Malves Mitgift Roman von Gurt Darm-darf. « (6. Fortsetzung.) »Du weißt nicht, wie ich mich nach Dir gesehnt habe, mein Her ensweib,« zagte er, »und nur die Freu e war es, ie mich für einen Moment überwal tiaen wollte. Nun ist ja das-Schlimmste überstanden und nun wird alles wie der gut.« »Ja, es wird alles wieder gutwer den,« wiederholte sie mit der matten, tonlosen Stimme, deren veränderter Klang etwas so unsagbar Beängsti gendes für ihn hatte. »Ich bin ja auch anz ruhig und gefaßt. Und deshatb can-W Du mir nichts zu verschwei gen. Du kannst mir alles sagen. Jiks ver-sichere Dich, Herzensmann, es werd mir nichts schaden« Er wollte ausweichen, wollte sie auf eine spätere Stunde vertrösten, abcr der Ausdruck der Unruhe aus ihrem Gesicht und das unstete Flacketn in ihren Augen mußten ihn darüber be lehren, daß er nicht gut daran that, und daß es jedenfalls das beste war, ihrem Verlangen nachzugehen. . »Es ist so wenig, was ich Dieser-« gen könnte, mein Herz! Jch selbst have ja nur kurze Nachrichten erhalten !«« Ungliiubtg bewegte sie den Kopi. »Du kannst mich nicht täutchen, VerndL Jch weiß ietzt, daß ich schon seit vorgestern in diesem Hause bin, und es ist unmöglich, daß Du nickt in wissen alles erfahren haben soll tet-t. enn Du nicht willst, daß die Un ewißheit mich noch tränter macht, must Du mir’s sagen. Papa ist todt und er ist freiwillig aus dem Leben geschieden —- das brauchst Du mir nicht mehr zu verheimlichen. Das weiß ich ja aus der Depesche Deines Bat-ers. Aber auch das andere, was in jener schrecklichen Depesche stand — es ist die Wahrheit, nicht wahr? Sei barmherzig, Bett-d und lasse mich’s wissen.« »Wie sollte ich keurtheiien können, was daran wahr ist und was Jer thurn ist. Jedenfalls ist Dein unglück licher Vater ein Opfer der jetzt in «an Deutschland'herrschenden mitth fchasilichen Mißverhältnisse gewor den. Und wenn er in Wahrheit nicht frei von Schuld sein sollte, so hat er diese Schuld sicher schwer genug ge büßt« »Und Mama? Und Zigrid? Wie Toben sie es getragen? Es ist so urchtbar, daß ich nicht bei ihnen sein tann.« »Du wirst sie bald wiedersehen, mein Liebling! Gedulde Dich nur noch kurze Zeit und halte vor allem den Kopf aufrecht. Gewiß wird sich bis auf dies eine, was nicht mehr unge schehen zu machen ist, alles noch zum besten wenden. »Für mich wird es wohl gut wer den, Bernd,« sagte sie. indem sich ihr Blick mit einem ganz unbescheeiblich traurigen Ausdruck ur Decke des Zimmers erhob. «A er Sigrid ist noch so jung, und ich fürchte, sie hat est niemanden, der ihr zur Seite steht. -Darum wollte ich Dich von anzem Herzen bitten, Liebsten noch ute abzureifen. Jch werde erst ruhig ein, wenn ich Dich bei meinen Ange örigen weiß. Jch bin ein Weib und ehöre nicht der Welt, sondern meiner Familie an.« »Aber wie soll ich es über-? Herz bringen, Dich einsam hier zurückzu lassen? Du hast ja hier in dem stem den Lande keinen Menschen« «Q,»i bin gut aufgehoben, Verndi Man be ndelt mich hier so gütig. Und «ich verspreche Dir, daß ich ganz tapfer sein werde, wenn ich Dich nur be: den Meinigen weiß. Wenn Du erst entbehrlich geworden bist, wirst Du ja auch zu mir zurückkehren.« Er machte noch weitere Einwendun Vrn denn, seitdem er Maloe wieder elxsen, war es ihm fast unmöglich chienen, sich von ihr zu trennen. A r er sah, daß seine Weigerung sie aufregte. Und so versprach er»endlich, da see immer wieder in ihn drang, ihren Wunsch zu erfüllen. Die Krankenschtvester, ein schönes-, gethei- btvndeö Mädchen, dem man soc-nehme klunft an den Augen ablai, trat je t in das Zimmer der Kranken und winkte Bernd mit den Augen, daß es an der Zeit sei, die Unterredung zu« beenden· Er stand aus und beugte sich ubek sein junges Weib. »Soll ich meine Abreise nicht wes nigstens bis aus morgen verschieden, mein einziges Lieb, ich werde Dich dann beruhigtet verlassen können« Aber sie schüttelte trzurig dcn Kopf, und um ihre Lippen zuckte es, als ob ihr das Weinen nahe fei. »Wenn Du mich lieb hasi,« fliisterte Th« mußtDu noch beute gehen. Jch be keine ruhige Siunde, »so lange ich meine Mutter und Schwester so verlassen weiß. Und Du wirst mit ja täglich einen langen, langen Brief schreiben Dann werde ich mir ein biiden, daß Du hier an meinem Bette st nnd mit das alles selbst erzähl . Ach Bund, ich habe meine gute uttee o lieb, darum gehe zu ikr nnd its fie, ich bin jung, doch Ie W mehr wie ich des Trostes.« — « De gib er jeden weiteren Wider M auf nnd tii De seine junge « · M ans tien und Auge-. s-. - mild-treue that ihm wohl. W - M so Frei und Mi, und wo die Treue aufhört gegen die Näch sten, da steht vereinsamt das Men chenherz. »Da Du es durchaus willst, Malve, so mag es denn sein. Aber ich werde nicht tanng als ein paar Tage fort bleiben. Wenn Deine Angehörigen sich zu einsam und verlassen fühlen, bringe ich sie mit hierher.« Malve gab teine Antwort. Und Bernd fah mit Bestürzuna, daß ihr Gesicht sich eigenthiiinlich verzerrte. Fhre Züge, die eben noch einen ge nannten, fast lebhaften Ausdruck ge habt hatten, wurden schlaf und ihre Augen blieben halb gejchlo en. »Es ist Zeit, mein »kr, daß Sie fehens lii erte die Pf egerin ian in ranzdsisckzer Sprache zu. «Die Pa tientin ist erschöpft. Und wir dürfen fte nicht hindern, einzuschlafcn. Sie gab dem Eisumschlag auf Maives Kopf eine andere Lage nnd Male Mll gewallvlell, orqullamrn ingern das Kissen zurecht. Bernd stand noch eine kleine Weile unent silktossem dann aber raffte er sich zu sammen und ging. Draußen begeg nete er dem leitenden Arzt des Kran tsenhauses, und an ihn richtete er die lFrage, ob er sich ohne Besorgniß auf einige Tage von Stockholm entfernen dürfe. Die Antwort lautete erniuthi: gender, als er selbst zu hoffen gewagt hatte. »Ich glaube, diese Frage mit gutem Gewissen bejahen zu dürfen. Es scheint, daß wir es nicht mit der chwersten Form der Krankheit zu thun haben. Und selbst wenn diese Voraus-ficht eine irrige sein sollte, ist für die nächsten Wochen taum etwas zu fürchten. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß wir in der ternigen Natur der Patientin eine vortreffliche Bun desgenossen haben nnd ich zweier nicht, daß wir Jhnen Jhre Gattkn ge sund zurückgeben werden« Diese Erklärung gab für Bernd den Ausschlag Jetzt würde er es für schnöden Egoisrnug gehalten Haben, wenn er sich der Erfüllung seines Malve gegebenen Versprechens ent zogen hätte. Und nicht ihr allein, son dern auch seinem armen Schwieger: vater daheim in Deutschland hatte er ja ein Gelöbniß abgelegt. Tie Familie des Geheimratlkk sollte mit dein Tage seiner Hochzeit auch die seine fein, und e: wollte jetzt fein Versprechen auch einlösen. Bernd rüstete sich zur Abreise mit dem festen Entschluß, allen Rücksich ten und feindfeligen Einflüssen zum Troti fein Wort zu halten, wie·e5 einem Manne von Ehre, einem Offi zier und Edelmann geziemte. Ein trostloser Landregen rann in gleichmäßigen, dünnen Fäden vorn dleigrauen Himmel hernieder, als Bernh von Degerndors das Bahn hofsgebäude verließ und die Droschle bestieg, die ihn in seine alte Woh nung bringen sollte. Hunderlmal während dieser langen, entsetzlichen Heimreise hatte er seinen Entschluß bereut, und oft genug war er nahe daran, um ulehren, um an das Kran kenlager keiner jungen Gattin nach Stockholm zuriiclzueilen. Aber er war doch standhaft geblieben und jetzt, wo er fein Ziel erreicht hatte, war er dieser Standhaftigteit froh. Tennes war ihm inzwischen immer mehr zur Erkenntniß gekommen, dafz es hier unabweisbare Pflichten zu erfüllen galt, die durch jeden Aufschub nur schwerer und peinlicher werden konn en. Er hatte feinen Burschen durch eine vorausgesandte Depesche angewiesen, ihn in der Wohnung zu erwartet-» und die erste Frage, die er an den verlegen dreinschanenden, ·ungen Menschen richtete, war eine rage nach inzwi schen eingelaufenen Telegrammen Denn er hatte die Leitung des Stock holmer Krankenhauseå ersucht, ihm zweimal täglich Nachricht zu zehen über das Besinden seiner Frau. Es la -n denn auch richtig schon zweiDe pefzhen aus dem Schreibtisch- und sie meldeten beide, daß bisher keine we sentliche Veränderung im Befinden iner Gattin ein etreten nnd kein An laß zu Besorgnissen vorhanden sei. ·Bernd schrieb ein paar Wort nieder, die Malve seine glückliche Ankunft an zei ten und schickte den Burschen da mi zuni Telegraphenamt. Dann klei dete er sich eilig um nicht in Unt arm, sondern in einen Ätnilanzug enn sein erster Besuch sollte ja der Mutter seiner Gattin ellen, und das natür ltchste Tattg hl mußte ihm verbie ten, dort in seinem Soldatenroel zu erscheinen. - Es begann schon zu dunkeln, » die teppichbelegte reppe zutWohk nung feiner Schwi ermattet empor stieg. Schon der sonderbar neugie rixe Blick, mit welchem der Pförtner ihn gemuftett, hatte ihn Imangenehm berührt. Es war doch etwas Pein liches um das Bewußtsein,pl"ot31ich der Gegenstand ämifchen Interesses für die breiteste ffentlichttt gewor den zu fein. Obwohl der Pförtner ihn tespettvoll wie immer gegrüßt hatt-, war dem tethertn unter fei nem forfchenden lick das Blut ins Gesicht gestie en. Und doch mußten sich sagen, da ihm wahrscheiULich noch viele petnvollete Dinge bei-erstanden, Yals Radelstiche von so genngfiigiger Art. Er klingelte und nach einer kleinen Weile wurde ihm geöffnet. Aber es . war ni t der Diener, der ihn ent pfing, ondern eines der Mädchen, 'eine ältliche Auson, die schon seit einer langen eihe von Zagen nn Dienst der Familie stand. ie war schwarz gekleidet, und ihrem Gesicht war es anzusehen, daß sie geweint t:atte. »Ach, mein Gott. der Herr Ober leutnant!« rief sie ganz erschrocken, als sie Bernd von Degerndorf er kannte. »Wie gut, daß Sie endlich gekommen sind! Ich will gleich hinein, ex- dein gnädigen Fräulein zu sagen.«· Kaum eine Minute später stand Sigrid vor ihm. Wäre er feiner jun-· gen Schwägerin unvermutltet an ir gend einem anderen Ort begegnet, so würde er sie im ersten zlugenblici taum erkannt haben. Es war nicht das fchmuelloie, schwarze Trauertleid allein, das diese Veränderung bewirkt hatte. Ihr Haar, das sich sonst in triftigen Löckchen über der Stirn nnd an den Schlafen träufelte, war glatt gestrichen und ließ ihren Kopfxdadurch noch kleiner und kindlicher erscheinen hr Gesicht aber hatte gar niÆts indliches mehr. Es war schmalcr und zugieich charattervoller geworden. Leichte Schatten lagen unter den Au gen und die Mundwintel traten ein nenig berabgezoaen Mehr noch als Gram und Herze-leid spiegelte sich auf diesem Gsichte die herbe Entschlossen heit, die aus 1enern Herzeleid etwa-« sen Jvar. « »Ich ahnte, das Du tomrnen wur dest, Beriid,« sagte sie einfach. »Bitte, tritt ein.'« Er folgte ihr in den Salon, des sen-seidene Polstermöbel ron grauen Leineniiberzii en verhüllt waren. Auch über die » tarmorgruopen in den Ecken waren ähnliche iillen gebieitet. Obwohl es bereits tart daminerte, mackte Si rid doch tein Licht. »Daß - u hier visi, ist ein gan ftiges Zeichen für Malt-es Befinden nicht wahr? Denn Du würdest sie nicht allein gelassen halten- wenn sie in Gefahr «iva·re." Erst jetzt tam er dazu. ihre Hände zu ergreifen. »Ja, e; acht ihr den Umständen nach erträglich und die Aerzte ben mir versichert, daß iiir ihr Leben nichts zu fürchten sei. Aber Du, meine liebe Sigrid, wie hast Du alles erirageni" »Wie man eben ertragen muß, was man ni ,t hindern tcnii, Bund-. Daß ein Mensch so viel aushalten kann, hätte ich vorher freilich nicht eglaudt. Nun aber ist das Schiimmfie doch wohl vorüber-« Er war überrascht von dem einen thiimlich harten Klensi1 in ihrer Stimme und von der Leblosigteit, mit dir ihre kleinen Hände in den seini qen lagen. Wie viel mußte dies leben svriihende, isinae Mädchen gelitten t·abeii, um Eis zu eineni solchen Zu stande innerer Gieichgiiiiigteit zu ge langen. . »Das wollen wir hoffen,«erwiderie er, »denn jetzt bin wenigsten-J- ich da. um Dir beizustehen. Und die Martia? Oat auch sie sich inzwischen etwas ge faßt?« Sigrid schiittelte den Kopf. »Ich fürchte, sie wird ei- niemals ri:winden. Erst jetzt habe irr-erkannt, wie innig sie den Papa geliebt hat. Ich hätte rTe unter allen Umständen daran verhindern rniifseii« heute mit i-«.f den Friedhof zu fahren, denn jetzt ist sie aanz gebrochen« »Aus den Firedhof?« fragte er. ,Die Beisetzung ist also schon er fo!gt?« " «Wußtest Du das nicht? Ia, wir haben den armen Papa heute begra ben. Aber frage mich nicht daruber »ich bitte Dich von her-»in darum!« Jhre Stirnnse wollte nun doch der saaen, und Bernh glaubte jetzt auch zu verstehen, weshalb sie mit ihm lie ber im Hakbduntel blieb. Er sollte nicht sehen, wie schwer es ihr siel, diese duszerliche Fassung u bewehren Seinen Arm sanft um sie legend, zea er sie neben sich auf das Sofa» t«.kdek. ,,Meine«tc.viere, ticiite Sigrib2 Ell-Träne liebe ? itrreiterl T-rn ron nun sollst Du mich als-» Deinen Bruder gniehen Du Ind Malve nnd ich, wir wollen treulch zusanirnenkplten Und es müßte dort wunderlar zugehen, nenn wir den Kampf mit Dieser herz tosen Welt nistt siegreich beständen.« Er beqrifs nicht, weåinlb sie sich il,rn plötzlich entzog. »Ich danke Dir für dir gute Ab sicht, aber Tit solltest noch nichts der artiges versprechen. Hast Du Dich kenn über die Verhältnisse unterrich tet? hast Du seit Deiner Ankunft mit irgend jemandem dariLber gespro chen?« »Nein, ich fuhr direlt vom Bahn toi in meine Wohnung und von dort blerber. Abe: mit wem ich auchinp ner gesprochen haben könnte, welchen Einfluß sollte das auf miser inniges Verhältniß zu einander haben?« Sie vermiet- es, ihm eine direkte Antwort zu geben; aber nach kurzen-. Schweigen tagte sie: »Du weißt rriloh noch nicht, Bernd, Lß wir arm sind —- ganz arm — littelartm deß wir diese Wohnung verlassen werdet-, ohne etwas anderes mitzunehmen als die Kleider, die wir ans dein Leibe tragen.« «Wat für eine dee ist das, Sig ridi Wer hat es it is setz gebracht, Dich durch eine so wakntinnige Vor stellung in ericheeckeni »Es ist nicht wahnsinnig sondern bristlich so, wie ich ei Dir sage. Ich be witLeaieu AMICI-» Mel wk en müssen nnd sie haben mir liber e:n immend erklärt, daß man über kurz oder lang hier alles mit Beschlag lele en würde, um Dich an Papas It: laß ,weni.,slens teilweise schad los zu halten süt die Verluste, welche tske Aktionäre der Bank durch seine Schuld erlitten heben sollten« Angenommen selbst. daß es so wäre, müßte man dazu doch erst den Prozeßweg beschreiten, und man würde schwerlich berechtigt sein, euch clles zu nehmen. Jedensalls hnst Du noch nicht die mindeste Veranlassung, meine liebe Sigrid, Dich wequ dieser Dinge zu rennruhigm Vorläu ig denkt doch ganj gewiß niemand da ran, euch von hier zu vertreiben« »Glauhst Du, daß wir es daraus ankommen lassen werden? Wenn die Leute mit ihrer Forderung im Recht sind-—und sie müssen wohl im Recht sein, da alle Welt es doch behauftet —- so ist es -acnz selbstverständich, Lasz ihnen aller- ausgeliesert wird, was wir besitzen. Und je chneller es gschieht, desto besser ist es siir uns. Sobald das Besinden Mamas es ge stattet, werd-en wir uns eine Zu slnchtsstätte suchen, am liebsten weit vcn hier in irgend einer kleinen Stadt.« »Ist das auch die Meinung Deiner Mutter, Sigrid?'« »Jawohl. Sie ist darin ganz mit mir einverstanden. Man soll nicht von uns sagen dürfen, daß wir von --—von fremdem Gute leben.« Bernd war zusammengesahren, als oh ihm jemand einen« Schlag versetzt hätte. Nichts hatte ihm die ganze Trostlosigteit der Situation in einem so grellen Lichte gezeigt. als dies Wort, das mit selbstquäleriscker Er lsarmungslosigteit die Dinge beim rechten Namen nannte. Er wußte nicht, was er ihr antworten sollte. Aber war es denn nicht überhaupt ein Verbrechen, mit diesem Kinde über solche Dinge zu reden. »Willst Du nicht Deiner Mutter sogen, daß ich da bin?« «Es wiirde in diesem Augenblick laum einen Eindruck aus sie machen, Terndl Und Du würdest sie doch nicht sehen können. Jch darf Dich heute nicht zu ihr lassen, und ich muß jetzt auch zxu ihr zurüatehren, denn ich habe keine Ruhe, wenn ich sie allein weiß-« Sie war ausgestanden und erfolgte ibrem Beispiel. »Ich werde also morgen wiedertom men. Und Du versprichst mir, liebste Sigrid, daß ihr nichts thun werdet, ohne euch mit mir zu berathen. Hier steht zu viel aus dem Spiele, als daß itir der ersten Eingebung folgen dürs tet, wäre sie auch noch so edel uiid hkchherzig.« »Wenn es der Verzicht aus den Nachlaß des Papaist, den Du damit neinst, so tommt Deine Mahnung zu spät. Die Mama hat schon gestern on den Aussichterath der Handelgbanl ge schrieben, daß sie den Attionären al treg zur Verfügung stellt, wag sie be s:v t.« Er erschrat, und doch war er in Versuchung dem tapferen Mädchen, das er bieher so wenig gekannt hatte, bewundernd die Hände zu küssen. »Sie that es aus Deine Veranlas sung« Sigirid?« »Sie würdees nach ruhiger Ueber legung auch aus eigenem Antriebe Fe than haben. Sei unbesorgt; ich in gewiß, daß es ihr niemals leid wer den wird.·« Dieselbe Zurückhaltung die sie ihm während ihres ganzen Gespräches be zeigt hatte, lag auch in der Art, in der sie sich von ihm verabschiedete. Er siihlte deutlich genug das Mißtrauen das sich dahinter verbarg. Aber er hielt es nicht siir angebracht, ihr die Grundlosigteit desselben anders als durch Thaten zu beweisen. Wenn er vorher in seinen Ent schliissen noch schwankend und unge wiß gewesen war, so hatte die kurze Unterredung mit Sigrid ihm llar und bestimmt den Weg vorgezeichnet, den er zu gehen hatte. Nun fühlte er sich gewappnet, seinem Vater gegenüber eutretem «und ohne Zögern lenkte er eine Schritte nach dein HoteL wo er sicher war, ihn zu finden. s »Der Herr Baron ift noch im Speifefaal,« berichteie ter Pförtner, den Vernd befragte, »iiiii der heute angelominenen T-anie.'· »Mit einer Daine?« erkundigte sieh Bernd verwundert. »Wissen Sie auch ihren Namens« «Batoneffe von Thhrnau lautet die Einiragung in das Freuidenbuch.« Bernh runzelte die Stirn. Nichts konnte ihm gerade im ge enwäitigen Augenblick weniger erwünscht fein als dies Zusammentreffen Aber es wäre ein ebenso thörihtee als vergebliches Bemühen gewesen, ihm ausweichen zu wollen. Deshalb öffnete er nach tur m Zaudern die Thiir des Speise aaleö und ging auf das Tifchchen zu, an dem er den Obersten und seine Be leiterin sign fah. ie ·un e ame gewahrte ihn zu erfi. Ein eröthen ging über ihr Ge icht. Jm nächsten Augenblick ftanb ernb vor ihnen. »Das ifi eine großeUeberrafchung,« fagte er, »ich wäre auf nichts weniger vorbereitet ewefen als darauf, Dich hier zu ireffenk « Sie hatte bie kleine Verwirrung, die bei feinem Anblick über sie gekom men war, schon wieder abgestreift »Es war allerlei Gefchäftlicheö, das mich ge en meinen Wunsch zu biefer Reife n thigtr. Aber fage mir vor al lein, Bereit-: wie ehiei Deiner Frau? hörte zu nie nein Bedauern von ineni Vater, das sie fein fchwer ertranki fei.« · Esaus fiir bie Theilnahme. Lbdiai Verfehlu- Ermahnung —- »Sck,ämst fdu dich denn nicht« du großer Jung-, daß du deine kleine A Schwester schlögst?« —- »Ach mat, nich in de Täte; Vater schämt sich ja ooch nich, wenn et mit verbann« —Ja, ich mußte sie schweektank in Stockholm zurücklassen. Aber die Aetzie sagen, es sei keine unmittel bare Gefahr für ihr Lebens« Etwas eigenihümlich Berhalienes und Gegwungenes war m Rede nnd Gegente e gewesen und sie hatten einander dabei nickt in die Augen gesehen. Nun erst wandte sich Bernd teinem Vater zu. Der Händedruck, den sie tauschten, war vielleicht nie vorher liibler und stilchtiger qetoesen als bei diesem Wiedersehen. »Guten Abend, lieber Vater.« »Guten Abend, Bernd! Ich dachte mir«"5 wohl, daß Du dies überlegen und doch norh kommen würdest. Nimm bitte Platz und trinke ein Glas Wein. Du siehst angegriffen aug. Natürlich, Tu hist Tag und Nacht gesahren.« ,,» a.« »Ls muß eine beschwerliche Reise gewesen sein. —- Iiellner —- noch ein Gmel-»Aber, was heißt das-, Ly dia? Du willst doch nicht aehen?« »Ich habe eine dringende Beior gnug u machen. lieber Onlell Viel leicht sehe ich Dich später am Abend-« noch auf ein Viertelstündcken." Sie hatte sich erhoben, nnd wie sie jetzt zwischen den beiden Herren stand. zeigte sich’·g, daß sie ihnen an Größe fast gleich war. Jhre stauenhast reife Gestalt war von tlassricher Schönheit der Formen. Und von tlassis e: Schönheit war auch ihr Gesicht, de en Schnitt an die edlen Prosillinien der riechischen Bitdwerte erinnerte. Eine önigin konnte den Kopf nicht ho heitsooller und stolzer tragen, als er aus diesem s lauten. schneeweiß aus der dustigen epitzenriische hervortau chenden alse ruhte. .Mit dem ersten Blick au die hohe. vornehme Mäd chenerscheinung mußte man den Ein druck fgetoizinem eine flart ausge prägte Personlichteit vor sich zu haben. »Wie ich mein Fräulein «"Nichte kenne, würde nach solcher Ertliirung alles weitere Zureden verlorene Liebes rniihe sein,« sagte der Oberst. »Natür lich sehen wir uns nachher hier wie der. Und Du gestattest wohl, daß ich Dich hinausgeleite.« Aber sie lehnte mit freundlicher Be stimmtheit ab. « »Du weißt, daß ich gewöhnt bin, mich ohne männlichen Ritterdienst zu behelfen. Auf später also, meine Herrent« Ein leichtes Neigen des Kopfes ge gen Beend, dann verließ re raschen Schrittes den Saal, in je r Bewe gung ein Bild sieg aster Schönheit und selbstbewußten tolzes. »Ich tonnte nicht ahnen, daß ich Dich einer so angenehmen Gesell chast berauben würde, Vater « ia te Bernd nicht ohne Sartasiniig, als ieThiir, die der Kellner diensteisrig vor ihr ge össnet, sich hinter Lydia von Thnrnau eschloisen hatte. ,Jcl) würde Dir onst ein Zusammentreffen an ande rem Orte borgeschlagen haben. Denn ich glaube, die Vegegniing war ihr nichtJ weniger unerwiinictit als mir.' chselbsi bin durch ihr plotzliches Ericheinen überrascht worden, und-s war ein Zufall, daß sie in demselben Hotel Wohnung genommen hat. Aber Du brauchst nicht zu fürchten, daß ihr Deine Gesellschaft unanaenehin ist Sie hat vorhin ganz unbefangen und sehr freundlich von Dir gesprochen« »Wirtlich? Thatsie daai Sieweiß natürlich schon alles-W »Wie tönnte ihr verborgensk eblie beii sein, wovon it ineg reren Argen alle Zeitungen vo sinds Uebrigens ist sie init bewunderungsiviirdigein Tattgesiihl darüber hin-weggeganng ,,,Nun es toinnit wohl auch nichtl viel daraus an, was sie dentt oder thut. Aber wir können unmöglich hier in dem iisssentlichen Restaurant miteinander reden, Vater! Wollen wir auf Dein Zimmer geben oder siehsti Du es vor, mich in meine Wohnung n begleiten, wo wir noch Ungeförtet fein würden?« »Wir sindes auch hier. Gehen wir also himqu Als sie das einfache Hotelzimmet betreten hatten, vertiegelte der Oberst hinter sich die Thür. Mit einem Griff drehte er die elek trischen Lampen an und wandte sich danhn mit tiefernster Miene an feinen So n: ,,Nun? Ein unerhörtcr Standal——— nicht wahrt Was sagst Du je i zu Deinem Schwiegervater. dem Herrn Geheimes-th? Und Du gehörst jetzt zu seiner Familie! Jst es nicht, um wahnsinnig zu werdens« »Lassen wir vorerst den Todten ;uhen, lieber tthaten-. An dem, was geschehen ist« Linnen wir nichts mehr ändern. Und Deine Errettung hat wahrlich schon Unheil genug ange richtet.« Tcr Oberst zog die Brauen zusam men. »Soll das ein Vorwurf sein?« »Das Unglück wollte, daß Dein Telegramm zuerst meiner Frau in die Hände fiel. Der Auebruch von Mal ves Krankheit ist dadurch ohne Zwei fel beschleunigt worden« Der Freiherr zuckte die Achseln. . »Das hatte ich selbstverständlich nicht beabsichtigt Aber erfahren hätte Malve es ja doch. Und ich meine, wir sollten uns seht nicht mit allzu viel übersliissigem Mitleid aufhalten. Da mit kommen wir nicht weiter." »Du solltest doch nicht vergessen, Vater, daßes meine Frau ist, von der Du sprich .« Das Gesicht des Obersten röthete sich usehends. »DeineFrau, in deren Nehm- man Dich gelockt hat. chh will zu ihrer Ehre annehmen, da ie nichts davon wußte. Aber an der Sache selbst wird dadurch nichts geändert. Was willst Du denn nuri ei enilich thun?« »Was die Umstände ebieten. Ich werde noch heute mein L bsichedsgesuch einreichen.« »Wie soll ich das verstehen? Du bist doch hoffentlich entschlossen, Dich scheiden zu lassen-? Die falsche Vor piegelung, durch die man Dich zu dieserse rath veranlaßt hat, ist nach der ersicherung des Justizratht Grund genug, eine Auflösung der Ehe zu rechtfertigen.« »Wofiir hältst Du mich, Vater?Du es nicht Maer war, die mich betr , ,ibteö site mich auch teine Veranla - ung zu solchem Schritt. ch habe azis Liebe zu meinem Wei gema t, und ich wäre der Dhrloseste Mann un tet deiSonne, wenn ich iie um ihres Un liicks willen "etzi aufgeben könnte.« t Oberst itiitzte sich mit beiden Händen auf den Tisch, der zwischen ihm und seinem Sohne tand und starrte mit voigenei»teiii öipee dem Spiechenden ins Ge icht. - »Du kannst es aifo nicht über Dich gewinnen, auf die Mitgift zu verzich ten?« iagteet halblaut, aber mit zctnbebendei Stimme. »Eine Million ist Dir mehr wetth als die Ehre un feies alten Namen5!« »Vater! Wenn ein anderer gewagt hätte, mir das zu sagen ———! Aber ich habe mit vorgenommen, mich in Ruhe mit spie auseinandekzufetzem Datum will ich das häßliche Wort als unge speochen ansehen. Als Antwort aber wird Dir hoffentlich genügen, daß diefe Million nach meiner Uebetzem agng nicht mir und nicht Malve ge hoit. Ich werde nicht einen Pfennia von dem Gelde.behalten.« CFottfehungi folgt-) -—-.--.---— Dein armen Sultaii wird von John Ball energifch auf die Dithnetaugen getreten. Mit dein »Sei-en in Saus und Braut« ists vorbei und fest het es nur noch: »Ich möchte doch u Sultan sein«