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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (May 18, 1906)
Plale Mitgift Roman von Gurt Yaruwdorf. --s--·---s— -- (4. FortsehungJ Der Zeitpunkt, an welchem Frau Breitenbach dieser sie in hohem Maße beuan igenden Anforderung Folge leisten onnie, trat ehr bald ein. Ein lester euriger Galopp hatte den Ball os izie beschlossen und nun gab es auch für die unermüdlich junge Welt nichts mehr, das sie noch hier zurück ehalten hätte. Dem Obersten, der iet- ebensalls hatte verabschieden wol« len, rannte der Geheimsrath jedoch zu: «J bitte Sie herzlich, noch eine kurze eit zu bleiben. Jch möchte mit Jhnen und unserem lieben Sohn noch etwas Wichtige-Z besprechen.« Eine Viertelstunde später befanden sich die drei Herren allein in dem Ar beitsgmmer des Hausherrn, demsel-( den anme, in welchem der Geheim rath kurz vorher dem Direktor Rode tvitz von den Vereinigten Berg- und Hüttenwerken das Geld ur Flucht egeben hatte. Bernd von egerndors Zstte seiner Verlobten, die morgen sein eib sein sollte, bereits »Gute Nacht« gewünscht Mit einem langen, wonne truntenen Blick hatten sie sich verab schiedet. Seine Gedanken weilten auch fest bei Malve, und er sah nichts als ihr aus dem Schreibtisch des Ge heimraths tehendes Bild, an dem un- 1 verwandt seine Augen hingen. Er ; Pörle taum, was Gerhard Breitenbach l pktzckk , » , « 4 um so alljllletl amet aber war ver Oberst. Jn der « iefe seines Herzens regte geh bei jedem, auch dem gering fügig en Anlaß das unüberwindliche Mißtrauen, das er seiner Erziehung und seinen Anschauungen nach dem Geheimrath entgegenbrachte Diese nsichtige Unterredung in so später nächtlicher Stunde mußte natürlich eine sehr triftige Veranlassung haben, und der Freiherr hatte sich in der Be sorgniß, überrumpelt zu werden, so fort wieder in den Panzer einer eisig höflichen Zurückhaltung gehüllt. Seine undurchdringliche Miene machte es Breitenbach schwer, den re ten Ton siir seine Mittheilung zu sin en. Aber nach der furchtbaren Probe, aus die seine Selbstbeherri schung an diesem Abend schon gestellt worden war, bedeutete die-«- nur eine geringe Anstrengung « »Ich muß rnn Verzeihung bitten, lieber Herr Oberst,« begann er, »daß ich Sie noch um eine weitere Viertel stunde Jhrer wohlverdienten Nacht ruhe bringe. Aber wer weiß, ob wir morgen Zeit finden werden, die An elegenheit zu erledi en. Es drängt ich da in die kurze panne von we nig Stunden ja so vieles zusammen: Standesamx kirchliche Trauung, das kleine Familiendejeuner— und schon um vier Uhr will sich unser junges Paar aus die Reise begeben. Da wer den wie mit Minuten rechnen müssen. Und es ist auch wohl nicht angebracht, morgen von Angelegenheiten finan zieller Natur zu reden.« Er machte eine kleine Pause. als erwarte er ein paar Worte höflicher «uftimrnung von seinen Zuhörern. bet der Oberst saß steif und zuge-» knöpft vor ihm, während der Oberst leutnant noch immer mit weltabge lehrtem Blick nach Malt-es Bildnißl schaute. So mußte sich der Geheimrath denn entschließen, fortzufahrem »Als ich mich bereit erklärte, Ihnen, lieber Sohn, die Zukunft meines Kin des anzuvertrauen, haben wir die Frage des Heirathsgutes ja schon er örtert. Da Sie kein Geschäftsmann sind, dem der Besitz eines größeren Kapitals Nutzen bringen könnte, hieit ich es damals ür das beste, Ihnen einen jährlichen uschuß von zwan ig tausend Mart zur Verfügung zu zel len. Aber ich bin inzwischen anderen Sinnes geworden. Die wirthschastli chen Katastrophen der lex-en Zeit; die auch an unserem Bantin itute nicht Fnz spurlos vorübergehen tononten ben mich nachdenklich gemacht. Wer ein Vermögen arbeiten läßt, w« ich. kann niemals wissen, was zwi chen zute und morgen geschieht. Darum n ich nach reiflicher Erwägung zu dem Entschluß gelangt, Ihnen statt der Zinsen doch lieber gleich das Ka ital zu verschreiben. Und da es schließlich gleich ist, ob Meloe ihr Erbtheil schon jetzt oder erst nach mei nern Tode erholt, habe ich dies Kapi tal aus eine Million erhöht. Sie gaben wohl uichtg dagegen einzuwen en?« »Natürlich nicht,« erwiderte Bernd lachend. Daß meine Frau so un menschlich reich sein wird, kann mir ja nur willkommen sein.« Der Oberst ließ ein eigenthiimliches Mäuser hören, und da Breitenbach ihn ragend ansah, Lagte er: »Im Grunde ist iesxa eine Ange legenheit um die ich mich nicht zu Lämmer-i hätte. Da Sie aber meine Geg enwart bei dieser Untertedung onsgdtiicklich gewünscht haben, ist es mir vielleicht auch gestattet, eine Be merkung zu machen. Der Geheimroth uickte zustimmend. Das Ko ital, von dem Sie soeben Mu, beentet unsiesähe eine Ber types-un Ins-»der bisher us Auge gefa MUUIM Und Sie sagen sel — Vermögen arbeiten la kIs m. sie othsk ZW ILIns-It so stoßen sSumme berauben, müssen dafür mei nes Erachtens ganz besondere Gründe vorliegen. Und weil es immer guiist, vollkommen llar zu sehen, würde ich hnen für eine Mittheilung dieser« stünde dankbar sein.'· »Ich glaubte, mich bereits hinrei chend deutlich ausgedrückt zu haben.i Jch wünsche die Zutun t meiner Toch- s ter ein für allemal icher zu stellen» Das ist alles.« »Sie würden das ihr zugedachte! Vermögen in den Händen meines Sohnes also sicherer"« glauben als in Jhren eigenen Z« Breitenbach zwang sich zu einem Lächeln. . »Verzeihun, lieber Herr Oberst, das ist eine Frage, aus die sich nicht so kur weg mit Ia oder nein antwor ten lii t. Natürlich stehe ich im Prin zip auf dem Standpunkt. daß man m- Kapital am sichersten immer ielbit bewahrt. Aber so ganz im thihum find Sie mit Jhrer Vermuthung da rum doch nicht. Und ich hoffe, Sie werden mich nicht mißversiehen, wenn ich ganlz offer bin. Als Vorsitzender des 9ufichtsrctthks eines großen Banlinstituts habe ich die Last einer schweren Verantwortlichkeit zu tra gen. Die Möglichkeit, aus Grund ge setzlicher Bestimmungen mit meinem Vermögen theilweise in Anspruch ge nommen zu werden. liegt immer vor. eDnn auch der Gewissenhafteste bleibt der Gefahr ausgesetzt, menschlich zu irren. Und ich wäre überdies nicht der Mann, mich meiner Verantwort lichkeit zu entziehen« »Ich würde« Jhre Vorsicht für über trieben halten, wenn meine geringe Kenntniß der einschlägigen Verhält nisse mir nicht jedes Urtheil verböte. Allerdings muß ich gestehen, daß der Von Jhnen belleidete Posten unter sol chen Umständen für mich wenig Ver ’lockende5 haben würde. Aber das ist ja nicht meine Sache. Nur eines noch: Haben Sie auch fiir die Zutunst Jhrer unverheiratheten Tochter in gleicher Weise vorgesorgt?« »Das ist nicht wohl angängig Und bei normalem Verlauf der -in»ge ist es ja auch nicht nothwendiq. Sollte aber gegen alle menschliche Vorauåsicht jemals der Fall eintreten, den ich eben andeutete. so werden meine Frau und Si rid ja nicht allein und hilflos dasgehen Sie werden allezeit auf Sie zählen können, lieber Sohn — dessen darf ich mich doch versichert halten«-« »Formen Sie im Ernst, daß ich auf diese Fira e antworte?« sagte Beend. »Jhre Familie ist von morgen an auch die meinige und die SYvester meiner Frau wird auch meine Schwe fter sein« Der Geheirnratlk streckte ihm sicht lich ergriffen die Hand entgeaen. »Mehr verlange ich nicht. Ich danke Ihnen. Und so hätten wir denn auch das glücklich erledigt. Um die For malitäten brauchen Sie sich nicht wei ter zu kümmern. Das Banthau5, dem ich morgen das-Kapital überweise, wird Jhnen eine entsprechende Benach richtigung zukommen « lassen.« Der Oberst war ausgestanden und Lie beiden anderen folgten feinem Beispiel. Man nahm freundlichen Abschied von einander und Breiten bach gab ihnen bis an die Treppe das Geleit. Unzufrieden darüber daß er sich durch die Fragen des cbcrsten und vor allem durch den unbequemen for schenden Blick feiner scharfen Augen bis zu so wichtigen Aeußerungen hatte hinreißen lassen, kehrte der Geheim rath in sein Arbeitszimmer zurück, um mit rascher Feder noch einige Briefe u schreiben. Mitten in dieser Thäti eit aber befiel ihn plötzlich eine o lähmende, bleierne Müdiateit, daß die Buchstaben vor seinen Au en verschwammen und daß er genöt tgt war, die Feder nieder ule n. Mit schier übermenschlicher rat hatte er ch so lange aufrecht erhalten; nun aber war er am Ende feiner Selbst bcherrschuag angetan t. Er ühte den Kon in beide hän und prach halblaut vor sich hin: »Und nun noch einen ganzen Tag so wie heute. Es ist mehr, als ein Mensch ertragen tann.« Ein Geräusch in seiner Nähe ließ ihn aussahrcn. Mit verstörter Miene fah er sich um, und seine Brauen zo en sich zornig zusammen, als er seine Frau erblickte. »Was willst Du?« Luhr et sie un liebenswiirdig an. » u weißt, daß rnir nichts so verhaßt ist als eine un williommene Störung. Und Du stehst, daß ich noch zu arbeiten habe.« »Das konnte ich nicht vermuthen, Gerhard,« erwiderte die blasse Frau in ihrer sich stets HWEleibendenz freundlichen Wer . » ach einem sol chen Abend! erwartete Dich im Schlaszimmet, a r da Du gar nicht kamst, ließ es mir keine Ruhe. Jch wase bei Stgrid. Das arme Kind ist nicht zu trösten. Jch habe mich ver gebens bemüht, sie zu beruhigen.« Breitenbach machte eine abweisende Bewegung. · »Ach, sie wird sich xchon trösten! Sol ein her ensiummee at bei einem so jungen iibchen nicht viel zu bedeu -ten. Wenn Du mich nur deshalb ge störtisst —« I » ! Nimmst Du et ni t doch u leicht, åGerhardi Jch habe gigrid sit heute Ijsr ffiit ein Kind Behalten Aber in die er Stunde ha e ich erlannt, daß sie es nicht mehr ist. Und sie hat einen so entschlossenen Charakter. Wenn Du aus Deinem Widerstande hehaerst, ist sie fähig, uns auf und davonz u gehen« »Was site Narrheiten sind dass« brauste er auf. »Das ist die Folge Deines ewigen Romanlesens, daß Du Dich von den kindischen Redens arten eines unerzogenen Bockfifches einschiichtern läßt. Wohin sollte sie denn geheg? Fu dem Leutnant von Malsfeid etwa « »Nein, daran denkt sie natürlich nicht· Aber sie spricht davon, daß sie ihr Brod selbst verdienen, daß sie ir gend einen Beruf ergreifen will, der sie sreiu nd unabhängig macht. Und eigensinnig wie sie ist, wäre sie wohl imstande, ihren Vorsak auch auszu führen.« »Nun, so la sie es in Gottes narnen thun. ahrscheinlich haben wir sie set-on viel u lange spazieren reiten und Tennis spielen lassen. Und nun laß mich in Ruhe. Jch habe den Kopf wahrhaftig hinlänglich voll von ernsthafter-en Dingen.« Er nahm an, daß sie sich auf diesen unzweidcntigen Wunsch hin gehorsam wie immer entfernen würde, und griff wieder zur Feder. Mit einer heftigen Bewegungl fuhr er von seinem Schreibstuhl auf, als er sie statt dessen nach Verfan einer Minute sagen hörte: »Was hast Du denn eigentlich gegen Herrn von Malsseld,« Gerhard? — Bist Du nicht der Meinung. daß et einen ebenso guten Ehemann abgeben würde wie Tegerndorf?« »Was ich gegen ihn habe?" ries er, in seiner nervosen Ueberrciztheit jede Rücksicht vergessend. »Daß er binnen heilte und·drei Tagen aus freien Stücken wieder zurückgetreten sein würde, wenn ich wahnsinnig genug gewesen wäre, jetzt meine Einwilli gung zu geben — das ist es, was ich gegen ihn habe.« »Mein Gott, wie erreat Du bist! ——— Können wir denn nickt in Ruhe darüber sprechen? Weshalb hätte Herr von Malsseld zurücktreten sollen? — Er ist doch ein Mann von (5hre.« »Vielleicht eben deshalb. Und nun sracåee mich nicht weiter. Jrh bin nicht in r Stimmung, ein Verhör zu be stehen« »Wie magst Du es so nennen, Ger hard, wenn die Sorge um das Glück unseres lKindes mich treibt, einek rage an Dich zu richten. Jch verstehe eine Worte nicht, aber wenn es Dir so lästigish will ich nicht weiter in Dich dringen. Denn ich weiß ja, daß Tu Sigrid nicht weniger liebst als ich und daß Deine Entschließungen ge rriß wohl überlegt sind. Nur um et was anderes möchte ich Dich noch bit ten. Und sei mir deshalb nicht böse — es ist ja das erstemal, daß ich von Dir verlange, als Deine Frau auch fie Vntrauie Deiner Sorgen zu ein.« »Die Vertraute meiner Sorgen? Was, um des Himmels willen, soll das heißen?« »Ich weiß, daß Dir etwas ans dem Herzen liegt. Zeit gestern schon habe ich es bemerkt. Du machtest durch Deine scheinbareHeiterteit die anderen darüber hinwegtäuschen; ich aber tenne Dich besser, Gerhard! Und ich habe in diesen vierundzwanzig Stun den mehr als einmal aus Deinem G-e ficht elesen, daß ein schwerer Kum mer ich bedrückt.« Breitenbach war auss äußerste überrascht. Da diese Frau, der er sich in seiner ra tlosen Jagd na dem Golde seit langem sasi ganz entrun dethatte, so liebevoll in seiner Seele zu lesen verstand, mußte ihn verwirrt machen. Wie er selbst sich lauin noch um sie lümnierte und ihre ewige Kräntlichleit nur als etwas Verstün inendes empfand, so sege er auch bei ihr vollkommene Glei iilti teit für sein Jnnenleben voraus. Da er sich darin getäuscht haben sollte. verdroß ihn im ersten Augenblick mehr, als-es ihn rührte. »Dein Scharsblick ist ja höchst wun derbar,« sagte er mit einem Anslu ron Sartasmus. Eber wenn is wirklich ernste Sorgen hätte, weshal sollte ich mit Dir darüber sprechen? Du würdest sie nicht einmal verghem am allerwenigsten aber würdest sie mir abnehmen oder erleichtern tön nen.« - »Und iftes nicht schon eine Erleich terung, Gerhard, ich offen ausspre chen zu tönneni ch habe mich Dir niemals aiifgedriingt, denn ich weiß wohl, daß Du mich iir zu gering halth mich in Deine orgen einzu weihen. Aber ich habe manchmal fehr schmerzlich darunter gelitten. Und jeßt, ivo ich die sichere Empfindung gab-» daß etwas sehr Schweres auf .-.-ir lastet, jetzt bitte ich Dich von an em herzen, laß mich zum erften al in Wa rheit die treue Gefährtin Dei nes Le ris fein. Wenn ich Die nicht helfen kann, will ich das Schlimme »doch mit Dir tragen. Und Du darfst mir glauben, daß es fich dann leichter trägt.« Vielleicht war niir feine nerviiie Abspannung f ld daran, daß i re Worte und no mehr der innige, f e hentliche Klang, mit dein sie gespro · n waren, ihm nun doch eigenthiiins l ans Herz ifgm Er sah fein Hieb gealtertei · mit anderen u en an, als feit langer Zeit. Und in einem Innern regte es sich wie eine vorwiiefsvolle grase, ob sie nicht viel leicht nur des lb fo fchnell verblülpt irae, weil er sie schon nach dein ersten Jahr ihrer Ehe tinniee Ernte tin , Schatten stehen lassen. Eine Weich heit, die ihrn sonst ganz fremd war, wollte ihn überiommen. Ilnd er war nicht sehe weit davon entfernt,·« ihr wirklich sein belümmertes erz aus zuschiitten Denn daß es au er jenem Mitfchuldi en, dem er vorhin zur Flucht oeräolsem niemanden Fab, mit dem er über das drohende » erhäng niß reden konnte, machte ihm seine furchtbare Situation gewiß nicht leich ter. Aber die Anwandlung ging doch ,schnell vorüber, ohne daß er ihr un terlegn war. Und er schalt sich im Stillen einen Thoren, daß er nahe da ran gewesen war, sich von einem Weibe umstimmen u lassen. »Wenn die Welt fo beschaffen,wöre, meine liebe Katharina. wie sie sich in Deinem Kopfe malt, so könnte ich al lerdings gar nichts Besseres thun. als mich mit Dir des langen und breiten über meine geschäftlichen Angelegen heiten zu besprechen. Jch bin sicher, daß Du eine Menge schöner Worte in Bireitschast haben würdest, mir meine Sorgen auszureden und mir im übri aen zu ve.sichern, daß alles Mißge schick nur ein Kinderspiel sei, wenn man sich dabei so recht lieb hat. Aber die Wirklichkeit sieht leider etwas an ders aus. Da lomint man mit leeren Phrasen auch nicht um einen einzigen Schritt weiter. Lassen wir’s also lie ber beim alten. Wenn Du Dich Si grids annehmen und dafür sorgen willst. daß sie uns nitch durch irgend eine Thortieii Malves Hochzeitstag stört, so hast Du alles gethan, was Deine Frauenpslicht ersordert.« Nun erwiderte sie nichts mehr, son dern ging still mit gesenktem sion hinaus. Die Müdigkeit des Geheimraths aber war vdllig verslogen, und bis zum Morgengrauen saß er sinnend und zeitweise emsig schreibend an sei nem Arbeitstisch l i ) i l i i 6. K a p i t e l. · Jn einer Fensternische im Speise taah des Grand Hotel zu Stockholm saß Bernd von Degerndorf mit seiner jungen Frau am Frühstüdgtisch Nach langer Fahrt waren sie gestern Abend in der schmediichen Hauptstadt, der heutige Takt sollte der Besichtigunxj Fer ssehengwiirdiakeiten gewidmet tun Bernd, der in seinem grauen Reise anzug ebenso stattlich und imponirend aussah wie in der Uniforni, strahlte tsor Glück. Auch Malve war in ihrer holden Verwirrung von entzückender Lieblichkeit, aber ihre Wangen waren aussallend bleich und das zärtliche Lächeln, mit dem sie die leuchtenden Blicke ihres Gatten erwiderte. hatte etwas eiaenthiimlich Miidss und Ge zwungenes. . Sie hatte es bis jetz tapfer verbot-i gen, daß sie sich schon seit dem Mor s .aen ihres Hochzeitstages nicht recht? wohl fühlte, aber die schwere MattiasJ teit im Ron und Gliedern, mit der sieI an diesem vorgestrigen Morgen aus. unruhigem Schlummer erwacht want lastete heute aus ihr mit so dumpfem, i sast unerreiiglichem Druck, daß sie; fürchtete, nicht lange mehr einGeheim: l niß daraus machen-zu können. I Waren doch die Geschehnisse derz beiden letzten Tage sast wie im Traum ; an ihr vorübergegangen. Die Freier lichieit in der Kirche« von der re ei gentlich nichts anderes im Gedächtniß behalten hatte, als die letzten Segen-ös worte des Geistlichen und das herz brechende Schluch en ihrer Schwester ——— das turze, auf einen sehr tleinen Kreis von Theilnehrnern beschränkte Mahl, nnd dann die lange, lange Eisenbahnsahrt vereinigten sich in« ihrem Geiste u einer Fülle wirrer und untlarer Eindrücke, deren Einzel heiten sich aus eine seltsame Weise ver mischten. Sie hatte wohl sreundlich enickt undh ier und da ein Wort der ewunderung geäußert, wenn Bei-nd sie aus die malerischen Schönheiten der endlosen, schwedischen Wälder, der froßern stillen Seen und der anmu higen Dörser mit ihren kleinen, roth gestrichenen Häusern ausmertsam ge macht hatte. aber es war kaum etwas davon greisbar lebendig in ihrer Erin nerun haften geblieben. Todmüde war re nach der Antunst im hotel aus das Lager sunken und nur mit Anstrengung ha te sie sieh heute erhe ben und ankleiden können. Noch im mer war sie se entschlossen, ihren ungünstigen Ge undheitizustand vor Ver-nd zu verheimlichen. Au seine durch ihr leidend-Z Aus hen ever eru enen Fra en hatte e immer eine ru igende twort gesunden und bit t war es ihr auch gelungen, ihn zutiiuicheeu Er kannte die Stadt ebensowenig wie sie selbst, und war nun eifrig da mit beichiistigt, nach dem Reiseband buch ein Programm für den heutigen Tag zu entwerfen. Malve ziztterte bei dem Gedanken an die Strapazen, die ihr bevorstanden. Schon das Glitzern des breiten Stroms über den vom Fenster des prächti gelegenen Hotels aus derBlick dahin chiveifte, das Pfei sen der kleinen, bli i nell über die Wassersläche dahins ie enden Dam pfer, das Leben und Treiben aus der mächtigen Nordbriicke that ihren Ner ven weh. Aber Bernd war voll Ent ziicken über die ersten Eindrücke, die er von Stockholm empsangen, und voll fröhlicher Erwartung dessen, was ihnen an Sckzönbeiten der Natur wei ter bevorstan , dak siees nichts übers Herz gebracht bät e, ihn durch eine Bitte um Schonung u enttäuschen. Berettnzillig stimmte re allen seinen Borschlekgen Zu und auf sein Zureden zwan e ggar. etwas von den auzge ragenen perer zu nehmen un trat einer der Kenner an ihren Tisch heran. Die lohnt-use Tom-. dåSagen Sie, Kutschen ist die Tour nach Schloß FAMIer WH nen " ,,"’5reili’ —- da hab’n wir ja doppelte Tax’!« »Herr Bei-nd von Degerndors9« fragte er in deutscher Sprache. Und als der Freiherr erklärt hatte, der Ge suchte zu sein, reichte der Kellner ihm ern eben eingegangenes Telegramm. »Es wird noch ein verspäteierGliicl tvtinsch sein," sagte Bernd, »oder ein Gruß von zu Haus« Damit hatte er schon die Depexche erbrochen und ihren Inhalt über los gen. Molve glaubte wahrzunehmen, daß sein Gesicht einen Ausdruck der Bestiirzun annahm »Wa·5 ist es, Bernd?« fragte sie er schckroåtem »Doch teine schlimme Nach ki -t.—«« Er beherrschte sich, doch das sorg lose Lächeln lehrte nicht aus sein Ant litz zurück. Indem er das Blatt rasch usammenfottete und in die Tasche steckte, erwiderte er ruhig: »Nichts, das Dich beunruhigen müßte, mein setz! Etwas Dienstliches rson meinem ommandeur. Aber ich werde sofort oben aus unserem Zim mer eine Antwort niederschreiben zmiissen Willst Du mich aus zehn zMithtten entschuldigen, mein Lieb Una-« . Sie war nicht ganz beruhigt, denn das Hastiac und Gezwunaene in sei inein Benehmen lonnte ihr nicht ver horan bleiben. »Du wirst mich nicht lanae allein lasten, nicht wahr?'· »Gewiß nicht. Jch bin gleich wir der dir-« Er aiiia kastig ohne den Fahrstuhl zu benutzen, iiach seinem Zimmer. Da aber rißer das Telecramm noch ein mal au: der Tasche und starrte aiis die wenigen inhaltsschweren Worte, ais wäre es ihm tauni möglich, ihren Sinn zu fassen Und doch waren sie klar nnd ver fiiindlich genu - »Papa schwer erkrantt Eure Anwesenheit drinaend nothwendia. Kehret sasart zuriick. Sigrid.« Die Dedesche war a:n qestriaen Abend ausgegeben, und so beunruhi gend auch immer ihr Inhalt lauten mochte, zweifelte Vernd doch keinen Augenblick, daß sie noch teineswegs die ganze Wahrheit enthielt. Nur irenn sich das Schlimmste ;ii etraaen hatte, tonnie inan sich entchlossen haben, ihnen eine solche Schreckens botschast aus ihre Hochzeitsreise nach zuienden. Die Fassung dieses Tele ramnis war ostnbar nur dazu be stimmt, sie aus das Allerschrecklichste vorzubereiten Jhm aber siel die na menlos schmerzliche Ausgabe zu, Malde durch die grausanie Nachricht aus dem Himmel ihres jungen Glückes zu reißen. Er hatte sich mit der ersten besten Nothliige gesiiichtet weil er einige Minuten des Alleinseins brauchte, um sich aus seine schwere Pflicht vorzubereiten. Aber ivie er auch sein Gehirn zerinarterte nichts wollte ihrn einsallen, das ihr wenig stens das erste Entsetzen, den ersten siir terlichen Schrecken erspart hätte An die schonendste Umschreibun mußte ihr sosort alles verrathen, au hinter der leisesten Andeutung würde sie auf der Stelle die ganze Wahrheit vermuthet haben. Noch war er nicht zu einein Ent schluß ck,teimmen als er hinter sei inein Rck en die Thür gehen hörte. Er bemühte sich, hasti das Tele Igrarnni nizzu verstecken. ie er vermu t t hat , war es Malve, die aus der chtveclest st.and Aber innerhalb der wenigen Minuten war eine er zihreitenliev Veränderung in ihrem usseheri eingesungen-J Ihr vorhin nThon blasses war ietzt weiß e Sinnen; ihre unnatürlich weit ge svssneten An en hatten etwas von dem Innheimlich starren Glanze, den man in den Augen hochgtadig Fiebertran ter sieht. Auch sie hatte ein entfaltetes Tele grarnrnformular in der rechten Hand, während sie mit der linken eine Stil e an dein Thürpfosien suchte. Sie wo te sprechen, aber ihtevLippen bewegten ich, ohne daß ein Laut vernehmlich wurde. Nur das in ihren zitternden ingern knisternde Blatt konnte sie hm entgegenhalten. Bernd stürzte auf sie zu und er faßte mit einem einzigen Blick auf das unselige Papier dte Ursache ihres be iin ftigenben Zustande-L nn da Land mit klaren, un barmherzigen Worten geschrieben: «Gehe·tmrath Breitenbach hat sich gestern nach Aufbeckun von ihm verübter un eheuret Eritis ere en erschossem ofortige Rückle r un bedingt nothwendig. Dein Pater haer Degerndorf.« Wel ein furchtbares Verhängnis-! An dte ern»Augenl-lick tng all seine tiavnche Lah- mmk u einer Em Pfindung leidenschaftlichen Zornes ge en den Mann, der es übers tz krick tacht hatte, diese Depefche zu en n »Malve! Mein Liebling! Mein Her zensweibs So fasse Dich doch! Esist Ia ni t wahr —- es kann ja nicht wagt ein!« e hatte seinen Arm um die Wan kende geschlunqu Um sie zu stützen. Und schwer sank ihr blondee Kopf gegen seine Brust. «Laß mich sterben, Bunds-wenn Die-mich lieb hast, fo laß mich· stet ben,« bat Malve leise. ) Dann stürzte ee zu dem Zeitgen »phen und klingelfe unaufhörlich, bis Iein Zimmermädchen bestürzt den Kopf szuzr Thür l,eteinstreckte· i pEinen Arzt!« schrien ier zu; !,,llmGotteswillen, schnell etnen Arztt i Und sie mußte wohl genug von set ner Sprache verftehen, um u begrei fen, was er begehrte, denn te zogst eilig wieder zurück. Und kaum futt Minuten später, während Ver-nd n immer die verzweifeltsten Versuche machte, sein junges Weil-. tng Leben zurückzurufen, trat ein großer, blon der Herr mit typischem Standtnavter gesicht und goldener Brille in Beglei tung des Mädchens über die Schwelle. Er war des Deutschen nicht mach tig, aber er sprach fließend fr·anzo-« fiich und so war die Verständigung nicht schwer. Nachdem er sich als Doktor Lindblad vorgestellt und zur Erklärung feines raschen Erscheinen-Z hinzugefijgt hatte, daß er eben zufah lig bei einem anderen Patienten tm Hotel gewesen fei, trat er zu Malve und ließsi ch von Bernd darüber un terrichten, unter welchen Umständen ilxre plötzliche Erkrankung erfolgt set. »Es war der Schrecken über etne unvermutbete schlimme Nachricht, der diese Ohnmacht verursacht hat,« er plärte der aufs Aeußerste erregte junge Gatte. Der Arzt, der die höfliche, sichere Art aller gebildeten Schweden hatte. und dadurch sogleich Bernds Ver trauen gewann, winkte dem Mädchen, dtePatientin soweit zu entkleiden, als es für die Zwecke seiner Untersuchung nothwendig war. Er ging sehr künd lich zu Werte und Bernd, dem tch un terdessen die Sekunden zu aualvvllen Ewigteiten dehnten, suchte in seinem Gesicht zu lesen. Aber die Miene des Doktors blieb unverändert und un durch-dringlich Endlich vermochteBernd nicht län ger an sichz u halten »Sagen Sie mir, Herr Doktor-, um was es sich handelt! Es ist doch nichts Ernstzaftesi Können Sie denn gar nichts t un, sie wieder zum Be wusztfein zu bringen«-« Lindblad schüttelte nachdenklich den Kopf. »Es würde zwecklos sein. Gedulden Sie sich, bitte, nur noch kurze« eit, mein here-Wann werde ich J nen Rede stehen« Ein paar Minuten iirchterlichen Wartens vergingen noch, ann richtete sich der Arzt auf und zog den Frei herrn beiseite. »Es handelt sich leider nicht nur um eine vorüber-gehende Ohnmacht, " sa te er. »Die rantheit, von der Jfre Frau Gemahlin befallen worden si, sdatirt nicht erft seit dem Augenblick, »da» sie die schlimme Nachricht empfing »Die Erscheinungen können durch dte HErregungbeschleunigt und gestei ert twordett eur. Aber diese Bemessung tlett ware sichert-lich binnen kurzem Hauch ohne sotchen Anlaß eingetreten.« ; Entsetzung solgt.) Gekommen iii sie wieder. hie herr liche Zeit, da der Vorstädier mit gro ßem Stolz fiir fünfzig Cents Ravig chenfamen in die Erde versenkt, um im Sommer fiir 229 Cents Radieschen zu lernten. 3 t- iec — j Dem Gorli ist das schlimmste pas siert, was hierzulande einem Mann Ipassieren kann, der in der Oeffentlich leii wirken will — man redet nicht mehr von ihm. i O . »Der König Viktor Emanuel«, fagt eine Pitisburger Zeitung, ,,ift ein Kö nig, jeder Zoll ein König-« Es toiite Unrecht. von der Größe diefes Königs auch nur einen Zoll abnehmen zu wol len, um fo mehr, als er nur 62 Zoll hoch und im Stande ifi, unter dem wagerechi ausgestreckien Arm feiner Königin durchzusehen, ohne ein Vase feines königlichen Daupies zu lriims Uml- -