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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Feb. 16, 1906)
Senta Wolksburg. Roman von Elsbetb BokchW (10. Fortsetzung) .Wollen Sie noch draußen bleiben, liebe Senta?« wandte sich Fräulein Rupett jeßt an Senta. »Es ist ein köstlicher Abend, und ich leiste Ihnen gern Gesellschaft .,Nein, danke, ich bin müde und möchte lieber schlafen geben« »Nun, wie Sie wollen« Ein ei en thiimlicher, beinahe sartastischer - on lag in ihrer Stimme. Senta empfand ihn, ohne zu wis sen, was er bedeutete; aber sie fühlte, daß ihre Abneigung gegen die Dame in diesem Augenblicke stärker war denn « . Sie wandte sich der Thür zu- und Erstlleån von Rupert folgte ihr kalt n . ine Woche später, an einem son sent-eilen Julimorgen, schlenderte Tenta durch den Part. Die Unter ttchisstundg die sie heute ausnahms we se nur von 8——9 Uhr gehabt hatte, var vorüber und Fräulein von Ru pert hatte sie beurlaubt, das heißt, sie hatte gesagt, daß sie wichtige Angele nheiten zu ordnen und Briefe zu eiben habe. Senta möge deshalb noch ihrem eigenen Geschmack den Bor Iiittag ubringen. Mel m Umstande sie solche Frei t zu verdanken hatte, wußte sie sicht, aber sie freute sich darüber. Troß aller Liebenswiirdigkeit, die die Haus Iame ihr erzei· te, konnte sie doch das bedrückende Ge iihl des Beobachtetwer dens nie recht los werden. Jhrer offe MRatur war das geradezu zuwider. ute fühlte sie sich zum erstenmal · davon- und sie beschloß in echt ndlichem Uebermuth, einen recht susgiebigen Gebrauch von ihrer Frei heit zu machen und den Vormittag dazu zu beanen, endlich einmal wie der auf die geliebten Berge zu klettern. tte man ihr die einsamen ifziige außerhalb des Bartes un tersagt, und sie erinnerte sich noch ganz Bau jenes Mittagessens. wo Onlel xinulian ihr auf Fräulein von stupects Anregung in kurzen Worten erklärte, daß er eine Wiederholung derselben nicht wünsche· ute war der Onkel jedoch schon Bii ausgeritten auf sein Jagdschloß o schach und wollte erst am Abend Die zurück fein. Das Verbotene heii nun einmal einen besonderen Reiz. und uptsiichlich Naturen, die einen ftar en eigenen Willen haben, lehnen sich g ·en dessen Beeinträchti gung gern au . Es ergeht ihnen wie edlen Bollhluthengften: sie können auch nich-i in der Kandare gehen. Senta wählte ohne Gewissensbisse ten We , der zum Pakt hinaus an den Flu des Fichtenberges führte, und von hier aus begann sie den Auf stieg auf schmalem Pfade. Er bot so viel des Schönen und Romantischen, daß sie in dem Genutz schwelgte. Bald es durch dunklen- duftenden annenwald, bald an hoher Fels wand vorüber. Sie mochte über eine Stunde gestie sn ein, als sie endlich Halt machte, III ch auszuruhen. Sie legte sich er den weichen, moosigen Waldhoden Un verschränkte die Arme unter dem K und träumte, lachelnde, ver « ende utunftsbilder. So ich n die es Träumen war, so sachte sie ihm och nach einer Weile ein Ende. Sie durfte sich nicht zu lange verweilen und das heimgehen t vergessen. ch ver eblich suchte sie den Weg den sie vor in gekommen war. Sie harte ihn vorhin verlassen, um sich ein gemiithliches Ruheplätzchen Zu Eckern aber sie hätte nicht geglau t, ß sie so weit von-ihm abgelommen war. Sie gingt treuz und quer . . . nirgends zeig sich ein Weg, nur Sälen-, grüner Waldboden und dich des Unterholz. .«Rnn, das kann gut werden, finde ich denWeg nach der Wolfsburg nicht » Zurück lachte sie. Allmählich aber verstummte ihr Lachen, ja, als sie eine Isch- Stnnde umhergeirrt war, ohne einer-Weg zu finden, und der Wald Ist immer dichter wurde, da sank ihr ; Muth ganz erheblich. Es war kein angenehmes Gefühl und kein costs-sendet Gedanke, vielleicht die W hier zubringen zu müssen, wäh nend unten der Ontel sich um sie eg: Und wie sollte man sie hier , wenn man sie suchen ging?. . . « wsrde sie gerade hier an dieser M suchen. wo Berg und Wald sich seitenroeii erstrecken? Sie raffte allen ihren Muth zu sammen und ging beherzt weiter, im mer der Richtung noch, wo sie die Wotfsbuk liegen glaubte. Und schon g ein o fnungsstrahl durch ihre äuss, ais ees plö lich hell durch die time schimmern ah Beim Näher commen jedoch igte sich der helle Streifen, den sie Stett einen Weg gehal ten hatte, als ein ziemlich breiter, wild steömender Gebirgsbach Das war cis Unvorhet esehenes hinderniß, das - M ein mii iägebietendes halt. — M ils-In? Die chuhe unt- Strümpfe vszieden und hindurchwateni Davot We siewi nicht zurück, aber wie wissen, ob drüben der rich W Its wart F-— bei-—- hallet« M ihre Stimme erschallen in das doch vielleicht ein sen in der Mitte wäre sAber soweit auch ihr Nu drang, nie mand antwortete ihr. a lehnte sie .ch muthlos und ermattet an einen Baum, und die Reue beschlich sie. Sie hätte doch dem Gebot Onkel Maxim lians folgen und sich nicht so weit »allein hinauswagen sollen. Das war nun die Strafe. , Eine bange halbe Stunde verfloP jJn kurzen Zwischeniiiumen ließ in mer wieder ihr Hallo erschallen doch immer vergebens. Das Schlagen ihres Herzens, die bange, zitternde Angst machte einer tiefen Resignation Platz Wo waren die stolzen Träume und Zukunftsbilder, die sie vorhin aeipcnnen hatte? Senta Wolfgbnrg sollte nie ein Stern am immer derl Kunst werden, ihr junges eben sollte früh ende n. i «Hallv — hv — ho« — Wie ein Schmerzensschrei klang es. »Es-o — ho— ho« Wie eleltrisirt wandte Senta sich um. Jhr Ruf war von einer kräftigen LJtiinnerstirnme beantwortet worden. Vor Freude außer sich, saltete sie die Hände und noch einmal rief sie laut, um die Richtung anzugeben: »He —bv hier« . Von jenseits des Baches schritt aus den Bäumen ein Mann hervor und« Senta erschrak trotz ihrer Freude. Kein ’ cndcrer als Onkel Maximilian war es, der sich schnellen Schrittes näherte. . Er war im Jagdanzug und trug das sag dgewehr über der Schulter. ich gerade von ihm hier bei dem Verlotenen ertappen und erade von ihm hilse dafiir zu begehren, kam ihren Stolz schwer an H Graf Wolfsburg mußte sie jetzt er- J kennt haben, er machte eine Bewe-; ganz des Staunens » »Denta, Du bist’ö? Kind, wie» kommst Du allein hierher?« rief er« LInlebek «,ch verirrte mich, Onlel Maxim li:.n —und ——tann den Weg nicht znrxickfindenf gestand sie ein wenig zis.ger»nd.»4 · Wo in oenn sjraulem von knoan geblieben?« v, Fräulein von Rupert kam nicht mix.«« »Wie? Sie ließ Dich allein gehen?« »Sie weiß nichts davon, daß ich bietberging« , »Hm — so —- Du saatest es ihr nicht, weil Du wußtest, daß diese ein samen Streifereien gegen ihren und meinen Wunsch sind?« Eine dunkle Röthe schoß in Sentas Wangen; sie senkte den Blick zu Boden und antwortete nicht. »Und nun erwartest Du von mir,« —- fuhr er fort, »daß ich Dich ur Be lohnung auf den rechten Weg ZithreP Jetzt sah sie schnell auf. »sta, Ontel Maximilian»" Diese feste Zuversicht entlockte ihm ein Riiu pern. »Der Weg nach der Wolfsburg führt nur diesseits des Baches ——Du wirst Dich also wohl oder übel zu mir bemäben müssen.« Seine Stimme hatte einen eigenen Klang; Senta wußte nicht« ob er im Ernst oder Scherz sprach. »Durch den Bach2« fragte sie. ,.Freilich — es führt tein anderer Werg — ,. ach Küßnacht,« fiel sie lachend ein. »Gut, ich werde tommen.« Sie näherte sich bei diesen .Worten dem Bach. .- »Halt — mach keine Thorheiten, Kind. Der Bach ist viel zu tief und reißend für eine junge Dame.« »sa, aber-wie soll ich denn nach Hau e kommen?« «Warte-—ich werde Dir helfen.« Graf Wolföburg nahm mit lurzem Entschluß sein Gewehr von der S ul ter, lehnte es an einen Baum und ieg das Steingeröll hinab in den Bach. Das Wasser reichte ihm erade bis an den Rand seiner hohen agdstiefel. Senta beobachtete schweigend und mit Staunen diese Manipulatiom Ietzt tte er das andere Ufer er reicht un ftand neben ihr. »So — thörichteö Kind — komm, ich trage Dich hinüber.« »Du, Onkel Maximilian?' fragte sie bebend. »Gewiß —— warum nicht? -—— Ver traust Du meiner Kraft so wenig oder plaslst Du, daß ichDich nicht sicher hinüberbrächte?« · »O nein, nein-beides nicht« »Nun also« — Es durchzuckte sie seltsam, als er sie emsorhob mit einer Leichtigkeit, als sei sie ein Kind, aber sie ließ es wider- » standsloö geschehen. E »Le e Deine Arme um meinen Hals ·-— fester —so —das bietet für» Dich und mich meer Halt« J Borgchtig und langsam stieg er mit seiner asi in das Bett des Baches zurück, und ebenso vorsichtig, immer große Steine suchend, durchwatete er as Wasser-, das in wildem Laus hoch an ilm ausspritztr. Senta ruhte zitternd an seiner Schulter, die Arme, seiner Wei ung gemäß, um seinen Hals gelegt. in» Kopf berährte zuweilen ihren Körper. und sie siihlte, wie schnell sein At ern ing. Das Herz schlug ihr zum r springen ; n var das User erreicht. Er ? , c M « Si kinsu und se te seine La ab.( Kein Gesicht var getötbet unx sein s Ut ging noch immer heftig. Er na :n den km ab und trocknete sich ten Schwei . »Ich war Dir eine schwere Last,« sagte sie verlegen. »Tai« Er lachte und schüttelte den Kopf. Ich könnte Dich meilenweit tragen, o ne eine Lafi zu fdiirem — Nun folge mir, ich werde Dich den richtigen Weg nach der Wolfsburg sitt-um« - Er nahm sein Gewehr wieder iiber die Schulter, und fo schritten sie eine Weile schweigend neben einander her. .,Gieb mir das Versprechen. Dich nicht wieder so weit allein hinauszu wagrn, Senta« — sagte er jetzt. »Dies mal hat Dich ein glücklicher Zufall in die Nähe meines Jagdgeliindes ge führt, aber Du konntest Dich einmal wirklich verirren, wo kein Menf Dich wiederfinden —- Verfprichft u es nurfar »Ja —- ziirnft Du mir?'« »Aber nein —nein —- ich —halt, Kind, Du fällst.« Er griff nach ihrem Arm und og sie von dem Abgrund zurück, dessen Rand sie so nahe war, daß es nur eines Fehltritts bedurfte, um hinunter zu stürzen· »Bleibe an meiner Seite und gieb mir Deinen Arm, so gehst Du siche rer.·· Der Weg wurde jetzt sehr schmal Eint steil und war von Steinen über art. Er zog sie näher zu sich heran und führte sie orgfam, damit sie auf den spitze-« Steinen mit ihren seinen Stie felchus nicht ausglitte. »Hast Du Dich sehr geängftigt, als Tit vorhin den Weg nicht mehr zurück fandest?« fragte er nach kurzer Pause und beugte sich ein wenig zu ihr herab. »Ist-letzt wohl, als ich bereits eine Stunde lang vergebens umhergeirrt war.«· »Siehft Du?" »Du meinst, das wäre die gerechte Strafe gewesen?« Er zwinterte mit den Augen. ,Verdient wäre sie fchon.« »Ach —Du bift grausam.« ,Wirklich?« Er zog ihren Arm, der ihm entglitten war, wieder fefter an »Ja — gan gewiß, denn dieStrafe war zu hart sitt das Vergehen. Zieh wollte ja nur meine lieben Berge - suchen. »Du sollst nur nicht allein gehen, Sentc.«' »Soll ich es denn Fräulein von RLVert oder Brigitte zumuthen, diese ieschtoerlichen Wege mit mir zu gehen?« »Nein, nein, sür die Dame wie siir Brigitte mögen Deine Kletterpartien allerdings zu anstrengend sein. Wenn Tu Dich jedoch —- meiner Führung anvertrauen willst, so will ich Dich zu i den schönsten Stellen führen.'« — ! »Du wolltest, Onkel Maximilian?« rief sse überrascht und ersreut dazwi schen. - »Gewiß, wenn es Dir Freude IstCchL « »Aber Du bist so beschäftigt, und wenn Du einmal Zeit hast gehst Du auch viel lieber aus die Jagd. « »So? Meinst Du?« Er lachte hell aus. Das tiime aus den Versuch an. Wir werden einmal eine Zeit verab reden, ja?« »Von Versen gern.« Jn ihren Auxn leuchtete eg. blieb stehen und nahm ihre Hand aus seinem Arm. » ier trennen sich unsere W e. Sie da unten die Thürme der Wol s hu:fg. Du kannst den Weg nicht mehr ve. ehlen.« »Du kommst nicht rnit heimt« fragte «:e verwundert. .Nein —ich — muß noch einmal hinaus. Adieu, Senta!« Er zog den but und stieg, We sich »He-eh einmal umzusehen, den znru . Senta ging der Wolsöhurg zu. ! 1 1. K a p i t e l. . »Es gingen drei Tiger wohl aus die stich. ! Sie wollten erjagen den weißen l , Hirsch. Wisch- husch! Plis, pass! Tra-ra!« Ruth Deqenhart stand am Garten izaun des Psarrgartens gelehnt und ; lauschte den Tönen, die aus dem nahen - Walde herübertlangen. P Six hatte den Kopf etwas vorge « beugt: aus ihren Wangen brannte eine dnntle Gluth, und in ihren Augen spiegelte sich eine selige Ahnung, ein frohes Ermatten wider. ' Da — sie preßte die Hand aus das lautschlagende Herz —- trat ein jun ger Mann in Jägertleidung aus dem Dunkel des Waldes und jetzt — hat ten seine scharsen Augen sie schon be ,n1ertt? — schwenkte er den Hut mit Eufttem Juchzer ein paarmal durch die u . Zum Zurückziehen war es zu spät. -So ängstlich auch ihr herz klopfte, Rath Degenhart rührte sich nicht von der Stelle. «Griiß Gott, Fräulein Rutht« Er rief es schon von weitem, with rend er seinen Schritt beschleunigte. Er war grosz und schlank gewach sen und verrieth in Haltung und Be wegungen den Osiizier. Sein vor nehrn geschnittenes, jugendfrischelt Ge sicht zeigte ein Paar lachende, kecke Augen, eine seine, gerade Nase und ein Schnnrrbiirtchen itber den rischen Lippen. · »Grüß Gott, Antlit« wiederholte ’er. »Das nenne ich Glück.« Er reichte dem verle en errötheni den Mädchen die Hand it den Zaun« die Be etwas st ergetzt « rith M. tr SM! »Herr Grasi fragte er erstaunt und ergriff iiber den Zaun hinweg auch noch ihre andere hand. » »Saaen Sie einmal, kennen Sie den tollen Hans Joachim, Ihren Spieltameraden, denn nicht mehr?« Sie suchte vergebens, ihm ihre hände zu entziehen. »Die Zeit der Kindheitsspiele ist vorüber — wir sind groß geworden.« »Aber mächtig, und schön dazu — wenigstens der eine Theil. Aber — hindert das, daß wir uns wie einst bei unseren Vornamen nennen? — Die kleine Rath Degenhart war doch Hans Joachims Freundin noch vor zwei Jahren, ehe sie in Pension kam. Jst die Freundschaft jetzt vorbei? — Bitte, thun Sie nicht so fremd mit mir —- nennen Sie mich wieder Hans Joachim.« »Hans Joachim," sagte Ruth unter heißem Erröthen, »Sie sind doch im mer derselbe'« — — ,,Unverbesserlicher Taugenichts«, fiel er lachend ein. »Ja, sehen Sie, damit müssen Sie rechnen, Sie ten nen mich doch seit langen zehn Jah ren. Doch —- wollen Sie mich wirt lich noch länger hier draußen wie ei nen Bettler stehen lassen? Das war sonst nicht Sitte im Psarrhanse von Wolfsbura; selbst Bettler-n öffnete sich das gastliche Thor.«« »Natürlich. natürlich, bitte, treten Sie nur ein — das heißt —- meine Eltern smd mit Johannes« — Johannes ist hier?'« fragte er er freut, öffnete ohne weiteres die Gar tenpforte und trat ein. »Ja,« antwortete sie, «Johannes in jetzt immer bei uns, da «er hier Hilfs prediger geworden ist« Er wird sich sehr freuen, Sie wiederzusehen, doch sind er und die Eltern augenblicklich leider nicht zu Haufe.« — »Aber das trifft sich ja herrlich — ich meine, daß Johannes in Wolfs burg ist. —- Jch bleibe natürlich hier und warte bis er wiederkommt. Jch muß den lieben Jungen wiedersehen. —- Halt — wo wollen Sie denn hin? Meinen Sie, ich wäre in den Pfarr garten eingetreten, um siir mich allein zu sitzen?« »Jch will nur einmal sehen, ob ——— Johannes nicht vielleicht doch schon« »Er wird schon herauskommen, wenn er da ist. Bleiben Sie doch, Fräulein Ruth, leisten Sie mir ein wenig Gesellschaft Wir haben uns ia volle zwei Jahre nicht gesehen und uns so viel zu erzählen. Setzen Sie sich hierher — bitte —- bitte.« Wer tonnte diesen treuherzig bli ckenden Augen widerstehen? Ruth Degenbart war ein frommes, teufches Kind, das von der weltlichen Liebe noch fo unberührt war wie eine frisch erschlossene Blüthe vom Erden staub. Doch was war es, was ihr das Herz vorhin so stürmisch tlovfen ge macht, als sie die betannte Gestalt des jungen Grafen am Waldesfaum ge wahrte — was hatte ihr das Blut in die Wangen getrieben, als er vor ihr gestanden und ihr so warm und innig in’s Auge geblickt hatte? Sie wußte fes nicht und dachte über ihre Empfin dungen auch jetzt nicht nach, aber — sie blieb und setzte sich neben ihn. : Hans Joachim brachte schon seit » zehn Jahren seine Ferien jedesmal aus ider Wolfsburg zu, und da es ihm an JAltersgenossen fehlte, ging er ins Pa fftorhaus mit dessen Kindern er sich »anfreundete, obgleich Johannes vier quhke ane- und Nun- sechg the jiinger als er war. Das störte nicht« und fo wurden alle Spiele zu dritt ausgeführt, bis Johannes aus die Universität lam. Von da ab waren hani Joachim und Ruth aus sich al lein angewiesen. und sie verkehrten miteinander wie zwei gute Kameraden. Dann wurde Hans Joachim Leutnant und erhielt nur einmal im Jahre Ur laub, den er stets bei feinem Oheim aus der Wolssbnrg verbrachte. Als er das leite Mal auf der Wolssburg lweiltr. war Ruth in einer größeren iStadt in Pension. und somit hatten ysie sich zwei Jahre nicht gesehen. Er shatte fie zulent als 16ijährigen Back jfifch mit langem hönaeiopf gesehen; als er ietzt der jungen Dame gegen überstand, sielen ihm unwillkürlich Schillerö Worte ein: »Wie ein Gebild aus Himmelshöh’n sieht er die Jung frau vor sich stehen.« Er war ebensowohl von Ruths lieblicher Schönheit als von ihrem scheuen, misdchenhaften Wesen entzückt. Noch besser gefiel es ihm freilich, als im Laufe des Gefpriichs ihr steife-i, förmliches Wesen fchwand und sie wie der die alte tindliche Rath von einst wurde. »Nun sagen Sie mir, Hans «« va ; chim, woher Sie so unvermuthet am lmen. Auf der Wolfsbura weiß man ifrigts von Ihrem beabsichtigten Be ! u .« , »Ich komme dirett ans meiner Gar nison«, antwortete er, während ihm» Lder Schelm aus den Augen blitzte, Land befinde mich auf Urlaub. Auf jder Wolfsbura soll's auch niemand jwifsen; ich will den Oheim überra Jschem Weiß der Teufel —- Verzeih ung, Fräulein Ruth, dergleichen ge ziemt iich wahr nicht in einem Pasika j gaeten — warum der Ontel mich dies smal nicht wie sonst zur sag auf die IWolfsbur geladen hat. net doch yeinrnal seåem was auf der Du get flog ist. ann mir nicht denten, ß sich auf einmal in Ungnade gefallen jfein sollte, bin mir mit Ausnahme ymeinet sträfliche-r Uebermuths keines fötaatiberbrechens bewußt. gahaha Fängen-F Sie. Ums-. haben i-- nie « n i Migt die Musik« »Nun, wir werden es bald raus haben. —- Apropos — was macht denn die kleine Jtihres« »Wen meinen Sie, Hans JoachimV »Nun, das Mada. dar Ze- Onkel zu sich aus die Wvlssburg nehmen wollte. Er schrieb es mir, so unge siihr vor fünf Monaten. haha, kann mir den Oheim gar nicht als Kinder erzieher, das heißt als Mädchenerzie her denken, hat sich nie mit dergleichen abgegeben und fährt auch bei er ge ringsten Gelegenheit gleich mit seinem Donnerwetter rein. Jst nichts siir Möbchen.« »Mit Ihnen denn der Herr Gras seitdem noch nicht wieder geschrieben?« fragte Ruth erstaunt Reine Silbe, sag’ ich Ihnen, er schweigt sich todt. War ja nie beson » ders silr Briefeschreiben, aber das geht I doch über die Hutschnur.« ; »Nun, so hören Sie —- die Sache lverhält sich nämlich ganz anders«, z lachte Ruth. : »Anders? So wäre aus der Ge schichte nichts geworden?« « »Doch, doch, aber Senta ist gar lein Kind« »Kein Kind? Ja was denn? Ein Hund —- ein Papagei?« »Hahaha, Sie sind köstlich, Hans Joachim —- Senta ist —- eine erwach sene junge Dame, ein Jahr iiinger als ich — also 17 Jahre alt.« »Sie scherzen —- der Onkel schrieb mir doch von einem Rinde.« »Er hat es zuerst auch selbst ver muthet und war dann sehr überrascht. » »Das glaube ich schon. Doch, mein Himmel, man erkundigt sich doch vor her, wenn man mit den Verhältnissen seines eigenen Bruders so wenig ver « traut gewesen ilt.« ; »Sie kennen ja die traurige Fami - liengeschichte und wissen, daß die Brü jder ganz entzweit waren.« » »Allerdings —- — was ist also diese - Senta siir ein Menschenlind?« » »Ein schönes. liebes Mädchen, meine ?liebste, beste Freundin.« »Aha, darum ist der Freund wohl abgesetzt worden?« »Aber Hans Joachim!« » »Nein, nicht? Nuth -— —- liebe Ruth!'« — —- Er ergriff ihre Hand . und preßte seine Lippen darauf. »Da kommt Johannes!« Nuth war mit einem Ruck ausge sprungen und eilte ihrem Bruder ent gegen, der soeben den Weg vom Hause her herauslam. In der nannten Minute schunenen sich die ehemaligen Freunde herzhaft die Hand, und Johannes führte den Gast in die Laube zurück. So saßen die drei noch eine Weile in launigem Gespräch. Ruths Wan gen brannten, und um ihren Mund spielte zuweilen ein verträumtes Lä cheln. Sie fühlte Hans Joachims Blicke, ob er nun mit Johannes oder mit ihr sprach, beständig auf sich ru hen, und in ihr Herz stahl sich etwas Frohes, himmelftiirmend Glückliches. Endlich erhob sich Hans Joachim. »Wir werden uns nun öfter sehen; denn ich gedenke vier Wochen hier zu bleiben-« »Vier Wochen?« fragte der junge Pastor bestürzt. »Meiner Treu, Du fragst das in einem Tone. als ob Du mich am lieb sten ins Pfefferland tviinschtest." , Pastor Johannes wurde blaß, aber er lachte auf: »Das glaubst Du selber nicht, Hans Joachim.« « »Nein, gewiß nicht, dazu fehlt jeg licher Grund. Doch nun lebt wohl, grüßt mir Eure Cltern.« Er schüttelte beiden die hand, wo bei noch einmal ein inniger Blick in Ruths Augen tauchte, und ging zur Pforte hinaus. Aus halbem Wege drehte er sich um und schwenkte seinen Hut grüßend zurück. Die beiden Geschwister standen am Zaun und sahen ihm nach. »Ruth.« »Johannes.« Sie sahen sich an, und in beider Augen schimmerte es seltsam. Keiner mußte, was in des anderen Seele vor ging; sie lasen vielleicht nicht einmal m ihrer ei enen. Doch mit einem Male reichten sie sich schweigend die hände. Johannes zizg die Schwester an sich, und einer horte den herzschlag des anderen. »Nun geht er nach der Wolfs bUtg««. sagte Johannes, wie aus sich . beraus. Rath nickte. Es wurde ihr beklom men und weh zu Muth. Sie hätte weinen mögen und wußte selbst nicht warum. Hans Joachim eilte unterdes froh aemuth der Wolfgbura zu. Jhm hing der Himmel noch voller Geigen, und er hätte sie einzeln herunterholen mögen. Voll Kraft und Jugendmuth Erbe eines großen Majorats, bisher niemals von ernstlichem Leid er kif fen und dabei aufaehend in feinem Beruf als Offizier, fehlte ihm eigent lich nichts zu feinem Glücke. Es ftellte fich ihm foaar in den Weg, wie vorhin, als er Nuth Degenhart am Gartenzaun traf. Ein frohes Liedchen trällernd, be trat er die Wolfshurg. Der alte Gottlieb fchlua vor Ueberraschung die hönde über dem Kopf zufammen, als er den Junker Leutnant ankommen fah. Er wollte eö foaleich feinem deren melden, doch hani Joachim hielt ihn am Arm zurück. »Ich will mich feibe anmelden, Gottiieh.« Nach wenigen Minuten ftand er in Onkel Maximiltan’s Zimmer. »Bist Du es denn wirle alter tXeifgtiznkfpmmii Fit- au eiråmax · ein ng in ra Mithin indem ei von feinem l Stuhl auffprana und dem Rsslm Um aus eftrectten änden entgegenging· « , Onkel, ch bin's, und wenn Du mich nicht hinaustoirfst —- ich Its-M mir vorgenommen, Dir fiir einige ZM ! Gesellschaft zu leisten.« Das ist ein gutes Vornehmen. Wie lange hast Du Urlaubs« · »Wer Wochen —- iuchhet Verzeiht meinen Uebermuth, aber ich bm is stob, dsß ich endlich wieder hier bin. Ich hielt es nor Sehnsucht gar nicht mehr tm Regtment aus·« . »Bist Sehnsucht nach mirs« lachte der Graf amitsirt aus. »Junge, Du flunterst.« Hans Joachim nahm den dargebo tenen Stuhl und setzte sich neben set nen Oheim. ,,Jawohl, nach Dir und nach dem Wild, das ich erlegen möchte.«s » »Ah so —- Du hast Jagdgelusiex nun, die können befriedigt werden DVch- böte,'« er hob drohend den Fin; aer, ,,nimm mir tein edles Wild aufs Korn.« « »Sei ohne Sorge«, lachte Hans Joachim. . »Warum theiltest Du mir deinen Besuch eigentlich nicht vorher mit?« »Ich wollte Dich überraschen, und dann —- Ivußte ich nicht, ob ich Dir gelegen kam. Du hast gar nicht ge schrieben» mich gar nicht wie sonst — eingeladen.« · »Du weißt, daß Du mir stets will tommen bist. Allerdings — dasz ich Dich diesmal nicht auf die Wolssburg » lud, hat einen tieferen Grund.« s »Wcichen2« « , »Ich schrieb Dir. daf; die Wolfs l l l burg einen Zuwachs erhalten sollte durch meine Nichte. Sie ist bereits « 8" »Und was hat das mit meinem IHiersein zu thun?« » l »Sehr viel! Meine Nichte»ist« tem Hiind mehr, wie ich Dir irrthumlicherk l weise mittheilte.« s »Ich weiß es.« ! »Woher?« l »Ich erfuhr er vorhin von Johan l nes und Rath Degenhart, die im Gat lten standen, als ich vorüberging.« ; »Dort tamst Du von dem Bahnhos ; aus vorüber?« ! »Ja — ich —— machte den kleinen « Umweg, um — Dich nicht zu friih zu stören.« »Ach so —- Du bist sehr rückfichis voll. Aber saae, mein Junge, nun verstehst Du mein Schweigen, nicht wahr?« « »Nein, absolut nicht« Onkel Marti milian." Hans Joachim machte ein ganz erzdummes Gesicht. Fortsetzung solgt.) - Bücher-wärmen Ein Pariser Arzt hat vor lurzem auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die aus der dauernden Beschäftigung mit alten Büchern sich ergeben. Er hat mit strenger Wissenschaftlichteit nach gewiesen, daß solche alten Bände wah re Milroben —- Herde bilden, daß diefe verderblichen Bestien den Bibliothela ren rücksichtölos zu Leibe gehen, und daß somit die Gefahren der Literatur weit größer seien, als harmlose Zeit genossen vermuten. Diese beunruhigende Mitteilung hat in Paris natürlich ein Heer von Re portern in Bewegung gesetzt, die von den menschlichen Bücherwürmern, den alten Gelehrten, alten Bibliothelaren und alten Buchhiindlern, zu erfahren suchten, was sie von ihren Kollegen, den echten und gerechten Bücherwiirmern, düchten, und was sie besonders von den Gefahren hielten, die der fortgefehte Umgang mit den Milroben für den Menschen hätte. Die Parifer Zeitung L’Eclair erzählt zunächst. was Herr Marchal von der Nationalbibliothek esagt hat. Er ist seit zweiundvierzig Jahren im Amte, sitzt Tag für Tag unter Büchern vergraben und muß da her mit den Mitroben auf sehr ver trautem Fuße stehen. Nach der Theorie müßte er fchon gestorben fein; in Wahrheit geht es ihm ganz ausgezeich ,net. Er saate: t »Natürlich haen die Aerzte recht. Aber ich in lein Arzt und habe nichts als ein wenig praktische Erfahrung für mich, und die sagt: »mit allem Respett vor den Herren Medizinerm aber ich babe noch keinen Menschen an einem Buche sterben gesehen. . .'· Auch einer der alten Bouauinistes, der von einem Reporter befragt wurde, erklärte die Bücher Mitroben für un gefährlich. Er wie alle seine Kollegen hätten von irgendeiner Beschwerde nie etwas gemerkt, solange das Geschäft gut gegangen wäre. Wenn freilich kein Mensch alte Bücher mehr kaufe, dann lönnten die Mitroben den Antiqua-ten bedentlich erscheinen; aber auch dann zeige sich die Krankheit weit eher irn Portemonnaie als im Magen. . . . »Aber einen Milroben gibt es aller dings«, so schloß der alte Praltikus, »der den Büchern und den Lesern ge fährlich wird: das ist der schlechte Schriftsteller.« - Aug dem Aussatzheft der kleinen Paulu: »Als Maria Theresia starb. war sie weder jung noch alt. — Durch Amerika geht die Partiztpbahn. —- Ei nen Augenblick, bevor ihn die feind ltche Kugel traf, plauderte der tote Kamerad noch mit seinem Kameraden i i si Etn englischer Dichter will das Le ben ohn D. Rockefellerl dramatisch derar iten. Ei dürfte nicht schwer fallen, et so zu inlzeniereu, daß es tote end .geslter« Hilf iiber die Bühne ge .