Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 02, 1906, Sweiter Theil., Image 11

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    Wun- Hkhwibkhritk non
Tini- Imümugki.
No 196. Wenn
ich mich heut
noch an die
Eckseitemeni
erinnere, wo
ich horchst
macht heu, wie
ich aus den
- Kannzett heim
sm komme,
dann muß ich
Ikkmvcte. au- wannss ewe erscht ge
bappend war. Denke Se awwer auch
nur emai: ich gehn mit die Morde-Zwei
iern tn»das Kannzertz nach die erschte
paar Pieses muß ich emol autseit gehn,
bttahs ich hen die Auge nit mehr aus
halte könne« Ich setze mich in e dun
eie Rainer. schiose ein un wie ich usi
wache, wer'n ich von en Reime-tsch
mann eraus gesagt. Kein annerer
Mensch war mehr zu sehn un zu höre
un·wie ich heim komme, is die Weins
tveiiern noch gar nit do. Bei Galle.
das Sping hot mich nörweß emacht.
Ja die nächste paar Minnitö in mich
die schrecklichste Gedanke dorch mei
htsche Brehn gange. Jch hen gedenkt,
mehhie die Dohl is abgebrennt, wäh
rend ich geschlose hen un die Wedes
weitern liegt mehbie unter die Ruins
un dann tann mer se schuhr genug nit
mehr eraugsinne; wer werd awwer.
dasor geblehmt2 bloß mich, hitahs ich
sin sozusage die ältere von uns zwei
gewese, wann’s auch nur e paar Dag
odder Jahr ausmache duht, un es wär .
meine Duhtie gewese, for die jüngere ’
Person acht zu« passe un auszuguckr.i
Ach hen mich schon in die Pennitensi
scherie gesehn; ich hen schon mei Dah- I
tesurdheii gehört, ich hen mich schon
reddig gemacht, sor mei schrecklicheö
Kreim mit den Doht zu sühne un nach 1
den Galge zu gehn s— ich hen noch
emol in das Luckinagliis gegucki. for
zu sehn, oh mein Hut streht an is —
da fm ich aus meine Eckseitement
eraus komme, hitahs ich hen gesehn,
daß die Mennsohts noch heisamme ac
sosse hen un Sechsunsechzig gespielt
hen. Der Wedesweiler hot sich erum
gedreht un sagt: »Weil, Lizzie, matt
juhgointuduhehautittZ« Jch muß sage,
ich sin am End von meine Wits un
Schmartigteit gewese. Jch hen ge
saat, eidontnoh, un war grad reddig
widder en nörioes Ettäet zu tricae, do
den ich an die Stritt Mensche gehn un
tahie höre, mit einem Wort, es fm
mehr Pieheisz an die Stritt gewese,
wie zu sonst e Zeit. Jch kann Jhne
sage. ich hen alliivwer qeschiwwert:
ich hen aewiifzi, daß ebbeg gehäppend
sein müßt un ich hen ja auch gut qes
nua gewußt, was es war. Alle Min
nit hen ich edit-retten dasz se die We
desweilern ihre dohte Leiche ereibrinae
dehte. Ich sin schuhr ich hen in die
torie Zeit wenigstens siwroeiehn mol
mei Kollet getschehnst. Mit einmal
do kommt en Hause Mensche usf den
Zaluhn zu — ich hen mich in e Fior
ner geseht, sor Fier ich deht iwwer
tombete. Jetzt werd die Saluhndiehr
ussgerisse. so ebaut zwaniig Fellersch
iterze erei un hallern: Wedesiveilert
aeb uns so schnell wie möglich en
Print, sonst verdorschte mer! Do hen
ich amwer en Seiszer der Erleichte
runa von mich gewwe. den hot mer
in die nächste Stritt höre könne! Die
Männer hen iwwer das Kannzert ge
iprocke un do hen ich ausaesunnr. dasi
eH grad ewe erscht augaelosse hot. Aw
wer wo is die Wedesiveilerni hen ich
aedentt un ich hen schon widder ak
siatt uniesig Fu fühle· Do geht die
Diehr ioidder uss un wer tommt in«v
seit? die Wedesioeilerui Ich hen mich
uss se aesterzt un hen se gelis;t, das;
sie an ihrem Fehs allitvioer die Pehnt
ahganae ig. »Wedesweilern! hen ich
aesaat, bist du's oder bist du’s nit?
Lebst du denn Ivertlich noch? Do
brauch ich also nit mei iunaes Lewe
zu losse, von weae dich?« Die Weins
meilern hot sich mit aller Fohrs von
mich iosaemacht un hot gesagt: »Bist
du trehsigi odder host du schon e paar
Nimweicher aehahtii Du bist mich en
nihau e Schöne! Laust aus den Kan
iert fort un kommt nit mehr zuruet
un läßt mich dann noch e halwe
Stand iiinaer warte. Watts.die Miit
ter mit dich ennihau?« Well, ich hen
grad gesiihlt, als wann ich noch emol
so en Kiisma Spell kriege-hehr Jetzt l
hen ich doch aewiszL daß se wertlich»
iewe duht. Jch hen gesagt: Weins-·
weitern, ich muß dich enioi unner vier »
Auae sehn; komm loß uns in dein
Sittenruhm gehn, nemm’awwer die
Kimsttstlpaiiel mil, bikang im wuH
mo! Eis-ietzt Do is re dann miH
mich komme un wie mer uns hinge
setzt hatte, hen mer e Kimmelche ge
hobi, das is qui for die Nötig. Dann
ben ich sie alles vetzähli, un hen sie
auch gesagt. wag for e Erlseiiemeni
ich ausgehelie ben. Wie ich mil durch
mat, do bot se gelacht, daß se sich die
Seite hoi halte miisse. ,,Lizzie«, hot
le geiagi, du bist e Schooii Wann du
es nii wießt oddec nii glauwe dubli,
dann will ich dich’s peuhfe. Ja die
erfchle Lein bist du auiieit gange, wie
drei Pieses gespielt ware, das Prob
gramm hoi awwet zehn Vieles un
noch e ganze Laii Aniohrs gegabi.
Wiedu nach dem fünfte Pies no nii
zurück komme bist, do lieu ich edenti,
du besser guckst emoi nach ·e alte
Lebdie un do sin ich auch auiieii gange.
Ich hen alliivtver nach dich gegucki,
n dich awwet nii geiunnr. Schließ
ich is en Feuer zu mich komme un bot
efagtt »Lehdie, gucke Sie nach e
eaui Jehs hen ich gesagt un do hoi
sek mich sama-ne daß et dich in »di«
Dahi, -wo nach den nächste Vildmg,
ge , gesehn hot un daß er dich bei die
S itediehr ausgelosse hätt, bitahs er
Ihot zuschließe wolle. Wie ich das ge
« hört hen, do sin ich widder in die Kan
zeethahl un hen das Konzert bis zu
End angehört·« Well, Msister, wie ich
das alles gehört hen, hen ich oss Kohrs
e wenig tschiep gefühlt, awwer sroh
sin ich doch gewese, daß alles so gut
ausgetörnt is. Sell is mich« awwer
widder en Pruhs gewese, , daß der
Mensch kehrsull sein soll, was er duht
»un wann Jemand tlässickel Mjuhsick
;nit stende kann, dann soll er daheim
hleiwr. Ich hen denn auch mein
Meind ussgemacht, daß ich gar nicks
mehr drum gewwe, was die Mensche
sage un wann se sage, mer hat keine
Ettjutehschen wann mer nit in Kan
zerts gehn duht, dann geb ich auch
nicks drum. Un es wär verdollt mehr
annest, wann die Piebels, wo die
Musik nit unnerstehn, un nit ep
prieschjiehte, heim dehte bteiwe, als
daß se sich in Kanzerts hocke, die halwe
Zeit schlose un de annere Leut, wo
gern gehn dehte, den Platz eweg
nemme· Solang mer bei seine eigene
Dummheit noch ebbes lerne kann,
dann is es auch nit so schlimm un ich
hen ebbei gelernt.
Mit beste Riegards,
Juhts,
Lizzie HansstengeL
Ciue »wir-Miso Nummern-«
Die englische »Kanalflotte«, die
heute die gewaltigsteStreitmacht zur
See darstellt, hat schon im römixchen
Alterthum eine Vor ängerin ge abt,
die die wichtigsteMeer trasze beherrfchte
und vier Jahrhunderte eine starke
Stühe der römischen Weltherrchaft
darstelltr. Ueber diee römifche Ka
nal lotte hielt iiirzli R. H. Forster
in einer Sitzung der britischen Archiv
logischen Gesellschaft einen höchst in
teressanten Vortrag. Nachdem er die
Reise des Kaisers Claudius nach Bri
tannien zur See und zu Lande stizzirr
hatte—nach seiner Rückkehr wurde
ihm gehuldigt, weil er »die Erdemit
einem römischen Ozean umgürtet«
hätte —zeigte Redner, daß von dieser
Zeit an die militärischen Bewegungen
u Lande von der ,,Britannischen
Flotte« unterstützt wurden, die das
.,··5retum Britannicum«, den Kanal,
bewachte.
Diese bedeutende Flotte, die 400
Jahre bestand, ist bisher völlig über
Irhen worden. Indessen sind eine Reihe
von Thatsachen entdeckt worden, die
von ihrer Existenz Kunde geben. So
srndet sich zuBoulogne eine Inschrift
Zu Ehren eines Trierarchen, der ein
Zeitgenosse von Claudius war, ebenso
hat man in Britannien Ziegel gefun
den« wie den Buchstaben »Cl. Br.«
t,.(stassig Britannnica«.) Auch über
die Empörung und den Erfolg von
(.·-’arausiu5 machte de: Vortragende
Mitiheilungen, besonders iiber eine
Seefchlacht auf der Höhe der Jnsel
Wight, nach der die siegreichen kaiser
litten Galeeren ihren Kurs nach Clau
sentunr, dem jetzigen Southampton,
fortsetzten. Clauseutum wurde nicht so
beachtet, wie es als westlicher Hafen
des Aanals verdiente. Von dort wäre
die Reise nach Gallien Mver und von
der Flotte gut beschützt gewesen. Es
war in der That der wichtigste west«
tiche Hafen, von dem aus das Blei
aus den Mendip-Bergwerten einge
schifft wurde. Die angebliche arofze
Auf-fuhr von Zinn aus Britannien
wurde dann genauer erörtert, beson
ders in Verbindung mit den arabi
schen Zinninseln, den Cassiteriden
und der Jnsel AetfiT
Durch eine getraue chronologische
Prüfung und Firiiit der alten
Schriftsteller, besonders der Dom
mente von Cäsar und Diodorus, er
gab fich, daß die ersten Angaben vom
Hörensanen und nicht aus persönlicher
Kenntniß geschrieben waren, und dafz
es einen so frühen Zinnhandel mit
Britannien nicht gegeben hat. Man
glaubte zunächst allgemein, daf; sein
Westende Spanien gegenüber und im
Ozean außerhalb oder jenseits der
Casfiteriden und der dazu aehörigen
Insel Jetsis lag. Ein Schriftsteller
behauptete sogar kühn, Britannien
läge so, daß man es von der spani
schen Küste aus sehen könnte. Jn dem
kiteichsgrundbuch für Corntvall wird
Zinn nicht erwähnt; erst nach jener
Zeit wurde dort Zinn bearbeitet. Die
Geschichte eines ietzt im Museum zu
Truro befindlichen Bloeles, der im
Hasen in Falmouth gefunden und zu
dem frühen Export gehört haben soll,
ist als eine weitere Mythe in dieser
sagenhaften Geschichte anzusehen.
WH
oochhrtage platt-new
Die ältesten Bewohner Ostpreußens,
wie überhaupt wohl in Deutschland,
dürften in Litauen, und zwar imsireis
Memel, zu finden sein. Nach einer
Nachricht der Zeitschrif »Das Dampf
.boot« wohnt dre äktest Frau Namens
lIiillus in Wannaggen bei Pröiuls« sie
yhat das hohe Alter von 111 Jahren
erreicht. Die zweitälteste Frau ist die
106 Jahre alte Bansze in Dumpen bei
Karls-berg. Nur um weniges jünger
war die Orts-arme Frau Hupie in
Stuba bei Eli-ing, die dieser Tage im
103. Lebensjahre gestorben ist
Sei nicht ein Wind- und Weiterhahn«
Und fang nicht immer Neues an!
Was du dir wohl hast vorgesetzt,
Davei beharre bis zuletzt.
I O it
Von allen Tugenden die seltensie
und schwerste ist die Gerechtigkeit Man
findet zehn Großmütige gegen einen
Gerechten
Wahn
Humoreske von Hetnz Meßner.
»Kusch dich, Kerl, wirst du dich
Ileich tuschen!« ·
»Beachte ihn nicht, lieber Hans, er
soird Dir nichts thun; geh nur gerade
hinein.«
»Du hast leicht reden, Dich kennt er
wohl schon; was aber mich betrifft,
so denke ich, daß es besser ist, auf der
but zu sein."
»Utismn!« rief Fritz lachend; »ich
wiederhole, der Hund wird Dich nicht
Inriihren. Uebrigens will ich Dich,
da Du mir nicht glauben willst, ins
Zimmer begleiten.«
Der dem Ankömmling soviel Furcht
einjagende Hund war groß und
chwarz und zeigte ein Gebiß, dessen
ich das Schaufenster des allerbedeu
endsien « hnarztes nicht hätte zn
kchämen rauchen. Offenbar hatte
er »Kerl« hinter der Thüre auf dem
Fußboden gelegen und war, als Os
iar jene öffnete, mit Getnurre ausge
sprungen Als er seines Meister-:- an
rchtig wurde, legte sich Mohr langsam
wieder nieder und schenkte den Herren
keine weitere Aufmerksamkeit
s»szu um alles in der Welt
brauchst Du ein so bösartiges Geschöpf
tm Hause?« fragte Hans-.
»Ich halte nicht viel von Deinem
Urtheil," erwiderte Fritz, »wenn Du
meinen Mohr so verleumdes .«
»Wie! Sollte ich ihm unrecht thun?«
»Ja, er verdient keine chimpf
worte, sondern das höchste ob; er
hat sich mir als guter, treuer Freund
glänzend bewährt.«
»Ei, was für besonders freundliche
Dienste konnte er Dir leisten?«
»Du wirst es taum glauben wol
"len: er rettete mir hunderttausend
Wet.«
» Hans bat um die Geschichte und be
kam folgendes zu hören:
»Dir weißt, daß ich vor einigen
Jahren noch Kassirer der X.-Gesell
fchaft war. Unsere Bureaus waren
so wenig ,,einbruchsicher«, daß ich das
selbst trotz der eisernen Kasse nicht
gern einen Pfennig ließ. an der
Nachbarschaft waren mehrere geschickt
ausgeführte Diebstähle vorgekommen.
und das machte mich ängstlich. Eines
Nachts wurde das Kontor auch wirt
lich besucht, die Kasse geöffnet und
deren Inhalt entwendet. Die Diebe
fanden glücklicherweise nur ein paar
Dollars vor, aber das arae an der
Sache war, daß wir am Abend vor
dem Einbeuch eine namhafte Summe
erhalten hatten und nicht wußten, ob
die Einbrecher hiervon Kenntniß hat
ten, oder ob es bloß ein Zufall war,
daß sie gerade in dieser Nacht lamen.
Ich hatte die Vorsicht gebraucht, das
Geld in meine Wohnung mitzuneh
men, statt es der alten Kasse anzuba
trauen. Jch empfahl dem Direktor
« die Anschaffung einer neuen, verläß
lichen Kasse. Aber unser Rechtsan
walt meinte, es sei nicht wahrschein
lich, daß Einbrecher denselben Ort
zweimal besuchen. und es wäre daher
besser, das Geld von nun an nicht
mehr mit nach hause zu nehmen« son
dern es im Kontor und in der alten
Kasse zu lassen. Der Verwaltungs
eath stimmte dieser Ansicht bei
Leider sollte ich recht behalten, nicht
der Nechtsanwalt. Schon eine Woche
später empfing ich hundertausend
Mart in Noten. Jch war in Verzweif
Jung und wußte nicht, wag thun
Trotz der verwaltunggräthlichen lint
scheidung hielt ich unsere Bureausz
nicht fiir sicher. Nahm ich aber dass
Geld mit mir, so bürdete ich mir eine
erdrückende Verantwortlichkeit aus.
Dennoch gebot mir das Gewissen, mich
tu letzterem Ausweg zu entschließen
Ich brachte das Geld hierher, ohne
irgend jemandeni ein Wort davon zu
sagen. Jch gestehe Dir. daß mir an
jenem Abend nicht fröhlich zumnthe
Par. Nach reiflicher lleberlequng,
welcher Platz im Hause am geeignet
sten sei, den Schatz zu verbergen,
theilte ich denselben in zwei Hälften
deren eine ich in der Ottomane, auf
der wir sitzen, versteckte, nachdem ich
Mohr in die Nähe derselben vostirt
hatte, während ich die andere dem
Ofen in meinem Zimmer anvertraute.
in der angenehmen Erwartung, dass,
dort niemand danach suchen werde.
Obwohl ich zeitig zu Bette ging
ließ mich die Austeauna, in der id)
mich befand, doch sehr spät einschla
ien, bald wurde ich durch eine Hand
an meinem Munde geweckt. Der Be
sitzer derselben theilte mir mit, das-.
rnir nichts geschehen solle, wenn im
mich ruhig verhalte; zur Vorsicht tne
belte man mich und hielt die Mün
bang einer Pistole gegen meine Sti:
ne. Ein Zweiter behandelte meine
Frau ganz ähnlich. Nach einer Weite
begannen sie das Zimmer zu drin-s
stöbern. Sie truaen Blendlaternen
und Masken. Nachdem sie Vettern
Tische und Kleider durchsucht hatten,
glaubte ich schon, sie überlistet zu lia
ben, als ich plötzlich den einen sagen
hörte: ,,Sehen wir mal nach dem
Dien.« Nach einer Minute zogen sie
das Geld hervor-. Du kannst Dir vor
stellen, was ich empfand, wenn ich an
den schweren Verlust dachte. Ater
das war nicht alles. Die Gesellen
mußten wissen, wieviel Geld ich hatte,
denn sie flüstertem »Es ist nur die
Hälste.« Eine Gänsehaut überlief
mich. Das war in meinem Zimmer.
Run atna der eine Bursche die Treppe
hinab. Offenbar kam er an diese
Thür. Jch hörte das Umdtehen ein«-s
Schlüssel-s und dann s-— einen gräßli
chen Schrei. ·Jch hörte sofort, daß
Rohr seine Schuldigteit gethan,
sprang aus dein Bett, zerriß das«
meine Hände bindende Tuch, und be
vor der wachhaltende Mann senern
konnte, entriß ich ihm den Revolver,
stellte ihm ein Bein und warf ihn nie
der. Jch hetiimmerte mich nicht wei
ter um ihn, sondern rannte hinunter,
um das Geld zu retten; doch sah ich
den Dieb gerade zum Thor hinaus-·
laufen. Ich schoß, fehlte aber; erst
ein zweiter Schuß streckte den Fliehen
den zu Boden, während der andere
zum Fenster hinaus-sprang und ent
wischte.
Natürlich erhielt ich das Geld wie
der, und unser Rechtsantvalt mußte
gestehen, überweise ae sen zu sein,
denn die Einbrecher atten damais
zuerst dem Kontor ihre Visite abge
stattet und waren nur gekommen, weil
sie die Kasse leer fanden. Mein Ge
fangener gestand, daß es unser Buch
halter war, der ihn von unseren Ge
schäften in Kenntniß zu setzen pflegte.
Der Buchhalter lam an jenem Morgen
nicht ins Bankbureau, und wir ha
ksen seitdem nie mehr von ihm ge
)·o«ri.«
»Und der Hund?« unterbrach hier
Hans.
,,Ehre, wem Ehre gebührt! Der
Dieb wurde durch die herrschende
Stille zu dem Glauben verleitet,- es
sei kein Hund vorhanden, und toar
daher sehr überrascht, als beim Oeff
nen der Thiir Mohr ans ihn zu-;
sprang.« s
»Ei,'« incinte Hans-, »der ließ sich
aber leicht schrecken. Solche Leute
psle n sonst nicht viel nach Hunden
zu ragen.«
,,Vermuthlich.« lachte Fritz heraus,
,,hatie der gute Mann nie vorher ei
nen Hund von der Art gesehen, wie
Mohr damals war. Ich rieb dessen
Augen und Mund mit Phosphor ein
und legte ihm die starte Feder an.«
,,Phosphor? Starke Feder? Wovon
sprichst Du denn eigentlich?«
»Seit-E Augen sind aus Glas-, ver
stehst Du?«
»Aus Glas? Jch bitte Dich, redest
Du im Schlafe?«
; »Zum Geier! Siehst Du denn noch
immer nicht, dasz Mohr ganz und gar
eine Täuschung ist?"
Hans ging aus den Hund zu und
überzeugte sich rasch, daß er gefoppt
war. Mohr bestand aug — Kaut
schuk·
Fritz lachte lange und herzlich iiber
feines Freundes Schassgesicht nnd
sagte dann:
« »Die Geschichte ist sehr einfach Ich
lauste das Thier aus der letzten Pa
riser Weltaugsiellung in der Antoniu
tenabtheilung. An der Thitr sind Je
dern angebracht, die mit dem Fußbo
den in Verbindung stehne, so daß der
Hund aussieht. In seiner Kehle giebi’5
eine Vorrichtung, die das Getnurre
hervorbringt. vor dem Du so großen ;
.Respelt hattest. Wenn man die starke
Feder anlegt, von der ich zu Dir
sprach, so springt der Hund manns
hoch, und dieser Sprung entloekte dem
Einbrecher jenen Schrei.« ;
,,Famose Idee das! Nun begreife
ich alle5.« «
i
Jm Namen des Königs.
Stizze von Heinr. Binden
Ein hundertstinrmiger Schrei drang
gellend in die kalte Nachtlqu Dann
war es für wenige Sekunden still. ———
Der Schnellzug lag wie ein zuckendes
Ungethiim über dem aufgerissenen Ge
leise. Aug einzelnen Wagen lecklen be
reits ziingelnde Flammen herang. ---—
Dort drang eine hellrothe Flamme in
eine dichte kliauehwolte hinein, hier
drang schwach ein herzzerreiszendes
Wimmern hervor.
, Es war nahe der Grenze.
Ein deutscher Hilfsng war bald
eingetroffen. Kurz darauf folgte der
;belgische. Komcnandorufe wurden
l laut, im feuchten Nebel slackerten Hun
sderte von Facteln aus; wie Schatten
l liefen die Menschen in dem zitterndcn
Lichte hin und her· Die Aerzte hatten,
nicht achtend der Kälte, die Jan-en
ausgezogen. Jn Hemdgärmeln arbei
teten sie in fieberhafter Schnelligkeit.
Schauerlich lI,iingelten die Flammen
jetzt schon aus den Fenstern und Lu
ken der zertrümmerten Wagen. sp
Endlich kam die Feuerwehr. Mit
prasselnden Strahlen wurde daSFeuer
erstickt. Hunderte von Händen arbeite
ten jetzt an dem traurigen Rettung-J
wert.
Jn der Nähe des Zuges faß auf ei
ner Böschung ein Mann. lsr hatte sich
hierher geschleppt. Sein Mantel war
zerrissen nnd schmutzig. Seine Hände
bluteten. Er war einer der Gerette:
ten. -- -- Von Zeit zu Zeit fuhr er mit
der blutenden Hand vorsichtig durch
das Haar, das halb verfengt war. —-—
Auch feine Augenbrauen waren weg
gesengt, so dasz seine starren Augen,
die verzweifelt und suchend auf die
Schienen gerichtet waren, stechend und
irrend im Kon lagen. -- Ein Schafs
ner ging langsam vorüber. Er trug
eine rothe Laterne. Er hatte leinen;
Rock und keine Mühe auf deanopf. ’
Der linke Arm, der gebrochen war,
hing schlaff am Körper herunter. Er
leuchtete dem Verletzten ins Gesicht.
»Wie geht es, armer Mann? Nur
Muth. Sehen Sie mich mal an —
ich kann es vor Schmerzen kauni mehr
aushalten. —-« Mein Arm brennt wie
Zeiten«
Der Angeredete gab keine Antwort.
Er fah still, mit unverwandten Au
gen, zu den Fackeln hinüber, die am
Zuge hin und her hufchten.
i »Kann ich Jhnen nicht helfen?« l
T Wieder keine Antwort I
Der Schaffner stolperte jeht wie
ein Betruntener in die Dunkelheiti
hinein Hin und wieder flackerte dass
Licht der rothen Laterne noch aus«
dann war es verschwwunden s-— Ein’
großer, breitschulteriger Mann kam
jetzt von den Schienen herüber. Lang
sam tam er näher. —- Als er zu dem
Verleyten kam, setzt-e er sich zu ihm
nieder.
»Ist es schlimm geworden?«
i
i
i
i
l
i
Der Angeredete schüttelte miide den
JKopf, ohne zu antworten.
»Waren Sie mit jemandem zu
sammen?«
Der andere nickte kaum merklich.
»Wer war es denn? Jsch will schnell «
hingehen. Vielleicht kann ich· noch hel
fen!«
Wie aus tiefem Schlafe fuhr der.
andere auf. , »
’ »Bleiben Sie hier,« antwortete er
heiser, »ich will « ich will es nicht
wissen«
Nach kurzem Stillschweigen fragte
de Große wieder: »Wer war eH
denn?« «
»Meine Frau s— — nnd —-—-— mein ——i
Kind« T
Ruhig, ohne zittern der Stimme
sprach er eg. Es war der traurige
Klang, den die Stimme eines völlig(
Hosfnungsloseu hat
Der andere versuchte, ihn zu trösten
»Da driiben bei den Aerzten da sind !
viele Gerettete. tfg sind auch mehrere(
Frauen und Kinder dabei. ---— Sie
mögen vielleicht darunter sein."
»Vor diesem ,,vielleicht" habe ich zu
groß-e Angst.«
Er sank mijde zurück. s-- Dann
sprach er leise: »Als ich vorhin diesen
Schlag bekam, wurde ich besinnungs
los — und als ich erwachte, war es
zu spät· Man hatte mich herausge
holt --« ichs war leider gerettet·«
Eine Frau hob sich jetzt in der trü
ben Beleuchtung aus der Dunkelheit
hervor. Mit einem Anffchrei uni
armte sie stiirmisch einen Knaben.
Die beiden sahen dieser Szene
schweigend zu.
Leise sagte der Verzweifelte: »Ich
habe keine Hoffnung mehr WJch habe
jetzt so lange hiniib—ergestarrt, daß mir
die Augen wehe thun. Jch sehe nur
noch tanzende Flammen. Bleiben Sie
hier und helfen Sie mir hinüberspäs
hen, ob sie kommen.«
Den großen Mann erfaßte unend
liebes-« Mitleid. Er streichelte den an
deren wie ein tleineg Flindz »Sie
werden kommen, ganz gewiß. Sehen
Sie, da kommt schon wieder eine
Frau durch die Dunkelheit; und drit
ben ist jetzt ausreichende Hilfe.«
Fiir eine kurze Zeit sah der andere
auf, dann bedeckte er wieder die Aus
gen. Gleich darauf sprach er leise:
»Sie werden sie sicher erkennen, wenn
sie kommen Marie ist groß und
schlank, ihr volles Haar ist wunder
bar braun, und das Kind hat goldene
Locken —-— wie fliifsiger Sonnenschein.
Es sind die schönsten Locken, die man
je gesehen hat.
Der große Mann sank zusammen.
Mit giitiger, fast von Thränen erstick
ter Stimme sagte er:
»Ich habe auch zwei Kinder zu
Hause.«
Dann herrschte eine Weile tiefe
Stille, so daß der traurige Lärm von
driiben zu den Beiden herüberdrang.
Der erste sprach jetzt mit matter
Stimme: »Warum mußte ich all-ein
gerettet werden! —-- Es ist schrecklich.
———— Sehen Sie, das ist meine Strafe.
-— Eine grausame. wohlverdiente
Strafe. Meine Reise war eine
Flucht. -«— Ja, sehen Sie es mir denn
nicht an, daß ich ein Verbrecher bin?
-- Ein Dieb -—— ein ganz gemeiner
Diebs«
Mit heiterer Stimme und in abge
rissenen Sätzen hatte er es herausge
vreßi.
Vergebens suchte ihn der große
breitschulterige Mann zu beruhigen.
»Nein, es hatte keinen Zweck. -—-— Ich
weiß es. —- Sie sind mir schon aus
den Fersen. --— Jch wäre doch nicht
über die Grenze gekommen. — Und
drüben wollte ich ein neues Leben an
fangen. —-— Ich war kein Lump —--—
nein. Krankheit hat mich dazu ge
trieben. Jch schwöre es bei meinem
todten Kinde. Und nun sollte es doch
anders tommen.«
Gebrochen sank er zurück. Ein hef
tiges Weinen schüttelte seinen Körper.
Auch dem Großen liefen zwei
Thrünen über die bärtigen Wangen.
Er griff in seine Tasche, als ob er
etwas suche. Schnell zog er die Hand
wieder heraus.
»Das dumpfe Schweigen, dass jetzt
folgte, wurde unterbrocken durch ei
nen Schrei des Großen: »Dort, dort
sie kommen!« — Es klang wie ein
siegreiches Triumphaeschrei —--- wie ein
Aufschrei iibermenschlicher Freude.
»Hab-: ich nicht Recht behalten?
Jch wußte, daß sie kommen tvürden!« »
,,Marie! --— -— Mein Kind-, mein
einziges tstind!« j
Zitternd umschlang er sein Weil-»
lzitternd vor Freude tiißte er sein
Kind. «— —- —
Der Große schlich sich fort. Er ging
zu dem Zuge hinüber, um.zu helfen.
Jn dem zuckenden Licht der Fackeln
zog er ein Stück Papier aus der Ta
sche. Ein heftiger Windstoß führte es
fort, den Flammen zu, die noch im
mer aus den Wagen quollen. Jetzt
zhaten es die Flammen ergriffen —
Und langsam fraßen sie an dem Pa
pier hinauf. — Wort für Wort ver
brannte. Zuletzt standen nur noch die
Worte: »Berhaftsbefehl.. — »Im
Namen des Königs.« —- Ein neuer
Windstoß kam, und das Papier war
verbrannt. —- —
W—
Strafe für traf tka is ei
Vier-euren
Eine kaiserliche Verordnung betref
fend die Einziehung vonVermö en
Eingeborener im südwestafrikanisigen
Schutzgebiet bestimmt folgendes: Das
Stammesvermögen solcher Eingebore
nen, welche gegen die Regierung, gegen
Nichteingeborene oder gegen andere
Eingeborene kriegerisch-feindselige
Handlungen begingen oder bei diesen
Handlungen mittelbaren oder unmit
telbaren Beistand geleistet haben, ein
schließlich der nach der Verordnung,
betreffend die Schaffung von Einge
borenen-Reservaten vom 1.0. April
1898 gebildeten Reservate, kann ganz
oder theilweise eingezogen werden. Die
Einziehung wird durch den Gouver
neur versagt. Die Einziehung kann
auch dann verfügt werden, wenn sich
nur ein Theil eines Stammes der be-·
zeichneten Handlungen schuldig ge
macht hat. Die von der Einziehung
betroffenen Eingeborenen können bin
nen vier Monaten nach der öffentli
chen Betanntmachung beim Gouver
neur gegen die Einziehung Einspruch
erheben; der Gouverneur kann seine
Verfügung abiindern oder aufheben,
andernfalls trifft der Reichskanzler
die endgültige Entscheidung. Jst die
Einziehungi unanfechtbar geworden,
dann gehen die den Eingeborenen an
dem eingezogenen Stammesvermö en
zustehenden Rechte auf den Fis us
liber. Die Befugniß zur Einziehung
von Stammesvermögen steht dem
Gouverneur auch ohne die zuerstge
nannten Voraussetzungen hinsichtlich
solcher Eingeborenenstämme zu, die
ilire Stammegorganisationen verloren
haben. Jst die Seelenzahl eines Ein
geborenenstammes im Verhältniss zur
Größe des Siammeglandes so gering,
daß die wirthschaftliche Ausnutzung
deg ganzen Stammeggebiets ausge
schlossen erscheint, so kann der Gou
verneur so viel davon einziehen, als
zur Erhaltung- des Stammes nicht
erforderlich ist. — Die Verordnung
trat am J· Februar 1906 in Kraft
Verwandelte mkxikanischchdnlß
Wie allbekannt, sind in unserem
eigenen Lande Beispiele von geradezu
zauberhasters Verwandlung früherer
Wildnisse und Wüsteneien in blühende
und fruchtreiche Auen oder in Schau
plätze wimmelnden, gewinnreichen Jn
ristrielebeng sehr zahlreich. Jn den
letzten Jahren aber, in denen die mexi
lanisebe Nachbarrepublik so große in
dustrielle Fortschritte gemacht und sich
immer mehr »amerikanisirt« hat, kann
auch sie derartige Zauberstiickchen auf
weisen; eines der bemerkenswerthesten
derselben ist das nachstehende, das
außerhalb der unmittelbar betheiligten
geschäftlichen Kreise bei uns nur wenig
lekannt isi.
ltaum sechs Jahre sind es her, daß
die »verlorenen Hügel Mexikos« —
einc unregelmäßigeKette niedriger
Berge von etwa 18 Meilen Länge in
der Gegend von Cananea — zu den
ödesten Strichen deg ganzen Landes
gehörten. Jenen Namen erhielten sie«
beiläufig bemerkt, von Geologen des
wegen, weil sie ohne alle Verbindung
mit irgend welchen anderen Höhen
ziigen stehen und daher einen sehr ver
lassenen, abgerissenen Eindruck ma
chen. Dieser Eindruck aber wurde zu
einem geradezu ,,gottvergessenen« das
dureh, daß fast nichts auf diesen ein
samen Höhen wiieth, kein Mensch —
wenigstens nie ein Weißer ----- sich hier
niederließ, und sogar Raubthiere ge
wöhnlich diese Hügel niieden, trotzdem
hin und wieder verlaufenes Fwornvieh
sieh dorthin verirrte. Einen wilder und
hoffnungsloser aussehenden Erdwinkel
konnte man sich in siidliehen Regionen
nicht denken.
Aber wie uingezauoert steht heute
diese Landschast da, wenn sie auch kein
Rosengarten geworden ist! Denn hier
trird gegenwärtig das dritt
g r ö ß t e Kupferbergwert der Welt
betrieben, und ist eine blühende Stadt
von über 20,0()() Einwohner-n erstan
den. Und das Alles ist keine Buhmi
schöpsung, sondern sehr soliden Cha
rakters und verspricht noch größeres
Wachsthum. Die Stupserniine selbst
hat Stollen in einer Gesainrntliinge
von nicht weniger als Ttsk Meilen; 5000
Mann holen hier täglich 2560
Tonnen Felsgesteinaus den Einge
ireiden dkrtirde und lassen es durch
Silnnelz und Hiittenwerte gehen, in
welchen fiir mehr als It Millionen
Dollarg Kupfer. Gold und Silber pro
Jahr darauszs gewonnen wird. Jngges
sammt haben diese Bergtverksanlagen
bereit-H 5755 Millionen Dollarg gebracht
und von Erschöpfung ist teine Rede.
Jn der ganzen Odheniette wogt es
von gewaltiger industrieller Thätigteit
iivcr und in der Erde. Allenthalben
erheben sich große Sdilote, lstieszereien
allerhand sonstige Werkstätten, elektri
iche Beleuchtungs- , tiiL und Wasser
Vlnlagen u.s.w. Dazu lomnien die
Eisen und Strasienvahnem Schulen.
Hospitälen Banlen und Alleg, was zu
Einer hochmodernen Industriestadt ge
)ört.
So präsentiren sich Heute« die »ver
lcrenen Hiigel«, und es wäre eigentlich
hohe Zeit, ihren Namen zu ändern.
trotzdem sie ja geologisch .gebliebeu
sind. wag sie warens
—-———--.-..--. .-..
Spät kommt ihr, doch ihr tommt,
i tann man vom heutigen Winter sagen.