Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 06, 1906, Sweiter Theil., Image 10

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    senta wars-purng
Roman von Elsbetb Borchert. ;
17. Fortseyung.)
Seine be zu Senta war in dieser
In Präsnngszeit eher noch ge
en, nnd ej war ihm unendlich
Einer-sieh daß er nicht einmal wußte,
wo seine Gedanken sie suchen sollten.
Der Onkel hatte ihm den Ort, wo sie
in Pension war, nicht genannt, und
eine dahingehende gelegentliche An
stage war unbeantwortet geblieben, sei
es nun aus Absicht oder Veraessenheit.
Dethfwechsel war überhaupt kein
er. ganz Joachim wunderte sich,
Itgß der ntel in der ganzen Zeit nicht
einmal auf seinem Majoratssitz gewe
Ben war und daß er noch immer keine
iene zur Heimtehr machte. Das Ende
der Frist rückte immer näher, aber
Seins Joachims Hoffnung, Gras
olfsburg würde zu dieser Zeit mie
der uhause sein, erwies sich als trü
gerisch Seine Anfrage bei de- Ad
ministrator des Gutes wurde dahin
beantwortet daß weder die Absicht des
Grafen heimzukehren noch ein bestimm
ter Termin asür bekannt wäre.
So entschloß sich Hans Joachim
chweren Herzens-, seine Werbung
ehri tlich zu wiederholen; ietzt konnte
r iel keinen Grund mehr haben,
ihm den Besitz Sentas zu verweigern.
Aber sei es nun, daß die Prieste
ellung durch einen Ortswechlel des
rasen verzögert wurde oder daß der
Brief gar nicht in seine Hände ge
langt war, iurzum, Hans Joachim
wartete bis jetzt vergeblich auf eine
Antwort. Das rieb natürlich seine
Nerven auf. und darum beschloß er,
kurzerhand nach der Woifsburg zu
ge . Dort würde man Sentas Aus
en halt wissen und ihn ihm mitthei
len.
Die Zeit, in wel er sein gegebenes
Ehrenwort ihm ver ot, sie aufzusa
chen, war vorbei, und er ertrug es
Itztt länger in dieser Ungewißheit
nahm Urlaub und reiste zunächst
u einem Regimentstameraden« der
ihn schon wiederholt eingeladen hatte,
nach Berlin, uni dort einige Tage zu
nbringen Er hoffte noch immer, daß
n dort des Onkel-s Nachricht errei
chen und daß er sich somit einen un
nöthigen Weg nach der fernen Wolfg
bnrg ersparen werde.
Nun war er aber einen Tag früher
gekommen. als er dein Freunde ange
·gt hatte. Er traf ihn nicht zu
use und nahm ich deshalb vor, den
Abend auf irgen eine Weise allein
todtzus lagen. Dke Reichshauptstadt
bot ja o viel der Zerstreuung. Er
unterna m uniichst einen tleinen
Bumniel dur die Friedrichftraße und
Unter den Linden, machte vor einer
Litsaßsiiule halt und studirte die
T eaierankeigein Da stieg ihm das
B ut pliiß ich siedendheiß zum Herzen.
Auf dem Ankündigungszettel des
Opernhauses stand als Darstellerin
der Elsa in .Lohengrin« der Name
Senta Wolssburg
Er meinte zuerst, seinen Augen nicht
trauen zu dürfen; er las wieder und
wieder. Sein Blut wallte heiß und
ungestüm. Der Name, der tausend
relige Empfindungen in ihm weate,
te zur Trägerin doch vielleicht eine
andere; wie hatte der strenge, adels
lze Onkel auch je seine Erlaubniß
a u egeben! Jedenfalls mußte er
siehz ii erzeugen.
Schon lange, ehe die Frage geöffnet
war, stand er vor dem pernhaus
nnd wartete, bis er endlich ein Billett
IIsen konnte. Draußen saß er voll
fieberhaster Spannung in seiner Lage.
Die Ueberraschung, der Jubel, seine
ßgeliebte Senta endlich wieder u
e n, til-ermannte ihn in den er ten
ugenhlicken fast, dann aber drängte
sich heunruhigende Fragen, Zweifel
sind Angst in seine Seele: Wie tam sie
nur hierher? Er hätte auf der Stelle
In ihr eilen. sie nach allem fra en
mögen. und es war hart für ihn, ie
ganze Dauer der Vorstellung darauf
warten u müssen. Aber der Abend
ite n andere Qualen für ihn in
eitschaft: die der heiße ten Eifer
urht. Sie erreichten ihren Höhepunkt
i der Szene zwischen Eifa und
Lohengrin im Brautgemach Wie
konnte Senta, feine Senio, an der
Brust eines anderen Mannes liegen,
wie kannte sie ihn mit Blicken ansehen,
von denen ein einziger ihn schon uni
feinen Verstand gebracht hättet —Es
i n wie ein Wahnsinn. Nicht
viel hät e efehln und er wäre auf die
Zähne iir und hätte sie aus den
seinen ei ehönen, stattlichen Man
nes Hen, der Jie so dreist, als
starrte ei selbstverstandlich, umfangen
O o
Hans Joachim war wie toll; er nahm
das Spiel für Wirklichkeit Er beach
tete den frenetifchen Beifall, den jede
Leistun Elsas lehnte, nicht, er hörte
sub so überhaupt nichts mehr, fon
smt sehnte nur das Ende herbei.
Kaum war der letzte Ton verhallt
—der Vorhang« atte si noch nicht
Ober dem letzten tt ge chlossen —,
ang er auf und eilte hinaus. Mit
I gelang es ihm, den We? hinter
die ulissen zu finden, nnd a s er sich
endlich bis zu Sentas Garderobe
LUYfragt hatte, stand vor der Thür
el mit flammender-i Schwert
alt einer niedlichen Zofe und
wettet hin den Eintritt in das
stehen-tm die schwatzen
Yange teine herrenvesuche in ihrer
heatergarderobe, wurde ihm gesagt.
So wollte er die Wohnung wissen,
damit er sie heute noch sprechen
konne.
Fräulein Wolfsburg empfange
auch irn hause sowie überhaupt nie
mals herrenbefuche, arn wenigsten in
so später Adendstunde, war die erneute
Antwort.
Hans Joachim war nicht in der Ver
fassung, dein niedlichen Mädchen ir
gend ein freundliches Wort zu sagen.
Die Abweisung hatte ihn über alle
Maßen erregt. Vielleicht würde Senta
eine Ausnahme gemacht haben, wenn
sie erfahren hätte. wer sie zu sprechen
wünsche, vielleicht hätte auch ein an
schnliches Trinkgeld die kleine Person,
die so energisch den Zugan zu i rer
Herrin vertheidigte, wiufääriger ge
macht. Doch war er schon so weit
zur Besinnung gekommen, daß er mit
einem Durchfetzen feines Willens Sen
tas Ruf gefährdet sah, und «eder eh
renhafte Mann, der ein ädcten
fgvagtrhaft liebt, ist fiir ihren Ruf be
i a . .
So entschloß er sich denn schweren
Jgerzens bis morgen zu warten.
ann aber würde er sich unter keinen »
. Umständen abweifen lassen. i
»So werde ich morgen Vormittag i
vorsprechen,« erwiderte er energisch(
»Metden Sie Jhrer Herrin, daß Gras s
Wolfsburg sie in einer dringenden!
Anselegenheit zu sprechen wünschte.'·
un griff er doch in seineTasche, .
aber das Trinkgeld wurde abgelehnt-«
Es sei ihr don ihrer Herrin streng
verboten worden« ein solches anzuneh- s
men, agte die Zofe, nannte ihm aberj
doch » trafze und Hausnummer. Der;
Name Wolfsburg hatte sie stuyig ge
macht; es mochte ein Verwandter ihres »
Fräuleins sein. i
Als der fremde Herr sich entfernt!
hatte, brachte die Zofe Senta die
Meldung, daß ein Herr sie habe spre
chen wollen. ;
»Du haft ihn doch abgewiesen, He- i
lene?« fragte Senta, die schon imt
.Mantel zur Nachhausefahrt bereit;
stand.
»Ja, gewiß, wie gnädiges Fräulein
es mir ein fiir allemal befah;en. Aber
diesmal war es schwierigen der fremde
Herr wollte a solut nicht gehen, er
sagte, er täme in einer wichtigen An
xntzeif —- s
» o· Hat er Dir seine Karte gege- »
ben?« »
»Nein, aber er nannte seinen Na-»
ncen—gnädiges Fräulein tragen ihn»
auchähGLraf Wolfsburg.« .
Senta wurde bleich, und ein hefti
ges Zittern befiel sie; doch beherrschte
sie sich vok dem Mädchen das sie mit
unverhohlener Neugier betrachtete, und
fragte ruhig, ob der Herr sie morgen
in ihrer Wohnung au suchen wolle.
Helene bejahte.
»So weise ihn nicht ab, ich — werde
ihn empfangen.«
Senta verbrachte eine fchlaslose
Nacht. Unruhig wälzte sie sich in ihren
Kissen, und allerhand mögliche und
unmögliche Bilder und Vermuthungen
stan in ihr auf.
arum kam er? Was wollte er von
ihr?
hr Herz tlop te in siiirmischen
lägen, und opf und Augen
brannten.
Als Bri itte ihr am nächsten Mor
n den affee brachte, ersrchat sie
uber ihres Lieblings blasses, über
nächti es Aussehen und fragte besorgt,
tras i r fehle.
»Ich hatte eine schlaflofe Nacht,
Bri itte.«
« o bleib heute Vormittag im Bett
und ru Dich von dem gesteigert an
strengen en Abend aus.«
»Nein, nein, im Gegentheil. ich
Fuss schnell auf, ich —erwarte Be
u .«
»Besuch? Ei, von wene benut«
»Von« —- Senta zögerte, als wolle
der Name nicht über ihre Lippen —
.von —es ist Graf Wolssburg.«
,,Kind!« rief die Alte überrascht
«Jch war ebenso überrascht wie Du
je t, Brigitte, als Helene mir gestern
A end sagte, er habe mich in meiner
Theatergarderobe sprechen wollen. J
weiß nicht. was er will, er hat sich do
von mir losgesagt, er hat —Bri itte,
Brigitte« —- unterbrach sie si jäh
und faßte nach der treuen Wärterin
Arm —- «wenn er mit oersöhnlichem
Herzen täme?«
!
Wie Schluchzen llang es durch ihre
Stimme.
Brigitte streichelte liebkosend ihre
eiskalten händr.
»Gewiß. Liebling, was sollte er
sonst bei Dir wollen?«
Graf Wolfsburg hatte die Stunde
seines Besuchs nicht angegeben. Da
rum saß Sento schon cis-: Stunde
vorher in ihrem « immer bereit, ihn zu
empfangen. Sie atte ein enganschlie
ßrndes, dunkelblaues Tuchlleid arme
zogem das durch feine gediegene Ein
fachheit sehr vornehm wirkte und ihr
zudem vorzüglich stand·
Endlich ertönte die Mir-get Mit
Mühe zwang sie sich, siken zu bleiben
und ruhig die Meldung helenes abzu
Wrtem
helene brachte i eine Karte.
Senta te sie ochtlo , o ne zu lesen.
cui den MI. Es schwirrtexthe vor
s .
den Augen, und sie erhob steh lang
sam, um i m enig enzngeherh
Da wur die iir gedffnei« und
er trat ein.
.Senta!«
»san« — ans Joachim.«
Sie mach e unwillkürlich einen
Schritt zurück, und Enttiiusehun
klang durch ihre Stimme. lag au
ihren Zii en.
» bang Zoachim merkte nichts davon.
,Seine Stimme und Gedanken waren
von ihrer Gegenwat fo gefanan ge
nommen, er war so überrascht von
ihrer in den zwei Jahren voll ent
wickelten Schönheit, dass er selbst feine
Eifersucht darüber vergaß.
»Senta, endlich sehe ich Dich wie
dert« rief er, ergriff ihre band und
vreßte sie leidenschaftlich an feine
Lippen.
Senta hatte sich bereits gefaßt. Sie
bot ihm einen Stuhl an und fragte.
,tr-iihrend Röttse und Bliisse auf ihrem
sAntlitz weckfeltem
) »Ganz Joaskim iras führt Dick
HhierherZ Ich glaubte, Du hättest mich
;—- Du hättest iibetauvt nichts mehr
ron mir« —
- ,,Wissen wollen« Senio? Hast Du
das wirklich gedacktik »O Gott, daß ick
Dich in dem Glauben lassen mußte!
Doch heute bin ich gekommen, Dir
alles zu erklären. Nur etwas beant
worte Du mir vorher: Wie kommst Du
an die Oper? ——— Gab —- Onlel Ma
ximilian seine Zustimmung dazu?«.
Es fiel ihnen beiden in ihrer er
tliirlicben Erregung nicht auf, daß sie
sich »Du« nannten. es war ihnen wie
selbstverständlich. Senta gerieth aber
durch Hans Joa-:kims F:agen wieder
etwas außer Fassung. »
»Deine Fragen uverraichen mich
Stehst Du denn in teinem Verkehr mit
—der Walssburgcck Weißt Du nicht«
was geschehen ist und daß ich seit zwei «
Jahren fort bin?« i
»Ich weiß nur das letzte. Onkeli
Maximilian schrieb mir, daß Du ins
einer Pension wärest, weil er aufRei ;
sen gehen wollte, aker er nannte mirl
weder Ort noch Deine P'·ine. Micks
aber —bannte ein Ehrenwort, nichtl
nach Dir zu forschen·«
,Wie das, ans Joachim?" fragte
sie erstaunt un verftändnileoä. »Du
gingst damals von der Wolssburg fort
ohne Abschied, Du ließest bis heute
nichts von Dir hören-was hat es
für eine Bewandtnis-, damit?«
»Ich werde es Dir erklären: Jch
gab mein Ehrenwort« ohne Abschied
vonDir zu gehen, Dich während zweier
Jahre nicht zu sehen, geschweige Dir
zu schreiben« —
»Wer —- wer tonnte Dir solches
Ehrenwort abverlangen?« unterbrach
sie ihn zitternd.
«Ontel Maximilian.«
.Ah!«
Sie trampfte die Hände in ihrem
Schocß zusammen. »Warum, Hans
Joachim?«
»Weil — ich bei ihm um Deine
Hand geworben hatte.«
Es wurde plbtzlich todtenstill in:
Zimmer zwischen den beiden. ffans
oachim wartete, welche Wirkung eine
Horte auf Senta haben würden, er
wartete aus ihre Erwiderung, wie aus
einen Richterspruch. Jn Sentas Seele
aber stieg der vorletzte Tag aus der
Wolfsburg mit der Schmähuna Tante
Karlas auf. Hans Joachim hatte ihr
Genu thuung gegeben, er hazte sich
nicht feige zurückziehen wollen, wie sie
bis heute geglaubt hatte. Jetzt ver
tand «ie ihn.
Hoch — danke Dir, Hans Joachim.«
» ofiir, Senta? Jch weiß nicht«
ich verstehe nicht," sagte er, überrascht
durch diese ganz unvermuthete Ant
wori
«Hans Joachim —- Du —- hast mir
damals Genugthuung geben wollen —
— Du hattest erfahren, was Tante
Maria« —
«Urn Gott« Senta, wag dentstDuI
»Nein, ich habe es nicht erfahren, aber
ich habe es mir gedacht, was es sein
iiinnte. weil ich Dich an jenem Tage
anszeichnete vor allen anderen; denn.
Senta, ich liebte Dich —liebte Dich,
wie ich Dich noch heute liebe. Die Frist
ist um« ich wiederhole meine Wert-aus«
die vor zwei Jahren abgewiesen wurde,
Knie vor Dir: Senio, werde mein
« ißaeliebtes Weibs«
« Wie erstarrt saß Senta, in ihren
IStuhl zurückgelehnt, mit geschlossenen
Augen
I «Warum —- warum —- wies der
tout-i Dich damals are-« beachte sie
i mühsam hervor, ohne seine Werbuirg
;zu beachten
z »Weil er Dich zu jung zu einer Ent
s scheidung fiir das Leben hielt und weil
,er meine Liebe erst priisen wollte. Jch
ihabe die eiifung überstanden;
»liebe Dich eute noch heißer als da
smolb Wie steht es nun mit Dit.
jSentai Kann ig hoffen, dasz auch
;Btåfwir Deine uneigkung bewahrt
Senta rang erst einige Male nach
Atherm ehe sie zu antworten vermochte.
H,,Aus Deiner Werbung ecsehe ich« daß
»Du nicht weißt, wag inzwischen ge
Jschehen ist. Jch sage Dir — je twiirve
»der —-——-—— Onkel Deine erbung
ferst recht abweijenf
! »Wie kommis Du zu dieser An
nahme? Wie all ich das verstehen?«
»Ontel Maximilian —- hat sich —
van mir losgesagt —- —-— hat mich
verstoßen.«
»Senta!« schrie er aus« »Was sagst
Du daf«
»Es ist so —- -— er hat rni ver
stoßen, wie er meinen Vater ein ver
stiek —- mn der Kungt willen-«
ies erschroden sa er ste an.
»Es-v gingst Du ohne seinen Willen
Rein, n t das, aber ich giu ne
Mc ohneschseinen Willen. tdiem
existire i sttr ihn ntcht mehr. Er
M mir a beim Abs ied selbst bie
l ge llt: die Kun oder die Hei
mag . Ich -—-——- habe teine heimath
m r.«
«S:nta!« ries er, er chtittert von
dem thränenerstictten lan ihrer
Stimme. »seiner Deimat me r. sagst
Das Komm an mein e , ich ebe
Dir die Feirnath wieder. Jd biete ir
meinen amen, meine hand und da
mit die imath. Jch fsrage ni is da
nach, ob u vorher an der Bii ne ge
sungen hast; wenn Du der Kunst nur
um meinetwillen entsagen kannst, und
wenn Du mir als mein aeliebtes Weib
folgen willst, so führe ich Dich nach
der Wolssburg zurück.«
»Auch der Wolssbnrg zurück!«
Senta hörte aus allen seinen Worten
nur dies eine, und das Herz schlug ihr
lant vor jubelnder Seligkeit.
,,Nach der Wolssbnrg, hanc Joa
tsim?« fragte sie mit leuchtenden
Augen.
»Ja, wenn ich —- Majoratsherr
dort werde."
Wie EiseZhauch ging es plötzlich
iilser ihr noch eben so heiß schlagendeg
Setz und machte das Blut darin er
s starren. «
; Also erst nach Onkel Maximilians
T Tode! Sein Tod gab ihr die Heimath
l wieder. Der Preis war zu hoch.
; Wie oersteinert, mit aschsahlern Ge
Jsicht saß sie ihm gegenüber. Hans Joa
iyim konnte sich den Plötzlichen Um
fchlag nicht erlliicen.
»Senta, warum sitzest Du so betäubt (
da? Hat Dich meine Werbung er- (
schreckt? Liebst Du mich nichts —So
sprich doch nur ein einziges Wort.«
Sie raffte sich gewaltsam auf.
»Verzeih — es lani mir so uner
-vartet, ich tann Dir heute noch keine
Antwort geben —- —— laß mir Zeit,
mich zu priisen.«
»So haft Du mich nicht lieb," sagte
er schmerzlich enttäufcht.
»Du weißt, daß ich Dich ftets gern
gehabt habe« Hans Joachim, aber da
mals war ich ein halbes Kind. Zwei
Jahre liegen dazwischen, wir-— haben
in diefer Zeit beide Erfahrunen ge
sammelt, unfer Charakter hat ich ge
misserinaßen erft «esetzt. ——Du wun
derft Dich, daß i , die Du mich als
Heidenxchaftlich und impulsiv kennst,
«"- ru ig darüber sprechen kann. Jst
-reine, Du müßteft selbst einsehen, daß
ein so wichti er Entschluß der Ueber
legung bedarf, Du haft mich ja über
iumpelt, wie tannft Du heute fchon
eine Entscheidung verlangen!«
»So bitte ich Dich: laß mich nicht
iu lange warten, Senta, ich dulde
Zolterqiialen·«
»Drei Tage aieb mir Bedenkzeit
und —- fucke mich in der Zeit nicht
auf. Jch werde Dich benachrichtigen,
wenn es so neit ist.« ,
»Wie Du willst — ich muß mich
fiigen.«
»Und noch eins, Hans Joachim.«
»Was? Bitte.«
«Glaubft Du, daß —- daß Onkel
Ma iniilian feine Zustimmung geben
iriir e, nun, nachdem er sich von mir
los-gesagt hat? Würde er mich je wie
derzu feiner Familie rechnen?«
» -r wäre grausam und ungerecht,
wenn er es nicht thiite, denn Du bist
ais meine Frau teine Sängerin mehr,
sondern eine Gröfin Wolfgburg
Aber wie er sich auch dabei verhalten
möge, ich bin der letzte Wolfsburg und
Majoratserbe und außerdem inajo
renn. Jch wähle ein ebenbürtiges
Weib, wenn das auch in den Familien
gifeßen nicht als Bedingung fiir das
Maiorat geftellt wird. Seine Ein
willigung konnte er also nur in dem
Sinne als Dein Vormund versagen.
Doch Du bist ·eßt 19 Jahre alt — fo
warten wir, is Du ebenfalls majo
renn bist.«
»Du wärst alfo entfchlossen, auch
ohne seinen Willen« . ..
»Ja, und tausendmal ja, das soll
das kleinste Hinderniß fein, wenn Du
mir nur Deine Liebe fchentft.«
Ein leifes, aber tchmerzliches
Stöhnen kam aus ihrer Brust, doch sie
iiterließ ihm willig, faft unbewußt
ihre hand, die er wieder und wieder
tußte.
lii lich durchfuhr es sie mit «iihem
S rseez sie entzog ihm haftg die
Han .
»Geh jetzt, Hans Joachim. ich bitte
Dich —- nein hier« bitte, durch diefe
Thür.«
Ehe sich hans Joachim noch ihre
ploßlich befremdende Aufregung und
Angst erklären konnte, wurde die Thür
ungeftiim geöffnet, und herein trat
oder vielmehr ftiirmte ein junger
Mann, dessen Stimme draußen Senta
vorhin fo erschreckt hatte
Es tvar Robert Menzingen
Einen Augenblick maßen sich die
beiden Männer stumm. aber wie zwei
baßerfiillte Gegner.
Senta hatte ihren Schreck überwun
den. Sie bot Robert freundlich die
Hand, obgleichiie ihm Zürnte, daß er
so wild und unangeinel et bei ihr ein
gedrungen war. Was sollte Hans
oachitn davon denten? Doch ein Jn
fiintt rieth ihr, den Löwen nicht zu
reizen.
«hans Joachim, gestatte, daß ich
Dir meinen Vetter Robert Kenzingey
KöniRichen Opernsänger, vorstelle —
hiee obert. ist Graf Hans Joachim
ibon Wolfsbur9—— ebenfalls mein
;Vetter.«
s Die beiden Männer oerneigten sich
’steif; man ab es ihnen an, da re
teit Genüge leisten woll en
s (
nur der a eenotbioendi sten Hö lich- »
i
Senta hatte geglaubt, die Situa- H
tion zu retten, aber sie batte dabei
nchi mit Robeetz wild-leidenschaftli-;
chem Temperament gerechnet. Robert
argwb ute in dem Fremder-, denSenla
ihm a Vetter hergestellt hatte, sofort
i
feinen Rivalen, um dessen willen sie
ils-m einen Korb gegeben hatte, und die
Möglichkeit, daß er soeben ein Ren
dezvouö estört haben könne, raubte
i vo ständig die Besinnung und
eberrlchung.
»Was hat dieser Herr bei Dir zu
suchen« Senkt-W Frag e et drohend.
«prert,« rie sie bei-weisend und
book-aufgerichtet in ihrer stolzenWürde,
»Du vergißt Dich.« , »
Ehe sie noch ein weiteres Wort in
zusiigen konnte, stand Oani Joazirn
pldßlich an ihrer Seite. Ei war lei
chenbla , er hatte den Lohenqrtn »den
Ostern tend, aus den er o eifersuch
ig gewesen war, erkannt, nnd die
Art, wie dieser Mann zu Senta zu
sprechen wagte, brachte auch ihn um
te a un .
»Hian Ferr, wer giebt Jhnen das
Rechtgxo zu meiner ousine Zu spre
chen? och ein Aehnliches nnd« —
«Halt, fang Joachim!«
; Senta tand plötzlich zwischen den
:Männern, die sich hedrohlich nahe ge
Jriictt waren, und streckte die Hände
aus. »Nein Wort weiter hier in mei
nem Zimmer!«
hans Joachim zuckte zusammen:
,,Pergieb mir, Senta, ich war unsin
nig.«
Sie stand noch immer stolz ausge
richtet und bebend oor Zorn da.
»Geh jetzt, Hans Joachim,« befahl
sie kurz.
»Ich thue, wie Du besiehlst,« ant
wortete er zertnirscht, »doch eineFrage
keantworte mir zuvor: Hat-hat die-«
ter Herr irgend welche —- Anrechte an
Dich?«
»Nein!«
Dieses »Nein« tlang hart und ah
trieisend; es tras sowohl Hans Joa
chim wie Robert, der mit zusammen
gebissenen Zähnen und vor Haß und
Eifersucht funlelnden Augen stumm
nnd trotzig aus seinem Platze ver
harrte.
»Und —- es bleibt —- bei unserer
Berabredtrng?« fragte Hans Joachim
noch einmal.
»Ja-«
,,Lel«ewohl, Scnta.«
»Lel«etvohl.«
Kaum war die Thiir hinter ibr zu
gefallen, da richtete sich Robert aus.
Zenta aber schritt, ohne ihn zu beach
ten, der entgegengesetzten Thitr zu.
,,Senta!« Er stürzte ihr nach. —
»Senta, Du zürnft mir.«
»Ja." Sie wandte sich langsam
tim. »Laß mich jetzt gehen.«
»Treil«-e mich nicht zurVerztveiflung,
Senio. höre mich an, ehe Du mich ver
urtheilst. Versetze Dich in meine Lage
— ich treffe jenen Vetter, den« —
»Du hattest lein Recht, unangemel
det bei mir einzudringen,« unterbrach
sie ihn kalt.
»Recht? Fragt die Liebe nach Recht?
Jch hörte draußen, ein Herr sei hei
Dir, ein Verwandter von der Wolfs
burzxz es trieb mich, ihn zu sehen
ich lopfte an die Thiir ·- ihr und« —
,,Und benahmst Dich wie ein Unsin
niger."
»That ich das-, so rechne es meiner
heißen Liebe zugutek
»Ob« Deiner thörichten Eifer
sucht.«
«Thöri t? So sage mir, daß ich
nichts zu iirchten habes«
»Du ha t nur Dich selbst tu fürchten,
Rot-ert. Glaubst Du, ich tounle einem
Manne meine Liebe neben, der mich
wie ein Liber mit iciner Eifersucht
verfolgt? Jch wiirde nur vor ihm —
zittern«
»Senta,« tiefer erschreckt und griff
nach ihrer Hand, »soli das beißen,
daß Du—dasz Du« -—er stockte, und
sein Gesicht war blaß wie der Tod.
Da lam ein heißes Mitleid über
Eentaz der Zorn war verslogen. Sie
reichte i rn die Hand. »Frage nicht
länger, obert, martere mich nicht.
Nach drei Tagen werde ich Dir ant
worien.«
»Was hast Du vor, Senta?«
»Eiwas — Bedeutsames — ich weiß
nicht was, ich bin noch nicht mit mir
im klaren, doch was es auch sei Du
sollst es zuerst erfahren. —- Robert
Liobert warum mußtest Du mir den
einden Freund und Bruder rauben! '
urch Robert-i Körper ginge-z wie
ein Ruck bei diesen letzten Worten, die
eine heiße Seeienquai verrietben. Er
sah wie es in ihrem Gesicht vor
Schmerz guckte. Was hatte frei Sah
das nach glückli er Liebe aus sprach
das dasiir, daß ie jenen anderen be
vorzugte7
Er beugte sich über ibre Hand und
iiiszte ste; dann sal) er ibr ins Auge
Zu seinem Blick war Eifersucht und
eidenschaft verschwunden
»Seuta, Du weißt, der-H ich Dich
lieb hatte als Du noch ein ind warst,
Tu weißt daß ich von Sebusi th ge
trieben, nach der Waise-barg te n, und
neiszt, daß ich gern alles geopfert hätte,
unt Dir kZier in Berlin die Wege zu
ebnen, ir als Schutz zur Seite zu
stehen. Jch wäre Dir so gern me r
geworden als Bruder und Freun
aber das beides bleibe ich Dir, was«
Du auch beschlossen haben magg«
«So habe ich mich ni tr ir ge
täuscht Robert, ich dane Dir« er
widerte Senta und umschloß seine
Band n einmal mit warmem
ruck. «Un nun-las mich alletnk
Robert oerbeugte si und verließ
stumm und ogne Gruß das Zimmer
AuSie sah i m mit schmerzlichem
kstiibnen irr-J ging daraus zur
hkr und vers loß ste.
1. S. K a p i t e l.
Mehrere Stunden war Senta in
ihrem Zimmer geblieben.u ohne jemand
REFUND berkatute einigeu Male an
einen cinias und lege
itsntnsoetber erhalten
Besorgt und unruhig ging sie im
Fause aus und ab, schlich sich von
«eit zu Zeit zu Sentasi Thür und
lauschte. Do drinnen war kein Laut
vernehmbar. ieser Zustand war um
so bedrückender, als fre fast ganz allein
tm ganse war-. Rodenbachs waren in
Xer pernptobe und konnten vor zwei
Uhr nicht zurück ein, die Zofe Sentas
aber hatte einen ustrag in der Stadt
auszuführen, und die Kdchin war in
der Küche mit Bereiten des Mahles
Psschcistigi. Den Dienstboten ge eno
uber hätte Bri·itte wohl kaum hre
Noth und Ang geäußert, aber Ro
benbachs Anwesenheit wäre ihr ein
Trost gewesen
- ---
Endlich —- es mochte schonij MI
dorbet sein —ertiinte die Klrn el aus
Sentag Zimmer. So schMfl O khkk
alten Beine tragen wollten, war Pri
gitte bei ir. Sie fand ihren Lieblrn
wohl blaß aussehend, aber ihre An
und Sorge schien nicht gerechtfertigt
zu sein. Ohne wie sonst u Eragenz
»Was hast Du, was sehlt rr that
Brigitte, was Senta von iste ver
langte; es waren einige Gar rohe
ar. elegenheiten.
Euch die Niedrigerstehenden haben
oft ein feines Zartgefii l, das stehins
dert, an Dingen zu rii ren, die der
Mensch allein mit sich durchtampsen
muß. Und da Senta einen sschweren
Kampf hinter ich hatte, che te wohl.
Sie hatte sich des Grafen such nach
ihrem Sinne gedeutet, und das ver
störte Aussehen Robert Kenzingers,
als er an ihr vorbei aus dem Hause
gestürmt war, gab ihr zu allerhand
Vermuthungen Anlaß. Aber sie
swieg. Jn dieser Sache war selbst die
vertraute Dienerin zu viel.
Dieses Tattgefijhl der Alten that
Senta unendlich wohl. Sie wäre ohne
hin nicht in der Verfassung gewesen,
irgend welche Fragen zu beantworten,
nrch geduldig anzuhören.
Zu Tisch kamen Rodenbachs na
Hause. Senta saß mit ihnen wie sont
tsrim gemeinschaftlichen Mahl un
zwang einige Bissen hinunter. Dann
erzähue sie ihnen, daß ihr Vetter
Hans Joachim von Wolsgburg bei ihr
gewesen sei. Frau Rodenbach, die das
Zerwiirsni zwischen Senta und igrer
Familie längst ahnte, war sehr ii er
rascht und hätte gern gewußt, in
trelctfer Angetetenheit er seine Cousine
ausgesucht hage. Da Senta aber
nichts Nähere-s berichtete, mußte sie
sich zufrieden geben, denn set-gen
mochte sie nicht Als ihr Schutzlmg
ihr aber noch die Mittheilung machte,
daß sie morgen mit dern ersten Zuge
für einige Tage verreisen wollte, da
trnnte sie sich doch nicht enthalten
ihre Verwunderung zu zeigen.
Entsetzung solgt.)
E Das Sehen in der- Ferne.
Es ist durch Erfahrung sestgestelli,
das-, Näharbeit, anhaltende-Z Lesen und
cchreilen, Nähen und Stiden die
Ausbildung der Kurzsichtiateit begün
Istigt Zum guten Jyeil tönnen diete
« schadlict en Einsiiisse ausaealichen wer
den, wenn man dem Auge reichlicher
tsrleaenheit bietet, in die Ferne zu
sehen und aus diese Weile lich zu stiir
»leii Unsere Ochuljuaend sollte darum
iscn entlich in den Stadien mehr zum
Sehen in die syerne angea alten wer
den. Am besten qescbicht S durch
!lledungen, gleichviel irelslcr Art, im
freien Gelände. Freilich dürfen ich
diese Uebungen nicht nur aus ·
schöne Jahreszeit beschränten Der
Winter isl siir die Augen die
schlimmste Zeit. Man wird in ihm
Jzum Stubenboden und zur Raharbeit
auch in den Erholunasstunden verlei
!tet. Es find also auch im Winter Aus
flüge in HFreie nicht nur siir die all
saemeine Gesundheit, sondern auch zur
sctärtung der Auaen nöthig. , ssßer
dein sollte inan aber auch sonst teinder
und Schiller zum bliusiceren absicht
lichen Sehen in die Ferne anhalten.
—-.-——
Folgende Betanntmachung des Ma
atsiratg brachte das Allensteiner Tage
blatt in No. 9: Die Bewohner unse
rer Stadt ersuchen wir, am Sonn-—
abend, den 27. d. M» dein Geburts
taae Sr. Majestät des Kaisers und
Königs, von einer Jllumination Ab
stand nehmen und die dazu bestimm
ten Geldbetriiae zu wohltätigen Zwe
cken im Vureau 9 des Rathauses ein
zuzahlen Die Damen der Gebet wer
den wir oerössenilichen.« Das ist eine
zarte Aufmerksamkeit gean das weib
licke Geschlecht, setzt aber die Jungge
sellen zurück, unter denen es doch auch
mildtätige Menschen geben mag·
c O B
Die Einsamkeit nimmt uns freund
lich und willig aus, wenn wir alsGo
und Flüchtling zu ihr kommen; wt
dürfen aber nicht aus die Dauer U
ihr wohnen wollen.
I i i
Nach den Marotkanern werden dkt
holländer von den Deutschen seita
siert heißts jedt in den hehbliiitern
mariniert soll's wahrscheinlich heißes
t O O
Phyllis: »Edtoard macht seit-I
Clara aber schon la den Dos. «
Blanchet «VielleichiWi er nicht cou
rage genug, iun uin ihre band anzu
halten.« —- Phyllitt «Oder saure-ge
genug, nicht um sie anz«uhalteu.«
Wenn Du Besuch hast sei vorsichtig,
Jeder nimmt wat mit, entweder eine
guten oder einen schlechten Eindruck
Deutschland will einsecht neue ftp
er gte
Kreuzen igefchwlw
dabei ist: Woher die G
site diese Kreuzers