Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 25, 1906, Sweiter Theil., Image 14

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    Ydaz
Roman von S. Yrdddon
(19. FortfehungJ
Mit einein Blick heißen, grenzenlo
fen Wehs wandte Colin sich ab. Frau
Langton, die etwas abseits stehen ge
blieben, las alsbald in feinen Zügen,
daß sich Außergewöhnliches zugetrck
gen haben müsse und ängstigte sich
dementsprechend- Jn wenigen Worten
erzählte er nun, waser in Erfahrung
gebracht, aber der Glaube der Mutter
war unerfchiitterlich.
»Meine gute, meine fromme, meine
schöne Ada, an ihr zu zweifeln hieße
iir mich, den Glauben an die Men
In verlieren. Es muß irgend eine
"ndliche Verschwörung gegen Sie
tm Spiele sein und wir werden der
Sache auf den Grund kommen. Doch
die Gäste werden uns vermissen, wir
Iniissen zu denselben zurückkehren was j
aber, was-sollen wir für Ada thunAH
»Liebe Mutter, trachten Sie stark(
zufein, ich bedarf Jhres NakheT ich;
bedarf Ihrer Theilnahme. Dort drü-«
bin auf hoher See fährt Tredegars
Pacht und Ada befindet sich an Bord
erfelben.« -
it 8
Der Tanz wurde bis zum Morgen-.
grauen fortgesetzt Gerüchtweise ver T
lautete, daß einStreit zwischen Jvan
Tredegar und Guido Colin sinnige
sunden und Fräulein Lanaton sich
«r;ach ihrem «immer zurückgezoaen
habe. Doch weshalb soltte dies flö
rend in aie Festlichkeit eznareiienZ
Alle stimmten darin überein daß
Guido Colin eine Thsorheit begangen
indem er sich mit einem Mädchen ver
lob-te, das von Nieinandeni gekannt
war.
Als die letzten Gäste sich end-lieh en:- :
sernt hatten, begab sich Guido, rein
der Abend eine grenzenlose Qual ar
wesen, in den Pakt hinaus. Seine
Pulse Dochten, sein Herz smlng malt
ti; und die Gedanken wogten rrsirriri
feinem Kovse auf und nieder. Da
legte sich eine ieielste Hand zärtlich auf
seinen Arm. Er zuckte zusammen nnd
befand sich Edith Tredrgar aeaeniildc:.
chhafte Theilnahme verrieth sich in
ihrer Vibrirenren Stimme.
»Herr von Sold-« es tyui mir so
leid; ich kenne Ihre Sorge ---- o, es ist
schändlich. und mein Bruder tth sich
auch unverzeihlirh benornnten."
»Meine Sorge?« wiederholte Colin.
»Ja,es ist hart zu tragen. Mein Ver
trauen wurde gröblich mäßbrauckn
Jch werde niemals verzeihen! Ich
kann lieben und vermag auch gleich
zeitig zu hassentf
Es leuchtete triumphirenr auf in
ihren Armen.
»Ich bin ganz entsetzt geweser,"«
stammelte sie, »als ich hörte —«
»Als Sie was hörten?«
»Daß Fräulein Langton -— o, !er
halb zwingen Sie mich, es zu sagen?«
»Fahren Sie fort, gnädigeå Fräu
lein. Es iit nur recht, wenn ich Altes
weiß, und Jhr Urtheil wird für mich
vielleicht von Werth fein.«
Edith Tredegiar nahm ein zerkni
tertes Billet aus der Tasche ihres
säteideT
»Ich fand dies auf meinem An
tleidetiseh Jvan gab es meiner Zofe,
während wir beim Souoer waren.
Es enthält nur die kurze Mittheilnng,
daß er und Fräulein Langton den
Entschluß gefaßt hatten, zusammen
Beut liehen! Die Anderen haben die
, .ahr it ern-then denn die Gräfin
Tzornieysalx wie Fräulein Langton
mit meinem Bruder entfernte. Jrh
wehe Ihnen meine Theilnahme aus,
r von IFoLirn denn Sie und ich, wir
then einander näher wie qeroiihnliche
kannte. nnd wenn ich Ihnen irgend
wie behilflich zu sein vermag, so ge
· das nnstreitig zu den größten
meines Lebens.«
" ««Sie mitchehtlslich zu fein Vermö
"· k« rief er beinahe heftig. »Staa
- Sie, ich könne je vergessen, daß
Sie feine Schwester sind? Da »die-Z
YOU-MAY ein Theil Ihre-B Zeche
kanez ifi Bitte, ersparen Sie mir
se Pein einer Seenet Im Grunde
» Wa. sind Sie ja doch ein Weil-,
Den Sie mir die zweifelhafte Ehe-:
erwiesen, mich in Ihrer unweiblichen
- set zs lieben. Sie haben mich einen
, Träume genannt, aber ich hin nicht
« »du Thu, welcher nicht wüßte, was
»Ist « ver Seele vor ht. Ich habe ge
, dzß ich sen-pl lieben als auch
i
i
i
i
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i
i
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bassen könne« und ich werde de-« Jn.
men Tredeg at bis zu meisxesp .. Xetzä n
Athemzuqe hassen. Jhr Bruder hat
Fräulein Langton mit weiß Tor Him
mel was für teuflischen Künfren Fu
dieser Thorheit verführt; aber er bat
ch dadurch dem Gesetze preisgegcren.
O werde Alles in Cefaheunq drin
Zu! anwi chen habe ich die Poli .ei
teils in enntni gest t und bin
neu wenige-I Stun a w d es durch
den Telegeaps gelungen sein. dem
Flüchtling auf die Spur zu kommen «
Isid- Tollni Worte klangen fast
beut-L aber et war kein beachtet,
III-Gabst Mstiuf dtes DICka
It met zu äg , et i rette
K- M
M Lauf mik- melødifelze Stimme
I is uchm wie das Zischen einer
T Sie war jetzt kaum
Wt biet-h atzer und ihre Lippen
Ue nehmek Ihr makellofet M
kenveilchen auch nach diesen Ereignis
Ie noch aufs« fragte sie espöttiichz »Im
beilage ich wahrlich Sie und -ne in
Zweinern Herzen aber wird dreB: lei
»idig·ung, welche Sie mir zugefirgt,
- ewig nachklingen.«
Er blickte sie kalt und verachtli ji an
Hmd es vergingen Jahre eh die Bei
den wieder e nander gegenüber traten.
i Am Tage nach dem sie baden frei-,
bereits um zehn Uhr Morgens jene
trcnigen Gäste welcke über Nacht ge
hieben, entfernt. Zwei-Stunden lang
war Colin damit beschäftigt nach al
len Weltrcchtungen hin Telegranmie
zu expediren Zur Mittagözeir srachte
ein Bote aus Perrin zwei Briefe: einer
derselben war an Frau Langton ge
richtet und lautete wie folgt:
.Mein geliebtes Weib, meine ge
liebte Elia.
L dächte, Der Kelch des Beweis-:
niii te zum Ueberfließen voll sein,
und ich bin so hilflos-. Ich vermaa
nichts zu thun. -— Du trägst Alles
tapfer, aber ich lebe in steter Angst
für Dich. Es gibt keinen Frieden
sur uns Beide aus dieser Erde. Jch
werde heute Abend zu Dir kommen
und empfehle Dich einstweilen Ver LIL
huk des himmlischen Vater-IF
Der Brief an Colin lautete:
»Mein lieber Vetter, ich habe seit
eiiiiaen Tagen eine fürchterlich Be
ängstigung empfunden, die if- eigent
tich erst ietzt ihrer ganzen Eins-e nat
Veistehe; ich möchte am liebsten sofort
nach dem Schlosse eilen, aber leider
seh-: ich mich bemiißigt, vor Allein
meine Angelegenheiten za ordnet-,
denn das Ende ist nahe. Tiedeaar.
der Sinnbier hat meine Jetntitiit
festgestellt, er begehrt nach meiner
Tochter. Sie mögen sich vorstellen
Welche Vression er aus Ada ausübt,
ec- soll ihm aber Alles niaitis nittzenx
ich will ihn niederschießen glekch einein
raudigen Hunde. und zwar sobald als
möglich. Ich sehe ein« daß ich dadurch
gewissermaßen neue Schmach aufmei
nen Namen wälze, aber das läßt siJI
nicht vermeiden. Jcb verlasse mich aus
Sie —- Sie meiden mein Weib und
mein Kind behüien» wenn ich nicht
mehr bin. Bis sechs oder sieh-en Uhr
trerde ich hier in Geschäften ui ti,iin
haben, darin lomme ich zu Ihnen
Jhr aufrichtig ergeht-net
Franz North.«
Der Vilar trat in diese-n Augen
blick bleich und mit besorgt-r Miene
ein.
»Ich hasse, mein Erscheinen iit Ih
nen nichtliisti . Guido, iondernlann
ieb Ihnen aii irgend eine Weise näh
lich sein? Noch immer keine Nachricht
angelangt, neein Gott, mich überläuft
es eisigtatt, wenn idb bedenke, daßich
die Hand dieses Svigbuben geschüt
tili habe. Aus Ertundigiiisgem dir-l
i.·h eingezogen, entnehme ich, daß deri
Steuermann, welchen Tredeaae ans
Bord hatt-» ein alter Belannter von
mir ist, ein braver Mann; rvenn er
die Wahrheit erfährt, dann hat Fräu- ;
lrin Ada in ihm einen Beschützer-, das
mag Jhnen zum Troste gereichen. Jch
berstehe nur nicht, in welcher Art cs’
itirn getan-arm das junge Mädchen zu.
bewegen, daß es ihn begleiten solle,
denn ich irriß zu genau, dif; sie ihn
gefürchtet hat und ihn nicht leiden
mochte.«
Colin reichte den Brief, cvekchen er
von FranzNorth erhalten, den-. Vilarp
und diesem stieg die Röthe des Zorn-s
in die Wangen.
« »Der Spihbnbe,« murmelt-er »Ge
den Sie mir die Hand, mein Junge!
Ich bin ein alter Mann, aber ich will
;Jhnen, Aha nnd der unglückliche-i
; Mutter zur Seite stehen in Allem, was
T kommen man. Wie trägt Frau Lang
Zion die Sache?«
« .Raehdeni der erste Augenblick über
Jwiinden mur, mertwiirdig ut. Jcki
fürchtete für sie. aber ihr enehinen
ist heldenhast, ihr Glauben unersckiits
«terlieh. « eh meinerseits schäme mich
geradezu nn ichhabe im ersten fEli
Zenbliele einst-as Treue und Bestän
·igteit -e;rveisett. Jch will mich nicht
rntschiil igen, ih glaube, die Eiter
tacht hat mich soweit etrieben, das-.
»ich Idee klaren Vernnnt vergaß».«
« nsinnt Das Mädchen ist ein Eri
aef, ich habe sie ja längst vor Ihnen
kgiiannt und weiß am besten. wie rein
nndktnaendhast be dasteht. Wo be
siiskdkx sie- sxsm Los-w- .:ich vix-i
nntkyr sprechen und veammxnge zskee
tu bleilem bis Alles vorüber ist«
»Sie sind sehr gi?iig, Hm Posso!,
Frau Langton wird bald wiederkom
n-.en, sie bot sich nur einen Moment
nach ihrem Zimmer zurückgezogem um
esnen Brief ihres Gatten zu lefen,
·-:!chen sie soeben erhalten«
Langfam vergin en die Stunkm
Yes war bereits vier · be und noch feine
Nachricht eingetroffen Der Vastok
send Frau Langton hatten sich nach
teinemder Wohnzimmee begeben, von
siuelchem aus man weiten Fetnblick
Rette auf die Straße, die zum Schlosse
fis-Otte. Colin blseb in der BibliofbeL
wo et die See im Auge bedeckte-t
konnte.
" « Endlich pochte es an der Thüre und
Wallis trat ein; et me seht bleich.
»Kann ich mit shsen spreche-L
tHeetZI forschte ee sag etwas unsiche
tee Stimme
»Was wollen Stei« fragte Colin,
der stirnrunzelnd empor ah.
»Ich möchte daran denken, mein
eigenes Heim zu grünt-ern nnd bitte
um Entlohnung, tsselcke ich taxiir der
dtene, daß ich der Erste gewe en, der
» hnen von der Flucht des Fräulein
vangton mit Herrn von Tredegar
Kenntniß brachte» Jch möchte mir ein
Wirthshaus riinden nnd erbitteton
FJhnen die ittel dazu; ich beabsich
»Hie, in hiesiger Gegend zu bist-ern
fsænn der gnädiqe Herr also meiner
Dienste bedarf, so stehe ich auch fer
nerhin immer zur Verfügung«
,Jch habe nicht die Absicht einen
Spion gleich Jdnen auch noxis .ociter
in meiner Nähe zndutden,« erwiderte
Colin ruhig, während ein laltet Blick
in seine Augen trat. »Ich entlasse Sie
mit einem Monatsgehalte. bin aber
bereit, Jhnen eine Abfertigungs
ifnmme von fünftausend Gulden aus
IHUzahlen unter der Bedinaung, daß
kkch Sie nie mehr zu Gesicht bekom
men werde. Nebendei ettdeile ich-Ih
nen den wohlmeinenden Rath, tein
Zeugniß von mir zu begehren.«
Der Diener war todtenbleich ge
worden; er versuchte zu sprechen,ader
er war dessen unfähig Colin wies
nkit der Hand nach der Thür, und der
Mann wankte hinaus.
Langsarn verstrich Minute um Mi
Tut-, bis endlich ein Tclfgtamm ein
ra .
Jn maßlofer Aufregung öffnete
Colin dasselbe mit zitternden Fin ern.
»Ada, mein Liebling, mein A es-,«
entrang- es sich feinen zuckenden Liv
pen. Er gab dem Boten eine reiche
Geldspende und ftiirmte nach dem Ge
mache, in welchemer, wie er wußte,
Frau Langton finden würde.
39.
heller Sonnenschein drang in
Georg Redmannxs Arbeiten-unten
Dieser saß vor einem mit Schriften
aller Art überladenen Tisch Und mur
melte leise vor sich hin:
»Ich hasse das Licht, der ich sc
lange im Finstern gearbeitet Wag«
soll ich mit dem helten Sonnenschein
anfangen, da ich nur die Finsternifz
der Nacht nnd die Bitterkeit des Tes
res tennen lernte?«
Horchend hielt er inne-. er lidrte nu:
die gleichmäßigen Schritte eines Po
lizeimannes, die durch dac- offene
Fenster bis zu ihm empordrangen Es
war zu früher Nachmittaasitunde, in
welcher ganz Perrin sein Schlöfchen
zn machen pflegte.
Der Polizeimann blieb Redmannsis
Hause gegeniiker stehen, e: planderte
mit einem Kindertnädchen
»Pah,« sagte sich der einsame Be
obachter; »wenn ich nicht den Ent
schluß gefaßt hätte, Tredegar um se
den Preis zu bestrafen, so tönnte ich
noch ganz gut entkommen. aber es ist
ja am besten, ein für allemal dieSacte
zu Ende zu führen. denn das Dasein,
welches ich jetzt führe, tann man doch
nur einen lebendigen Tod nennen
Zwei Läufe sind geladen," fügte er,
nach der Pistole in seiner Brusttaside
greifend, hinzu, »der eine sür Tade
gar, der andere fiir mich! O, meine
arme Elsa, welchen Schmerz hat see
ihr Leben lang durch mich erfahren
müssen!«
Der Polizist stand immer noch auf
seinem Posten; er lachte und scherzte
mit dem Mädchen, nnd sein Lachen
tlanlg bis zu Redrnann herüber.
» nd so geht die Welt weiter ihren
statesf murmette dieser bitter vor siszh
in.
Dann wandte er sich abermalskeis
nkn Schriften zu und besass-te sich eine
Stunde lang eifrig mit denselben-.
»Gew, Geld und wieder Geld, das
ist die Haupttriebseder im Leben,«
murmelte er voll Bitterteit vor sich
hin. »Was hat es mir geniith Es
brachte mir nichts als zeitweise turze
Berge enheit und das befriedigende
Bei-ou tsein, daß ich fiir die Zukunft
von Weib und Kind entsprechend sor
en könne. Jst das eine Belohnung
für mein Mühen? Seit unermeßlich
’langen Jahren irre ich dem ewigen
jJaden leich heimathlos umher. Und
H das ist as Endet Von Baron Tade
J gar senior will ich jeden Heller zurück
Ioerlangen und meine Erben —'·
F Bei-man's Jdeengang wurde un
sterbeochem er fühle mehr, als er
weihen-Ihm daß er nicht mehr allein
sei, daß einand ins immer getreten
war. D e Feder ent el seiner hand,
er blickte empor nnd b einen rohen
alten Maan vor sich stehen, er die
Blitze unverwandt ans ihn gerichtet
Redmann erkannte ihn auf den et
ften Blick. I
»Sie sindeS?« sprachet mit late
niscker Kürze.
. »Ja, zu dienen.«
i Eine Pause entstand, dann fragte
Htedmann wieder-:
)
l
l
)
»Und wag verlanan Sie Von mir?«
,,Geld, wag sonst? Sie haben dessen
kgenng. O, ich biete Jhnen ein hinrel
wendes Aequivalent dafür, ich habe
mich lange genug durch die Straßen
geschlichen, um den Polizeiotganen
aus dem Wege zu gehen. Es sind
lcklaue Leute, denen ich nicht in der-.
Rachen fallen will. Es liegt mir
nichts daran. erkannt zu werden und
ich wandte alle nur mögliche Vorsicht
ali, um ungesehen in Jhr haus zu
ichleichen·«
Redmann athmete schwer »Ich
glaube, Sie sind detBlih-Fekdinand,«
stieß ee endlich hervor.
»Sie sollten das wissen und nicht
glauben. sei-wem Sie-jäh wie Sie
mir eines Nachts vor vielen, vielen
Ists-en in London einen Dienslt ek
wie en haben? Selthet blieb mir aber
dies Gläck lern. denn lueze Zeit da
rauf hat mich ein Kamerad verrathen ;
sreilichnahm ich Rache an ihm. aber
deshalb ließ sich der Schaden, den er
mir zugefügt, doch nicht wieder gut
niachen.«
»Das interessirt mich Alles nichtim
Geringstm Jch glaube, Sie haben
Ihre Mittheilungen bereit-s vor eini
ger Zeit verkauft, und meine Verkeh
rungen fiir die Zukunft wurden dem
entsprechend getroffen.’ Sie werden
keinen Heller von mir erprefsen, wen
den Sie si daher lieber gleich an
Herrn von redegar, Sie dürften das
dankbarer finden.«
Der Blitz-Ferdinand lächelte.
»Halt, mein guter Herr, lassen Sie
mich immerhin reden. Jch bin in
einer tugendizaften Laune, obzwarich
gestern erst einenMenschen umgebracht
- ihn, der seinerzeit zum Verräther
a.«. mir geworden. Jch traf zufällig in
Liverpool mit ihm zusammen und
mein Me Ver hat mir gute Dienste ge
leistet. ch will zugestehen, das-. ein
solcher Gewaltftreich nicht immer an
genehm« ist« aber in diesem Falle hieß
ex- nur: er oder ich. Mit dem Mit
ternachtszuq bin ich dann von Liver
pool weggefahren, und da haben Sie
mich nun. Jch bedarf wirklich einer
hiibscksen Summe Gelde-K um mich in
London zu verbergen, bis ich mich
wieder ürer Wasser halten tann.Si
sind der Mann, der in der Lage wäre.
mir zu helfen, und ich bitte Sie amt-,
es zu thun. Vielleicht würde ich mich
nicht an Sie ewandt haben, wenn
Tredegar ni t ein so erbärmlicher,
pencikleritcher Spitzbube wäre. Jch
gchrieb ihm und er iiimmerte sich ab
solut nichr um mich. Würde er mir
.ie·anttvortet haben, so wäre ich viel:
leicht nicht in die Lage aetrimmem mit
j
nieinern einstiaen Genossen zusammen
zn gerathen, so hätte ich leinen Mord
l«eaanaen.« -- "
Der Blitz-Ferdinand ließ fisk- auf
einen Stuhl nieder und riiatc ganz
nahe an Redmann heran
· »Herr, ich habe Ihnen ieinerzeitein
Unrecht zagefiiat," sprach er ernsthaft.
zpelten Sie mir jetzt, nnd ich will
Alles wieder gut machen. Sie haben
den alten Rechtsanwalt Karvig nat
nic·get5dtet, ich war ei« Vielmehr, der
drete That vollführt hat. Ich iriirte
es auch ieth nickt ein-gestehen, aber da
iet- dnx ltjrfiihl hol-ie, daß der Mord
welchen ich gestern begannen, lrctannt
njird nnd fiir zwei solche Tiiaten lanxrs
eine äuere Strafe ist als fiir eine, so
tcnnn ich aerade fo ant sreirniitliizx
ihres-sen und dadurch Sie ron jedem
Verdachte reinigen. Was act-en Sie
mir alser, wenn ich ein offeneJ Be
tenntniß ablege?«
..Schurte! Zwanzig Jahre die
Elends und der Verzlrreiiluna - — lrer
gilt inir diesellsen zurück? Ich könnt-«
Zie tödtux.«
»ilnniitze Mühe ich habe Alle-:
iit-erlegt; trenneg ztrifchen Ihnen und
nxir zu einem Kampfe kommt, so sinr
sEie in-. Vortheil und Sie haben auch
irr-ihr Ursache. weshalb es sich Ahnen
Wer Mühe verlohnen mag, zu leben.
Jrh wiederhole, daß ich den alten
Nrchtsanwalt getödtet habe nnd sein
Geld an mich nahm —- ich tonnte nickit
anders. Ein instinttirer Zwang- nö
.thigte mich. hnen zu folgen. Jclx
shiirte Jhren Otreit mit dein Manne,
ich sah, wie er vorn Schlage gerührt
izufamnrenstiirzte und Sie Fersengeld
aben. Dann schlich ich mich vom
orplatze aus, wo ich unbemerkt ver
steckt gewesen war, in die Kanzlei. der
Alte tam wieder zu sich. ich aber ver
setzte ihm einen Schlag aus den-todt
das war Alles.«
Er wars einen Blick aus die Uhr
nnd fügte daan hinzu:
»Wald drei Uhr. Mein Zug geht in
einer halben Stunde ab. Wenn Sie
Alles mit Zeugenunterschrist veriehen
haben wollen, fo stehe ich zu Diensten,
sobaldSie das entsprechende Geld niir
zur Verfügung ftellen.'·
Redrnann schwieg ein paar Augen
blicke. Sollte der Alp plötzlich von
ihm genommen werden? Die Freud
iiberwältigte ihn nahezu. Nach einer
so langen Reihe von Jahren sollte ri
sich herausstellem daß er nicht Schqu
trage an dem Tode des Rechtsanwalts
Jarvis.
»Pol) kann dieses Bekenntnifz nicht
lau en,« sliisterte er bewegt. »Die
Welt würde rnir keinen Glauben
scheuten. Nein, ich permis-g es nicht
zu thun. Die einzige Figlichteit.
welche sich mir bietet, besteht darin.
Sie der Polizei auseulie ern.«
Der Verbrecher er laßte.
»Dann werde ich Alles leugnen,
Fie Nani« zischte er Redtnann ins
ht
«Daö wird meinen Entschluß nicht
ändern, und Sie haben bereits ein
zweites Verbrechen begangen.«
Die Männer sprangen gleichzeitig
aus und nran vernahm zwerPistolen
Wisse
Redmann seuerte, ohne denArrn zn
ben. Er hatte mit tödtlicher Sicher
tt ezielt. Durch den Lärm aus-«
rnert am gemacht, drang der Polizei
mann in as Haus. Bei seinem An
blick brach der Blitz-Zerdinanb in ein
lernte- Gehrul aus nnd richtete nun
die Waffe gegen seine eigene Brust.
»Sie» haben mich übertrumpft, aber
die Behörde soll meinerboch nicht
bemächtigen —- erbe in dem hause
einest likzeletæennes käl- Inmierqu
p vorne e en
ETE rasch einen VERMES-—- eh
i
Wir-; ern-M «
siii der Seit schlich-IX
, s tfntyw r.)
Alles ist gleich eitel, unsre Lust und
unser Wes-: aber goldene oder himmel
blaue Seifenblasen sind doch hübscher
all schwarze oder graue.
Sterben ohne Leider-.
Der Wunsch der meisten, die behag
lich im Wohlgefühl einer völlig unge
trübten Gesundheit iider die Form,in«
welcher uns einfi des SchicksalsStimg
me abberuft, plaudern, dürfte wohl in
die Formel zusammenfasfen zu sein:
wenn wir doch einmal scheiden müs
sen, dann schnell und möglichst
schmerzlos-. Ganz allgemein dürfte ein
Schlagfluß, ein plötzlicher Herzstill
stand, ein iiihes Ell-reißen des Lebens
fadenLJ, einem unsere Kräfte langsam
verzehrenden Siechtum unter Schmer
zen und allerhandWiderlichteiten vor
gezogen werden. lind doch — welch
Kontrast zu dieser so oft gehörten, fast
banalen Menschheitshoffnung im all
gemeinen, das unerfchiitterliche Fest
halten am letzten Lebensfaden, der
rührende Optimismus des Kranken
selbst, jene unendliche Barmherzigleit
der Natur, welche dem Leidenden die
Objettivitiit im Bewußtsein abblendet,
fo daß oft ein besiegeltes Schicksal um
gedeutet wird in eine Zulunft voller
Hoffnungen und ErfüllungenL Welche
Gnade der Autofnggestion, des heißen
Willens zum Leben, wenn selbst
Aerzte, die doch wissen könnten, wie es
um sie sieht, sterbend in segensreicher
Seelenblindheit ein todverheißendes
Symptom zu begrüßen vermögen als
eine Wendung zum Besseren. Wer
scharf und« aufmerksam die Seelenre
gungen derer, über derenGeschick schon
»der Stab gebrochen ist, beobachtet,
ocm kann nicht entgehen, daß der Jn
stinkt der Selbsterhaltung im gegebe
nen Fall stark kontrastiert zu der
leichthin formulierten Sehnsucht der
noch Gesunden, einmal schnell und
ohne Fackeln ein Ende zu machen. Die
Seele des Kranken arbeitet eben unter
ganz anderen Bedingungen als die des
Gesunden.
Diesen Tatbestand muß man sich
Von vornherein recht gegenwärtig hal
ten, wenn man an die Diskussion der
oitventilierten Frage herantritt, ob es
den Arrzten nicht gestattet sein soll, in
kxosinungslosen Fällen den Leiden eines
verlorenen Lebens mit Vorbedacht ein
Ziel zu setzen. Diese Forderung ist
eine anscheinend durchaus humane, von
Wohlwollen sin die Leidenden nndVer
lotenen durcdrungene und wohl dis
iutable Ja, wenn die in einigen Zei
tungen geb-kochte Nachricht sich bestä
tiot —« und es ist kein Grund. daran
zu zweifeln , so hat im Staate Iowa
ein llrzt Dr. Gregory den Mut gehabt,
diesen Gedanken der Humanität, der
bisber nur als ein gewissermaßen leise
angedeutetes Motiv austrat. in feste
Form zu gießen. Aus New York
kommt die Nachricht, daß das obenge
nannte Mitglied der gesetzgebenden
Kkrperschast einen Gesetzenttvurf vor
gelegt habe, nach dem es den Aerzten
erlaubt wird, die Leiden unheilbarer
Kranker schmerzlos zu beenden. Der
Arzt behauptet, menschliche Wesen, bei
denen eine Geiundung ausgeschlosser
wäre, hätten ein Anrecht aus gleiche
Rücksichtnahme wie erkrankte Tiere. Jn
dem Gesetzentwurf sind Sicherungen
gegen Mißbrauch vorgesehen. Drei
erste nnd der Leichenbeschauer müssen
in jedem Falle iiber die Notwendigkeit
einig sein, und auch der nächste Ver
wandte musz seine Einwilligung geben.
Zudem muß die Zustimmung des Ge
sundheitsamtes eingeholt werden.
Keines der in dem obigen Bericht an
aezooenen Motive hält einer ernsten
Prüfung stand. Es sollen also die Lei
den undeilbarer Kranker beendigt wer
den, und ztrar schmerzlos. Gedacht ist
nsklzl an eine tödliche Tosis Wort-hi
um, Chloralhhdrat oder an eine bis
zum Verscheiden sortgefiihrte Narkose,
etwa mit Cbloroform oder Aether. Also
durch eine Giftwirkung durch Einst
mung. Einspritzung oder Einführung
in die Verdauungswegr. Denn an
eine Revoloerkugel, einen Stich in das
Atmdngszentrum zwischen Wirbelsäule
und hinterhaupt. einen elektrischen
Schlag, an irgendeine Form tödlicher
Verlegung kann doch wohl der Antrag
steller nicht gedacht haben. weil der
Arzt dabei schließlich mehr dem Denker
als dem tröstenden Retter gleichen
würde.
Mit der Schmerzlofnleit oder we
nigsten Quallosigleit tödlicher Dosen
von an sich Schlaf und sanften
Schlummer dringenden Mitteln iit es
nun recht problematiich Hofe Dosen
Morphium zum Beispiel wirken gar
nicht selten nicht in Form eines lett-g
ianien Hiniiberdiimmerns tötlich, son:
dern es gehen dem Tode lrampfartige
Ertenungszustände mit Etbtechen etc.
oornus, von denen schwer zu sagen ist,
ob fie sich in völliger Vctvußtlosijleit
abspielen. Wir Amte miiien doch nicht
so ganz genau, ob nicht bei Ablehn
dung des Bewußtseins nicht doch lin
lust oder Qualdorftellunaen aus den
Wurzeln ieeliichen Tiefenlelnns aufstei
gen können, die sich dem Betrackter
zwar entziehen, doch aber als Getälile
tei dem mit dem sogenannten erleichtrrs
ten Tode Ringenden bestehen könnten.
Die Pinchologie des Todes iit ein mit
sieben Rötteln der Welt versieqeltes
Buch. Wir müssen mit hamlet sagen.
Joas file Träume kommen mögen!«
Aber sage eben, daß ed möglich wä
re, in allen "llen einen schmerz- oder
qualdollen Tod zu risse-. lo gewährt
doch der Begriff M Undeildazteit ei
nes Leidens-Miit toenigesdll eine
tefte Unterlage fiir io weitgehende Pri
dilepien des iitztlichen handeln-. Sie
allein, die setzte, tollen is ausgenom
men werden fiir diese Fälle von dem
»Du follltnicht töten« derReligion und
dem »Wer das Leben seiner Mitmen
schen etc-« des Strafgesetzbuches. Was
ist ein unheilbares Leidens«
Die heilbarften Leiden kdnnen im
Einzelfall unheilbar sein, und unheil
bare Krankheiten haben hier und da
einmal zu allgemeiner Ueberraschung
aller behandelnden Aerzte zur lHeilung
respektive erträglichen Besserung ge
führt. Die Geschichte der ärztlichen
Jrrtiimer würde eine stattliche Reihe
von Fällen aufweisen. bei welchen wi
der alles Vermuten und wider alle
Wissenschaft Heilung eintrat. Das ist
gar kein Vorwzirf aegen die Aerzte oder
die medizinische Wissenschaft es ist der
Jrrtum eben etwas allgemein Mensch
liche-L eine keinem Stande, keinem Be
rufe erfparte Unzutiinglichheii. Alle
die Fälle, bei denen also eine Kommis
sion von Sachverständigen einem Jer
tnm unterliegt bei einem Kranken, der
nach menschlichem Ermessen zwar ver
loren, aber dennoch noch rettbar war
trotz unfäglicher Leiden, viirden also
diesem Privilegium der Amte zum
Opfer fallen. Das Irsiirde eine neue
Variante von Justizmorven ergeben
von denen ich nicht weiß, ob sie uns
nicht häufiger passieren sviirden als den
Herren Kollegen von der juristischen
Faluit3i.
Solange es Menschen gibt, wird es
a;.1- Wunder geben, das heißt stau
nenäwerte Abweichungen von dem er
fahrungsgemäß bisher Gegebenen. Nie
mand aber ist so geboren zum Träger
von Trost, Licht, Sonne und Hoffnung
wie der Arzt; ihm ziemt es wie nie
mand. treu bis in den Tod zu sein und
an das Leben und feine Vejabung zu
glauben bis-zu dem letzten Augenblick
Wer da meint, daß eine Kommission
von drei Aerzten vor den Jrrtiimern,
die ja bis-teilen direlt Folgen unseres
Wissens sein müssen wie die Justiz
morde Konsequenzen des Gesetze-T vor
srlchen Entgleisungen gegenüber dein
Tatbestande schützen wurde, irrt nobl
erheblich. Wieviel macht bei liatifilien
die suggestive Kraft einer iiderrnaenden
Persönlichkeit aus! Die Majorität ist
doch meist nur die Gefolgschaft eines
einzelnen ganz Starke-m Geichtoorenens
gerichte, Pariermente, Kollegien, Ver-—
einsorganisationen u. s. to. liefern da
siir täglich Beispiele. Dafz aber der
Leichenbeschauer schon an das stun:
lenbett treten soll, um iiber Unheilbar-«
leit mitzuberaten, nimmt sich geradezu
lächerlich aus in dem even zitterten
Bericht. Was weis-. der Leichenbeschauer
ocm Leben und feiner iirbaltbarleit?
Die Einwilligung des nächsten Ver
wandten isr eine durchaus problemati:
sche Sicherung gegen Mißbrauch. Nieljt
einer eventuellen Erbfchleicherei wegen,
sondern vor allein, weil gerade die
nächsten Verwandten naturgemäß am
häufigsten auf Abkürzung der Leiden
drängen. und zwar einfach deshalb,
rreil sie ia oft mehr darunter zu leiden
haben als die Kranken. Ich will nicht
behaupten, daß das immer ein rein
egoistisches Moment zu sein braucht;
abt: auch das edelste Mitleid der Ange
nötigen kann den Arzt beeinflussen, ei
nen Fall sriiher verloren zu geb-r, als
er es wirllich ist· Darum ist meiner
Meinung nach auch der Vergleich des
hilflos Leidenden mit dem erkrankten
Tiere hinfällig. weil die scheinbar mild
tätige Handlung, ein Reitpferd mit ge
brochenem Fuß oder einen lolillranlen
Hund durch einen Schuß zu erlösen, sich
bei schärferem Zusehen als eine Art
Selbstbefreiung von quälenden Ein
driiclen und lästigen Verpflichtungen
entpuppt. Wir befreien uns aus der
Qual, die uns unser Mitleid bereitet.
Viele Wohllättgleitsbandlungen sind
so aus Egoismus geboren.
Der gewichtigste Einwand aber gegen
die unserer Meinung nach unüberlegten
Vorschläge des Herrn Kollegen aus«
Jowa ist aber die unausbleibliche Folge
der Umgestaltung des Arztes aus einem
Träger der Hoffnung, einem Tröster
und Befreier in den Träger einer Ge
fahr siir den Kranken selbst. Gemäß
der eingangs erwähnten besonderen
Psychologie des Leidrnden wtirde dieser
bei dem Bestehen eines solchen Gelehrs,
von dem natürlich jedermann Kenntnis
hätte, von einem vielleicht rundlosen,
aber subjeltiv nicht abweii ten peini
sch.:: Schrecken befallen werden« wenn
Arzt und Konsiliarii sein Zimmer be
treten. Wird der Leidende, überhaupt
jeder Patient ärztliche hilfe vorn Beste
hen eines solchen Gesehei ab nicht als
strowislchthdlgss Schwert betrachten
mussens Wir sind aber nichts als sein
letzter, einziger Freund. Die Steuer
männer seine-:- Lebensschiffleins. das
wir elnnirnveniqv wie der beroische Ka
pitiin eher verlassen dürfen, als bis es
der Natur und ihren Gewalten, nicht
Unserem Nomrnando erlegen ist. hat
aber der Arzt als Freund und Tröster
am Krankenbett nicht Mittel genug. zu
lindern, und tann er nicht jeden Tod,
der unabweisbar ist, in völlig erlaubter
Weise schmerzlos gestalten? Es ist eben
ein höchster Teil unserer Kunst, den
Kranlen zwischen Schmerz und Gefahr
hindurch zu struern mit der alleinigen
Idee, ihn zu retten. Schmerzlinderung
ohne Gefährdung. das ist unsere Auf
gabe. Wann das Lebenslicht des ein
zelnen erlöschen soll, ist eine Frage,
welche wir setzte dem Schicksal nicht
ans der band nehmen dürfen.
Pros. Dr. Karl Ludwig Schleich.
Will man in der Welt Erfolg habe-,
so muß man sich von den Leuten Ve
lehrnng über vieles ge allen lassen, was
man wohl selbit wes . die Leute aber
nicht wissen. «