Yeöraska StaatI-3n2eiger Und THErold « J. P. Windolph, Herausgehen Grund Island Nein-» t; April 1906 (Zweitek TheiU Jahrgang 26 No. 3Z. wSei gegritßF « Sei gegrüßt mir, Feierstunde. Wo des Tages Hasten schweigt, Wo der Friede seine Schwingen Segnend aus die Erde neigt! Sei gegrüßt mir, stille Einlehr, Die das Herz mir traut umfängt, Die des Leben- Schmerz nnd Bangen Aus der milden Seele drängt. Sei gegrüßt mir, Abenddiimern, Goldumflossne Himmelspracht --—— Und gegrüßt sei mir im Schooße Der ersehnte Traum der Nacht! era Krauschen Du bist wie-eine Blume . . . Eine Geschichte aus Heinrich Heineks Leben von C. Gerhart·. An einem Mai-Abend des Jahres 1823 ging eg in der Weinstan bei Lutter und Wegean in der Charlot tenburgser Straße in Berlin lustig zu. Da saßen einige junge Poeten nnd ihre Freunde zusammen beim Glas-: Wein, rezitirten Verse, schalten aus das Publikum, das sie nicht verstand, auf die Berleger, die sie nicht hoch ge nug bezahlten, und freuten sich trotz dem des Lebens. Da war einer, der war besonders lebhaft; er nannte sich Christian Friedrich Grabs-e, und die wilden Aeußerungen seintg Humor-J sanden jubelndcn Beifall. Nach Schluß des Theaters gesellte sich den Zechenden noch der berühmte Erbau spieler Ludwig Devrient hinzu. Hel tes Locken erscholl, ei» sprühten des-J Geistes Funken. Nur ein Jüngling saß schweigst-tun iusammengesuuten im Winkel; er schlürfte behaglich seinen Punfch und läckelte ironisch zu den Schnurren der Anderen. " »Der Heine hat wohl wieder ein Abenteuer vor, steht aanz danach aus,« rief Friedrich von llechtritz· »Leider hat er keines- in Aussicht, ist verdammt ;shiliströs, dieses Ber lin,« erwiderte oieser gelassen. »Ich sehne mich in der That nach der Be kanntschaft mit e:nem schönen, jungen Mädchen, das mich zum Schaffen be geistert.« »So möge Amor Ihnen gnädig Ihren Wunsch erfüllen. Der unbe tannten Schönen weih ich dieses Glast« Spät tvar’s, als die lustige Tafel-. runde auseinandergiug Jedoch als Heinrich Heine am anderen Morgen erwachte, fühlte er stet: frisch und an geregt. Ein Weilchen stand er aui Fenster seiner behaglich-en Wohnung in der Neuen Friedrichstraße 47. dann nahm er einen Band deutscher Gedichte vor, da er seit turzer Zeit im Kulturverein einige Stunden gab, feilte an seinen letzten Gedichten und kleidet-e sich darauf sorgfältig an, um auszugehen Es war ein tvuudervotler Früh lingstag und die Straße »Unter den Linden« ungewöhnlich belebt. Der junge Dichter flanirtc auf und ab; er hatte das Gefühl, als müsse ihin heute etwas KZstliches begegnen: aber seine Hoffnung schwand, als er auch nickt eine junge Dame erblickte, die seinem lebhaft entwickelten Schön heitggefühle entsprochen hätte, So begab er sich denn in’5 Hotel Royal zum Mittagsessen, und danach zum Cafe Josty, wo er wie immer feinen Koffee trank. Er fühlte sich ungemein behaglich und befahl dem Kellner. ihm zur Krönung seines Wohltefindens eine Portion Baifer zu bringen, die er mit größtem Ap petit verspeiste. Wie so oft, wenn es ihm recht gut ging, dachte er seiner Lieben daheim und rifz aus seinem Notizbuch ein Blatt, um an seine Mutter und feine Schwester, das aei liebte Lottthen, zu schreiben. Getreu lieh berichtete er von allen Erleb nifsen, schließlich von dem soeben ge habten Genuß: »Ihr Götter des Olymps, o tenntet ihr den Inhalt dieses Baiferot O Aphrodite, wärst du solchem Schaum entstiegen, du wärest noch viel schöner!« schrieb er lächelnd nieder, im Bewußtsein, daß seine Lieben über ihren Harrh auch lachen würden. Nun war’s wohl Zeit zum Besuch bei Rahel Varnhaaen, seiner geistvol len Freundin. Lluf dem Wege Zu ihr hörte er plötzlich aus einer stillen Ne benstraße einen jammerner Ruf aus Frauenmund und sah, wie zwei halbwiichsiae Burschen einein junaen Mädchen eine Handtasche entrissen und davoneilten. Wie der Blitz war er ihnen nach; sit-on glaubte er, sie zu erreichen. da waren sie plötzlich verschwunden, ohne daß er genau wußte-, welches Haus sie barg. Mit lebhaftem Bedauern lehrte er zu der Fremden zurück. »Es thut mir unaetnein leid, mein Fräulein ---« Plötzlich stockte er, be troffen von dem wundersamen Reiz des holden Mädchengesichtes, der nachtschwarzem thrönenersiillten Au gen. Da hatte ihm ja das Schicksal seinen Wunsch ersiilltt Doch er faßte sich und sprach sein Bedauern aus, den Buben ihre Beute nicht abgejagt zu haben; sie erzählte ihm darauf mit kindlichem Vertrauen, daß ihr Vater sie nach Berlin wegen einiger Kommissionen gesandt habe; soeben sei sie mit«der Post angekom nien und gleich ihrer ganzen Habe beraubt! Und wieder Perllen die Thränen über ihr Gesicht »Ich bitte Sie, beruhigen Sie sich, mein Fräulein-W bringe Sie zu einer edlen Frau, die sich Jhrer aufs Wärmste annehmen wird« Wie da das Noth in ihre erblaßten Wangen zurückkehrte, wie die Auan strahlten! Heine konnte den Blick nicht von ihr wenden, während er neben ihr herschritt und sie tröstete Er, der die Eleaanz liebte, sah nicht ihren tleinstädtifehen Anzug, nur ihr blu ienhast liebliches Antlitz. Als er in der Ferne Friedrich von Uechlritz be merkte, bog er schnell in eine andere Straße; das Mädchen neben ihm sollte nicht mit Spötterangen ge musiert werden. Frau Rahel Varnhagsen, des Dich ters Gönnerin. war gleich bereit, die junge Fremde, die eines Rabbi Toch ter war, bei sich auszunehmen. »Sie bleiben bei mir, liebes Rind; wir tausen, wag Ihnen fehlt, nnd dabei sollen Sie Berlin kennen ler nen.« Die schöne Mirjam beugte sich iiber die Hand der edlen Frau. Diese aber zog sie an sich nnd küßte sie auf den Mund. Dabei fiel ihr Blick anf Deine, der mit brennendem Neide der hübschen kleinen Seene zuschaute. Sie lächelte und droht-: ihm mit dem Finger. »Jetzt mus; Fräulein Mirjam nach dem ausgestandenen Schreck völlige Ruhe haben,« saate sie bedeutungsvolL ,,Also in aller Form entlassen! Sie sind zum ersten Mal in Ihrem Leben grausam, Frau Rahel! Jch gehorche; aber morgen lomme ich wieder, um nach meinem Schützliug zu sehen.« Wie ein Träumender ging er an diesem Tage umher und mied am Abend die Freunde. Immer mußte er des-·- letijdchenJ aus der Fremde ge denken das von so unbeschreiblicher Anmuth und Reinheit umflossen war lfiue zarte Nothe überlies Mir: iam’s Gesicht, als Heine am folgen den Nachmittage sie aufsuchte. Jetzt erst sab sie, ivie jung und anziehend der Mann war, der ihr beigestanden, und sie wußte von Frau Rahel, das; er ein Dichter trar. Ein Dichter! staunt jemals hatte sie sich in der Weltoergessenheit ihre-Z Heiinathsstädtchan in der strengen Nitchternheit ihres Vaterhauseg eine Vorstellung von einem Poeten ar macht, doch stets di: Dichttunst ge liebt. Nun sah sie einen Jünglina, dem ein Gott gegeben, in tönenden Versen zu sagen, was er empfand, in hinreisxenden Liedern, von denen sie beute schon eiuiae gelesen, zu klagen, zu jubeln! Und dieser Dichter war ihr Be schützer, hatte sie zu den edelsten, geist vollsten Menschen gebracht, die es gab! Wie in eine andere Welt fühlte sie sich versetzt; mit staunenden Augen und offenem Gemiith gab sie sich den neuen, sie sast überwältigenden Eindrücken hin, und jede Regung ihrer Seele spiegelten ihre Augen wieder. Heinrich Heine lam jeden Tag, mn Mirjain zu besuchen; er hätte selbst nicht zu sagen gewußt, was ihn zu ihr zog; sie war nicht geistreich, nicht beredt, aber sie erschien ihm rein, wie aus Gottes Händen hervorgegangen Er erzählte ihr von den Schönheiten der Welt, er trug. ihr mit seiner wei chen Stimme seine Lieder vor, er lehrte sie die große Stadt, den stillen Pakt in der Nähe kennen. , Weit zuruck trat die Dummh, der Bräutiaam, dem sie si-h ohne Liebe versprochen; sie lebte wie in einem Märchen, in einem Wunderreich; und dein Zauberer, der es ihr erschloß, gab sie widerstandglog ihr Herz. Frau Rahel sah mit Besoranisz den Eindruck, den der unaezoaene Lieb ling der Grazien auf ihren Schiitzling machte; sie fühlte sich verantwortlich sijr Mirjam Besser war’g, daß sie jetzt schied, daß sie die Erinnerung an diese Zeit und ihn wie einen schö nen Traum in ihrer Seele bewahrte, als das; diese Liebe immer festere Wurzeln in ihr faßte und sie unselig machte für immer. Und RahePs zart geübtein Einfluß tvar es zu danken, dasz Mirjam eines Tages abreiste, ohne noch einen Händedruck des un hewuszt Geliebten zu empfangen, ohne zum Abschied in seine leuchtenden Auaen zu sehen. Bitter zürnte Heine seiner Freun din, als erMirjam nicht mehr fand; schmerzlich rief er: »Warum entfern ten Sie diese holde Blume aus inei nem Wege?« »Weil sie in ein anderes Erdreiili gehört. Und was ivie ein Lustspiel f begonnen, sollte nicht wie ein Trauer spiel enden. Es mußte sein, mein » lieber Freundi« Da küßte er schweigend ihre Hand lund ging. —-— Heiß brannte die Sommersonnei iiber Berlin. Unmuthig saß Heinrich Heine im leichtesten Rostiim an sei nem Schreibtifch und seufzte über die gedankentödtende Hitze. Da trat ieinj vertrauter Bekannten der junge pol nische Graf Euan von Breza, bei ihm ein. « »Theuerster Freund. Berlin ist ein ; Brutofen, daher entfliehe ich ihm. Kommen Sie :nit auf das Gut mei nes Schwagers, des Grafen Waltvirh. Da weht die Luft frischer und man amiisirt sich vortrefflich.« »Ein herrlicher Gedanke, beim Zeus! Gerne begleite ich Sie; auf Idem Lande. werde ich auch meine « Kopfschmerzen v-rlieren·« Noch am selben Abend keiften die ; Freunde nach Dzhalin. Heine fühlte7 i i jfich hier bald gesund und froh und s aab sich »O der Wonne hin, in der lNatuk zu leben. s Eines Tages führte den Grafen ein Geschäft nach Gnesen, Heine be gleitete ibn. Während sein Freund dann noch einen Besuch machte, schritt er träumerisch durch die stillen Stra ßen Veg Städtchens Schon war es Abend geworden; die Linden, welche den Ipltarktplatz umsänmten, verbreiteten betäubenden Dust. Der Mond umwob mit mör chenhastem Licht den alterthümlichen Brunnen und ein Mädchen, das re gungslos auf seinem Rande saß. »Wie Rebekla!« dachte Heinr, eigen thiimlich berührt, und trat näher. Da wandte das Mädchen ihm ihr Antlitz iu und über beider Lippen glitt ein Ausruf staunender Freude. Mirjam work-, die ihn hatte fliehen miissen und die ihn das Schicksal doch noch einmal finden ließ! Aber sie war verändert; in ihren großen Augen lag ein Ausdruck schmerzlicher Trauer, die ihn ergriff. Schon in den nächsten Wochen sollte ihre Verheirathung mit dem ihr bestimmten Mann stattfinden, und die Schatten zukünftigen Leide-I berdiisterten ihre Seele. Ein namenloses Glückseesiihl durchi zitterte ihr Herz, daßsie den, welchem sie einen Tempel in ihrem Innern er baut, noch einmal sah. Stumm stand sie vor ihm und schaute zu ihm aus. thre ganze Seele lag in diesem Blick. sJIa durchbrauste ihn leidenschaftliche s Liebe; er hätte sie in die Arme ziehen, smit Küssen bedecken mögen und Idoch nahm er nur ihre Hand in die Jseine und sprach leise: »Mirsam, oft Ihabe ich an dich gedacht und dann Igingen mir Verse durch den Sinn; - ich will sie dir sagen Zum Abschied: s »Du bist wie eine Blume, l So hold und schön und rein, Ich schau dich an, und Wehmuth I Schleicht mir in’s.- Herz hinein. Mir ist« als ob ich die Hände Ausk- Haupt dir legen sollt’, Betend, daß Gott dich erhalte So schön und rein und hold!« s — Sie ward in ihrer Ehe nicht glück lich, die arme Mirjam. Aber wie ein heller Stern in qder Dunkelheit ihres Lebens leuchtete ihr das Andenken an den großen Dichter, der ihr jene-s ;einzig schöne Lied gewidmet. l Jhn aber umspannen des Lebens bunte Fäden; das Schaffen zog ihn Jin seinen Bann. die Liebe tam in be glückenderer Gestalt —- —— nur zuwei len zog durch seine Seele ein leiser Erinnern an den kurzen Sommer traum! « --—--— Vaterland. t Erzählung von J u l e s S i m o n. » Ich hatte einen Freund, der erst Soldat gewesen und dann Schalmei ster wurde. Er hatte die Armee mit dem Grade des Sergeantmajorg und der Militiirmedaille verlassen. Warum man ihn nicht zum Ossiziei gemacht, weiß ich nicht. Als seine Dienstzeit um war, rieth ihm sein Oberst, beim Heere zu bleiben und erklärte ihm, er stviirde ihn aus der Stelle zum Feld webel machen; gegen Ende des Jahres sollte erllnterleutnant werden und wenn der erste Schritt einmal gethan sei, wer weiß? könnte er vielleicht eines Tages Stabsossizier werden, doch er wollte nicht! Es war eine Liebschaft dabei im Spiel. Als er beim Regiment stand, »tvechselte er mit einer Landgmännin JBriese, einer hübschen ehrenhaften Fund ivohlerzogenen Person, der Toch ter des Schulmeisth dem Freberic seine gesammte Schulbilbung und sein ganzes Wissen zu verdanken hatte. Der Seraeantmajor verzichtete stei ivillig aus ein Avancenient, das ihm doch vielleicht nur eine Enttäuschung bereitet hätte; er kehrte nach dem El saß zurück, bestand etfolgkeich die bor geschtiebenen Peiisungen, heirathete seine Liebe und bekam nach Ablauf eines Jahres die Schule seinesSchwiei gervaters. Das Gehalt genügte fiir Leute, die an ein bescheideneg Leben gewöhnt waren; die Militärmedaille brachte ihm eine kleine Rente von 100 Franken, die auch nicht zu verachten war, und nachdem ihre Ehe mit zwei hübschen Knaben gesegnet worden, hatten sie keinen Wunsch mehr. Jch hatte im Jahre 1869 zwei oder drei Tage in Miilhausen zugebracht und machte aus der Riickreise einen kleinen Umweg, um Frederic einen Besuch abzustatten, den ich ihm seit langer Zeit zugesagt hatte. Wäre ich ihr Bruder gewesen« sie hätten mich nicht besser ausnehmen können. Ich habe nie so viel Sauerkraut ge gessen und nie mit so gutem Appetit gespeist, wie damals. Madame Fre deric verstand nur zwei bis drei Ge richte zu bereiten, doch diese stellte sie vorzüglich und mit größter Sauberteit her, außerdem bediente sie ihr-e Tisch giiste mit einer Herzlichteit, die die beste Wiirze des Mahles bildeteJ Die beiden Jungen, der eine 15, der andere 1.'—; Jahre alt, strahlten vor Gesund beit uud Kraft; sie waren ein wenig schwerfällig, ein wenig plump, aber bdslich und liebevoll. Man mußte sehen, wie diese Leute sich liebten! Es war sitr mich schon ein Genqu ihre Gefühle in ihren Augen zu lesen. Sie waren vollkommen glücklich in ihrer bescheidenen Wohlhabenheit, und lange, lange, nachdem ich wieder da heim war, mußte ich dieses friedlichen Jdnllg gedenken. Es kam der Krieg von 1870--7l. Jch erfuhr eines Tage-, daß Frederic, der zum Offi ier befördert worden war, sich bei en ersten Kämper sehr ausgezeichnet hatte. Bald nach dieser Zeit lebten wir in Paris wie auf einer fernen Insel, von der übrigen Welt algesehlossen und waren in vollstän diger Unkenntniß über das Schicksal der einzelnen Personen, da wir uns nur um die großen Ereignisse küm inern konnten Nach der Belagerung tnm die Feapitulatiom und nach der Finditulation die Konnnunez das sind traurige Erinnerungen Es war da costs teine Zeit, an seineNäehsten an .seine Freunde zu denken. Ich saß in meinem Zimmer im Pa laiS zu Versailleg, mit der Abfassung eines Berichteg über die Ernennung eines Bischofs zuAjacrio beschäftigt Plötzlich hörte ich ein Geräusch im Vorziininer, fait Geschrei, nnd be « merkte-, daß der Dienst habende Thiir stehet meinen Befehlen zufolge sich weigerte, einen bartnäckigen Besucher einzuführen. Eben wird die Thiir ausgerissen, und Andre. mein alter Ranirnerdiener, dee glücklicherweise da war, legt inir ein Stück Papier hin, auf dem die Worte standen: »Die Wittwe Frederic’-:— nnd sein einziger Sohn« Ich habe selbst in jener schmerzens reichen Zeit nie einen so tiefen Schmerz empfunden. Sie war viel ruhiger, als ich, mit ihren trockenen Augen und blassen Wangen, mit ihren etwas- zitternden Händen und Lippen. Sie schien unt 30 Jahre gealtert, docb zeigte sie nn ter den Lumpen, denn sie trug die Kleidung des Elende-, eine vornehme Haltung. So war er also todt! Schweigend zog sie ans ihrer Tasche ein Kreuz der Ehrenlegion, das man meinem armen Freunde im Lazareth auf die Brust zeheftet hatte. Jn je nem Augenblick war er noch bei vol lem Bewußtsein. »Sie sind ein .L)eld,«« hatte der General zu ihm ge sagt. Er versuchte, dem General die dargereichte Hand zu drücken» doch er vermochte eg nicht, der Tod schwebte bereits über ihn!. Eine Stunde spä ter erlosch sein Lebenslicht wie ein Flämmchen »Ich erfuhr diese Einzelheiten aus dem Briefe seineJ Lverfteii,« sagte sie mir. »Mein Paul tvar 17 Jahre, er trat in die Armee sind sagte zu mir: »Jetzt bin ich an der Reihe.« Jch versuchte nicht. ihn zurückzuhalten, denn ich mußte mir sagen, sein Vater hätte es auch nicht anders gethan. Er lzog in den Krieg ...« Dann fiigte sie leise und mit zitternder Stimme hinzu: »Jhn hat keine Kugel dahin gerasft; nein, der Typhus-« — Jeh wagte an oiesetn Tage nicht, ihr von etwas anverem zu sprechen, als von ihren beiden Todten, und doch tonnte ich meine Blicke nicht von diesen schädigen Kleidern abwenden. Sie sind Bettler, sagte ich mir. Doch wie sollte ich ihnen helfen? Sie war erschöpft, und ich schlug ihr vor, die Fortsetzung unserer Un terhaltung auf ven nächsten Tag zu verschieben. »Ich have Sie noch nach vielem zu fragen, wir werden von Jhrer jetzigen Lage und von der Zu kunft Jhres Sohnes sprechen. Unter dessen werden Sie die Nacht in mei ner Wohnung schlafen« s Das war kein besonders verlocken deg Anerbieten, denn wir hatten nur ein Bett für die ganze Familie. Meine beiden Söhne und ich schliefen auf Matratzen auf der Erde, in einem der Museuinssäle. Sie wei ;gerte sich hartnäckig, mein Anerbieten anzunehmen, und schließlich fanden wir für sie eine Duchstubie im Hotel de la Chasse. Jsch brachte die ganze Nacht damit »zu, zu überlegen, was ich wohl init ihr anfangen sollte. Wer das nicht durch-gemacht hat, glaubt gern, eins Minister findet stets-· dag, was ser braucht, aber dem ist-« nicht so Sie hatte Anspruch auf die Pension einer Kapitängwittwr. doch würde dieser Grad, den er mit Umgebung des niili täriscl,en ReglementJ erhalten, auch anerkannt werden? Auf jeden Fall mußte sie lange warten, Und was sollte inzwischen aus ihr werden? Jch ging am nächsten Morgen zu dem Kriegsininister. Er versprach mir, die Sache zu beschleunigen nnd botE inir Geld an, doch deshalb war ich ja nicht gekommen, da man ja auf eine Wartezeit von mehreren Mona ten gefaßt sein mußte. Ich konnte sie erst gegen Mittag kommen lassen. Uebrigens hatte ich mich nicht ge täuscht, sie hatten den größten Theil der Reise zu Fuß gemacht, und man hatte sie mehreremal arrctiri; buch stäblich hatten sie nur trocknes Brot gegessen. Allerdings blieben ihnen noch ZU Fr» doch ne meinte: »Mens Geld war unser letzter Rothgroschem und ich konnte mich- daher nicht ent schließen, es auszugeben. »Er hat sich wunderbar benom men,« fügte sie, auf ihren Sohn zei gend, hinzu; »in den gefährlichsten und traurigsten Augenblicken war er nur auf mich- bedacht.« »Sie hatten doch ein Feld?« fragte ich sie, »und eine Kuh »Die Ruh habe ich anstadsjbarglente verkauft,« erwiderte sie, »dafiir haben sie uns Lebensmittel gegeben. Auch unser Mobiliar habe ich verkauft, ich l habe nur wenig dafiir bekommen, « jnicht aus Hartherzigteit, aber es ist l alles rninirt.« ; »Aber das Feld?« l Sie schien erstaunt: »Um es zu be i halten,« sagt: sie, »l)"citte ich im Elsas: »bleibet: und deutsch werden müssen, . nnd das wollte ich nicht« Sie erzählte mir nun, das-. auch der ztreite Sohn Soldat werden wollte, s nicht ach Zorn oder Rache-durst, son-— . dern, weil er fiir dass Vaterland käm pfen wollte, wie esZ sein Vater und sein Bruder aethan hatten. Endlich gelang es mir im Jahre «187l, meine beiden Schiffbrüchigen unterzubringen Der Junge-, der im achtzehnten Lebensjahre in den Miti tiirdienst trat, wurde während des zweiten Jahres im Tontikttiieae Of filier und zeigte sich seines Vaters und seines Bruders-J würdig. Für seine Mutter fand ich eine kleine Stellung in dem Büreau der Bank, Dant den Bemühung-en des Direk tor—5, Herrn Rouland, der mir zu je ner Zeit mehrere Dienste derselben Art erwies. Die Mutter und der Sohn, die gute Franzosen sind, sind auch gute Elsässer geblieben. Sie haben zwar nicht mehr das väterliche Haus-, doch sie besitzen dort noch zwei Gräber. Dort haben sie ihr ganze-J Here gelassen, wie auch so viele deutsche Mütter und Brüder, deren Lieben in Frankreich gefalle-: find. ..-— Blumeufchmuek des T odcsthals. Wenn man gewöhnlich nur von zwei oder drei Gewächsen spricht, die in unseren Wüsten vorkommen, so ist das nicht so wörtlich zu nehmen, wenn eg« auch dem Eindruck des flüchtigen Rei senden entspricht. Sogar das beriichtigte ,,Tode5tl)al« von Catisornien hat, wie genaue prak tische Kenner wissen, recht mannig fachen Pslanzenschniuct, und viele die: ser Pflanzen scheinen der vsfiziellen Gelehrtenwelt noch gar nicht betannt zu sein, wenn auch Verwandte von ihnen bekannt genug sind. Manche haben wundervolle Blüthen, die sogar sehr dustreich sind; aber von einem regelmäßigen Wechseln und Entfalten tann keine Rede sein. Etliche dieser Wiistenpflanzen, na inentliche gewisse Cacteen, bringen auf scheinbar ganz verdorrten Stengeln niärchenhast schnell die schönsten Blü then unter dem Einslusi eines gele gentlichen Regens oder eines starken Thaues hervor; rasch vergänglich ist diese Herrlichkeit, aber ebenso rasch kann sie wieder erscheinen! Eine der schönsten Blüthenpflanzen des Todesthalg hat einen ganz eigen thiinilichen Stengel niit vier Spitzen, und an diesen sitzen Gruppen wachs artiger Blüthen, welche geradezu alle Wohlgeriiche Indiens zu vereinigen scheinen! Die Farbe dieser Wunder blumen schwankt zwischen dem Hasse sten Goldweiß und dem tiefsten Pur purroth. Solche Beispiele ließen sich noch gar manche erwähnen Alle diese Pflanzen aber werden nur niedrig; sie halten sich ihrer ganzen Größe nach stets dem Boden ndhe, — und nur dies ermöglicht es für sie, den heißen Samunis. ,oder Wüstenstiirmer zu trotzen. ’ Auch gegen den Flugsand sind diese Gewächse wunderbar geschützt. Cac tuggattungem welche anderwärts stets nur einen Stenael treiben, kommen hier sofort in vielen kleinen Stengeln ausz- dem Boden; was an Erde nnd Steinchen in den Sandwolken ist, fällt zwischen diese und bildet eine Art o ssene Barricaden; mag sich der Sand rings noch so sehr aufhäufen, so latin er doch die Pflänzchen nicht ersticken Der kluge Hund. Ueber das kluge Benehmen eines Schäferhundes wird aus Mannheim geschrieben: Nahe der Station Wohl gelegen, die zugleich Haltestelle der Nebenbahn Mannheim - Weinheim ist, steht ein Schafstall, in dem eine große Schasherde untergebracht ist und wo rin zwei Schäfer schlafen. Vor einigen Tagen wurde von der Herde ein Wag gon aus der Station Käserthal verla den und sollte mit dem Nachtzuge ab gehen. Spät Abends ging E., einer der Schäfer, nochmals mit dem Hunde nach der Station, um sich zu überzeu gen. ob auch Alles in Ordnungs sei. Einige Zeit darauf kam der Hund in den Schafstall zurück. erfaßte den zu rückgebliebenen Schäfer an der Jacke und suchte ihn nach der Thüre zu zie hen. Kein Abwehren half, immer von neuem schnappte der Hund nach den Kleidern des Schäfers und suchte ihn knurrend nach dem Ausgang zu zerren. Schließlich kam dies auffallende Be nehmen dem Manne zu Bewußtsein; er stutzte, daß der Hund allein zurück tomme, ging ihm nach und fand auf dem Bahngeleise neben dem verladenen «Wagaon seinen Kameraden E. bei vol lem Bewußtsein, aber unfähig, sich zu bewegen. Der Mann war, als er nach sah, ob auch die Thüre des oberen Wa gentheils gut verschlossen sei, rücklings abgestiirzt und hatte durch- den Auf schlag auf eine Schiene eine Rippe ge brochen, und zwar derart, daß jede Be wegung ihm so großen Schmerz ver ursachte, daß er trotz der grimmigen Kälte und trotz der Gefahr, jeden AU genblicl von einem Zuge überfahren zu werden, ruhig liegen blieb, ohne sich zu rühren. Der Hund war, als er sah, daß sein Herr nach dem Sturze lieaen blieb, sofort ohne Geheiß in vollem Laufe nach dem einen Kilome ter entfernten Schafstall gerannt, um Hilfe herbeizurufen Hätte ein Mensch vernünftiger handeln können? -——-..--—— Aptsorismen über die Amen-up Die Schönheit kommt in der Ruhe am meisten zur Geltung, die Anmuth in der Bewegung. s- · Schön sein kann auch der Tod. Anmuthig stets bleibt nur das Leben. Anmuth ist die Knospe der Schönheit --— Von der Schönheit strömt häung eine betteln-— mende Kälte aus. Von der Anmuth nur eine belebende Wärme. -—- Schön sein kann auch der Mann. Anmuthig ist nur das Weib. Der Inbegriff der Weiblichteit muß also in der Aninuth der Erscheinuna und der Seele lie gen. --- Jn der Anmuth offenbart sich die Seele des Weibes, hinter der Schönheit verbirgt sie sichs ost. --— Die Schönheit würae vor Neid erblassen, gäbe es auch ein Mittel, sich die An inuth zu erhalten. -—-— Anmuth ist die Schönheit des Herzens. —--— Gott gab dem Weibe die Anniuth, der Teufel die Schönheit —— Wo die Leidenschaft beginnt, hört die Aumuth auf. Die Schönheit aber wird durch Leiden schaft erhöht. --——— Amt- schk Sprichwortctn Von Th. Schimerling Was dein Feind nicht wissen soll, sage deinem Freunde nicht. F III I Wenn ich mein Geheimniß ver-: schweige, ist es mein Gefangener; lasse ich es entschliipfen, bin ich sein Ge: - fangener. Il- stt III Am Baume des Schweig-kug- hängt seine Frucht, der Friede! Uebel-trieben Der Schulze ist also wirklich so sehr geizig?« »Ach, ich sage Ihnen, der gönnt lei nem Menschen was. Selbst wenn er bemerkt, daß jemand schneller athmet als er, so macht er gleich ein paar Athemziige mehr, um mitzutommen!« Genaue Auskunft Richter: »Was geschah, als Jshnen der Angeklagte die Ohrfeige gegeben hatte?« Klägen »Dann —— dann gab er mir die dritte!« Richter: »Sie wollen wohl sagen die zweite?« Klagen »Nein, Herr Richter, die zweite hatt er belommen!« Köchin (welche zu einer jungen Frau engagirt wurde, als sie einmal kostete, was die Gnädige selbst gekocht hat): ,,Gn"a·dige Frau, Sie haben sich gewiß auf ärztliche Anordnung hin zu einer tiöchin entschließen müssen?!«