Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 18, 1906, Sweiter Theil., Image 12

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    Ver Schutzg öder-.
Von Ernst Wicheri.
Wir hatten einander, so freund
lghafilich wir auf der Universität ver-—
hrtem lange nicht gesehen und trafen
nun zufälli irgendwo zusammen, um
uns defsen sofort zu erinnern. Beide
unisten und in gar nicht sehr ent
ernten Amtssisen Oftpreußens thö
ig, saßen wir doch erst in einem
Schweiået Gasthause wieder an dem
selben ische, natürlich auch bald beim
Glase Wein und in eifrigem Gespräch
über allerhand gemein am und kviiter
etrennt Erlebtes. Jch konnte das
tädrchem in dem er Amtsrichier war.
Vor vielen Jahren hatte ich es einmal
bei einer Studienreise durch diesen
Theil der Provinz besucht, weil mich
eine in der Nähe befindliche Ruinein
teressirte. Es hatte da de: Deutsche
Orden ein Schlo gebaut gehabt, als
er das eroberte and gegen die beid
nischen Preußen vertheidigen mußte.
Zwei Jahrhunderte daran war es
von den Polen belagert und schwer
beschädigt worden, doch erst wieder
nach zweihundert Jahren ging es in
dem schwedifch-polnischen Kriege in
Flammen auf. Seitdem stand es als
erne Ruine und verfiel um so mehr,
als lange Zeit jeder in der Nachbar
schaft, der bauen wollte, Steine und
Riegel von dort abzufahren sich fiir
rechtigt hielt, bis endlich die weitere
Plünderung bei Strafe untersagt
wurde, Windund Wetter widerstand
das alte Gemauer leichter.
Es sollten noch immer sehr ansehn
liche Reste, namentlich auch Pforten
nnd Fenster vorhanden sein, deren
Bogenform auf Einflüsse des arabi
ziehen Bausiilg hinwies. Jch btieb
Shalb im Städtchen über Nacht und
machte mich am anderen Morgen zur
Be chtigung auf.
avon sprach ich nun dem Kollegen
and erkundigte mich nach den weiteren
Schicksalen der interessanten Raine.
J wurde lebha ter und rief mir alle
nii ren Umstän e jenes Spaziergan
es bei schönstem Sommerkretter ins
edächtntß zurück. Jch erinnerte mich
genau meines Führers, der ein Junge
von etwa drei ehn Jahren aus dem
Dorfe in der sähe der Ruine gewesen
war und mich durch sein aufgewecktes
Wesen gut unterhalten hatt-. Bon ihm
erzählte ich. ·
Eines Führers hätte ich vielleicht
gar nicht bedurft, denn der alte Stein
iasten auf dem Sandhiigel in der
Schleife des kleinen, tief eingeschnitte
nen Flüßchens war weithin sichtbar.
Aber als ich nach dem nächsten Wege
fragte, versicherte man, daf; ein Weg
ei entlich überhaupt nicht vorhanden
fet, da kein Mensch in dem verwun
chetien Gemiiuer etwas zu thun habe
und der Zugang zu dem Heideftück,
auf deines siehe, zwischen den Acker
und Wiesenstreifen hin gesucht werden
müsse· Jch bat also um jemand, der
da Bescheid wüßte, und man nannte
mir den Sohn einer Lehrerswittwe,
von dem bekannt sei, daß er sich gern
oben herumtreibe und die Kinder gru
felig mache. Jch holte ihn mir aus
einem der letzten Häuschen ab, das
einer Mutter gehören sollte, übrigens
m Verfall nahe schien.
Es bereitete ihm offenbar viel Ver
trügen, den Wegweiser abgeben zu
Innen. Er war ärmlich gekleidet und
barfuß; das Gesicht zeigte einen träu
merischen Ausdruck, das dünne Haar
fiel ihm auf die niedere Stirn, und
ge Augenlider hatten etwas Schweres·
vch fehlte auch nicht ein Zug von
Intelligenz oder wenigstens Pfiffig
eit. Oicher zerbrach er sich darüber
den Kopf, was ich wohl für einMensch
sei, und was fiir Absichten mein Be
uch in dem alten Schlosse habe. Wenn
er mir ein Stück vorangegangen war
und sich dann zurückwendete, sah er
mich immer von neuem forschend an,
und die Augen wurden dann größer
nnd lebhaften-. Als wir die mit Wach
holder und Heidetraut spärlich be
wachsene Kappe erreicht hatten, be
zwang er denn auch seine Neugierde
nicht weiter, sondern fragte gerade
ans: .Was wollen Sie eigentlich in
dem Schloß, Herri«
Jch suchte ihrn’"g klar u machen
und fand mehr VerständniiL als ich
erwartet hatte. Er wußte etwas vom
Deutschen Orden und seinen Ritter
hriidern, auch von den Kämpfen mit
den Heiden und den Polen, wußte fo
ar einen Korntur zu nennen, der die
urg tapfer vertheidigt und zuletzt
ganz allein den Feind vom Thvr a -
ewehrt hätte. Das alles war sagen
gaft geworden. Er erklärte auch anz
richtig eine schmale Bodeneinfen ung
als den früheren Graben und zeigte
undamentreste der den Hof abschlie
ndenMauerx das Haupthaus gegen
ber war durch mehrere Stockwerte,
wenn auch das Dach fehlte nnd die
Gewölbe größtentheils eingestürzt wa
ren, no am be en erhalten; von·dem
rechten - lügel tand noch der Thor
abschluß der Kirche auf einem mächti
en Unierbau von Feldfteinem von
m linken waren nur die Untertelle
erkngen übrig geblieben Der Junge
ührie mich in der-. Ruinen herum,
letter-te mir voran durch Fenster
sduThüröffnunaen und wußte auch
III-ex den Scklntt ode; auälilxkauervop
sanken en ana en u ang zu
eäigen Thesen Räumen zu senden, in
deren Wunden sonderbar gestaltete
Maske-ne steckten. Er wollte missen,
W bedeuteten, und hörte mir
first aufmerksam zu, als ich ihm Aus
«::.« »Im no«
-· Vornehmlich aber interessirie ihn
M in der denen Mauer hie-abfüh
M Brei-Freva auf der man n
M - Mien, schon nach weni
dstch eine Stein
füllung geschlossenen Gang —
langte. Er behauptete get-einlud
ooll, dieser Gang habe unter dem
Graben bin bis zur Dorftirche geführt
und dort unter dem Altar geendet,
wo noch jeßt ein viereckiger Stein im
Boden lieg. Es solle einmal bei
einer Belagerung ein Ritter aus die
sem Wege die Schätze des Ordens ha
ben bergen wollen« aber nicht weit von
der Steintreppe- verschüttet worden
sein. Würde man von oben graben,
so müsse man wohl die Stelle finden
können. »Glauben Sie, das; das wahr
ist, herr?« fragte er mit einem lau-—
ernden Blick.
Jch zweifelte. Von solchen unterir
dischen Gängen werde überall gefabelt,
und in diesem Hause habe der Orden
schwerlich jemals Schütze bewahrt.
Höchstens könnte es sich um eine kost
bare Monstranz und die Ærtbsch-afts
lasse des Komturs aebandelt haben-—
Jn der könnte doch viel Geld gewesen
sein, meinte er wichtig. »Und ein
Schatz liegt in diesem Schloß verbor
gen«, fügte er sehr überzeugt hinzu,
»das weiß ich gewiß!«
»Wie weißt du das so genan?«
fragte ich lächelnd.
»Ich weiß es von der altentlljeierns
antwortete er, »die Karten zu legen
und aus dem Kasfeesatz zu wahrsa
gen versteht.«
»Trifft’s auch ein?'«
»Ja, oft ist es schon eingetroffen.
Die weiß es von ihrer Mutter und die
wieder von ihrer Mutter und so im
mer weiter .Jeder fagt’s ja auch.
Es ist nur nicht aanz sicher, wer den
Schatz verborgen hat. auch zu welcher
Zeit das geschehen ist. Als die
Schweden in’s Land einbrachen, saß
hier ein Amtshauptrnann, der ein
sehr reicher sherr gewesen sein foll.
Der hat all fein Silber und Gold
vergraben und den Ort allein seiner
jungen Gemahlin angezeigt, die krank
im Bett lag, denn sie hatte tags zu
vor ein Töchterchen bekommen. Was
er ihr in’s Ohr saate, hat niemand
gehört als das Kind an ihrer Brust.
Als nun die Schweden einriickten, ha
ben sie dem Hauptmann fcharf zuge
seyt und zuleht da er nicht sprechen
wollte, in Gegenwart der Frau den
schwedischen Trunk einaeaeben, dem
er erlegen ist. Von der verdorbenen
Milch ist das Kind ertrantt. so daß
sein nahes Ende erwartet werden
mußte. Da hat die gnädiae Frau ge
jammert und gebeten. daf; man den
Herrn Pfarrer hole, um es zu taufen.
Aber die Schweden wollten ihr das
Geheimniß abpressen und drohten ihr,
das Kind müßte ungetauft sterben,
wenn sie nicht den Ort verriethe. Das
hat sie doch nicht über sich gebracht,
da ihr Mann seines Schweigens we
gen so elend zu Grunde gegangen
war. Und so ist das Kind wirllich
ungetauft verstorben. Man soll es
manchmal noch wimmern und die
Mutter antlagen hören, daß sie besser
Gold und Silber als des Kindes
Seele bewahrt habe. Sie selbst ist
in die Gefangenschaft verschleppt wor
den und nie mehr zurückaetehrt Des-I
halb liegt auch der Schatz noch immer
unangeriihrt.« —
Mein Gegenüber hatte hier seine
Aufmertsarnkeit merklich gesteigert.
Die hochqezogenen Augenbrauen und
das verfchniitzteLächeln um den Mund
gaben mir die Bermuthung. daß er ir
aend etwas auf die Mitthailungen des
Jungen Bezügliches im Sinne habe.
Jch sprach sie aus. «Erziihlen Sie
nur weiter«, bat er, »ich tomme zur
, Zeit.«
r Ich sei eigentlich schon zu Ende
sagte ich. Und ich hatte wirtlich nur
noch wenig zuzufüam Da wären
nun also schon zwei Schätze in der
Erde, hänfelte ich den Burschen.
» a«, meinte et ganz ernst, »und es
lönnen auch noch mehr sein· Denn
in der Franzosenzeit ist ein reicher
Mann aus der Stadt mit allem, was
er hatte, hierher aeaanaen und nicht
wieder-gekommen Man weiß aber
nicht, was ihm begeanet ist." Ob
man denn noch leinen Versuch ge
macht habe, die Schöne zu heben,
fragte ich. Die Auaen des Burschen
blitztem »Oh!« ries er, ,,mehr als
einmal. .Sehen Sie diese Löcher im
Erdboden und dort an der Mauer
entlang, da ist überall aearaben wor
den. Aber gefunden ist nichts. Die
alte Meiern sagt. das sei auch tein
Wunder, man müsse doch erst einen
bestimmten Anhalt haben, wo der
Schatz lieae.«
»Was siir einen Anhalt?«
Er blinzelte zu mir hinauf, ob er
mir trauen könnte. .Cs heißt, ein
Hund bewacht den Schad«, fuhr er
dann fort, »und wer die feurigen Au
gen sieht, weiß schon genug. Es giebt
aber auch Wünschelruthen; wo die sich
neigen, da muß man nachgraben. Wer
sie sichnur verschaffen tönnte!«
Aus dem ganzen Rückweae tckm er
von diesem Gegenstand nicht los; ich
sollte durchaus wissen, von welchem
Holz und in welcher Jahreszeit die
Wünschelruthen geschnitten werden
müßten. Er sei ein Sonntagslind,
versicherte er. Ich bedauerte, ihm
nicht helfen zu können, und ermahnte
ihn ernstlich, seine Gedanken von so
thörichten Dingen abzubringen. Da
rüber wurde er sehr traurig und steckte
das Geldstück, das ich ihm beim Ab
schied gab, unbeteben in die Tasche.
»Wie hieß ver Junge?« fragte der
Amtgrichten
Jch dachte nach. »Wenn ich nicht
irre. Berti-IX
»Ganz recht. Und mit Vatersncv
nie-ist« guckte die Achseln.
»Bist vielleichtk
»Mir bit so vor-— iaDuschet.«
»O- tti t sich merkwürdig«, nahm
er nach kurzem Nachdenken das WorU
»daß i di- Geschichte weiter erzählen
kann. s ich selbst von ihr erlebte,
wird mir jeti erst ganz klar. Es soll
sich gleich ergeben. weshalb. —- Jch
muß um acht. neun Jahre später als
Richter nach dem Städtchen gekom
men sein. Aus den alten Steinen
machte ich mir wenig: der erfieSom
mer verging, ohne daß ich sie mir in
der Nähe angesehen hätte. Da Pas
sirte zu Anfang des Herbste-B etwas,
wodurch, aus Umwegen freilich, meine
Aufmerksamkeit darauf gerichtet wur
de. Die Sache aina den Untersuch
ungsrichter an.
Nicht weit von derStadt und jenem
Dorfe unter der Ruine besaß nämlich
ein gewisser Dametau eine große Zie
gelei, die viele Arbeiter aus der Um
gegend beschäftigte Dem hatte seine
Frau ein sehr schwächliches Kindchen
geboren, das denn auch schon am
zweiten Tage starb, ohne daß es hatte
getauft werden können, was den
ftrenggläubiaen Eltern sebr schmerz
lich war. Die lleine Leiche wurde
auf dem Dorflirchhos beerdigt. Als
Dametau bald daran das Grab be
suchte, fand er zu seinem Schrecken
die Kränze abgeworfen-und das Erd
reich aufsiewuhlb Um mernrr er,
Thiere könnten die Befchädigung an
gerichtet haben. Als er aber den Tod
tengräber zuzog und dieser mit dem
Spaten tiefer ging, um sich zu über
zeugen, ob der Sarg noch seine rich
tige Stelle habe, zeigte es fich, daß der
Deckel abgehoben und die rechte Hand
des Kindes über dem Gelent scharf
abgeschnitten war. Nun wurde auf
dem Gerichte Anzeige erstattet.
Es fand sich im Sarge die Spitze
eines Messers, das augenscheinlich
beim Abheben des Deckels benußt und
abgebrochen war. Sonst nichts, was
auf die Spur hätte führen können.
Ich hatte ieinen Zweifel. daß diese
Leichenschändung nicht sich selbst Zweck
war, sondern irgend einem adergläubi
schen Grunde diente. Denn wenn
Dameran, ein etwas strenger Herr,
auch unter seinen Arbeitern Feinde
haben mochte, so tonnte die Rohheit
der Leute doch unmöglich so brutal
sein, sich auf diese Weise zu rächen,
und das Fehlen der Hand ließ ja auch
taum eine andere Auslegung zu, als
daß dieser Leichentheil zu irgend ei
nem finsteren Werte benutzt werden
sollte.
Bei der Vernehmung Dameran’s
ergab sich, daß er am Abend, als das
Kind immer schwächer wurde. einen
feiner Arbeiter aus dem Kirchdorse
beauftragt hatte, auf dem Heimwege
im Pfarrhause vorzusvrechem dem
Herrn Pfarrer zu bestellen, daß das
Kind wahrscheinlich die nächste Nacht
nicht til-erleben werde. und ihn zu
bitten, schleunigst nach der Ziegelei zur
Taufe zu tommen. Es war auf ihn
aber vergeblich gewartet worden. Das
Kind ftarb in der Nacht. Dameran.
der über die vermeinte Nachlässigteit
sehr angehalten war. stellte am ande
ren Morgen den Geistlichen zurNede,
erfuhr nun aber, daß er gar nicht ge
rufen worden war. Nun wurde der
Arbeiter befragt und gab zu, daß er,
weil er mit anderen Leuten um das
Dorf herum nach Hause gegangen sei,
den Auftrag vergessen haben, später
aber, als er ihm wieder einsiel, das
Pfarrhaus schon verschlossen gefunden
habe· — Das war ja möglich.
Dieser Arbeiter hieß Martin Du
scheck. Man schilderte ihn mir als
einen finsteren, etwas unheimlichen
Gefellen, mit dem Niemand gern um
ging. Man nannte ihn den Schatz
gräber und behauptete, daß er sich
mitunter ganze Nächte in der Schloß
Ruine herumtreihe. wo es doch nicht
geheuer sei, Noch tein Mensch habe
ihn lachen sehen, und er spreche auch
nur das Nothwendigste. Er hatte von
seiner Mutter ein Häuschen ererbt,
diesen Besitz aber bald vertauft und
sich einige Jahre lana augtvarts aut:
gehalten, man wußte nicht« wo. Ganz
mittellos war er dann plötzlich zurück
gekehrt und hatte in der Ziegelei Ar
beit angenommen. Er befand sich bei
der alten Meiern inSchlafitelle, einem
Weibe, dem man wenia Gutes nach
sagte, aber auch nichts Schlimmes be
weisen ionnte. Herr Dameran gab
ihm tein schlechtes Zeugnißx er arbeite
langsam, aber ordentlich, und trinke
nicht. Manchmal tomme er wie ver
träumt in die Ziegelei und müsse vom
Aufseher wie ein unmündiges Kind
angestellt werden« und mitunter bleibe
er auch ohne ersichtlichen Grund einige
Tage lang ganz fort. Auf Fragen
gebe er keine Antwort. Arbeite er
erst wieder, so sei er verständig wie
vorher und überhaupt gut lentsam.
Daß er den Auftraa an den Pfarrer
vergessen würde, hatte Damerau ihm
zwar nicht zur-traut, zumal er an
scheinend mit ungewöhnlicher Theil
nahme ausmertte, aber »dem stupidenx
Volk und nun gar dem da« sei in .
solchem Falle zu glauben: »so einer
dentt an gar nichts.« »
Martin Duscheck war beim Begräb- «
nisz auf dem Kirchhof gewesen. ob
gleich er da nichts zu thun hatte; auch «
war er vom Todtenariiber an demsel
ben Abend noch einmal-am Zaun ge- ;
sehen worden« ohne daß er doch ein
getreten war Er hatte eine Weile ge
standen und sich von der untergehen
den Sonne bescheinen lassen, sagte der
Mann Ob das auch sonst seineGe
wohnheit gewesen sei?
Darüber konnte er nichts betunden
Ein paar Leute, bei denen ich mich
beiläufi nach ihm erkundigte, mein
ten, er sei nicht atm« richtig im Kon
Das war fiir eineSpue wenig oder (
nichts Ich wollte mir den Menschen
aber doch ansehen und ließ ihn mir
verführen. Er schien rnir ein schlechtes
Gewissen zu haben und sich nicht ein
mal sonderlich Mühe zu geben, dies
zu verbergen.s Unter den schweren Au
genlidetn wanderten scheue Blicke
nach mir und dem Attuar hin. Als
ich ihn sraate,-ob er nicht wisse, wer
das Grab geöffnet habe, entsärbte er
sich und schüttelte nur den Kopi; er
sah überhand-: recht jämmerlich aus,
wie einer, der in Tagen nichts gegessen
und getrunken, und auch nicht ge
schlafen hat. Die Nacht über wollte
er zu Haufe gewesen sein« die alte
Meiern öderde nichts anderes sagen
können. Am Zaun des Kirchhoses
habe er gestanden. weil ein Mädchen
ihm etwas aus der Stadt mitzubrin
gen versprochen hatte, worauf er war
ten mußte· Seine Mutter sei da be
graben, im übrigen gehe ihn teiner
etwas an.
Ich versuchte nun ein Mittel, das
unter Umständen Erfolg versprach.
Während ich mich mit Duicheck über
die Arbeit in der Ziegelei unterhielt,
machte ich mir an einem mit Bindfa
den verichnrirten Altenbiindel u schaf
sc1·.. Ich halte absichtlich die c-chlinge
ausgezogen und konnte den Knoten
nicht lösen. Haben Sie vielleicht ein
Messer? fraate ich wie beiläufig. Er
faßte sogleich in die Tasche und holte
ein Klavpmesser mit Hornfchale her
ror,.wie es jedermann auf dem Lande
bei sich zu tragen pflegt. Er reichte es
n-.ir zu, nnd erst alsich danach griff,
schien ihm der Gedanke ,u tominen,
daß er voreilig gewesen fei, denn er
zuckte mit der Hand zurück. Ich faßte
aber das Messer und öffnete es auch
sogleich. Die Spitze der Klinge war
a «ebrochen.
ch fragte ihn, wie das gekommen
sei, und er stotterte ir end eine un
schuldige Ertlärun zufammen. Es
sei merkwürdig äu erte ich, daß man
in dem lleinen Sarge eine Messer-spitze
gefunden hätte. Nun riß er die Augen
auf und starrte mich erstaunt an, ant
wortete aber nichts. Jch wickelte das
Fundstück aus dem Papier und hieli
es an die Klinge. Es paßte genau.
Tuschect schien einzusehen. daß tein
Leugnen weiter helfen tönntex er legte
ein Geständniß ab, daß er der Thiiter
gewesen sei.
Bei der Erzählung, wie er in der
Nacht auf dem Kirchhof gegangen sei,
zwischen Grabtreuzen und Leichenstei
nen hindurch im Dunkeln die frifche
Begräbniszstelle gesucht, smit einem
Scherben die noch lose Erde aufge:
wiihlt, den Sarg herausgenommen
und geöffnet, dann mit dem Messer
die Hand a efchnitten habe,
ihn eisiger Ochauer zu durchlaufen.
»Ich hatte mir·g nicht so schrecklich ge
dacht,« sagte er.
Was war aber das Motiv der
That? Er wollte lange nicht mit der
Sprache heraus-. Gegen Herrn Da
merau hat-e er keine Feindfchaft. ver
sicherte er ganz glauhwiirdig. »Es
hiitte ja auch ein anderes ungetaustes
Kind fein tönnen.« —- Ein ungetauf
te«5? —- Ja, er habe gewußt, daß das
Kind des Herrn Damerau ungetauft
verstorben dei. —- Wiire es denn fein
Wunsch ewesen, daß es ungetauft
sterben fo te? — Nein, er hätte nicht
gewünscht, dag es fterbe, auch nicht
geglaubt, da es so bald fterben
wurde. Als Herr Dameran ihn aus
forderte, den Pfarrer zu rufen, habe
er noch an nichts gedacht. Er sei ja
auch wirklich nach dem farrhaufe ge
gangen; hätte er es o fen gefunden,
o wäre die Bestellung ausgerichtet
worden. Da er es aber schon schlos
fen gefunden habe. sei ihm as ein
Wink gewefen, abzuwarten, wiss kom
men werde. — Weshalb er dann nicht
die Glocke gezogen habe? Darauf
schwieg er erit eine Weile. Dann auf
weiteres Drängen sagte er: »Wenn
der liebe Gott wollte, daß das Kind
ungetauft sterben sollte, fo war es
gut.«
schien (
l
Füt Even gut? Ich ltctz nicht ob,
bis ich noch folgendes herausgebracht
hatte. Er habe zuverlässi« gehört,
daß die Hand eines ungetaucst verftor
benen Kinder-, wenn man sie an eine
Ruthe binde, verborgene Schätze an
zeige. Im alten Schloß lie e so ein
Schatz, und er habe sich ii erzeugen
wollen« ob man ihm die Wahrheit ge
sagt hätte. Ueber die Person de en,
der ihn fo unsinni» belehrte, bewa rte
er hartnäckiges Etillschneiqens ich
zweifelte aber nicht, daß die Meiern
mit im Spiel sei. Von einem solchen
Aberglauben war rnir nichts bekannt.
Jetzt kann ich’s mir erklären, auf wel
chen Wegen er sich leichsam für die
sen besonderen kall ausgebildet
hatte. Das Kind des Amte abt
manns, der dem Schwedentrun erle
esn war, batte ungetauft sterben müs
sen; es hatte an der Brust gelegen, als
er seinem Weibe das Geheimnis mit
theilte, wo er seine Werthsachen ver
wahrt habe, und war so zum Mitwis
set gemacht. Und nun ein Sprung,
der sich in der Vollsphantasie leicht
vollzieht: ein ungetauft verstorbene-s
Kind kann den Schatz anzeigen Jch
erfuhr aber damals die Geschichte von
dem unglücklichen Amtshauptrnann
nicht, und wir fehlte daher jeder Y
sammenhang in dem, was gefche n
war.
Ich fragte Duscheck, oder denn nun
den Schatz gehoben habe. Er schüttelte
den Kopf. Es sei noch nicht die Zeit
gewesen. —- Wo er denn die Sand ge
;iassen habe? Das wollte er ni t sagen.
Nun ließ i ihn in's Gefängniß ab
kühren und i m eine Zelle fiir Unter
uchungsäefangene anweisen, die auf
ebener ede la . Das vergitteete
Fen r ging au den von einer nide
ten quer unterdessen Hof. Es tann
fem, bog da eiserne Gitter lange
’ni i revi iet war die Siegel eine, in
tweche es ein-griff, frllher eben ge
flackert waren. Jedenfalls erhielt ich
arn anderen Tage dies Meldung, dass
)der Vogel ausgeflogen war. Dufcheet
hatte zwei von den eisernen Stäben
ausgebogen und sich durchgezwiingt,
dann zwei Fäßchen, die er auf dem
Hof fand, übereinander gestellt und
die e leicht erklettert, um auf der an
deren Seite sich hinabfallen zu lassen,
was ungefährlich war. Auf dem
Sieinpflafter konnten Fußspuren nicht
gesucht werden.
Es versteht sich von felbft, daß zwei
Gens«-irmen sofort die Stadt, das
Dorf und die ganze Umgegend abweh
ten; der Flüchtling war nicht aufzu
finden. Die alte Meiern gestand, daß
e: nach Hause gekommen und in seine
Kammer gegangen sei, verschwor sich
aber, daß sie ihn gar nicht gesprochen
habe, er auch nach wenigen Minuten
wieder fortgegangen wäre. Gesehen
hatte ihn sonst niemand. Auch in der
Ruine war nach ihm vergeblich gesucht
worden. Es wurde ein Steckbrief hin
ter ihm erlassen, aber er blieb ver
schwanden.
Die Sache ging mir noch lange im
Kopf herum. Es war mir nicht recht,
JWublickY daß die Furcht vor Strafe
s- fcheck zur Flucht veranlaßt hätte;
für wahrscheinlicher hielt ifi es, daß
er die Hebung des Schatzes nicht un
versucht lassen wollte und zu diesem
Zweck die Leichenhand aus« einem Ver
steck feiner Schlafkammer holte. Viel
leicht ließ sich doch eine Spur feiner
Thätigteit in der Nuine auffinden.
An einem schönen Herbsttage machte
ich mich also wirtlich dahin auf den
Weg.
Jm Dorf nahm ich den Schulzen
und ein paar Jungen mit, die in dem«
alten Gemäuer schon öfter herumge-.
tlettert sein sollten. Wir fanden an
den Mauern entlang überall tiefe
Löcher und Schutthaufen, die«aber
nach der Versicherung der Jungen
schon früher dagewesen wären. End
lieb bemerkte ich eine schmale Stein
;treppe, die in einen halbduntlen Gang
binabsiihrtr. Der Boden desselben
war mit Steinen überschüttet, die sich
in gerin er Entfernung zu einein
Haufen t iirmken, iiber den hinweg
man durch einen Spitzbogen ins
Stocksinstere sah.
Jch zündete ein Streichholz an und
leuchtete; ein zweites und ein drittes-,
als ich unter den Steinen etwas
Schwarzes erblickte, das-:-v die Form
einer Stiefelspitze hatte. Wir räum
ten einige von den Steinen fort, und
nun war’s gewiß, daß ich mich nichr
täuschte. Ein Fuß kam zum Vor
schein und bald auch das Bein. Nun
ließ ich aus tsem Dorfe einige Arbeiter
und auch Lichter holen. Unter dem
Steinhaufen, der fast bis zum Ge
wölbe ausreichte. fand sich die Leiche
des-s Martin Duschect mit zertrümmer
tcm Schädel. Die Hände waren zu-j
fammengelrampfi. eben der einenz
lagen die Splittet eines Stöckchens,
und bald zeigte sich auch die kleine
Leichenhand, welche an dessen Spitze
gebunden gewesen war. Auch eine
erbrochene Laterne wurde aufgefun
en.
Es hieß, der Gang sei vor alter Zeit .
schon mit Neldtteinen vermauert ge
wesen. Offenbar hatte Duscheek. die
Leichenhand tragend, hinter dem Ver
schluß den Schatz zu finden gehofft.
Er hatte die Steine unten ausgeht-ben,
um einen Durchgang zu erzwingen,
und er muß bereits eine Oeffnung
hergestellt gehabt haben, als die lase
Fullung einstiirzte und ihn begrub.
Uebrigens war der Gang, der sich
bald nach außen wendete und hier mit
Erde verfehiittei war, canz leer. Du
Efeck hätte hier teinen Schatz gefun
n " —
Ob man sich nun beruhigt haben
wird? Schwerlich.
citaveusostsstittionäeospeise.
Vielleicht wird es nicht mehr sehr
lange dauern, bis die Terrapin
Schildkröte, auch ,,diamonb-bad« ge
nannt, nur noch ein Name sein wirb,
und ein großer Theil des amerikani
schen Publikums selbst diesen Namen
nicht mehr tenntl Lsgscheinb daß sich
dao Aussterben dieser Thiergattung
noch weniger aufhalten läer als das
Ijenige der stolzen Biiffel, obwohl sie
fehedern noch zahlreicher war, als letz
-tere.
! Nicht minder bemerlenskvetth aber,
lals das Seltenerwerden ter Terra
pins, ist die radilale Rangveriinde
rang, welche sie als Speiseartilel er
fahren haben. Einst bildeten sie eine
verachtete Stlaventost, —- heute sind
sie eine Luxusspeise für Resehe, und
bald wird es dahin kommen, dass nur
Millionäreiie sich leisten lönnen, bis
endlich diese Thiere fiir tein Geld
me r erhältlich ein werde-il
s lohnt sich, besonders bieserculi
narischen Geschichte der kleinen Terra
pin-Schildlröte etwas näher nachzu
gehen
Einst wimmelten gewisse Regionen
unserer atlantischen Rüste von un
zählbaren Mengen dieser Schildkrö
ten, die geschaftlich ungefähr so
toerthlos waren, wie die gewöhnlich
ten Ackerschneaem Zunächst wurden
ie T iere von den sudlichen Plautu
genbeitzern in Verwendung genom
men, aber nicht für ihren eigenen
Tisch, sondern nur als Kost, unb
Zwar als Zwangs-lass fiir ihre
legersllaven. Da diese Schildlröten
sogut tote nichts iosteten, so wurden
sie-den Sllaben so oft wie möglich
vorgese t, und dieselben saßten eine
song Abneigung gegen sie, daß
guttg veranlagte Pflanzer häufig,
wenn sie Sklaven beriiußerten, sich von
dem Kaufer contraltlich ausbedungen,
daß er ihnen nicht öfter als zweimal
insW Woche Terrapin-Schildlröten
ge .
Rath und nach jedoch wurden ser
einzelt auch Weiße auf die Vor lige
eines TerrapinsGerichtes aufmertfany
und der eine oder andere schien-iet
lich eine Vorliebe dafür. Aber erst um
das ahr 1850 herum -— wenigstens
sind, eine diesbezüglichen Nachktchkkn
aus früherer Zeit vorhanden —— kam
es bor, das; ifcher solche Thiere re
gelmäßig zu iartt zu bringen begon
nen.
Man zablte für das Stück, je nachs
dem, 5 bis 20 Cents, und dies-war
eine ganz cnftändigeBezahlung, wenn
man bedenkt, baß oft mit einem ein
zigen Zug eines Schleppnetzes drei-s
bis vierhundert der Thiere einge an
gen wurden, und auch ohne ilse
eines solchen es eine Kleinigleit war
mehrere Dozend im Tag einzudrin
gen. Die erragin-Schildlr·ote be
gann, die erste Stufe ihrer Beliebtheit
bei Feinschmeckern zu erreichen« aber
zugleich war sie noch so massenkmfk
zu aben, daß manche Liebhaber sie
in chsenwagenladungen kommen zu
lassen und sie wie ebenso viele Kohlen
im Keller aufzuheben pflegten.
Doch es lam die Zeit, da der wahre
Wkkkh der TerrapinsSchildlröte als
eines der seinstenMerbissen allge
mein anerkannt wurde. Jetzt führt
aber die gestieaene Nachfrage erst recht
;zi; einein furchtbaren Ausräumen un
zter dem bereits bedeutend verminder
! ten Bestand!
i Zu jeder Jahres eit wurden sie ge
sfangem ohne Nückicht auf die Brut
? eit, das Alter und das Geschlecht.
s en jungen Thieren wurde gar keine
s"eit mehr gelassen, groß zu werden.
s atiirlich mußte diese Raubfischerei
sdie verhängnißvollsten Folgen haben.
Sogar nach Europa wurden viele der
Thiere geschickt; , «
; Heutzutage bringen Terrapins
sSchildlrötem welche an ter unteren
Schale weniger als ZZoll messen, bis
»z« 830 das Dutzend, ariißere aber
Iverlaufen sich zu 60 bis RO, und gar
Idie größten zu 100 bis 120 Dollarsl
jUnd sicher wird der Preis noch immer
zljiiiher llimmen, so lange sie über
leaupt zu bat-en sind.
; Es ist auch in diesem Fall vielfach
jvirsucbt worden, mit künstlicher stich
stung nachzuhelfem aber bis setzt waren
lteine dieser Versuche von Erfolg ge
;l:o«nt. Einmal ist, wie sich nachdem
sGesagten denken läßt, schon die Aus
siattung ei er »Terrapin-Farm" recht
Ilostspielig nd auf alle Fälle vergehen
13 bis 153ahre, bis die iunaesnThiere
iiberhaupt verläuflich sind. Das
Schlimmste aber ist die arrinae Kennt
riß von den Lebensgewohnheiten die
ser interessanten Geschöpfes
—-.-—
Ein Soldaieubetei aus alter Zett.
Jn der in Braunschweig veranstal
teten Ansstellung vaterländischer Er
iiinerungen aus der Zeit von 1806
lssit 1815 findet sich auch das Original
dig nachstehend im Auszuge wieder-—
egebenen Briefes, welchen ein Braun
fchweiger Soldat nach der Schlacht
rons Waterloo an seine Eltern schrieb:
»Liebe AelternL Wir sind den 16,
17ten und Istki immerst im Feuer
gewäßt, aberft da giena es einmal her,
riff, raff. risf, pass, ben Alten-irden
meyer uni niich fielen iniiiierst 10 bis
12 Mann in einer Maul-» nu lönnt
hr denken, wies herging, Arme un
eine alles weck, mich haben die
Nackerg ven Roßschweif vor der Nase
:wegc.eschossen, oberst haben auch wol
»Schläge getriegt. immer druf milder
isiolbr. Liebe Aeltern. Gottloff daß
; ich schreiben gelernt habe, nun lann ich
Ieuch doch Nachricht geben. Jhr lönnet
;denlen, daß mein Leben an einein sei
sdenen Faden ehängt hat« nehmt mal
sden Roßschioeiki der sich doch dichte an
sden Rappe, oberst, wenn ich erst mal
wiederkomme, dann sollt Ihr hören
un Maul und Nase aufsperren, un
daß ist lein Spaß. Kunradt und
Subpe sind dot und Andreas Dreibe
Eis auch dodt, aberst ich lebe, und dasi
is mannt recht gut. denn Jhr hättet
euch mein Dag nicht zufrieden argebeii.
Ertiskt Marlenen, die wird sich freuen,
und der Herzog seint auch todte, den
hat eine Kugel durch das Leib gescho
ten, und da haben ie ihm aus der
Pattalge auf die Packanetier wegge
dragt. Nu will ich aufhören, wenn
ich einmal komme, sollt ihr mehr hö
ren. Gottloff- daß ich noch lebe. Griest
auch den S pmeister, damit er weiß,
daß ich enit urchgelomnien bin. Jch
verbleibe Euer . Kunrat.
Grießt ja Marlenen nochmal.«
siehet- arise-satt
Fräulein lzu ihrem Tänzer, einem
urilten): »Nein, wie ungeschickt die
et Herr Braun ist! Schon dreimal
ilt er mit auf die Schleppe geltelenl«
Tänzen »Wenn anädiges Fräulein
wünschen, lassen wir ihm einen haft
beiehl zugehen wegen unbelugtet Be
tketung fremden EinentbumZF "