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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (May 18, 1906)
Oft-net Schreibebrief von sinke Innkstengei. Wes-I No· 207. Wo Kinner sin,do is Spaß un Freud, ,awwer ei tell juh, es is auch lattse Ttubel. Als Familliemutter un Ma is mer doch nur dtuff ·aus, die« Kin net so oret gut zu duhn, wie in eim setne schwache Kräfte steht, biiahs mir heiße nit mit Unrecht das wieke Sechs; war mir awwer dafor fra e ED. daß die Kinner auch rot-tiefg jiehte, was mer for se duhn un das is eckstirktlie was se nit duhn. Wie e altes deitsches Prawerb sage duht:i «wann mer sie den Finger giebt, dann i wolle se den ganze Fuß—·', so is ess aus bei die Kids. Wenn se for Ken- z die frage un ich geLsF enNictel, dann s wolle fe en Deim. rage se for ej Ptes e Butterbrot, dann kicke fes wann se nit auch noch Tschellie drauf ; kriege un fo fort. Well, da muß diei Luft in den hier Kontrie mit zu duhn » hen. bikahs in die alte Kontrie sin se different. Der Philipp, was mein Hosband is, der is blos sättisfeit, wann mer ihm sei Ruh lofse duht, ,un wann mer ihn gar nit battere duht. Der sagt nur, gebs die Kin-i ner» doch. Ja, das wär mich auch ei sichone Mnnererziehungl Zum Glück sin ich different, sonst dehte die Buwe ganz zu die Dohgs gehn. Awwer heut»hen ich Jhne ebbes annerschter derzahle wolle, was mich e paar Dag zurück mit den Eddie, was unser kleinster Bub is, gehäppend is. Wiei an den Dag die Schule ausgelosses hot, do sin se all heimkomme un hen’ aesagt, es wäre e Menatscherie in» Taun un se wollte hingehn. Jch weiß gut genug, daß die Kids so ebbes gleiche un ich meiselbst gleiche die. Ennimels zu sehn. Was duhn se; denn tfchartsche? hen ich gefragt un do hen se gesagt, for Kinner deht’s nur en Dei-n koste. Well, hen ich ge sagt, wann Ihr brav seid, dann gehn mer morge emol hin; awwer ich will, daß ihr euch tlien halte duht, bikahs ich gleiche nit, befohr mer gehn, erscht noch emol die ganze Gäng zu schtrobbe un zu kliene. Also wer klien aus die Schul heimkomme duht, der kann mit gehn, wer uffgenioßt un dreckig is, muß heimstehn. Dolit sin se sättisfeit » gewese. Am nächste Dag nach die« Schul do hätte se awwer emol die Feger sehn solle! Wei, se hen geguckt," als wenn se sich im Modd erumge rohlt hätte. Dreclia un verrisse sin se gewese, ectzept den (kddie. Das set telg it hen ich gesagt, Ihr bleibt all heim un bloß der Eddie derf mit gehn. Do hen se off Kohrs e schrecklicheFoß gemacht, awwer was ich sage, das geht- Jch sin mit den die nach die Menatscherie un das md is ganz glücklich gewese, das-. er mit hot gehn derfe. Zuerscht sin mer hingange wo die Montieg ware. Do sin Monties von alle Seises aktrese un mir hen mehr Form gehabt wie in e Lauheit geht. Es is awiver auch zu fonnie, wann mer so sieht, wie sich die Enni melg gesträtscht hen. Der Eddie hot uif emol gesagt: »Ma ludehier, is das nit en großer Montie? ich bette dich der is noch größer wie der Pa.'« Do hen all die Viebelg gelacht un ich hen gefühlt, als wann ich den Kid eine uff die Nos pehste sollt. Nach e tleine Weil hot er mich gefragt: Seh Ma, wie duht mer denn die Monties in deitsch ruer Un do hen ich gesagt, »Aife, Hannie.« O, hot er do ge: sagt, Affe, sin das die (snnimelH, wo der Pa so oft rehse duht? Do hen die Leut« gerohrt un ich hen den Eddie von die Monties eweg gepnscht un sin in das Tent aange wo die annere Ennimelg gewese sin. Bei die Mon ties is mich die Gschicht doch e wenig zu dehnscherus gewese. In den an nere Tent do ware Ellesients un off Kohrg hen ich den Eddie en Nictelg trerth Pienots kaute müsse, bitahg er hot die Ellefents iiede wolle. Do is so en großer Ellesent gewese, wo im met nach den Eddie aeauclt hat un der Bub hot das auch genohtißi. Er hot ihn dann uss sein lanae Rüssel e Pienots gelegt un hot sich aesreut wie alles-, wie er mit sein Rüssel e Röhrs aemacht un die Bienots in sei großes Maul gestoppt hot. Do hot er gelacht wie alles un hot gar nit aenohtißt, das; der Ellesent sein Rüs sel widder nach ihn sel widder nach ihn ausgestreckt hot. Mit einein mal, duht der Ellesent den Eddie täckele un macht e Mohschen als wann et ihn auch in sein Schlund schiewe wollt. Schie wiß, doasin ich awwer eschtehkt gewese. Ich hen emol ge ört, daß die Ellesents nierseitet sm un mehbie er bot aedentt. der Eddie wär e Plenpt wo er ufs stesse wollt So schnell wie der Blitz hen ich den Ellesent sein Rüssel getäckelt, awwek denke Se nur empl« er hat mich auch gepackt un hot uns beide en Schlenlet ewtve, daß ich ganz dissie gewotde kn· Er hot uns in en große Sötlel oech die Lust aeschlenkxt un hat uns dann widder. als wann mir Behbies wäre uss die annere Seit an den Graund gestellt. O diet, o diek, was hen do die Leut aelachtt Do is so en arig dicker Iellet gewese, der hat gelacht. daß et aeschehit hot un daß ihn die Tiers aus die Auge ge iomcne sin. Seil hot mich mähd gez macht. Ich hen zu ihn gesagt: »Gew-! we Se nor acht, daß Se sich mit Ih ren Lache kein Demmetschh duhn. So en alter Knopp wie Sie sollt sich ennihau erumdtehe, wann so ebbes zu« e Lehdie häppene deht.« Do hot er gesagt, er deht nor lache, bikahs er hätt bei den Schlenker gesehn, daß ich mich meine Hiehls arig schepp abge laufe hätt, un meine Stackins die wäre von so e laute rothe Kollek, daß er gedenkt hätt ich wär an Feuer. Schiewiß, was sin ich da awwer mäd geworde! Jch hen gesagt: ,,Wann Sie en diesenter Schentelmann wäre, dann dehte Sie so keine Riemarks mache. Awwek ich will Jhne noch en gute Ettweis arwwe. Wann Sie noch bei die Monties gehn wolle, dann duhn Se sich for Pittiefehks e Ribben um Jhren Arm teie; bikahs wann Sie mit die Monties uffgemickft wer'n, dann kann mer Jhne nachher nit met eraus sinne. Wann Sie awwer Ih ren Ettwentetfch im Auge hen, dann losse Se sich von den Prop reieter als Drang Jutang heiern, «ie mache schlthk en Hitt un in e kösppeie Jahre hen Se genug Geld gemacht for sich pennscheniere zu losse un nach Afrika zu gehn, wo se mit Jhre Rielehschens den Rest Jhres Lebens in dieWuttH in Pirs verbringe könne.« Dann hen ich den Eddie am Schiaffittche kriegt un sin mit ihn fort. Mer hen widder an die Monties vorbeipiisse müsse un denke Se emol. do hen all die Affe die Zung vor mich eraus e ftteckt! Wie mer autseit sin, do Hat der Proppreierter zu mich gesagt, wann ich widder komme deht, sollt ich’s ihn vorher wisse losse. Er beht mich dann ettwerteise un an dem Biß neß was er dann duhn deht, deht er mich zehn Procent Kammischen gewwe. Well mich soll noch emol eins mit en Ennimellschoh komme. Ich hen genug Ennimels daheim. Mit beste Rieaardg Yourg Lizzie HanfstengeL MO Die australtfchm Staates-. « Einen recht interessanten Einblick in die wirthschaftlichen und handelspoliti schenVerhältnisse des fünften Erdtheils gewähren die jüngst veröffentlichten Ergebnisse der Statistik der australi schen Staaten. Darnach zählte das Festland mit Tasmanien über 4 Mil lionen, Neuseeland 887,000 Einwoh ner; außerdem waren in Australien noch etwa 52,000 Australneger, in Neuseeland 43,000 Maori vorhanden. Die 7 größten Städte hatten 1,407, 000 Seelen, also fast ein Drittel der Gesammtbevölternng Es kamen auf Shdney 518,000, auf Melbourne 508,000, auf Adelaide 170,000, auf Brisbane 126,000, auf Wellington 58,000, auf Perth 50,000 und auf Hobert J.55,s)()0 Einwohner. Welche Rolle der Weizenbau spielt, beweist der Umstand, daß von 10,8 Millionen Acres Ackerland nicht weni ger als 6 Millionen mit Weizen be standen waren. Der Viehstand um faßt gegenwärtig 84 Millionen-Schafe, wovon auf Neusiidwales 34, aqueus seeland 18 Millionen lamen, ferner 9 Millionen Rinder nnd fast 2 Mil lionen Pferde. Von dem Ajtineralreich tum Australiens geben folgende Zah Ilen Beweise: Jnr Berichtgjahre wur den gefördert an Gold für ZEIT-MAR 0()(t, lwovon Westaustralien 42, Vit toria 1()', Queensland litt-» Neusa land 10 Millionen), an Silber für Ist-» Millionen lwovon 1s)i, Millionen auf Neusiidwales allein lommen). Kupfer wurde für 8 Millionen, Zinn für 2:k, Steintohlen für 152 Millio nen Wovon wieder aus Neusüdivales allein 10 Millionen entfallen) und an dere Mineralien für 62 Millionen ge wonnen. Die Jahresausbeute hatte also einen Werth von rund 8112,50l), l)00. Die Eifenbahnen haben gegenwär tig eine Länge von 27,000, die Tele graphen eine solche von 82,l)00 Kilo meter. Der Werth der eingeführten Waaren belief sich auf 415 Millionen, der Werth der Augsuhr auf 545 Mil lionen. Die Staatseinnahmen beliefen sich im vorigen Jahre auf 1812, die Aus gaben auf 178 Millionen Dollars. iVon erschreckender Höhe sind die iStaatsschulden. Allerdings darf nicht T vergessen werden, daf; sie größtentheils zdurch Bahnbauten und Anlagen von lWasserwerten entstanden sind. Die sGesammtschulden der Staaten betra en 1462 Millionen Dollar5; auf den opf der Bevölkerung kommt durch schnittlich die Summe von 8300, in Queensland sogar 8400. Die Zahl der Staatsschulen beträgt über 9000; 760,000 Kinder werden darin von 19,500 Lehrern unterrichtet; doch ist der Schulbesuch sehr mangelhaft, weil tein Schulåwang nach deutschen Be griffen in ustralien besteht. Von Jn teresse ist die Thatsache, daß die römi sche Kirche für ihre etwa 1 Million Seelen umfassenden Gemeinden nicht weniger als 5 Erzbisthümer und 17 Bisthümer errichtet hat. -— Das schwerste Bedenken bei der Frage, ob der Zar die Reichs - Duma persönlich eröffnen soll, dürfte das ge wesen sein« ob man ihn genügend vor der Dankbarkeit seines Volkes schühen kann. II i It Wir schelten so manchen Menschen undankbar, dem wir zu der größten Dankbarkeit verpflichtet sind. Umnestte. Stizze von M. B r e n. ,,Väterchen Zar in feiner Güte und Gerechtigkeit verzeihtEuch-— —- eht!« Sie mußten ihn völlia hnaug drängen, um das Thor hinter ihm schließen zu können. Noch dann wen dete er sich zu dem düsteren Massio des Gefängnisses zurück, als ob er sich fürchtete vor der Freiheit. Jhr Licht that seinen an das dunkelaewöhnten Augen freilich wehe, und der weite Raum nach der engen Zelle eäng-« stigte ihn und nahm ihm den them. Endlich zog er den Schirm seiner Mütze tief über die Augen hinab nnd ging zögernd fort. Drei Schritte —— vier Schritte —— dann konnte er nicht mehr weiter. Seine Beine waren so schwach, so leer —-- als ob sie keine Knochen hätten. Es fehlte ihm etwas an ihnen—natiirlich; er hatte ja die schweren Ketten zurückgelassen, an die er sich gewöhnt hatte, wie an das Dunlel und die enge Zelle. Weiter drei bis vier Schritte, und nochmals,und allmählich lernte er die Beine vorwärts schieben und schleppen bis etwas seinen Wea querte. Er blinzelte unter deniMützenschirm her vor und sah, daß er an dem Geländer » der Newa stand. s CI war früh Morgens undStraßen s und Fluß noch wenig belebt. Wie ein Vogel der seinem Käfia entkam und? auf der nächsten Dachrinne hockeni bleibt, als hätte er das Fliegen ver lernt, so lehnte der Mann ani Ge länder des Flusses-. Ue vnnzelte unter seinem Musen-» schirm hervor. Wie alles ringsum; ihm so belannt erschien und doch so; fremd —-— wie etwas, das man ein mal im Traum gesehen. War es vielleicht nur ein Traum, daß er frei war·..? Nein. Väterchen Zar hat ihm ja verziehen« s ,,Was?« Was verzieh er ihm? Was J hatte er damals verbrochen? Er; wußte es nicht. Jetzt nicht und das mals nicht« als er in grenzenloserI Verzweiflung sich den Kopf dariibers zermartertr. Sie haben es ihm ja nicht gesagt. Und sie sagten es ihm ja nicht, so laut er ihnen die Frage entgegenschrie. Und dann hatte er aufgehört zu fragen, weil er ailmäh lich aufgehört hatte, »in denken. Das Geräusch des gelben, träge da hinfließenden Wassers machte ihn er schauern——wie alle Tage in seinem( Kerker Er hatte es hoch iiber seinem ’ tiopse gehört und war von unsäglicher Angst erfüllt, daß es einmal zu ihm eindringen könnte. Er versuchte weiterzugeben Aus basGeländer aestiitzt, aing es leichter. Nun war er an der Brüde. »Er-ver suchte, ihren Namen zu lesen. Es ging ihm miihsam und stotternd wie einem Kind, das der Buchstaben noch nicht sicher ist. »Troizihhriicke« stot terte er auch im Denken. »Troi«zth briiete« wiederholte er sicherer, und als ob der Gedante andere aufgeweckt hätte, so wußte er nun, wo er sich be sand. Dort, jenseits dieser Brücke hat er einst gewohnt -- dort war er glüa lieh gewesen . .. Wann? . .. Wie lange mochte das her sein? Fünf Jahres-« .. Zehn ? . ·. tsin Menschenalter? . .· Wie alt er heute wohl war? Alt sehr alt so fühlte er sich. Aber er wußte ja in seinem Kerker nicht« wenn ein Tag verging und der andere inni. Wochen, Monate, Jahre —--— ein trüber Schatten, der ewig stillstand. Er ging weiter. Vor einem Laden mit großen Spiegelscheiben sah er eine Gestalt vor sich stehen eine schlottern de, jämmerliche, vertrümmte Gestalt mit weißen Haaren, mit eingesuntenen erloschenen Augen in einem fahlen Todtengesicht, und darunter ein Ge tippe, von Fetzen bedeckt. Er fuhr zuriiek und sah um sieh Niemand stand neben ihm, Niemand hinter ihm. Gerechter Gott! Sein eigenes Bild konnte das doch nicht sein —- er erkannte keinen Zug in diesem »--teinen Zug von dem damals le bensfrischen, lebenssrohen jungen Menschen· Erschiittert entfloh er, und diese Erschiitteruna schien dasLeben in ihni wachgerufen zu haben. Er erkannte die Straßen durch die er ging, den Newstsi-Prospett, den er jetzt querre, und wußte nun auch, daß die Mos lauer Vorstadts vor ihm lag, wo er einst gewohnt ;—- er und sein Glück. vtaimer somit er aus« oyne kjoaern i durch Gassen nndGäßchen, bis er vor s einein alten armseliaen und schmutzi l gen Hause stand —- er sah es ins strahlendem Hiniinelsalan3. Er wollte eintreten: ein Mann ver trat idtn den Wen und fuhr ihn barsc an: »Wohin’?« Der Ankömmling öffnete die Lip pen; doch nur unartikulirte Laute brachte er heraus wie ein Tand stummer . »Ach so! Du bist stumm!« sagte der Dwornit. Der andere aber schüttelte» den Kopf und kämpfte mit seinerZun ; ge, die bleischwer in seinem Munde lag. Seine Augen rötheten sich vor Anstrengung, als er hervorstießJ »Mein Weib! . .. Mein Kindl« : Der Dwornit musterte ihn mit scharfem Blick: »Hier im Haus?« Der andere nickte destia· s d ZWer bist du denn? Wie heißt u-« ,,Jch... ich...« Der Ankömm« ling runzelte die Brauen, daß sie zu sammenstieszen —- er rieb sich die Stirn wund —- und wußte es doch nicht zu sagen. wer er war. ; Der Dwornit lachte aus. ,,Haha! Du hast deinen eigenenNainen verges sen, Väterchen!« Da fah er, wie aus den Augen desMannes vor ihm Thra ne um Thräne quoll, wie seine lieben den Lippen fchmerzliche Worte mur melten-und ein Strahl des Erin nerns kam über den Mann, daß fein Lachen verstummte. «Jesus!« rief er aus, »du bist doch nicht am Ende gar Wassili «Serge witsch?« Ein Aufschrei antwortete ihm. Der Angeredete bewegte seine Arme heftig in der Luft und schrie: »Ja — ja!« »So haben sie dich auch herausge lassen.« » Sergewitich antwortete nicht, er wollte sich abermals an dem Manne vorbeidrängen. »Was willst dirs-« »Mein Weib ——— niein Kind!« »Ach so! Hm! Du kannst es freilich nicht wissen, du armer Kerl...« ,,Was...? was...?« »Die heilige Mutter Gottes hat sie zu sich genommen...« »Todt . . . !« »Das ist schon viele, viele Jahre her . . . Die Arme hatte keine Nahrung für das Kleine . . .· da starb es, und das konnte die Mutter nicht ertragen ...in der Nacht einmal...von der Troizkybriicke . —. .« Wasfili Sergewitsch stöhnte dumpf ’ au fund krümmte sich unter der Wucht des Schmerzes. »Komm hinein, Väterchen, wärme dich!« sagte der Pförtner mitleidig. Als er keine Antwort erhielt, ging er achselzuckend in’5 Haus. Was konnte er dafür. Æssili stand zitternd da, den Kopf an die Mauer des Hauses gelehnt. Wehe ——— dafi er nun wieder zu den len vermochte —— zurückdenken an ein Glück, so groß, wie ietzt sein Unglück. Mit einem langen Seufzer, der wie das Aufstöhnen eines zu Tod getroffe nen Thieres klang, wendete er sich und wanlte die Strafie zurück. An der Troizlhbriicke blieb er ste hen und blickte in das Wasser hinab. Jetzt wußte er, warum ihn stets schauerte, wenn er das Wasser um die Mauern seines Kerkers schlagen hörte. Ein scharfer Wind hatte sich erho ben und blies durch die diinnen Lap pen, daß seine Glieder erstarrten. Er gab sich dem Winde hin; denn er fühlte, daß er zugleich auch sein Den ten und sein Embfinden erstarren machte, so daß er wieder zu vergessen begann --— vergessen —— vergessen! ---— Dann schwankte er weiter -—- wie ein Betrunlener. Die Leute lachten iiber ihn, die Kinder verhöhnten ihn er sah eg nicht und hörte eg nicht. lFr hatte nur Augen siir dag düstere Gebäude, das jetzt vor ihm aufragte. Laut schlug er an dessen Pforte. Ein Aufseher erschien. »Was willst du Z« »Was waret Ihr so arausam, mich hinaitåziischiclen?« brach es aus der Brust Wafsili Sergewitsch hervor. »Laßt mich ein· Ich bin ja todt -—— todt. Lasit mich in mein Grab zu riict!« »Geh!« schuauite der Aufseher ihn au. ,,Viiterchen Zar hat dir in seiner titiite und Gerechtialeit verziehen --— - geh fort!« —---—— Julekesiaute Memoirem Der erste Botschafter, dein nach dem Kriege 1870 71 die Aufgabe zustel, die diplomatische-I Beziehungen zwi schen der dritten französischen Newb lit und dem jungen deutschen Kaiser reiche herzustellen der Vieomte Ar mandstflie de GontautBiron, hat iiber die ersten Jahre seiner Thätigteit Aufzeichnungen hinterlassen, die jetzt herausgethan wurden. Wie viele, ja wie vie meisten Me tnoirenschreiber so ist auch dieser fran zösische Diploniat tein unbefangener Kritiler. Stellt man sich indessen vor, unter welchen Umständen er seine Mis sion in Berlin antrat, so wird man ihm manches zu gute halten und ihm nicht das Zeugnis-, verweigern können, daß er sich sichtlich auch in den ihm peinlichsten Situationen bemühte, sich die Objektivität der Auffassung nicht durch das Gefühl trüben zu lassen. Herr von GontautssBiron war bereits 54 Jahre alt und nie zuvor tut diplo niatifchen Berufe thiitig gewesen, alg Thiers ihm den Botschafterposten in Berlin antrug. Augschlaggebend war · hierbei wohl die Thatsache, daß der Vicomte in die Nationalverfainmlung gewählt worden war und trotz seiner royaliftischen Vergangenheit seinen Anschluß an die ARepublil erklärt i)atte. und wenn Lyters außerdem Von der Annahme ausging, daß dein Berliner Hofe der Träger eines vor nehmen Namens als Repräsentant des französischen Staatswesens willkom mener sein würde als ein fanatischer Demokrat, so hat thn die Folge durch aus Recht gegeben. Die Aufnahme, die Herrn von Gun taut inBerlin zuTheil wurde, war eine außerordentlich zuvorlommende. Er belennt, daß er nicht ohne eine gewisse Aufregung dem Augenblick entgegen sah, da er zum erstenmale dem Für-« ften Bismarel gegenüberstehen sollte. Der Reichskanzler bat ihn schon am Tage nach seiner Ankunft zu sich, zeigte sich ihm von ausgesuchtester Höflichkeit und gab der Unterhaltung, obwohl sie sich natürlich fast aus schließlich auf die fchtvebenden politi schen Angelegenheiten bezog, gleich von Anbeginn an einen ztvanglofeten Ton, indem er dem Botfchafter einen Stuhl dicht an den seinen rückte und ihm eine Zigarre zu tauchen gab. Wenn nichts destotveniger das Urtheil Gontaut-Bi tons iiber Bismarck bei diefer Gele ’genheit nicht sehr schmeichethaft aus fällt, so darf man eben nicht vergessen, wie lebendig in allen Franzosen da mals noch der Schmerz über ihre Nie derlage sein mußte. Er schreibt: »Der Kanzler ist sehr groß und ziemlich stark; sein Kopf ist der einer alten Bulldogge, rund und ftarl, mit kleinen energischen Zügen. Der harte, nervöse und unsympathi sche Gesichtsausdruck verräth Müdig teit und läßt nicht gleich beim ersten Anblick die große Intelligenz erkennen. Es ist die Willenskraft, die sich in sei nem ganzen Antlitze ausspricht Sein sehr spärliches Kopfhaar und sein Schnurrbart sind im Ergrauen. Er trägt eine weiße Uniform mit dem ei sernen Kreuze auf seiner breiten Brust. Man könnte sich, wenn man diesen Koloß vor sich sieht, einem Gothen, ei nem seiner Vorfahren gegenüber glau Iben.« i Mit großer Feierlichleit ging dann, bald daraus, der Empfang des Bot schafters beim Kaiser Wilhelm vor sich, den er als einen hochgeivachsenen Mann von soldatischem Aussehen be schreibt. Konnte sich der Diplomat auch in diesem Augenblicke nicht des demüthigenden Gefühls erwehren, als der Vertreter seiner bezwungenen Na tion vor deren Ueberwinder zu stehen kein ander Mal schreibt er: »Wie ein Schlachtopfer vor dem Scharfrichter«), so Versuchte die Kaiserin Augusta, der er im Anschlusse an diese Antritts audienz vorgestellt wurde, schon mit den ersten Worten, die fie an ihn rich tete, ihm solche Empfindungen durch besondere Herzlichleit zu nehmen« Sie sagte ihm: »Es ist gewiß ein Opfer für Sie gewesen, den Botschafterposten in Berlin anzunehmen, denn Jhre Stel lung-hier ist keine leichte. Aber Sie haben gut daran gethan, undSie kön nen auf mich zählen und sicher sein, daß Sie es nicht bereuen werden« Von den übrigen Mitgliedern des kö niglichen Hauses legten der Kron prinz und die Kronprinzessin die größte Freundlichkeit dem Vicornte gegenüber an den Tag, und betonten, wie es schon der Kaiser und wie es Bismarci gethan, daß jetztFriede blei ben müsse zwischen den beiden Völ kern, die eben die Schwerter im Kampfe gekreuzt. Wie Herr von Gon taut gesteht, hatte er einen starken Wi derwillen zu überwinden, um dem Prinzen Friedrich Karl seine Aufwar tung zu machen, den er »als den grau samsten und unbarmherzigsten unserer Feinde« bezeichnet, der »in einer Pro tlamation die gänzliche Vernichtung Frankreichs herbeigewünscht habe.« Er war daher angenehm enttäuscht, von dem Prinzen sehr liebenswürdig aufgenommen zu werden und ihn so gar mehrfach lächeln zu sehen, was seiner Angabe nach eine große Selten heit war. So hatte Herr von Gontaut denn alle Ursache, mit seinem Debüt bei Hofe zufrieden zu sein, und er fügt hinzu, dan während der ganzen Dauer seines Wirlens als Botschafter die kaiserliche Familie ihm unverän dert die gleiche wohlwollende Gesin nung bezeugt hobe. Jn der Berliner Gesellschaft lamen dem Botschafter verschiedene Beziehungen privater Art nicht nnerlieblich zu Hilfe, —so na mentlich eine nahe Verwandtschaft mit der Familie Hatzfeldt und mit der Fürstin Marie Radziwill, der Gemah lin des Flügeladjutanten des Kaisers, die als eine Castellane seine Cousine war. Es wurde ihm, wie er erzählt, freilich am Beginn schwer, sich wie ein ljunger Mann, der anfängt ,,au«szu gehen«, in diesem neuen, fremden Kreise zurechtzufinden Hier und dort begegnete er wohl einer gewissen Zu rückhaltung bei denjenigen Militärs, die er die ,,.liriegspnrtei« nennt, weil sie, lrie er errieth, der Ueberzeugung waren, das-, Frankreichs Friedensliebe nicht ehrlich gemeint wäre, sondern es den nächsten Anlaß zu einem neuen Streite benützen würde. Auf einem Diner bei dem belgischen Gesandten Baron Nothomb lernte Gontauts Biron auch Herrn von Bleichroeder kennen, dessen Name fortab in seinen ;!liotizen und in seinem Schriftloechsel smit dem Präsidenten Thiers immer ’loieder wiederkehrt. Und man sieht ;hier, daß Herr von Bleichroeder da mals doch eine viel einflußreichere po " litische Rolle spielte, als man imAllge meinen gewußt hat· Es erscheint tei neswegs übertrieben, wenn der Bot . schafter den Bankier den Aaenten Bis - tnarcls nennt. Denn Bismarcl be- i i nutzte ihn mehr als einmal zu vertrau- » - lichenMittheilungen, und hierbei zeigte ! sich Herr von Bleichroeder völlig einge weiht in die Pläne des großen Staats maniies, namentlich, als dessen Ver hältniß zu dem Grafen Herrn Arnim sich zu trüben begonnen hatte, Die Memoiren deg Botschafters schließen an deinZeitpnnkte ab, an dem, nach demSturze vonThierg, dem Mar schall MacMahon die Präsidentenwiir de übertragen und, am Lil. November 1873, auf sieben Jahre bestätigt wurde. Noc, fünf Jahre blieb der Vicomie von Gontout-Biron in Berlin. Als dann aber Mac Mahon sich 1877 der repa blianischen Mehrheit Frankreichs beu gen und den Herzog von Broglie ent lassen mußte, da waren auch die Tage des Herrn von Gontaut gezählt, der sich diesem Minister des Auswärtigen eng angeschlossen hatte, und am 31. Januar 1878 erfolgten seine Abberu fung und seine Erseßung durch den« Grafen Saint-Ballier. Jn der deut schen Reichshauptstadt sahen die gesell schaftlichen Kreise ihn vielleicht mit größerem Bedauern scheiden als die amtlichen, denn seinVerhältniß zu dem Fürsten Bismarck war, bei aller gegen seitigen Höflichkeit, doch nie über diese hinaus zu einem wärmeren gediehen. Seine Memoiren sah Herr vonGoniaut selbst noch kurz vor seinem Tode (am Z. Juni 1890) durch, und es ist charak teristisch genug, daß er nicht einmal an dem oben wiedergegebenen gehässigen und kleinlichenUrtheile über den ,,Bull doggenkopf« des Kanzlers etwas zu än dern sand. Jn seinen Erinnerungen erzählt Bi comte de Gontaut-Biron auch, wie es kam, daß der eiserne Kanzler sich von seinem langjährigen Mitarbeiter, dem Staatssekretär Hermann von Thile, trennte. Daß dies nicht gerade aus die sriedlichste Weise geschah, wußte man bereits-. Herr von Gontaut deutet in seinen Auszeichnungen an, daß seinGe währsmann einer seiner Kollegen ge wesen sei, und er läßt durchblicken, daß dieser Kollege in der Person des engli schen Botschasters Lord Odo Russell, des späteren Lord Ampthill, zu suchen ist. Das Ereigniß fällt in die Frage der sogenannten Dreikaiserzusammen iunst des Jahres 1872 Kaiser Wil helm l. wollte den Botschastern Nuß lands und Oesterreich- Ungarns, Herrn von Oubril und Gras Karolyi, den schwarzen Adlerorden bei dieser Ge legenheit verleihen, während Bismarck die Auszeichnung zu hoch fand. Herr von Thile, als Staatssekretär des aus wärtigen Amtes, hatte dem Kaiser in seinem Vortrage die Gründe darzule gen, aus denen der Reichskanzler nicht der Ansicht seines Souveräns war. Aber Kaiser Wilhelm ließ sich durch diese Gründe nicht überzeugen — er unterzeichnete die schon vorbereiteten Dekrete. Herr von Thile begab sich nun schleunigst ins- Kanzlerpalais, um den Fürsten Bismarck von seinem Mißer folge in Kenntniß zu setzen, aber er hatte das Unglück, Bismarck nicht an zutreffen. Er glaubte daher, die Ber antwortung auf sich nehmen zu müs sen, den beiden Botschaftern die Ehrung durch einenBoten mittheilen zu lassen, damit sie des Abends schon vor dem Auge des Kaisers mit den Abzei chen geschmückt erscheinen könnten. Ein wenig später ließ nun der Kanzler Herrn von Thile zu sich bitten, und als er vernommen hatte, daß nicht nur der Kaiser seine Vorschläge verworfen hätte, sondern daß die Botschafter be reits im Besitze der von ihm mißbillig ten Auszeichnungen wären, machte er dem Staatssekretär die heftigsten (der Vicomte de Gontaut-Biron sagt: die gröbsten) Vorwürfe und gebrauchte da bei dcn Ausdruck, daß er es hier wieder mit einer seiner ,,gewöhnlichen Unge schicklichkeiten« zu thun hätte. Herr von Thile erwiderte damit, daß er seine Entlassung anbot, und erhielt sofort den kurz angebundenen Bescheid: »Sie ist angenommen«. — Der Kaiser, der Herrn von Thile wohlwollte, forderte ihn vergeblich anf, wenigstens solange im Amte zu bleiben, bis ein Botschaf terposten für ihn frei würde. Aber, wie Herr von Gontaut versichert, er lärte Herr von Thile, daß er nie mehr, in welcher Stellung es auch wäre, un ter den Befehlen Bismarcks zu stehen wünschte. — Mann und Fräu. Geht ein Herr und eine Dame auf der Straße, und der Herr sieht sweigend gerade vor sich hin, so ist es Mann und Frau. Wendet der Herr kein Auge von der Dame, oder spricht er eifrig mit ihr, so ist es nicht Mann und Frau. Sitzt ein Herr im Theater neben einer Dame und mustert mit dem Opernglas Lo gen und Parkett, fo ist es Mann und Frau. Sitzt er halb zu ihr gewendet und sieht weniger auf die Bühne als auf die Bühne als auf sie, so ist es nicht Mann und Frau. Fällt einer Dame der Handschuh und der Nach-« bar biictt sich lange und sucht nach ihm, so ist es nicht Mann und Frau, biiett er sich schnell und hebt den Handschuh sofort aus, so ist es Mann und Frau. Singt eine Dame und ein Herr steht dabei, ohne das Noten blatt umzuwenden, so ist es Mann und Frau;hii1t er schon früher das Blatt in der Hand, um es umzu schlagen, so ist cs nicht Mann und Frau. Wh Nach dem statutean Madam (ärgerlich)«: « . . Wenn Sie sich geniren ins Leihamt zu gehen, um meine Uhr zu versetzen, dann geh’ ich eben selbst hinl« Dienstmädchen: »Ach, Madam. dann nehmen Sie doch auch meinen Win Hermantel mitl«