Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 01, 1906, Sweiter Theil., Image 9

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    Yebmska
Staats-Zuzug« Und Yerald
Frau Sonne.
Frau Sonne blickt mit klarem Schim
. met
Neugierig in mein Fenstekleim
Nun tritt sie sacht in’ö Ertetzimmet s
Niit ihrem Strahlenlächeln ein.
Sie freut sich. daß die ersten Sprossen
Der Weideniätzchem zart und frisch,
Die jüngst ihr Strahl dem Licht er
schlossen,
Nun schmücken meinen Arbeitstisch.
Mein kleines Reich in Gold Fu fassen,
Huscht sie geschäftig her und hin
Und gießt die hellen Strahlenmassen
Mit warm in’s Herz, die Schmeich
letin.
Frau Sonne! tausendmal willkom
men,
Du holdee, vielgeliebter Gast.
O habe Dant, daß du gekommen,
Und halte lanq’ noch bei mir Rast!
-—---.
Mariannas Hochzeitstag.
Ein Bild aus dem Berginannsleben
von E. Grabowstn
Marianna, Michaletö älteste Tochter,
sollte morgen ihre Hochzeit feiern mit
dem Häuer Valentin Gott« Da gab’s
nicht wenig Unruhe in der tleinen
oberschlesischen Kolonir. Frauen gin
gen hin und her, brachten dies und
das, halfen bei der Einrichtung der
neuen Wohnung, bei der Ausriistung
zur Hochzeit. Es wurde gescheuert und
gewaschen, gekocht und gebacken wie
sonst nie im Jahre, auch zu den ho
hen Festtagen nicht. Kinder plünder
ten die Gärtchen, holten Tannengrün
aus dem nahen Walde und lränzten
die Thüren zum Hochzeitshausr.
Marianna legte im Zimmer ihrer
Eltern, den Hochzeit-staat zurecht.
Den duntlen, grün umsäumten Tuch
roct, die weite Schürze, das blumige
Miederleihchen, an den Nähten zierlich
ausgestickt, und das kurze Hemdchen
mit schmalen Halsbindchen und puffi
gen Aermeln.
Alles hatte sie selbst erworben in
mühevoller Arbeit auf den Gruben
oder in den Waldtulturen. Stich um
Stich alles selbst genäht in stillen
Feierstunden nach den Mustern alter
Kleider, wie sie die Mutter, Großmut
ter, Urahne trugen. Die launische
Modegöttin fand ihren Weg noch nicht
in den abgelegenen, armen Ort.
Mit glücklichen Lächeln besah Ma
rianna die hübschen Sachen, legte die
bunten Glasverlen zu den vriichtiaen
Seidenbändern die, ihren Hochzeits
tranz schließen sollten, breit-, blunzig
durchwirtte Bänder, die ihr der Va
lentin geschenkt.
Wie gut der war! Und wie lieb sie
ihn hatte! Wie sie sich freute, endlich
mit ihm vereint zu werden! ciinen
Tag noch und eine Nacht, und sie war
sein Weib.v Sie brauchte dann nicht
mehr in schweren Tagelohn iu given.
Nur im Haufe für sich und den lieben
Mann schaffen und —— ——— sie wurde
plötzlich roth. Ihre Auqen wandten
sich zu dem Bildnifz der he:ligen Bar
bara, das über dem Bett an rer weiß
getünchten Wand hing. -
»Nimm ihn weiter in deinen heili
gen Schutz«, bat sie mit tindtichem
Vertrauen.
Durch das Fenster kam lind:Ab«-nd
luft und das Gesurre vieler Kinder
stimmen. .
Ein Lachen, Quietschen und
Schreien wie Spasiengezante im
Herbst
Marianna hob horchend den Kopf.
Betannte Stimmen erklangen im Flur
und leichte Mädchenschritte.
Gleich darauf wurde die Thür auf
gerissen, und zwei iunge Mädchen tra
ten lachend ein. Junge, blühende Ges
schöpfe mit runden Madonnengesichs
tern und frischen Wangen.
»Wir bringen den Kranz«, sprachen
beide zu gleicher Zeit und reichten der
Freundin den Kranz aus frischer
Mnrtr.
«Wie schön!« rief Marianna erfreut.
Sie nahm den Kranz und besah ihn
von allen Seiten. Plötzlich setzte sie
ihn probeweise in ihr blondes Haar
und besah sich in dem winzigen Spie
gel, der am Fenster hing.
»Heilige Maria — runter, rasch
runter!'« riefen die Mädchen erschra
ctem »Du verdirbst Dir die Hochzeit.«
Lächelnd nahm Marianna den
Kranz und legte ihn zurück auf den
Teller.
Sie zeigte den Freundinnen ihre
Kleider, die schönen Bänder und das
Hemd, das sie der Sitte aecniisz dem
Liebsten zu schenken hatte.
Die Mädchen betasteten alles genau.
Sie lobten, nicht frei von Neid, die
schönen Bänder-, und neckten die Braut
rnii harmlosen Späßen.
»Es wird eine lustige Hochzeit«,
sagte Marianna. »Valentin hat Apfel
wein bestellt und Musikanten.
Da leuchteten die Augen der junaen
Mädchen, und ihre Wangen särbten
sich mit tiesem Noth im Voraenusz der
seltenen Freuden.
Die Töne der Schichtalocte dranqen
durchs Fenster. Da fuhren die Mäd
chen erschrocken auseinander. »Jesus,
so spät und der Zur ldie Suppe aus
Sauerteig, eine Nationalspeise) ist
noch nicht sertia!« ries Eva. »Der
Vater wartet nicht Cern«, wars auch
die andere ein« Rasch nahmen die bei
den Abschied. um dem beimtelprenden
Vater das Nachtmabl zu bereiten.
Marianna deckte ein Tuch über die
Hochzeitilleider und eine irdeneSchiisi
set iiber den Kranz, damit er frisch
bleibe. Dann aina auch sie hinaus.
W
Valentin muß jeden Augenblick aus
der Grube kommen. Es war der letzte
Abend. den sie ledig mit einander ver-—
leben sollten.
An der Küche mußte sie vorüber, in
der die Frauen kochten und scheiterten
Es roch nach Kraut und Schweine
braten; die Frauen hielten sie auf mit
anzüglichen Reden. Zählten sie das
hübsche, kräftige Mädchen doch schon
zu den Ihrigen.
Sie wurde roth und lief davon.
Draußen auf den Steinstusen blieb
sie stehen und legte die band aus das
hochtlopsende Herz. Heimliches Glücks
äksühl beengte ihre Brust. Noch eine
acht! Eine einzige Nacht!
Vor ihr lagen die Felder in herbst
licher Nacktheit. Ein schmaler, viel
bettetener Weg schlängelte sich nach
den Schachten durch. Wie ost war sie
diesen Weg gegangen! Mit ihm zu
sammen an freien Festtagen —- oder
ihm entgegen, wenn er von der Grube
kam. Frühmorgens, wenn die Sonne
roth über die Erde ausstieg —- und
Abends, wenn sie gluthvoll hinter den
«dunklen Tannen verschwand.
Aus diesem schmalen Wege mußte
der Liebste kommen —— heute zum letz
ten Male im ledigen Stand.
Eigentlich müßte er schon da sein·
Sie spähte hinüber nach den Schach
ten, die sich dunkel und plump aus
dem Licht des Abends hoben. Dünner
Rauch stieg aus den Förderthiirmen.
Die Holden dampsten und dumpf
scholl das Geräusch der Förderung
herüber.
Einzelne Bergleute zogen am Wal
dessaume entlang. Müde und still
gingen sie ihren Weg. Die scheidende
Sonne wars freigebia lichtes Gold aus
die Erde. Alle Schürsen und Lücken
der« Felder füllte sie mit Gold. Die
Wipsel der Bäume, die dampfenden
Halt-en, die plumpen Grubenbauten
umwob sie mit goldener Glorie.
Ein selten schönerAbend zog heraus.
Er lockte die Leute aus den Häusern
Jn Gruppen standen sie beisammen,
alt und jung. vlaudernd und scher
zend, tobten die linde Luft und harr
ten ibrer Angehörigen, die von der
Schicht kommen mußten.
Sie bleiben lange beut·«, sagte ein
junges Weib, das einen Säugling im
Arme trug.
»Es ist Lökinung',«, aab eine andere
zur Antwort.
»Ach ia.« Das Weib mit dem
Fiinde seufzte. LöhnungZ Da ging
er so aern am Hause vorbei in die
Schente ——-— der Mann, und verthat
das Geld. Marianna sah lächelnden
Auges um sich.
Die Lust so rein. der Goldglanz
rundum so herzerhebend Kinder
schleppten Kränze vorüber. Es lag
wie Freude in der Natur. Von der
Straße tamen die Klänge einer Zieh
harmonita und Gesang:
»Und geht das Lebenslämpchen aus,
Den Tod begrüß’ ich sonder Graus
Glück auf!
Es sei nach echter Bergmannsart,
Der letzte Gruß zur letzten Fahrt;
Glück auf!«
lieber Mariannas Gesicht huschte
ein Schatten. Sie liebte die trüben
Lieder nicht.
Der Michalek tam zur Nachtschicht
gekleidet heraus. Er hatte sich etwas
verspätet; schien auch ietzt nicht beson
dere Lust zum Einfahren zu haben.
Er rätelte sich und blieb bei den
Frauen stehen« scherzte mit dem zap
pelnden Kinde.
»Unsere Männer kommen gar nicht
heim«, klagten die Frauen.
Michalei sah nach der Uhr. »Sap
perlot, schon sieben! Hm«... Er
machte ein ernstes Gesicht.
Von den Schachten kam eilig ein
Mann. Sein Gang war schwantend;
sein Gesicht erdsahl.
»Ja Leonhard!!« ries’iemand.
» atiirlich besossen!'« schrie ein
» Weib verächtlich.
Michalet sah dem Mann, der nach
der Bergverwaltungg-Wol)n11ng ging,
mit seltsam ernstem Vliel nach. Ve
trunlen war der nicht. So sieht ein
Mensch aus, der dem Unglück ins Ge
sicht geschaut hat.
Er grüßte hastig und ging nach den
Schachten. Ein-junger Hauer, der rau
chend am Garteiuaun lehnte, legte still
die Pfeife weg und ging ihm nach.
Von der Straße kam noch immer
der Gesang. Die Sonne war ietzt ganz
im Sinken. Ihr Goldglanz wandelte
sich in schmutzigeo Roth —- eo lag wie
Blut aus den Feldern.
Auf den Gruben war es aussallend
still s— und bussrende Gestalten liesen
schaltenhaft durcheinander.
»Es ist so ruhig drüben«, sagte die
Frau mit dem Kinde. Jhr Blick war
unruhig wie ihre Stimme.
Jetzt ging auch Leonhard wieder
furlich Der Bett-verwaltet ging mit
hin. Die Männer gingen rasch ohne
sich mnzusehen
Die Frauen schauten sich an. Es
W
wurde still kundum. Ein böses Ahnen
legte sich schwer und drückend auf die
Gemiither. Der Gesang brach plötz
lich in greller Disharmonie ab.
Schreckhafte Ruhe breitete sich aus.
Die Kinder weinten ohne sichtlichen
Grund·
Der Tag sank rasch in aufziehender
Dämmerung. Da ging ein Raunen
von Mund zu Mund, ein schreckhaftes
Klagen. »Ein Unglück im Bergwerk!
hBafnmherziger Gott! Heilige Jungfrau
il
Und es begann ein Laufen nach den
Schachten, als sei die wilde Jagd
» Plötzlich erwacht.
Marianna schrat wie aus lichten
Träumen auf. Eine entsetzliche Angst
schnürte ihre Brust zusammen. Sie
wollte beten, aber Frostschauer beweg
ten ihre Lippen, und ihr Herz schlug in
wilden Schlägen gegen ihre Rippen.
Einer Ohnmacht nahe, brach sie auf
den kalten Treppensteinen zusammen.
,,Heilige Barbara!« war alles, was
im wilden Denken ihr Hirn erfaßte.
Lautes, vielstimmiges Jammer-n riß
sie aus-. Mit dem Zusammenrasfen
ihrer ganzen Kraft sprang sie empor,
strich ihr wild zerzaustes Haar aus
den Schläer und sah mit irren Bli
cken um sich.
Da sah sie die brennenden Kohlenv
pfannen vor den-Schachten, fah die eis
ligen Menschenschatten über dieFelder
fliehen. Da fing auch sie zu laufen
an.
Vor den Schachten standen die
Frauen in dumpfer Resignation. Jhre
Gesichter waren bleich, ihre Augen voll
Angst. Kinder, von furchtsamer Neu
gier geichüttelt, ilammerteu sich an die
Kleidersalten ihrer Mütter.
Jedesmah wenn eine stumme Last
drüben aus demZechenhause nach dem
Lazareth getragen wird, kommt Be
wegung in die stumme Menge. Mit
lautem Schreien suchen die Weiber
die Träger anzuhalten —- aber Be
amte treten dazwischen, wehren, be
ruhigen mit ernster," eindringlicher
Stimme Und wieder sintt alles zu«
riick in den« Bann dumpfer Erwar
tung. Die Fackeln glühen. und wo
hin die flackernden Lichter falle-s
giebt’5 huschende Flecke wie rothes
Blut
Und plötzlich lommt’g daher mit
teuchendem Athem, verzerrtem Gesicht,
in wildern, ungeregeltem Lauf. »Die
Menge weicht erschrocken zurück -
einige Frauen betreuzen sich. »Die
Marianna Jequ Maria, wie
schaut die i11;5!« ruft’g hinter ihr her·
Wie ein gehetztes Wild strebt Ma
rianna weiter. Vorbi an den verdutz
ten Beamten. Ehe es jemand wehren
kann, ist sie im Zechenhause Jni
Winkel, auf der Eckbani hockt sie und
läßt die Augen starr hinüberspielen
na-«« der Förderung.
» Wie die Seile der Förderschale vi »
,l;riren! Wie sie sich winden und dre
Eben! Laugsam steigt sie empor die
ltodte Last, geborgen von treuen zia
? meraden.
! Wie rasch auch initleioige Hände die
ientftellten Gesichter bedecken, Marian
lna hat sie erkannt· Aufathmend sagt
liie sich: Jhr Liebster war nicht dabe«.
lDen Mann der jungen Frau aber hat
Jsie unter den Todten gesehen. Todt,
der Vater des jungen Knäbleins
aber in ihm wird er weiterleben.
Und wieder zittern die Seile und
sinken zur Tiefe, um die bleichen Gi
sellen da unten zur letzten Tages-fahrt
zu holen.
Marianna hält den Athem an. Wie
eine zum Sprung chereite Katze lauert
sie nach der Förderung hinüber. Ian
jetzt ——— ein gellender Schrei s-« ein
wahnsinniges Vorwärtsstürzen. Sie
hat ihn erkannt. Todt! Der Liebste
todt!
Kraftvolle Arme halten sie auf.
dankten rührigerZuspruch bricht ihre
wilde Kraft. Sie sinlt zusammen in
gramvollem Lid. Nur thränenlofes
»Schluchzen schüttelt sie. Willig läßt
"siesi-ch hinausgeleitem Willig folgt sie
»den Frauen, die sie heimführen in das
geschmückte Hochzeitshaus-. s-— —- -
s Heimlich im Walde liegt der Fried
hof. Tannen rauschen, und Amseln
Jsingen ihre Trauerlieder. Von kleinen
TKreuzen blintt, zum Himmel weisend,
!dee;.Bergnianns liebster Gruß: Glück
au .
Gepaukeusplitien
Die Männer gähnen, wenn ji«
Langweile haben, die Frauen seufzen
Es giebt auch ein schauerliches M
gensiüct der- Scl1eintodeg, es ist daci
Echeinleben ;
Es giebt unnätze Menschen, die ini «
mer erst dann ihren Senf bringen,’
wenn die Mahlzeit vorüber ist.
Wer das Leben in vollen Zügen ce
nießt, muß es oft zum Schlusse tkos
pfenweise auslöffelm
Abs-lich
Here: »Meine Gnädigite, wenn Sie
fis-irren Arm nehmen wollten, wäre ich
e ig.«
Dame (ichnippiich): »Nein, ich liebe
solche Armseligkeiten nicht!«
W
, Mathewson’5 wilde Jagd.
Altkalifornische Erinnerung von
R u f u s.
Nur eine ganz kurz Erzählun aus
den alten Zeiten Calisornienss it es,
die ich heute meinen lieben Lesern zum
Besten geben will-aber Fe ist inter
essant und vielleicht wird ich der eine
oder der andere alte Pioniet derSachc
noch erinnern. Leider wird die Schaar
dieser Alten von Jahr zu Jahr kleiner
udn ich fange schon an, manchmal mich
selber zu fragen: »Wer wird wohl der
HLetzte der alten Argonauten sein?«
I Also, e Zwar im Mai 1857, da
i
l
l
hatte John Mathewson, ein PionierU
im hydraulischen Minenbetrieb Cali
sorniens und der Mann, der nach
tveislich den ersten Wasserderrick in
unserem Staat aufgerichtet hat,beim
lsrrichten eines anderen solchen Deg
riclg in Washington, an der Nord-«
tituliel deg Yuba«-Flusseg, 25 Meilen
«uo«rdlich von Nevada City, das Un-«
aliirt, daß der Detrick zusammenbrach
mnd ihm beide Beine gebrochen wur
lden. Er wurde mit Mühe aus den
fRuinen herausgeholt und man schielte
Hofort nach Nevada City um eine
i Ambulanz.
i Der Treiber der regulären tägli
chen Postkutsche zwischen Washington
jnnd Nevada City war O S Olin
!einer der erfahrensten uno zuverläs
fsigsten Kutscher, und ihm wurde die
Joache nvertraut. Er installirte so
! fort ei Bett in eine Concord- Kutsche
;nnd fuhr von Nevada City hinüber
Hnach Washington Am nächsten Mor
;gen wurde der Schwerverletzte sorg
sam in die Kutsche gebettet nnd Alles
so bequem wie möglich fiir ihn ge
«n-a«:ht, und die Fahrt begann.
Alles ging gut während der ersten
sechs Meilen bis zu dem Cold Spring
Hause· Da hielt Olin an, um seinen
Pferden Wasser zu geben, und wäh
rend er das that, nachdem er die Zü-«
ael oben an dem Griff der Bremse
festgebnnden hatte, wollte eH dag Un
gliict, dasz ein Hund einige am Wege
liegende Schweine aufjagte, so daß
»die Viecher quietend und grunzend«
unter die Pferde liefen. Das konnten
die muthigen Rosse nicht vertragen,
sie wurden schen Und fort gings im
tollsten Jagen --— ehe Olin auf den
Bock klettern konnte. Mit Entsetzen
scharrte er dem Gespann nach.
Nicht minder aber war dass Ent
setzen in Nevada City, als man bald
darauf die noch mehrere Meilen ent
fernte Posttutsche auf dem in Schlan
genwindnngen aug den Bergen herab
kommenden Weg dahinsausen sah.
Man wußte sofort, daß da irgend et—
was passirt sein mußte. nnd man er
tannte bald mit-Hilfe der Feldgläser,
die man schnell holte,daß tein Mensch
auf dem Bock der Kutsche war. Daß
der unglückliche John Mathewson in
der Kutsche war, wußte man. Und
die Kutsche war mindestens noch drei
Meilen entfernt. Daß lein Mensch
die wilden Thiere im Laufe aufhalten
konnte, war sicher. Es waren vier
ausgezeichnete Pferde, sowohl die
,,Wheelers« als die .,Leaders'«, --—- man
hatte für diese Fahrt die besten Thiere
ausgewählt Aber Pferde sind doch
immer nur Pferde, und wenn man
auch oft von einem Menschen sagt, daß
er nicht genug gesunden Perdeverstand
habe, so bleibt eg doch eine bedenkliche
Sache, wenn Pferde ohne Kutscher eine
Bergstraße hinunterstiirmen Und das
thaten diese Vier jetzt mit entsetzlicher
Schnelligkeit Voller Angst und Auf-.
regung schauten die Leute in Nevada
City nach ihnen aus, denn wie ein
Lausfeuer hatte sich die Neuigkeit in
der rOtschast ausgebreitet Jeder hielt
eg für sicher, daß die Kutsche irgend
wo zerschellen und die Pferde in den
Abgrund stürzen würden.
Weiter ging die tolle Jagd, über
Stock und Stein. Da tain die
schlimmste Stelle ans der ganzen
Straße, der beriichtigste «Bowlder«.
Rechts von der dort ziemlich engen
Straße gings hoch hinaus und unten
an.der Straße war ein mächtiger
Baumstumpf, der Ueberrest eines gro
ßen Baumes, der dort uingehactt wor
den war, als man die Straße baute.
Und links an der Straße, wo es tief
hinabging, lag ein ungeheurer ,,Bowl
Der", den man nicht hatte beseitigen
können. Nur weniqe Minuten noch,
dann mußte die Kutsche diese Stelle
passirm »Gott helfe den armen
Mathewson«, murtnelte ein nrauhna
riaer Miner, und die Anderen sagten:
»Amen«, denn Mathewson war all
gemein beliebt.
Mit verhaltenem Athen1, mit blei
chen Gesichtern schauten die Leute
nach der dahinrasselnden Kutsche —
jetzt verschwand sie in einer Staub
wolte. und alle meinten: nun ist es
geschehen. Aber da sauste sie wieder
T aus dem Staube auf — sie hatte die
schlimme Stelle apfsirt, ohne zu zer
schellen, und Alles athmete auf. Aber
die Gefahr war noch nicht vorüber, die
steilste und rauheite Stelle der Straße
kam noch. Doch auch diese wurde
glücklich Passirt, und jetzt jagten die
Rasse die Coyote Street in der Stadt
hinab, jemand hatte die Courage,
Nihnen entgegen zu treten, um sie zu
halten. Da bogen sie in die Com
mercialStreet, und auch das ging gut,
weiter ging die Jagd an Pine Street
und hinab an Broad Street, und ge
radenwegs los auf die National oder
Piersons Hall, wo die Kutsche zu hal
ten pflegte, mitten im Block.
Bleich vor Aufregung und Angst
stand dort der Besitzer der Kutsche,
Arthur Hagedorn, dicht dabei, wo die
Kutsche einzufahren pflegte. Wie es
kam, kann kein Mensch sagen, und die
Pferde können leider nicht sprechen,
wie Bileams und mancher andere
Esel. Mag sein, daß die ihnen so
wohl bekannte Gestalt Hagedorn’s sie
zur Vernunft brachte und die bösen
Schweine aus ihrer Erinnerung ver
drängte. Kurz, Plötzlich verwandel
ten sie ihr tolles Jagen in einen ver
nünftigen Trab und sie hielten an der
gewohnten Stelle, als ob Olin aus
dem Bock gesessen und sein ,,Halt!«
gerufen hätte
Hagedorn trat an das Leitroß und
klopfte ihm den mit weißem Schweiß
bedeckten Hals und sagte fast zärtlich:
»Du gutes Thier, Du hast Deine letzte
Fahrt gemacht, nun sollst Du das
Gnadenbrot haben·« Ob er dieses in
der ersten dankbaren Regung gegebene
Versprechen gehalten hat, kann ich
nicht beweisen. Der arme Mathem
son wurde aus der Kutsche gehoben;
er war unverletzt, und seine Freunde
drängten sich um ihn und gratulirten
ihm zu seiner wunderbaren Errettung.
Das war die. wildeste Fahrt, die
je ein Mann in den Bergen von Ca
lifornien gemacht hat, und noch dazu
vein Mann, dein beide Beine gebro
chen waren, so daß er nicht aus dem
Wagen springen konnte. Eines der
«Wheelers«, d. h. die Pferde dicht vor
den Rädern, war der Hengst St.
tslciir, von dein das später so berühmt
gewordene Rennpferd des Senators
Stansord »Qccident« abstauimte, der
lange Zeit siir den besten »Trotter«
der Welt gegolten hat. Man sagt,
daß Stansord MOJWJ daran gewen
det hat und daß es zwei und ein hal
bes Jahr lang dauerte, ehe es gelang,
ein ihm vollständig genügendes Bild
dieses edlen Vserdes in vollem Trab
durch die damals erst ersundene Au
genblicks Photographie zu erhalten.
Die Gänsercvolutton in Barkuang.
Von «Baelnang, einem Bezirksstädts
chen nicht etwa in China, wie die Na
inensendung vermuthen lassen könnte,
sondern im schönen schwäbischen Ne
ckartreis, das durch seine zahlreichen
Gerbereien Berühmtheit genießt, er
zählt die schwäbische Chronik folgende
merkwürdige Begebenheit. Anno 1606
hatte der wohlweise Rath die Einwoh
ner in große Aufregung versetzt durch
einen Ukas, der das Halten von Gän
sen bei schwerer Buße unter strenges
eBrbot stellte, dieweil die Gänse aus
den Feldern großen Schaden anrich
teteii, indem es an einem tüchtigen
Gänsehirten gebrach und auch keine
Gänseweide vorhanden war. Etliche
Jahre ertrugen die Backnanger diese
schreckliche Maßregel mit Jngrimm
und Murren; im August 1610 aber
beschwerten sie sich bei dem in der
Stadt anwesenden Herzog Johann
Friedrich und baten um Aufhebung
des Verbotes, dieweil ihre Betten arg
geschwächt werden, indem sie dieselben
weder mit neuen Federn ersrischen, ge
schweige neue Betten her-richten könn
ten. Auch wären sie nicht mehr im
Stande, Betten fiir die Hoshaltung
des Herzogs zu liefern, wenn Seine
Gnaden die Stadt zu Jagens und an-:
deren Zwecken mit dero Anwesenheit
beglücken Daran erliesz der Herzog
ein Restript an den Vogt, welches
schloß: »Ist demnach unser Befelch, du
wöllest mitBurgermeistern und Gericht
allhie us ein gewiß Maß und Ord
nung welcher Gestalt und wohin die
Gäns ohne Schaden getrieben und ge
halten werden können bedacht sein.
Selbigs au chgleich in das Werk zu
richten, dann man solch Gevögel nicht
allerdings abschassen kann.« Aber der
Magistrat blieb fest, machte Gegenvot
»stellungen und schwärzte die Weiber
» als mlllhwllllq Und tebelllsch an. Als
nun aber die eWiber, durch das her
zogliche Reskript kühn qeworden, die
Gährung unter der männlichen Ein-—
lvohnerschaft liichtias schürten, ließ der
Magistrat die Rädelsführerinnen kur.
zerhand verhaften. Die Weiber jedoch !
ließen nicht locker und bestürmten den
Herzog mit Vorstellungen. Endlich,
nach vielen Verhandlungen rnit der.
Stadtobrigkeit, sieqte das Recht aus
Gänsehaltung, aber mit folgendem
Censust »Welcher Burqer under sünss
pfund Heller steuer gibt, er geb so we
nia er immer wöll und ob er auch gar
nichts gebe, der ist befugt drey allte
Gänse zu halten. Der chenig, so under
der Butgeeschast Fünss psund Heller,
oder darüber, steuer gibt, mag vier
allte Gänß halten, aber doch nit mehr,
er sey so vermöglich er wöll.« Dabei
wurde noch unter anderem angeordnet:
»Die Gäns alle sollen sametlich uff
der chenigen Burgerkosien, welche sel
bige halten. under einem einigen Hir
tten, der bey seinen zimlichen jahren
und erworber und jedessmahls durch
einen Burgemeister inn gepiirende
glübfd genommen, geschlagen und
durchs ganz iahr anderstwo nirgendt
hin getriben werden, dann was ihnen
jeder Zeit für einortt uff dem Feld
bestimpt würdt.s« So gegeben am
11. Februar 1612, nachdem der Streit
an die sieben Jahre gedauert hatte.
Die Geschichte einer Reisen - ske
liqute.
Das Memorandum Nelsons, von
dessen Bersteigerung bei Christie für
72,000 M. unlängst berichtet wurde,
hat sich vorher im Besitz eines Omni
buskutfchers befunden, der täglich sei
nen Wagen dur die Londoner Vor
stadt Tooting tutfchirt und bei seinen
Kameraden unter dem Namen »Old
Peter« bekannt und beliebt ist« Das
Memorandum war durch Erbschaft in
seinen Besitz gekommen. Es ehörte
ursprünglich einem eifrigen einun
derer Nelsons, dem Admiral Sir Geo.
Mundy, der feinem Haushofmeister
für seine treuen Dienste ein Pult mit
werthvollen Dotumenten hinterließ,
unter denen sich auch das berühmte
Memorandum befand. Von dem
Haushofmeister hat es sein Sohn, un
ser Omnibuskutscher, geerbt. Peter
hob sich die Schriftstücle sorgfältig
auf, denn er hatte eine Ahnung von
ihrem Werthe und meinte, die würden
ihm einmal 400 Mark einbringen,
wenn er Geld nöthig haben würde.
Als nun durch die Hundertjahrfeier
der Schlacht bei Trafalgar der Name
und das Andenken Nelsons wieder in
aller Munde war, glaubte der Kutscher,
daß nun vielleicht die Zeit gekommen
sei, die alten Papiere auf eine vortheil
hafte Weise los zu werden, und so
ließ er sich von einigen Freunden be
reden, sie zu Christie zu bringen, wo
sie ihm nun ein schönes Vermögen ein
getragen haben. Unter den Dokumen
ten befand sich auch ein eigenhändiger
Brief Nelsons, den Peter leider fort
gegeben hat. Der Kutscher, der kein
Frund der Oeffentlichkeit ist und sei
nen Namen am liebsten garnicht in den
Zeitungen genannt gesehen hätte, ist
auch sonst ein Philosoph. den seinGliick
nicht zu Dumuheiten verführen wird.
Er hat darum gebeten, seinen Omni
bus weiter lenken zu dürfen, wenn man
mit ihm zufrieden sei, und will sein
Capital sicher anlegen .
Ein iapantsches Kriegslied in der
Londoner Alhamvrin
Die Besuch-er der Alhambra hatten
kürzlich einen nicht im Programm
stehenden Genuß. Zum Schluß der
Vorstellung wurde dem Publikum,
unter dem sich ZW der japanischen
Seeleute befanden, die zur Zeit in
London waren, eine Serie von Bil
dern aus den stampfen um Port At
thur oorgesührt.« Dies begeisterte die
japanischen Matrosen, die alle an
diese Kämpfe theilgenommen haben,
so sehr, das-, sie auffprangen und ein
wildes japanische-« Kriegslied sangen,
das während des Krieges auf den
Helden Hirose Chrlsa gedichtet und
tomponirt wurde, der in tapferster
Weise bei einem Versuche, den Hafen
eingang zu sperren, kämpfte und un
terging. Die Leute wiegten sich bei
den merkwürdigen Klängen, die schrill
und heiser klangen, als sollten sie das
Toben der Wellen übertönen, takt
müßig vor: und rüswärts. Als in
dem Gesang eine dramatisckfe Pause
entstand, saß das Publikum wie ge
bannt. Dann plötzlich kam schrill
und triumphirend der Schluß: »Denn
Hirose Chufa führt unst« —- Die
Allsambra hat selten einen Beifalls
sturm zu verzeichnen gehabt, der so
gewaltig war, wie der Sturm der
Hurras, in den das Publikum nach
Schluß dieses Liedes ausbrach
-—
Wahres Geschichtchem
In einem Dorfe der Mark feierte
der tiriegerverein sein Stiftungssest,
auch der Landrath des Kreises war
zugegen. Der Bürgermeister des
Orteg bestieg die eichenumtaubte Red
nertribüne, um des Kreise-J Haupt für
sein Erscheinen »Hu danken. ,,.L)och—
wohlgeborener Herr Landratl), —
Hoehzuderehreuder Herr ----— Hochgebie
teuder -— s !« Da, das Gedächtnifz
versagte. Nach länger-ein Suchen
brachte er endlich fein Manuskript
hervor, um feine Rede zu Ende zu
führen. Er nestelte aber noch weiter
in seinen Taschen herum und ärger
lich platzte er hervor: »Dunnerweiter,
nu hew ick doch min Vrill vergätent«
Da ging ein schallendes Gelächter durch
die Reihen der Festtheilnehmer, und
auch der Herr Landrath hat wohl sel
ten so viel gelacht wie damals.
antalco Zusammentreffen
»War während meiner Abwesenheit
Jemand da"?«
»Jawohl! . .. Der Postbote war da
Und hat Geld gebracht... und der
Gerichtsvollzieher war auch da -—— der
hat’s gleich wieder mitg’nommen!«
Ein verdächtig-er Geist.
Gast tin der spiritistischen Sitzung
zum Schreibmedium): »...Wie, das
hätte der Geist des seligen Meter
durch » hre Hand schreiben lassen!? . . .
Zu de en Lebzeiten aW ja mich gar
nicht die jetzige Ort gtaphie!«