Yeömska — StaatI-3nzeiger nnd Yrrolji J. P. Wistdolph, Herausgehen-. Grund Island Nebr. - U. Mmz 1906 (chiter Theil.) Jahrgang 26. No. :-.30 Frühling mitten im winter. - Wenn leis im Herbst ziiFErde stillt Das Laub still,« ohne Klage, , Dentt manches Herz wehmüthig-still Der künft'gen tritben Tage. Doch ich bin dann so wohlgetnuth, Möcht’ nicht vom Fenster weichen: Der Liebsten Haus, das sonst versteckt, Kann jetzt der Blick erreichen. Es lag wie einst DornrögchensSchloß, Verborgen ties im Grünen: Doch durch des Herbstes Zauberhand Jst’s wieder nun erschienen. Mosis türmen jetzt nnd später dann Auch sch eien und frieren dahinter: Seh’ ich die Liebste vor ver Thür Ists Frühling mitten im Winter. Der kleine D,oitor. Nobellettc von Julia Poeten - Ha n. »Geh du hin«... sagte die Frau ,,Nein,- du. Du tannft besser re " l n. Und dann war sie plötzlich, ohne ein Wort zu erwidern, aus dem Zimmer gestürzt. Dreißig Schritte durch den duntlen Korridor, sechs- Stufen hinunter. und re befand sich vor den Mansarden: tiibchen, die nach vorn herauelagen und richtige Fenster hatten. « Vor der Thiir blieb sie siegen, die Hand au das wildpochende erz ges drückt. ««-ie hatte Angst. Aber sie hörte das heisere Husten ihres Kindes, sah wie die kleinen Fin ger sich vor Herzensangst trümmten, und sie tlopfte hastig zweimal. . Ohne auch nur eine Antwort abzu .varten, lrats sie in dass Zimmer, in welchem sich ihr ein seltsamer Anblick bot. Auf einem Stuhle mitten im Rim mer stand ein schlanter, iungerMann und gab sich die größte Mühe, sich cn einem Spiegel, der sehr hoch hing, zu spiegeln. Der Stuhl wackelte bedenk lich, und es gehörte eine gute Dosis Geschicklichkeit dazu, das Gleichgewicht ,u halten. Trotzdem er sich auf die äußspitzen stellte, tonnte er nur im mer einen Theil seine-s werthen »Jchs« sehen. Ohne aus das Geräusch der Thiir zu achten, balancirte er weiter auf dem Stuhle, bis es ihm schließlich ge lang, sein lachendes, ftrahlendes Ge sicht im Spiegel zu sehen, aber er sah zweiAugen hinter sich, zwei bren nende, weitgeössnete Augen, die all’ seinen Bewegungen folgten mit einem Blick so abwesend und doch so hart näckig, daß Philipp sich ·nerb«og um drehte. Aber die stau, die vor ihm stand, war lein Gei t: die Schiichternheit, die aus ihrem zu ihm emporgehobenen Gesicht sprach, strafte ihre Augen Lügen. Einen Augenblick sah er sie an, noch immer auf seinem Stuhl stehend: dann sprang er leichtfiifzie herunter und fragte: »Sie wünschen?« Sie konnte nur stammeln »Es ist des Kleinen warens . . Zwischen der zitternden Stimme der Frau, die mit Mühe die Worte her vorbrachte, und der·des jungen Man nes war ein erschütternder Unterschied. Und sie wurde wieder von ihrer Muthlosigteit befallen und schwieg ängstlich. Es war ihr. als- habe sie einen Huften in der Kehle. Unmöglich, die Krankheit des Kindes zu schildern, die sich seit einigen Tagen so ver schlimmert und heute so hohes Fieber und solche Erftictungganficille zur Folge gehabt hatte. Und sie konnten nicht helfen, sie wußten eS wohl. Bei allen Aerzten in der Umgegend waren sie schon gewesen, aber vergebens-. Die einen vertrösteten sie auf morgen, spra chen vom Krantenhaus. Und wenn sie wieder am Bettchen des Linde-«- saßen und ihren Liebling so leiden sahen, Mne helfen zu können, stürmte der ann wieder fort zu einem anderen Arzt. Die Qualen dieses Abends wa: ren entsetzlich gewesen; sie hatten leine Hoffnung mehr. Bis ein leichter Schirnmer von Hoffnung die Frau in die Hohe fahren ließ. Der »kleine Dotior«, der im Hause wohnte, zu dem wollte sie gehen, der tsnnte helfen, das Kind retten! . . · Es sprach to met Verzensangn au ihren Augen, als sie den jungen Mann ansah. daß es jeden hätte erbarmen müssen. s Und doch sanl ihre Hoffnung zu sehends. Der »kleine Dottor", wie die Leute im Hause ihn nannten, stand inr Gesellschastöanzug da. Der erste Fraels --Eine dicke, weiße Rette im Knopf lcch. Cylinder, Paleiot und Hand ichuhe lagen zum Anziehen bereit auf dem Bett Es war sein erster Ball und sein erster " rack vor allern, den er sib nur durch ntbehrungen jeatifer Art hatte anschaffen können. Und die angenehm Aufreguna, die ihn erfüllte! —Die Pläne. die er siir diesen Abend ge schmiedet hatte. Vielleickt begann von heute an ein neues Leben fiirs ihn! · .. Und solchen Moment wählte die Fran, um ihn zu stören!... Wenn er rnit cina, wiirden alle Leute aus der Nach barschaft tornmen und ihn mii ihren wirklichen und eingebildeien Krani heiten quälen, bevor er überhaupt mit seinem Studium sertig war. Da sahen ihn die Augen wieder so stehend an. Eine unbeschreibliche Wuth befiel den junan Mann. War es vielleicht ihre Absicht, die ganze Nacht da stehen zu- bleiben? Aber bevor er nur den Mund aus machen konnte, the die Frau seinen Arm umllamniert nnd murmelte rnits vor Verzweiflung erstickter Stimme: »Bitte, sehen Sie ihn sich doch anl« —- Der Widerstand des jungen Mannes war gebrochen, und als er vor seiner Thür stand, wiederholte die Frau mit etwas lauterer Stimme: »Nu: ansehen« . . Dann war er ihr in den dunklen Korridor gefolgt, ohne zu wollen, wit thend auf sich und die Frau, die ihn zwang, ihr zu Willen zu sein« An die Fenster schlug es leise und unaufhörlich. Es mußte schneien. Wie lam er jetzt auf den Ball? Hatte er denn noch so Viel Geld, sich einen Wa gen zu leisten? Und wenn er bei die sem Wetter keine bekam? Was dann . . . Er konnte doch unmöglich mit fchniutzigen Lackftiefeln in Gesellschaft gehen! — Was ging ihn schließlich die Frau und ihr lranles Kind an? Er wolkte fort, sich amiisiren 'an dem Ball, auf den er sich schon taar lang gefreut hatte . . . Und nun laer diese Person, ihn zu holen, ihn deg Vergnügens zu berauben. Er bebte vor Wuth, wie jemand, der sich be— freien möchte und nicht kamt. Dann ließ ihn die Hand, die ihn umtlammert hielt, los. Eine Thiir wurde geöffnet. Die Frau trat zuerst in den kleinen, von einer Lampe matt erhellten Raum. Als Philipp ihr folgte und in das- Zimmer trat, fühlte er. wie ihm plötzlich alles Blut nach dem Herzen floß. Es war ihm, als erhalte er einen Stoß in die Brust. Der Blick des Vaters, der bittend auf ihm ruhte, die Mutter, die ihm das kleine Wesen, das heiser hustend in föinem Bettchen lag, zeigte, ergriff i n. - . --«- .---« ur sagte um« dass er oie Hoffnung dieser armen Leute war, daß sie ihm vertrauten, ihn für fähig hielten, die Leiden des-Kindes zu mildern, und er schämte sich, daß er nur einen Au genbliet gezägert hatte. Dasselbe Dach beschirmte sie alle. Sie waren Nachs barn, und es war seine Pflicht, zu helfen, so viel er tonnte. Schnell schloß er die Thür hinter sich und trat an das Bett des Kleis nen, um ihn zu untersuchen. Die Lampe zitterte in der Hand des Mani ne5, der ihm leuchtete. Philipp begann den Knaben zu un tersuchen; er war erschrocken, während die arme Mutter ihn dankbar ansah, ganz erstaunt über diese Güte und den Zauber, den der junge Mann aus das Kind augiibte. Sie hoffte schon wieder. Der »Meine ächzte und stöhnte, lief-, aber alles ruhia mit sich geschehen. Als ein neuer Erstickungsanfall tam, össnete er die Augen ganz weit mit einein fleljenden Blick, der um Hilfe bittet und tranten Kindern eigen ist. Der junge Mann sah jedesmal nach der Seite, wenn das Kind ihn mit den großen Augen anblirkte. Jeman den leiden sehen nnd nicht helfen tön— nen, ist bitter! . . Die Untersuchung deH Halseg war besonders schwer und schmerzhaft Mit Mühe hatte Philipp feine Diag nose gestellt. Nicht sein bischen Weisheit, das er sich in den paar Jahren seines Stu diums angeeignet, hatte den Ausschlag gegeben, sondern die Erinnerung an feine kleine Schwester, die diesem sel ben Leiden unterlegen. Und er zit terte bei dem Gedanken, daß es auch hier zu spät sein könne. Er war jetzt verantwortlich fiir das Kind. Sollte er es einpacken, sich mit ihm in einen Wagen setzen und in ein Krankenhaus bringen? Aber die Kälte, der Schneesturm . . . Es könnte sich noch mehr ertälten. Selbst gehen und das Nöthige be schaffen, war auch nicht rathsam, denn während seiner Abwesenheit könnte wieder ein Huftenanfall tomnren. « Nein, er mußte hier« bleiben. Er würde den Vater schicken. Sobald er einen Entschluß gefaßt hatte, wurde er ruhig und sachlich und ergriff auch Maßregesm die in feinen Kräften standen Einiae Minuten später verließ der Vater, die nmgere Börse des jungen Mannes in der Tasche, das Haus. Von einer kleinen Flasche und ei nem Instrument in einem Etui, davon hing jetzt das Leben seines Kindes ab hatte der kleine Doktor gesagt. Während der Vater im Schneesturm dahineilte. um seinem Jungen die Hilfe zu holen, saß die Mutter neben Philipp am Bettchen des Kleinen. Mit einem Arm hielt er den Jun qen sest an seine Schulter gepreßt, mit der anderen Hand hielt er einen an der Spitze mit einem Wattetups um wickelten Bleistist, mit dem er den Kehltops auspinselte. So ermöglichte er dem Kinde we nigstens das Athmen. Mehr konnte er im Auaenblick nicht thun. Und Minute aus Minute verrann. Mit Banaigteit hörte Philipp aus das schwere Athnten des Kindes-. Würde der fZIater noch zur rechten Zeit kom Men s Endlich unterbrach ein Geräusch im JKorridor die erdriiclende Stille des Zimmerg I Ja, es war die Rettung, die ; nahte! i Mit Umsicht nnd unter Beistand s der Mutter wagte Philipp die Opera « tion. Seine Hand zitterte nicht; als .er aber damit fertig war und das »Wind wieder gebettet hatte, da über . kam ihn ein Zittern, so das-, er nmae sunten wäre, wenn man ihm nicht bei sprang Ermattet von den achabten Aufre gunan sank er auf den Stuhl am Bettchen. Am anderen Moran erwachte er schauernd vor Kälte. Er mußte sich erst besinnen, wo er war Er war aus dem Stuhl eingeschlaer und fühlte sich an allen Gliedern zerschla gen. Was für eine Nacht war das gewesen! —- Und wieviel Sorgfalt thatte man anwenden müssen, bis der sKleine eingeschlafen war. Die Eltern saßen Hand in Hand an der anderen Seite des Bettchen5. Sie wagten nicht zu sprechen, aus sAnash ihn zu werten. , Philipp neigte sich iiber dass Bett nnd fiihlte den Puls-. Die Temperatur war bedeutend gefallen, die Haut bes: ser«und elastischer. r-« Lcccll cllchclll Illglc Ucll Sklccll gr nug. Das Kind war gerettet! Wei nend vor Freude umarmten sie sich nnd auch dem jungen Mann stiegen die Thriien heisz in die Augen, und er schämte sich ihrer nicht« Der Beruf, den er sich gewählt, war schwer; das hatte ihm die vergangene Nacht gezeigt! Wieviel Leid und Thränen würde er noch sehen, aber anch wieviel Schmerzen würde er lin dern, wieviel Augen in Glück und Dankbarkeit aufleuchten sehen! -—-— War das nicht Dank genug? . . . War dar- nicht überhaupt werth, zu leben?... Und ein Glückgaesiihl war in ihm, wie er es noch nie empsundent... Er hatte ein junges Menschenleben geret-: :et.».. Er mit seinen schwachen stritt en. . . . . Und er beugte sich nochmalsz über das Bettchen und zwei warme Timä nen, aber Thränen der Freude fielen aus die mageren, kleinen Hündchen des Kindes . . . ——·--——-— Herr Fliegenbem Die Geschichte eines Lehrerlebens von Reinhotd Ortmann. Sein ehrlicher bürgerlicher Name war Strause — - tiwald Ferdinand strause Aber Kinder sind boghast. So tausten die Schiller Krause’s5 ihn Fliegenbein Man begriff eg, wenn man ihn sah: ein kleiner runder Schli. del, etwas in die Breite gehend, ein kurzer dicker Oberkörver mit eng an liegender blauer Jacke —— und dann die Beine, die langen, merkwürdigenBeinc mit den stets zu kurzen Hosen, die sich oberhalb der Kniee nach hinten aus buchteten, während die schmalen, lan gen Füße sich wie tastend nach vorn streckten. Seine Wangen waren blaß, sest und rund. Kleine Ohren, eine kurze, ge drungene Nase, aus der eine Brille ruhte, in der steten Gefahr, hinabzu gleiten. Hinter der Brille zwei hell blaue Punkte: kleine, kurzsichtige Au gen. Ueber den Augen zwei Hügel mit einem Thal in der Mitte: die Stirn, und über der Stirn blondes, geschei telteg Haar, das zur älste die Ohren bedeckte. Das war « liegenbein« in seinem Aeußeren. So steht er vor mir, trotzdem es mehr als zwanzig Jahre sind, in denen ich ihn nicht mehr gesehen m lachen muoe, aues oegreneno. alles verzeihend. Tro dein tnm Flie genbein in dir ersten ;eit seiner Lehr thätigleit nn unserer Schule in den Verdacht eines Prügelpädagogen Nie mand von seinen Collegen verbrauchte so viele Rohrstöcke wie er. Der Reltor stand mehr alg einmal auf dem Sprunge, ihm eine diplomatische Paule zu halten, daß er die Schule nicht in Verrus bringe. Bis man da hinter lam, daß er äußerst selten schlug. Und dann hatte er den grös; ten Schmerz davon. Wußte er mit einem straswiirdigen Schüler nichts anderes anzufangen, dann sagte er voll Zorn: »Marsch, zum Schuldiener! Hof einen Stock!« Der Delinquent schlich davon, beeilte sich aber nicht mit der Rückkunft ,,Biicl’ Dich!« Gehorsam beugte der Schüler die Nase zur Erde. Dann psiss’"s über ihm: Fliegenbetn ließ dag Rohr einige Male durch die Lust sau sen, ohne zu schlagen. Dann gad’s:« em Knaclem der Stock flo zerbrochen in eine Ecke. «Mach’, daß Zu ausDeis nen Pla tommstl Jch schäme mich fiir Dich.« Wirllich legte sich ein röth licher lAnslug aus die blassen Wangen. Zuweilen quch wickelte er den Stock in Papier, übergab ihn dem zu Stra senden und sagte: ,,Eine Empfehlung an Deinen Vater. Das hier wäre die Prämie, die Du verdient haft. Morgen will ich eine Quittung mit der Unter schrift Deineg Vaters sehen « Er fah selten eine, fragte auch nicht danach. Der Stock wurde von uns auf dem Nachhaufewege in fingerlange Stücke gefchnitten und verrauchtDaS ioar auch eine Strafe. Dann kam der Tag Wes war ein verksängnißvoller für Fliegenbein — da machte er Hochzeit Wir fangen in der Kirche auf dem Chor. Als Flie genbein neben feiner kleinen, runden, ganz in Weiß gekleideten Zukiinftigen I:iederkniete, fiel es mir unwillkürlich in die Augen, daß auch an feinem schwarzen Hochzeitgbeinkleid ein Stück fehlte. Seiner jungen Frau fehlte an Fiorpergröße ein Stück: fie reichte ihrem Gatten gerade big zu denSchul tern, erfetzte diesen Mangel aber durch ein reichliches Maß von Energie Ar mer Fliegenbein! Wenn wir alles nüßtent Aber wir wissen nur eine kleine ganz kleine Begebenheit alltäg äickxfainiliäreli Charakters —--— und o Kurz nach seiner Berheirathung suchte Fliegenbein Privatschiiler — pro Stunde fünfzig Pfennige. Jch wurde auch hingeschickt, trotzdem ich neinen Eltern Diese Verschwendung auszureden suchte. Es hals nichts. Zweimal in der Woche mußte ich hin, Nachmittags wenn die Gescheiteren Räuber spielten oder Drachen steigen ließen oder Aepsel mausten. Wir wa-« ten unserer sünf Unglückliche, denen Fliegenhein mit mehr Eifer als Er-: folg geographische und geschichtliche (Js·xtr -Fienntnisse einzutrichtern sich bemiihte Viel ist nicht hängen geblie Len, aber e i ne Stunde hab’ ich noch so in der Erinnerung, als hätte ich sie gestern erlebt. Fliegenbein hatte uns von den Hel denkiimpsen einst und jetzt gesprochen. Nicht sehr methodisch; die Begeisterung riß ihn hin. Hermann, der Cheruster, irar eine Lieblingsgestalt Fliegen hein’g. Deshalb begann er mit der Schlacht im Teutoburger Walde, ging mit Varus nach Rom, verirrte sieh nach Sparta und kam iiber Tell’5 Schweiz nach Sedan. »Was fiir eine Lehre müssen wir aus all« diesen Kämpfen entnehmen? »Welche Moral springt neben der selbst verständlichen Vaterlandgliebe aus« diesen geschichtlichen Greignissen in die Augen? Was ist ihnen allen gemein sain?« Hier machte Fliegenbein eine Pause, während ein heißes Noth der Begeisterung in seine Wangen stieg und seine Brille sich der Reihe nach aus uns richtete. »Der persönliche Heldenmuth ist es, den wir überall de wundern müssen. Wie das Leben ge ring geachtet wurde, wenn eH die Ehre galt! Nicht im seigen Zurückweichen vor den jeweiligen Hindernissen -— in Schwachheit und bangem Erdulden liegt unser Heil, sondern iin Wider ? stand und niuthvollen Eroberer. Wie es »auch sei! Was es auch sei! Kühnheit, »llnerschroctenheit, Stärke zieren den Mann in allen Lebenslagen Hel denherzen können auch unter dein schlichtesten Rock schlagen. Dazu de »darf’5 keiner Generalgunisorin, meine lieben Kinder. Denken wir nur an ----- « ,,Ewald Ferdinand!« Frau Fliegen bein steckte den rothen runden Kopf durch die geösante Thür. Unser Lehrer eilte hinaus. Die Thür blieb angelehnt und wir hörten das Fol«ende: »Ein ist ein Bote, Ewald Judi i:and. Mit Cigarren. Es ist doch wohl kaum möglich, daß Du schon wie et ——« ,,Doch, Amalie Nimm sie, bitte, ab und bezahle.« »Ich werde mich hüten! Das ist eine Verschwendung ——- unerhört! Mit vollen Händen wirsst Du das Geld hinaus sür Sachen, die ganz liber stüssig sind.« »Du ilberireibst, Amalle·« »So? Jch übertreibe? Jsst eg nicht meine Pflicht als Mutter, an meine Kinder zu deuten? Oder sollen sie in zerrissenen Schuhen umherlaufen?« »Aber sie sind ja noch gar nicht » geboren.« »Ganz erleich! Ein braver Familien vater sorijt bei sieitein Du mußt es ausgeben, das Rauchein Du inuszil verlange eS von Dir! Oder ! kannst Du mir irgend einen vernünfti-v en Grund sür die Pasferei anaeben? Za? Kannst Dus« Eine Pause Ein Seufzer. —,,Scbicl’ den Boten fort, Arnalie. Sag’, ich s— ich würde mir eine ans dere Sorte ----- « Eine Thiir llappte scharf Fliegenbein trat zu uns herein. seine lurzsichtigen Augen Prüfend über uns hinweggeben lassend. Dann wischte er sich den Schweiß von der Stirn und puyte nachentlich die Brille. Lange, in sich versunken. Plötzlich erinnerte er sieh unser: . ,,Wo blieben wir stehen?« ,,Beim Heldenberz!« schrie Alwin, der Gastivirthssohn. Fliegenbein fuhr zusammen. Dann zog er die Uhr: »Gleich vier. Geht inach Hause, Kinder Mir ist nicht gam Iwohl Ein ander Mal mehr davon.« Wir gingen. Jch war der Letzte , und wandte mich in derThiir noch ein mal um: Fliegenbein war aufgestan den, putzte nosch immer an seiner Brille, die Augen sinnend vor sich hin gerich tei. Dabei wackelte der kleine runde Schädel mit den blassen Wangen. W Gekrönte Schachte-toten Das »königliche Spiel« hat einen neuen Anhänger unter den getrönten Häuptern gewonnen: pon König Eduard dem Siebenten wird berichtet, daß er neuerdings eine große Begeiste rung fiir das Schachspiel an den Tag lege. Damit folgt er nur dem Bei spiel vieler seiner Vorfahren. So war besonders Eduard der Erste ein lei denschaftlicher Schachspieler, der sich namentlich sehr gut auf das Operiren mit Thürmen und Bauern verstand. Seine Gemahlin war nicht minder tüchtig in dem edlen Spiel und sie schlug ihn gelegentlich auch; einmal schenkte er ihr für ihren Sieg ein Brett nnd Figuren aus JaspiJ und Kristall. Minder erlauchten Gegnern mag es; nicht immer ein ungetheiltes Vergnii gen gewesen sein, mit einem König Schach zu spielen, war es fiir sie doch oft sehr gefährlich —-— zu siegen! Ob die cpieler früherer Zeiten jähzorni aer waren, als sie es heute sind, wo ung gerade dag Schach alg das fried sertigste aller Spiele erscheint, ist nicht leicht zu sagen; Thatsache ist jeden falls, daß manches in aller Freund schaft beaonnene Spiel mit zerbroche nen Köpfen endete. Als Prinz Heinrich, der spätere Heinrich der Erste, einst zum Besuch am französischen Hofe weilte, gewann »er, wie eine alte Chronik erzählt, beim Schachfpiel mit Ludwig, dem ältesten Sohn des König-Z, so oft, daß dieser in Wuth gerieth, ihm ein Schimpf wort zurief und das Schachbrett inUZ Gesicht warf. Heinrich nahm das Schachbrett auf und schlug Ludwig damit so kräftig, daß Blut floß; er zbätte ihn getödtet, wenn nicht sein Bruder Robert gekommen wäre undz sich dazwischen geworfen hatte, was rauf beide schleunigst ihre Pferde be stiegen und sich davonmachien. König Johann hatte in seiner Jugend ein ähnliches Erlebniß7 ein Schachspiel, tei dem ein gewisser Full Warine sein Gegner war, endete mit einer könie lichen Briigelei bei der Fult dem Prinzen ,,einen so siirchterlicbenSchlag gab daß er ihn fast auf der Stelle er i schlagen hätte« zohann vergaß den Schlag nie und pergab auch feinem jähzornigen Gegner nicht; algersdii ter auf den Thron tam, bestrafte er ihn dadurch, daß er ihin sein Erbe, lWhittington l5astle, Vorenthielt. Wilhelm der Eroberer wurde mehr als einmal beim Schachspiel "cihzor nig; einmal hatte das ernste Folgen. Er spielte mit dem Sohne des Köning von Frankreich, eg kam zu einem hitzi— gen Wortstreit, und schließlich schlug Wilhelm mit dem Brett so heftig auf den Kopf seines Gegner-J, daß dieser bewußtlos hinfiel. Innerhalb einer Stunde hatte Wilhelms Pferd seinen Reiter ein paar Meilen vom französi schen Hof entfernt. Philipp dethveite von Spanien war beim Schachspiel so lange liebenswürdig, wie er gewann; aber wehe dem Spieler-, der ihn schach und matt setzte; Verbannung vom Hofe war die mildeste Strafe, die ihn erwartete. Einer der inächtigsten spa nischen Granden kehrte eines Tages-, nachdem er mit dem König Schach ge spielt hatte, heim und begrüßte seine Familie mit den Worten: »Liebe Rin der, wir haben nichts mehr am Hofe zu suchen. Wir können keine Gunst mehr von dort erwarten; der König ist beleidigt, ich habe jedes Spiel Schach aewonnen.« Auch Napoleon der Erste war ein höchst unduldsamer Spieler. Einmal saß er mit Eugene Beauhar nais am Schachbrett: als er plötzlich sah, daß er schachmatt war, wars er tn seiner Wuth das Schachbrett, die Figuren und alleg vom Tisch, schlug seinem Gegner in’S Gesicht und ver ließ das Zimmer. Jn einem Fall hat das Schachspiel auch sogar ein fiirst liches Ehepaar entzweit, und dies kam schließli dem Manne sehr theuerzn stehen. z- ertand, Gras von Flandem spielte immer mit seiner Gemahlin; er l war aber so nngalant, fast jedes Spiel zu gewinnen. Die ständigen Nieder lagen ärger-ten die Gräfin so sehr, daß sie schließlich ihren Mann l)aßte, nnd als er im Jahre 1214 in der Schlacht bei Bouvineg geschlagen wurde, weigerte sie sich aeradezu, et was für seine Befreiung zu thun. Ludwia der Dreizehnte von Franl reich spielte so leidenschaftlich Schach, daß sein Schachbrett und die Figuren ihn stets begleiteten; auch wenn er ai.ssnl)r, spielte er in seinem Wagen. Ebenso war Karl der Erste so saszis nirt von dem Spiel, da; er sast bis zum Fuß des Schaffotg chach spielte, und als einst sein Spiel durch die Nachricht unterbrochen wurde, die Schotten hätten beschlossen, ihn an’z Parlament zu verkaufen, machte er ruhig seinen Zug weiter. W Øtu merkwürdige- Gutme wsj Den Stammtisch eines Gasthauses " leuchte re elmäßig in alter gemiith--« klirher Herr? dem di?f Geselligkeit über falles ging. Auch- liebte er es, htnund wieder einen Scherz zu machen. So sprach er auchieinmal davon, daß er raij vorher ein kleines Abendessen ver sanstaltet habe, welchem außer i tfelbst beigewohnt hätten: seines a ters Schwager, seines Bruders-Schwie gervater, seines Schwiegervater-s Schwuger und seines Schloagers Schwiegervater »Wie viei Gäste wa ren Nil-« sraate er und lachte dabei in der Bart. Natürlich lautete die Antwort, das- werden 5 Personen ge wesen sein. Er aber erklärte, daß nach ctsiger Angabe nur er allein gespeist hate nnd kein einziger Gast zugegen aewesen sei. lssrst viel später gav der Mann sein Tsjeheimniß zum besten nnd scatte: Jet) bin Wittwer und habe eine l;(-iratbr4fähige Tochter, sowie eine Cäiestoclfstuz ferner eine heiraths sahiae Schwester und einen Bruder. Mein Vater ist ebenfalls Wittwer. Jch sowohl wie auch mein Vater hei ratheten 2 Schwestern; damit wurde ich der Schwur-er meines Vaters. Mein Bruder heirathete darauf meine Stieftorhter, damit wurde ich. meines Bruders Schwiegervater. Mein Schwiegervater heirathete nun meine Schwester, damit wurde ich meines Schmiegervaterg Schweigen Mein Schlvager, ein Bruder meiner Frau, heirathete endlich meine Tochter, und damit wurde ich zum Schwiegervater meine-J Schwarzeer Eine Todtemrhn - Einer grausigen Liebhaberei huldigt ein indischer Fürst. Er besitzt eine so genannte Todtenuhr. Dicht am Zif fernblatte der Uhr ist eine Glocke an gebracht, die aus vier kleinen Metall fi.ifxen steht, Darunter ein Wirrwarr von menschlichen Gebeinen. Diese Ge beine stellen ein Dutzend menschlicher Stelette dar. Sowie nun der Stun denzeiger ein-H anzeigt, bildet sich ans den Gebeinen ein Skelett, das-, infolge eines geistreichen Mechanismus, sich aufrichtet, einen Hammer ergreift und einmal auf die Glocke schlägt. Um zwei Uhr richten sich zwei Knochen ecrijste auf und machen zusammen zlrsei Schläge. Und so geht es fort bis um die mitternächtige Stunde, wo alle zwölf Stelette in aufrechter Stellung die Glocke schlagen, im Ganzen zwölf mal. Sobald aber der letzte Schlag verklungen ist, wenden sich die Ste letie unt nnd zerfallen alle auf einmal wieder in einzelne Knochen und Schädel. - ————-O.-. St- ateu und Hackctu Auf Veranlassung des technischen Jnfanteriesiomites hat der französi sche Ziriegsminister am 11. Januar 1906 einen jetzt bekannt werdenden sehr wichtigen Entschluß gefaßt, den man als das Ergebniß der Erfahrun gen dei- russisch-japanischen Krieges betrachten kann. Er ist um so bemer tengtoerthen als man sonst bestrebt ist, den Jnsanteristen möglichst zu ent lcssten. Statt der 534 tragbaren Werk zeuge, die die französische Jnsanterie Kompagnie bis jetzt mitführt, um lkrdarbeiten auszuführen und Hinder nisse zu zerstören, wird sie in Zukunft iiber Jst also fast das Sechgfache. verfügen. Die Werkzeuge fiir Erd arbeiten steigen aus144, fast das Zwölsfaitte nämlich 112 kleine Spa ten, 522 kurzstielige Harten. Man ist also in der Lage, selbst wenn die ganze Kompagnie ausgeschtoärmt ist, stets von Z Leuten einen an dem Aus lseben einer Deckung arbeiten zu las sen, während der andere seuert. Bei den Werkzeugen zum Zerstören von Hindernissen ist die Vermehrung der Drabtscbeeren von großer Bedeutung, da man mit den Drahthindernissen stbr viel rechnen muß. Spiürhe mit Einwendungen-. »Die Frauen hdben ihre Vorrechte,« sagte Karlchem da hatte er zu Weih nachten die Psefferluchenfrau zuerst verspeist. »Ich bin ganz enttäuscht,« gestand die tnoderne Schriftstellerin, --— da hatte sie geheirathet und war merktviir Tigerweise ganz glücklich geworden. »Es sind jetzt schlechte Zeiten!« — iies Student Schaum aug, da erzählte ihm Pump, daß jetzt sogar die Lust sliissig gemacht wird. »O käme der Frühling und brächte mir Veilctent« s-— ries der Gauner aug, da stand er am Gitter seine-J Zel lcnsensterg und hätte gern ein paar ,,««5eilchen« gehabt. »Die hängt mir schon zum Halse heraust« -— sagte ein Gast, da srug inh der stellner. ob er Rindgzunge zu speisen wünsche. »Das sind gewonnene Schlachten,« -—- sagte der General, da hatte er in einer Ausstellnng zwei Schlachtenge tnälde gewonnen. Ein moderner Dichter-. »Lieber Freund, wollen Sie mein Liebesgedicht aus Fräulein Rosa Meier hören? . . . Jch habe es gedich tet, nachdem ich mich über sie im Aus kunstgbureau erkundigt hatte . . . .!« Wen das Leben zerbrach, der sagt: ich habe es genossen. Georg Lorner.