Maives Mitgift Roman von Curt garsttodorfx (3. Fortsetzung) l i Auch der Vate- deH glücklichenj Bräutigams s icn wirklich an diesem( Abend zum er tenmal um ein Gerin-I ges aus seiner bisherigen Reserve her auszugehen. Inmitten Der vielen Of iziere, vie zum nicht geringen Theil n vornehmsten Regimentern ange hörten, fühlte er sich weniger unbe ha lich, als es bei seinen früheren Besuchen im Breitenbach’fchen Hause der Fall vcelvesen mar. Es mußte für ihn angesichts dieser glänzenden Ge sellschaft ja in der That den Anschein ewinnen, als ob hier in der Haupt adt die Klassenunterschiebe, an denen er selbst wie an einem Grundgesetz sozialer Ordnung festhielt, keine Gel tung mehr hätten. Und die Verbin dung seines Sohnes mit der Familie des Geheimen Kommerzienrathes wollte ihm nicht mehr so ausschließ lich im Lichte einer beiiagenswerthen Mesalliance erscheinen. Er gewann es iiber sich, zu einigen Witzen Breitenbachs freundlich zu lä cheln, und die Art, wie er ihm Be scheid that, wenn der Geheimrath mit dem gefüllten Champagnerielch auf ihn zutrat, war weniger steif und ab gemefsen als sonst. Eben war einer der aufwartenden Diener an den Geheimrath herange treten, um ihm eine Meldung zuzus Hüft-ern Breitenbach nickte, ohne daß der Ausdruck fröhlicher Laune von fei nem Gesicht verschwunden wäre. «Fiihren Sie nur den Herrn in mein Arbeitszimmer und sagen Sie ihm, daß ich sogleich erscheinen würde.« Ein paar Minuten lang noch be wegte er sich plaudernd und scherzend unter feinen Gästen, dann, als die igeunertapelte eben einen feurigen lzer anstimmte, stahl er sich unauf fällig hinaus, um sich raschen Schri tes iiber denKorridor nach seinem am Ende der iangen Zimmerflucht gelege nen Arbeitszimmer zu begeben. Das Gemach war nur durch die auf dem Schreibtisch stehende elektri che Lampe erhellt, und das- vollbärtige ntlitz des elegant getleideten Herrn, der den Geheimrath hier erwartete, wurde von dem gedämpften Lichtschein nicht mehr getroffen. Aber Breiten bach wußte ja, wen er da vor sich abe. Er hatte diesen Mann ja schon «t mehr als zwei Stunden mit fie er fter Ungedutd erwartet. it raschem Griff sperrte er hinter sich den Riegel der Eingangsthiir ab und trat auf den Besucher zu. »Guten Abend,« sagte er mit ruhi get Selbstbeherrschungr »Ich hätte in hrem Jnteresse gewünscht, daß Sie Zither gekommen wären. Denn Sie haben keine Zeit zu verlieren. Noch ute müssen Sie fliehen. Es bleiben hnen höchstens zwei Tage!« Der andere prallte um einen Schritt zurück. »Seit wann machen Sie so grau same Scherze, re Geheimrach« »Mit uns t sich’s ausgescherzt. Was ich Ihnen da sage, ist bitterer Ernst. Wir sind verloren. Jhnen habe ich es zu verdanken, daß es dahin ge kommen ist. Jch habe es Ihnen ja vorausgesagt an dem- Tage, da ich das Lü engewebe durchschaute, in das Sie mi versirickt hatten. Jch konnte nicht mehr zurück, nachdem ich meine Bank mit mehr als zwanzig Millionen bei ihrem Unternehmen engagirt hatte.· «Utid weil Sie gut genug wußten, daß ich nicht mehr zurück konnte, haben Sie»mich Schritt fiir Schritt weiter Kdrangt auf der schiefen Bahn, die t mit dem Sturz in den Abgrund en t. Nein, nein, sagen Sie nichts. Wir haben jetzt keine Zeit zu langen Auceinandersexungem Und ich will Ihnen auch teine zwecklosen Vorwürfe werter«machen. Genug, daß es zu Ende txt und daß Ihnen nichts ande res me r übri bleibt als ein Ver-l such. sich zu r ten.« s »Aber das ist doch ganz unmögli. Sie sehen zu schwarz Was auchpa Bei sein mag, vorläufig kann uns! och nichts geschehen Denn außerj hnen und mir ist niemand über dic: inzelheiien unserer geichäftl ichen Transaktioxen unterrichtet. « »Daß außer Ihnen und mir noch jemand oavon Kenntniß hat ist meine ( Schuld. Auch der Vorsichti gsie begeht wohl einmal in seinem Leben eine ver hängniszvolle Dummheit, und ich werde vie meinige mit meinem Leben be zahlen« »Mein Gott, wie konnten Sie so lei isinnig sein! Und wer — wer ist die er Drittei« Unser ehemaliger Prokurisi Roms dons Er war der gescheiteste unserer Beamten, und ich hielt ihn für ab olut lässig. Da ich vie Arbeitslast, sie mir durch unsere private Korre sponden aufgebürdet wurde, nicht mehr a ein berviiitigen konnte, zog ich n heran, um mir gewissermaßen treiiirvienste Ja leisten Natürlichs war es nicht me ne Absicht, ihm Ein- s blies in die Verhältnisse zu gestatten s Ihn ex war klüger, ais ich’ö vermu- 1 hätte -ach und nach durch gesehn-UT und ålå ich still-;e daß « r vor zu ver rgen M, leite is mir auch weiter keinen »Und nun hat dieser Mann Ihnen gedroht, uns zu verrathen:« »Er hat vorgezogen, es olfne voraus-: gegangene Drohung zu thun. Weil er mich in der Hand zu hat-en glaubte, hatte der Mann, dem ich selbst den Zutritt in mein Haus gestattet-e, ein-ISv i Tages die Unbesonnenheit, sich um die j Hand meiner Tochter Maloe zu be s werben· Und ich wies ihn nicht ein« l mal rundweg ab, sondern ich zog inich ; hinter allerlei höfliche Ausfliichte zu-» rück, die ihm nicht jede Hoffnung nehmen sollten. Daß er diese Artig leit für eine halbe Zusaxie nahm, ahnte ich nicht. llnd erst der Anblick seiner wüthenden Enttijuichung, als nieineTochter sich eines Tages mit dem Oberteutnant von Degerndors verlobte, ließ mich den Fehler erken nen, den ich begangen. Hätte Raine dorf sich damals rnir gegenüber aug gesprochen, so wäre vielleicht alles noch zu arrangiren gewesen. Aber er schluckte seinen Ingrimm hinunter und ich konnte es doch nicht sein. der die Sache zur Sprache beachte. Acht Tage nach der Bekanntgabe des Ver löbnisses bat er mich brieflich uni; Entlassung Jch war innerlich froh» Ihn los zu werden« und ich bewilligte ; ihm aus freien Stücken fein volles; Gehalt bis zum Ablauf der Vertrags-« ! Heit, fest überzeugt, mir durch dieses reigebigteit· sein Stillschweigen ersj aust zu haben. Aber ich h te miclij arg getäuscht. Jhm war es- o senbar z viel weniger um Geld zu thun, als-; darum, sich an mir und den Meinigen ? zu rächen. Nachdem er sub nimmt-. lang ganz still verhalten, bat er jetzt alles, was er weiß —- und er weih eben so gut wie alles — an eine hiesige Zeitung derrathen.« »Der Haluntel Aber die Veröffent: liehung kann noch nicht erfolgt sein. Jch mußte es doch wissen.« »Sie ist noch nicht erfolgt. Aber der Artikel, der haarklein alles enthält, was uns mit dem Attiengesetz in Kon flikt bringen kann, er wird bestimmt nach Ablauf von zwei Tagen erschei l Ren.« i Der andere, derwiihrend der lehten sMinuten ruhelos auf und nieder ge Ecangen war, schien neue Hoffnung zu ichopfem »Zwei Tage sind eine lange Zeit. Wenn man zwei Tage vor sich-hat, braucht man noch nicht zu verzweifelt-. »Die Sache wird sich auf die eine oder andere Art arrangiren lassen. Dan die Zeitung so lange mit ter Buos senttichung warten will, läßt doch schon den Schluß zu, daß sie- einer Verständigung nicht abgeneigt ist.« — »Sie sind im Jrrthum. Jch habe diese Frist verlangt, weil ich verspro chen habe, Beweise für die Unwahrheit der von Rainsdorf gemachten Angaben u erbrin en. —- Beweise, die ich Ifelbstverstandtich niemals beschaffen s tann.« ’ »Wie heißt denn das Blatt, das da lin Betracht tommt?« »Es ist der »Herold«.« »Der »Herold«?« wiederholte cr. »Die Zeitung des Doktor Ellhofens »Dann — ja, dann giebt es freilich keine Hoffnung mehr. Mit diesem sManne ist nicht zu reden. Jch kenne ihn und ich weiß, wessen man sich vor seinem Fanatismus zu versehen hat.« »Ich dense, Sie hätten mir wohl von vornherein zutrauen können, dasz ich nicht der Mann bin, die Flinte ins » Korn zu werfen. Jch habe gestern mit ! Tottor Ellhofen gesprochen, und ich« habe ihn mit der Ueberzeugnug verlas sen, daß es fiir uns nichts mehr zu bosfen giebt. Eine dreitiigige Galgen vrift war alles, was ich erreichen tonnte, und ich rathe hnen noch ein mal dringend, ihren est zu nützen. Nach den Katastrophen der jüngsten Vergangenheit weht gerade sent ein scharfer Wind. Jch bin sicher, dasz man noch an dem Tage, wo der Arti kel im »Herr-lit« erscheint, die Unter suchun gegen uns einleiten wird. Sie und i , wir müssen auf das Entsetz lichste gefaßt sein« »Scheußlich! Scheußlicht Und wes halb, um des himmels willen, haben Sie mir nicht in hrer Depesche eine Andeutung darii er gemacht. Ich würde mich dann doch wenigstens mit einigen Geldmitteln versehen haben. So aber bin ich fast ohne Baarschaft akgereisi, und ich muß die kostbare Zeit mit dem Umwege über Breslau verlieren.« »Das-on kann nicht die Rede sein. Jch durfte mich in meinem Tele rarnm nicht deutlicher ausdrücken, a er ich habe mish daraus eingerichtet Ihnen u helfen. Hier, und er brachte aus feinen beiden Fracktaschen ein.liing lichet Bantnotenpäckchen zum Bor chein, - »Ist-r sind fünfzigtausend tatk. Damit können Sie Jhre lucht schon bewertstelligem ohne daß re erst noch zum Diebe werden müßten« »Was toll ich denn mit dicker Summe anfangen?« i »Sie thäten besser, mit dafür zu danken· Denn jetzt ist es wahrhaftig nicht der rechte Zeitpunkt, sich aufs hohe Pferd zu sctzen.« Direktor Nod-ewig hielt eg für an ezeigt, daraus nicht zu antworten. Er at die Kassenscheine in den Brust taitgen feines Ueberrockes und griff nach feinem Hut « ,Und Sie, Den Geheierch« fragte er. »Wann werden Sie reispf sent« » z »Kümmern Sie sich nicht um mich. sondern denken Sie vorläufig nur an Jhre eigene Sicherheit Jch habe meine Vorbereitungen getroffen-? »Aber Sie irollen morgen die Hochzeit Jhrer Tochter feiern — da von lann doch wohl Unter diesen Uni stijnden nicht mehr die Rede sein« - »Die .·ochzeit meiner Tochter wird! morgen iattfinden, ganz fo, wie egs vorgesehen war." » »Und Sie haben die ’2ll«sicht, ihr» noch beizawohnen.« ’ »Das mer-de ich!« i ! »Um Gottes-willen dann bleioti Ihnen ja nur noch ein einziger Tag. "«as ist laxmi noch ein Vorsprltna, wenn man wirklich sogleich gegen Sie ! vorgmge.« — »Noch einmal —-— ioraenSie sich nicht um mich- Jch will mich schon in Sicherheit bringen, und ich möchte anen wünschen, daß Sie ebenso sich-Or traten wie iet-." Irr andere ging achselznclend zur Thür. »Nun, ain Ende müssen Sie ja am besten wissen, was Sie zu thun haben. lind mit Jhren rekeheren Mit teln find Sie ja auch besser daran als ich. Leben Sie wohl, Herr Geheim rcthi ZJI Errickial sei uns beiden gnädia.« Breitenbach schob den Riegel zurück nnd ließ ihn hinaus-; Sie reichten ein ander nicht zum Abschied die Hand und als ihre Blicke sieh fiir einen Mo ment begegneien, war es nichts weni zici als-« Wohlwollen und Freundschaft. nan sich in ihren Mienen ansiprach Der Geheimrath blieb lausckend stehen, bis er vernahm, daß die Woh iiungssihii: sich hinter dem Fortgehen den geschlossen hatte, dann athinete er ein paar-nat tief auf und fuhr sieh mit dem Taschentnch über die-Stirn Er krauchte doch eine gewisse Zeit, um. keine Gesichtsinuåkeln wieder so weit zu beherrsebem daß er als der von Frohsinn und Heiterleit strahlende Wirth zu seinen Gästen zurückkehren konnte. l ; l l C ;- KapiteL Gerhard Breitenbacb wählte die-ri itial nicht den Weg über den Konj dor, sondern er durchschrit: die Reihe hell erleuchteter Zimmer, von denen die seinem Arbeitgzimmer zunächst gelege nen ganz leer waren. Die bieten, weichen Perserteppiche dämvsten den Schall seiner Schritte bis zur Unhörbarteit. Und so tonnre exz geschehen, daß die beiden jungen Menschenkind-en die er in der Fenster nische des dritten Zimmers stehen sah, nichts von seiner Annsiherung wahr-— » nahmen —um so weniger-, als sie of-» senbar mit sich selber vielzusehr,be schästigt waren, um ihre Aufmerlsam teit auch noch anderen Dingen zu schenken. Es waren ein junger Herr und eine junge Dame in den tleidsamen Kostii nren aus der Zeit Ludwigs des Fünf zehnten. Und obwohl ihm der Anblick ihrer Gesichter zunächst noch entgangen war, ertannte der Geheimrath in ihnen doch sofort seineTochter Sigrid und den Leutnant von Mals etd. Und so wenig wie über ihre ersönlichtert tennte er über die Bedeutung der Si tuation im Zweifels ein, in der sie sich ta befanden. Denn der schlanke Mar- « quis hatte seinen Arm vertraulich um den tinderhaft zierlichen Leib des Mädchens geschlungen, und gerade als Gerhard Breitenbach zwischen den - Vorhän en der Thürössnung erschien,3 fanden ich ihre jungen Lippen zu in- " nigem Ausse. »Sigrid!'« ries der Geheimrath im Tone entrüsteten Erstaunens, und mit einem Ausschrei. der nicht gerade ein übermäßiges Entsetzen offenbarte, riß sich die junge Dame los, um das er glühende Gesichtchen hinter dem Fächer zu verbergen und dann, einer Röck lichen Einglebun sol end, die Flu it nach dem anz aal in zu ergreifen. Der Leutnant von Male-seid wäre vermuthlich nicht ungern ihrem Bei spiel gefolgt, denn Gerhard Breiten bachs ernste Miene wollte ihm ar nicht gefallen. Aber an einen sol en Rückzug war natürlich nicht zu den ten, und so wappnete sich der junge Krieger rnit seinem ganzen Muth. »Ich bitte Sie um Verzeihung, Herr Geheimrath,« hob er etwas beklommen an. «Eö war natürlich ni t meine Absicht, daß Sie au solche rt von meiner Liebe u hrem Fräulein Tochter unterrichtet werden sollten. Aber die Wärme meiner Ein indun gen-vie Gunst des Augen licks — haben mich irre geleitet.« Vielleicht war Breitenboch zuerst willens gewesen, den Leutnnni wegen seiner Kühnheit nachdrüctlich zur Rede zu stellen. Aber wie der junge Offi zier mit halb verlegener Miene vor ihm stand und mit einem unwider fiehlich liebenswürdigen Augenzwiw tern in feinem Gesicht zu lesen suchte, wich die erste ärgerliche Regung rasg einer anderen, weicheren und zuglei tief schmerzlichen Empfindung «Lassen Sie uns da nebenan ein daar Worte miteinander reden, Herr Leutnani,« so te er mit einem milden Ernfjt der in alsfelds Herzen sofort die röhlichften Hoffnungsbliithen auf schießen ließ. »Hier tönnten wir leicht gestört werden. Er drückte die Thür des Gemaches, in das der junge Offizier ihm gefolgt war, ginier sich insSchloß und wandte sich ann in demselben väterlich reundlichen Tone an den ertappten issetlzätert »Nicht wahr. Sie sind noch lehr jun , Herr von Mensch-« ,?;iinfsindzwanzig, herr Geheim rutlpk - »Nun, dann will ich den Mangel an Ueberlegung und Selbstbeherrschung, den Sie soeben an den Tag gelegt ha ben, in Gottesikanien auf Rechnung dieser fünfnndzwanzig Jahre setzen« Immerhin war es ja noch ein Glück,i daß Sie von mir überrascht wurdens und nicht von irgend jemandetn, dessen Jndistretion meine Tochter hätte ins Gerede bringen können. Sie werden nir natürlich.Jbr Ehrenwort geben Herr Leutncnt, daß von nun an jeder l Versuch einer Auniiherung unter ; t»teibt.« i »Um Gottes-willen ---— nein, etwasj sc Fürchterlicheg werden Sie niir dochi nicht zuuiuthen. Sie würden Sigrid und mich uanienlos unglucklich mir-« azen —-—" »Verteil)en Sie, mein lieber Herri Leutnant," unterbrach ihn der Ge-J tieimrath, »aber das sind Lindereim Sigrid ist ja noch taurn unter die Cr-; trachsenen zu zätlem io wenig ihrer körperlichen als ibrer geistigen Ent trsictelurta nach.« »O, da möchte ich mir doch erlau ben, in alter Ehrerbietung zu prote siiren. Das Auge eines Vaters sieht da wohl etwas zu streng. Unter al ten ·nngen Damen meiner Bekannt schaflt ist Fräulein Sigrid entschieden vie gefckeiteste und -—— und —« Er ist-tue vergebens nale dem rech ten Wort und wurde roth, da er tei nes sand, unt auszudrücken, daß auch die körperliche Schönheit seiner Ange beteten seine Bewunderung heraus forderr. »Aber Sie glaubten doch wohl nicht, daß aus diesem Getändel ekwas Ern stes werden tönnte.« Malsfeld schlug die Absätze zusam men und stand straff wie vor einem Vorgesetzten »Herr Geheimratb, wenn ich meine Liebe zu Fräulein Sigrid nicht für etwas so Ernfthaftes hielte, würde ich mich soeben allerdings einer ganz un qualifieirbaren Verletzung des Gast rechts chuldig gemacht haben. Gestai ten Sie mir, mich in aller Form um tsie Hand Ihrer Tochter zu vewerben.« Gerhard Breitenbach fah den tempe ramentvollen jungen Mann, dessen Augen in gespannter Erwartung und freudiger Hoffnung blitzten, faft mit leidig an. Wäre dieser Antrag vor einigen Tagen an ihn herangetreten, to würde er ja wahrscheinlich auch nicht ohne weiteres seine Einwilligung ge geben hoben-, da er in der That ge wöhnt war, Sigrids noch halb als Kind zu betrachten. Aber es wäre ihm gewiß noch viel weniger eingefal len, die seligen Hoffnungen der List benden durch ein entschiedenes Nein zu verni ten. Denn der flotte, ele ante Izu ar gefiel ihm recht gut, bef izer fast als fein Schwiegersohn Bernd von Degerndorf, der bei aller Lie benswiirdigteit doch äu viel von dern ariftotratifchen Sel ftgefühl seines Vaters hatte, als daß der Geheimrath sich ihm gegenüber jemals ganz nach einer Bequemlichkeit hätte gehen las fen tännen. Malsfeld da egen war ein guter Mensch, ein fri cher, leichtherziger Of fizier, der sorglos den Augenblick ge noß und sich nicht viel um die Vorur theile der Welt kümmertr. Mit ihm ·tte sich’s gewiß prächtig leben las en, und er würde wahrscheinlich auch einen charmanten Ehemann abgegeben haben, an dessen Seite Sigrid sicher lich recht glücklich geworden wäre. Hätte Malkfeld noch vor drei Tagen um seine Tochter geworden, xo würde ihm der Geheinirath wahr cheinlich eantwortet haben, daß bei Sigrids sagend von einer Verlobung vorläu ig noch nicht die Rede sein tänne, daß er aber dem Leutnant nicht verbieten wolle, auch weiter in treuem Ritter dienst nach diesem Glück zu streben und ini geeigneten Augenblick ieine Werbung zuwie derholen. Etwas der artiges mochte Malsfeld nach der bis herigen freundlichen Haltung Breiten bachs wohl auch erwartet haben, und er ah ganz fassungslos aus, als der Vater eigrids statt dessen sagte: ’ »Ihr Antrag ist stir mich und mein « Haus durchaus ehrenvoll, Herr von Malsselsdt lnd schon die Art unseres bisherigen tertehrs wird Jhnen ein Beweis gewesen sein, daß ich gegen Jhre Person nicht dar- geringst ein zuwenden hat-e. Um so mehr be auere » ich, Jhnen nicht die Antwort neben iu » tönnen, aus die Sie sich Ihre Rech nung gemacht haben.« »Ist das —- ist das eine Abweisung, Herr Geheimrach« »Wir werden es wohl so nennen müssen, mein lieber Herr Leutnant. Sigrid ist wirklich noch zu innen Jch will nicht, dasz ihr schon ietzt solche Dinge im Kopie sputen, und ich will Fich« nicht, daß sie sich ietzt schon bin »O, was das betrifft —- Sigrid wird bis in alle Ewigkeit ebenso ge sonnen sein wie ich. Sie hat mir selbst gesagt, daaß sie nicht zu den wantelrniithigen Frauen achört.« Die Naivitiit in den Worten des jungen Ofsiziers nöthigte dem Ge heimeath ein Lächeln ab, wie wenig heiter er auch in diesem Augenblick gestimmt sein mochte. »Hat sie es Ihnen gesagt? Nun, dann wird es wohl auch ihre ehrliche Ueberzeugung gewesen sein. Aber ein Mädchen von noch nicht achtzehn Jah ren psleat sich selbst sehr wenig zu kennen. Sie sind einer der ersten Män ner, mit dem Sigrid überhaupt in Verkehr gekommen ist. Und wir wer-» den ihr daf- wohl Gelegen est geben: miissen, ire Welt- und enschenst tenntntß ein wenig zu bereichern. ehe e einen iiber ihre kanze Zukunft en - cheidenden Schritt thut.« i Die vertan-ne Vkiamfchlangr. »Das alles find Griinde fiir einenl Au«ffchnv Herr Geheimraih aber nicht fiir eine Anweisung Gen-ihren Sie! uns eine Probe-seit und ich verspreche seieriich daß meinerseits nichts ge chehen :vird, was den Ruf des Hinei digen Fräulein irgendwie gefährden tönnte.« »Sie dürfen mir nicht böse sein, Herr von Ma. Hielt-, wenn ich auch da raui nicht eingehen kann lind es iii nichi blos Sigrid, In die ich denke. Jch denke auch an Sie. Jn Jhrer jugend lichen Schwärmerei Unterschiiyen Sie ivielleickit die Schwierigkeiten in die Ihre Wahl Sie bringen könnte« »J·gch laute, cie zu verstehen. Aber ich bin in der Lage, Sie nach dieser lRichiung hin völlig zu beriibigen Meine Eltern sind todt und ich bin i vollkommen unabhängigf ; «Menichliche Verhältnisse sind wan delbar Und sie sind es ni: cends in so hohem Maße als im kaufmännischen Leben. Wenn ich Sie ietzt aufEhre i und Gewissen fragte, Herr von Molk ! seid, ob Sie meine Tochter auch heira then könnten, wenn sie ohne Vermö gen wäre, was würden Sie mir dann antworten?« Der junge Offizier schien für einen Moment um die Erwiderung verle en; dann aber siegte seine freimiåthige txtr über alle Bedenken. Klar und offen sah er dem Geheimrath ins iAuge und sagte: 1»Sie haben mich aufEhre und Ge ywissen gefragt, und ich bin Ihnen da rum ehrliche Auskunft schuldig. Nein fich bin leider nicht in der glücklichen Lage, ein vermögensloseö Mädchen lheirathen zu können Die Eintiinfte, ltie mir aus meinem väterlichen Erb ltheil zufließen sind so gering, daß sie zur Erhaltung eines siandeågemiißen .Hauswesens keinesfalls ausreichen würden. Wenn Sie mich auf diese Ertliirungi iiir einen armseligen Mit gistjäger halten wollen, lo muß ich es eben tragen.« Seine Stimme zitterte ein wenig. Es war ihm gewiß nitch leicht gewor den, so unumwunden die Wahrheit sit sagen, aber eine Lüge in diesem» ugenbticke würde er sich nimmerniehrj verziehen haben. ! Mit einer Wärme, die nichts von seiner sonstigen verbindliclien Höflich leit hatte, reichte Breitenbach ihm die Hand. »Neirr, mein lieber, junger Freund,( dafin halte icb Sie nicht. Jhre Osten-i heit macht Ihnen vielmehr alle tfhret und beitärti mich nur in der guteni Meinuna, die ich seit dein Beginn un-! serer Bekanntschaft von Ihnen hattes Aber sie bestärkt mich aneh in ver Ueberzeuaung, daß ich Jhnen vorhin die einzig richtige Antwort gegeben habe. Jch tann meine Tochter nur niit einem Manne verioben, der sie arch heimführen würde, irenn er sie ohne jede Mitgift nehmen wüßte« Eine« kurze Pause «---— ein tiefes Athemholen des jungen Ofsiziers, dann tarn seine Antwort, fest und be stimmt, mit einem hörbaren Beitlana rief getriintter Eigenliebe: »Sie haben Ihrer Abtehnuna da eine Form gegeben, Herr Geheirnrath, die jede weitere Erörterung unmöglich macht. Und ich habe darin wohl auch ein Verbot zu sehen. Ihr Danks noch einmal zu betreten?« »Es silird so fitr uns alle arn besten fein, here Leutnant! Da» Sie mir in diesm Augenblick sehr bie inb, be såreife ich wohl. Aber viellei t ist der « a nichts ern, an dem Sie mit Dank Iwi en werben für die Atwott, die ich Ihnen heute gegeben-« Malsfeld verbeugte sieh «ermlieh. «Gestatten Sie mir also. mich zu empfehlen Weh baute für die erwiesene Gaftfreundfchaft und ,bttte, diesen Dank auch hrer verehrten Frau Ge-? mahlin aus preehen zu wollen« s Se r bleich, aber hoch aufgeri teti verlie er das Gemach und begab Ieh, ohne ie Fetriimne noch einmal zu :betreten. na der Garderobr. Weiten lsnch sah ihm nach, bis die Pottieten sich hinte: feiner schlanten Gestalt ge schlossen hatten, dann fuhr er sich init let Hand iibet Stan und Augen nnd irie ein Stöhnen kam es aus seiner Brust. »Arme AindetS mutmette er tief ergriffen. Dann raffte er sich energisch zufammen, um in den Tanzsaal zu rückzukehren Die Gesellschaft hatte sich inzwischen schon erheblich gelichtet, und nur die augdauekndsten unter den jungen Tänzetn und Tänzerinnen waren es, die sich noch mit unvekniindettethets aniigen nach den jmrneichetnoen Rhythmen der Zigeunermusit wiegten. Sigrid befand sich nicht unter ihnen Sie hatte den Kavalieren, die sie anr fordern wollten« erklärt. daß sie zu miide sei, um noch zu tanzen und hatte sich u den älteren Damen ge flüchtet. Qon dein aber, was um sie her gesprochen wurde, hörte sie nichts. Jl)reAu·,-,en waren mit dem Ausdruck höchster Spannung unverwandt aus die Thiir gerichtet, durch dieMalgseld und ihr Vater eintreten mußten. Und als nun ihr Vater allein zurückkehrte, ging es wie ein furchtbares Erschrecken sit-er ihr Gesicht. Zie- wäre am lieb sien sogleich ausgefprungem um ihrem Vater entgegen zueilen. Aber daß er sich anscheinend ganz ruhig und heiter einer Gruppe von Herren zuwandte, beruhigte sie wieder einigermaßen. Wenn er da drinnen soeben ihr Le bensglück vernichtet hätte, würde er Idoch unmöglich so gelassen und unbe fangen gewesen sein. Es niuszte also irgend eine andere Ursache haben,das3 Malsselds Rückkehr zu der Gesell schaft sich noch verzögert-. Und sie wartete von Viertelstunde zu Viertel runde rnit tlopsendem Her en daraus, ihn wieder erschefstn zu ehen. s Als dann aber der Anspruch der Gäste ein allgemeiner wurde und ) Malgseld noch immer nirtkt tam. litt eH si e nicht länger in dieser fürchter lichen Ungewißheit Ohne zu bemer ten, dgsr irren eben eine Frage an sie gerichtet ha:te, stand sie ani und suchte mit iodeåoernelktendem Mutise ihren Vater-. Er sah sie nuisich zukommen, und da er ibre Absicht errieth. trater ein wenig beiseite, daß niemand sie hören konnte. » Mit Thränen in den Augen und mit liebender Stimme fragte Siarid: »Wo is: Herr von Male-seid, Papa? Tu hast ihn sortgeseltiettt« »Ja, mein Kind —-- er ist sort.« »Und er wird nicht wiederkom« nien?« ! »Nein. Fch erwarte von Dir, daß Du oerniinitig genug sein wirst, Dir diese Kinderei aus dein Sinn zu schlagen.« »Er wird nie ioiedertommen,s Papa?« wiederholte sie, sich nur noch mühsam beherrschend. »Du hast ihn1 ctkgeroieicnskm »Ich that, wag ich thun mußten Wir trcrden morgen weiter darüber rede-nd Sinrid. denn hier ist dazu nicht der reif-te Ort-« Da brach es unter heftigranchluchs zen rnit elementarer Gewalt aus ih rem tödtlich verwundeten Herzen: »Hier oder anderswo, heute oder morgen, ich würde Dir dochtetne an dere Antwort geben, Pape-, als da Instanz namenlos unglücklich gemach a .« T geiße Thrönen rollten iilxet ihe rei zen es Kindergesicht Das Taschen tuch vor die Augen drückend, lies si davon, unbekümmert um die verwun derien Blicke, die sich auf sie richteten Breitenbach versuchte nicht, sie zurück zuhgltern Er entschuldigte aus einig an ihn gestellte Fragen ihre sonder bare Flucht mit einer plötzlich auf tretenen Mtgräne, und erst einige nuten Ipäter stüsterte er seiner Fro, knaufsallig zu »Wenn die legten sort sind, am Du u Sigrid gehen und sie zu tr sten uchen.«’ Mosis-sung folge ·T