie sont, wenn sie sich über ihn lustig machte. Es trat ihm vielmehr wie ein süßes-, verführerilches Locken ins Ohr gesinn en; und als bei dem icherzhafien sp ingen ihre erhitztem lachenden »Ge sichter einander zufällig anz nahe gekommen waren, hatte er n gelan genen Käer vergessen, ihren Kon Zwischen lerne nde genommen und hre Lippen get« st. Es war nicht »das erste Mal gewe se,n da seine Lippen auf den ihrigen eenht tten. Nicht nur bei dem Banderspielen ihrer Kirdertage, auch manchem spateren Anlaß war es geschehen daß sie sich küßte-e Aber sutmtuus. Gast: »Herr, wie kommt denn dieser Knopf in die Stippe?« Wirth: »Ist vielleicht eine Anspielung. Die Köchin hat nämlich Knöpfe.« sie hatten das nie als etwas Besonde res empfunden. Heute aber war es so ganz, ganz anders. Jhre Lippen hatten den Druck der seinen nicht gleichgültig hingenom men, sondern sie hatten ihn heiß und durstig erwidert. Ein wundersames Leuchten war in ihren halbgeschlosse nen Augen gewesen und er hatte ihr Herz in stürmischen Schlägen an sei ner Brust pochen gesiihlth . »Ich habe Dich liebt« Das war alles, was er damals zu ihr gespro chen, aber es hatte ihm wie ein feier licher Schwur getlungen. Ein paar Schnitterinnen, die sm gend iiber die Wiese daher lamen, hat ten sie aufgeschreat Er selbst war befangen und verwirrt gewesen. Auf dem Heimritt war nicht viel zwisclxen ihnen gesprochen worden und Bernd hatte es möglichst vermieden. deniBlick seiner Begleiterin zu beneancn.T-enn, wie lebhaft auch die Selialeit der flüchtieen Minuten am Waldrande noch in ihm nachzittern mochten. ca mischte sich doch schon in dieser ersten Stunde eine Regung der Reue hinein und ein Bannen vor dem, wag nun weiter geschehen solle. Der Zufall hatte es gesägt, dasrsie nach diesem Spazierritt überhaupt nicht mehr allein miteinander aewesen waren. Sie hatten im Frankenhage ner Schlosse einen Boten aue dem Röcknitzer Herrenhause vorarsunden,· der den Herrn Leutnant um rasche Heimlehr erfuchte, weil seinem Vater ein Unsall zugestoßen sei. Der Oberst, der einen schweren Fall aus derTrevpe gethan, lag mit einer bedentlichen Ge hirnerschiitterung darnieder und siir den Rest seines Urlaubs wich Bernd nicht mehr von seiner Seite. So oft er während dieser Zeit Lhdia wiedersah, geschah es im Beisein ihres Vaters. ntit dem sie gekommen war, um sich nach dem Besinden des Patienten zu ertundigen. Da wurden natürlich nur unversiingliche Worte zwischen ihnen gewe selt und nur der wär mere blinde rnet, den er bei Vegriisp ung- und Abschied verspürte, mahnte ihn daran, daß sie jene Stunde am Waldrande nicht vergessen hatte. Dann war er abgereist und volle zwei Jahre waren vergangen, ehe er sie wiedersah. Denn Lydia hatte ih ren trauernden Vater an die Niviera begleitet, und wenn Vernd aus Ur laub nach Nöctnitz tam, war das Frankenhagener Hurenhaus leer. Die Erinnerung an seneStunde im Walde aber hatte er mit sich herumaetragen wie eine drückende Fessel. Er siihlte es zu deutlich, daß Lhdia ihm innerlich immer fremder wurde. daß es ein sljichtiger Rausch einer seligen Stunde war-—- nichtö mehr. « Dennoch hielt er sich flir gebunden. Nur wenn sie selbst ihn frei gab, durfte er sich seiner Verpflichtung ledig fühlen. - Erfi als er Malve Breitenbam len nen lernte und eine heiße Zuneigung zuihr in ihm erwachte, wurde es ihm zur Gewißheit, daß er mit Lydia nie » liicklich geworden wäre nnd daß auch sie an seiner Seite nicht das ertröurnie Glück gefunden hätte. Und so hatte er die Mahnungen seines Gewissens zum Schweigen ge ?bracht, mit der Ertenntniß, daß es ;bei weitem das größere Unrecht fein würde, einer Ju endthorbeit die ganze Zukunft zweier enschen zum Opfer zu bringen« Der Glutin-uan mit dem Lydia die Anzei e feiner Verlobung beant wortet a te, ließ in seiner konventio nellen iirze nicht daran schließen, was bei dem Empfang der Mittheii lang in ihr vorgegangen fein mochte. Und die Pein »eine: persönlichen Be gegnung war ihm seither erspart ge blieben. Als er die Familie Breiten bach zu iurfem Besuche nach Nöcknin begleitet hq te, um dem Vater feine Braut und ihre Aneehöri n vorzu ellen, war Lydia noch in rauer um bren Pater gewesen« und der Oberst tte ian gefa t, sie wünsche ieineBe uche zu emp angen. Nicht ohne eine gewisse Beklemmung hatte er manch mal an den Au endlick des ersten Wiedersean ge t, der ja doch schließlch unvermei lieb war. Und stärker als zuvor hatten sich die nie mals ganz verstummten Selbsth wiirfe in ihm geregt, als er erfuhr, daß die vielbegehrte, reiche Herrin von Frankenbagen innerhalb wenigeer chen mehrere sehr verlockendeheiraihg antrii e ausgeschlagen habe. Da sie ihm nun heute mit Ege tvinnender Freundlichkeit entgegen kommen war, hatte ihm iiber das Ieinliche des Augenblicks hinwegge holfen. Wenn ausg; nur der eringste Groll iiber seine eirath in ist« gewe sen wäre, so wiirde er es ihrem Be nehmen gewiß angenierkt haben· Mochi-c ihr weiblicher Stolz ihr im merhin verbieten, ihm zu zeigen, daß er sie enttöuscht und getränkt hatte. diese warme Herzlichieit hätte doch eine Aunit der Verstellung voraus gesetzt, denen er sie nimmermehr fiir fähig hielt. filvs Lndias Erscheinen wedte Bernh cui-seinen Erinnerungeru Ritterlich reichte er ihr den Arm, um sie die Treppe hinabzugeleiten. Sie wandten sich dem nahen Stadt pack zu, und sprachen, wie es so nahe tag, oon Malve und ihrem Befinden. »Ich habe es fast als eine iriinkende Zuriicksetzung empfunden," sagte Ly dia im Laufe ihres (Hesvrächs, »daß Du mir nicht Gelegenheit gegeben hast, Deine Braut tennen zu lernen, ais ihr beide aufRöckni waret. Seh stest Du bei mir denn so wenig Jn Iterefse fiir die künftige Gefährtin Deines Lebens voran-Z« « » Er entschuldigte sich mit dem hin lweise auf die Erklärung seines Ba .ters, daß sie teine Besuche zu empfan gen wünsche. Lydia aber schüttelte den Kopf. » »Das muß ein Mißverständniß von seiten des Onlels gewesen sein, Wenn ;ich ihm aegenii r eine derartiae Be Imertung gema t habe, o hatte sie sicher keinen Bezug auf sich oder sTeine Braut. Aber es wird ja glück zlächerweise noch nickt zu spät sein, das Edamals Versiiumte nachzuholen. Und jJJu mußt nsir versprechen, Malve frecht bald nach Frankenhagen zu brin jam« F »Ein solches Versprechen, liebste «Lhdia, tann ich Dir mit utem Ge wissen nicht wohl abgeben. enn mein fWeg wird mich aller menschlichen ,Voraussicht nach nicht so bald nach iRöckniti iiibren." - Sie zauderte ein wenig mit der IAntwori, dann aker sah fie ihm voll Hine- Geftcht und iagtet i »Wir haben nie Versteck miteinan: Eder gespielt, Bernd, warum folltcn sit-sie es zum erstenmal gerade heute Ithun Jch weiß, worum Du in nächster Hin nicht nach Reichs-in »k» wiss-. fDein Vater bat rnir gestern Abend er lzählt, daß ihr euch in Unfrieden ge ltrennt habt. Und ich wollte Dich heute um Deinen Besuch bitten, in ieiner anderen Absicht, als um Dir zu sagen. wie herzlich ich mich iiber Deine ritterliche Entschließung ge freut habe.« »Wirtlich, Lydia? —- Es würde mich fehr froh machen, wenn ich es glauben dürfte.« « »Und warum iollteft Du es nicht glauben? Jch tgestehe Dir ganz offen, aß ich fehr bose auf Dich war. Denn Du haft Dr feit langem nicht fo ge gen mich ver alten, wie Dues unferer alten Freun ichaft fchuldies war-ft. Aber was ich gestern von Dir e «rt habe, hat all meinenGroll nasse Z cht Und ich habe Dich in der Sti e mei nes herzens um Verzeihung ebeten fur manches Unrecht, das ich Dir in meinen Gedanien zugefügt.« »Du hast mich um Verzeihung ge beten, Lichte-? — Du — mithi« »Nun fo, Du weißt doch, wie die Leute reden. Wenn ein wenig begü terter Offizier von Adel ein retcheö Madchen»heirathet, fo sucht die Welt die Erklarung daer immer zunächft in etwas anderem, als in einer woh ren herzensneignm So at man auch von Deiner irath Fe prochen. »ich. bin ftolz daran, daff ch ie tein Recht bsbh Dich gegen ede nie rige Verlenmdung zu vertheidigen.« Meridians for-U