Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 01, 1906, Sweiter Theil., Image 13
Das kürzeste Ehegllich Novelle von O. v. Briesen. Aus einer reizend gelegenen Besitz nng in der Umgebung der Kapstadt lebte schon seit einer Reihe von Jahren der reiche holländische Former von Rissen, der, stithittwer geworden, nur eine einzige Tochter, Herrnine, besaß, an der er mii allen afern seines Herzens hing. Durch chön Zeit und Anmuth, k leiß und Tüchtig eit gleich aus zei nei, verdiente das b«londgelockie, oeten aus dem Back sischalter isretende junge Mädchen die Liebe und Ziernei un ihres Papas im vollsten Ma . äu gen wenigen Per sonen, welche· im Hause verkehrten, Ahötte vor Allem ein Deutscher, Mitte der dreißiger Jahre, der sich vor etwa zehn Jahren ein kleines Giiichen in der Nähe inaufi hatte, das ihm bei trefflicher Bewirthschafs tung so viel brachte, daß er alsJung geselle reichlich davon zu leben ver mochte. Max Böhlau, ein großer, breiischultriger Mann mit einem lan gen, blonden Barte, dessen treuherzig dlickende Augen so ungemein siir ihn einnehmen, war ins Land gekommen, als Hermine noch ein kleines Kind war, das Jedermann aern aus den Schaoß nahm und es liebioste. Auch Böhlan hatte si , als er das erste Mal zu van Ni en lam, viel mitder kleinen mutierlo en Waise beschäftigt, was ihm diese durch einen seltenen Grad von Anhänglichkeit lohnte. Während sie auch andern Besuchern gegenüber freundlich und zutraulich war, so ließ sich dies doch nicht mit der Wonne vergleichen, welche auf dem liebsichentGesichtchent erglänzie, sobald Onlel Böhlau erschien. Ein ähnliches Freundschaftsvers hältniß wie zwischen Böblau und der lleinen Hermine bestand auch bald bei den beiden Männern, wenn schon Rissen gewiß fünfzehn Jahre mehr zählen mochte als der Deutsche. War Bdhlau dem Holländer schon als Mensch äußerst sympathisch so ward seine Ofchachtung siir ihn mit der Zelt noch kesteigert, nachdem er die Wahr nedmung gemacht, das; jener offenbar ein hervorragend gewiegter Land wirth war, denn die nur unbedeu tende Form lieferte ihm Einkünfte, die das Staunen aller Nachbarn er regten. So vergingen die Jahre und Her rnine entwickelte sich allmählich zur Zungfram deren Liebreiz die Bewun rung jedes Beschauers hervorrief. Daß auch Böhlau sich einer solchen Anmuth nicht verschließen tonnte, trar zu natürlich, und eines schönen Tage-i mußte er sich zu Hause allen Ernstes die Fra e vorlegen, aber noch Besitzer seines erzens ei. Da wollte es ihm fast erscheinen, als wäre in leyter Zeit eine merkliche Wandlung feines inneren Menschen vor sich ge angen, er fühlte, da ein ganzeigener ia net im Nissen’ chen Hause vor han n sein müsse, der ihn mit un widerstehlicher Gewalt so biiufig dort hin treibe und ihn so gern daselbst weilen lasse. Daß dieser Magnet nicht der alte Rissen, dem er ja in echter rechter Freundschaft zugethan war, machte sich der Grubelndc sehr tlar, zumal seine Betrachtungen un ausgesetzt von einem blonden Locken lopf getreuzt wurden, dessen freund liche blaue Aeuglein ibn so liebevoll und innig anschauten. Und zu feiner unaussprechlichen Freude entdeckte er nach einiger Zeit, daß Hernrine in ihm nicht nur den ,,Onlel« sah, sondern seine Neigung von Herzen erwiderte. Der alte Nissen machte ein sehr er stauntes Gesicht, als ihm eines schönen Tages das Paar entaegentrat und ihn um seinen Segen bat. Aber er war von Herzen einverstanden —--— allerdings mit einer Einschränkung »Meinen Segen habt Ihr, Kinderchen,« rief er aus, »obgleich ich auf Dich, mein Herzbliittchen-——sdabei niresterte er Her mineö Zii e mit einem streng sein sol lenden B ict —- eigentlich ernstlich böse sein sollte, weil Du. und dies wohl möglichst bald, zu descrtireu gedentst. Daraus wird aber vor Ablauf von 114 ahren nichts und die Verlobung soll « iner Jugend haben Herinine, auch erst heute über zwölf Monate öffentlich bekannt gegeben werden. Dies soll uns aber nicht abhalten, heute schon ganz unter uns eine tleine Vorfeier stattfinden zu lassen.« Somit waren die Beiden. wenn vor der Hand auch heimlich, verlobt. Die von Rissen bestimmte Frist war fast verstrichen, als sich tu der Nach barschaft ein reicher Italiener, ein Mann noch in den Zwanzigerm eine sehr umfangreiche Besihung kaufte. Not-eini, dies war der Name des noch unverheieatheten Siidlijiidetg, verfehlte nicht, bald nach feiner An kunft überall Visiten zu machen, da et, als echter Lebemann recht zahlreichen Umgang suchte. Auf feiner Runde kam et denn auch zu Nissen, wo er, wie in den übrigen Familien, freund lich aufgenommen wurde. Wunder ; durfte es nicht nehmen, daß die blen : dende Schönheit Hektninens den leiclxt j entzündbaren Noteini völlig betiicttep Die Folge davon war, daß ee seine’ Besuche auifallend oft wiederholte und durchaus eine Annäberuna meint Man empfing ihn zwar stets höflich, ließ aber durchblickem daß man einen vertrauteten Umgana teinestveas wün sche. Wenn ver Jlalienet dies auch merken mochte, so ignoriete er es doch, indem et der Ansicht war, daß fein Mammon ihm schließlich die Arme und auch die»heezen Heemineg und ihres- Papas offnen würde. Nur e·n agemeint-» stand ihm bei seinen Zu kunfteplanen vssenbat im Wege, und dieö war kein Anderer als Böhlau, den er häufig im Nissen’schen hause traf. Von vorn herein betrachtete er diesen Freund der Familie mit tiefer Abneigung. Norrini beschloß, von Leidenschaft getrieben, die Sache zur Entscheidung zu bringen. An einem Sonntag Morgen erschien er zu Pferde vor der Thiir des Nifsen’schen Hauses, sprang aus dein Sattel und verlangte den Hausherrn in einer dringenden Ange legenheit zu spreechn. Artig ftellte sich ihm dieser zur Verfügung »Herr van Nissen,« begann er diesen ohne Weiteres zu interpelliren, »ich bin heute gekommen. um mir von Jhnen die Hand Jhrer Tochter zu erbitten, der ich vermöge meiner Mittel eine wonnereiche, brillante Zukunft zu be reiten vermag.« Nissen, der anfangs sprachlos da gestanden, hielt es nunmehr an der Zeit, den Werber zu unterbrechen. »Mein Herr,« sprach er, zu diesem gewendet, »fat1ren Sie nicht fort, denn jedes Jhrer Worte ist nunlog gespro chen, da Hermine bereits heute die Braut Böhlaus wird, den Sie hier im Hause ja Gelegenheit hatten, tennen zu lernen.« »Was,'« brauste ’ltorriui, der sich nicht recht bemeistern konnte, auf, ,,diefem blonden Hungerleider wollen Sie die Tochter geben...« Weiter tatn er nicht, denn mit einm kräftigen Griff sah er sich am Kragen gepackt und befandsfich ehe er es sich versah, vor der Thus-. Wit thend und fluchend rannte er nach dem Stall, um sein Pferd zu holen, und in wenigen Minuten raste er vom Hofe »Mir eine solche Schmach anzu thun,« schrie er in brüllendem Tone vor sich hin, »das soll blutig gerächt werden, o, möchte mir doch ietzt der erbärmliche Deutsche begegnen, der mich um mein ganzes Lebensqliick be tragen; ich würde ihn niedertnallen, wie einen tollen Hund« aum waren diese Worte hervor aesoszen, so bemerkte er Böblau in der Ferne, der ihm entaeaentarn. Sosort faßte er nach derSatteltasche, um den Revolver zu ergreifen ——er war nicht da, wahrscheinlich beim Satteln ver loren gegangen. »Na, warte Bursche, polterte er siir sich weiter-, ,,da werde ich Dir anderweitig beizulonmxen suchen, ich denke, mein Vollblutganl wird wohl im Stande fein, Dich mit sammt Deiner elenden Rosinante ist-ei den Hausen zu rennen, so das-, minde stens die Verlobunasgarderobe demn girt werden dürfte.« Jn voller Karriere preschte er daher auf den Ahnungslosen zu. der jedoch, ein äusserst gewandter Reiter. dem Ljnprall seid-tat aus-U und sich nun seinerseits lzur Versosgnnxi des sreelsen Patrons aufmachte, der zhm so iibel hatte mitspielen wollen. War sein Rai-. auch nicht non edler Heetnitsh wie das des Italieners, so ·«f«euz:e er- sih doch einer unijesnein schnellen Stuttgart nnd es nsiibrte nicht siins Minuten, so war der Aue-reißen der Alles anwandte, um Zu entlommen, eingeholt, mit wahrer Riesentrast Ins dem Sattel aehoben und zurtirde geschleudert, wo er, halb betäntt vom Falke, ie aen blieb. Als er sitt, nack. einen: Weilchen erholt hatte. eees ihm Miit lau in sehr ernstem Takte ists »Sie erbiirnelicher Mensch sehst-. das-, Sie völlig in meiner wenigst sind; i«!«, könnte Jhnen ietzt mi: dieser Reis veitsche eine Lettion erweitern an die Sie einige Zeit deutet-. wsjjrfein stete jedoch davon ab, weit Sie sonst schwerlich nach Hause in triemen vir möchten So viel lassen Sie ticb aber gesagt sein« h:«ten Zie sech, meineWesie fernerhin In freuten, Si-: diirsien als dann nicht so Mindle snrttommen. wie es deute der Fall·« Damit wandte er sein Nos, nnd. oime den Menschen ists-h einezi Blickes zu würdigen, jaate er ron dannen. Dte Verlobungsaäste traten bereits versammelt, ali- Vchtau bei Nissens eintras, nnd beim frohen Mahle innszte er iiber das Rencontre berick ten. tret-fes er mit dem allgemein nicht beliebten Norrini gehabt. Man ltigliigwiinschte den Bräutigam, das-, er dein Störeniried einen Dentzettel verabsolgt; bald dachte überhaupt Niemand mehr an das häßliche Jn termezzo Das schöne Fest war in der glück lichsten Weise verlaufen. Beim Aus bruch hatte Rissen den Gästen betannt aemacht, dasi die Hochzeit in vier, Wochen stattfinden werde, zu der sie hiermit srenndlichst eingeladen seien. Golden war die Sonne am Morgen ausgegangen, als Hermine sich siir die seierlsche Trauhandlung in der nahe gele-1enen Dorstirche vorbereitete. Zur sestgeseyten Zit fuhr das Brautpaar,« dem der Vater folgte, zum Gottes hause, vor welchem die gelasenenGäfte und auch sonst viele Neitgiekige bereits harrten. Oeemine im Kranz und Schleier sal) entzückend schön ans und erregte die Bewunderung aller Anwe senden, als sie, leicht wie eine Gezelte. an der Seite deet Ausertoeenem auf dessen Antliy die höchste Glückseligkeit etfteahlte, der Kirchenpfotte zuschriti. Wahrhaft ekgteiiend war die Einseit nnng, trclccek der Pfarrer, ein Freund des Nissen’schen Hauses-, vornahm, und in der er des Himmels Segen für die Neicveemöhlten erflehte. Nach dem der feierliche Akt beendet. iclkidte Hinan sich, voran das junge Ehepaar, qum Veelafien der Kirche an. Soeben trat Böhlau mit seiner jungen Frau hinaus nvg dem Feie fckenvoetal« um« die bereititehende j Equivane en kecteiaem als- drüben auf ,der Straße ein Reiter Voeiibeeiagte, Jeinen Augenblick sein Roß pariete . und, einen Revolver schnell gegen das Ehepaar richtend, losdrtickte Der Schuß trachte —- mit dem Aufschrei: »Ach, mein Max, wie turz ist doch unser Glückl« sank die zu Tode ge troffene Hermine in die Arme Böh aus. Von dem grenzenlosen Schmerz des jungen Ehemannes tann man sich unmöglich eine Vorstellung machen. Er übersiihrte seine sv innig geliebte Oermine in Gemeinschaft mit dem aufs Tiefste gebeugten und völlig gebrv enen Vater in das neue im. Dort and in einem stillen, laus igen Winkel des herrlich gepflegten Gar tens die Veerdi ung der so jäh aus dem Leben Geri enen statt· Vöhlaus ganzes Glück, von dem er so viel ge träumt, ruhte unter ten wenigen Schollen Erde, die hinfort seintägli ches Wanderziel bildeten, um sich stundenlang an dem mit Blumen be deckten Grabhügel mit der leider achs so früh Geschiedenen zu unterhaltens Sein fast steter Begleiter an dies ein- ! same Plätzchen war sein Schwieger vater, und als nach einer Reihe von Jahren Rissen starb, bestattete ihn! Böhlan an der rechten Seite Hern1i-I nens, während er den Platz links von ihr zu seiner letzten Ruhestiitte be stimmte. Um schließlich noch des Mörder-Z zu gedenken, der so viel Elend unds Trübsal angexstkifteh so war es kein anderer, als orrini, der es fertig? brachte, mit kaltem Blute ein soJ schau-riges Verbrechen zu begehen. Die Strafe dafür sollte aber auch auf dem Fuße folgen. An jenem verhängniß vollen Tage hatte sich sofort ein hal bes Dutzend Former zur Verfolgung des Hallunien ausgemacht. Jn der Todesangst achtcte der Mörder nicht genau auf den Weg, so daß sein Pferd plötzlich eine steile Böschung mit ihm hinabstürzte. Alsv das Thier sich aufraffte, blieb Norrini mit einem Fuß im Bügel hängen und ward bei der weiteren Flucht iiber Stock und Stein mitgeschleifL So kam das ge ängstigte Pferd schließlich an das Ufer eines infylge Hochwassers sehr reißend gewordenen Stroms-; es setzte hinein und —— Roß und Reiter sah man niemals wieder. ,--— Erinnerung-en an eine alte Heerstraße. Von Thies, Hannover. Vor dem Zeitalter der Eisenbah nen war die alte Land- und Heer straße, die von Hamburg bezw. Lübeck til-er Lüneburg, Uclzen, Gifhorn, Braunschrdeig bis nach Wien führte, die belebteste und bedeutendste ganz Deutschlands-; sie vermittelte vorzugs weilse den iiberseeischen Verkehr der vol reichsten und in der Kultur am meisten vorgeschrittenen Binnenländer des alten Deutschen Reiches. Die An fänge dieser alten Verkehrgstraße las sen sich big in das srüheste Mittel alter verfolgen. Sie war gleichmäßig bedeutend als Handels- und Heer strasze. Jn Friedenszeiten war diese Straße ein großer Segen siir die Länder, die an ihr oder in ihrer Nähe lagen. Sie ermöglichte einem Theil der Bewohner, Handel und Ge schäfte zu treiben, ein anderer Theil der Bevölkerung, Wirthe und Hand n«-rrter, erzielten großen Gewinn aus dem sehr bedeutenden Frachtvertehr zu Firieggzeiten aber wurde diese Heerstrasze der Bevölkerung zum Ver derben, Freund und Feind brand fchatzten die Länder an der Heergraßr. Das Wort: »der Krieg mu den Krieg ernähren«, bestand gleichmäßig für alle Heere. Geschichtlich nach tveisbar benutzt zuerst Kaiser Fried rich Barbarossa aus seinem Ra ezuge gegen Heinrich den Löwen diese straßr. Auf seiner Burg Artlenbucg bei Lüneburg suchte der Herzog dein Zorn des Kaisers zu widerstehen, aber vergeblich; nach turzem Widerstande wurde die Burg erobert und nieder-s gebrannt, der Her og mußte flüchten. Bei der großen siebe, Treue und Anhän lichleit der Stammlande an ihren gerzog werden die Bewohner der Lüneburger Heide diesen glänzen: - den Heereszug der ihrem geliebten; Herzog Verderben bringen sollte, mit. sehr bon en Empfindungen haben! vorüberzie n sehen. Jnr dreißigjäh-. rigen Krie e wurden die Länder an i dieser Heerftraße vor allen anderen ge- l braudschatzh entsetzlich haben sie lei-! den müssen. Noch schlimmer als die Kaiserlichen verwiistete der Dänen tönig Christian die Lüneburger Lande. Auf seinem Rückzuge nach der » verlorenen Schlacht bei Lutter ami Bärenberge lennzeichneten Mord au ler weht osen Bevölkerung und Eins L üfcherun der Dörfer den Weg, den das beie,te Heer des Königs einge schlagen satte. Jn äolchen ernsten Zeiten half die gro e Frönimigieit ten Bewohnern der Lüncburger Heide ihr Schicksal leichter tragen, ernst nno gottergeben fügten sie sich in den Wil len der göttlichen Vorsehung, die ihnen nicht mehr auferlegen würde, cxls fie zu tragen vermöchten. Jcbcr bestellte frühzeitig feinHaus. Auf diese crnftr Stimmung ift es wohl zurück zuführen, daß es oft vorkam, daß je mand« fchon zu Lebzeiten sich feinen Sarg anfertigen ließ, der rann in der Regel auf dem Kirchenboden aufbe wahrt wurde. So erzählt man von einer alten Frau, die iåren schon zu Leb eiten angefertigten · arg von Zeit zu eit hernnterfchaffen ließ, um sitt-. l-ineinzulegen, um die Feier ihrer Be erdigung schon vorher zu genießen Ftnechte und Mii de umftanden ihren Sarg, und da i re Herrin eine sehr mitequ war, wurden vieteThriinen der Rührung vergoffen. Nur einmal lonnte eine junge naseweise Magd, die eben in Dienst getreten war, das La chen nicht verbeißen, zornig richtete sich die alte Frau in ihrem Sorge auf und haute ihr mit den Worten eine Ohrfeige herunter, die sich gewa schen hatte: »Jck will Dick das Lachen awgewöhnen, Du freche Deern!« Zog dann wieder der Friede ins Land, so verwandelte sich die Heer strafze schnell wieder in eine Land nnd Vertehrsstra«e. Schwer beladen-: Frachtwagen beflizirderten überseeische aaren nach dem Fruchtbaren Braun schweig dcm Kur iirstenthnm Sach en. nach Böhmen und Oesterreich. Wie außerordentlich start der Verkehr schon in alter Zeit gewesen fein muß, dafür sind noch heute stumme Zeugen vorhanden. Unweit der heutigen Kunststrafze findet man noch öfter Spuren der alten Landstraße, oft un glaublich breit, bis u 1 Kilometer; wenn die schweren Frachtwagen die Heidnarke durchschnitten hatten, wurde nebenan ein neuer Weg einge fahren und der alte erst dann wieder benuht, wenn er wieder mit einer neuen festen Narbe bedeckt war. Die ungewöhnliche Breite der Landstraße weist aber einen außerordentlich star ten Verlehr nach. Die alten Fuhr leute, waren derbe, aber lustige und fröhliche Menschen, in ihren blauen Vlnsen waren sie allerorrg gern ge schene Gäste; ihr lustiges Peitschens getnall war weit in der einsamen Heide zu hören. Viele von ihnen fuhren von Hamburg bis nach Wien, sie waren vorzugsweise die Uebers bringet und Verbreiter wichtiger Be gebenheiten und Neuigkeiten; wohl noch viel sehnsüchtiger, als ein mo oerner Mensch das Erscheinen der Zeitung erwartet, werden die Bewoh ner der Ortschaften das Eintreffen dieser weitåereisten Gäste ersehnt ha ben An onntagen betheiligten sich die jungen Fuhrleute an den Vergnü gungen der Dorfjugend Es ist er staunlich, wie zahlreich die Verschiede nen Arten von Ball- und Schlagspie len in den Dörsern an der alten Landstraße sind; dies kann nur da durch erklärt werden, daß die Fuhr leute die ihnen aus ihren Fahrten be kannt gewordenen Spiele in allen Dörsetn, die sie berührten, heimisch machten. Nitgends habe ich eine so reiche Auswahl von Spielen gesunden, als in meinem Heimathsdorse Spr. Manche dieser schönen Spiele scheinen Gefahr zu laufen, in Vergessenheit zu gerathen. Lehrern, Jugendbildnern und Volksfreundem die es sich zur Le bensaufgabe gemacht haben, durch Pflege von Spiel und Sport unsere Jugend körperlich und geistig gesund zu erhalten, kann nur dringend ans Herz gelegt werden, diesen einsam in derHeide verborgenen Schatz nationa lerSpiele zu heben und der Allgemein heit zugänglich zu machen. Die Aus fponnwirthfchaften an dieser Land straße, besonders in der Heide, wo die Dörfer so wenig zahlreich, waren reine Goldgruben; es war nichts-»Un aelvöhnliches, daß in einem solchen Gasthofe 200 Fuhrleute übernachteten An Sonn--v und Festtagen strömten dann die Bewohner aus nahe und ent fernt liegenden Dorfern herbei, um sich das lebhafte und frohe Getriebe im Orte an der Landstraße anzusehen, wie die Bewohner kleinerer Stadte heute zum Bahnhose gehen, um dasv Leben und Treiben dort zu beobach ten. Das letzte große Schluspiel hat die Landstraße 1849 gesehen, zueiner Heit, als sie durch die Eisenbahn be reits im Niedergang begriffen war. Die österreichische»«zlrmee benutzte auf ihrem Marsche nach Schlemmer Hol ftein den Landweg; einige Wochen Iauerie dieser Durchmarsch Eines Tages siel den Ortsbewohner-n auf, daß bei einer Arbeitsabtheiung ein gemeiner Soldat beim Wagenschmie ren die feinsten blitzsaubersten Hand-— schuhe tru , und sobald sie beschmutzt waren, sofort ein Paar neue anzog, um die alten dann wegzuwersen. Es war ein Graf Esterhazy, der wegen iertdauernder schlechter Streiche de: gradirt und einer Arbeitsabtheilung eingereiht war. Dieser Graf blieo allen in bester Erinnerung, denn je den kleinen Dienst, jede ileine Gefal ligteit be ahlte er mit einer Doppel pistolr. Die österreichis chen Osfiziere waren durchweg sehr liebenswürdige Leute; ftrenY Manneszucht herrschte im Heere. ei meinen jung verhei ratheten Eltern war eine große Zahl von österreichischen Offizieren ein auartiert. Nach einem vorzüglichen Diner waren die Herren einmal in bester Stimmung, ein General bat meine Mutter, einen Wunsch zu äußern, der schon im Voraus ihr ge wahrt ware. Zunachst lehnte meine Mutter ab. Als sie gleich daraus die Milchkammer betreten wollte, ver wehrte ilzre ein Posten vor Gewehr, der vor rThiir ausgestellt war, den Zutritt zu derselben Aus ihr drin gendes Ersuchen wurde ihr schließlich der Eintritt gestattet, sie sah dort einen in schwere Fesseln aelegten Sol daten vor sich. Auf die Frage meiner Mutter, wie er hierher loinme, und was er verbrochen hätte, fing der Mensch bitterlich an zu weinen und erzählte, daß er ein schweres Diszi plinarverbrechen sich habe zuschulden kommen lassen, und daß ein Kriegs gericht ihn in nächster Zeit wohl zu mehrjährigem Kerker, verbunden mit körperlicher Ziichtiaung, verurtheilen würde. Der citefanaene schüttelte traurig mit dem Kopfe, alg meine Mutter sagte. sie wolle versuchenein putes Wort siir ihn einzulegen. Kurz entschlossen ging sie zum General nnd sagte zu ihm: »Herr General, Sie haben mir vorhin gesagt, ich möchte eine Bitte äußern,s- die im Voraus schon ersüllt wäre.« »Gewiß, Ma dame, das würde mir auch setzt no? eine Freude sein,« erwiderte höfli der Osfizier. »Nun, in der Milch Hammer liegt ein Mann in Fesse n fund geht schwerer Bestrafung entge "gen; erfüllen Sie mir die Bitte und geben Sie den Mann fr-ei.« »Das-ist die größte Bitte, die Sie überhaupt stellen könnten, und die Erfüllung derselben für mich am schwersten; aber »ein Offizier darf nie wortbrüchig ’ werden, am wenigsten einer Dame ge i genüber. Der Mann ist frei, Madame, s und ich gestatte Ihnen, ihm das selbst jmitzut ilen.« tie hat meine Mutter seinen röhlicheren Menschen gesehen; aber ihre Herzensfreude war nicht ges iringey und noch einige Wochen vor Hhrem vor nun bald 2 Jahren erfolg Iten Tode, schon schwer leidend und ssiech, er ählte sie mit leuchtenden Au »gen dicken Vorgang, der ihrem Her ;zen alle Ehre machte. ’ Bis etwa zum Jahre 1850 herrschte »noch cin ziemlich leLhafter Verkehr san der Landstraße. Nun ist die sStraße schon seit langen Jahren zur »völligen Bedeutungslosigteit herabge jsunken und unterscheidet sich in nichts ’von einer gewöhnlichen Straße. Nur seinem aufmerksamen Wanderer fällt wohl die große Anzahl der einzelnen Gasthöfe auf, die in gar keinem Ver· bältniß zu dem heutigen Verkehr jstehtz die alten einsamen Gasthöseer zählen noch heute in beredter Sprache Hvon dem gewaltigen Verkehr, der in fafltter Zeit an ihnen vorüber gefluthet Hi . Posemmuket Tripstrtll Schilde-. Ja, jene Städtchen, deren sprich-« wörtlich gewordene Namen hier in Frattur prangen, sie bestehen wirklich, nicht nur als Redensarten Pose tmuckeL das ,,Nest« in seiner höchsten iPotenz liegt bei Bomst in der Pro binz Posen. Sein schöner Name ist sogar aus der Landkarte zweimal ver treten, als Groß-— und Klein-Bose n:uckel. Auch Triptis, das reizende thüringische Städtchen an der Okla, lebt als ,,Tripstrill« wie im Sprich wörterschatz in Wirklichkeit Die Schwankliteratur des 17. und 1.8. Jahrhunderts ließ mit Vorliebe Großsprecher und Bramarbasse als Junker von Tripstrill austreten. Wieso aus Triptis Tripstrill gewor den ist, wird in der Triptiser Chro nit wie folgt erzählt: »Es hat vor Zeiten gelehrte Leute gegeben, die ge meint haben, der Name Triptis tomm her von drei Burgen: Märla, Triptis und Rounenstein, die aber alle längst bis aus den letzt-en Stein ver. schwanden sind. Dieses Burgentrio lron dem aber die Geschichte nichts wissen will, habe zu den Namen Tru kerg, Trephonis Truilla und zu den Scherznamen TriptissTrio ode: Trivtis-Trillo Anlaß gegeben.« Eine andere Sage weiß von einem ritter lichen Triptiser zu erzählen, der seine Frau »getrillt«, das heißt geschlagen haben soll, weshalb man seine Lands leute »Tripstriller« genannt habe. Das scheint aber schon deshalb wenia glaublich, weil das ,,trillen« in der Vergangenheit eine allgemein geübt-. Gewohnheit war. Schilda war nicht nur die Heimath des Feldmarschalli Eneisenarn der hier am 27. Oktober 1760 das Licht der Welt erblickte, sondern auch die der Schildbiirger, die hier ihre Streiche veriibten, die noxs heute, nach drei Jahrhunderten, die Jugend und das Volk ergötzen. Das Buch mit den löstlichen Dummheit-en der Schildbiirger erschien 1597 zun-. erstenmal. Nach Kalau, das sich of siziell Calau schreibt, werden jen: Witze benannt, die dem Hörer ein schinerzhastes Au erpressen. Warum gerade das gemiithliche Städtchen bei Frankfurt a. O. bei diesen beriichtia ten Scherz-sen Pathe gestanden haben soll, ist bisher noch nicht genügend ausgeiläri. Bei dem uralten Vurte hude, das auf eine fast tausendjähriae Vergangenheit zuriietblickt, trägt nur ter ungewöhnliche Name Schuld an der neckischenNebenbedeutung, die man der Stadt selbst und ihren betrieb samen Bewohnern beilegt. Das hüb sche Burtehude in der Nachbarschaft Hamburgs macht im Volksmunde Posemuclel und dem Landstädtchen ,,Kyritz an der Knatter« Konkurrenz. Khritz im Regierungsbeziri Potsdatn ist berühmt durch sein ,,Hostheater« und durch das Flüßchen Knatter, das aber gar nicht Knatter, sondern Jäg litz heißt. Je enger der Kreis des Lebens und je bestimmter das Werk ist, in dem man Vollkommenheit sucht, um so eher wird man sie finden. Zerstreut. Lehrer: »Ich begreife nich-i, Schäpke warum Jhr Zeichenheft immer we Löcher hat. Hier auf der ersten eite ist ein Loch und auf der zweiten Seid —- auch eins.« Verfehlter Appell. »Sie müssen heirathen, junger Mann, dann werden Sie sich erst wahrhaft wohl fühlen.« »Wenn ich etwas muß, pflege ich mich überhaupt nicht wohl zu fühlen!« Genitgendes Motiv. Soldat: ,,Katherl, warum wollen’z denn nit mein Schatzerl sein«-« Köchin: .,,Weils zu dick san. Die anä Frau meint dann, Sie essen IV viel bei mir.« Bedingungsweise. Richter: ,,Also die zwei Ohrfeigen aeben Sie zuk« Angeklagter: ,,Jawohl, aber nur dann, wenn auch der Kläger seine zwei Ohbrfeigem die er mir gegeben, zu qie t.« Gitter Nath. Redakteur: »Was find Sie dem fonfi noch außer Dichter?« Dilettant: »Schuiter.« Redakteur: »Nun, dann könnten Sie fa den Versfiißrhem die Sie erzeugeiy gute Dienste leisten.'« Ein Wortklanber. d Beirtkn »Ein gesundes Weinerl as.« Gast (Professor): »Um zu konsta tiren, ob der Wein gesund ist, müßte ihn erst ein Weinarzt untersuchen, und da es keinen solchen giebt, können Si das auch nicht wissen.« Auch ein Jubilar. Armenpfleger: »Sie wünschen?« Almosenempsänaer: ,,Entschold’gen Sie, ich wullt’s bloß melden, daß es heute grade 25 Jahre sein, seit ich vom Armenarnt unterstützt werde. Da dacht’ch. ’ne kleine Ufsbesserung hätt’ch nu verdient!« Entgegen-kommend »Aber Herr Windmeier, jetzt steige ich schon so ost die vier Stockwerke zu Ihnen hinaus, um Sie zu mahnen!« »Beruhigen Sie sich, lieber Herr — niichste Woche übersiedle ich in des dritten -Stocl!« « Trinken-paid Gast: »Den Wirth, i glaub’ alle weil, Ihre zinnernen Maßkrugdeclel san bleihaltia!« Wirth: »So, warum denn döstsp Gast: »Weil, ie mehr i aus an Krug trint’, je bleierner am andern Tag mix Die Glieder san!« Auch etwas. Herr lzum Vermittler): »Ist denn das Fräulein, welches Sie mir da vorschlagen, auch sesch und repräsen tabel?« Vermittler: »Das will ich meinen, . . vor fünfzehn Jahren hat sie so aar in einer Vorstellung des Dilettan tenvereins die Jungfrau von Orleans daraestellt.« Wiclcs trifft. Hausfrau (zu bettelnden Kindernp Warum bettelt Ihr denn? Kinder-: Unser Vater ist iraniL Hausfrau: So, was fehlt ihm denn? Kinder: Manchmal ist er blind un) manchmal ist er lahm! Verwandtschaft »J«ch glaube, der Millionär Reis heiin ist ein entfernter Verwandter von Ihnen.« »Jawol1l, und weil wir von einan der entfernt sind, kennen wir uns go nicht« Schlechte Andreden Richter: »Sie sagen, Sie hätten die sechs Flaschen Sett ans Hunger ge stohlen, ich glaube, Sett stillt nicht den Hunger.« Angellaqter: «Pardon, Herr Rich ter, ich habe mich geirrt —- ans Durst!« Bedenklichr Anerkennung. Frau des Hauses: »Nicht wahr, lieber Doktor, Käthe spielt schon ganz hübsch —— wenn auch dann und wann noch ein Bock nnterläuft?« Doktor: »O, das macht nichts, Verehrtefte, ich höre ganz gern mal est bischen Bockinnsit!« Dienstbcflisscn. If Reisender Cder sich krampfhaft bemüht, seine heiße Suppe hinunterzus bringen): »Was willst du« Kleiner?« Pistolm »A bissel blasen wollt’ ich Ihnen helfen; der Zug ist schon an gemeldet!« l