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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Feb. 9, 1906)
Nebraska Staats-JEAN und Yrrold z J»P Wind-wh, Jst-H aaeekgqv qu qustqu ums-geh JFv 19(« (Zw tTheu JogqugZh N 24 M , « Heimkehr. «ch gian zum Fest til-s wie ein Kind, «— tug einen Strauß von Veilchen —— Vetwellt all meine Wünsche sind, Sie blühten nur ein Weilchen. Betst leg ich vor dem Spiegel ab l ein Kleid und mein Geschmeide —--« Er sieht so blaß zu mir hinab, Er weiß, warum ich leide. » lind wer mir seine Hand niclxt bot Und mik- nicht ugeikunten, Welch heiße, tiefe Heezensnotb Auf mich herabgesunken Ach leg die Veilchen und das- Kleid In untetit in die Teiche-— Ach, fände auch mein Oelzeleid Tief unten seine Ruhe! —--———-— -- Das alte Haus LTonFritzltutiich Das enge, stille Gäßchen in dem ge werbefleißigen äußeren Stadtviertel hat sich im Lause der Zeit sehr verän dert. Die altersgrauen sreundliazen Häuschen mit ihren breiten Einsa r ten, den steil ab allenden Dächern und oftmals windschiesen Schornsteinen haben der neuen, immer ungetiimer andriingenden Zeit weichen müssen. Eines nach dem anderen ist gefallen, und an ihrer Stelle erheben sich engs briistige, hohe Bauwerle, mit aus thüren so schmal, daß zwei hal wegs normal entwickelte Menschentinder taum aneinander vorüber können. Himmelhoch stehen sie da und blicken dräuend hernieder aus die winzigen Menschlein, die, lechzend nach Licht und Lust, am liebsten die Mitte der Straße nehmen. Es ist auch düster geworden in den Gäßchen- Es gibt leine Sonnenseite mehr wie ehedem Nur gerade am Mittag und dann nur siir ganz turze Zeit, wenn es lebendig wird und die Arbeiter in breiten Schaaren die Straße hinaus- und hinab iehen, verirrt sich ein schmaler Streifen des goldigen Lichtes in die enge Häuserzeilr. Manch einem, der für eine tleine Weile iesn Dunst der Wertstiitte und dem liirmenden Ge triebe entfloh, wird es dann wohl nnd frei in· der Seele. Er setzt seine kurze Pseiie in Brand und sendet frohge inuth die blauen Rauchringel der Sonne entgegen. Dieses enge, stille Gäßchen inmitten der liirmenden, modernen Großstadt war mir von jeher ein«-:- Herz gewach sen. Bedeutete es doch meine engere Heimath. s An seinem unteren Ende lag ein lleineg, altes Haus, einstöctig, mit einem Erter gerade über dem Thore. llnd dieses Haus blieb fahralrg« jahr ein verschlosxen Für uns Kinder, die wir aus un erem Schulwege an dem Häuschen vorüber mußten, hatte das einen ganz eigenen Reiz. tieines tonnte s sich erinnern, das Thor jemals offen gesehen zu haben. Und ach! wie gern hätten wir gewußt, was es so sorg fältia verbar . Da waren einige, die hatten si sogar aus den Boden gelegt und, durch den Spalt zwischen z lur und Thorslügel spähend, das heimnisz zu ergründen versucht. Vergeblich. Ein anderer aber, dem es gelungen war, durch das Schlüsselloch zu gucken, hatte hoch und theuer oer sichert, ein grünes Statet und dahinter einen unermeßlichen Wald gesehen zu haben. Wir hätten uns vielleicht bald zu srieden gegeben, wenn nicht ein Um stand gewesen wäre, der unsere Neu gierde nicht einschlafen und zur Ruhe tomtnen ließ. So ost wir vorüber lamen. gleichviel zu welcher Stunde des Tages, tehnte im littersenster eine Frau und blickte bat-d rechte-, bald lins die Straße hinaus und hinunter. So viel man von ihr sehen tonnte, war sie hager, hatte ein schmale-Z Ge sicht, tiesduntle stechcnde Augen und rabenschwarzes Haar. Wac- ihrem Wesen aber einen besonders unheim liegen Zu verlieh. war die scharf ge ogene Zldlernasr. die sich weit über die Oberlippe herabzog. hre Erschei using. mit den übrigen mstiinden in Ver indun gebracht, bot natürlich unserer tin llchen Phantasie den wei testen Spielraum. So war es bald ausgemacht, dass diese Frau eine böse uberin sein müsse, die nur deshalb « hiir und Thor so sorgfältig geschlos sen halte, damit sie deto ungestörter ihre bösen Künste ausüben könne· Wir bevölkerten daher solgerichtig das alte Haus mit Riesen, Zwei n, verwun sche en Prinzen und rinzessinnen, Lin würmern und dergleichen mehr. Eimal wäre es bald zu einein osse nen Aufruhr gekommen- Einer unserer Spiellameeaden hatte einen kleinen Ball zum Geschenk erhalten. Wir ver trieben uns nun eines Nachmittags die Zeit damit, den Ball mit kurzen Stöcken die Straße entlang zu trei ben. Dabei wollte es ein unglücklicher Zufall, daß das Ding über ein Kanals aitter rollte. das vor dem bewußten Hause in die Straße eingelassen war. Noch ehe jemand hinzuspringen konnte nar der Ball in der Tiefe verschwun den. Das hatte natürlich niemand an dere ais die böses-Zauberin aus den Gewissen. Allgemeine-«- Murren erhob sich, Fäuste wurden aeballt, Stöcke ge scbwunaem usw eine ruchlose Hand langte schon nach einem Steine, uin ihn zielbewußt nach dem Erlersenster iu schleudern.itvenn ich nicht im letzten Augenblicke durch einen raschen Geiss »das Unheil abgewandt hätte. Zualle dem verzog nun die sonderbare Frau teine Miene. Ruhig, als ginge sie die aanee Sache nichts an, sah sie zum Fenster hinaus. Ein andermal wacs an einem eisig talten Dezemberabende, als wir von einer Weihnachtsbesclxerung siir arme Schulkinder, wo wir mitgesungen hatten, heimlehrten. Der Sturm heulte und jagte die kornigen Schnee massen an den Mauern der Häuser empor- daß sie cch überstiirzten und gleich einem Wa ersall herniederstäub ten. Als wir an dem alten Hause vorüber mußten, tnarrte irgendeine oerrostete Thür. Wir horchten auf. Es war das Eisenthiirchen eines Kel lersensters, dag, wie bei alten Höusern üblich, direkt auf die Gasse mündete. Der Wind wars es hin und her, daß Les sich treischend in einen Angeln bes wegte· Plötzlich blieb einer stehen und ries: Hierher! Kommt alle hierher! Wir drängten uns an die niedrige Oesf nung und sahen in die Finsternisz hinab. Seht ihr nicht-? Wir vernein ten, strengten aber unsere Augen umso » mehr an. Wie? Jhr seht nichts? Wir konnten mit dem besten Willenn ichts wahrnehmen. I Nun, da schaut doch den glühenden qurmi wie er sich windet und dreht! ) Ein Grauen beschlich uns. Ja, jetzt sahen wir ihn alle. Entsetzt stoben wir auseinander. Von dieser Stunde an hätte eg teiner gewagt, nach der Dämmerung an dem Hause vorüber zugehen. Mußte es dennoch geschehen, dann faßte man wohl die Hand der Mutter fester und starrte trampshaft nach der entgegengesetzten Seite- um ja nichts llngeheuerliches sehen zu müssen oder ar den ,,bösen Blick« zu bekommen Zu felbiger Nacht aber hatte ich einen häßlichen Traum. Die Zauberin stand an meinem Bette und beugte sich über mich, immer tiefer und tiefer. Dann zog sie eine blitzende Klinge hervor und stieß sie mir gerade mitten in·5 Herz. Hochaus schoß mein Blut, gleich einem Springquell immer höher und höher. Mit einem Male aber verwandelte sich das rothe Blut in blinkendes Silber- siel aus mich herab, ergoß sich über den Fuß boden, stieg und stieg, bis es mir an den Mund reichte. Nun qlaubteich ertrinkeu zu müssen. Mit einem Schrei erwachte ich und sprang empor-. Es war taghell in meinem Zimmer. Das Wetter hatte sich ausgeheitert. Der volle Mond war aus den Wollen ge— Freien und schien mir acrade in’5 Ge icht. — I Später tam ich aufs Gnmnasium, und noch immer führte mich mein Weg täglich von dem alten Hause vor bei. Als toir die Anssee lasen und ich von Frau Kirle hörte, die unschul dige Menschenkinder in allerlei Ge thier verwandelte, sympathisirte ich umso mehr mit Odysseus, als ich der Frau am Fenster gedachte. Und in viel späteren Jahren schritt ich noch einmal in mondheller Nacht mit einer reizenden Evastochter den wohlbekannten Wea hinab. Jn dem weißen Lichte lag das alte Haus noch verödeter alg sonst vor uns. Da zog ich sie in den Schatten der qegeniibers liegenden Häuser. Was- altherae brachte Gewohnheit? Fürchtete ich noch immer den »bösen Blick« oder hatte es noch einen anderen Grund? Bald daraus verließ ich die Heimath nnd trieb mich lange Zeit in der Fremde umher. Als ich nach Jahren z uriicllehrte, streifte ich durch die tadt und suchte alle mir liebgeivor denen Stätten wieder aus. Einer mei ner ersten Gänge sührte mich nach dem stillen Gäßchen. Die Frau lehnte noch immer am Fenster. Doch ihre Haltung war gebeugt, ihr Haar silber iveiss geworden. Und noch immer spähte sie bald rechts, bald linis die Straße hinaus und hinunter. Dann sah ich sie nicht mehr· An einem nebligen Morgen im letz ten Frühjahr sand ich zum ersten Male das Thdr jenes sonderbaren Hauses weit geöffnet. Mehrere Kar ren, mit kleinen Pferden bespannt, kamen aus dem Hofe und siihrten alte Ziegel und Schutt hinweg. Das us wurde niedergerissen. Jm slur tand ein Mann und ertheilte Be ehle rund herum. Wir grüßten einander. Es war der Architekt, derselbe- der einst als sanftre den Stein zum Wurfe erhoben e. Zeit ist«-Z, saateer, daß diese alten Nester einmal dein Erdboden gteich se macht werden. Eine Zierde unserer schönen Stadt sind sie gewiß nicht. Erinnerst du dich noch, welch unheim lichen Eindruck dieses Gebäude sammt seiner Besitzeriu, der Zauberin, ans unsere surchtsamen Kinderseelen machte? — « Mic ist, als ob es gestern gewesen wäre, entgegnete ich, nur habe ich den wahren Sachverhnlt nie erfahren tön nen. . Nun, das ist bald erzählt- sagte mein Jugendsreund: Die einsame Frau war in noch jungen Jahren zur itttve geworden. . Das Geschäft the-es Manne-, eine Maschinenweberei. die hier im Vinteehause unter-gebracht war, führte sie nsit eigener-band sort und erzog ihren einzigen Sohn mit all’ der Liebe und Sorgfalt, deren einel Frau fähig ist, die in ihrem Kinde das Andenken an den geliebten Heim- ! gegangenen verehrt. Der Knabe wuchs izum jungen Manne heran und über Lnabm die Leitung der Fabrit. Allein s der Horizont seiner Wirksamkeit schien ; ithn zu eng begrenzt. Sie «befriedigte » ihn nicht. Die Heimath genügte ihm s nicht mehr. Er wollte hinüber nachs ,sernen Ländern, um mit jugendlichem s sMuthe und starker Hand ein großes sUnternehmen in’s Leben zu rufen. Die Mutter ließet zurück, um sie spä ter nachzuholen. Er hatte kein Glück. Die Blätter meldeten seinen Tod. Das Schiff. auf dem er seine Reise eingetreten hatte, war zugrunde ge gangen. Ein Sturm im Atlantischen Ozean hatte es mit Mann u dMaus verschlungen. Nur die Mut er wollte nicht daran glauben. Täglich und siiindssich erwartete sie ihren Sohn« der sie holen sollte. Darum lae sie auch zu jeder Stunde des Tages am Fenster und sah die Straße hinaus und hin unter. Sie war verrückt geworden. ( Jch konnte nicht anders- ich mußte l einen tleinen Rundgang durch deni Garten machen. Die Erde war schwarz s nnd feucht. Allüberall an Baum unds Strauch standen die Knospen, ge- ! schwellt, jeden Augenblick bereit aufzu springen einein fröhlichen Sommer Leiitgegen Mitten im Garten befand! sich ein kleiner Teich. Er ivar übers sden Winter her ausgetrocknet. Aui’ s seinem Grunde lag ein großer Frosch i i aus Sieingut, ein Spielzeug ans s s längst vergangenen Tagen. Jetzt war s l er zerschlagen. In einer Ecke des s Gartens hing eine SchauleL die Seile ! !3errissen, das Holz vom Regen ver-s s fault. Wie viele glückliche Stunden; yniochte die einsaxiie Frau hier niit’ iihreni einzigen Kinde, dein kleinen! Fritz, verleht haoent Auch an einemH niedlichen Gartenlicuse tani ich vor über. Bilder, fröhliche Szenen aug. dein Rinderleken darstellend, schmück ten die Wände. Hier wurde wohl an» schönen Soniniertagen der Kassee ge- T trunken. Unter der sorgsamen Hand; der Mutter verfertigte hier der Knabe seine i Ichnlarbeiten. Manch köstlichei Geschichte mag in diesem stillen Er ldenwinlel erzählt worden sein. Viel i leicht wurde hier unbewußt der Keim gelegt zu der grosien Sehnsucht, die den Finaben sorttrieb aus der Hei niaih, dein Fernein Unbekannte-n ent— gegen. » Und wir hielten die Frau fiir eine» böse Zauberin! "Die Leute sagen, sie! sei veizriictt gewesen. Dar- aiebi’-:ss nicht. Eine Mutter ist nie verriicki.! Eine Mutter hat nur Geduld. Sos unendlich viel Geduld! —-· Die Zeiss tungen herichteten den Tod ihres Fritz. s Aber das ist nicht wahr, Die Zeitnni « gen liiaen. Er ninsite noch loninien. —- Und vor lauter Warten und Schauen war nun die Frau alt und silberweisz geworden Und so iniide. Es ging wirklich nicht mehr Jhr Fritz wiirde es pewisz nicht übelnehmen, wenn sie ihm nicht schon vom Fenster aus den ersten Gruß inwinttr. Sie mußte sich hiiilegen und etwas aus ruhen und schlafen. Wenn sie wieder erwacht, wird sie niit ihrem Fritz bei sammen sein. Jch wandte iniei zum Gehen. Einen letzten Blick wars ich iuriirt aus die alten Mauern und das tranlicheGiirt chen. Da zerriß der Nebel, und die Sonne veraoldete noch einmal die letz ten Reste vergangenen Gliielg und langer Sehnsucht einer liebenden Mutterseele. — -s—— — ——.——. Ver entlehnte Bräutigam Hutnoregte von H a n S H o r i n a. Die Familie des Postossizialg Schinderl war in der glücklichen Lage, eine wirkliche, leibhaftige Erbtnnte zu besitzen, die nach genauen Schätzungen mindestens fünfhunderttausend Kro: nen schtrer war. Es braucht wohl nia«,t erst besondere hervorgchoben zu werden, daß diese toiirdige älttiäjse Jungfrau bei ihren alljährlichen Ve suchen von der Familie Schinderl in der dentbar zärtlichsten Weise verhät schelt wurde und daß man all’ den Eigenheiten, den Schrullen nnd Ab londerlichleiten, die ältliche Jung srauen zu haben pflegen, Rechnung trug. Mizzi. die einzige Tochter des Ehe-: paares Schinderl, galt dasiir aber auch als präsumptioe Universalerbin der Tante, und als dies erst ein wenig bekannt wurde. bewarben sich der-Reihe nach mehrere Herren ucn die Hand der reichen Erbin. Aber nierlwiirdigl Von all den Ve werbern wollte keiner so recht anbeißen und jeder zog sich, ohne sich erklärt zu haben, allmählich wieder zurück. So gingen die Jahre in’s Land, Mizzi wurde immer älter und älter und —- blieb ledig. Sie hätte ja gerne auch einen kleineren Beam"ten.geheira thei. aber das gab ihre Mutter, Frau SchinderL nicht zu. ,,Dazu bist Du zu gut, mein Kind,« sagte sie immer. »Du wirst, wenn Tante einmal stirbt, über ein großes Vermögen verfügen und paßt daher nicht in so kleine Kreise!« Endlich nahte sich dem schon lange vollSehnsucht nach einemFreierSmann ausschauenden Mädchen wieder ein Herr: es war ein schon ziemlich stark verschuldeter Assessor, der ihr aus Le ben und Tod den Hof machte. Der junge Mann hatte es furchtbar eilig, benutzte er die erste beste Gelegenheit, um sich zu erklären und um die Hand der reichen Erbin zu bitten. Mizzi wies ihn züchtig an. ihre Mutter und Mama Schinderl sagte selig zu. —- Ein Assessor! Das war ja immer ihr heimlicher Herzens wunsch gewesen. Noch am selben Tage ging an die Erbtante folgendes Tele grannn ab: »Miz,zi heute verlobt. Brief folgt.« Mit dem Brief hatte es aber noch gute Weile, denn als der frischgebacke ne Bräutigam am Abend desselben Tages im trauten Familienkreise bei Schinderlg saß, und eine vom Papa offerirte Trabucco schmauchte, fragte er so leichthin: »Apropog, wie alt ist denn eigent lich die Tante Mina?« ,,Tanie Mitta? O, die ist erst sechs-— undvierzig!« antwortete die Schwie aermutter in spe aralos. .,Waaa"5 —- erst sechsundvierzig?!« rief der Assessor ganz bestürzt. »Ich dachte, es wäre schon eine sehr alte Dame!« Daraufhin wurde er immer nachdenklicher und einsilbiger, empfahl sich schließlich ziemlich kühl und -—— am nächsten Morgen tam von ihm ein in die dürrsten Höflichkeitsphrasen ge lleideter Absagebries. Fast zu gleicher Zeit trcs auch ein nun wie Hohn tlingendes Telegrarnm der Tante ein: . ,,Gratulire herzlichst zur Verlobung Fahre heute noch zu Euch« Nun herrschte riesige Aufregung bei Schinderlg. »Tantchen lommt, um Verlobung zu feiern, und jetzt ist gar kein Bräutigam da! Qsie wird schreck lich böse werden!« rief ein über’s an dere Mal die entgleiste Schwiegermut ter eines Assessors, indeß das Töchter chen in einem Winkel fass und heulte. »Maun! Vater! Weißt Du denn tei nen Rath?« wandte sie sich- zu ihrem Verdiistert dreinschauenden Gatten. »Jch?« fuhr dieser empor. »Ich weiß Euch nicht zu rathen: es sei denu,« setzte er in einem Ansall von Galgenhumor hiu,;u, ,,ihr entlehnt Euch stir die paar Tage, die Tante Mina kommt, einen Bräutigam!« ,,Einen s Bräutigam entleh nenZl ...« Mama Schinderl starrte ihrenManu wie geistesabwesend au. »Ja, ist da Dein Ernst, Alsted?« —-- »Na, ja!« lachte derselbe trocken. »Ich wüßte sonst keinen Ausweg auLs dem Di leuuua!« »Ja, alre—hu«---hu!« heulte Mizzi voll Naivitiit aus dein Winkel her. ,,Wo kriegt man denn so einen —-— so einen nichtswürdigen Menschen zu leihen?« »Ach was-, papperlapappl« helferte Papa SchinderL »Bräutigam entleh nen --—- Unsinn —-- meinte das doch z blos im Scherz!« t »Na, ich weiß nicht!« sagte Frau s Schinderl nachdenklich; ein »entlehnter i Bräutigam ist immer noch besser als gar teiner. TanteMina wäre wsiithend, wenn sie jetzt mitten im Winter die weite Reise hierher umsonst gemacht i hätte und ist im Stande, unsere Ma ’ rie zu enterben; Du kennst sie ja, wie i unberechenbar sie ist.« s Als Papa Schinderl voni Enterben ; hörte, trat auch er der Sache näher; inan fing an, zu lrerathen und dasj Fazit der Geschichte war, daß, noch ehe die Tante eintraf, ein ini selben Hause gleich untek·ni Dache wohnen der, ewig hungriger Diurnist in’sBer trauen gezogen und durch die verlo ckende Aussicht auf ein paar ausgie bige Mittag-· nnd Abendmahlzeitcn bewogen wurde, in distreter Weise den Bräutigam zu spielen, Später, wenn einmal die Tante wieder abgereist war, würde man schon auf brieslicheinWege die Verlobung als wieder zurückge qanaen melden; nur jetzt, momentan, sollte die Tante angenehm dariiber hinweggetäuscht werden Gegen Abend traf denn auch die Er wartete ein. Mizzi. die sie vom Bahn hofe abholte, spielte mit viel Geschick die glückliche Braut, und als dann der PseudogBräutigam in Papa Schin derlH neuestein Anzug erschien, strahl ten auch ihm » angesichts der reichbes festen Tafel ——- die Auge-n vor Glück. Der ihm vorgestellten Erbtante machte er eine Riesenverbengung, küßte ilnc galant die Hand und machte sich —- er war ein ganz netter, hübscherMensch-— überhaupt so angenehm wie möglich. Jm'Laufe des Abends gewann er sich denn auch- durch sein artiges, zu vorkommendes Wesen das Herz der ältlichen Taute, und diese flüstserte ihrer Nichte heimlich zu: »Ein lieber Mensch; so hab’ ich mir immer Dei nen Zutiinftigen vorgestellt!« »Ach ja, Tantchen,« lächelte das Pseudo-Bräutchen, »ich hab’ ihn auch riefig geknet« «,,Na, dann genirt Euch nicht vor Eurer alten Tante——Jhr thut ja kühl s-— gleich gebt Euch ein paar herzhafte Küsse!« Mizzi erbleichte; aber Mama Schinderl winkte ihr zu, der Tante zn gehorchen; und um nicht aus der Rolle zu fallen, mußten sichs die beiden jun gen Leute immer nnd immer wieder abusfeln . . . . Strockenes Stroh fängt gleichFeueL Beim dritten Kuß fand Mizzi, daß sie eigentlich dem armen Teufel vonDiur nisten ganz gut fein könnte, und er — er dachte sich schon beim ersten Kuß, daß das ein ganz liebes Ding von ei nem Mädchen fei! »So, meine Lieben!« sagte endlich die Taute. »Nun ist’5 genug, und jetzt, mein lieber Neffe in spe, geben Sie auch ihrer alten Tante einen stußk« und verlangend spitzte sie die dürren Lippen. Das Schreiberlein lniff die Augen zu, dachte an den Le derflecl, in den er immer seine Feder aug:vifchte, und --- gehorchte. »Charmant!« rief die Tante ganz entzückt· »Sie sind ein prächtiger Menseh:. wie ift doch gleich Jhr Name?« ,,Friedrich Gottlieb Purzel!" ,,"»5riedrich Gottlieb Purzel,« wie derholte die Tante und trug den Na men in ein kleines Notizbiichelchen ein. ,,Wissen Sie, ich bin so vergeßlich«. Und was sind Sie eigentlich?« »Ich -—— ich bin Mundant beim tö niglicben Oberamtsgericht!« erwi derte Purzel mit Aplomb. »So, so! Mun-Mundant beim kös "niglichen Oberanitsgericht?!« ries die J Tante mit respektvoll emporgezogenen ;Augcnbrauen, denn sie kannte diesen hochtrabend klingenden Titel siir Schreiber nicht Nachdem sie ihre Eintragungen vollendet, erhob sie ihr Glas und ries: »Na, also, Kinder-, seid glücklich mit einander, behaltet auch Eure alte Tante ein wenig lieb, und ich werde schon Euch nicht vergessen. DaHBranti paar, es lebe hoch und abermal hoch-l« «Man stieß scheinbar begeistert mit den Gläsern an, und der Pseudo Bräutigam empfahl sich hierauf re spektvollst und spielte auch an den sol genden Tagen, so lange eben die Tante blieb, mit großem Geschick seine Rolle-. Ale aber der Besuch abgereist war. ; J sank der arme Diurnist wieder in sein « Nichts- zuriicl, und feine ärmlich möbs lirte Dachtammer kam ihm doppelt elend vor. - Der einzige Lichtstrahl in seinem sonenlosen Dasein, war dabei sein Pseitdo-Bräutcheii, das er so warm halten und so heiß küssen durfte. Sie lächelte stets ganz verwirrt und der schämt nnd da gefiel sie ihm immer wieder noch besser, so daß er sie eines schönen Tages ansprach und sie fragte: ,,Gestatten Fräulein, daß ichl mich mn das Besinden von Fräulein Tante er tundigte?« -—- »O, Herr Purzel, ich danke der Nachfrage» aber sie schrieb uns gestern, daß sie nicht recht wohl sei!« erwiderte Mizzi und machte ein recht belümmertes stesichi. ·——- »Der Diurnift begleitete sie hierauf noch ein Stückchen nnd sprach von seinem kal ten Ziminerchen, von seinem warmen Herzen, von der Liebe im Allgemeinen und im Besonderen und eben wollten die beiden jungen Leute mit einem warmen Händedruck und einein noch wärmeren Blick von eikktander verab schieden, da tain Martia Schinderls um die Ecke gebogen, packte iHr Töchter chen beim Handgelenk rind"rief: ,,Mizzi- wag fällt Dir ein« Du mit diesem Mundanten!« dann schoß sie einen giftigen Blick auf den armen Schreiber-Und sagte: »Mein Herr, Sie haben Jbre Rolle doch schon längst ge spielt; Ich verbiete Ihnen daher ferner hin jede Anniiherung an meine Toch ter; die ist zu gut fiir Sie!« »Aber, Maina ——--!« »Ruk)ig! Du kommst mitl« Und fort rauschte die Pseudotsr Schwiegermutter mit dem Pseudo Bräntchen s Ein Paar Tage später, als der Diurnist eben hungernd und frierend in seinem Zimmerchen saß, klopfte es an der Thüre, und der Briefträger überbrachte ihm ein qroszeg Schreiben eines in D..., dem Wohnorte von Tante Mino, domizilirenden Notars, worin derselbe als Anwalt des Fräu lein Wilhelmine Schsinderl, welche vors gestern verstarb, ihm die iisberraschende Mittheilung machte, daß ihn diese Dame zum Universalerben ihres Ver mögens eingesetzt habe. · Kopfschiittelnd las der Schreiber immer und immer wieder diese hoch bedeutsame Nachricht und erst ein neuerliches Klopfen an seiner Thüre störte ihn aus seinem Dahinbriiten. Auf sein ,,Herein!« trat —Mama Schinderl mit ganz zertnirschtem Ge sicht in die Stube. . »Wissen Sie schon- lieber Herr Purzel?« slöiete sie in den süßesten Tönen. Der Diurnist stutth dann flog ein Lächeln über sein Gesicht: »Ja —- leider!« erwiderte er. »Wieso leider?!« »Nun, jetzt bin ich zu gut siik Ihre FräuleinTochter!« »Aber, Herr Purzel, Sie lieben doch meine Mizzi!« ,,Allerdings; aber ich liebte sie schon Vor ein paar Tagen, und da war sie ja zu gut sür mich!« »Herr Purzel! Lieber Herr Pusrzelt Ach verzeihen Sie mir meine damalige 11ns,eschicklichkeit, ich —« »Gut: ich will Jshnen verzeihen; aber nur unter einer Bedingung —— « »Und die ist?« »Daß Sie, Frau S-chinderl, mir nie ins Haus kommen!« ,,Nie?!« »Me! ——— Höchstens aus ein paar Tage, sozusagen «— »leil).weise!« ——- s Matna Schindert mußte sichs drein geben, und alg der glückliche Univer salerbe seine Mizzi heimgesührt hatte, lachte er noch oft ob des »entlehnten Bräutigams« und der »leihweisen Sclnvieaermutter!« Rusfische Sprüche Manche sehr zeitgemäß im Hinblick auf die Vorgänge im Zarenreiche »Es sagen die Leute«, heißt eine Sammlung von fremdliindischen Sinnspriichen, Nationalsprichwörtern nachgebildet- die Msaximilian Bern dieser Tage hat erscheinen lassen» Aug den ungefähr 500 tnappen, form-: schönen Sinnsprüchen spricht die reiche Erfahrung von 25 Völkern. Wir ge ben einige der russifchen Sprüche hier wieder. Dynastiseher Eigensinn. Zu entsagen seiner Krone Jst kein Herrscher je geneigt, Eher stürzt er von dem Throne ,, Als daß er heruntesrsteigt B e st e ch u n g. Niemand redet so gewandt Mit dem Mund wie mit der Hand. Zum Schluß einen gerade jetzt be sonders interessanten Spruch-: Ein Nachtheil ists für kün.ft’ge Tage, Lernt kennen man in einem Krieg Nur immer wieder stolzen Sieg Und niemals eine Niederlage 8 Die Renteneinnaqu In einer Versammlung des Milli tiiranwärterbundes in Wiesbaden gab Generalmajor z. D«. v. Kloeden per sönliche Erinnerungen an Kaiser Wil helm den Ersten zum Besten und ers zählte dabei unter anderem: Am 9. Juli 1868 meldeten sich beim König zwei neu beförderte Gardeleut nanth Der eine war seiner Abstam mung nach Vollblsutpole und des Deutschen nur so weit mächtig, daß er sich im Dienst verständlich machen konnte; in der Konversation dagegen liaperte eg bisweilen- namentlich mit dem Verstehen von Fragen. Der an dere Ossizier antwortete auf die Frage des stönigs, wie im Reginient der Jst. Juli (.Königgrätz) gefeiert worden sei: »Der Hiompagniechef hielt einen Appell ab und brachte ein Hurrah auf Eure Majestät aus. Darauf sang die Korn Pagnie das Lied »Ich bin ein Preusze«. Als sich der König sichtlich befrie digt nunmehr mit der gleichen Frage an den Polen wandte, antwortete dieser: «Haben wir auch Hurrah aufEure Majestät gerufen.« Die weitere Frage des König-J, ob die Kompagnie nicht auch ein Lied, und welches, gesungen habe, schien der Ossizier nicht verstanden zn l!aben. Sein Siamerad suchte nachsah-elfen und rannte ihm zu: »Nationalhymne!« Da lam’s sogleich von den Lippen des Polen mit Stentorstimme: ,,Je"szcze Polsta nie zginela« (»Noch ifxtzzolen nicht verloren«), Eure Mak a Der König habe über das Mißver s ständniß nicht wenig gelacht und »dann, dem Polen die Hand reichend l geheilt z ,,Werden Sie mir ein so treuer Of ;fizier, wie Sie ein guter Pole sind. »Das läßt sich. wohl vereinigen, wie l taus den Flügeladjutanten Fürsten A. JRadziwill deutend) exempla docent!« i -——-— Bereit zu gehet-. Der Herr Gleiängnißdirektor inspi cirte die Arbeit einer Anzahl von sei nen Gefangenen- welche an einem neuen Gebäude beschäftigt waren. Nachdem er eine Zeit lang zugesehen hatte, tippte er einem von den Gefanenen aufdie Schulter und sagte: Waffen Sie ein mal auf, lieber Mann! Sie leaen die Butten viel-s zu dicht zusammen. So kann das nicht weiter gehen.« Der Gefangene legte feine Werk zeuge ruhig nieder und antwortete mit großer Höflichkeit: »Herr Direktor, ich bin ganz damit einverstanden, ent lassen zu werden« wenn meine Arbeit nicht zufriedenstellend ist. Ich habe mich nie um eine Stellung und diese Arbeit bemüht, nnd wenn sie nichts taugt, will ich gerne geben«