— Die Kugel von Wagrmn. Von Gdouard Gachot. Autorisirte Ueberseßung von Wilhelm Thal. Eine herrliche Sonne ging über die Ebene von Magra-n aus. Es war am S. Juli 1809. Die unter dem Befehle des Erzherzogs Karl stehende österrei chische Armee hatte die Spitze der von Ebensdorf nach Marlgrasneusiedel sich hinziehenden Hügel inne. Die von Na poleon besehligte sranziisische Armee war vor dem Nuß-dach, einem sumpsi gen Bache, ausgestellt Es war die Große Armee zusammen mit der Allen Garde. Davoust besehligte den rechten, Massena den linken Flügel. Es stan den sich hier dreihunderltausend Mann gegenüber, die sich schlagen wollten; die einen, um ihr Heim zu vertheidi gen, die anderen, um die Pläne eines Mannes durchzuführen der den Kö nigen und Fürsten oqu Ebro bis zur Weichsel seinen Willer auszwingeu wollte. Um süns Uhr ließ Napoleon Massena rufen. »Den Marschall, es wird ein beißer Tag werden. Aber ich verlasse mich auf Sie, daß Sie unsere linke Flante de cken und die Donaubriicle schützen. Jn welcher Stimmung befanden sich heute Morgen Jbre Truppen? ,,Jn einer äußerst guten, Sire.« »Wie hoch belaufen sich Ihre Ver luste vom gestrigen Tage?« t,,Viertausend Todte und Verwun de e.« »So bleiben ihnen also neunzehn tausend Kombattanten — Rennen Sie die Zahl der Feinde, die in der leyten Nacht gerade aus der Front, wo Sie kämpfen sollen, Aufstellung ge nommen haben?« Massena runzelte die Stirn. Sein Blick treuzte den scharfen Blick Napo leonö, der seine Schrosfheit respektirte und seine zuweilen brutale Offenheit duldete. »Ern. Majestiit gestatten mir die Be merkung, daß ich bei Rivoli, bei Zü rich, bei Genf, bei Caldiero und neuer dings bei Ebelsbetg nicht daran ac dacht habe, meine Feinde zu zählen« Dann fügte er nach einer Pause von zehn Selunden hinzu: »Ich have sie aber trotzdem geschlagen.« »Darum sind Sie auch meines Vertrauens und meiner Hochachtung sicher,« erwiderte der Kaiser. »Doch ich muß Sie informiren. Heute wird sich die hauptattion, da es sich um eine Offensive handelt, im Zentrum abspie len. Der rechte Flügel wird längere Zeit Schritt marliren können. Jhr Lords wird den Hauptansturm des Feindes zu erdulden haben und darf keinen Schritt breit zurückweichen« Jn ber höflichsten Form war oag doch ein gebieieriseher Befehl, nnd so lautete die Antwort: »Sirr, Sie haben uns die Adler anvertraut, nnd wir werden sie, wenn es sein miß· bis zum Tode vertheidigen Eli-. Majestät werden sub erinnern, Ida-Tini nn Getümmel des Kampfes die von Adlertlau nach Waaram, Wein accen iiber, gezogene Schlachtlinie aufrecht erhalten werde.« »Gott behiite Sie. Herr Tlliariiboil.« sei-t Massena hatte sich vor einiacn II ,en auf der Jnsel Loban bei ein«-n Stur vom Pferde den Fuß verstarntki. und so lieä er sich denn in einer schwarzen alescxe mit vier niedrigen Rädern, die nach hinten durch ein jegt ausgeschlagenes Den geschlossen wer den konnte, in die Schlacht fahrt-n. Die Postillone, die ans Handnierben ritten, waren rothgetleidet ivie die ENilitiirpitörs des laiserlichen Dierz: ice-. Jm Galopp der vier schwarzen Pferde durchsubr die Kalesckde diese-. reits reifen Getreidefelder, die sum vsigen Niedernngen, die Brachiiae:, die Haiden und die Fluten. Dahinter sol te ein glänzender Generalftciv, an dessen Spitze der Sohn des Mar schalls, der Dra onerofsizier Proiver Massena, das -euer seines Apfel schirninels u dampsen suchte. Ter Pulverdarnpp hüllte vie Landschast in einen blöulichen Schleier und verdeckte so eine breite Truvpenscont, die von Süfsenbrunn bis nach Breitensee auf gestellt war. Das ganze vierte Ar meetorps stand westlich der österreichi schen Artillerie gegenüber, die ihren Gegner mit Kanonentnaeln übers-blit tete und so den Marsch ihrer Ins-in terie, einer vriichtigen, kühnen Inton terie vorbereitete. Massenag Wagen fuhr ietzt im Schritt zwischen den Reihen der Divi sion Mailtor. Aus ·ce.n Wagen tret ncigend, betrachtete der Marschall ans mertsanr, aber nicht unruhig feine Brigade. die, bieWasfe im Arn-, nn betvealtch im Kunelregen stand. Der Marscball hörte die Haupttente ::-scn: »Die Avae hochl« Aus Teser Seite hörte die österrei chische telrtillerie unt zehn U r Mer enö in schießen aus. Ein « irdstos eate die Staat-wollen fort, nnd tsie Sonne war in vollen Strahlen ihr scharses L t ans die zerstampftrn Fried-en » »Ich tvill die Flucht der Franzosen n: der Nahe sehen,« sagte ver Fell-mat schall Wuckalsotvitsch. Der Untlsu e rltette bis dreißig Schritt von ein Kellerbtigel vor. Seine Bestiirsuna war groß, als er aus Pistolenschußentfeenung Tausende von Soldaten in Schlachtorbnnna in Paradebaltung sah, als er einen Wald von Vasonetten bemerkte und etne schreckliche Stimme tomtnandiren «rt«e: »Seht-nett die Wassent wentt die Fahnent« arm britllte dieselbe, fast über menschliche Stimme: »Feuer!« Er sah im Augenblick, wie auf einer anzen Eront violette Flammen aus ftiegem r hörte sofort den Knall einer r- gut geleiteten Fiifilade, daß hinter ihm ein halbes Regiment der Franzeri Grenadiere in das reife Getreide stürzte, und fühlte plötzlich, mir eine hefti e Kälte ihn beschlich. Dei Tnd über-Fiel Wuckafsowitfch auf feinem Schimmel, wo er zehn Minuten lang -mit starren Augen und blutbeflecktein Munde sitzen blieb. ---D0ch mitten in der Schlacht unterrichtete ein Ossizie. Massena davon, daß die Division «Boudet in Eßling in der Auslösung begriffen war, und ihre Kanonen in Stich gelassen hatte. Wenn man alter den Oefterreichern Zeit ließ, den linlen französischen Flügel zu umgehen nnd sich der Brücken der Insel Lolmn zu bemächtigen, so war die Schlacht nec loren, die große Armee war verngstitc1, und der Stern Naholeong dem Erblei chen geweiht. Ein Zoriiegsd)".ei ent rang sich seinen Lippen. i »Boud et der Mann von !llcar«-rtgo. gt «es möglich. Postillone reitet nach ßling, im Galopp!« komntandirteer. Dann machte er eine übermenschliche Anstrengung, ntn sich aufrecht zu er halten und wandte sich zu feinen-; Sohn: »Sage dem Kaiser, dnn wir von Sätzen her start bedrängt werden« Ich eile dorthin unt die Schlacht wie der herzustellen. ——Kleine Reaitnentcr genügen, wenn sie wieder oereinia: sind, unt di Brücken und die Armee in decken.« Damit befahl er Molitor: »Ka: ne rad, hatten Sie sich hier wie bo: .-,1 waross bei Näsels. « Dann rief er den Adintanten und den Hanptleuten zu: »Meine Herren, Sie werden meinem Wagen einen Weg bahnen, ich glaube, die österreichischen Huiaren haben den Weg nach Waaratn bereits abgeschnitten wir werden säbein müssen, nnt bis ztrBondet »in gelangen« Der Galopp der fünfzehn Pferde, « auf denen die Offiziere mit qezoaenent Schwm das brennende Breitenlee durchsprengten, dröhnte dnrch doc Dörfchem dann wandte sich das slisle ton nach Aspern nnd stieß zwischen wei Gehölzen ans eine österreichische « t:fanterietolonne, die in ibrer lieber raschunq nicht einmal Zeit zum Seine ßen hatte nnd ihre Reihen öffnete-. Hinter einer Windmiible drana »der richtiger schlich die Schaar ttoifdspzt zwei Schwadronen einer Hnsaren-; regirnents durch; doch ein öfterrctchi i scher Major stürzte sich auf das Tritt ;btett der Kaleiche, nm sich des Mars sfchalls zu bemächtigen »krrget:en die nai, Verr:" Ein Säbelhieb zerriß ihm Stiman und Gesicht. Er stöhnte onf und fsci nieder. Die Kalesrhe rollte til-er Leiklsiienm durchfuhr einen Sumvß zerriß eine lebende Hecke nnd hielt erst onf Schußweite vor der taiserlichen sScheune von (fßting, die vier franzö- s ssisctyen Kompagnien als Schein dienteH die hier eine feindlich-, von Westen sanrückende Division in Schach dienen. s «Massena riß die Vandaqen av, die sseinen verstanchten Fuß redeckten nnd sihn lähinten, sprang uni- deni Wagen snnd schleppte sich, auf einen Eiocl zie ; stützt, ans die in voller Auslösung l-. sgrissenen Soldaten. ; »Am Fahne, Kinder, der Kaiser sverläßt sich darauf, daß Jtir den Sie-e .davontro·nt· Vortvärtij! Folat ts!tr!« ; llnd sich weiterschlevpend, fiisirteer Eseine furchtbaren physischen Schmerzen "bct;errsck,end, die Trnpve in denKr.sssisf Jzuriick Er hielt die Oefterreirtyercns »und ließ die Division ’lr’ordnmssn de ziinirern Drei Bntaillone des ist-ther zoqo Ferdinand jagte er in vie Do nnu, ließ das mit Feinden vollgeiiomte Magra-n bombardiren nnd konnte ir. einer Stunde wieder nsple Voskimnen Zurückgenzinnern die Vondet verloren hatte. Siegreich verlangte er wieder nah seinem Waqen, während Brisset, sein Arzt, das Blut stillte, das: reichlich Ist-H sseinen wiedergeöfnfeten Wunden ge Jslossen war. ; Da meldete innn ihm: »Herr Mar sschall, eine Kanonenlunel hat Ihre sbeiden Postillone getödtci.« i i sei-e Der österreichische Genernlnmj r Nordnmnn, den der Erzherzon start beordert hatte« die französischeLlrniee iauszuhaltem ließ sich von einer Set tion Artillerie begleiten, denen die besten Schützen beigordnet waren. Da er der Meinung mar, nur der Tod Napoleons lönne das von einer Ans .lösung bedrohte Oesterreich retten, so isuchte der Ossizier den Itaiser zn ei reichen. Vor Eßlinzj tauchteMaFenux »in! Schritt fahrende Knlesche anf. nnd Irr zweifelte nicht, daß der Kaiser da tin saß. Er riesGerder. seinen besten Ranonieh deutete aus die Kantine die endlich hielt und sagte« »Du siehst die Equipagei« »Za, Exzellen .« « annst Du te aus gehörige Tit itemsl erreichen i« » us vierhundert Schritt.« »Triigt das Geschoß so weittm »Es wird den Waqen von hinten durchbohren und die darin sinerde Person si klich tödten.« »Du hu eine besondere KugeW »Ja, xzellenz, eine zylindrische Kugel mit spitze-n Kegel, die eine anze Reihe von Menschen dahinrass sen kann. da der Pulvergehalt dop gelt groß ist« Nordmann zeigte ihm die Spitze des Lebender-sei »Weil Dich aus diesen site-eh das Theresienlreuz und hundert Leute-vors werden Dich belohnen, wenn Du die sen . . . Bonaparte von der Insel Korsita etödtet hast,« fiigte er ver ächtlich rnzu. Von ro onern estortirt, wurde Gerders Geschüy aus den Hiiget ge bracht und zum Schxrsse qerrchtci. Schnell le te der Kanomer on, war tete darau , daß der Wind die von der Jnfanterie erzeugten großen Pulver tvolten vertrieb, zielte drei Setunden und hielt eine brennende Lunte an den Zünder. BummS heulte der schwarze Nachen Durch sein Fernrohr sat) Nord mann, daß die alessbe in der Mitte zertrümmert war. Er sah die Leiden Bostillone umstijrzen, ohne daß die Pferde der Equipage sichriihrtem Er jubelte bei dem Gedanken, dnßer Na Poteon getödtet hatte. Jn diesem An genblick stürzte sich Las-alle mit fünf-— zehn Schtvadronen auf sein storps und zwang ihn, nach Norden tu ent fliehen, wo der Erzkzerzog ihn Von neuem Oudinot gegeniiberstelltc, der Wagram bedrohte. Ein Dragonerhaupiumnn yob die ron Gerder abgeseuerte Kugel aus und lag die in die Stahlvertleidung ein gegrabene In christ: Fabrik Raub — zregossen für . aiser Novuleon »Schicken tvir diseKuqel durch einen Wachtmeister an den Kaiser,« sagte der Offizier, »du sie ja für ihn ve stitntnt war. Aber vorher müssen mir lnoch Massena in Kenntniß setzen.« s st i i Um drei Uhr Nachmittags beleuch .tete die Sonne ein Blutbad Die ita ’lienische Armee, die unter sranzdsi sschen Fahnen tämpjte, war iniide, sBernadotte wich zurück, Davonsr rückte snicht vor· Das Zentrurn blieb macht Ilos gegen die seindliclxen Massen, die jam Ufer des Rußtmchg postirt waren. EMan konnte in Wagram nnr ein rücken, wenn man überstienschlichitslns strengunten machte, nachdem man die dsterreichische Kavallerie zurückgewor s(n, wanzigtausend Mann unter den« Desgl Liechtensteins löslich kam Napolseon ein site dante. Er rief Dronot und befahl ibm, eine große Batterie zusammenzu bringen. Um vier Uhr traten neunzig Gesdiitze im Halbkreis, rechts von Adlertlau ausgestellt Jm Mittel puntte leitete der Kaiser das Feuer, das gegen die Kavkillerie cerichtet wurde, bis er eine sehr breite nnd sehr dichte Jnfanterietolonne auf oje Kanonen zumarschiren sah. Jn diesem Augenblick reichte ibm ein Unteroffizier die Kugel, die ibm vor Eßling gegolten hatte. »Sieh der Herr Marschall Massenu, Herzog oon Nivoli, meidet Ew.Majkstät, das-Die Division Boudet Großaspern wieder genommen hat, und Se. Erscllenz schickt EmMaiestät dieSGeschofi.d(15 seinen Wagen durchbohrt hat.« Obwohl die Stunde erntt war, ve gann Napoleon doch zu lachen. »Ha. die braven Leute denken bott immer an mich, aber ich darf ihrCi genthum nicht behalten. Wir müssen es sofort zurückschicken. Schon ais-H Höflichkeit. Man mesfe also tät-sin gel aus.« Man gab ihm Bescheid: ,,Sir, die Kugel paßt in ein Zwist fergefchiit3." »Gut. Mein lieber Dronot, erinnern Sie sich jetzt fiir einen Augenblick daß Sie einstmals Artillerist gewesen. Laden Sie diese Ranone«. Jaioobl, ein Gardegeschiitz.« Der Kaiser stieg oom Pferde nnd sah zu, wie die stanone geloben nnrde Das Fernrohr vor den Augen, um besser zu sehen, wer vorriirtte, List " niertte er an der Spitze der österreichi fiten Bataillone einen Generalstabg offi·zer, eine große Reihe von Kreuzen nnd Bändern auf der Brust. Rades leon schob Drouot zur Seite, prisite die Schiißrichtutig, zielte langsam nnd nahm die Lunte auc- den Händen eine-. Leutnant5. Die Kugel wurde abgescnert. eine große Fiamme stieg aus«- der .iianone empor. » Das in tiiaab gegossene Gescon traf Rotdmann mitten in die Brust, rin. ibn vom Pferde nnd wars ihn am Fuß einer Ulme nieder, unter der man ihn eine Stunde später todt vorfand, wäh rend Lasalle gegen Leopoldsau an stürmte nnd von einer Kugel zwischen » die Augen getroffen, getödtet wurdeJ indessen Oudinot mit der Alten Gardc über den Nußbach zog und der Erzher zog Karl in Eilmärschen den Rückzuks ? nach Möhren antrat — --— -( Die Geschichte tourde mir in beut scher Sprache vor einigen Jahren an einem Maiabend im GasthausgarteH von Deutsch-Wagram erzählt· Der; Erzähler war der Gastwirth Hart-» Bleibet, dessen Großvater die Schlacht s bei Wagrani selbst mitgemacht hattel W— Vor-hatt Jüngling: »Mein Fräulein, wenn Sie mich nicht erhören erschiesze ich michs« i »Um Gotteswillen, wenn Sie nunl ——— einen Andern trösent« In Gehn-rieth »Herr Professor, e s wünscht Sie1 ein herr am Telephon zu sprechen, ich tann aber seinen Namen nicht verste « Professor: »Wie sieht er denn aus?" : Nicht zu beste-m »Wenn Dein Gläubiger Dich so sehr drängt, warum bringt er Dir dann die reiche Wittwe nicht zu, von ber er Dir gegenüber schon einmal sprachs« «Ja, weißt Du — die gönnt er mir wieder nicht!« Ein Wintermärchen. Eine altmodische Geschichte von R. v o n R a w i y. Es war um die Zeit, da der Winter ficks noch einmal in all seiner trotzigen Herrlichkeit zeigt und den ersten Friily lingswinden den Sieg streitig macht. Ein steifer Ost brauste iiber Wald und Feld, und vor seinem . auch tanzten Millionen von Schnee löclchem die bald das Land in« ein weißes Gewand büllten und Weg und Steg fast nn tenntlich machten. Auch an den Mauern des Gutshoses thiirmten sich die weißen Massen, so daß eine Za l von Knechten, mit Schaufeln bewah net, die Einfahrt isnd die Stallthiiren freilegen mußten. « Lydia Brederode saß ihrer Groß mutter gegenüber im Erker, von dem n:an sowohl nach dem Hof, wie nach dem Geiniisegartsen aus-blicken kann, und schaute den Aufräuniungsarbeiten Zu; ihre Hände lagen müßig im Schoß »und um die Lippen zuckte es wie Langeweile undAeraeL Die alteDame ’daaeaen, ein Bild peinlichster Eigen heit und Atluratesse in Kleidung und Haltung, ftrickte und warf nur hin nnd wiedereinen Blick durch das Fen ster auf den Hof hinaus. «Sieben auf chlagen sieben ab nehmen-« ach, die Augen, die Augen! Da habe ich wieder zwei Maschen fal ter. lassen!« »Ich Idee-greife Dich aber auch wirk lich nicht, Großinamal Sind wir denn so arm, daß wir nicht Strümpfe taufen tönnen?!« »Glan es schon, mein Kind, aber darum ist mir auch gar nicht zu thun. Die Hauptsache siir mich ist, nicht müßig dazusiyein Wir —«-- vor fünf Zia Jahren — wurden freilich nicht nach Lausanne in die Pension geschickt, nnd unser Französisch reichte auch taum iiber »Von jour, niadame« nnd ,,Allez-vous bien, Monsieur« hinaus. Aber uns wurde dreierlei eingetrich tert, was ich noch heute nach Kräften beherzige: Erstens geradezu sitzen, ohne sich km den Stuhl zu lehnen, zweitens niemals müßig zu gehen, drittens immer liebenswürdig zusein, auch wenn es mir gerade nicht so ums Herz ist.« »Ja, das klingt ganz nach anno Fiinszig —— nicht anlehnen, lieber Gott, was das schaden solls! Jm Gegentheil—graciöse Atiituden sind es, die man heute den jungen Damen einstudirt!« »Wir nannten so etwas ,,Hinliim mela« und fanden, daß die gerade Faltung nicht nur das körperliche, andern auch in gewisser Weise das moralische Rückgrat stärkt. Wer hierin auf sich hält, achtet auch in anderen Dinaen aus sich selber.« lindia zuctte die Achseln nnd dachtet »Vieux seu! Sie versteht die neue Zeit nicht mehr!« Großmama sah iiber die «t8jeberde mit feinem Lächeln hinweg nnd wiederholte ihre letzten Worte: . «Ack,tet aus sich selber -— LydiaI ’Dazu· gehört dann auch der dritte Punkt, die gleichbleibende Freundlich teit.« »Bin ich denn nicht-— liebenswür dic?« Die alte Dame ließ den Strumpf sinten, fteelte eine abgestrictteNadel in das Knäuel und sat) der Enkelin voll in das argerliche Gesicht-Dem »Du, liebenswürdiij Du gleich-« niiifiig freundlich? Ich denke, ich tann mir die Antwort daraus erspareu!« Die junge Dame erröthete bivv unter das dunkle Haar und tromnielte ner obs auf dem Fensterbrett. »Aber Großniamachen er ärgert mich doch immerfort.« »Wer ärgert Dich inimerfort3« »Paull« »Mir mal Kind schäme Dich, saß Du so etwas iiber Deine Lippen lringst. Dein Vetter ist der aedul ; kigste Mensch der Welt, der alles thut,’ crsag er Dir an den Augen absieht.« »Weöliatb ertliirt er sich denn nichts Weshalb sagt er nicht frisch weg: »Lu-» mass-es ist ja eine alte, abgeniachte lsjeschichte, daf; wir uns trieaen!« Soll ·..ti ihm etwa nin den Hals fallen und? litten: »Nimm mich!« ,,"«« a, seind, er wird wohl seine» Gründe haben, weshalb er dag nicht; thut. Ich habe freilich auch gedacht.’ cslg Du im Herbst aus der Pensionj tanist, -einS - zwei - · drei ist dag! Pärchen fertig. Denn Jbr paßt dochJ sehr gut zusammen mit achtzehn und riernndzirsanziri Aber er ljat sich die» Sache vielleicht iiberlegt!« »Wie meinst Du dag, Grosziiiaiiia?« Lydyia wurde ganz bleich und rückte cin wenig näher an die alte Dame, Die jetzt an der Hacke mit besonderer Aufmerksamkeit zählte. ,,Vier, fünfs —- nun ja, teind, das wäre doch möglich sechs, sieben, .-cht, neun, — siehst Du: Wenn einer merkt, daß die Frau partout recht ba ten will, niemals nachgibt, gern Zank anfängt, dann sagt er sich-— zehu,els, zwölf —- oder habe ich mich verzähltk -- Zehn —els — ----—-« »Was sagt er sich, Großmamachen ——- Du bist ja ganz richtig ———zwölf, rann aufschlagen -—-— was fagt er sich?« »Dann sagt er sich: Lassen wir die Sache! Es gibt ja noch mehr Mädchen aus Erden, und es braucht ja nicht durchaus diese zu sein! -——-— Uebrigens genug von diesem Thema. Willst Du mir wohl behilflich sein, einen Karton Wolle vom Boden holen?« Die alte Dame erhob sich elastifch und trat aus dem Erler in die Stube Frneiry als die Thür zum Hausflur ich ö fnete und ein junger Mann auf der »chwelle erschien. Er trug- eine Lodenjoppe «und hohe Stiefel, und »hatte·eine Frlztappe mit Feder keck san ein Ohr gerückt — »Morgen, Großmusckychen —Tag, Kleine!« »Wir gdeht hr denn hin?« »Auf oden, Wolle holen.« »Kann ich da nicht mit?« lerste-in s Dir Spaß macht, natür l « »Als o los denn!« Die beiden Damen und der junge Mann erstiegen langsam die breite, mit vicier Raumverfchwenduna weit läufig angelegte Treppe. Endlich war der Hausboden er reicht, ein langer und weiter Raum, der von großen Manfardenfenftern beleuchtet wurde und sich über das ganze Gutsgebiiude hinwegzog. Es war nicht kalt hier oben, da sämmt liche Schornsteine des Hauses als mächtige viereckige Säulen wärmeaus strahlenr- den Boden durchsetzten, und for ar »in kleiner Schimmer von Ge In ..tl)li"hteit fehlte nicht, weilUrviiter ibausraihj -- alte Schriinte, Sofas, ! Treibe-« nnd Kisten — an den Wänden Wertheilt war. Während Grofztnama in einer alten Korn node (i1n Empireftil) die erfor derli chc Wolle fucl),te traten die jungen Leute an eines der manfardenartig a: cvgebanten Fenster und sahen hinaus in die Landschaft. Huil Wie hier oben der Wind heulte, wie hier die Flocken vorbeitanzen! Paul wollte etwas Lie bes sagen, aber er sah den trotzigen Zug umLydias Mund nnd ——-- schwieg. Sie empfand das Schweigen alg eine Art von Kränkung wandte ihm schroff den Rücken und machte sich on einer Truhe zu schaffen Sie nahm, halb gedankenlos, ein Stück nach dem anderen heraus nnd legte es auf einen wackeligen, dreibei nigen Tisch, dem eine Kiste den nö thigen Halt verlieh: Es waren die Kulissen und Soffiten eines Puppen theaterg, und bald folgte auch ein tnallrother Vorhang und ein halbes Dutzend Pappfignren in mehr oder weniger lädirtem Zustand. Lydia tlatschte in die Hände vor Verwunderung- »Unser altes Pup pen-Theater! Jele dachte es sei längst verbrannt. Die Puppen fehen noch ganz manierlich aus. Sieh mal Groß inama —- die im grünen Seidentleid — das ist gewiß eine Prinzcssin oder wenigstens eine Hosdame.« Die alte Freisrau hatte ihr Suchen beendet; sie setzte sich jetzt auf das großblumig bezogene Sofa und zog die Entellinder an ihre Seite, Lydia rechts und Paul zur Linien. »Die grüne Puppe — ja! Ich will Euch von der ein Geschichtchen erzäh len — wollt Jhr wieder die guten Kinder sein, die einst meinen Märchen lauschten? Ja? Also hört zu. —- uas Tlseaterstück, zu dem die Dame inj Grün gehörte, war folgendes: ; Es war einmal ein junges-, schönes ; Mädchen, die hatte einen klugen Ver ,stanb, ein gutes Herz und viel An muth und Liebreiz; leider hatte sie ,aber auch einen trotzigen Sinn und quälte die Menschen am meisten, die H sie am liebsten hatte. Und es war ein smal ein junger, schöner Mann, der galt allgemein siir einen tüchtigen und tadellosen Charakter. Aber er war leicht verletzt und zu empfindlich. Er verstand vielleicht nicht« was in Frauenherzen vorgeht und er wußte nicht, daß bie sprödeste Frau oft im Herzen die liebreichste, die trotzigste oft die weichste ist, weil sie ihre Gefühle verstecken mirs-» Und eines Tages-, da überlan vie junge Dame —— eben un sere grüne Puppe die Scham über ihre Fehler und Schwächen, und den jungen Herrn (—--ich glaube, es ist der im rothen Mantel vort unten —--) er grifs das Gefühl der eigenen Unzu länglichteit nnd Unbeholsenheit. Da. sahen ne sich liebevoll an, reichten ein ander die Hände und sagten —--—- ja wag-?- Mein Gedächtniß läßt mich liier aerade im Stich. Wisjt Ihr nicht vielleicht weiter Lydia -—— Paier thia fiel der Großmutter uiii den Hals und lachte und weinte Zugleicle Dann wars sie sich in Paulg Arme, oer sie ohne viel Worte küßte und da raus zu der alten Dame führte: »Segne uns, Großmaina segne i uns-, ehe wir in die Welt hinabsteigen Hier oben, in dieser Abgeschiedenheit wo nur hundertjährige Möbel länqst verblicheuer Generatioss en Zeuge sind ( und wo ver Sturm sein ewiges Lied( ! siuatt« Die alte Frau legte ihre wette Hand aus die Häupter der Enkel »Aber wie hieß das Stück nun ei gentlich,« fragte Lhdia mit schelmi scheni Lächeln, »das Stich Großmüt terchen, von dein Du uns er«jiil)ltest?«« Die Greisin sah der Enkelin ins Gesicht nnd antwortete ljalv scherz hast, halb ernst: »Ich weiß nicht mehr genau « es tann »die Ziihmuna der Widerspru stigen« gewesen sein!« »Und was meinst Du, Paul?« »Bei Shakespeare können wir ja bleiben, Lieblinatt Aber ich schlage einen anderen Titel vor: »Ein Wintermärchen!« « Schlechte Auøredr. Frone »Einen so alten Hasen bringst Du von der Jagd?« Gatte: »Ja, weißt Du, die kleinen. jungen treffe ich noch nicht so leicht.« Ein gebildetck Dienstbote. »Was haben die rothen Striche in Ihrem Zeugnißbuch zu bedeuten? »Ach. da hab' ich nur die Fehler von meinen Gnädigen lorrigirtt« Uuqngeneimk . . . Gnädiges Fräulein, schlang weile Sie doch nicht mit meinen Jagd geschichten?« »Nicht im geringsten! . . . . denke so gerade an etwas andere-Sk« Anztiglich. Professor: »Sie sollten doch ein Flußpserd beschreiben, Müller! Jn dessen beschreibt der Mensch ein Rhi nozeros! Das sieht Jhnen aber ganz IätynlichP Verfchtiappt. Richter: »Der Angeklagte leugnet, in der Nacht gelärmt zu hab-ein« Nachtwächter: ,,Nanu, wie hätte ich beim sonst aufmachen können!« i So herum. ; »Was haft Du heut in der Schule igelernk?« » ,,Zählen, Mama.« »Und was haft Du gezählt?« »Die Schläge, die mir der Lehrer gegeben hat.« seiest-ist Arzt: »Ihr Leiden, gnädige Frau, bringt das gewöhnliche Leben eben so mit sich.« Baronim »Herr Doktor, von einem gewöhnlichen Leben kann doch bei mir keine Rede sein!« Subjektive Anschauung. Sachse: »Heren se, se sein wohl nicht aus hiesiger Gegend?« Berliner: »Nee! Wieso wissen Sie da5?« Sachse: »Ja, mein Herrche, Sie Das leistungsfähige Haus. Stubent: »Der Herr drüben ist der Inhaber der Firma Meyer Fc Co.« Onkel: »Ist das ein leistungsfähige-Z Haus?« Student: »O, der trinkt seine zehn Mußt« Unerwartete Antwort. Mann: »Denk mal an, der Maier, Du weißt, der wurde doch vor einiger Zeit von einem Automobil überfahren, und jetzt hat er 85000 Schadenersatz bekommen-« Frau: »Ja, siehst Du, an dem Meter tannft Du Dir ein Beispiel neh men. er ist immer auf seine Familie sehr lsedacht gewesen!« Der kleine Verräther-. Der linderlose Onkel Fcrdinand be sucht seine Verwandten in der Stadt, wo er von allen aufs Herzlichste auf genommen tvurde. Der kleine Fritz kommt diensteifrig mit einer Wärm flasche und wollenen Decken ungetragen und beginnt den Onkel einzuhiillen. »leer. Weiner, mich friert ja gar nicht!« sprach ccbmschrend Ontel Fer »dian »Ja, der Vater sagt, Du wärst ein Erbontel und Dich müßten wir warm l;altcti!« entgegnete treuherzig der kleine Verräther. Etandcdnemäsicr. Gattin: »Nicht wahr, jetzt werden wir ung- e standesgemiißeg Restchen ban’n!« Stett-san Richter: »Jetzt haben Sie aber lange Zeit nicht eingebrochen!« Anaetlagter: »Ja, ich bin eben erst von einer Studienreise aus dem Aus londe zilriielgetel)rt!« Auf ver Straßcuba1m. Ich habe mir da einen neuen Hut gekauft, aber er ist mir noch ein wenig zu eng. O, das macht gar nichts-. Der wird schnell weiter werden!