All-rechnung. ·(Ekne Schulstizze von C a r! B u f f e.) Die Betsehnnqzarbeiten wurden « nriickseegeben Mäuschenftill saßen e O rtertianer da. Fritz war über haupt immer still, wenn Dr. Freey unterrichtete. »Im Dank-umdrehen wurde er mit der gesiikchtetsten Klasse fertig. Nachlässig, die langen Beine über einandergeschlagen, saß er auf ddern Katheber. Eine schmächtige, hoch auf eschossene Gestalt. Das hellblonbe gaar war sehr gepflegt; das Bärtchen dünn aber lang gezogen, gleichfalls-. Er gab überhaupt viel auf sein Aca ere5. Seine Anzüge mußten tadellos sen; er ließ sie zum Kummer der ottsansässiaen Schneider in der Pro vinzhauptsiadt arbeiten. Seine Kra tvatten waren acscbmackvoll und vor trefflich gebunden; die Fingernägel sorgsam palirt und gefeilt. Wenn er neben einem Schüler stand. ließ er sie bei leicht gebogener Hand gern lose auf der schwarzen stampfen Platte der Bank aufliegen: ihr heller Glanz hob sich dann schön ab. Er war einer von den tungsien Leh rern der Anstalt. Bei den Kollegen Hirn er nicht sehr beliebt zu sein. aber hatten Respekt vor ihm, weil er leichsam spielend mit der schwierig sen Klasse, der Obertertia, fertig ward. Die Schüler fürchteten ihn. Selbst diejenigen, die er bevorzugte, — die Söhne adliger Besitzer oder reicher städtischer Familien —- hatten ein ge heimes Mißtrauen gegen ihn. Er war sehr jähzornig; eine unheimliche Wuth konnte ihn plötzlich packen. Und wehe dem, der daqueranlasfung gegeben hatte. Die üblichen Schulsirafen exi stirten dann nicht mehr für ihn. Er hatte sichs eine Reihe eigener grausamer und drückender Strafen erdacht. Selbst die liederlich-stets Burschen lernten des halb eifrig für seine Stunden. Jn den Jahren, die er am Gyrnnasiu zu brachte, hatte der Direktor immer est stellen müssen, daß die von Dr. Freetz geleitete Klasse am besten abschnitt. Jegt. auf dem Katheder, nahm er ein Heft nach dem anderen vor. Flüch tig fertigte er die guten Arbeiten ab. Lob kannte er nicht. Aber die Schüler waren schon froh, wenn er nicht an seine »Fliege« griff und lächelte. Die »Fliege", ein paar blonde Här chen unter der blassen Unterlippe, zupfte er stets, wenn er witzig wurde· Und er liebte es, Witze zu machen. Sie prasselten nur so auf das Haupt des Opferlammes nieder. Nur in diesem Falle durfte die Klasse laut sein. Je heller das Gelächter, um so besser, der Schuldige mußte sich darunter winden. Die Klassenarbeiten waren leidlich gut ausgefallen. Auch das vorletzte heft war zurückgegeben , Da richtete sich Dr. Freetz aus sei ner nachliissiaen Haltung auf «Bisher«, sagte er und drückte den Kneifer fester, ,,war alles noch mensch lich. wenn man weitherzig urtheilt. hier aber habe ich eine Arbeit, das ist die eines Hornviehs.« . Er sah sich um· »Fürster!« Das war der Vrimus. Eilfertig erhob er sich. »Wie heißt das Hornvieh?« Der Junge ward roth, schielte zur Seite. Er wußte wohl, wen der Leh rer meinte. Aber Scham und Scheu band ihm die Zunge. Doch mit dem kurzen scharfen At zent wurde die Frage wiederholt. Das ! hieß: antworte, oder es geht Dir ; schlecht! l »Rmurto, sagte der Primus. s »Richtig. Was ist das Hornvieh?« »Ein . . . Thier·« «Schafstops! Ein nützliches Thier isi es, ein ganz unentbehrliches Und» wohin gehört es?« H »Ja den Stall.« ’ »Ausgezeichnet· Jn den Stall, und - nicht in . . .« , Klatschend schlug er mit dem Hefti aufs Katheden »Und nicht in eins preußisches Ghmnasiurnl —- Zmurlo!« ; Jn der Bank, die der Thür am nächsten stand, erhob sich ein Junge« Er stach seltsam von den anderen ab. » Schwersällia und breitschultrig standi er da, massig und häuerisch. Er hatte ; den ein wenig schädigen Anzug, den er ; trug, ausgewaschem Er war ihm ins den Schultern viel zu eng gewordenJ Ein tiefes Athinen der träftigenBrust, meinte man, müßte genügen, um die Nähte zum Krachen und Platzen zu bringen. Aus den zu kurzen Aerrneln ahen große, grobe Hände —- der» unge wußte nie recht, wohin er damit ! ollte. Nur wenn es etwas recht Schweres anzusassen aali, waren diese breiten ungelenten Tatzen gerade recht. Das Gesicht war roth, ,sominersprvs sig. Ueber der niedrigen polnischen Stirn stand struppiges, brandrothes haar. Hast Du verstanden, Meister Unge «sehlacht?« sagte Dr. Freetz »Du hast et nun auch von Deinen Mitschülern gehen-L daß Du als Hornvieh in den Stall sollst. Deine Arbeit ist ein Me- anf allen Unterricht: Deine Ar - is eine Niederträchtiateitx Deine - Arbeit iß eine Schmach für die ganze »Mir-et « tr nnd heiland, merkst Du denn " , dass Du nicht hierher gehörst?« » M blase, sonst blutleere Gesicht Mr roth geworden. Die Muth packte " Lehrer. Dieser Bengel verdarb »Mei, driickte das Niveau der Lei- J f · ganz sürelstertich I »Das ist Dein Vatert« M si- Zsinrtp hab aleichmiithig »qukvwikih.« « f »So tarr’ doch Mist wie er«, schrie z der Ordinarius, »anstatt mit diesem Brett vor dem Schädel hier zu sitzen. Jch bin doch kein Dresseurl Worauf warteft Du denn? Auf das Einjiilk eige? So wahr ich Freeh heiß’ —- nie kriegst Du das! Bank Dir Tag und Nacht in Deinen Buffelfchädel ein: ich’ irill abgehen!« . d Er lief auf und ab vor dem Rathe-— f er. I »Alles will heut· ftudireii. Jede ! Pferdetnecht, jeder Schufterjungel Für keinen Sechfer Grips —— aver GninnafiumL Reinen ordentlichen Rock auf dein Leibe —- aber Grimm siunil Reinen Satz richtiges Deutsch —- ,aber Gninnafiuan ch fag’ Dir,( Rothlopp, Du foqu mich tcnnen ler nen! Ein ganzes Jahr lang hats ich mich gequält mit Dir, ein anderer hätt' lich schon todtgefchämi, aver Du Büffelfchädel — Da, Dein Heft! Und warte ’inal das Zeugniß av, Söhnchen meinige5!« Er schleuderte ihm das Heft vor die Füße, das Loschblatt flog Heraus, dies Seiten legten sich um« Valentin Zinurto hob das Oeffnqu und legte es ruhig unter lsie want. f Die Gewitteciiiminung hielt auch! für den Reft der Stunde an. Niemand l wagte laut zu citynim f In der Pcufe fagte der Primuå:j »Du, Zmurtrz ich tonnt' nicht anders. ( spuh weißt fchon, das mit dem Horn-i vie .« »Schon gutt, schon gutt,« erwiderte der Rorhhaarige mit seinem polnischen Accent. »Es ist nicht so sarr schlimm, weil es erzwungen war." « Auch sur die eachiiler war der start tnochige Bursche ein Ratt-sel. Man wußte, er war der Sohn eines armen Nosfatem Er hatte sraglos teinen Kon zum Lernen. Er sprach kaum richtig deutsch· Er war irrer siedzetn Jahre att, während das Durch schnittsalter der Klasse 14 bis 15 Jahre war. Er kam nie vorwärts. Warum besuchte er die Anstalt noch? Dabei war er gern gesenen, wenn auch taum jemand mit ihm verkehrte. Er war gutmüthig, mißvrauchte seine Kraft nie, half immer mit Federn aus« und war durch sein ruhiges Be nehmen jedem noch extra angenehm Man wußte auch, daß er zu Hause fleißig war. - Nicht lange darauf fanden in der Aula die Feierlichteiten zum Abschluß des Schulxahres statt. Die Versetzun gen wurden verlesen. Valentin smurto war sitzen geblieoen Es wunderte teinen—ihn selbst auch nicht. Aug der Aula gingen die Schiller in ihre Klassen zuriia. Dort sollten ihnen die Zeugnisse ausgehandige werden. Dr. Freetz erschien mit demf ganzen Stoß. Weil die Ferien b. gannen, war er vortrefflicher Laune. Er würzte jedes Blatt roch mit ein« Paar Bemerkungen, ehe er es demi betreffenden Schüler übergab. T Valentin Zmurto war nach dern Alphabet der Letzte »Nun, Freundchen meiniges —- da ist die Quittung. Wenn Du zu den Kühen nach Hause kommst, tannstDu sie zeigen. Und dem Vater Deiniges bestell nur, er möcht’ das Hornoieh gleich dabei-alten anstatt eS uns zu schicken." Der Junge faltete das Zeugnisz ruhig zusammen, ohne einen Blick da raus zu werfen, und steckte es in die Tasche. Das ärgerte den Le rer. Aber er griff nach dem Hut, rie der Klasse noch das übliche »Vergniigte Feiertage« zu und wollt’ zur That hinaus Mit einem Male war Valentin Zmurto ausgestanden. »Den Doltor,« sagte er, »ehe Sie fortgehen, möchte ich noch bitten.« Er machte eine ungeschickte Hand bewegung, die so viel heißen sollte wie: Bleiben Sie noch gefölligst! Die Klage war schon im Ausbruch be rissen. rst als Dr.Freetz sprach-. » ianu, was willst Du denn nachst« ward sie aufmerksam. Und der Schüler, in« seiner schwer fcilligen Sprechart, erwiderte langsam, ruhig, aber in einer hartnäckigen Be stimmtheit: »Ich will Jhnen vorlesen, was ich mir in diesem Heft notirt hab'. Da steht. wie Sie mich von Michaeli ab geschjmpft haben. Plö lich wurde es ganz still Fa ungslos trat der Ordinarius einen Schritt zurück. Er brachte lei nen Ton heraus Man hörte nicht-s —nur einmal das Kniiiern eines Zeugnisses. Und wieder die schwerfällige Stimme mit dem fremden Many «hornvieh oder Rindoieh haben Sie, Herr Doktor, vierunddreißig Mal gesagt. Weil fix-rothes Haar hab’, haben Sie, Herr oiior vierzig Mal mich gehöirni Weil -———-« »Zmuria!« schrie der Lehrer. »Bist Du verrücki?« «Jch bin nicht verrückt. « Und hark gägrg—:-. »weil ich leine neuen Bücher a i f »Schweig’!« ries Dr. Freetz geli. ,,Sonsi sollst Du was erle en — Er war todtenblaß. »Ich werde nicht schweigen. Sie, Herr Dotier, haben ein ganzes Juden und ich half nichts ge agt un rede ich auch! « »Das wird ja immer besser ——— JAäehorsanWs chrie der Ordinarius nsch, ich schlag Dich halb todt!« Und blanroth vor Wirth sprang er auf ihn zu nnd hob die Han n.d Aber Baientin Zwurio wich seinen Schrift zutiick Er kam ni t aus fei . ner Ruhe. Er hob nur gl chsalls eine seiner groben Tosen »Wenn Sie, Herzeszf Doktor, mich hauen, werde ich auch hauen. Was ist da weiter?« Dr. Freetz hatte, als er die Bewe gun sah, den Kneiser vom Gesicht gieri en. Jn dem jetzt wieder todten blassen, blutleeren Gesicht sah man tiesroth die beiden Einschnitte der se dernden Biigel des Klemmers. »Wenn-nd rührt sich vom Fleck,« ries er heiser. »Ich hole den Herrn Direktor.« Doch mit einem einzigen Schritt war der Rothtops an derThijr, schloß sie ab und steckte den Schlüssel in die Tasche. Wie gelähmt saßen die anderen Schüler, Was da vor sich ging, saß ten sie nicht. Stam, erschrockene Au gen überall. Der Jüngste hatte ein Gesicht wie eine Leiche. Der Unterkie ser hing ihm schlaff herunter, als hätte er nicht mehr die Kraft, den Mund zu schließen. Der Lehrer wandte sich. Langsarn —- die hohe Gestalt schwankte etwas — schritt er zum Katheder, faßte mit ei ner Hand danach, drehte sich wieder den Schülern zu. Alle Muskeln schie nen sich an ihm zu spannen, aus der Stirn waren die Adern emporgetrie ben, die schmalen Lippen verschwanden sast, so preßte er sie auseinander. Mit unheimlicher Anstrengung zwang er sich zur Ruhe. »Das ist... Rebellion«, sprach er, leise sast, mit trockner. spröder Stim me. »Wie tommt der Schlüssel in’s Schloß?« Er allein stand. und vorn, in ders Bank neben der Thür, Valentin Zmurta. « Der gab Antwort: »Gesiern war der Arresttag. Sie, Herr Doktor, haben uns eingeschlossen.« «Ich werde öffnen, jedoch muß ich dieses sagen. Sie, Herr Doktor, haben mich ein Vieh genannt, weil ich einen schlechteren Kopf habe wie andere. Ich aber war serr sleißia. Sie haben mir das Heft hingeworfen, als ob ich ein Hund bin. Ich bin so wenig ein Hund wie Sie. Sie denken. Sie tön nen das thun, weil ein Schüler nicht widersprechen dari. Sie, Herr Doktor, haben geböhnt, weil ich rothes Haar bab’. Jm Dorf haben das die Kinder auch ge than, aber der Lehrer im Dorf hat ihnen gesagt, daß thun nur Ssaßew jungen. Sie haben mich verspottet, weil ich einen schlechten Rock bab’, nnd nur die altenI Bücher, die billiger sind, und einen serr armen Vater. Mein Vater spart das Geld für mich jeden Tag. Denn der Lehrer im Dorf hat. ihm gesagt, daß ich viel ler nen soll, weil man dadurch guts wird. Sie, Herr Doktor, haben viel ge lernt, aber Sie sind nicht gut. Sie verspotten die Armen und auch ihre Eltern. Aber ich lass’ meinen Vater nicht verspotten. Sie sind ein serr schlechter Mensch. « Das sage ich Ihnen vor allen Schü lern. Denn Sie haben mich auch vor allen gehöhnt und den Förster gezwun gen, mich ein Vieh zu nennen, das in den Stall gehört. Und meinem Vater werd’ ich sagen, das viele Lernen nützt nicht-S zum Gut werden. Und ich werdenicht wiederkommen. sondern zu Hause bleiben. Denn im Stalle ist es besser, als in Jhrer Klasse. Dasselbe denken die anderen auch, aber sie haben Furcht vor Ihnen und I sagen es nicht. « , Sie haben gefragt, ob ich mich s nicht schäme. ; Herr Doktor, wer hat sich zu schä : men — Sie oder ich?« J Zum erstenmal kam in die ruhige, ihartnäetiae Stimme etwas wie Erre l gung. »Sie oder ich?« fragte sie noch 1 einmal. ! Und der «Meister Ungeschlacht« istand breit und massia in der Vani. Fund er streckte in dieser ersten Erre , aung den Zeigesinaer aus —- aber auch ’ das erschien unaelenl, als ob er seine , Glieder nicht recht beherrschte. l Dann athmete er ties. Es hatte al I les aetlungen, als shiitte er sich Wort ssiirs Wort daraus brävarirt. In den lTagen und Nächten vieler Monate smochte er es auch in seinem Schädel ; gewälzt haben, ehe es diese Form — l so spröde und eckig sie war — bekom ! men hatte. . Dr. Freetz war, als hörte er nichts, an’5 Fenster gegangen. Er trommelte j mit den fein polirten Nägeln an die s Scheiben. » Aber die hohe Gestalt zitterte. Er wußte, daß nach dieser Szene « vor der ganzen Klasse seines Bleibens hier nicht mehr war. Daß er durch unerbittlichste Strenge zwar auch wei " terhin einen äußeren Nespett bei den Schülern erzielen würde, daß aber der » innere heute den Todesitoß erhalten hatte. Er tonnte nichts thun: er war machtlos. Es gab nur eins: möglichste Ruhe und Würde bewahren, um durch 3 vergebliches Aufbegehren nicht noch lächerlich zu werden. Valentin Rmurlo aber packte lang sam seine Bücher zusammen. Adieu Jhr!« sagte er mit einem gutmüthigem Lächeln zur Kla e ge wandt. »Wenn einer von Euch nach Podlice kommt — nun, ich würde mich ! serr freuen.« I Und ruhi zog er den Schlüssel aus l der Tasche, ctfehlt-h auf. und ging lang- » sam, in seiner maltiaen Schwerfällig- « leit, in dem ausgewachsenem schädigen Nitscher aus der Thür. Man hörte seine ruhigen, bedächti n Bauernlchritte nicht nur aus dem Zorridor tönen, sondern auch noch von der Steintrepde her. die aus tienrf Gymnasium hinaus und in’s Freie führte.— Vie beiden Erbinnem Humoresie von France-Z Külpe. Gertrude Müller, die von ihrer Zwixlingsschwester »Trude(ehen« ge nannt wurde. fuhr in ungewöhnlicher Geschäftigteit in den sechs Zimmern ihrer nohlen ParterreiWohnung um her, und stäuhte alle Gegenstände mindestens zum vierten Male ab. Jhr gutes altes Gesicht war ganz roth var Aufregung und Zufriedenheit -hre Schwester Radine aber — i res Phlegmas wegen führte sie den Rose namen »Nudelchen« ...- konnte sich nicht genug thun, Erfrischungen, Süßigkeiten und Leckerbissen herbei zuschaffen· Sie häuste immer neue Mengen auf die Krhstallichalem »Nudelck,en«, sagte Trudelchen im nser wieder strahlend, »dent« nur, die erste Sängerin der Oper, die noch dazu Gräfin iit, und ihre Schwester totnrnen zu ung! Jst das menschen möglid,? Wer das vor einem Jahre gesagt hätte, den hätten wir ausge kocht -—— und nun ist’§ pure Wirklich eit.«« »Wer uns gesagt hätte, daß wir armen Schlucker einmal 80,()00 Mart erben würden, den hätten tvir für wahnsinnig gehalten!" stimmte Rades cikm bei. »Weißt Du," meinte Trudelchen t:achdentlich, »ich hab' das ganz sichere Gefühl, daß die Gräfin Selma Roh tsen«—Trudelchen sprach das Wort »Gräfin'« stets mit einer gewissen Feierlichteit aus — »auch zu uns tornmen würde, wenn wir die arme-n Fräulein Müller geblieben wären, Evir bätten sie nur schön bitten mits en. « »Und obt« sagte Nudelcben gewich tig. »Sie ist eben eine große Seele.« «Nubelchen,« rief Trudelchen ent zückt -— »du hast Du ein wahres Wort gesprochen Wie tommstDu nur auf den Ausdruck? Das ist«s ja, was ich sogen wollte!« »Nun, ein bliiideSHubn sindetauch mal ein Körnchen,« wehrte Nudelchen mit bescheidener Würde Trudelchens Begeisterung ab. Aber Truhelchen ließ sich nicht so leicht beruhigen »Hast Du eigentlich benmtt,« sagte sie nachdentlich, »wir any-Z tvie viel höflicher uns die L- .e seit unserer Erbschaft grüßen und anreden ?« »O ja!« sagte Nudelchen beküm n-ert. »Auch Peter Wendelin, Dein frühe rer Verlobter . .. under ist doch längst verheirathet.« Nudelchen wurde glühend roth. »Auch Peter Wendelin,« gab sie leise zu. Dann schwieg sie gedankenvoll. Nun schellte es an der Außentbiir. »Sie tommeni« rieif Trudelchen eifrig und eilte ihren Gä ten entgegen. In der That waren die Sängerin und ihre Schwester gekommen. Trudelchen hatte sich eine wahnsin gende Empfangspbrase zurecht gelegt, Vergaß sie aber in der Freude ihres Herzens und wiederholte nur immer: »Nein, wel e Freude! Welche uner wartete gro e Freude!« Die Sängerin zog die Augenbrauen hoch. ,, aben Sie uns heute nicht er wartet, zräulein Müller?« »Aber ja, gewiß doch!« stammelte Trudelchen. »Aber nun, wo Sie da sind, tommt mit vie Freude so plötz lich groß vor. Meine theuere, verehrte rau Gräsin, und Sie, mein liebes räulein, wir freuen uns unendlich, Die heute bei uns zu sehen!" Nudelchen stand verlegen und glück strahlenb in der Salontbür. Ein ge werlees Händeschütteln erfolgte. » ie lieb Sie zu uns sind." sagte die Diva lächelnd. »Wir haben daiz durchaus nicht verdient!« «Verdient!« Trudelchen schlug die Augen ur Decke empor. »Es ist doch so selbsiverständlsich!« »So selbstverständlich!« exte Nu telchen. Bitte, bitte. legen ie ab.« Ein arnüsirter Blick ver Sängerin streifte ihre Begleiter-in nnd wurde ebenso erwidert. »Wie nett Sie woh nen!« sagte sie herablassend. »Nicht wah:?« ries Trudelchen freudig »Ja, wir wohnen wirklich ehr, sehr nett. Es ist eigentlich jam merschade, dasz Sie uns in unserem Dachstiibchen nicht gekannt haben, dann erst könnten Sie deutlich sehen, wie sehr wir uns verbessert haben. Tort die wei winzigen Zimmerchen, und hier sechs, ganze sechs Primi riiumet Dürsen wir Jhnen unsere Wohnung zeigen, meine Damen, ja? Ach, wie schön! Dies hier rnit den rothen seidenen Möbeln ist also unser Empfangssalon —— sehen Sie, Frau Gräsin, hier ist unser Lonchettchen—— hübsch, nicht tvahr?« »Seht hübsch!« sagte die Sänge rin verbindlich Sie traten in das Speise immer. Es war hell und gemiithlich. n den Wänden liefen Brodbretter hin, die mit Krügen und glänzenden Potalen bese t waren. . st nicht echtes Silber«, lachte Nudelchen vergnü t, »aber das thut ja auch weiter ni ts. hier« — sie waren in ein drittes immer getreten —,—- »hier ist meine ammer . Grün i meine Lieblingssarhe, sogar mein ter« —- sie wies aus ihren Kater --— » «schliist aus grünem Kissen.« »Und sehen Sie nur,. alle meins Bücherjm Scheiintchen hier habe ich mir grün binden lassen. Ach, ist das kernig-, so stundenlan « lesen zu dür . eni Elie Pollo un die Marlitt, iund unte’5 Retsebtlder und Schiller iund set-he —- slles grünl« W »Ich bin sür das Violette!« sagte nun Truhelchen eifrig Mein Zim mer ist durchweg violett, sehen Sie, und da wir beide auch rotb mögen, so ist unser Solon roth gepolstert. Hier in meinem Bücherschrank ist alles violett. Ich mag das Moderne. Sehen Sie, Suderinann’s Werte, Gerhart Hauptmann. Klara Viebig, Frenssen ——— alles lila. Mein Schreib tisch ist auch violett bezogen. Jch schreibe eigentlich wenig Briese — jent, wo unser guter Vetter todt ist« der uns pag viele Geld binterlassen hat ——— wem sollke ich wohl schreiben? Aber meine Mappe ist oiolett und so gar die Tinte. Wir sind siir das Einbeitliche!« fügte sie stolz hinzu. »Rosen mag ich nicht, aber schauen Sie hier diesen Porzellanrnopg « —— ist er nicht reizend3'« Sie wies auf einen lebensgroßen Mops hin, der auf dem Teppich saß und mit großen gelben Augen ver wundert in's Leere starrte. Nun war man in’s Schlafzimtner gelangt. Dieses prangte in unschul digem Weiß. Nachdem alles gebührend gewürdigt worden war, ging man in den Salon zurück. »Frau Gräfin«, begann Trudelchen wieder mit vor Freude «l·a·nzender, geheimnißvoller M.O.ie, »wir möchten Sie beide gern um einen Rath bitten. Jlfee Herren Collegen und die Da men vom Theater haben uns so oft durch ihr Spiel entzückt —- dürften wir es wagen, die ganze Gesellschaft zu uns zum Souper aufzufordern?« »Warum nicht?« lächelte die Sän gerin. »Ich glaube, das würde den Herr schaften viel Spaß machen« s-— sagte ihre Begleiterin ein wenig malitiös. »Ach«, rief Trudelchen entzückt — ,,meinen Sie wirklich? Sie beide sind natürliche die Hauptpersonen dabei, aber« —— Trudelchen wurde unruhig — »ich weiß nicht, ob die Herren vom Theater. ich meine, ob es den Herren vom Theater bei uns gefallen lönnte. Wir haben so wenig mit Herren zu thun gehabt«, fügte sie entfchuldigend hinzu. Jn den Augen der Sängerin blitzte der Schalt. »O«, sagte sie mit harmloser Miene — »so weit ich die Herrenwelt kenne, so machen sie immer gern mit« wo es lustig hergeht und wo ver Champag ner fließt.« »Champagner, aber natürlich! Champagner soll nicht gespart wer den!« riefen die alten Fräulein en thusiastisch. »Und einen Koch nehmen wir uns." »Und alles wollen wir großartig herrichten —- ganz großartig!« »Wie macht man es aber mit den: Einladungen?" sagte Trudelchen nacky deutlich. »Ich meine, Sie schicken all denl Herrschaften gedruckte Karten « ! Trudelchen und Nudelchen horchten wie auf ein Oralel. »O ja —- gedructte Karten. here-» lich!« riefen sie. ’ »Die Liste der Schauspieler tann ich Jhnen ja zuschicken«, sagte die Sängerin liebenswürdig, ,,iibrigens Fräulein Gertrude Müller, darf ich Sie einen Augenblick unter vier Au gen spie chen?" »Aber natürtlich!« rief Trudelchen eifrig und zog die Sängerin in ihr violettes Gemach. Die Damen blieben ziemlich lange fort. Als sie heraustratem sah Tru delchen ein wenig verstört aus-. Um so mehr schwelgte Nudelchen in Wonne in dem Gedanken an das bevorste hende Fest. Endlich erhoben sich die Gäste zum Gehen, da bemerkte Tru delchen entsetzt, daß sie ridts von den sorgfältig vorbereiteten Erfrischungen angeboten hatte. - »O, ich einfältige Person!« jam merte sie entrüstet und wies nnt fle henden Geberden aus die gefüllte Krystallschaale hin. »Sie haben ja gar nichts genossen!« »Gar nichts genossen!« wehtlegte nun auch das hochrothe Nudelchen. Die Damen ließen sich erbitten. Die alten Fräulein strahlten befrie digt. Der Abschied war überaus herzlich von beiden Seiten. s »Welch’ liebe, prächtige Menschenl« sagte Nudelchen mit einem tiefen Seufzer der Befriedigung »Wie im Leben hätte ich geglaubt dass eine so roße Künstlerin, dazu eine Griifin, Po eelengut sein tönnet" Heudelchen schwieg in einiger Ver legenheit. ...... —.. »Nudelchen«, begann sie endlich zag haft— »ich weis; nicht recht, was Du Idazu sagen wirst —- die Gräsin — )ja gewiß war sie überaus liebenswür ldig — aber ob sie eine große Seele !ist«....hier stockte Trndelchen und swurde abwechselnd roth und blaß. ; »Du zweifelst doch nicht daran?" Hrief Nudelchen befremdet. »Sie hat mich um fünstausend Mark aebeten!«« Nudelchen war aufaesvrungen »Und Du?« schnappte sie. ; »Ich . . . . hab’ sie ihr fest ver »sprochen«, sagte Trudelchen weinerlich "— »ich mußte einen Wechsel unter schreiben — --— mit meiner neuen lila Tinte! Wer hätte das gedacht?" sit-net em- share-. s Der R.Fr. Pr.« wird geschrieben: An der letzten Sonntagönuinmer »J res Literaturbeiblattes wird in dem Artikel »Bismarct und Schiller« von Adolf Kohut unter anderem mit getheilt, dasz Bismarck einer Aeußes rung Moritz Busch’ zufolge sich uber den Charakter des Wilhelm Zell in Schiller’s Drama wie folgt geaußerr habe: »Natürlichek und nobler ware es nach meinem Begriffe gewesen, wenn er, statt auf den Jungen abzuk drücken — den doch der beste Schutze statt des Apfels treffen konnte-— wenn er da lieber gleich den Land vogt erschaffen hättet Das wäre ge rechter Zorn über eine grausame Zu muthung gewesen. Das Vorsteclen und Austauern paßt inir nicht; das paßt nicht fiir lden." Jnterefsant ist es nun, wie ich in diesem Punkte Bismarcks Auffassung mit der Lud wig Börnes berührt. Jn feinen Kri tilen »über den Charakter des Wil helm Tell« lvierter Band, Ges. Schriften, S.186) heißt es nämlich: »Es thut inir leid um den guten Tell, aber er ist ein großer Philister. Er isi muihig mit dem Arm, aber furcht fcm mit der Zunge; er hateines nelle Hand und einen langsamen opf und so bringt ihn endlich seine gut iixiithige Bedenllichkeit dahin, sich hinter den Busch zu stellen und einen schnöden Meuchelmord Zu begehen. Der Apfelschuß war mir immer ein NäthseL ja mehr ein Wunder. Ein Vater kann alles wagen um das Leben seines Kindes-, doch nicht dieses Leben selbst. Tell hätte nicht schießen dürfen, und wäre darüber aus der ganzen schwei erischen Freiheit nichts geworden. Bärir Geßlers Gebot fo ungeheuer, daß es einen Vater anz aus der Natur werfn tonnie un er nicht mehr bedachte, wag er that, so hätte auch Tell ohne Bsrdacht dein Be fehle nicht gehorchen oder den Tyran nen erlegen sollen-" Give neue Imineusiadh Nach einer Meldung aus der indi schen Grenzstadt Beschawar sind auf afghanischein Gebiete einige Bauern bei der Bestellung ihrer Felder aus Trümmer gestoßen, die sich bei näherer Prüfung als Mauer-raste einer verfal lenen Stadt erwiesen haben. Der Gouverneur des Bezirks besichtigte den Platz und fand die Nuinen einer sioszen Stadt. Eg- ivurden einige Goldmünzen zu Tage gefördert, des ren Jnschriften bisher noch Niemand zu entziffern vermochte. Leute der Umgebung berichteten, das; nach der Ueberlieferung in der Nähe eine große Stadt von Kafiren (Ungläubien) ’bestanden habe, die schon vor ehr lanaer Zeit zerstört sei· Der Sage nach wäre in den Ruincn der Schatz der Lafirentdiiige vergraben. Die ge fundenen Goldmünzen befinden sich im Besitz des Einirs von Asghanistaid In der Verwirrung Ein Pofamentier, der im Gedränge seinen Sohn verloren, seht in’s An zeigeblatt folgende Annonce: »Gestern verlief sich ein Knabe, der auf den Ruf Hans geht -——- der einzige Trost seiner Eltern. Der Kleine ist von ho hem Wuchs und träat ein Gewand vhn brauner Farbe mit gleichen bet nernen Knöpsem Wer mir über das Kind Bericht zu geben weiß, dem würde ich 50 Prozent Diseonto bei Abnahme von solchen Knöpfen ge währen.« ’ »So mirs eb esminent« schimpfte der Reisende, da fchrieb er in’s Befchwerdebuch eine Klage wegen tsugverspätung vervaßte dabei aber den Zug, der mittlerweile getommev iund abgefahren war. mais-reiban Gast Cum Picwicz der eine geschwollene Wange hat): »so-wen Sie Zahn ! schmerzen, Mantos-« Picco1o:«»Nein; aber zu unserm Hekkn Oberkqu Hab- ich eben »EM« Stegs-«