Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 06, 1906, Sweiter Theil., Image 14

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    Ada.
Roman von C. Israddon
(12. FortfetungJ
Das t siegst aller Frage. Bitte,
ers-u Sie s k kurz, da ich nicht
nie Zit e Ver «gung habe.«
« Meinst ergnii en. Jch bin
rg Redmann aus errin; viel
t haben Sie von mir reden gehört.
if Nun denn, ich bin ein Geldwe
leiher, ein Finanzmanm ein Wucherer,
wie immer Sie mich nennen wollen«
»Das hat mit mir nichts zu schaf
fen, mein herr, und ich weiß nicht, in
wiefern es mich interefsiren tönnte.'«
«Nein. gewiß nicht. ein vom Glück
getragener Mann »leich Ihnen, der
eine namhafte Jahresrente besitzt,
braucht sich nicht um Geldverleiher zu
kümmern; aber einer Jhrer Busen
eunde bedarf des petuniärrn Bei
ndes und hat mir Jhren Namen
als denjenigen eines Mannes angege
ben. welcher iiber ihn Auskunft zu er
iheilen derma .«
Guido Coln erwiderte mit kalter,
«fteifer Höflichkeit: »
«Jch wüßte ni t, daß irgend se
man das Recht "tte, sich in die er
Hin echt meines Namens zu bedienen."
. n, derjelbe wurde mir ja nicht
als Bürgsihat an«efiihrt; aber man
machte mir bearei lich, daß Sie den
alten Namen Tredegar nicht in den
Staub treten lassen werden, da Sie
durch das heilige Band der Ehe bald
greit diefer Familie verwoben fein wer
n.«
»Das ift ein vollkommen falsches
Gerücht! Diese heilige Versicherung
kann ich Jhnen geben, Herr Red
enann,« erwiderte Colin in eisiglaltem
Tone.
Sichtliche Befriedigung verrieth sich
tn den Zügen Redrnanns, während er
ruhia entgegnete:
»Es ist mir äußerst angenehm, das
zu vernehmen. Ich konnte es von Ih
nen nicht glauben, nach Allem, was ich
im Dorfe gesehen und gehört. Wollen
Sie mit die Hand reichen, Herr von
Colini Jch wünsche von Herzen, daß
wir«einander bald wieder sehen mö
gen.
Colin reichte ihm die Hand, der
Andere schüttelte sie mit dem Zeichen
tlicher Bewegung und wandte sich
ann wieder ab.
»Der Mann muß verrückt fein,«
dachte Colin. »Ich sehe keinen Grund
für feine merkliche Rührung. Jvan
Tredegar verbreitet alfo da offenbar
irgend eine unaliick elige Verlobung-J
gefchickte, und ein » eder, der sie hört,
wird sich verfuchi fühlen, mich für
einen Verräther zu halten. Nein, die
Sache muß ins Klare kommen, und
daß es bald geschehen möge, dafür
will ich Sorge tragen.«
Colin trat an seinen Schreibtifch
nnd schrieb rasch:
»Geehrtes gnädiges Fräulein!
Können Sie mein langes Schwei
gen entschuldigens Jch vermag es
selbst kaum. Jch hätte Jhnen schon
vor Tagen schreiben sollen, oder rich
tiget noch, ich hätte die Gelegenheit
des Schreibens vermeiden tiinnen, in
dem ich frei und offen gesprochen, so
lange Sie noch in Devetill waren;
aber ich schrat davor zurück, Jhnen
wehe thun zu müssen. Ihnen« einer
jungen Dame, vor der ich große Hoch
achtung besitze, wenn ich auch nicht als
sewerbet um Jhre hand auszutreten
in det Lage bin; ich dachte damals,
es werde leichter sein, Ihnen zu schrei
ben und das Mißverständniß ausein
andekzusehem Nun aber finde ich,
daß dies die schwierigste Aufgabe sei,
welche ich jemals unternommen. Jch
weiß, daß mich hattet Tadel treffen
kann, aber ich gebe Jhnen trotzdem die
Versicherung daß es niemals in mei
ner Absicht lag, Sie zu täuschen, Sie
itkezusiihren, und ich will nur hoffen,
daß wir in der Zukunft ebenso gute
sum eeunde fein mögen als wir in der
IIZenheit gewesen. Mit den
hetzlixse en Wünschen siir Wr ferne
nes Wohlergehen
, Guido von Colin.«
Er sieaelie und adrefsirte den Brief
hastig. Der Wagen war vorgefahren.
und er hörte die Stimme des Pafiors
im Bestibul.
Einige Minuten später fuhr der
Wagen rasch dem Walde zu, der Pa
Wirt sprach und lachte lan und leb
,,Sie haben einen Brief aufzune
ben?« fraate er, als bei der Fahrt
durch das Dorf Colin den Wagen an
kalten ließ: als aber der Diener ab
prang und ihm den Brief dienstbereit
aus der Hand nehmen wollte, wehrte
et ihn hafiig ah. Nein, es durfte keine
fremde Hand das Schreiben an das
riiulein von Tredegar berühren, iein
emdes Aubg ees sehen
«Weshnldg haben Sie den Brief
nicht durch den Diener aufgeben las
fen«i« fragte der Posten als Guido
vom Posiiaften zurückkehrte »Wir-zu
frommt et, Dienerschaft zu haben,
wenn man fah nicht von ihr bedienen
Wi Ich habe gehört, daß Sie Jhre
Osmi- feisft versorgen, wozu denni«
M ichs-e die Anhänglichkeit,
die Thiere an mich haben nnd
diefeihe lohnen zu mitf
ÆUI katsssiieh das Mitg
ift It ils-M Eber ich Mit
Wiss handlungsweise tri
- Ins-R »
»Mein Gott, lieber Freund, Sie
sollten doch wissen, daß das Thun und
; Lassen eines Mannes gleich Ihnen er
1 örtert und besprochen wird. Nicht
Hintsonsi erlangt man durch das Bit
cherschreiben eine gewisse Berühmtheit,
Idazu kommt, daß Sie von sich reden
! machen, weil Sie die Besuche nicht er
!widerten, welche man Jhnen in der
Nachbarschaft abgestattet hat. Die
I Leute beobachten Sie also und wissen
alles, was Sie thun oder nicht thun.
Jetzt, wo Sie Heirathsabsichten haben,
müssen Sie schon Ihrer Frau zuliebe
doppelt vorsichtig sein, unzd ich glaube,
daß es siir Sie nur von Vortheil wäre,
wenn Sie sich etwas mit der Nachbar
schaft amalgamiren wollten! Jch sehe
es als Jhre Pflicht an, den Leuten mit
gutem Beispiel voranzugehen, Colin,
Sie hätten es so leicht, der populärste
Mann der ganzen Gegend zu werden.
Geben Sie einen großen Ball zu Eh
ren hrer Verlobung mit dem schön
sten iidchen in ganz England. Jch
bin ein alter Mann, aber ich glaube,
daß ich mich selbst daran freuen
würde, und wenn Sie mit Frau
« Langton bezüglich ihres Vorlebens ir
gend ein Gespräch haben können, wenn
es Ihnen möglich wäre, det Vergan
genheit aus den Grund zu tommen —
Sie wissen, der Adel des Landes ist
so sehr extlusiv, und ich meine es ge
wiß gut! Jhr Träumer denkt an
tausenderlei Dinge nicht!«
Colin biß sich aus die Lippen und’
Junterdriicite eine scharse Entgegnung
»Sie wissen, daß mir an der Mei
nung der nachbarlichen Familien blut
wenig gelegen ist," sprach er nach einer
Pause ruhig. »Ich sehe die Rothwein
digteit nicht ein, an Frau Langton
über ihr oder ihres Gatten Vorleben
irgend eine Frage zu stellen. Sie hat
mir alles gesagt, was ich wissen wollte
—- Friiulein Langtons Hertunit ist
viel vornehmer als die meinige.«
»Lieber Guido, seien Sie über
zeugt, daß ich von den besten Moti
ven geleitet werde. Jch habe Fräu
lein Langton sehr gerne und möchte
nicht, daß sie von dem Adel des Lan
des über die Achsel angesehen werden
ann.«
! »Was den Ball anbetrisft,« entgeg
Jnete Colin ruhig, wenn auch mit et
was geringschötzendem Lächeln, »so
l sagt mir die Jdee ganz vortrefflich zu.
Jch werde mit Fräulein Langton nnd
ihrer Mutter heute noch dariilser Rück-«
sprache psleaen und vielleicht sind Sie
mir dann bei den nothtveiibigen Ar
rangements behilflich«
»Ausgezeichnet! Mit Vergnügen!
Ermächtigen Sie mich, mit der Grä
fin Feston zu sprechen, aeben Sie ihr
freie Hand und seien Sie überzeugt,
daß alles auf das Beste und Pas
sendste veranstaltet werden wird.
»O, Sie brauchen nicht zu zöaern,
die Dame ist eine Ihrer aufrichtig
sten Bewunderinnen; sie schwärmt siir
Jhre Bücher und beklagte es immer,
daß Sie kein Heirathstandidat seien.
Sie wird sich durch die Kunde Jhrer
bevorstehenden Verniählung angeregt
und ersreut sühten.«
) »Liebe: Pastor, ich überlasse mich
! ganz Ihren banden und jenen der
. Gräsin. Jch bin überzeugt, der Ball,
welchen Sie veranstalten, wird groß
artig sein, und ich sehe ihn gewisser
maßen als eine Pflicht gegen meine
künftige Gattin an.«
Der Pastor lachte vergnüglich.
»Nun, so ist es meiner Beharrlich
lett doch gelungen, Sie, wenigstens in
einer Hinsicht, zu überreden. Ah,
welch hübsches Bild sich unseren Au
gen bietet « titgte er« hinzu als sie jetzt
in die Nahe des häudcheng tanien
welches Frau Langton bewohnte und
man Adcks ansichtig wurde, die mit
dem Taichentuche winkend, an der
Gartenpsorte stand.
«Frisch wie eine Waldrose, ein An
blick. bei beiwelcheni ser das veran
cherte Mannerherz ohee schlagen
sind « ries der alte herr ganz begei
- ert.
23.
Der Wagen hielt an und Guido
war Ada beim Einsteigen behilflich.
»Wie schön Du heute Morgen bist,
Geliebte,« slüsterte er.
»Ich weiß nur, daß ich mich na
menlos glücklich fühle," entgegnete sie
erröthend.
»Lassen Sie sich nicht abhalten,
wenn Sie Jbrer Braut einen Kuß ge
ben wollen,« meinte der Pastor lä
chelnd. »Doch, da sehe ich Frau Lang
ton, die mit ihrer Dienerin aus uns
zufchreitet und eine Menge guter
Dinge mit sich bringt. «
Unter sröblichem Lachen wurden
Körbe und Packete in den Wagen ge
ihoben, dann stiegen Frau Langton
und Marie Buitler ein und die Fahrt
) wurde fortgesetzt Die Mutter lehnte
l sich einigermaßen müde und erschöpft
in die Kissen zurück und lauschte dem
fröhlichen Geplauder der jungen Leute; .
sie waren glücklich und die Mutter
freute sich dessen.
«Sißen Sie Fu Maine-P
nen, Guido, ganz
gut nnrM ichbin ichm innrer so furchtbar
Initi- aqu vie rang-u Jahre
U mfblizn harren- nnd Dos
sekw fügte sie reif-: hinzu, »das-ou1
an meinem Lebensmari genagt und
mir die ganze Krast gzwmmem Je t,
wo die Zukunft mein Kindes ge -
chert ist, werde ich mich vielleicht nach
und nach erholen.«
Man fuhr an der Besihun der
Gräfin Fesion vorüber. Der Klasior
machte aus die Schönheit der Lage
aufmerksam, man bewunderte ein
zelne Partien des prächtigen Parles,
dann fuhr man weiter und suchte sich
eine Stelle, an welcher gelagert und
ern meiß eingenommen werden
konnte. Nach demselben war es der
Pastor, welcher den jungen Leuten die
Gelegenheit bieten wollte, allein und
ungestört ihrem Liebesgliicl leben zu
können. Er unternahm einen kleinen
Spaziergang mit ihnen und wollte sie
dann unter dem Vorwande plödlicher
Ermüdung ihrem Schicksale überlas
sen. Ada aber war ein weites Stiick
vorausgeeilt, so daß Colin sie gar
nicht mehr sehen konnte, und er legte
daher eine ziemlich weite Wegstrecle al
lein zuiirck, um sie zu erreichen; bläh
lich aber blieb er wie gebannt stehen,
denn in geringer Entfernung vor sich
sah er Adcks weißes Kleid. vernahm
er ihre Stimme, sah er, wie sie mit
Jvan Tredegar scheinbar unbefangen
plaudertr.
»Ja,« hörte er jeßt Jvans Stimme
deutlich sagen, .ja, Guido und ich sind
als Knaben wie Brüder zusammen
ausgewachsen. Er ist eine famose Par
tie, mit·meiner Schwester verlobt, wie
Sie wohl wissen werden. Entschul
den Sie, Fräulein Langton, daß ich
Sie neulich durch mein plötzliches Er
scheinen erschreckt hatte, und gestatten
Sie mir, Jhnen heute zum Ausdruck
zu bringen, wie sehr ich es bedauere.«
Colin trat mit finster gefurchter
Stirne vor. Die Stimme des Pastors
ließ sich vernehmen, er rief nach Ada,
denn er schien bemerkt zu haben, daß
Colin sie nicht gefunden und wollte
ihm dabei behilflich sein. Das junge
Mädchen hörte ihn alsbald, antwortete
und gesellte sich zu ihm. Jvan und
Egid-o traten einander allein gegen
u r.
,,Blicke so finster drein als Du nur
irgend willst,« rief Jvan spöttisch; »ich
will mich in keinen Streit mit Dir
einlassen! Wir stehen einander doch
näher als Brüder! Was ist der Zufall
der Geburt verglichen mit unserer
Freundschaft? Jch verließ Deverill,
von dem Entschlusse beseelt, Di zum
Zweitampfe aufzufordern, un ich
kehrte zurück mit dem Bewußtsein, daß
ich ein Thor war, der Dir schweres
Unrecht zusiigtr. Jch besaß nicht das
Recht. Dein Haus, fo wie ich es ge
than, in berauschiem Zustande zu be
treten. Jch schäme mich dessen jetzt.
Gieh mir die Hand und starre mich
nicht an. als seist Du plötzlich wahn
sinnig geworden.«
»Was hat Dich hierher gebracht,
Tredegar?'« fragte Guido in drohen
dem Tone.
»Nun,'« erwiderte der Andere mit
gutgespielter Ueberraschung »in erster
Linie der Wunsch, Dich zu sehen, dann
auch der Umstand, daß ich meine Dorf
schöne nicht vergesse. Allerliebftes
kleines Ding! Sie ist die Göttin. von
der ich Dir gesprochen, aber sie ist
so fürchterlich scheu gegen mich gewe
sen, bis ich ihr sagte, daß ich ein
Freund von Dir sei. Welch schlauer
Geselle Du doch bist! Du entschä
digst Dich siir verlorene Zeiten, indem
Du hübschen Mädchen den hos machst.
Jch war im Schlosse, hörte, daß Du
mit dem Pastor und einer ganzen Ge
sellschaft ein Picnic unternommen,
und ich ging aus die Suche nach Dir.
Glücklicherweise gelang es mir, bald
Deiner habhaft zu werden, und da bin
ich nun.«
Colin war sehr bleich geworden.
Unwilltiirlich preßie er die Zähne aus
einander, und ein paar Sekunden lan
wollte es ihm gar nicht gelingen, aus
nur ein einziges Wort hervorzusioßen.
Endlich wandte er sich mit sehr ernster
Miene an seinen Gefährten und sprach
leise und fest:
»Du warfi mein Freund, Tade
gar, obzwar ich glaube, daß ich eigent
lich immer eine gewisse Dosis von
Verachtung siir Dich besessen habe.
Willst Du diese meine Verachtung in
Daß umwandeln? Du sprichst von
Fräulein Langton als von einer
«Dorfschiinen«. Schon dadurch, daß
Du ihren Namen aussprichst. ent
weihsi Du denselben. Jeder Blick von
Dir ist eine Beleidianna!« -
Jvan Tredegar blickte Guido ver-"
blitfit an.
»Bei Gott, Du gehst zu weit," rief
et heftig. »Was iit Dir das Mäd
chen? Was kann sie Dir gelten?«
»Sie ist meine künftige Gattin,
hörst Du wohlt«
Jvan starrte dem Anderen fas
sungslos ins Gesicht; er ließ die Ci
garre aus- der Hand fallen.
»Du bast mich durch Deinen tbiirictp
ten Scherz erschreckt, Colint Um des
Himmels willen, Du wirst doch nicht
behaupten wollen, daß Du irn Ernste
redeM Wie iit es denn um Edith be
stellt?«
Er ballte die Fäuste, seine Augen
schienen aus den Höhlen treten zu
wollen« aber Colin hatte sich wieder
gefaßt und schien jetzt ganz ruhig.
«Es war alles ein Jertbum, ein
entsetzlicher Jrrtbumt Ich habe Deiner
Schwester nie den hof gemachtz ich
habe sie in dieser Weise nie geliebt.
Wie ei gekommen, weiß ich taum, aber
ich fand nicht den Muts-, das erklä
rend Wort zu ihr zu sprechen. Ich
batte die Empfindung, als ob tch ge
dadurchhtlsreuetsenensæes a s
isese und deintttlstqn aber the
geschrieben, und sie wird es verstehen
lernen.«
Er hielt inne, denn aus Tredegars
Augen praeh starre Verzweiflung Er
ählte ich ganz entnervt, der fong Ho
rohli Jvan. Alkgkin frohes o -
en eh en rnit einem ale von ihm lzu
Irei en, und tro all’ feiner Fe er
lieste er ja feine chwefter dochw ri
li.«.
»Ich werde sehen, wie Edithdag
auffaßt, was sie dazu zu chen hat,«
murmelte er mit ftei endet rre ung.
Dann entfernte er ch mit ha igen
Schritten.
24.
Die Gesellschaft kehrte auf dem
turzesten Wege nach Schlo Deverill
zurück. Colin und Ada sa en neben
einander. während der Viiar sich Frau
Lanogzton widmete
., iein lieber Guido," sprach der
Priester in dringendem Tone, »treiben
Sie den Kutscher nicht zu allzu großer
Este an, es liegen ein paar Stunden
Tageslicht vor uns, und ich bin rcher,
daß die Damen sich des Aufrnt ltes
in der freien Luft erfreuen. Nach mei
nem Dafürhalten giebt es nichts Be-.
litftigenderes, als an einem schönen»
Juniabend spazieren zu fahren, dann
um Sieben emiithlich zu joupiren
und so den festlichen Tag würdig zut
befchließen.«
Coiin antwortete nicht, erwünschte
inständig, daß der Ta vorüber wäre.
Auf die Fragen, we ehe man übers
Herrn von Tredegar gestellt, hatte er
n.ir kurze Antworten ertheilt; alle
Welt fühlte, daß irgend etwas nicht
richtig ei. Colin war tir rlich über
sich fclb und zornig auf da, weil sie
den Schmeichelworten Jvan Trede
gars gelaufcht; er hatte ihr getöthetes
A:.ttiß, ihre leuchtenden Auqen ge
sehen und fühlte sich enttäuscht und
empfindlich. Er wollte sich gerne mit
’ihr aussprechen und fühlte, daß er
teine Ruhe haben werde, bevor es ihm
niclit gelungen, das Mädchen vor Tre
deaar zu warnen.
Alle empfunden es als Erleichte
rung, als der Wagen endlich im
Schloßhos einfuhr, und die Mahlzeit
oerlies ziemlich einsilbig.
Der Pastor errieth theilweise die
Ursache von Guido Colins Berstim
muna.
»Es ist recht schade gewesen, daß
der junge Tredegar vermuthlich aller
hand Unsinn mit Fräulein Langton
gesprochen, aber er that es in aller Un
schuld, und Sie haben ihm nun be
züglich seiner Schwester hoffentlich
den Standpunkt tlae »emacht. Jhri
beiden jungen Leute, åie und Ada,i
müßt nun auch ins Reine tommenJ
und dann ist alles wieder aut.«
Der Priester lächelte. als Eolin das
Zimmer verließ, um draußen im Pakt
seine Braut zu suchen· Behaglich zün
dete er sich die zweite Havannacigarre
an, kam er ja doch nicht oft in die
Geleaenheit, ein io gutes Kraut zu
rauchen.
Ada hatte sich inzwischen nach dem
Treibhaug beaeben. Sie liebte Blumen
leidenschaftlich. heute aber beachtete sie
deren Schönheit taum. Aus dem einen
oder aus dem anderen Grunde war
ihr Verlobter unzufrieden mit ihr, das
fühlte sie, und Adas Herz war da
durch wesentlich bedrückt. Sie hatte
sich auf einen vergnügten Abend im
Schlosse riesig gefreut und Pläne siir
das neue Leben ausgesponnem welches
sc nake vor ihr lag. Colin hatte leb
haft iir eine baldige Verheirathun
plaidirt und Frau Langton sollte auli
dem Schlosse ihr heim ausschlagen.
Wie gütig, wie riiasichtsvoll Guido
doch wart
»Und ich lannn ihm so weni geben·
Lan-eilen tust es doch den indruck
rvor, als hege ich dre Empfindung,
da ich Diejenin sei, welche spendet
un nicht er. ein Liebling! Mein
König! Mein Gott!«
Sie stieß einen leisen Schrei aus«
denn Colin stand plöklich neben ihr.
st vor-our Cooll blickte ee sie an.
ie wandte ch um, schlang die Arme
um seinen Nacken und legte das haupt
au seine Schulter.
ide schwiegen eine Weile. sie hat
ten die Empfindung, als ob sie nichts
hörten als das Pochen ihrer ei enen
rzen. Endlich richtete das Mii chen
ch aus, und indem sie Guido Colin
unverwandt in die Augen blickte,
fragte sie leise: - -
»Habe ich Dich geargert Lievttrr re
Er runzelte die Stirne. Jm Geiste
sah er noch das freudig erregte Antlitz
vor sich, welches sie seiner Meinun»
nach Jvan Tredeaar zuaewandt hatte
»Geistgert?« wiederholte er mit bit
teretn Lachen »Ja, auf eine Weise,
die es mir schwer werden wird, zu ver
g."essen
»Was habe ich gethan?«' frag-te sie
ruhig; aber sie war doch bis in die
Lippen bleich etoorden.
»O nichts, u hast nur mit lächeln
deni Antlitz den Schmeicheleien eines
Mannes zugebiirt, der mit jedem»
Weibe tändelt, der Dir die Beleidi
gurggn zufügt, auch Dich bewundern zu
en .
Er that sich Gewalt an, ruhig zu.
sprechen, denn er sühlte, daß er nahe
daran war, sich von seiner Leidenschaft
binreißen zu lassen.
ahre fort ich werde mich nicht
ver idigen, bis Du ausgesprochenv
ch habe nichts mehr zu aaen, e
niigs nicht das, was ich gerefdetW g
chhsa esist sogar viel uviel wenn
chanch wenichta mInz im c aren darüber
bin, u mich eisentlich be
schuldiaes willst here tmI Tredeg ar
hatte sich all Dein Freund vor estellt
und sagte, daß er gerade tevom re
komme. Er entschnidtte sich bei in r
weit er in weint-z iae vorher tni
Verse a nnd tagte er
habe mi fiir eine Dame seiner Be
ianntscha t Gehalten. Du machst mir
nun einen orwurf daraus, daß ich
mich fiir ihn interessire. Kann ich es
anders, wenn er mir so t, daß er ein
Freund Deiner Kindhet ieii Daß
kine Schwester Dich heirathen wolle
egehrst Du von mir, baß ich in Zu
kunft nicht mehr mit ihm rede, so
werde ich es natürlich unterlassen;
auälst Du mich aber aus Eifer acht,
ohne einen speziellen Grund haft zu
haben, so beleidigst Du mich damit
gröblich Lieber will ich Dich mein
ganzes Leben lang nicht wiedersehen,
als es erleben zu müssen, daß Du mich
so anblictft, wie es im gegenwärtigen
Augenblicke gefchieht.«
Jhre Lippen bebten, ihre Augen wa
ren ihränenfeucht.
»Ich bin nicht eifersiichtig, Aben«
erwiderte Coltn reumiithig; »es ärgert
i mich nur, daß Tredegar Dich mit so
"frechen Augen anzubliclen wagte. O,
Geliebte, verzeih mir," fügte er lei
denschaftlich bewegt hinzu. »Ich weiß
ja, daß ich unvernünftig bin und Du
ein Engel bist.'·
Er nahm sie in seine Arme und
iiißte sie. Dann schwieg er einen
Augenblick still, sie aber sprach ernst
haft.
Gortsetzung folgt.)
Frauenschsrnt.
Von Alters her erschien uns die
Vorliebe für Schmuck als Eigen
tümlichkeit des weiblichen Ge
schlechts. Bornehmlich den gerauen
» zuliebe spinnen die fleißigen iden
Jwiirmer, fiir sie öffnen die Diaman
tenfelder in Indien« Brasilien und am l
Kap vorsichtig und sparsam ihre Ju-l
-welenlaften, für sie tlopft man die tri
; stallisierten Strahlen des Regenbogens
mühsam aus dem Gestein, fischt Per
»len’ aus dem Schoß des Meeres-, mor
det Millionen und Aber-Millionen
reizender und nützlicher Vögel. Jn
jeder größeren Stadt sind der weib
» lichen Putzsucht große Tempel errichtet,
wo die Luxusstoffe wie ein schillernder
Strom mit weißem Wellengelriiusel
»der Straußcnsedern zwischen Beeten
.!iinstlicher Blumen unablässig dahin
fließen; Leute mit hervorragendem
Schneidertalent können sich ungestraft
Thrannenlaunen gestatten. Viele
Frauen, deren Mittel nicht fiir echte
Brillanten reichen, hängen sich Simili
Diamanten ins Ohr; bis in die unte
ren Schichten belastet die Sorge um
ein schmuckes Aeuszeres oft unverhält
nismäßig das Budget der-Familie und
lockt manche vom Pfad der Tugend.
n der Gesellschaft gleicht die Frau in
ellen, farbigen Kleidern, geschmückt
mit den tostbarsten Erzeugnissen des
Pflanzen-, Tier- und Mineralreichs,
einem glänzenden Schmetterling, wäh
rend der Mann im tristen, schwarzen
Frack wie eine Raupe oder eine dunkle
Küchenmotte aussieht. Aus seiner Ge
wandung ist jede augensällige Pracht
verbannt, bunte Samete und Stiele
reien sind längst auszer Mode, und
neuere Versuche. dem Kleide etwas
mehr Farbe zu geben, sind immer ge
scheitert.
Jm Gegensatz zur Kulturmenschheit
legen bei wilden Völkerschaften die
Männer meist nicht nur denselben
Wert aus Schmuck wie die Frauen,
sondern übertreffen sie häufig noch;
vollends umgekehrt ist das Verhältnis
bei der höheren Tierwelt. Hier ist mit
vers windend wenigen Ausnahmen
das «·nnchen weit reicher mit Kör
perzier bedacht, als das Mädchen.
hochzeitstleider hat man die prachtvol
len Kostiime genannt, die manche
Männchen anziehen, wenn sie auf
Freiersfiißen gehen. Sonst ziemlich
unscheinbare Abgel stecken dann stolze
Federbüsche aus« legen blisende Jabots
an, spannen prahlerische Fächer auf;
das Gefieder schimmert von goldenen,
silbernen, kuvfrig roten, perlmutters
farbigen Reflexen. und zuweilen blit
zen Tupfen aus« deren wunderbare
Farbe kaum zu destnteren ist und die
wir sonst in der ganzen Schöpfung
vergebens suchen. Bescheidenere Vögel
schminien die Hornhaut um den«
Schnabel rot an, hauen sich in ein leb
bast gestirbtes Röckchen und binden
eine bunte Krawatte um. Einige le
gen den Schmuck, der sie vor den
Gebrltder Lebaudn ist der praktische
Weibchen auszeichnet, überhaupt nicht
ab, so der gespornte Sultan des
hiihnerhoses. Unter den Fischen
strahlen die Stichlinge in herrlichem
Smaragdgriin und Karminrot, als
trügen sie eine Gliihbirne in transpo
rentem Leibe, die Goldgrundel leistet
sich einen den ganzen Körper über
ziehenden Schmuck von Türlisen, der
Bitterling vereinigt alle Farben des
Regenbogens in seurig irisierendem
Gemisch. Der träge, phlegmatische
Molch schmückt sich mit einem viel
zackigen Nackenlamm wie ein Minia
tur-Drache und prangt mit einer
Weste, so rot wie die legendäre Revo
lutionsweste Thöophile Gautiers. Bei
den Jnselten kriecht das Weibchen zu
weilen elend irn Staube, während der
sonntäglich angezogene here Gemahl
in den Lüsten gaulelt. Einzelne tro
pische Schmetterlinge scheinen aus dem
schillernden Azur des hellen himmels
oder aus hauchdiinnen Perlrnutter
platten geschnitten, andere haben Flü
gel ans tiesleuchtendern griinem Samt,
) er mit ller ApplilationbArbeit ge
Iriindert st. Das weibliche Geschlecht
ist bei diesen Arten auch n recht
lurnrtöt gekleidet, aber die arben
sind weniger mannigfaltig, glanzloser
nnd Richter-. -
I Darwin hat siir diese Erscheinung
eine Erklärung gegeben, die zwar viel
fach an esochten, aber noch nicht durch
eine be ere erseht worden i . Die
Weibchen haben nach ihm die gro te
Aehnlichkeit mit der Stammtorm
wahrt und sich von dem tiirichteu
Au wand der Männchen sreigehnltetz
der nur die Blicke der Feinde ansieht«
ohne von vrattischem Nu en zu sein
Das Leben der Weibchen st wesen der
Nachkommenschaft der Natur to chtiger
als das der Männchen. Wenn ie
Weibchen also selbst auch aus Schmuck
verzichten, so sind sie doch ewiegte
Kritiiey und der männliche met
terling, der das schönste Farbenspiel
auswieg, das Nachtigallenmiinnchem
das am schmeizendsten seine Liebes
sehnsucht klagte, der Auerhahm der
am besten balzte, kurz, jeder Freier,
der sich von der banalen Menge ab
hob, hatte die meiste Aussicht, Gotte
und Vater zu werden. Sie vererbten
ihre Schönheit auf ihre Nachiommen,
und sie stieg so von Generation In
Generation, bis endlich zuweilen
prächtiqe Männchen so verschieden was
vom WeLbchem daß beide gar nicht dei
;selben Art anzugehören schienen.
: Das Männchen spielt demnach,wen
iwir menschliche Urteile in die Tiertve
stragem keine sympathische Rolle, es i
"der eitle, leichtsinnige Verschwender,
während das Weibchen voll Kunsisinj
und treuer Sorge um die Nachtean
ist. Die Frau der Arbeiter - Bari-ask
die Samstagabend ihren Mann an der
Schwelle der Fabrik abfängt, damit et
nicht den zum Unterhalt der Familie
bitter notwendigen Lohn in der liirmens
den Kneipe vergeude, herumschwadros
niere und sich mit einer stattlichen Men
ge genossenen Alkohols ausspiele, erin
nert etwas an die in der Tierwelt zu
beobachtenden Gegensätze. Für den
Umstand nun, daß besonders in den
oberen Klassen der Kulturvöller fafi
ausschließlich die Frau als eigentliche
Schmuckträgerin erscheint, gab kürzlich
der Gelehrte Edmond Perrier in einein
sehr interessanten Vortrage, den er in
den heiligen Hallen der Akademie Fran
eaise hielt, eine Vermutung kund, die
wenigstens recht galant ist· Er kla t
die Frauen nicht leicktfertiger Pittzsu t
an. sondern schiebt alle Schuld in die
Lackstiefel ihrer Männer. Wenn in den
höheren Schichten der oerkiinstelten
menschlichen Gesellschaft, führt Perrier
aus, die Frau durch ihre Vorliebe fiir
den Schmuck eine Ausnahme zu bilden
scheint, gibt sie gewissermaßen nur ein
Bild der überfpannten Tätigkeit und
Verschwendungssucht der Männer. lin
ter allen Kulturvöltern der alten Welt
gab es nicht eines, wo nicht die Frau in
strenger Abhängigkeit vom Manne er
halten worden wörr. Der Reiche und
Mächtige umgab sich, um seine Bedeu
tung hervorzuheben, mit Genofsinnen,
als deren Herren und Meister er sich
erklärte, und überlud sie mit kostbaren
Stoffen und Edelsteinen, er fand sie so
schöner-, seiner würdiger, er machte aus
ihnen lebende Trnphäen seines Glücks.
Nachdem die Frau sich zum größern
Ruhm des Mannes schmücken gelernt,
schmückte sie sich auch fiir den Liebhaber,
siir die Oeffentlichkeit, siir sich selbst.
Der Mann dagegen machte sich iii sei
nem Bedürfnis nach Tätigkeit und Ve
wegung immer mehr von dem Ilitiets
wert los, unter dessen Bann er seine
Gefährtin nicht ungern bleiben sh.
Die Erklärung Perriers it rtreibt
wohl die an sich nicht zu leugnende Ein
wirkung des Mannes aus die Punsucht
der Frauen. Warum soll die fran, we
nigstens als sie kein willenlo es Stils
Ware mehr war, ihre lbrperliche Schön
heit nicht aus eigenem Antrieb durch
Schmuck erhöht haben, um Verderber
anzulorten oder den Erlorenen gsrler
zu fesseln? Schon sriih hatte die
heit des Weibes, die freilich zu verschie
denen Zeiten und bei verschiedenen Vill
kern sehr verschieden aufgefaßt wurde,
bei der Auswahl eine große Bedeutun
Da die Vorzüge des Mannes nicht o
sehr in Schönheit, als in Kraft bestan
den, ging sein Schmuck weniger darauf
hinaus, die Schönheit zu heben. als fei
nen Anblick imponierend, böchrecklich
zu machen· Der martialif e baratter
des männlichen Schmucks hat sich bis in
manche moderne Unisormen erhalten«
irn übrigen ist er mit den iriegeriichen
lelüren immer mehr zurückgegangen
Da aber bei den Männern der Sinn file
weibliche Schönheit immer seiner wur
de, da ferner der aus höhern Kulturstui
ien häufig eintretende Müßiggan der
Frau ihre Beschäftigung mit R tin
teiten die Puhsucht ungemein förderten,
mußte der Schmuck der Frauen sich wei
ter entwickeln, wenn auch die massenhass
te Zierart der erlesenen und klug be
rechneten wich- Nachdem die Verlieh
siir Schmuck einmal, man kann sasi sa
gen, ein weiblicheö Geschlechtörnrrknral
geworden, ist es natürlich,daß übertrie
bene Putzsucht beim Manne weibisch
und deshalb lächerlich erschien und die
Frauen eher abstieß als mäon ähnlich
wie eine mädchenhast he e Stimme
oder ein weihliches Aeuszeres. Jeden
falls ist die Darlegung Perrters ein
Wink sür nächste Weihnachten,die glück
licherweise noch sern liegen. Kann ein
lliann seiner Gattin den gewünschten
Ring oder das Perlenhalsband verwei
gern, wenn sie ihm mit Berufung aus
den Gelehrten Perrier naturwissen
schaftlich und philosophisch nachweist.
daß die Eitelkeit der Männer solche
Wünsche in ihre Seele aepslanst habe
und baß der Saite die Sappe autlcss
sein müsse, die sein Geschlecht ihm ein
sehr-Cis