Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 06, 1906, Sweiter Theil., Image 9

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    Yeöraska
StaatI-3n2eiger Und THErold
« J. P. Windolph, Herausgehen Grund Island Nein-» t; April 1906 (Zweitek TheiU Jahrgang 26 No. 3Z.
wSei gegritßF «
Sei gegrüßt mir, Feierstunde.
Wo des Tages Hasten schweigt,
Wo der Friede seine Schwingen
Segnend aus die Erde neigt!
Sei gegrüßt mir, stille Einlehr,
Die das Herz mir traut umfängt,
Die des Leben- Schmerz nnd Bangen
Aus der milden Seele drängt.
Sei gegrüßt mir, Abenddiimern,
Goldumflossne Himmelspracht --——
Und gegrüßt sei mir im Schooße
Der ersehnte Traum der Nacht!
era Krauschen
Du bist wie-eine Blume . . .
Eine Geschichte aus Heinrich Heineks
Leben von C. Gerhart·.
An einem Mai-Abend des Jahres
1823 ging eg in der Weinstan bei
Lutter und Wegean in der Charlot
tenburgser Straße in Berlin lustig zu.
Da saßen einige junge Poeten nnd
ihre Freunde zusammen beim Glas-:
Wein, rezitirten Verse, schalten aus
das Publikum, das sie nicht verstand,
auf die Berleger, die sie nicht hoch ge
nug bezahlten, und freuten sich trotz
dem des Lebens. Da war einer, der
war besonders lebhaft; er nannte sich
Christian Friedrich Grabs-e, und die
wilden Aeußerungen seintg Humor-J
sanden jubelndcn Beifall. Nach
Schluß des Theaters gesellte sich den
Zechenden noch der berühmte Erbau
spieler Ludwig Devrient hinzu. Hel
tes Locken erscholl, ei» sprühten des-J
Geistes Funken.
Nur ein Jüngling saß schweigst-tun
iusammengesuuten im Winkel; er
schlürfte behaglich seinen Punfch und
läckelte ironisch zu den Schnurren der
Anderen. "
»Der Heine hat wohl wieder ein
Abenteuer vor, steht aanz danach
aus,« rief Friedrich von llechtritz·
»Leider hat er keines- in Aussicht,
ist verdammt ;shiliströs, dieses Ber
lin,« erwiderte oieser gelassen. »Ich
sehne mich in der That nach der Be
kanntschaft mit e:nem schönen, jungen
Mädchen, das mich zum Schaffen be
geistert.«
»So möge Amor Ihnen gnädig
Ihren Wunsch erfüllen. Der unbe
tannten Schönen weih ich dieses
Glast«
Spät tvar’s, als die lustige Tafel-.
runde auseinandergiug Jedoch als
Heinrich Heine am anderen Morgen
erwachte, fühlte er stet: frisch und an
geregt. Ein Weilchen stand er aui
Fenster seiner behaglich-en Wohnung
in der Neuen Friedrichstraße 47.
dann nahm er einen Band deutscher
Gedichte vor, da er seit turzer Zeit
im Kulturverein einige Stunden gab,
feilte an seinen letzten Gedichten und
kleidet-e sich darauf sorgfältig an, um
auszugehen
Es war ein tvuudervotler Früh
lingstag und die Straße »Unter den
Linden« ungewöhnlich belebt. Der
junge Dichter flanirtc auf und ab;
er hatte das Gefühl, als müsse ihin
heute etwas KZstliches begegnen: aber
seine Hoffnung schwand, als er auch
nickt eine junge Dame erblickte, die
seinem lebhaft entwickelten Schön
heitggefühle entsprochen hätte,
So begab er sich denn in’5 Hotel
Royal zum Mittagsessen, und danach
zum Cafe Josty, wo er wie immer
feinen Koffee trank. Er fühlte sich
ungemein behaglich und befahl dem
Kellner. ihm zur Krönung seines
Wohltefindens eine Portion Baifer
zu bringen, die er mit größtem Ap
petit verspeiste. Wie so oft, wenn es
ihm recht gut ging, dachte er seiner
Lieben daheim und rifz aus seinem
Notizbuch ein Blatt, um an seine
Mutter und feine Schwester, das aei
liebte Lottthen, zu schreiben. Getreu
lieh berichtete er von allen Erleb
nifsen, schließlich von dem soeben ge
habten Genuß: »Ihr Götter des
Olymps, o tenntet ihr den Inhalt
dieses Baiferot O Aphrodite, wärst
du solchem Schaum entstiegen, du
wärest noch viel schöner!« schrieb er
lächelnd nieder, im Bewußtsein, daß
seine Lieben über ihren Harrh auch
lachen würden.
Nun war’s wohl Zeit zum Besuch
bei Rahel Varnhaaen, seiner geistvol
len Freundin. Lluf dem Wege Zu ihr
hörte er plötzlich aus einer stillen Ne
benstraße einen jammerner Ruf aus
Frauenmund und sah, wie zwei
halbwiichsiae Burschen einein junaen
Mädchen eine Handtasche entrissen
und davoneilten. Wie der Blitz war
er ihnen nach; sit-on glaubte er, sie
zu erreichen. da waren sie plötzlich
verschwunden, ohne daß er genau
wußte-, welches Haus sie barg. Mit
lebhaftem Bedauern lehrte er zu der
Fremden zurück.
»Es thut mir unaetnein leid, mein
Fräulein ---« Plötzlich stockte er, be
troffen von dem wundersamen Reiz
des holden Mädchengesichtes, der
nachtschwarzem thrönenersiillten Au
gen. Da hatte ihm ja das Schicksal
seinen Wunsch ersiilltt
Doch er faßte sich und sprach sein
Bedauern aus, den Buben ihre Beute
nicht abgejagt zu haben; sie erzählte
ihm darauf mit kindlichem Vertrauen,
daß ihr Vater sie nach Berlin wegen
einiger Kommissionen gesandt habe;
soeben sei sie mit«der Post angekom
nien und gleich ihrer ganzen Habe
beraubt!
Und wieder Perllen die Thränen
über ihr Gesicht
»Ich bitte Sie, beruhigen Sie sich,
mein Fräulein-W bringe Sie zu
einer edlen Frau, die sich Jhrer aufs
Wärmste annehmen wird«
Wie da das Noth in ihre erblaßten
Wangen zurückkehrte, wie die Auan
strahlten!
Heine konnte den Blick nicht von
ihr wenden, während er neben ihr
herschritt und sie tröstete Er, der
die Eleaanz liebte, sah nicht ihren
tleinstädtifehen Anzug, nur ihr blu
ienhast liebliches Antlitz. Als er in
der Ferne Friedrich von Uechlritz be
merkte, bog er schnell in eine andere
Straße; das Mädchen neben ihm
sollte nicht mit Spötterangen ge
musiert werden.
Frau Rahel Varnhagsen, des Dich
ters Gönnerin. war gleich bereit, die
junge Fremde, die eines Rabbi Toch
ter war, bei sich auszunehmen.
»Sie bleiben bei mir, liebes Rind;
wir tausen, wag Ihnen fehlt, nnd
dabei sollen Sie Berlin kennen ler
nen.«
Die schöne Mirjam beugte sich iiber
die Hand der edlen Frau. Diese aber
zog sie an sich nnd küßte sie auf den
Mund. Dabei fiel ihr Blick anf
Deine, der mit brennendem Neide der
hübschen kleinen Seene zuschaute.
Sie lächelte und droht-: ihm mit dem
Finger.
»Jetzt mus; Fräulein Mirjam nach
dem ausgestandenen Schreck völlige
Ruhe haben,« saate sie bedeutungsvolL
,,Also in aller Form entlassen! Sie
sind zum ersten Mal in Ihrem Leben
grausam, Frau Rahel! Jch gehorche;
aber morgen lomme ich wieder, um
nach meinem Schützliug zu sehen.«
Wie ein Träumender ging er an
diesem Tage umher und mied am
Abend die Freunde. Immer mußte
er des-·- letijdchenJ aus der Fremde ge
denken das von so unbeschreiblicher
Anmuth und Reinheit umflossen war
lfiue zarte Nothe überlies Mir:
iam’s Gesicht, als Heine am folgen
den Nachmittage sie aufsuchte. Jetzt
erst sab sie, ivie jung und anziehend
der Mann war, der ihr beigestanden,
und sie wußte von Frau Rahel, das;
er ein Dichter trar.
Ein Dichter! staunt jemals hatte
sie sich in der Weltoergessenheit ihre-Z
Heiinathsstädtchan in der strengen
Nitchternheit ihres Vaterhauseg eine
Vorstellung von einem Poeten ar
macht, doch stets di: Dichttunst ge
liebt. Nun sah sie einen Jünglina,
dem ein Gott gegeben, in tönenden
Versen zu sagen, was er empfand, in
hinreisxenden Liedern, von denen sie
beute schon eiuiae gelesen, zu klagen,
zu jubeln!
Und dieser Dichter war ihr Be
schützer, hatte sie zu den edelsten, geist
vollsten Menschen gebracht, die es gab!
Wie in eine andere Welt fühlte sie
sich versetzt; mit staunenden Augen
und offenem Gemiith gab sie sich
den neuen, sie sast überwältigenden
Eindrücken hin, und jede Regung
ihrer Seele spiegelten ihre Augen
wieder.
Heinrich Heine lam jeden Tag, mn
Mirjain zu besuchen; er hätte selbst
nicht zu sagen gewußt, was ihn zu
ihr zog; sie war nicht geistreich, nicht
beredt, aber sie erschien ihm rein, wie
aus Gottes Händen hervorgegangen
Er erzählte ihr von den Schönheiten
der Welt, er trug. ihr mit seiner wei
chen Stimme seine Lieder vor, er
lehrte sie die große Stadt, den stillen
Pakt in der Nähe kennen. ,
Weit zuruck trat die Dummh, der
Bräutiaam, dem sie si-h ohne Liebe
versprochen; sie lebte wie in einem
Märchen, in einem Wunderreich; und
dein Zauberer, der es ihr erschloß,
gab sie widerstandglog ihr Herz.
Frau Rahel sah mit Besoranisz den
Eindruck, den der unaezoaene Lieb
ling der Grazien auf ihren Schiitzling
machte; sie fühlte sich verantwortlich
sijr Mirjam Besser war’g, daß sie
jetzt schied, daß sie die Erinnerung
an diese Zeit und ihn wie einen schö
nen Traum in ihrer Seele bewahrte,
als das; diese Liebe immer festere
Wurzeln in ihr faßte und sie unselig
machte für immer. Und RahePs zart
geübtein Einfluß tvar es zu danken,
dasz Mirjam eines Tages abreiste,
ohne noch einen Händedruck des un
hewuszt Geliebten zu empfangen, ohne
zum Abschied in seine leuchtenden
Auaen zu sehen.
Bitter zürnte Heine seiner Freun
din, als erMirjam nicht mehr fand;
schmerzlich rief er: »Warum entfern
ten Sie diese holde Blume aus inei
nem Wege?«
»Weil sie in ein anderes Erdreiili
gehört. Und was ivie ein Lustspiel
f begonnen, sollte nicht wie ein Trauer
spiel enden. Es mußte sein, mein
» lieber Freundi«
Da küßte er schweigend ihre Hand
lund ging. —-—
Heiß brannte die Sommersonnei
iiber Berlin. Unmuthig saß Heinrich
Heine im leichtesten Rostiim an sei
nem Schreibtifch und seufzte über die
gedankentödtende Hitze. Da trat ieinj
vertrauter Bekannten der junge pol
nische Graf Euan von Breza, bei
ihm ein. «
»Theuerster Freund. Berlin ist ein ;
Brutofen, daher entfliehe ich ihm.
Kommen Sie :nit auf das Gut mei
nes Schwagers, des Grafen Waltvirh.
Da weht die Luft frischer und man
amiisirt sich vortrefflich.«
»Ein herrlicher Gedanke, beim
Zeus! Gerne begleite ich Sie; auf
Idem Lande. werde ich auch meine
« Kopfschmerzen v-rlieren·«
Noch am selben Abend keiften die
; Freunde nach Dzhalin. Heine fühlte7
i
i
jfich hier bald gesund und froh und
s aab sich »O der Wonne hin, in der
lNatuk zu leben.
s Eines Tages führte den Grafen
ein Geschäft nach Gnesen, Heine be
gleitete ibn. Während sein Freund
dann noch einen Besuch machte, schritt
er träumerisch durch die stillen Stra
ßen Veg Städtchens
Schon war es Abend geworden;
die Linden, welche den Ipltarktplatz
umsänmten, verbreiteten betäubenden
Dust. Der Mond umwob mit mör
chenhastem Licht den alterthümlichen
Brunnen und ein Mädchen, das re
gungslos auf seinem Rande saß.
»Wie Rebekla!« dachte Heinr, eigen
thiimlich berührt, und trat näher. Da
wandte das Mädchen ihm ihr Antlitz
iu und über beider Lippen glitt ein
Ausruf staunender Freude.
Mirjam work-, die ihn hatte fliehen
miissen und die ihn das Schicksal doch
noch einmal finden ließ! Aber sie war
verändert; in ihren großen Augen lag
ein Ausdruck schmerzlicher Trauer, die
ihn ergriff. Schon in den nächsten
Wochen sollte ihre Verheirathung mit
dem ihr bestimmten Mann stattfinden,
und die Schatten zukünftigen Leide-I
berdiisterten ihre Seele.
Ein namenloses Glückseesiihl durchi
zitterte ihr Herz, daßsie den, welchem
sie einen Tempel in ihrem Innern er
baut, noch einmal sah. Stumm stand
sie vor ihm und schaute zu ihm aus.
thre ganze Seele lag in diesem Blick.
sJIa durchbrauste ihn leidenschaftliche
s Liebe; er hätte sie in die Arme ziehen,
smit Küssen bedecken mögen und
Idoch nahm er nur ihre Hand in die
Jseine und sprach leise: »Mirsam, oft
Ihabe ich an dich gedacht und dann
Igingen mir Verse durch den Sinn;
- ich will sie dir sagen Zum Abschied:
s »Du bist wie eine Blume,
l So hold und schön und rein,
Ich schau dich an, und Wehmuth
I Schleicht mir in’s.- Herz hinein.
Mir ist« als ob ich die Hände
Ausk- Haupt dir legen sollt’,
Betend, daß Gott dich erhalte
So schön und rein und hold!« s —
Sie ward in ihrer Ehe nicht glück
lich, die arme Mirjam. Aber wie ein
heller Stern in qder Dunkelheit ihres
Lebens leuchtete ihr das Andenken an
den großen Dichter, der ihr jene-s
;einzig schöne Lied gewidmet.
l Jhn aber umspannen des Lebens
bunte Fäden; das Schaffen zog ihn
Jin seinen Bann. die Liebe tam in be
glückenderer Gestalt —- —— nur zuwei
len zog durch seine Seele ein leiser
Erinnern an den kurzen Sommer
traum!
« --—--—
Vaterland.
t Erzählung von J u l e s S i m o n.
» Ich hatte einen Freund, der erst
Soldat gewesen und dann Schalmei
ster wurde. Er hatte die Armee mit
dem Grade des Sergeantmajorg und
der Militiirmedaille verlassen. Warum
man ihn nicht zum Ossiziei gemacht,
weiß ich nicht. Als seine Dienstzeit
um war, rieth ihm sein Oberst, beim
Heere zu bleiben und erklärte ihm, er
stviirde ihn aus der Stelle zum Feld
webel machen; gegen Ende des Jahres
sollte erllnterleutnant werden und
wenn der erste Schritt einmal gethan
sei, wer weiß? könnte er vielleicht
eines Tages Stabsossizier werden,
doch er wollte nicht!
Es war eine Liebschaft dabei im
Spiel. Als er beim Regiment stand,
»tvechselte er mit einer Landgmännin
JBriese, einer hübschen ehrenhaften
Fund ivohlerzogenen Person, der Toch
ter des Schulmeisth dem Freberic
seine gesammte Schulbilbung und sein
ganzes Wissen zu verdanken hatte.
Der Seraeantmajor verzichtete stei
ivillig aus ein Avancenient, das ihm
doch vielleicht nur eine Enttäuschung
bereitet hätte; er kehrte nach dem El
saß zurück, bestand etfolgkeich die bor
geschtiebenen Peiisungen, heirathete
seine Liebe und bekam nach Ablauf
eines Jahres die Schule seinesSchwiei
gervaters. Das Gehalt genügte fiir
Leute, die an ein bescheideneg Leben
gewöhnt waren; die Militärmedaille
brachte ihm eine kleine Rente von 100
Franken, die auch nicht zu verachten
war, und nachdem ihre Ehe mit zwei
hübschen Knaben gesegnet worden,
hatten sie keinen Wunsch mehr.
Jch hatte im Jahre 1869 zwei oder
drei Tage in Miilhausen zugebracht
und machte aus der Riickreise einen
kleinen Umweg, um Frederic einen
Besuch abzustatten, den ich ihm seit
langer Zeit zugesagt hatte. Wäre ich
ihr Bruder gewesen« sie hätten mich
nicht besser ausnehmen können.
Ich habe nie so viel Sauerkraut ge
gessen und nie mit so gutem Appetit
gespeist, wie damals. Madame Fre
deric verstand nur zwei bis drei Ge
richte zu bereiten, doch diese stellte sie
vorzüglich und mit größter Sauberteit
her, außerdem bediente sie ihr-e Tisch
giiste mit einer Herzlichteit, die die
beste Wiirze des Mahles bildeteJ Die
beiden Jungen, der eine 15, der andere
1.'—; Jahre alt, strahlten vor Gesund
beit uud Kraft; sie waren ein wenig
schwerfällig, ein wenig plump, aber
bdslich und liebevoll. Man mußte
sehen, wie diese Leute sich liebten! Es
war sitr mich schon ein Genqu ihre
Gefühle in ihren Augen zu lesen. Sie
waren vollkommen glücklich in ihrer
bescheidenen Wohlhabenheit, und
lange, lange, nachdem ich wieder da
heim war, mußte ich dieses friedlichen
Jdnllg gedenken.
Es kam der Krieg von 1870--7l.
Jch erfuhr eines Tage-, daß Frederic,
der zum Offi ier befördert worden
war, sich bei en ersten Kämper sehr
ausgezeichnet hatte. Bald nach dieser
Zeit lebten wir in Paris wie auf einer
fernen Insel, von der übrigen Welt
algesehlossen und waren in vollstän
diger Unkenntniß über das Schicksal
der einzelnen Personen, da wir uns
nur um die großen Ereignisse küm
inern konnten Nach der Belagerung
tnm die Feapitulatiom und nach der
Finditulation die Konnnunez das sind
traurige Erinnerungen Es war da
costs teine Zeit, an seineNäehsten an
.seine Freunde zu denken.
Ich saß in meinem Zimmer im Pa
laiS zu Versailleg, mit der Abfassung
eines Berichteg über die Ernennung
eines Bischofs zuAjacrio beschäftigt
Plötzlich hörte ich ein Geräusch im
Vorziininer, fait Geschrei, nnd be
« merkte-, daß der Dienst habende Thiir
stehet meinen Befehlen zufolge sich
weigerte, einen bartnäckigen Besucher
einzuführen. Eben wird die Thiir
ausgerissen, und Andre. mein alter
Ranirnerdiener, dee glücklicherweise
da war, legt inir ein Stück Papier
hin, auf dem die Worte standen: »Die
Wittwe Frederic’-:— nnd sein einziger
Sohn«
Ich habe selbst in jener schmerzens
reichen Zeit nie einen so tiefen
Schmerz empfunden.
Sie war viel ruhiger, als ich, mit
ihren trockenen Augen und blassen
Wangen, mit ihren etwas- zitternden
Händen und Lippen. Sie schien unt
30 Jahre gealtert, docb zeigte sie nn
ter den Lumpen, denn sie trug die
Kleidung des Elende-, eine vornehme
Haltung. So war er also todt!
Schweigend zog sie ans ihrer Tasche
ein Kreuz der Ehrenlegion, das man
meinem armen Freunde im Lazareth
auf die Brust zeheftet hatte. Jn je
nem Augenblick war er noch bei vol
lem Bewußtsein. »Sie sind ein
.L)eld,«« hatte der General zu ihm ge
sagt. Er versuchte, dem General die
dargereichte Hand zu drücken» doch er
vermochte eg nicht, der Tod schwebte
bereits über ihn!. Eine Stunde spä
ter erlosch sein Lebenslicht wie ein
Flämmchen
»Ich erfuhr diese Einzelheiten aus
dem Briefe seineJ Lverfteii,« sagte sie
mir. »Mein Paul tvar 17 Jahre, er
trat in die Armee sind sagte zu mir:
»Jetzt bin ich an der Reihe.« Jch
versuchte nicht. ihn zurückzuhalten,
denn ich mußte mir sagen, sein Vater
hätte es auch nicht anders gethan. Er
lzog in den Krieg ...« Dann fiigte
sie leise und mit zitternder Stimme
hinzu: »Jhn hat keine Kugel dahin
gerasft; nein, der Typhus-« —
Jeh wagte an oiesetn Tage nicht,
ihr von etwas anverem zu sprechen,
als von ihren beiden Todten, und
doch tonnte ich meine Blicke nicht von
diesen schädigen Kleidern abwenden.
Sie sind Bettler, sagte ich mir. Doch
wie sollte ich ihnen helfen?
Sie war erschöpft, und ich schlug
ihr vor, die Fortsetzung unserer Un
terhaltung auf ven nächsten Tag zu
verschieben. »Ich have Sie noch nach
vielem zu fragen, wir werden von
Jhrer jetzigen Lage und von der Zu
kunft Jhres Sohnes sprechen. Unter
dessen werden Sie die Nacht in mei
ner Wohnung schlafen«
s Das war kein besonders verlocken
deg Anerbieten, denn wir hatten nur
ein Bett für die ganze Familie.
Meine beiden Söhne und ich schliefen
auf Matratzen auf der Erde, in
einem der Museuinssäle. Sie wei
;gerte sich hartnäckig, mein Anerbieten
anzunehmen, und schließlich fanden
wir für sie eine Duchstubie im Hotel
de la Chasse.
Jsch brachte die ganze Nacht damit
»zu, zu überlegen, was ich wohl init
ihr anfangen sollte. Wer das nicht
durch-gemacht hat, glaubt gern, eins
Minister findet stets-· dag, was ser
braucht, aber dem ist-« nicht so Sie
hatte Anspruch auf die Pension einer
Kapitängwittwr. doch würde dieser
Grad, den er mit Umgebung des niili
täriscl,en ReglementJ erhalten, auch
anerkannt werden? Auf jeden Fall
mußte sie lange warten, Und was
sollte inzwischen aus ihr werden? Jch
ging am nächsten Morgen zu dem
Kriegsininister. Er versprach mir,
die Sache zu beschleunigen nnd botE
inir Geld an, doch deshalb war ich
ja nicht gekommen, da man ja auf
eine Wartezeit von mehreren Mona
ten gefaßt sein mußte. Ich konnte sie
erst gegen Mittag kommen lassen.
Uebrigens hatte ich mich nicht ge
täuscht, sie hatten den größten Theil
der Reise zu Fuß gemacht, und man
hatte sie mehreremal arrctiri; buch
stäblich hatten sie nur trocknes Brot
gegessen. Allerdings blieben ihnen
noch ZU Fr» doch ne meinte: »Mens
Geld war unser letzter Rothgroschem
und ich konnte mich- daher nicht ent
schließen, es auszugeben.
»Er hat sich wunderbar benom
men,« fügte sie, auf ihren Sohn zei
gend, hinzu; »in den gefährlichsten
und traurigsten Augenblicken war er
nur auf mich- bedacht.«
»Sie hatten doch ein Feld?« fragte
ich sie, »und eine Kuh
»Die Ruh habe ich anstadsjbarglente
verkauft,« erwiderte sie, »dafiir haben
sie uns Lebensmittel gegeben. Auch
unser Mobiliar habe ich verkauft, ich
l habe nur wenig dafiir bekommen, «
jnicht aus Hartherzigteit, aber es ist
l alles rninirt.«
; »Aber das Feld?«
l Sie schien erstaunt: »Um es zu be
i halten,« sagt: sie, »l)"citte ich im Elsas:
»bleibet: und deutsch werden müssen,
. nnd das wollte ich nicht«
Sie erzählte mir nun, das-. auch der
ztreite Sohn Soldat werden wollte,
s nicht ach Zorn oder Rache-durst, son-—
. dern, weil er fiir dass Vaterland käm
pfen wollte, wie esZ sein Vater und
sein Bruder aethan hatten.
Endlich gelang es mir im Jahre
«187l, meine beiden Schiffbrüchigen
unterzubringen Der Junge-, der im
achtzehnten Lebensjahre in den Miti
tiirdienst trat, wurde während des
zweiten Jahres im Tontikttiieae Of
filier und zeigte sich seines Vaters
und seines Bruders-J würdig. Für
seine Mutter fand ich eine kleine
Stellung in dem Büreau der Bank,
Dant den Bemühung-en des Direk
tor—5, Herrn Rouland, der mir zu je
ner Zeit mehrere Dienste derselben
Art erwies. Die Mutter und der
Sohn, die gute Franzosen sind, sind
auch gute Elsässer geblieben. Sie
haben zwar nicht mehr das väterliche
Haus-, doch sie besitzen dort noch zwei
Gräber. Dort haben sie ihr ganze-J
Here gelassen, wie auch so viele
deutsche Mütter und Brüder, deren
Lieben in Frankreich gefalle-: find.
..-—
Blumeufchmuek des T odcsthals.
Wenn man gewöhnlich nur von zwei
oder drei Gewächsen spricht, die in
unseren Wüsten vorkommen, so ist das
nicht so wörtlich zu nehmen, wenn eg«
auch dem Eindruck des flüchtigen Rei
senden entspricht.
Sogar das beriichtigte ,,Tode5tl)al«
von Catisornien hat, wie genaue prak
tische Kenner wissen, recht mannig
fachen Pslanzenschniuct, und viele die:
ser Pflanzen scheinen der vsfiziellen
Gelehrtenwelt noch gar nicht betannt
zu sein, wenn auch Verwandte von
ihnen bekannt genug sind. Manche
haben wundervolle Blüthen, die sogar
sehr dustreich sind; aber von einem
regelmäßigen Wechseln und Entfalten
tann keine Rede sein.
Etliche dieser Wiistenpflanzen, na
inentliche gewisse Cacteen, bringen auf
scheinbar ganz verdorrten Stengeln
niärchenhast schnell die schönsten Blü
then unter dem Einslusi eines gele
gentlichen Regens oder eines starken
Thaues hervor; rasch vergänglich ist
diese Herrlichkeit, aber ebenso rasch
kann sie wieder erscheinen!
Eine der schönsten Blüthenpflanzen
des Todesthalg hat einen ganz eigen
thiinilichen Stengel niit vier Spitzen,
und an diesen sitzen Gruppen wachs
artiger Blüthen, welche geradezu alle
Wohlgeriiche Indiens zu vereinigen
scheinen! Die Farbe dieser Wunder
blumen schwankt zwischen dem Hasse
sten Goldweiß und dem tiefsten Pur
purroth. Solche Beispiele ließen sich
noch gar manche erwähnen
Alle diese Pflanzen aber werden nur
niedrig; sie halten sich ihrer ganzen
Größe nach stets dem Boden ndhe, —
und nur dies ermöglicht es für sie, den
heißen Samunis. ,oder Wüstenstiirmer
zu trotzen.
’ Auch gegen den Flugsand sind diese
Gewächse wunderbar geschützt. Cac
tuggattungem welche anderwärts stets
nur einen Stenael treiben, kommen
hier sofort in vielen kleinen Stengeln
ausz- dem Boden; was an Erde nnd
Steinchen in den Sandwolken ist,
fällt zwischen diese und bildet eine
Art o ssene Barricaden; mag sich der
Sand rings noch so sehr aufhäufen,
so latin er doch die Pflänzchen nicht
ersticken
Der kluge Hund.
Ueber das kluge Benehmen eines
Schäferhundes wird aus Mannheim
geschrieben: Nahe der Station Wohl
gelegen, die zugleich Haltestelle der
Nebenbahn Mannheim - Weinheim ist,
steht ein Schafstall, in dem eine große
Schasherde untergebracht ist und wo
rin zwei Schäfer schlafen. Vor einigen
Tagen wurde von der Herde ein Wag
gon aus der Station Käserthal verla
den und sollte mit dem Nachtzuge ab
gehen. Spät Abends ging E., einer der
Schäfer, nochmals mit dem Hunde
nach der Station, um sich zu überzeu
gen. ob auch Alles in Ordnungs sei.
Einige Zeit darauf kam der Hund in
den Schafstall zurück. erfaßte den zu
rückgebliebenen Schäfer an der Jacke
und suchte ihn nach der Thüre zu zie
hen. Kein Abwehren half, immer von
neuem schnappte der Hund nach den
Kleidern des Schäfers und suchte ihn
knurrend nach dem Ausgang zu zerren.
Schließlich kam dies auffallende Be
nehmen dem Manne zu Bewußtsein;
er stutzte, daß der Hund allein zurück
tomme, ging ihm nach und fand auf
dem Bahngeleise neben dem verladenen
«Wagaon seinen Kameraden E. bei vol
lem Bewußtsein, aber unfähig, sich zu
bewegen. Der Mann war, als er nach
sah, ob auch die Thüre des oberen Wa
gentheils gut verschlossen sei, rücklings
abgestiirzt und hatte durch- den Auf
schlag auf eine Schiene eine Rippe ge
brochen, und zwar derart, daß jede Be
wegung ihm so großen Schmerz ver
ursachte, daß er trotz der grimmigen
Kälte und trotz der Gefahr, jeden AU
genblicl von einem Zuge überfahren zu
werden, ruhig liegen blieb, ohne sich
zu rühren. Der Hund war, als er
sah, daß sein Herr nach dem Sturze
lieaen blieb, sofort ohne Geheiß in
vollem Laufe nach dem einen Kilome
ter entfernten Schafstall gerannt, um
Hilfe herbeizurufen Hätte ein Mensch
vernünftiger handeln können?
-——-..--——
Aptsorismen über die Amen-up
Die Schönheit kommt in der Ruhe
am meisten zur Geltung, die Anmuth
in der Bewegung. s- · Schön sein kann
auch der Tod. Anmuthig stets bleibt
nur das Leben. Anmuth ist die
Knospe der Schönheit --— Von der
Schönheit strömt häung eine betteln-—
mende Kälte aus. Von der Anmuth
nur eine belebende Wärme. -—- Schön
sein kann auch der Mann. Anmuthig
ist nur das Weib. Der Inbegriff der
Weiblichteit muß also in der Aninuth
der Erscheinuna und der Seele lie
gen. --- Jn der Anmuth offenbart sich
die Seele des Weibes, hinter der
Schönheit verbirgt sie sichs ost. --— Die
Schönheit würae vor Neid erblassen,
gäbe es auch ein Mittel, sich die An
inuth zu erhalten. -—-— Anmuth ist die
Schönheit des Herzens. —--— Gott gab
dem Weibe die Anniuth, der Teufel
die Schönheit —— Wo die Leidenschaft
beginnt, hört die Aumuth auf. Die
Schönheit aber wird durch Leiden
schaft erhöht.
--———
Amt- schk Sprichwortctn
Von Th. Schimerling
Was dein Feind nicht wissen soll,
sage deinem Freunde nicht.
F III I
Wenn ich mein Geheimniß ver-:
schweige, ist es mein Gefangener; lasse
ich es entschliipfen, bin ich sein Ge:
- fangener.
Il- stt III
Am Baume des Schweig-kug- hängt
seine Frucht, der Friede!
Uebel-trieben
Der Schulze ist also wirklich so sehr
geizig?«
»Ach, ich sage Ihnen, der gönnt lei
nem Menschen was. Selbst wenn er
bemerkt, daß jemand schneller athmet
als er, so macht er gleich ein paar
Athemziige mehr, um mitzutommen!«
Genaue Auskunft
Richter: »Was geschah, als Jshnen
der Angeklagte die Ohrfeige gegeben
hatte?«
Klägen »Dann —— dann gab er mir
die dritte!«
Richter: »Sie wollen wohl sagen
die zweite?«
Klagen »Nein, Herr Richter, die
zweite hatt er belommen!«
Köchin (welche zu einer jungen Frau
engagirt wurde, als sie einmal kostete,
was die Gnädige selbst gekocht hat):
,,Gn"a·dige Frau, Sie haben sich gewiß
auf ärztliche Anordnung hin zu einer
tiöchin entschließen müssen?!«