Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 16, 1906, Sweiter Theil., Image 9

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    Yegmska
Staats- Anzeigrr Und Yernld
J. P. Winoolvh, Herausgeber tHeand Island Nebe.16.-sebtnar1906 (Zweitet Theil) Jahrgang 26 No Zä.
« Viezdlqauk JMFO «
Ob von jener blauen Blume
Alte Sagen dir erklangen,
Von der Blume, deren Spuren
ltnsfre Dichter nachgegangen?
Fig-er sie fand- sah in der Erde
llnerrnene Schätze funkeln,
Jhres elches mildes Leuchten «
Heller seinen Pfad im Dunkeln.
Und die Welt, die leidensrnüdn
Sah er prangen, glanzumflossenz
Alles Große, alles Schöne
Lag vor seinem Blick erschlossen.
Alles Große, alles Schöne,
Instit je mein Herz erglühte,
Wintt mir leuchtend aus dem Reiche
Dieser blauen Zauberbliithe.
Alice von Gande
Diethtstiftekm
Ls".1xnoresle von B e r t h a Fi a t
schen
Anna Juhasz war ein seelengutes
itndstiichtiges Frauchen. Sie verstand
cr-, ihrem etwas anfpruchgvollen und
Bequemlichkeit liebenden Gatten —
der als Sohn reicher Eltern seineJuH
gcnd in Paris und Rom flott verlebt
nnd erst im »beften Mannesalter« he
schtossen hatte, sich ins Ehejoch zu
lpannen -— sein Heim behaglich zu ge
st.:lren. Alle Welt wunderte sich da
mals darüber, daß die Wahl des no
bcln Lehemannes gerade aus Anna ge
fallen war« die bescheidene, in ärmli
oscn Verhältnissen ausgewachsene
»Es-tunc der Hausfrau« seines Bru
ders-. Besonders schön war dasi
Mädchen auch nickt, wohl aber ein»
,,-nolletes«, gesund-IS Ding, dem die
Levensfreude aus den klugen schwor-;
sen Augen«blitzte. Die ganze reiche?
Verwandtschaft fühlte sich verpflichtet, !
iiver diesen »tollen Streich« des jüng« i
sten Theilhaberg der Firma ,,Juhcigzs
Es Söhne« entriistet zu sein und dem s
iunaen Frauclsen unverhohlen ihre’
!«.«(iszc.chtung zu zeigen. Das waren
veichage und Jahre fiir das Pärchen
urd wäre Anna von der weisen Natur
nicht mit einer ungewöhnlicken Dosis
gesunden Menschenverstandes nnd
wahrer Herzenggüte ausgestattet wor
den, die Geschichte hätte bös werden
tonnen. So aber wußte das tlcine
Weibchen mit ihre-n Pista umzugehen.
Time es zu merken, verwandelte sich
Der Lebensann in einen behäbigen Phi
hin-r, der sich nur in« seinen behag
Lichen vier Wänden wohl fühlte, umv
aeven von der zärtlichen Sorgfalt sei:
rer Anna, die in merkwürdig kurzer
Zeit Salon-Alti.iren angenommen
nette- nnd sich ioie eine Dame don Welt
l-e:iahni. Sie verstand es vortrefflich,
seinem verwöhnten Magen Rechnung
Zi: tragen und las ihm alle tulinarii
schen Wünsche von den Augen ab. Als
er einmal, weil ihin geschäftlich nichts
gelingen wollte- besonders verdrieß
Iii heiinkain, quälte sie ihn nicht viel
»si! Fragen, sondern setzte sich hin und
sclkrieb seinem Vater, dessen Liebling
er stets gewesen« einen deiiiiithigeii
Brief« in welchem sie ihrem stumme-r
lariiber Ausdruck aab, daß ihr aelieb-s
irr Mann sich im stanin ums Dasein
riiireibe iind von Friih bis Abends
arleile, um ihr ein angenehmes Da
ieiii zu bereiten. Man inöae ihn doch
.:c(l, Budapest zurückberusenx sie sei
l-ereii, das Feld zu räumen; doch soll
its-n niebt verrathen werden, daß sie
Tiefen Brief geschrieben Die von or
thogrnphischen Fehlerii ioiininelnde
lfpiftel gab dein alten Herrn zu den
len. Am Ende war sein Pista doch
nicht dumm gewesen, alg er dieses
einfache Mädchen steile, da sie es ver
standen- ihn nicht«nur an sich zu fes
sein, sondern auch aus den rechten
Wen zu leiten. Sollte die bei ihm er
suchte Arbeitslast eine dauernde blei
ien, so lönnte man's- ja wirklich noch
einmal mit ihm versuchen. Jn dieseni
Sinne schrieb der Alte und botPista
die Vertretung- des hauses Juhagz in
Wien an, wo das Paar eben weilte.
Anfangs bäunile sich sein Stolz gegen
die Annahme des, wie er meinte, un
tergeordneten Postens aus; aber der
Klugheit Annas gelang es, ihn zu
iioerzeugen, daß det Alte ihm damit
nur eine goldene Brücke bauen wolle,
um es ihm zu ermöglichen, später
wieder als Fheilhaber ins Geschäft
eins-irrem Von ihrer festen, aber
weichen Hand gelentt, gab er allmäh
lich seine Kavaliersgewohnheiten aus
und wurde ein ebenso tüchtiger Ge
ichästsrttann wie Musterehemann.
titubsi, Wirth-H und stafseehäusen
deren ständiger Habitne er gewesen
nsrtrden ihm verhaßt und gleich einem
imschechten Engländer ward seine De
oiie »my home is mn castle«. Anna
verfehlte nicht, dein Alten in Budai
pest von Zeit zu Zeit Berichte iiber
das musterhaste Betragen ihres Gat
ten zukommen zu lassen nnd ihr Gliicl
in überschwenglichen Worten zu schil
rerrn Nach Jahr und Tag konnte sie
denn auch die Freude erleben, daß
Rista ins Hartvtceschåst berufen wurde
und die Aussöhnung mit der Familie
ersolgta
thun begannen die fetten Jahre,
cber Anna blieb sich treu. Sie rieb
tete ihren hausstand den Verhältnis
sen entsprechend recht angenehm ein,
alter ohne ienen übertriebenen Lukas,
de in gewissen Kreisen der ungarischen
Metropole so- sehr überhand nimmt.
Sie besuchte mit ihrem Manne zu
sammen auch öster Theater un Kon
zerte, aber ihre Lieblinasbeschä tiaung
Jvar —- die Ehevermitteluna. Sie hatte
es sieh iin den Kopf aesetzi möglichst
viele arme Mädchen ihrer Verwandt
schast und Bekanntschaft glücklich zu
umheu- Die Geschichte war übrigens
sshk einfach. Bei ver Firma Juhaszi
gab es vierzig bis siinfzig An- -
gestellte, die früher oder später
’ eine Lebensgesährttn brauchten.
JDiese Herren nahm sie aufs Korn,
beobachtete sie ein Weilchen, und wenn
ihr der eine oder der andere besonders
aesiel, säbelte sie ihn langsam, aber
siebet ein. Sie lud eine Coustne,
Nichte oder die Tochter einer alten
Freundin zu Gast, die jungen Leute
lernten einander kennen, mitunter lie
ben und Frau Anna, die selbst keine
Kinder hatte, konnte nun mit Feuer:
eiser an die Ausstattung ihres Prote
ges schreiten. Da gab’s im Hause
alle Hände voll zu thun, Näherinnen,
Schneiderinnen, Stickerinnen gingen
ein und aug. Frau Anna war in ib
rem Element. Den Höhepunkt dieses
menschenfreundlichen Spottes badete
natürlich das Hochzeitsiest, das stets
ssn Hause Annas stattfand
Ein rundes Halbdutzend solcher
Partien war klipp und tlar gegliickt.
(s«sJ begann sich bereits ein Mangel an
E elandidatinnen einzustellen und
Anna nahm sich daher vor, sobald die
kleine, bionde Agneg. das Trichterchen
einer Nichte, an den Mann gebracht
sein toiirde, eine längere Pause ein
treten zu lassen· Agneg lag ihr be
sonders am Herzen, das lustige nied
liche Ding sollte eine wirklich ,,(lu:s-;·«
Vartie machen und deshalb hatte
Anna ihr Anae schon seit längerer
Zeit auf den Prokuristen der Firma
getrorsen. Das war ein hübscher-,
eleganter Mann mit seinen llingangs
formen, wie geschaffen siir Agneg. Er
war groß. start und britnett, sie zier
lich und blond, beide letzenslusttg.
Eines Tages fühlte Anna ihm aus
den Zahn, er wich aber ihren Anspie
lunaen sehr geschickt aus und ertlätte,
daß er noch aar keine Lust zum Hei
rathen verspiikr. »Das sagen sie alle,
die heutigen iunaen Männer,« dachte
sie im Stillen »Den muß ich nur
schlauer anvacten, der länst mir eben
nicht von selbst ins Garn.«
Gar bald hatte sie auggetnndschas
tet, daß Albert Bab, einer ihrer Vet
tern, mit ihrem neuesten Opfer eng
beseeundet sei. Kurz entschlossen lud
ssekillbert »in einem »Schwarzen« ein
nnd let-Faun ohne viele Umschweifr.
»Ich habe dich heraebeten, weil ich
dicli nm einen Dienst ersuchen will.
Unser Proturisi Schwarzer gefällt
mit-» ich möchte ihn mit Aaneg Totb
»Ist lennst sie, glaube ich auch ---
otrlseärathen Er macht aber Schwie
iiateiten Tn bist, ivie ich höre, sein
Freund, und lannst die Geschichte leicht
lnfyluß bringen, wenn du ihm bei je
den1«3usaitin1ensein von Agnes’ Vor:
»zum-n etwas vorschwärmst. Agnes ist
is. amtlich ein ber,ziaeg, süßes Ding,
du benebst also keinen Verratb an dei
nem Freund, wenn du ihm das Mäd
clxen im rosigsten Licht darstellst....
Du lannst auch einslieszen lassen, daß
ian in: Hause Jubagz eine glänzende
'-3lilnnft gesichert wäre, denn Agnes
ei der besondere Liebling meines
U.«-.’r:iine5."
Albert verzog keine Miene und ließ
sich bis aufs Tipfelchen vorn i den
schlauen Kriegsplan von seiner Base
rkisHeinandersetzen die endlich mit den
Warten schloß: »Zum Dank fiir deine
Miit-e sollst du, wenn die Geschichte
z: lingt, der Brautfiihrer sein, auch
betornnist du dann zur Hochzeit von
nxir einen pitfeinen Frack.«
»Und vielleicht aar auch eine Braut
and keinem unerschöpflichen Vorrath?«
bei-»rein er schmunzelnd. »Nun, ich
verspreche dir, zu thun, was ich kann,
um siir Agnes eine vassende Partie zu
Stande zu bringen«
Die gute Anna hatte teinc Ahnung
davon ,daß sie den Bock zum Gärtner
machte. Albett begab sich schnur
straer — —— nicht etwa zu seinem
Freund, sondern zu Agne5! Sie
wollte aerade auf den Eisplatz gehen.
,I«-arf ich Sie begleiten, mein Fräu
'ein? Ich habe mit Ihnen etwas fehr
wichtiges zu besprechen.«
Sie zögerte einen Moment mit der
Antwort, sah ihn mit ihren großen
blauen Augen fragend an; dann er
röthete sie big an die Haarwurzeln,
sagt e aber doch mit fester Stimme:
Gehen wir!«
Time Weile schritten sie stumm ne
beneinander her und sahen sich nur
argenseitig verstohlen an. Erst als
sie dre- Stadttväldchen erreichten und
Amtes Miene machte, heim Klang der
Musik ihre Sck ritte zu beschleunigen,
sagte er plötzlich:
,,3-räulein Armee-, ist es Ihnen be
tontan daß Anna Sie verheirathen
Amt k«
Sie brach in ein helles Lachen aus.
»Tante Anna—mich? Mit wem,
wenn ich fragen darf? Doch das ist
eaal! Jch lasse mich ja doch nicht auf
Befehl verheirathen! Das könnte mir
tatsent Ich will auch noch gar nicht
l,eirniben.«
,Wirtlich nicht? Jhr Herzchen
schlägt noch niemanden entge ens«
fragte er eifrig und fah ihr da i so
ententhiimlich in die Augen, daß sie
die ihrigen senten mußte.
»Ich will ieine sogenannte gute
Partie machen! Jch will——«
»Wissen Sie, wen Anna Jhnen zu
gedacht hatt-«
»Nein, denn den nehme ich auftei
tien Fall, und wenn sich alle guf den
Ston stellen! Und. . und esist sehr
ob dienlich von Ihnen, daß Sie sich
zu solchen Sachen hergeben, das hätte
ich nie» von Ihnen gedacht,« rief sie
plötzlich in Schsluchzen ausbrechend.
Atbert war ein Gemüthsmensch, der
Thriinen nicht sehen konnte —- noch
dazu auf offener Straße
»Aber Agnes, so weinen Sie doch
n: tit! Die Leute könnten denken, daß
-—taß ich Sie beleidigt habe «
»-. Das haben Sie auch, und wie!
Mir io etwas zuzumuthen! Pfui, wie
schiert-U«
»Ich selbst muthe oskhnen gar nichts
zu. Aber Cousine « nna will, daß
Sie den Prokuristen heirathen.«
»Den» . den mit dem großen
SchnurrbartU Er sieht ja aus-, als ob
er einen fressen wollte. Jch hasse
ilic Männer, die einen aufgezwirbel
tci Schnurrbart tragen Merten Sie
fici dass« Dabei sah sie ihn heraus
fisrtcrnd an. Jnftinttiv fuhr er sich
ins Gesicht und zwirbelte rasch den
:ei:iigen in die Mundwinkei hinab.
»Und jetzt adieu! Ich will Schlitt
schuh laufen «
»Wer Agnes, ich bitte Sie, so hören
Sie mich doch zu Ende. »Sie wissen 1a
MAY qur Nicht "«"’-—
»ich weiß leider mehr als genug!
Uebrigens heiße ich Fräulein Toth «
fi1,iesie mit possirlicher Würde, »und
soiiniche nicht länger belästigt zuwers
den, nein Herri«
»Auch dann nicht, Agne5, liebe Ag
neLs. wenn ich Jhnen aus tiefstem Her
zensarunde dafür danke, daß Sie mei
neu Freund Schwarzer nicht mögen?
Sie haben mir einen Stein vom Her .
zen gewälzt... Nun brauche ich nicht,
wie Anna es wünscht, Sie herauszu
streichen, wag »wir fehr, sehr schwer
aesoorden wäre.«
»s:ludfzerordenit ich schmeichelhaft fiir
mich, das muß ich sagen! Die Höflich
ieit haben Sie wahrlich nicht erfun
den: doch das macht nichts, Sie sind
wenigstens aufrichtig und das liebe
Ich
,Wirklich? Ich darf Jhnen also
altes,fagen, wag ich auf dem Herzen
NOT-«
,,tinaenirt! Der Anfang war gut!«:
»Nun denn, ich liebe Sie, «
lieLc Sie innigst, und wenn Sie schon
Durciaus heirathen müssen, dann neh
meu Sie nur mich! Jch sage Jhnen,
die Tante wird Augen machen, wenn
wir Itng als auf eigene Faust Ber
lotste vorftellenl«
Agneg kämpfte zwischen Lachen und
Tät-such »Sie böser Mensch!« war
erlieg, was sie sagte, aber Albert lag
aus« riefen drei Worten ihre Zustim
inuna heraus, führte ihre kleine Hand
-.«.u tie Lippen, gab ihr den Arm und
fpi'ich'
»Am in Arm mit Dir fordere ich
die Tante in die Schranken...«
lind Frau Anna machte wirtlich
arofte Augen, als die jungen Leute
sich Ihr als Verlobte vorstellten.
,O)ratulire herzlich! EinverftandenZ
Daf-, ich nicht selber an diese Kombi
nativn gedacht habe, ift die größte
Dummheit meines Lebens. Den neuen
FracL lieber Albert, betotnmst Du
aber dennoch --— trotz Deiner Hinter
list.«
—. .—-—O.---—.-.-—
Der liebenswürdige Führer-.
Humoreste von Hugo Maro.
»Wie gesagt, liebe Einma « meinte
Herr Theodor Lehmann in Berlin zu
der treuen Gefährten seines Lebens,
»ich halte es siir das Richtigste, unse
rem Paul von meinem Besuche nicin
zu schreiben, sondern ihn zu iiberrum
peln. Es ist doch ganz klar, daß man
aus diese Weise einen besseren Einblick
in das wirkliche Leben nnd Treiben
des Herrn Sohnes gewinnen kann, ali
wenn er sich infolge vorheriger Be
nachricktiaung siir den väterlichen Be
such hübsch präparirt hat.«
Und so hatte sich der Herr Papa
ohne seinem Stammhalter ein Ster
brnslvörichen von seiner bevorstehen
den Anlunst mit-urtheilen, am Mor
aen in die Eisenbahn gesetzt, um gen
Süden zu dampfen.
Jetzt stand er aus dem Mariiplatze
deg sächsischen Städtchens. an dessen
Technilum Paul seinen Studien ob
lag; es galt nunmehr, sich nach der
Weberstraße durchzusragen.
Herr Lehmann trat aus einen des
Weges daherlonsmenden Beamten iu
einer ihm gänzlich fremden Unisorm
zu und erkundigte sich mit höflichem
Gruße, wie er am nächsten zu seinem
Ziele kommen könnte. Der Gefraate
lieh ihm mit der größten Bereitwillig
keit sein Ohr.
»Noch· der Wiiberstraße wollen Se?
Nu, mei bester Herr, da gönnen Se
sich glei mir anschließen —— das is Se
nämlich auch mei Weg. «
Jn lebhaftem ·Geplauder schritt
Herr Lehmann an der Seite des
Fremden dahin, aufs Angenehmste
berührt von dem gemijthlichen, freund
lichen Wesen seines Führers, der ihm
aus allerlei Fragen erschöpfende Ant
wort gab.
»So, mei’ bester Herr, hier sein mer
scljon in der Wäberstraße. Urn welche
Haugnummer handelt’5 sich denn,
wenn ich den Herrn fragen diirfte?«
,,Nr. 14.«
,,Nr. 14? . . . Da wohnt ja der Herr
Dächniker Lähmann.«
»Sie kennen den jungen Mann? Jch
bin sein Vater.«
»Seht erfreut, Jihre werthe Be
kanntschaft gemacht zu haben, Herr
Latmanrn s— Wo werd’ ich Se denn
rzn jungen Herrn Lähmann nich’ gen
nen. —- Aber da is schon das Haus-. «
,,Dante, danke vielmals! Doch nun
darf ich Jhre Liebenswürdigteit wohl
nicht länger in Anspruch nehmen, jetzt
Everde ich mich schon allein zurechtfin
en.«
Aber der eifrige Führer achtete nicht
der Worte. »Der junge Herr wohnt »
lzwei Treppen hoch, ——— wenn Sie er- :
lauben, werde ich oorangehen.«
»Das muß ich sagen,« dachte Herr
Lehmann, von solcher-liebenswürdigen
Gefälligteit sind die Menschen bei uns
in Berlin nicht. Führt mich der Mann
thatsächlich bis an die Thiir meines
Sohnes.«
»So, da wären mer,« · sprach der
Unisormirte, ,,säh’n Se, hier aus der
Visitenkarte an der Thstr steht’g:
Paul Lehmann
stud. rer. techn.
»Mein Herr, wie soll ich Jhnen dan
tcnI« Herr Lehmann konnte sich nicht
enthalten, seiner- liebenswürdigen
Fiihrrrg Hand zu drücken·
»O, keine Ursache, keine Ursache,
.-:-ei’ tester Herr-! --—— Sahn Se, ich
bin Se nämlich der Gericht-Svoll»-;ieher
unt wollte so wie so bei Ihrem Herrn
Sohn- aerade e bißchen psänden.«
Kinderthränen
««-»Ztizze von Charleii Foleh.
Die heiße Mittagssonne wirft alii
trente Strahlen aus das träge dalie
act-de Gefängniß. Jtn Hof spielt Li
link-. das Töchterchen des Wärters.
Jbr scheint es ein Garten, nnd sie
findet ihn schön, weil hinter den fin
steten Mauern in der schwarzen Erde
drei dunketrothe Geranien blühen.
Lamme-, heiter, nichts cxhnend von
den Verbrechen, die hier qesiihnt wer
den, tummelte sie sich in der Sonne.
Da s- ein leises Knistern hinter der
!I.'."c.uer läßt sie einen Augenblick ihr
Stxikl unterbrechen. -- « Jhre blauen
Stinderaitgen haften aus der halban
aelehnten Thür. Mit der Behendia
teit einer Katze biickt sich ein Mann
nach rechts-, dann nach tintg, späht
tauirnd um sich und springt getäusch-lv
los in den Garten. Hastia schiebt er
den schweren Riegel vor die Garten
thür und athmet befreit auf.
Mit einigen harmlosen Verhrechern
tcrtraut, blickt Liline diesen ohne Er
staunen an, obwohl sie ihn nicht kennt.
Sie findet ihn häßlich in seinem mit
Ruh beschmutzten Kittel, dem sahlen,
adgeisiaaerten Gesicht, und den grün
lich schillernden Augen. --— — Jetzt
hindert ihn nur noch dag zarte Wesen
oor ihm, und angesichts der herbei-·
gest-litten Freiheit dehnt er sich behag
lich und lacht in sich hinein. «Liline
trachtet ihn schon gar nicht mehr nnd
spielt fröhlich ihr Hüpsspiel weiter.
Der Mann geht auf sie zu. Liline
steht aus eine-n Fuße, und in der
«)ttigs:, sie könne mit dein anderen
Fuße austreten und müßte das Spiel
von neuem beginnen, klammert sie sich
an seinen stittei. Er hebt die Hände,
zwei häßtiae grobe Hände, und rreist
dar-tät an den Hals des Feinde-L Fras
gend sieht sie zu ihm ans und bittet
iexit ihrer süßen Stimme:
,(i:eh’ doch ein bischen fort. Mei
nen Ziein mus; ich jetzt hinter Deinen
Fus; werfen, nnd Du hast nichts ans
teni Fuße, dann tbu’ ich Dir tveh!«
Die-Hände des Mannes sinken her-s
ab. Er weicht zurück. Liline wirst ihr
Sterneser über den letzten Strich nnd
tlatscht fröhlich in die Hände:
»Da-:- Spiel hab’ ich gewonnen.
seist-sollst Du mitspielen. Hast Du
Zu U«
Sie bringt ihm ihre Schaufel.
»So, nun sang’ an. Wir wollen
eine Burg bauen!«
Der Mann stammelte heiser: »Ich
iann nicht spielen.«
»Das sind’ ich gar nicht nett von
Tir. Die anderen spielen alle gern
mir mir, die thun alles, was ich will.
Vielleicht möchtest Du lieber mit der
Uteßtanne spielen? Schöps Du das
Wasser aus dem Brunnen, ja? Jch
tann das noch nicht.«
» Sie faßt seine Hand und neigt sich
tief izber das Wasser:
«Guck Du auch hinein, dann kannst
Du ePech auch sehen . .. Deine Augen
sehen tin Wasser ganz böse aus . . .«
Dsr Mann riß sie so heftig zurück,
das- zwei große Thränen in dieKin
s derzugen traten.
s »Du hast mir weh gethan... Die
sauberen sind alle viel besser zu mir.«
« Als er sie weinen sieht, redet er ihr
mit mühsam verhaltener Stimme zu:
,,«ITse-.n’ nicht, Kindch-en, ich wollte Dir
nicht wehe thun." Aber Du sollst Dich
ni« so über den Brunnen neigen..«
Gleich getröstet, lachte sie unter
Thriinen. »Aber wenn du dabei bist,
kann ich doch nicht hineinsallenI Nun
psliåcis mir die Blumen!«
Er pflückte die Geranien und gab
sie ihr.
,,Gesallen die dir? Die sind hübsch,
was . . . roth wie Blut . . .«
Der Mann barg das Gesicht in den
Händen.
»Steck die Blumen fort!« stieß er
gequält hervor. ’
Liline liesz sie erschreckt fallen. Ihre
Augen füllten sich wieder mit Thrä
nen. Er neigte sich zu ihr und versuchte
zu lächeln.
,,Wein’ doch nicht« Ich werde jetzt
gut zu dir sein und mit dir spielen
wie die anderen! Jch will nicht, daß
du wseinst . . .«
Behutsam streichelt er die gold
blonden sLocken der Kleinen.
Da s— —— — verzweifeltes Riitteln
an der Thür, eine Stimme ruft: »Li
line, bist du da?«
»Ja- Papa-«
»Mach aus, mach schnell auf!«
»Ich kann doch nicht ranreichen.«
»Wie hast du denn die Tbiir ge
schlossen?«
»Ich war das nicht, Papa! Das
hat er gemacht . .
»Wer?!« schreit der Wärter angst
voll auf.
»Ich weiß ja nicht, wie er heißt.«
Liline erfaßte die Hand des- Man-—
1:eg. Seine Augen glühen, er ergreift
die Schaufel.
Flehend sehen die Kinderaugen zu
ihm auf, und er sieht Thränen darin
schimmern. Er stöhnt auf wie ein ver
ispundetes Thier. Schnieichelnd bittet
ie:
»Mach du doch Papa auf . . . Du
wolltest doch gut zu mir sein . . . Und
gieb mir meine Schaufel wieder, jetzt
lcill ich damit spielen. !«
Er giebt ihr die Schaufel Liline
zieht ihn zur Thür.
»Sieh mal, ich bin doch zu tlein,
mach du doch dem Papa anf!«
Er zögert einen Augenblick, dann
mit einem Ruck schiebt er den Riegel
beiseite. Drei Wärter stürzen sich auf
ihn und fesseln ihn, während der Va
ter Liline ergreift und stürmisch an
sich preßt. Doch als Liline sieht, daß
die Wärter den Gefesselten mit Fuß
tritten vor sich herstoßen, ruft sie
schluchzend: i
»Papa, sie sollen ihm nicht wehi
thun. Wir haben so hübsch zusam
men gespielt. Er ist nicht schlecht,
ganz sich-er nicht . . . Papa, fag’ ihnen
doch, sie sollen ihm nichts thun, bitte,
bitte, nicht . . .«
Der Wärter zuckt mit den Achseln
,,Laf; nur, du kleine Närrin, der
Mann ist ein Mörder! —-- --- —
—
Crxnmruug an Hochamt-.
Von dein verstorbenen preußischen
tstcntral der Artillerie v. Hoffbauer
erzählt man sieh in militärischen strei
sen folgendes-: Als am 1t). Juli 1866
die tsreußischen Divisionen Beher und
Goeben gegen die hinter der sranki—
schen Saale bei Kissingen und Ham
nsslhurg stehenden Bayern vorstießen,
fuhr auf dem nördlich von letzterer
Stadt gelegenen Berge eine preußische
Vattrrie im Trade aus und warf zum
Schrecken der ihre Wohnungen verlas
senren Einwohner Granaten in die
Stadt, um die baherischen Jäger da
rat-L- zu vertreiben, ohne daß übrigens
bedeutendere Schäden angerichtet
wurden Als im Laufe »der Nenn
ziaer Jahre der Jnspetteur der preu
szijaen Feldartillerie tijeneralleutuant
v. Hofsbaucr bei den Uebungen der
bayerischen Artillcrie auf dem Trup
penirbnnggplatz zum erstenmal nach
Hammelburg karn, am Bahnhof von
ten höheren Ossizieren empfangen
wurde nnd dann mit diesen durch die
Stadt fuhr, in der er ehrerbietig bes
griißt wurde, äußerte er mit einen:
Vliet auf den Berg launig zu seinen
Begleitern: »Es ist nur gut, daß die
Leute nicht ahnen, daß ich vor dreißig
Jahren auf ihre Stadt habe schießen
Lassen, sonst ginge es mir doch
ichlechti« Er war der damalige feind
liche Batteriechef Hoffbauer.
W
ilnlautcre Konkurrenz.
Einbrecher: »Schlechte Zeiten!
Nitstg ist mehr zu holen! Wo man
hinkaman war der Gerichtzvollzieher
schon da.«
Vathespriich.
Hth das Schoßhiindchen lieben
gnadiges Fräulein so sehr!« . . . dann
mar’s ja gut, daß seiner Zeit Noah
ein Paar davon mit in die Arche gei
nominen hat.«
W
Das Pers-; renne-u ver Dass-W
Dämmer-. »
Aus Wien vom 22. Dezenrber M
richtet das Neue Wiener Tat-blatt: ·
litestern Vormittag hat der Das-F
Franz Joseph den Kommandanten des
Oraqoner Regiments Fe Jeldmarilf Max
und Generalleutnant Raimund
und Reichsgraf Montecurcoli Nr.ü
Oberstleutnant Ludwig Vetter, in bee
sonderer Audienz empfangen.
Sbcrstleutnant trat »unangemeldet
und in voller Rüstung« beim Kaiser
rin; die Audienz erfolgte nämlich nach
dein dem Regiment zustehenden Pri
vileg, dag es als Kürassier-Regirnent
des Grafen Dampierre von Kaiser
F inand dem Zweiten für die im
Hehre 1619 bewiesene besondere Treue
nnd Tapferkeit erhalten hat. Nach
diesem Privilea darf »das Regiment
in Tieiistfällen unter Trompetenschall
sind mit fliegenden Standarten dsurcb
die Hofburg und durch die Reichs
haupt- und Residenzstadt Wien mar
schiren, auch auf dem kaiserlichen Hof
buraplatz sich aufstellen und durch drei
Tage allda für die freie Werbung den
Lservtisch ausschlagen«. Von dem Re
gimmt wird dann »von der dem Regt
nentslommandanten in der Hofburg
Pro forma einzuräumenden Wohnung,
Dolsin die Regimentsstandarten zu
bringen sind, die Wache bezogen«, und
dem jeweiligen Regimentskommam
danten ist bei solcher Gelegenheit
stattl» unangemeldet und in vo er
kktiistnna vor dem Kaiser zu erschei
nen.« Auch wird das Regiment nie
rednzirt oder aufgelöst. Kürzlich ist
nun der bisherige Regimentskomman
oant Ottokar Pizzighelli zum Kom
iii.n·-danten der 16. Kavallerieisrigade
ernannt worden. Der Kaiser ernannte
Oderftlseutnant Ludwigi Vetter zum
Seumniandanten des Regitnents. Als
sich der Offizier qestern beim Kaiser
in feiner neuen Eigenschat vorstellte,
nicclxte er von dem alten « rivileg Ge
t:- :::cb.
Gtiick tm Hausez
,L«-?-2-.- ist ein tiefer Segen, der aus
dem Wort Dir spricht: Erfülle aller
wer-en getreulich Deine Pflicht.« —
Das Leben einer Hausfrau und Mut-·
ter leiteht aus einer Kette von großen
unt: kleinen Pflichten und sie kann
nur dann ihr Dasein zu einem wahr
hast beglückten und beglückenden ge
st.ilten, wenn sie diese Pflichten gern
und gewissenhaft aus sichs nimmt. Wie
Viele Frauencharaktere sind darauf an
gelegt, freudig und selbstlos Opfer zu
tr«ngen, wenn es gilt, eine große,
schöne freiwillige That zu vollbringen.
Aber in Erfüllung kleiner, alltäglich
wiederkehrender Pflichten erlahmen
sie. Und doch geht gerade von diesem
stillt-m unablässig getreuen Walten der
Oauksran der echte Segen aus, der
das Hang durchströmt. Immer mit
freundlichem, zufriedenem Sinn das
aus firh nehmen, was der Wechsellauf
t--J Jaaeg bringt, keine Mühe scheuen,
nso es gilt, das Behagen der Familie
";u fordern: dies ist das Geheimniß,
wol-fix das beglückende Walten der
Frau besteht. Das moderne Leben mit
seinen Ansprüchen ruft die Frau viel
mehr, alg es früher der Fall war, hin
aus ins Leben. Jhr Blick tveitet sich
im Ueberschauen sozialer Zustände,
ilire Bildung erhöht sich durch Theil
nahme an Kunstgeniissen aller Art.
Die Berufene darf mitschaffen helfen
an dem großen Werk der Nächstenliebe
nnd Frauenbewegung Aber welche
Hausfrau und Mutter ihr nächstes
Fetd der Thätigkeit im eigenen Haus
zugetheilt erhält, möge auch ihren
sbiinsten Beruf darin erkennen. Jhr
Vorbild und Wirken ist von unbere
ihetiisarern Einfluß aus die Gegenwart
lind Zukunft Wenn sie dem Gatten
die liebende gleichgestimmte Gefährtin,
den Kindern eine treusorgende Muts
ter, den Dienstboten eine gütige ge- «
rechte Herrin ist, dann hält sie den
lsesien Segen in ihrer Hand: das
Glück im Hause. M. J. B.
—-«———--.—O—.-.-—-.
Etddeeren bringen jetzt 75 Cents
dag- sQuart; aber sie sind wenigstens
nicht in hinreichenden Mengen vor
handen, um den Geldmartt merklich zu
beeinflussen
sie
sie
Jni Osten ist am 21. Januar ein
Mann ain Sonnenstich erkrankt. Viel
leicht gibt es am 4. Juli erfrorene Na
en.
s It- V :x
Einer Entscheidung des Richter-s
Garn zufolge ist eine Frau ein Luxus
artilel. Daraus ist aber noch nicht
ersichtli(11, daß ein Eheniann eine Not
wendigkeit ist.
II: L: :k
Eine Zeitung vergleicht die Algeci
rag-.iionseren·i mit einer Karnevalss
sitzung. Wahrscheinlich tragen dann
die Herren Diplomaten Mir-Rothw
Fioftiinie
dis« Il- -k
Wie die sirone gleifzt und glänzet,
Das weiß jeder, den man frägt.
Wie die Krone aber drücket,
Das weiß der nur, der sie trägt.
Auch die funkelndfte, fchimnierndfle
Krone
Hält eine Dornenkrone verborgen,
Deren Dornen: -—— des Volkes Sorgen
Druni, wer nicht fühlet der Krone Last,
Hat seine Herrscherpflicht nicht erfaßt
Helene, Königin von Italien.
sit sit II X
Dame: »Ich möchte für Jimmy ein »
paar Handschuhe zum Kindermaskew
ball.« Verkäufetim »Wir führen
solche zu einem Dollar.« Dame: »O;··
das ift mir zu teuer. Ja, Jimmy, du«
mußt Du Dir eben ——— die Hände wa
s fchen.«