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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 6, 1906)
Bodbi Glizze von IrißBrentana · Der Regen gießt bereits seit dem « M Morgen herab und der schmu hof des Hinterhauses, in dein der te Lumpensatntnlet seit undenklichen peitsn sein Heim aufgeschlagen hat, er « Heini deute noch unsauberer und un fmciithlicher wie gewöhnlich. Es geht hin darin wie jenen ewig schmierigen Siraßenrangem die nie schwieriger erscheinen, als wenn irgend wer den Vetsrich machte, ihnen flüchtig das Gesicht mit Wasser zu reinigen. Jn dem has ist alles schmutzig Die Wände, der Boden, die umherliegen den Lumpensäcke, der alte Karten in der-Ecke, die halbdlinden Fensterscheis den und andere Dinge — am schmu sgsten aber ist Bobbi, der Held dieser Dichte-, » — , » - Man neue nch unter diesem prote namen nicht etwa einen jener blonden, pauöbacki en Jungen vor, die ein Zischen mutz ja manchmal ganz niedlich kleidet —- nein. Bobbi ist der ichs und hoshund des Lumpen ammlers und es ward ihm nicht an der Wiege gesungen —- oder soll ich sagen »gebellt« ? —- daß ihm dereinst einsolches Schicksal beschieden sei. Er kann aus das Prädikat »schön'« keinen Anspruch machen denn was er in dieser Beziehung von seinen Bli iekn ererbte ist gleich Null. Bobbi ist, Wabe heraus gesagt bei normaler tterung häßlich —- an Regentagen aber einfach scheußlich. Wie er so da liegt, aus einem Haufen von Lum penresten, mit dem halben Körper aus der desetten Hundehiitte hervorragend — der Regenguß erscheint ihm ficht dar das kleinere Uebel gegenüber der stickigen Atmosphäre drinnen —- und mit seinen, von nassen Haarsträhnen halb verdeckten Augen schielend in seine engbegrenzte Welt blickt — eins Philosoph der Entsagung und dess hiindischen Elends — er ist wirtlich abschreckend Jeht schließt er seine kleinen Gua- l löcher und bald verkündet ein grun zendes Schnarchen, daß Bobbi ent-; schlummert ist. Gern würde ich an-; standshalber sagen »in Morpheus Ar-. l wen ruht«, wenn ich nicht annehmen » müßte, daß der holde Schlummergott : sich absolut nicht mit derlei schwieri gen Hoshunden besaßt. Von Zeit zu Zeit entringen sich der Schnauze Bobbis halblaute Bell- und Knurrtöne —- er träumt. Vielleicht von jener vergangenen Zeit, wo, wie der selige Narciß Rameau so schön deklamirt, »die Rosen des Lebens blühten und sein Geist jung war —" von einer holden blonden Maid -— von deren Mutter und von Edi! Edi! Nun sind wir bei dem zweiten — dein passiven Helden der Geschichte —- nicht etwa auch ein hündischerVier siißler, sondern ein hypochondrisch ac wordener angesiiuerter Junageselle, der nahe den ominösen Fünszig, eben in seiner Garconwohnung im vorneh Iien Westen melancholisch durch das Fenster blickt, an das die fallenden ssiegentropsen pochen und —- seltsame Sedankenverbindung — lebhaft an den schwierigen Bobbi in seiner noch schwierigeren Hundehiitte denkt, die auch nicht die entsernteste Verwandt schaft mit dem behaglichen Heim des Junggesellen hat. Nicht immer war Herr Ednard Bergen genannt Edi, so hypochons drisch und menschenicheu wie jetzt — nicht immer verzehrte er seine Mahl zeiten verdrossen im Restaurant und trieb sich sreudlos in allerlei Lotalen umher. O nein, es aab eine Zeit, wo ihm das Restaurant eine terra in cognita und er ein einaesleischter Fa milienmensch war ——— das heißt, wo er, trotzdem er teine Familie hatte, doch glücklich in einer solchen lebte. Er war damals ein wohlsituirter und höchst wohlgesitteter Banlbeamter von 36 Jahren und wohnte bei einer " respettablen Wittwe, die neben einer semmelblonden, rundlichen Tochter l auch ein nettes Vermögen besaß und i bie zwei Zimmer ihrer asroßen Woh- i nung nicht um des Geldgewinnes, sondern nur deshalb an Edi vermie thete, um, wie sie saate, einen anstän digen herrn im Hause zu haben, dem man sich aemächlich ein bischen an schiießen lonnte. Er sand, als die Wohnung wieder einmal leer stand, Gnade vor ihren wählerischen Augen und auch den richtian Anschluß. in dem er sich in das oben erwähnteTöch terchen Martha verliebte und auch bald unzweideutige Beweise erhielt, das er ihr nicht ganz gleichailtig sei Ireilich sie sagten lange Zeit nichts über ihre gemeinsamen Herzensregun Her-, allein gewisse sanfte Händedriicke beim Kommen und Geben und die zärtlichen Blicke, die die 29jährige nasrau ihrem Seladon so ost dies irgendwo anging, spendete, sprachen beeedieix als die Treueschwiire, die oft mit rhethorischem Pathos gewechselt R ebenso ost —- nichi gehalten wer Marna Reiss, Martbas Mutter und M Wir-thin, war eine äußerst pral McheIeaa Sie sah anscheinend nichts sah doch alles. Nach sechs Wochen ·gegenseitiaen Anschlusses« sie. was los war und da sie . nur einen Lebenszweck ihre schon etwas verspätete , s unter die hause zu bringen, j « «- · sie innerlich höchst ver ; -- ansesithts der Entwickelung « nnd erwartete sehnsüchtig II Ursache lo hen : , Inkraa machen w « ,Mq Ist W ein schicks M biet, dies-on einem anständigen Nebenmenschen sa gen zu müssen, allein er war wirtlich ein Schaf und auchFrau MinnaReiss, geb. Kurzweg, war sich dessen bald be wußt und ging. als ihr diese Erkennt niß kam, als resolute Mutter sofort zu einem taktischen Angriff über, der den zögernden Feind schleunigst zu Fall brachte. ’ Edie glaubte eines Morgens seinen Augen nicht trauen zu dürfen, als er auf dem Präsentirbrett neben der Kasseetanne ein Briefchen mit der wohlbekannten Handschrift seiner Witthin und erträumten Schwieger mutter sand, mittelst welches ihm diese, ohne jede Angabe irgend eines Grun des, turz und bündig, die Wohnung bis zum nächsten Ersten tündigte. Er war starr. Was hatte das zu bedeuten? Den gestrigen Abend hatte er noch in voller Gemüthlichteit ver bracht und sich von ihnen mit Hände druck und beredtem Blick Seitens der Letzteren verabschiedet, und heuteMor , gen wies man ihm die Thüre und stieß ! ihn allein aus dem Paradies-, aus dem ,Adarn wenigstens seine geliebte Eva l mitnehmen durfte· ; Aber er wollte sich das nicht so ohne »Weiteres gefallen lassen, er mußte er fahren, warum er in Ungnade gefallen war, und in einer plötzlichen Amt-and lung von Energie stattete er dem Enael mit dem Flammenschwert, Frau Reiss, einen Morgenbesuch ab, den diese so bestimmt erwartet hatte, daß sie ihren Miether, ganz egen ihre son tige Ge wohnheit, in vosern Staat-empfing « Da der vernuniiige Dreier —- uno welcher Leser wäre dies nicht«-— das-» Motiv ur Kündigung des ahnungs lofen E i ja genau« kennt, soll iiber die Untetredung zwischen diesem und» der schlauen Wirthin nicht viel ce« schrieben, sondern nur das Resultat; berichtet werden« daß der --e·ibergliick- s liche Miether eine Stunde später Bräulein Martha Reiff den ersten; chiichternen Verlobungstusz aiif die; Li pen driickte und deren nicht weniger ; er reute Mama ihn als tiinftigeni S wiegersohii in ihre Arme schloß. ; ie Hochzeit sollte drei Monate; nach die ein dentiviirdi en Ta e statt-s finden, und am näch en Er ten zogj Edi wirklich aus, uni anstandsbalberi bis zu seiner Verheirathung seinen! Junggesellenwigwain anderweitig auf- s zuschlagen, was ihn allerdings nicht! abhielt, nun erst recht jeden freieui Augenblick im Reiff’scheii Heim, dass er auch als Ehegatte bewohnen sollte. zu verbringen. Der so plötzlich iii den Himmel ver setzte Bräutigam erwies sich als auszei oidentlich aufmerksam seiner Braut ceqeniiber und überhäufte sie mit ein, was ihr wünschenswerih er schien. Er konnte sich diesen Luxus erlauben, denn er erfreute »sich neben seinem höchst anständigen Gehalt eines respettablen Privatvermögens, das ihn sogar in den Stand Beseht hätte, auf die reiche Mitgift arthas zii verzichten, falls sich dies als nöthig erwiesen hätte. Aber dies war nickt der Fall, und Edi immerhin angeneh nier. So plantschten denn die beiden Brautleute unter den fchirnienden Fittigen von Mama Reiff wochenlang in eitel Wonne und zählten die Stun den, die sie noch von dem Tag ihrer dauernden Vereingun trennten. »Doch mit des Ge chickes Mächten ist kein ew’ger Bund zu flechten, und das Unglück schreitet schnell.« Und dieses Unglück hieß diesmal Bobbi. den wir nun aus dein Dunkel seiner Vundehiitte heraus und an das Licht der Oeffentlichieit ziehen müssen. Eines Tages nämlich hatte Fräulein Martha den Wunsch eäußert, einen niedlicheii Hund zu befietzein Da dieser Wunsch selbstverständlich Befehl für Edi war, so hatte dieser nichts Eilige: res zu thun, als sofort den alten schnapsnasigen Hundehändler aufzu suchen, der an der Straßenecke fein Geschäftslotal eingerichtet und ihm schon wiederholt seine lebende Waare offerirt hatte, ohne Gegenliebe zu fin den. Der »versoffene Willem«, dies war der offizielle Ehrentitel des Bie dermannes, war denn auch gleich in der glückiichen Lage, dem »Herrn Va roii" — billiger t t er’s bei seinen Kunden nicht —- ,,e n ebenso reizendes. irie seltenes Thierchen« fiir den Spott preis von 25 Mark tiefern zu können und Edi, der wohl einen großen Zatp len- aber absolut keinen hundever siaiid besaß. zog überglücklich mit dein Köter ab, der unter Briidern seine 773 Groschen werth war. Der Bierfiißler zeigte fich, wie alle jungen unde, außerordentlich drol lig und and bei den Damen Reiff eine sehr liebenswürdige Aufnahme. Die ersten drei Tage vergingen unter permanenter Liebtosung des »netten tteinen Kerls«, und erft am vierten Tage entdeckte man, dafz das neue Eamilienmitglied doch einige neckifche 'ncewohnheiten hatte, die ibm abe wö nt werden mußten, wenn er Fich dem wohlgesitteten Kreis würdig ein fügen sollte. So war beispielsweise die Leidenschaft Bobbi’5, mit einem Eifer, der einer besseren Sache wär dig war, überall im hause seine Visi tenkarte abzugeben, höchst unangenehm fiir eine ordnun stiebende Hausfrau, und da Mama eiff eine so che in des Wortes berwegenfter Bedeutung war, vernahm man bald in den früher so .illen Räumen oft und immer öfter jenes jämmerliche Geheul, das junge Punde mit unnachahmlicher Energie oslaffen, wenn mittel Ohrenziehen und Jnßtritten Be rungiversuche mit ihnen angestellt werden. Das Bebt-i auch einen besonderen Eifer ins setnappern aller möglichen need u · tichen Gegenstände ent wickelte n dabei namentlich eine eigenartige Vorliebe für Damenla,ck stiefel bekundete, ließ ihn nicht wenig in der Achtung von Mutter und Tochter sinken, die denn auch nach eini gen Wochen auf dem Gefrierpunki ankam, als man die Wahrnehmung machte, daß der Köter sich nicht nur seelisch, sondern auch iörperiich in einer nichts weniger als angenehmen Weise entwickelte. Aus -dem »mi ten kleinen Kerl« war mit unheim licher Schnelligkeit ein Biest herange wachsen. dessen ..Nam’ und Art« selbe ssiir die gewiegteften Hundetenner ein sduntles Mithsel blieb Gehörte das -Thier dem Geschlecht der Schäfer-, « Fleischer-, Wolfs- oder Jagdhunde an «—— entsaltete es sich zum Dackel oder ISpitz — wer konnte es wissen? Nur so viel stand unumstößlich fest, daß ihn weder »Neigung noch Beruf« zum lieblichen Schooßhund einer Dame priideftinirten, und so erklärte denn die Brautmutter, des langen Kampfes gegen die Sitten- und Formlosigkeit Bobbi’s müde, acht Tage vor der Hochzeit energisch, daß dieser sofort das Haus« dessen Gastlichkeit er so schnöde belohnt habe, verlassen müsse »Na, da werde ich ihn zu mir neh men,« sprach resignirt Edi, welcher trotz allem eine gewisse Vorliebe fiir den bund hatte, der sich besonders an hänglich gegen ihn erwies, was indes sen Frau Reiss zu der etwas gereiz ten und sehr tategorischen Aeußerung veranlaßte: »Das werden Sie nicht thun, Herr Schwiegersohn, Sie werden vielmehr das nichtswürdige Thier so schnell wie möglich aus der Stadt schaffen, damit es nie mehc den Weg hierher findet. Versprechen Sie mir das?« Und Herr Berger versprach es und trollte, gefolgt von Bobbi, der sich zum ersten Mal seiner persönlichen Freiheit beraubt sah und an seiner Leine ge führt wurde, nach seinem Junggesel lenheim, wo et dem Verbannten ein weiches Lager bereitete —- eine Liebe fiir die Bobbi sich dadurch dankbar er wies, daß er seinem freundlichen Wirth am Frühmorgen schallhaft ei nen total zernagten neuen Stiefel an das Bett apportirte. Trotzdem gab Edi den Uebelthiiter an diesem Tage nicht fort, und zwar, weil er absolut nicht wußte. wohin, loa aber zum er sten Mal am Abend seine Dame an, indem er aus ihre bezügliche Frage die feste Versicherung abgab, daß Bobbi sich bereits im Besitz eines Bauern in dem drei Stunden entfern ten Dorf Lengefeld befinde. Der langersehnte Polterabend war endlich herangekommen, und Edi hätte denselben noch freudiger begrüßt.wenn nicht eine beimliche Schuld sein Ge wissen gedrückt hätte ———— Bobbi war noch immer sein Hausgenosse, und morgen sollte er als junger Gatte die Wohnung seiner Schwiegermutter be ziehen. Wohin mit dem Vieh? Er be trachtete den Hund oerzweislungsvoll und plötzlich stiegen Mordgedanten in ihm auf. Der Fluß war nicht weit und ein Strick —- ein Stein waren bald beschafft. Aber Bobbi mochte im Auge seines Herrn etwas lesen, was ihm nicht geheuer diintte, denn er kutschte aus dem Bauch zu Edi hin, blickte treuherzig zu ihm aus und we delte so demüthig mit dem Schweif, daß der gntmiithige Bräutigam ihm gerührt mit der Hand das Fell strei chelte und begiitigend sprach: »Nein, nein! Sei ganz ruhig, mein Hündchen, es geschieht Dir nichts!« Und dann warf er sich in Gala, em vsahl Bobbi wie gewöhnlich der Ob hut seiner sten Wirthin und beaab sich nach aller menschlichen Vorauäsicht zum letzten Mal als Junggeselle in die Wohnung seiner Schwiegermutter, fest entschlossen, morgen vor seiner Trauung den unliebsamen diersiißigen Gast auf das Land zu schicken. Auf dem Polterabend aina es sehr gemiitblich zu. Zunächst nabmen die zahlreicken Gäste die zahlreichen Hoch zeitsgeschenke in Auaenschein, die von nab und fern einaelausen und kunst voll auf einer weiß gedeckten Tafel im Salon aruppirt waren. Selbstver ständlich fanden sie allgemeinen Bei fall. Höchste Bewunderung aber er reate das auf dem Sopba aus-zehnj tete Brauttleid «--— ein Meisterwerk weiblicher Schneidertunst aus dufti ger. weißer Seide und mit kostbaren antilen Spitzen besetzt, die der vor nehmste der anwesenden Ehrenaäste, die alte Erbtante Eupbrosine Becken backi. der Braut zu deren Ehrentag aestistet hatte. Nachdem das Pracht stück endlich genugsam gepriesen war, begab sich die Gesellschaft zu dem so lennen Souper, nach dessen Beendi gung die unermüdliche Fluth von gu ten und schlechten Vorträan begann, die wie männialich weiß, jedes Braut paar iiber sich ergeben lassen musi. Eben war ein neuniiibriaer Enael in weißem Gewand und mit lieblich fächelnden Gänsesliiaeln geschmückt, in das Zimmer geschwebt und be gann sein rübrfames Sprächleim Born Himmel tomm’ ich hergesandt Zu Euch in dieses Erdenland, Ganz leise —- leise —- leise — Kladberadatschl Buml Buml All mächtiger Gott, was war das? Ent sent sprang die ganze Gesellschaft aus, denn as dem Solon ertönte ein furchtbarer Krach und ein jämmerli ches Geheul, das Edi zur Leiche er blassen machte. O, er glaubte diese Töne zu kennen, und sein Glaube hatte ibn nicht betrogen, denn als er mit den Uebrigen die Seiner-entrun rner hetrat arbeitete sich der durch-ie gan "e Bobbt gerade« unter den T ·nrrnern alt' der Speise-, Ka ee-, Idee- und sonstiaen Trinkserv cert, IVafem großen nnd kleinen Rippfigm ten bei-von die ihn begraben, als er seine krankhaften Anstrengungen ge ltönt fah und das Tischtuch mit sämmtlichen Brautgeschenlen glücklich zur Erde gezeett hatte. Und doch war dies nicht seine größ te Heldentbat, die einen Augenblick später durch einen Unisono-- Ent seyensfchrei sämmtlichet Damen be grüßt wurde. An dem Brautlleid waren die unetfetzlichen Spitzen der Erbtante total abgenagt und lagen in kümmerlichen Fetzen umher, wäh rend Bobbi dem Kleid selbst feine kothige Schmutzphotogkaphie -——— es regnete nämlich draußen in Strö men — ausgedrückt hatte, als et sich das keusche Gewand zum wohligen Ruhelager erwählte. Its-I Ziehen wir einen Schleier iiber die nachfolgende Scene. Nur soviel, dasz eine halbe Stunde spiiter der unglück liche Edi, der in der ersten Verwirrung thörichter Weise das Geständniß ab lcgte, daß er Bobbi in seiner Wohnung verborgen hatte, entlobt aus der Strafsie stand. Frau Reiss konnte, wie te wüthend erklärte, lein Glück siir ihr Kind an der Seite eines Lüg ners sehen und die empörie Erhtante hatte einen seierlichen Eid geleigeh daß sie schleunigst ihr zu Gun en Marthe-'s ertichteies Testament um stosze, wenn der »Mensch« nicht siir Immer hinausgewiesen würde. Der Exbräutigam gab am anderen Morgen Bobbi. den die ganze Ge schichte, trotz seines von Prügeln be leiteien ehrenvollen Hinauswurss sehr kalt ließ, wirklich an den Lum venhiindler in der Vorstadt, bei dem ihn unsere Leser zu Anfang dieser wahrheitsgetreuen Geschichte heute kennen lernten. Herr Eduard Ber er, genannt Edi, aber empfing vier Wochen später eine galdgeränderte Karte des Inhalts: s ranz Bauer El artha Bauer geh. Reiss, Vermählte. Darunter hatte seine rachsüchtige Er-Schwiegermama geschriebens »Bitte, dies auch Ihrem Freund, dcm lieben Bobbi. mitzutheilen.« Zwölf ahre sind seitdem vergan Zcm und rr Berger ist noch immer « unggeselle. Armer Edi — armer Buhl-U —--.--.---— Kraftüberinenschen. Vontkwaldeeiin » Die Anetdote vom Marschall vons Sachsen. der eines Tages-, als er seins Pferd beschlagen ließ, eine Reihe dont Hufeisen in den Händen verbog, wiei sein Vater August der Starke, aber ins dem Schmied, der die ihm zur Bezahij lang egebenen Geldstücte zerbrach seinen « eister sand, ist bekannt. Dies neuere Zeit hat aber auch Athleten hervorgebracht die keineswegs Tinter den Krastmenschen vergangener ’ ahr: hunderte zurückstehen. Die Produktion des Albleten Con diag, der im vorigen Jahre in Berlin austrat, dürfte noch in Erinnerung sein. Ein als Soldat vertleideter Statist setzte sich bei diesen Vorfüh rungen aus einen Stuhl und nahm einen Tisch init Rochgeschirr aufs Knie. Conchas hob den Stuhl sammt Mann und Tisch vom Boden und jonglirte den Stuhl auf den stnieen, während der Soldat, scheinbar hung: rig« zu essen begann. Ein anderer Trick des Athleten bestand darin, zwei sckwere Rand entugeln, die er durch ictirende Be egungen ani Ende von Stätten im Gleichgewicht erhielt, aus Stirn und Kinn zu jon tiren. Es war ein ausregender « erventitzeL wenn Conchas, die beiden schweren Eisentugeln über seinem Haupte, sich dem Publikum uwandte. Eine salsche Bewegung, ein Ugenblick der Unacht samteit, und die Kugeln hätten ihm beim Heruntersallen den Kops zer schmettert. Auch der Rasse Johannes Treu, »die lebende Deichsel,« erregte durch die Krast seiner hals- und Kinn dackenmusteln lange Zeit das Stau nen der Berliner· Mit seinen Zähnen faßte er die Sielen eines Pserdes, legte sich dann in einen Wagen, den noch drei andere Personen bestiegen hatten, und ließ sich und den Wagen von dein Psetde weiterziekem erade so, als wenn eine ewiihn iche eith set vorhanden gewe en wäre. ohann Gelin, ein Luxemburger« war icherlich dein vorgenannten Marschall von Sachsen ebenbürtig. Grün zerbrach nicht nur huseisen zwischen seinen Hi ern, sondern zeigte noch folgen es rasttunststiiet: Erst-b eine Platt sorin, aus der zwölf ersonen laß. genommen hatten, als dem hat e in ie höhe. Gewichte von 600 Pfund brachte er mit Leichtigkeit vom Boden in Schulterhöhr. Cästaunlich ist die Mannigsaltigleit der eins der modernen Athletein in Citaue d’hiver in aris trus er Athlet Dumont aus einer Bin und den Knieen ein Podiiini, woran eine ·i;n Dame Klavier spielte und vier u tek sie leiteten. Dies E peri nient war an eroedentlich gesä rkich, weil nothwendiger Weise von den Per sonen Bewegungen gemacht werden mußten. die den ganzen Ausbau leicht and dem Gewicht bringen konnten. So geschah ei auch eines Abends. Das Podium stürzte zusammen und Du inont erlitt einen sen-brach Glück licher war ein anderer Arttst, der wäh rend mehrerer Monate allabendltch e Veeak niitssahrnit en und dem Kreisel-er ans seinen ulteen terra. Weinens aber hat der endenie Um Hfang von Getvichtgstiickem mit denen Athleten arbeiten, größeren Eindruck auf das Publikum gemacht, als bei den Tricks Ninos. Jn zwei roßen, hohlen Halbkugeln un Gewi t von 180 Pfund die durch eine Stahl ange verbunden waren, nahmen sechs än ner Platz Das Gesammigewicht der beiden befe ten Halbknceln betrug etwa 1000 fund die der Artist bis etwa Brusthöhe emporhob Das lvar der Anfang der Vorsührnngen Ninos, die in wohlberecheter Steigerung der. Leistungen bis zu folgenden Produk tion führten: Jn der Manege wurde eine Luftschaukel mit sechs Gondeln aufgestellt, in die echs Männer ein stiegen. Um die paanung des Pu blitums zu erbösem schwieg in die ern Augenblick das rchester, Nino schob sich unter das Schaulel estell nnd stützte fich, das Gesicht auswärtk aus Arme und Beine. Der Artist bildete also eine Art lebende Brücke. Die Un terlage der Schautel wurde dann plötz lich entfernt, und während die Gan deln zu kreisen begannen, ruhte das ganze Gewicht der SchauleL etwa 1600 Pfund, auf der Brust Ninos. Bon Zeit zu Zeit führte der Artist noch eine roduttron aus die wohl weni er Anforderungen an die Jonglip einer eradezu enormen usteltrast vorausse te: Der Artist hob mit sei nem Rii en eine Kanone von mehr als 2200 Pfund Gewicht. Als ein Spezialist fiir Handtraft erwies sich der englische Athlet Van satt. Aus fseinen erstaunlichen Leist ungen sei olgendes hervorgeboben: Zwischen Daumen und Zeigesinger hebt er zehn Billardqueuee an den dünnen Enden in die höhe; ebenso ein Gewicht von 120 Pfund, das er ganz nahe an der Kante faßt. Vansart zerreißt einen Tennisball ein Packet von 156 Spieltarten, zerbricht Huf eisen und verbiegt eine dicke, etwa 25 Zentimeter lange Eisenftanar. Man hat berechnet, daß die straftentwich lung bei dieser letzten Uebung einem Gewichtsausdruck von 1800 Pfund gleichkommt. J Auch das «schtvächere Geschlecht« ist auf dem Gebiet der Athletit mit den Männern ersolcreich in Konkurrenz getreten. So stellte sich zu Beginn der diesjährigen Wintersaison in einein Berliner Zirtus eine Dame unter dem Künstlernamen ,,Miß Athleta« vor, deren Produktionen denen der stärksten Männer kaum nachstehen. Die Artistin jonglirt mit 40 Psund-Gewichtcn wie andere Menschen mit Walniissen, trägt aus Brust und Knieen ein be ladenes Eisengestell im Gesammtm .tricht von 1600 Pfund und marschirt u.it einer schweren Eisenstange und4 Männern auf Rücken und Armen aus der Manege Mist Athleta ist aus Bayern ge iirtia und die Tochter eines Artisten. Beim Auftreten wird sie von ihren drei Töchtern bealeitet, de ren Muslelsystem gleichfalls in be mertenswerther Weise ausgebildet ist. Eine andere berühmte Athletin, »Miß Vulkana«, mit ihrem bürgerlichen Namen Kate Roberts, ist die Tochter eines irischen Pastors. Schon in ihrer Jugend besaß sie außergewähnliche rast. Jm Mädchenpensionat. wo sie unterrichtet wurde, trug sie einmal ganz allein ein schweres harmoniurn ron einer Stube in die andere. Einige Jahre später wars sie sich in Bristol einein durchgehenden Pferde entgegen und risr es am Zaume zu Boden. Ein andermal siihrte sie einen Taschendieb. der ihr die Taschen leeren wallte, eigenhändig zur Polizei. An die inhstische Kraft des Haar nuchses Simfanö erinnert der Tritt der Athletin Sthets, die, mit den Beinen am Trapez hängend, an ihren langen, schänen Haaren einen Rad fahrer vom Boden erhebt schwebend in der Luft hält. Trotz der besonderen Vorbedingun und frei gen, welche die Natur dem Athleten auf den Weg gegeben hat, und der fortgesetzten Weiteriibung und dem Trauring erhält diese Kategorie der Artisten eigentlich nicht die exorbi rante Bezahlung wie man es gemein hin annimmt. Die meisten müssen sich n.it einein hanorar von 50 Mart pro Abend »begniigen«. Allerdings stei crt fis diese Bezahlung gemasz dem sutere e der »Numiner und erreicht dann zuweilen auch eine hähe von 200 Mart. Die Athletinnen werden bes ser onorirt. So erhält Misz Athlet-r gew«hnlich 200 Mart pro Abend, ebenso Miß Buttana unst stellte, aber das Bozhandensein Wenn man den Werdcaaiig der be; s ruft-mäßigen Athleteii verfolgt, so er-; gibt fich, daß die meiften schon früh- z zeitig, ehe sie noch dem Athletiginugf huldigten, bedeutende Körperkräfte be- i saßen. Für Sonder, der zuerst alsl Dotter in 4samt-ricm arbeitete, war das Weiterschaf en der schweren Waaren ballen, mit denen sich feine Kameraden s unter großer Anstrengung bemühten, schon damals ein Rin erfpiel. Grün war Gehilfe in einer aineritanischeii Brauerei und liandhabte dort die Fäs fer wie leichte Spielbällr. i i Aber es existiren auch Gegentheile. So war Vansart in seinem 21. Le bensjahre in hohem Grade blutarm. Bei geringer Anstrengung wurde er ohnmächtig Jn wohlberechneter Folge unternahm er dann ein Training, das ihm nach Verlauf dreier Jahre ermög lichte, ein Zweizentnergewicht zu heben. Alle Athleten mügen sich einer streng geregelten und ygieniichen Le bensweise unterwerfen, wenn sie ihre Kräfte erhalten wollen. Jeder Exeeß muß dermieden werden. Altoholische Getränke «ui·id Tabatrauchen sind ver pdnt.·- Einige Athleten sind Begna rier,» die meisten aber, und nicht die schwachsten, bekennen sich zur sie-H toft. Gegen das vierzigste oder f n - . unddier i ste Lebensjahr ziehen sich die Athketgen gewöhnlich von dersiibne zurück. Die Hohenrain-. Jn seinem eben erschienenen sieben ten Bande der Napoleonischen Serik erzählt der bekannte Napoiennforscher Frederic Masson von den Beschwer den, die dem immer mit Geldsorgen belasteten Kaiser durch den Luxus und Lieebermuth seiner Sippe bereitet wur n. Pauline Bonaparte, die Prinzessur von Guastalla, gab außer ihrenHaus haltungslosten monatlich noch 130, 000 Fres. aus. Als sie einmal in den Tuilerien in einem Ballett mitwirtte, bewunderte Jedermann ihre Schön heit, aber das Ballettkosiiim, das sie nur ein paar Minuten trug, und dann nie wieder anziehen sollte, hatte nicht weniger als 16,(,i()0 Fr. gekostet. Jerome. der König von Westfaien, be klagte sich fortwährend iiber die hoben finanziellen Ansprüche des Kaisers. der ihn wiederholt energisch ausset derte, seine Armee in einem besseren Zustande zu erhalten: derselbe Jerome fand aber leicht Geld, wenn es sich um seine Verguiigungen und Zer streuungen handelte. An einem einzi gen Tage vertheilte er Geschenle im Werthe von 1,100,000 Fr. Als er mit Napoleon gegen Russland in’ö Feld zog, nahm er eine ganz unwahrschetns liche Garderobe mit, u. A· 206 Paar Hosen und 60 Paar Stiefel. Auch der zum König erhobene Mitrat glich trotz seiner legendiiren Soldatentugenden nur wenig dem Kaiser. Der ,,unver gleichliche Soldat«. vor dem Europa zitterte, ließ seh nach Polen einen ganzen Wagen mit Parfumes. Riech fliischchen, Riechlissen und Salben nachschicken Es gab aber noch schlimmere Dinge im Hause Napoleon Ju ihrerHerrsch und Jntriauensucht Vergaßen die Na poleoniden nicht selten die Staatsin teressen, die sie wahrnehmen sollten. In Westsalen lag Jerome mit Da vout, dessen militärische Tüchtigkeit die des Königs bei Weitem übertraf, fortwährend im Kampr in Spanien wollte Joseph den Marschällen, die weit erfahrener waren als er, seinen Willen auszwingen. Während des Feldzuges in tiiuszland tritisirte der Kaiser einmal die von Jerome dem Fürsten Poniatowsti gegebenen Be fehle. Jerome erwiderte beleidigt,das; er unter solchen Umständen lieber nach Hause zurücktehre. Sprache- und that, wie er gesprochen: mit seinem ganzen Stabe machte er Kehrt und begann in seinen Staaten wieder die Feste zu feiern, wie sie fielen. Murat hat schon friiher gegen Frankreich in triguirt. Napoteon erfährt es durch seine geheimen Agenten und tanzeli denschtoager tiichtig ab; Murat sucht sich herauszuredem und es tommt eine Versöhnung zu Stande. Aus dem un glücklichen Rückzuge von Moskau aber beginnt sich der König von Neapel von Neuem zu fühlen and fordert von seinem taisertichen Schwager immer neue Gunstbeweise; e: erhält auch wirklich ein Fiirstenthum fiir seinen Sohn, wendet sich aber, als er damit das kaiserliche Wohlwollen erschöpft sieht, sofort gegen den Kaiser. Vo: den Kommandanten seiner Armee er tliirt er in Gumbinnen, daß ;,es un möglich ist« noch länger einem Unsin nigen zu dienen«. p——---.—-—.--— Ein schlosseeeisee Schauspieteen Jm Petersburger Apollotheater gab es vor Kurzem eine ergötzliche Szene. Ein Herr aus dem Parterre hielt es, wie die Petergburger Zeitung erzählt, siir witzig, die Artisten durch Zwi schenrufe in ihren Vorträgen zu stö ren, bis er schließlich im Coupleiisten Woizechowsti seinen Meister fand. Bei dessen Auftreten rief der Susten sried: »Nun aber mal was Neues,« woraus der Künstler zwei sehr hüb sche parodistische Couplets zum Be sten gab. Als herr Woizechowsti. durch starken Apolaue zu einem drit ten Vortrag veranlaßt, wieder aus der Bühne erschien. erschallte aus dem Parterre der Rus: »Im aber geist reicher!'« Wotzechowsti verbeugt sich und annonzirtt »Der Esel und Kniit tel«. Antwort des Störensrieds: »Nun ja, in diesem Genre.«« Während nun das ganze Publitum den Stö rensried mustert, um sich von derWir lung des nun folgenden Vortrages zu überzeugen, detlamirt Herr Wohe choivsli eine Fabel, welche besagt,dasz sich einmal ein Esel in menschliche Ge sellschaft begebsn und dabei durch sein unpassendes Benehmen Anstoß erregt hatte. Auch im Theater benahm sich der Esel recht unpassend: wenn das Publikum applaudirte. ries er »Ge nug!«. und wenn dein Publilum et was gefiel, so machte er darüber ein fältige Bemerkungen, bis dem Pu blikum die Geduld riß und man den Rücken des Esels mit einem Kniittel bearbeitete. Wenn der Esel, so schließt die Fabel, auch einen sehr harten Schädel hat, und wenn das Thier auch dumm ist« den Kniittel aber fühlt er dacht Bei diesem Vortrage malte sich aus dem Gesicht des Stö rensrieds anfangs Erstaunen, das bald einem verlegenen Lächeln Plas machte. Die Wirkung dieser vom Pu blilum sehr beisiilltg ausgeme Leltion hielt bis zum Schluß der Vorstellung an.