Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 11, 1906, Sweiter Theil., Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Weim- chkkkhrbtikk non
Tinte kunkmngei.
No. 206. ---—
Jch hen schon
viele molg ge
wunnett, wie
manche Stor
kikpet Bißnesz
duhn könne.
Ich meine nit
in Niegatds zu
ihre Gutt5, no,
das is aus
die Kweftfchem
bkkshs, wenn die Gutts nias wekth
sin. dann is ihre Guhs schnell ge
kocht. Jch meine hier in Riegard zn
Pie Klerks, wo se impleue. Sehn Se
Ich sin doch e Lehdie, wo atig Essig
fäitisfeik is. Wann ich eclsäcktlie
kriege was ich will un es duht nit viel
koste, dann duhn ich gar nit kicke,
awwer, wann ich in en Stohr gebu,
dann hen ich immer Truhel un do lin
immer die Klerls schuld dran. De
annere Da sin ich fort gonge e wenig
fchavpr. Ls is nämlich meine Inten
fchen gewese. mich e neues Spring
Tschäcket zu kriege un do muß mer
sich doch erscht e wenig umgucke un
muß die differenie Gufis preise, dann
kann mer schließlich lein Meind uff:
mache, was mer will. Jch sin also
zllktschk in Dunselmeierfch Steht
gange. weil der for mich am nächste
ig. Wie ich in den Stor komme sin,
do is e atig großes Kraut da gewese;
off Rohr-H will jetzt alles Springgi:t«s
kaufe nn do is in einigem Stor en
Rofch Ich sin an den Kanne
gange, wo se die Koltts un Jäcietr2
verkaufe un in die erschte Lein, hen
ich wenigstens e Stnnd lang warte
müsse, bis die Klerk niii die anners
Koftiemerfch fertig war. Es is wahr,
manche Leut, mache’-3 arig hart for
die Werks Endlich is dann nsein
Törn komme un se hot mich g-:«-rait,
was se for mich dubn könnt. Do hen
ich gesagt: Ich gleiche Ihre Lein in
Springlfchäcketzs zu sehn. Do bot fc
mich angeguckt, als wann ich dir
Tfchickens alle-z Brot geitolile hätt
Se lxok mich, wie mer uff deitfch sage
duht, geseish als wann ich en Reim
minell wär un se wollt mich nur noch
eioentifeie. Dann tzoi fe mich e
Tschiicket gebracht, das war grißegrau
Wei, Lehrm, hen ich gesagt, Sie hen
awwet en schlechte Tebst; wi könne Se
e Lehbie in meine Jahre e graue Kol
let gewink? Wisse Ee noch nit soviel,
daß e Lehdie. wo iiower die etschte
Jugend enaus ist, ebbes lebhaftes
wehte muß?« Do bot se gesagt: »Leh
die, Sie hen mebbie en periickeler
Tehsi, awwek gteh is der Steil un wer
den Sieii mittnache will, der detf nicks
annerichiek wie greh wehre.« Do den
ich gesagt: »Sie wern mich doch nit
sage wolle, was ich zu wehte den«-, Sie
duhn doch nit for bezahle, ruhn Se?
Gewwe Se mich emol ebbes in roth
oddee in grien.'« ,,Ahltecht«, hot se
gesagt un bot mich e riyerothes
Tschcicket herbei gebracht; ich hen«s auch
arig gut gegliche un wie ich’s angetreii
ben, do hot’s gesitt, wie e Pehper an
die Wahl. Ofsegestacme, sin ich e we
nig’zu kotpulentifch oddek ivie mer uff
deutsch sage duht, ich hen e wenig zu
viel Awwetdipeu9, for ebbes zu wehre,
was so klohs fitte duht, atvwer was
geb ich drum. Jch hen gefragt, was
der Preis is, un do hot se gesagt, has
Tschkjcket wär letzte Siesen for fünf-»
zehn Dahler verkauft worde, ein-wer sie ’
tvolli’g mich for fünf Dahlek hen losse.!
Do hen ich awwet gesagt: »Den« Sie,
daß ich mei Geld siehle dulm oder.
meine Se mehbie ich wär en Milljio
nehr Fünf Dahlet is viel zu viel
un wann Se den Preis nit reduhse i
Sie nfisse not nit denke, daß Ihr mich
rahbbe könnt; ich rufe so ebbes i
Schwindel un Heiwebcahbberie.« Well,
ich denke, es war doch gar nickg in
meine Worte, wo aus den Weg war,
awwek jeht hätte Se emol die Schwil
nohs höre solle! »Mäddem,« bot se ge
W
sagt, »ich kann off Kohrs nit wisse, od
Sie en Milljioneyr sin ovder e Wasch
wummen, biiahs in Ihre Leimmitfch
nn ihre Aeckfchens kann ich kein Diffe
rens imhtisse, answer wann Sfe denke,
fünf Dahler is zn viel for das Jäcfeh
dann den Sie ja das Prisfileisch, esZ
nit zu laufe. Es bot noch annere »
tohrsz in Taun, wo St mehbie eins ;
geschenkt kriegt-. Sie rniisse, wann i
Sie cbch kaufe, nii Mos for die Ohms I
bezahle, Sie müsse auch for unserei»
Zeit bezahle, un wann ich Jtme for all !
die Zeit rechne n«ollt, wo ich jetzt irlyon
an Jltsne gen-edit hen, dann miifzie Se l
noch e darnfeit mehr bezahle. Wann i
»Se jetzt Ihren Meino noch nit nffge
macht nen, zn kaufe, dann tonnne Se
besser e anner tnol minder, mehbic im
Tfchstllei. dann ben mer mehr Zeit »in
spehre; jetzt muß ich an annere Hostie
merfch warte.« Hen Se schon emol so ,
ebbet- gehört? Jch war ganz dumms
saundet. Jch hen gar keine Worte ge
habt! Die anneke Kostiemersch hen
geschnieilt un hen sich denk ich driw
wer gefreut, daß mich die Kleri so en
Daunkahling geiowe hat. Do hen ich
gesagt: »Sie warte an die anneke
Kostiemersch, wann ich mit Jhne dorch
sin; duhn Se mich das Jäctet ein
räppe, ich nemme eg mit«, un dann
hen ich e zwanzig Dahler Bild hinge
legt un hen for mei Tschehnsch ge
wöi. Das bot auch noch e Ewigkeit
genomme un ich fin froh gewese, wie
ich Jus den Stohr war. Jch fin dann
reiteweg zu Die Wedesiveiierm for sie
mein Burgen zu zeige un sie eniol zu
ver-zähle, wie mer in den Stokir von
Dunselnieierich getriet werd· Sie ouht
doch immer so große Stiaer iiff den
Stoht halte un denkt, es deht nor ein
Stor gewwe iin das wär Daniel
meietsch ihrer. Wie se mei Ischäcket
gesehn hot, do sagt se: ,,Lizzie, bot se .
nit um Mittneit mit an die Striit
gehn. Wie kannst dn nur so en Stoff
kaufe? Das is der Steil von e Jahr
zuriict un wer heut so ebbeö wehte
dicht, ver guckt wie e Schtehrkroh. Be
tracht nor emak vie Schlieis3, die sm
ja fieisull. Du kannst ja ruhn was
»du willst, answer wann du denke duhsi,
Fdaß ich nur ein Stepp mit dich an die
Stritt mache, wann du sellez Tichäcket
anhaft, dann bist du arig inisfteiiken.«
Wie ich das gehört ken, Do den ich aw
iver e Wuth nii die Klert triegi. das
hot einiges gebote. Wie kann mich so
e unverschämte Person so-e aitfäschen
des Ding usfikängeZ Wann Die Seins
gesagt, wann du mich hunnert Daiilek
geivive dehtst un debtst mich das z
Tschäcket scheute un dann deht ich noch
piebels in en Stolst nii wisse, was
Steil ig, wie soll ich's- dann do wisse?
Dann hen ich die Wedesweilern ver
:ziihlt, wie mich die Kleet getriet bot;
»ich hen se oss Rohr-E- nit alles gesagt,
»was ich —zu se gesproche den« awioer
das is auch nit nöthig. Die Weder-Z
weitern hoi gesagt, sie wollt emol hin— ;
gehn un zu den Mister Dunselmeier
tahte; wann das alles so wär, tvie ich J
sage deht, dann müßt er die Klerk
reitetvea feiern. Zwische Jtme un
mich, Mister Edithor, wär ich froh,
wann die Weregweilern nit bin gehn
deht. Wisse Se. ich gleiche nit, daß
an mein Etaunt en Fosz aerehst werd.
und daß so e armes Diehr tvege mich
gefeiert werd. Ich sin ja so iesig zu
sättisseie un ben for so ebbeg auch e
viel zu anieQJ Herz.
Mit beste Niegnrdg,
Dom-L
Liz,;ie Hansstenge!.
—-.--——
Die Sänger von Direktor (!onried"s
Operngesellschast können von ihren
Erlebnissen in San Francisco ein
Liedchen singen, aber kein erfreuliches
Zi- Q O
Am schwersten versöhnt man eine
Fran, die ohne Grund schinollt.
It F O
Die seinen Damen in Washington
benuyen parsüiniertes Gasolin für ihre
Selbstsahrer. Wollen sie damit das
Schnauserl in guten Geruch bringen?
.Eine Portion Austern, aber mit Perlen!«
Das Karniekel .
Humorkstische Stirn von L i s e H.
L ö n :
,,llbrigens«, «« los; Ronsnl Sicht
cnener seine Rede, ,,bist du wohl so
freundlich nnd befestigt an jedem
Schlüssel einen Zettel, damit nicht
wieder so ein slseilloses Durcheinander
einsieht und ich nicht wieder dag- Ver
aniiaen habe, eine ellenlanqe Schlos
serrechnuna zu bezahlen«
»Aber ich bitte dich, lieber Manu,
ich lenne die Schlüssel alle genau und
wenn dn es miriiberlassen lnittest...«.
»Natiirlicl)«, unterbrach er sie
scharf, »ich war mal wieder das Kari
nictel, ich habe dieSchulb. Wenn
irgend etwas verkehrt geht, du bist
immer die Unschuld. Das-·- ist so deine
beliebte Manier. Aber, wie gesagt
dieses Mal wirst du mir die Sorge
für altes aesälliast überlassen. Der
letzte, der aan dem Hause gebt, bin
cch.«
»Aber wir könnten doch schließlich
zusammen . . . .«
»Zusamnien, zusammen«, ereiserte
sich Söblmeber, »damit ich das, was
du verbumme-lst, doch wieder in die
Schuhe geschoben bekomme. Was ich
tlnie, wird gründlich gemacht. Du
tannst dich daraus verlassen, dasz nicht
wieder irgendwo vier Wochen das
Gag brennen bleibt und...«
»Konnte ich etwa wissen, daß du
dich im Badezimmer rasiren nnd das
Gase brennen lassen wiirdest?« ent
geanete Frau Söhlmener gereizt.
»Das-, ich im Sdtlaszimmer leineu
Platz dazu hatte, wenn deine zehn
Koffer da liernrnstelsen das wirst du
wohl einsehen, sollte ich meinen.«
»Und ich sollte meinen, daß man
nach Gebrauch die Gaisslamme nicht
allein ausdrelsh sondern auch den
von dir wieder aeösfneten Haupthahn
tlelsrkaeng waren eg nur drei Kosser,
und nur einer davon war meiner.«
dionsul Sdlilmener brummte etwas
Unverstiindlichecs in den Bart, ariss
nach Hut und Ztort und verließ dasJ
Haus .
Frau-Söhlnsener nnd Annette hat
ten noch alle Hände voll in thun, Kä
sten nnd Fchnbläden wurden leer,
Schachteln und stoffer voll. Gespen
fterhaft leuchteten die tveifzverhange
neu Polstermöbei. Biisten und Kron
leuchtet in den halbduntlen Räu en,
und iiberall roch es nach Naph alin
und Mottenpulvet Erst spät in der
Nacht wurde es ruhig im Hause nnd
beim Morgengrauen wieder lebhaft.
Auf mangelhaft gedecktent Tisch
wurde das dilettantisch zusammenge
selzte Friihftlick eingenommen, denn
alle Reste sollten verschwinden Mit
Schauder-n dachte frau Söhlmeher
an den Duft, der ihr einmal entge
genschlug, als eine Schüssel mit Hum
mer im Speiseschrgnt vergessen war.
Herr Söhlmever ging in gereizter
Stimmung durch alle Räume, stol
verte iiber die aufgerollten Teppicbe,
erklärte den Gebrauch von Motten
pulver im Winter fiir baten Unsinn,
schincpste auf Bonilen als ein elendes
Gemisch im Allgemeinen und belon
dere- auf die Ananabbotvle, die sein
Freund Pfannetrsannidt gestern zum
Besten gegeben.
»Botole im Winter«, grunite er,
»auf so eine verriiclte Idee kann auctl
nur der kommen, da muß ja jeder nor
male Mensche sich den Magen ertiil
ten.«
Dann schickte er ltlnnette die ge
rade schon genug zu thun hatte, um
Selterztvasser zum Kaufmann und
nachher zur Apothete, Migränepnlver
In holen.
»Seid Jer denn immer noch nicht
fertig«, brummte er ärgerlich »Ich
habe doch deutlich genug gesagt, daf;
du dich um zehn Uhr fertig hältst nnd
dann zu deiner Schwester gehst. Ilcn
Vuntt zwölf treffen mir uns auf dem
Bahnhofe, und lafi mich gefölligst uictit
viel länger als eine Viertelstunde
toarten.«
»Ich will nur even rann einxnal
nachsehen . . . .«
»Du hast heute nur naclmssenen ot-«
du den Hut aerade aus dem Kopf l)ast.
Tag andere überlaß aesälliast rnir.«
»Wie du willst«, meinte Frau
Söhlmener ruhiq und ariss nach Sitz-i
semanlel und Handtasche ,,«3llso, mag
its-. noch saaeirlvollte, um els lllJr
kommt also der Dienstmann.«
Dann verließ sie mit Annette, die
den Boaellrauer zu ihrer Schwester
trna. das Haus.
»(5ndlich«, saate Söhlmener besrie
diat, steckte sub eine neue Ciaarre an
nnd begann seineWanderu na durctJUJ
Haus. Im Keller war alle-J in er
nuna« Gas und Wasser abaestellt, die
Fenster in nnd die Lustllavpen auf.
Dann aina er noch oben, ließ die Xa
lonsten lierunter und zoa die Schlijf
sel von den einzelnen Zimmern leate
sie in ein Körbchen Zusammen und
stellte dieses in den Geldschrant.
»Nun noch die Hände waschen und
einen Blick in den Spiegel, dann mä
ren wir so lveit.«
Daß kein Wasser irn Schlasiimmer
war und die Leitung abgestellt, ver
droß ihn, aber nur einen Augenblick
Dann sah er aus die Uhr.
»Halt) els erst! Großartig!«
So fand er Zeit, sich noch eine
Kiste von seiner Sorte Ciaarren zu
holen und irgendwo so recht in Ge
rniithsruhe zu frühstücken. Das-«- würde
dem elenden Katrraesiihl schon den
Garaus machen.
Nun hatte er auch die äußere Haus
thijr verschlossen, und mit sich so recht
zufrieden, ging er die Straße hin
unter.
·«Na, alter Junge«. meinte sein
l
Freund Pfaimenschmidt, der ihm be-;
gegnete, »also nun soll’g ja wohl los-— ;
gehen. Beneidengwertheg Menschen
lind!« . ;
»Ach was-", knurrte Söhlmeyer,
»da ist was zu beneiden bei meiner
Gicht.« .
»Nun, nnu«, bliii«i,elte Psannens
schmidt, »so schlimm wirko wohl
nicht sein. So ietzt bei diesem Win
ter in Wiegbadem Maine und daher
um soll es wohl nicht so übel sein.
Flor-uns darauf machen wir noch mal
einen Friihschoppen.«
lic— war zehn Illinuten nach ,noöls,
als Göhlmeher nach der Uhr sah.
»Donnernetter, nun wird es aber
Zeit.« Lsr trant eilig sein Glas aus
nnd schickte den Picrolo nach einer
Droscbte.
lssz fehlten noch sieben Minuten bis-Z
znm Abgang dec- Zuge-zu Seine Frau
wiirde also schon mit seiner Person«
nenlarte auf den Bahnsteig gegangen
sein, wie er ihr gesagt hatte.
»Du lommst aber wirklich im letz
ten Augenblick«, rief sie ihm entgegen.
Die Schaisner begannen schon die
Thiiren iu schließen. »Hast du . . . .«
»Ach gewiß«, sagte er hastig, ,,alle«:«
ist besorgt, sei nur ganz beruhigt.«
»Ja, bast du aber auch nicht ver-:
gessen . . .
»Ich verbitte mir nun aber alle
Fragen. Wenn du erst damit an
fiingst, bist du wohl bisJ Frankfurt
nickst fertig damit.«
Frau Söhlmelier schwieg, setzte sich
in eine Ecke und begann ibr Buch auf
zuschneiden. Sie kannte dies- Sta
dium nerriöser Bullrigleit bei ihrem
Manne, und nahm es nicht weiter
iibel. Nach ein paar Tagen der Ruhe
war er wieder ander-J.
ES war Abends, als sie in Wies
baden ankamen. Der Konsul winkte
einer Droschke und bedeutete seiner
Frau einzusteiaerr Dann gab er dem
Kutscher die Adresse des Hintele
«Wollten wir nicht lieber aleich die
-.siofser mitnehmen?« sraate Frau
Sölilniener verwundert.
»Die Koffer?« Herr Söhlmetter
arifs mit beiden Händen nachdem
Wagenschlaa. Seine Kniee zitterten
und er war treibt-weiß qeworden.
Wortlos starrte er seine Frau an.
»Du bist doch nicht sortaeaanaem
elie der Dienstnmnn die Koffer ges-«
holt batie«, sraqte sie sanft.
»Ich qlnube doch. liebes Feind Ich
alaube...« stotterte er, »ich ltatte
ganz vergessen.... ich erlaubt-. dies
mal tvor.... war ich wirklich das
Fiarnickel.«
sp Dann trat er langsam unter die
Laterne und schlug das Kurs-blickt
auf. (5:r wollte zusehen. wann der
nächste Zug zurück ging.
-—--s-.-.--s——s
Berliner Leben.
Berlin. It-. April. Ein Gang durch
Berliner Hauptstraszen in dieser Jah
regzeit ruft uns Dorne-I Wort: »Nicht-J
ist dauernd, alsz der Wechselt« oder
auch Schillerg mehr Poetische Wen
dring: »Das Lllte stiirzt, es ändert
sich die Zeit. - ltnd neues Leben
bliiht »in-J den Ruinen!« ing- Ge
dächtuiß. Wohin man blickt: Riesen
bauzäune, gelvaltige Gerüste, unge
heure Liieten Selbst die Jahrzehnte
lang von der herrschenden Bauwut ver
hältnissmäßig noch am meisten ver
schont gebliebene Straße Unter den
Linden ist nun auch in diesen Strudel
hineingerissen worden. Por wenigen
Tagen hat der Besitzer deg- ersten Ber
liner Kunstsalons5, Schulte, sein bishe
riges vornehmeg Heim in dem alten
Redernschentttalais geräumt, und schon
ist diese-Z Gebäude, das in seinen ein
sachen, edlen Linien bis zuletzt den
wiirdigsten Eindruck gemacht hatte,
nahezu dem Erdboden gleichgemacht.
Das gleiche Schicksal teilt ein nebenan
gelegeneg, nicht minder stattliches Pa
lais am Pariser Plats, und an deren
Stelle toird nun bald ein moderueg
Hotel mit einem großen Wiener tsases
errichtet werden. Ob die Veränderung
dein Platze, der bisher einer der schon
sten Berlin-J war, zum Vorteil gerei
chen wird, ist allerdings sehr lztveifel
;hast. Indessen fragt man hier nach
Yderlei ästhetischen Rücksichten erst zu
;letzt, die praktischen trerden stets vor
angestellt. Das-; bei dem mächtig an
schtoellenden Berliner Fremdenvertehr
ein Riesenhotel zweckmäßiger ist, ali
ein einstöctigeg altes Palais, wirdtein
Geschäfte-wann bestreiten wollen. An «
scheinend steht iivrigens dem Pariser
Platze noch eine weitere, durchgreier
dere Veränderung bevor. Er wird be—
tantlich nach dem Tiergarten zu von
dem Brandenburger Tor abgeschlossen
Es ist dies dasv einzige wirkliche Tor,
das in Berlin noch vorhanden ist. Es
trägt nicht wenig dazu bei, dem schönen
Platze sein eigenartiges-H Gepräge zu
verleihen. Aber seit Jahr und Tag
wird hartniiaig der ungliiclliche Ge
danke verfolgt, dieses Tor sreizulegen,
weil man sich davon irrigerweise ganz
besondere Wirkungen nach Art des völ
lig sreistehenden Pariser Triumphboi
gens verspricht. Aber dieser Bogen ist
eben nie ein Tor gewesen und steht
außerdem aus einem Platze, der cirea
sechs mal so groß ist als unser Pariser
Platz. Das Brandenburger Tor wirkt
gerade dadurch so monumental, daß es
von niedrigen Häusern unmittelbar
umgeben ist. Hier ist einmal ein Platz
vorhanden, der durch wahrhaft künft
lerische Abmessungen einen einheitlichen
Eindruck macht, zu dem gerade das
völlig eingebaute Tor gehört. Es soll
aber durchaus sreigelegt werden, und
da man mit einer Lotterie nach dem
Muster der samosen Schloßsreiheits
Lotterie nicht w« der zu kommen wagtj
so hat man einen anderen Ausweg ge
wählt. Mit verstärkter Bestimmtheit
tritt das Gericht auf, daß die Unter
grundbahn Pläne der Großen Berli
ner Straßendahn Gesellschaft hiermit -
zusammenhängen. Sie will teilweise
auch die Linden vom Brandenburger
Tor her nntertnnneln, und soll sich,
um die Konzession zu erlangen, bereits
anheischig gemacht haben, die Häuser
zu beiden Seiten dieses Tores anzu
kaufen und niederlegen zu lassen, so
daß damit nun der Lieblingsgedanke
der Freilegung dieses Tores verwirk
licht werden könnte. Nach früheren;
Erfahrungen ist der »Großen« diese
kühne Kombination schon zuzutrauen,
wie andererseits zu befürchten steht,
daß sie so die Konzession und das
Brandenburger Tor die Freilegung er
» langen wird. Man weiß nicht, was be
z dauerlicher wäre.
; Das neuerstehende Wiener Case- am
iPariser Platz scheint dazu bestimmt,
ldem am l. April geschlossenen Cafs
sini Hotel »Raiferhos« als Ersatz zu
sdienetk Eis war dies das erste und
sältefte Wiener Cafis in der deutschen
Reii1)5ha11ptstadt und hat iiber 80
Jahre bestanden. Eine gewisse kultur
ngschichtliche Bedeutung hat es auch
dadurch erlangt, daß dessen erster
Wächter-, Max Bauer, der Begründer
) sozusagen einer reichsdentschen Koffer
hausI —- Dynaftie geworden ist. Es ist
derselbe Bauer, der einige Jahre spä
ter das berühmte glänzende Cafrk
s Bauer Unter den Linden eröffnete und
sder dann nach und nach zahlreiche
große Städte ini Reiche mit einem
,,Caf·1 Bauer« beglückt hat, dac- mit
der Zeit fast zu einein Gattungsbe
griff bei-angewachsen ist. Aber noch in
anderer Hinsicht hat das Caf·«- ,,Kai
serhof« eine kultur: nnd literargei
schichtliche Bedeutung gewonnen. Seit
1870 hat die Berliner Schriftsteller
ioelt einen starken Zung aus Oesier
reich gehabt. So war es natürlich,
daß die öftereichischen Federhelden die
ersten Stammgäste des neuen Wiener
Cafcss wurden und ihre reichgdeutschen
Berufsaenoisen nach sich zogen. Jm
Casss tiaiserhof etablierte sich gleich im
Herbst 1875 unmittelbar nach der Er
öffnnna ein Stanmitisch von Literaten
aller Art, denen sich einige bevorzugte
Schauspieler nnd andere Künstler zu
gesellten. Dieser Stainnitisch gewann
bald eine Unheimliche Ausdehnung
Der Berliner Vertreter einer großen
Deutschen Provinzzeituna fiihrte den
Voriitz und sorgte dafür, daß zioar ein
freier, aber durchaus anständiger Ton
liier herrschte. Sonst wurden hier alle
möglichen Fragen der Politik und der
Kunst mit einem Ernst und einer
Griindlichteit erörtert, als ob es sich
nicht nin Kannegießereien, sondern
um wichtige Beratungen handle. Nach
11 Uhr Abends erst begann sich dieser
Stainnitisch zu füllen, und bis in die
frühen Morgenstnnden hinein hielten
die meisten Befncher aus-.
So mancher Leitartitel, der nachher
die politische Welt bewegte, wurde hier
in seinen Grundzügen ausgehecti. So
manche Aufsehen erregende Enthiillung
tam hier zuerst zum Vorschein. Dieser
Stammtisch hat übrigens auch fiir das
Berliner und das gesamte deutsche
Theater eine entscheidende Bedeutung
zgeloonnem denn an ihm wurde in den
:achtziger Jahren recht eigentlich die
erste ,,Freie Bühne« geboren. Schlenv
ther und Brahm, damals noch zwei
bescheidene hiesige Journalisten und
Krititey gehörten auch zu den regel
mäßigen Besuchern dieses Stamm
tischeH, an dem sie mit gleichgestimmten
Seelen zuerst den Plan besprochen, eine «
völlig unabhängige Biihne ins Lebent
zu rufen und dort Werte unbekannter I
oder nicht genügend geloiirdigter Auto ;
ren aus; ufiihren Sie iviesen dabei l
hauptsächlich aus einen, der mitnnter
nich in ihrer litesellschast am Stamm
tisch erschienen war und durch seine
mächtig hohe Stirn, seine lleinstädti ’
sche Unbeholfenheit und seine in Berlin
auch gar nicht heimische Schloeigsam
teit ausgefallen war. Er nannte sich
Gerhart Hauptmann, ein Name,
damals noch so fremd allen Lippen!
Man weiß, tote vom Casrs Kaiserhof
aus dann ihren glänzenden Weg ge
knacht haben: die Freie Bühne, Sohlen
ther, heute Direktor des Wiener Burg
iheatersJ, Brahm, Direktor des Deut
schen bezw. Lessing Theater-J und nicht -
zuletzt Hauptmann selbst! DerStammi
tisch hat diese Gäste, nachdem sie ve
riihmt geworden waren, allerdings ver
loren, aber er blieb doch hics Zuletzt oe
stehen und war der Ausgang fiir man
che Laufbahn, die ohne ihn und feinen
Einfluß wohl lau-n zustande getom
men wäre. So war, um ein lleineres
Beispiel anzuführen, der heutigetlteitth
tagsahgeordnete DrÅJJtugdan als blut
junger Arzt hier eingeführt worden
und hat iu diesem streite Wert Ver
ständnis nnd «znteresse siir die Politik
gewonnen. Die Literatur freilich, die
nach Hauptmann entstand, hat sich an
dere Schauplätze gesucht und hat na
mentlich im Casck Schiller am Gendars
menmarkt, auch ,,Cafk? Größeuloahn«
genannt, einen Mittelpunkt gesunden.
Von hier hat u. a. Maximilian Harden
von vornherein im ausgesprochenen
Gegenfatze zu den literarischen Größen
des ,,.tlaiserhoss5« seinen journatisti
schen Aufstieg gemacht, nachdem er
dort eines Tage-J als hefchäftigungsla
ser lleiner Provinzschauspieler ausge
taucht war
—
Jm Caf(H Kaiserhof etablierten sich
mit den Jahren noch mehr Stamm
ecten. Besondere Berühmtheit erlang
te namentlich die Schachecke, in der
erste Sterne atn Himmel dieser Kunst
zum ersten Male auftauchten und ent
deckt wurden. Hier haben sich die
Schachmatadore Laster und Tarrasch
die ersten Sporen verdient. Hier wur
den zwischen ihnen und anderen Mei
stern die großartigsten Kämpfe ausge
fochten. Hier verkehrten auch auf an
deren Gebieten berühmte Schachlieb
haber, wie Reinhold Begas, Ludwig
Barnay und namentlich Ostar Blu
menthal, der mit dem edlen Brettspiel
fast ebensogut Bescheid weiß wie mit
izierlichem oder witzigem Vers-spiel.
Auch Albert Riemann, der unverges
sene Wagnersänger, war bis zuletzt in
dieser Schachecke Stammgast. Nun ist
das älteste Wiener Cast Berlins ge
schlossen und seine zahlreichen Stamm
gäfte müssen sich anderswo eine ähn
liche Stätte suchen, in der sie gewiß
die frühere Behaglichkeit nicht finden
werden. Das Cast Kaiserhof ent
sprach nicht mehr den heutigen An
sprüchen an Ausstattung, es hatte nicht
genug Spiegelscheiben, kein gleißendes
Gold an der Decke und den Wänden, es
war zu einfach und zu —- gemütlich.
Darum mußte es seine Pforten schlie
ßen, um — bezeichnend genug —- einer
Bar im amerikanischen Stile Platz zu
machen. Wieder ein Beweis-, wie sich
die deutsche Reichghauptstadt mehr und
mehr amerikanisieri. Jm letzten Drit
tel des vorigen Jahrhunderts stand sie
vorwiegend unter dem Einfluß Wiens-,
san der Jahrhundertwende iiberwiegt
i der Einflus- New Yorkg.
! Die Einwanderung auf Ende-.
i
Aus der Jnsel Euba ist noch viel
Platz für neue Ansiedler, und seit dort
geordnete Zustände herrschen, hebt sich
auch die Einwanderung mehr und
»1nehr. Das dortige Klima ist äußerst
»gesund, und der Boden höchst frucht
sban so daß kein Risiito mit der An
ssiedelung verbunden ist· Natürlich sau
tlenzen darf man auch in Cuba nicht,
und da liegt auch der Grund, warum
die Jnsel nicht schon früher besser an
gebaut worden ist. Die farbige Bevöl
kerung schwärmt auch dort nicht ge
rade dafür, den Nacken zu beugen un
ter der Last der Arbeit. Das Leben
ist ja auch so schön genug, und wenn
man keine besonderen Ansprüche macht,
braucht man auch nicht viel zu arbei
ten. Und Ansprüche macht ja der
Schmarze in dem lieblichen Lande äu
ßerst wenig. Er ist zufrieden, daß er
srei ist Und daß ihm niemand etwas
zu besehlen hat. Bezeichnend ist die
lAntwort, die ein Neger aus die Fra e:
»Was ist Freiheit?« gab: »Hm-er na
v espaeärse'«——Nichts-thun und hum
meln. Diese buminelnde farbige Bej
völterung macht nun aber an 82 Pro
zent derGesammtbevölterung derJnsel
aug, die ungefähr lz Millionen be
trägt. Es ist also noch Raum genug
Hauf der Insel für neue Ansiedler.
; Bis Ietzt war allerdings die Ein
wanderung noch sehr gering, da die
Europatniiden meist sehr wenig von
Cuba wissen und bei der Suche nach
einem neuen Vaterlande den alten
Revolutionsherd nicht beriicksichtigen.
Nur die mit ihrer alten Heimath unzu
friedenen Spanier suchten bisher in
größerer Anzahl Cuba aus, und erst
in neuerer Zeit tommen auch Einwan
derer aus den Vereinigten Staaten.
Die Gesatrimt:Ein1vanderting betrug
im Jahre 1904 28,467 und im vorigen
Jahre 54,249, immer noch keine drei
Prozent der Bevölkerung Von dieser
Einwanderung kamen aus Spanien
47,902 ini letzten Jahre gegen 233,467
im Jahre 19()4, aus den Vereinigten
Staaten 1861 im letzten Jahre gegen
1549 im Jahre vorher. Die Einwan
derung aus anderen Ländern ist be
langloLi. Aus diesen Zahlen ist ersicht
lich, daß die Einwanderung aus Spa
nien sich ganz bedeutend gehoben hat,
was hauptsächlich den friedlichen, siche
ren Verhältnissen auf der Jnfel zuzu
schreiben iit. Außerdem sind die tubu
nifchen Bodenderhiiltnisse den Spa
niern bekannt, und die Sprache lein
Hinderniß. Und seit Tuba dem ehe
inaligcn Mutterlande gleichberechtigt
gegenübersteht, scheint auth der Haß ge
schwunden zu sein.
Bezüglich der Einnnmderung ansi
den Vereinigten Staaten eriibrigt die
Brinert11ng, kas; ein Theil der Wirt
lichen neuen Ansiedler nicht in den
Einnnindernngglisten aufgeführt ist.
Tas- find die Personen, die ohne anf
zusallen auf die Insel kommen, nin sich
Land tu laufen, teils zum Zwecke der«
Ansiedelung theils um ihr Kapitel gnt
anzulegen. Gerade diese Ansiedler sind
von größter Bedeutung fiir die Zu
kunft derfinseh da sie oerl)iitiriifnniif:ig
unabhängig und aebildet sind· Nach
und nach werden gerade diese einen
hervorragenden Einfluß anf die wei
tere Entwickelung der dortigen Ver
hältnisse gewinnen. lW.)
-——-.-.-—s---«
Lord tknrzoin der ehemalige Ritze
ttinig von Indien, ertlärt, daß die an
gelsiiehsifche Rasse zur Herrschaft beru
fen sei. Der edle Lord scheint vergessen
zu haben, daß er selbst von einein Ir
länder unt sein schönes Aerntchen ge
bracht wurde.
st- Its It
tiin passendesMotto fiir den ameri
tanifthen Arm-Klub wäre: Warst d’
net aufi g«itieg’n, warst d’ net obs
g’fal;en. -