Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 09, 1906, Sweiter Theil., Image 11

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    W schreibst-ritt nun
Tinte IWL
No.193.Die"
Wedeöweiletn
hot· zu mich
gesagt, ich
hätt bei die
Kattpahktie
en Fahl aus
mich gemacht»
Was is dann
so schlsimmes
habe-i, - hot se
gesagt- daß die Lehdie nit so ganz"
korrekt gespielt hoii Werd denn nit
iwwerall geischieiei? Wann du for
infienz in en Stoårch gehn duhst un
taufsi dich e Paar uhs wo du drei
Dahler for bezahle mußt un ich gehn
den nächste Dag hin un irieg die
nämliche Schuhs for zwei Dahler un
98 Cenisx dann is das doch au nii
sehr un wann du dich e Kwart "lch
laufe duhft un es is e halwes ini
odder noch mle Wasser mii u fge
mickfi, dann ist du auch gelchieiet
worde, bist du nii? Den Weg gehis
iwwerall, ·du kannst mache was du
willst un hin qehn wo du willst. Un
do der met sich doch nit wege so e
Gehm e Piedro in die Cckseiiemeni
bringe lossc. Du hofi die Lehdie jetzt
dei ganzes Lewe for en Ennemie un
do mußt du dich nur selbst for blehme.
In unieren Bißneß werd auch genug —
getschietet· Ofs Kohrs mein Alter
der is viel zu gut un zu dumm, so
ebbes zu duhn; awwer es bot Kostb
mersch, wo mer alle Auge uss muß
mache, die Fellersch sind grad druss
ans, en arme anneste Saluhnlieper zu
betrüge un unsereins will doch grad
so gut sei Lewe mache, wie annere
Leut. Guck doch emol unsern Lonsely
chaunter. Do könnt ich Bücher driw
wer schreiwe. Wann for Jnstenz en
Zeller kommt, wann der Lonsch reddig
is un er nimmt e Glas Bier- dann
is er oss Kobrs inteitelt zu en Beis
Awroer do solltest du die Felleksch
sehn! En Nickel werth spende se un en
Kwsarter werth Lonsch esse se. s das
anneM Dann how awwer au wid
det Fellersch, wo reiteweg an den
Lonschiaunter stepve un sich helfe, so
lang wie se nur etwas inseit kriege
könne un so wie se e Tschedns ben,
dann schniele se auiseit mitaus auch
nur en Pennie gespend zu den. Was
duhst du das kahle? Wie denkst du,
wie ich fühle, wenn ich so ebaut drei
Dahler in Lonsch inwestet hen, mitaus
mei Arbeit mit enei zu siekere un ich
hörn dann von mein Alte, daß er
dreißig Cents eingenonime hot? Fabr
widder usszumache, muß er oss Ko rs
die Kostiemersch e wenig viel Fohm an
ihr Bier gewwe un muß auch als e
wenig Wasser an den Wißlie duhn;
das is awwewr nit getschiehtet, das
is mehrschtendels sot Huhrnennnithee
Sebl —— der Wißtie dubt dann nit so
viel Harm. Dann noch e anneres
Ding; es lommt sor Jnstenz en Ko
stiemer e balwes Jahr lang jeden Dag
un nimmt e Gläs Bier, bezahlt im
mer Käsch dasor un dubt auch nit den
Lonschiaunter «abiuhse. Mit einmal
kommt der Feller un sagt: Seh Mi
ster Wedesweiler. ich hen do grad
mein Pehtscheck trie t- wolle Se mich
ihn plies käsclse? Ho tann der We
desweiler doch nit age, nosser, ich
kann nit odder ich will nit. Er gibt
den Tscheck zu die Bank un am nächste
kommt der Tscheck als, nogutt
zur’ . der Kostiemer kommt awwer
nit lebt zuriick un der Wedesweiler
ist zwanzig Dabler odder so aus. Wie
duhsk du das rufe? Oddek noch e an
nereö Eckzembeh en Kostiemer duht en
Ekaunt bei den Wedesweiler ussmache,
das meint, er läßt alles tschartsche bis
zum erschte vom Monat, er läßt sich
auch Bier im Pebl hole un nimmt sich
auch hier un do e Battel Wißtie mit
heim, wann dann am erschte die Bill
so zu ebaut acht Dahler emaunte
du , dann kommt der Kostienier nit
me t. Un wann mer sich dann eriun
dige duht, dann lernt mer« daß der
Kanne geschtippt is un daß ihn jeder
Bißnesmann sor en Lump kenne duht.
Well hau dujuleitdaM Nach all die
Eckzembels wo ich dich ver-zählt heu
muszt du, wann du e tlein wenigf
samtnen Senz juhse duhst, einsehn,’
daß die Lehdie wo e wenig fonniege
spielt het, doch nicks so schreckliches
qedahn bot. Enniweg, was hot se
dich sot en Demmetsch gedahn, was
bot se den Rest von die Kraut svr en
Demmetsch qedahn? Gar nicks un du
hast en gösse Mißteht emacht, daß
du den g äcttet bot. Sie is e
arig seine Lehgeie un ennihau en mer
ja auch alle Fahlts.« Den s- hat
die Wedeöweiiern ior e balwe Stund
qetahtt un wie se dotch war, do den
ich nit helfe könne, ich hen se ·recht
gewwe müsse un ich hen eingesebn, daß
ich en verdollte Fahl aus mich ge
macht ben. Ein Ding hol mich recht
viel zu denke gewwe. Die Wedes
weilern hot mich so viele hints "in
rie atd zu ihren Lvnschlaunter gewwe,
da ich uki eemol gedenlt den, schie
wis·5, hen ch gedenlt, der Philip was
mein Hosban is, der werd mi doch
so teine Geschichte nit mache. Bei
Weile« wenn der so en Saht wär, ich
deht teine Minnit mehr mit ihn lewe.
Ich hen Zu die Wedesweiiekn gesagt.
e» sollt d e Lehdie sage, ich deht saerie
üble» wenn ich sie insvltet hätt un
ch weit eini eZeit rettig widder mit
sie assqu «e. Dann Ln ich beim.
Der Philipp hot sich gra teddig ge
macht sor zu» den Wedesweiier zu gehn
un do den ich i n gleich emol ge
Mckeli. Ich hen hn en thst sorFehr
gen-we. lniabs et wiie so unverschämt
un deht die Wedeiweiletsch ihren
Lonch uff esse un die Msiffus deht
Riemahkks driwwet mache. Seil kann
iZ nii ende un es is e Schehm daß
i so e bes höre muß. Do hot er ge
Bgn »Du die Wdesweilern mein
ame menschent?« ch hen gefagi,
no, se ot nit un do agt et: ,,Well,
dann is auch gar kein J.uhs, daß du
dein Wind wehste duhsi.« Ich hen mei
ganzes Lewe den Wedesweilek sein
onsch noch nit «etoischt un will auch
ni un for den iesen kann ich nit
ehn for warum du dich eckseite du-hfi.
ll, wie ich das ehiikt hen, do sm
ich arig froh geweiqq o, ich hen’s ja
immer gesagt, der Philipp is en
Schenielmann un das is all was et
is.
Mit beste Riegahtds
Yours
Lizzie HanfsiengeL
-——
i
·
l
sewuudernstverther Parsorees l
Warst-.
Das kleine stehende Heer der Verei
nigten Staaten, das von den Militärs
dr alten Welt häufig genug so gering
schätzig beurtheilt wird, ist, wenn es
darauf ankommt, Ausdauer zu zei en,
geeignet, den Militärs der a ten
Schule, deren höchstes Ideal der Drill
ist, Achtung abzugewinnen. Eine ame
rikanische Feldbatterie, die 6. leichte
Batterie, hat neulich einen Reise
marsch von 1100 Meilen, von Fort
Riley, Kansas, nach Fort Sam Hon
ston, Texas, in 85 Tagen vollendet
und damit rine Leistung geliefert, ge
gen welche höchstens der in Auflösung
erfolgte, fluchtähnliche Rückzug der
napoleonischen Armee nach dem Bran
de von Moskau gegenübergestellt wer
den kann, obwohl die Distanz von
Moskau nach Hanau, wo das geschla
gene Heer vollends in Trümmer ging,
nicht größer ist als der Reisemarsch,
welchen die genannte Batterie soeben
vollendet hat. Wohl aber ist Napo
leon’s Rückzug schwieriger gewesen,
weil er mitten Im Winter durch Fein
desland führte und von einer Armee
ausgeführt ward, welche durch die
Strapazen eines Winterfeldzuges der
Erschöpfung nahe war. Die zehntau
send Griechen, welche zu der Armee des
Cyrus gehörten und von Xenophon
schon durch Kleinasien hindurch eine
Strecke von viertausend Kilometer
zum Meere geführt wurden, durchma
ßen eine größere Strecke, aber dieser
historische Zug nahm Jahre in An
sprach, währnd die 6. Batterie den
etwa 1700 Kilometer messenden Reise
marsch in 35 Tagen zurückgelegt und
auf dem Marsche nicht nur mit den
Schrecken eines Blizzards zu kämpfen
hatte, sondern einen großen Theil der
Reise querfeldein über die Prairie,
ohne gebahnte Wege oder nur einem »
»Trail« folgend, zurückzulegen hatte. ;
Als Parforre-Leistung wurde der
Marsch auf tleinere Strecken häufig
übertroffen. Deutsche Kavallerie hat
in kurzen Märschen, d. h. auf drei bis
vier Tage, sechs deutsche Meilen oder
45 Kilometer täglich zurückgelegt, aber
diese Leistung wäre auf längere Zeit
nicht erzielt worden, da der Kräftever
fall des Pferdematerialg nach einer
Reihe von Tagen rasch oorschreitet,
ganz abgesehen von dem von langen
Reisemiirschen unzertrennlichen Sat
teldruck, welcher die Pferde marode
macht.
Wie die Nachrichten aus Fort Sinn
Honstom dem Endpuntte des Reise
marschek und der neuen Garnison der
G. Vatterie, besagen, war auch der;
Zustand des dort anlangenden Trup1
pentheiles in hohem Grade herunter
getommen, Pferde wie Mannschaften
waren der völligen Erschöpfung nahe
nnd Montur, wie Ausriistung der
feldmarschniäßig aus-gerückten Batterie
start mitgenommen.
Einen eigentlichen Zweck hatte der
Parforce - Marsch nicht« denn als
Uebungsniarsch war er viel zu an
strengend und als Reisemarsch zu kost
spielig, da, wenn es sich blos um einen
Garnisonswechsel handelte, der Eisen
bahntransvort wohlseiler gewesen wä
re. Es sollte im Interesse der Kriegs
wissenschast offenbar die Probe ge
macht werden« bis zu welchem Grade
im Ernstsalle die Ausdauer der Artils
lerietruppe vorhält und diese Probe
hat die 6. Batterie glänzend bestan
den. Es würde trotz der vielleicht bes
ser ausgebildeten Marschdisziplin
taum eine euroväische Trupve diese
Leistung übertreffen lönnen und deß
ihalb ist dieselbe geeignet, unserem klei
nen, in Europa so häufig despettiklich
beut-theilten Söldner - Heere Achtung
zu verschaffen, denn es ist nicht die
tüchtigere militärische Ausbildung der
Truppe gewesen. nicht vielleicht das
bessere Pserdematerial, welches die
Leistung ermoalichte, sondern echt ame
rilanischer »Grit«, zähe Aue-dauer,
durch welche bei sonst gleichen Bedin
gungen eine amerikanische Truppe ie
derzett eine sirropäische übertreffen
würde. (N. Y. Staatsztg.)
.- C---——
Der Mann hat Recht und die Frau
behält Recht.
O f f
Jm Meinzandel lann sich das Ei
den zeitgetnii en hohen Preis anschei
nend unter tetnen Umständen abge
wshnern
O I s
Engen Verhältnissen entflieh, .
Will Du irn Leben etwas erreichent
Erd Its leben nie
In teinen ichen.
Jm Dämmerlicht
Von E. hoch.
Er sitzt am Schreibtisch, hat die
Zeitung von sich geschoben und sich
zurückgelehnt in den Sessel. Zum Le
sen ist es nicht mehr hell genug. Da
kommen die Gedanken und das Ge
denien, das Gedenken an vergangene
Jahre.
Es sind traurige.G-edanten, und es
ist ein bitteres Gedenken.
Bis vor kurzem noch hatte die Zu
kunft glückverheißend vor ihm gelegen.
Das ist jetzt vorbei.
Er muß an die kühnen, ehrgeizigen
Pläne denken, die ihn in seiner Ju
gend beseelt hatten. Er war arm ge
wesen« aber ein klarer Kopf, reich be
gabt und willensftart. Er hatte sich
die Welt erobern wollen.
Und es war ihm alles gegliickt. was
er je unternommen. Er hatte eine
Gattin gesunden, die mit Engelsgiite
und Geduld den Schwächen seines
Wesens und dem Schroffen seines
Temperaments sich anzupassen ge
wußt. Sein-e Kinder waren alle ge
rathen, er durfte wohl mit Stolz sein
Auge auf ihnen ruhen lassen. Aber
die Hauptsache, das Schönste, woran
sein ganzes Herz hing, war doch die
Erfüllung seiner ehrgeizigen Träume.
Er hatte schnell Carriere gemacht, sah
sich hochgeachtiet von seinen Berufs-ge »
nofsen, mancher kam und holte ficht
Rath und Belehrung bei ihm, sein
scharfer Verstand und seine Tüchtig
keit wurden allgemein anerkannt, und
niemals hatte in wichtigen Momen- ;
ten das Lob der Vorgesetzten ihm ge- J
fehlt· Weder Freunde noch Neider hat-— ’
ten daran gezweifelt, daß die höchste
Staffel foldatischer Ehre ihm erreich
bar fein würde; er selbst aber war
felsenfest davon überzeugt gewesen.
Von obenher hatte man ihm ja die
großartigsten, bethtjrendsten Verspre
chungen gemacht!
— Da — aus einmat, jah, nnniiren
in sein Glück hinein, war der Wetter-.
schlag gefahren.
Er sann heute noch immer nicht
ganz fassen, wie das möglich gewesen.
Urplötzlich hatte seine Laufbahn ihr
Ende erreicht, gerade im traftvollsten
Streben. Ein einziger übelgestnnter
Vorgesetzter, dessen seige Natur die
bedeutende geistige Ueberlegenheit des
untergebenen Kameraden nicht ertra
gen mochte, hatte ihn ruinirt. Es war
ein Bubenstücl gewesen, aber es hatte
ungestraft geschehen diirfen. So hatte
man es ihm gelohnt, daß er all sein
Leben lang sich aufgerieben hatte in
dem erwählten Bett-s
Seine unverwüstlid:e Gesundheit
war dahin, seine Nerventhätigleit un
tergraben, er lränlelte fortwährend.
ZuBoden geschlagen war der schöne,
lachende Siegercnuth. Sein heißes
Ringen, sein zuversichtlicheg Hoffen
lamen ihm jetzt kindisch vor. Eine
grenzenlose Müdigkeit hatte sich seines
ganzen Seins bemächtigt Gleichgül
tig lebte er einen Tag wie den anderer
dahin. Er hatte wohl noch eine Thä
tigleit --— man hatte ihn »in Anerken
nung seiner Verdienste« noch weiter
zu verwenden geruht aber sie be
sriedigte ihn nicht. Wozu denn über
haupt noch arbeiten? Ach so, ja -- er
hatte eine große Familie. Da war er
ja auch wohl noch nöthig zu arbeiten!
Und er arbeitete. Aber ohne Schaf
senssreudigleit. Er arbeitete, aber
nur, weil es sein mußte.
Noch vor einem Jahre war er ein
ganz anderer gewesen als der Mann,
der jetzt so müde und verbittert in die ;
nahende Dunkelheit hineingriibelte.
Er grübelt und griibelt.
Täglich in der Dämmerstunde loms i
men ihm dieselben Gedanten, dasselbe »
Gedenlen. «
Am andern Fenster nat seine Frau
ihren Nähtischplah. Auch aus ihrer
Stirn liegt es ernst und trübe. Wie
hätte das auch anders sein können:
lebt sie doch nur in dem Gatten! Daß
sie ein eigenes Jch besitzt, ist ihr wohl
taum noch bewußt. Sein Wünschen
ist allezeit ihr Wünschen, sein Stolz
auch ihr Stolz, sein Glück ihr Gliicl
gewesen. Wie sollte nun sein Unglüct
nicht doppelt auch ihr Unglück sein«-«
Kleine und große Sorgen hatte sie
wohl immer gehabt, aber die waren
doch stets in nichts versunken vor sei
nen immer neuen Erfolgen. «
Es zerbricht ihr das Herz, wenn sie
ihn jetzt ansieht. Namenlog leidet sie
unter ihrem gemeinsamen Geschick.
Aber ganz, ganz leise regt sich die
Hoffnung doch immer wieder in ihr·
Es mußte sa noch wieder ander-·
lomment Jhr Mann würde gesund
werden« sicher-. Und dann würde ihm
auch der alte Lebensuiuth die alte
Spannkraft und Freudigkeit wieder
lehren. Sie glaubt so gern daran,
dafz alle Dinge ein gutes Ende neh
men müssen.
Ganz so grau nnd unheimlich wie
vorhin erscheint ihr die Dämmerung
jeht doch nicht mehr. Und nun hört
sie aus dem Eßzimmer auch die
Stimmen ihrer Kinder.
bilde, die älteste, hat eben ein klei
nes heft, in dem sie bis dahin eifrig
mit Bleistist geschrieben, ausgellappt.
Sie schaut in tiefem Sinnen, fast
zärtlich auf das unscheinbar blaue
Buch in ihrer Hand. Luftschlösser
baut sie, hoch geht der Flug ihrer
jungen Seele: Jn einer großen Stadt
sieht sie sich in ihretn eigenen, elegan
jten Künstlerheim als Herrin walten
und ipve Gäste empfangen, lauter
großkf berühmte Menschen, Schrift
stelle , Bühnensterne, Maler, Dipr
maten, Professoren aller Fakultätem
ihr, der gefeierten Dichterin, ist es
nicht schwer geworden, ihr Haus zu
einem Tempel aller Musen zu machen.
Aber nur die edelsten aller zeitgenössi
schen Geisteshelden und -heldinnen
will sie um« sich versammeln.
Eigentlich glaubt sie ja selbst nicht
daran, daß dieser wonnige Zukunfts
traum jemals Wirklichkeit werden
könnte.
Die Männer, die sich um sie bemü
hen, machen wenig Eindruck aus sie:
Neigung hat sie noch für keinen em
Psunden; und ein so moderner Mensch
sie sonst ist, in diesem einen Punkte
denkt sie altmodisch. Eine Ehe ohne
Liebe, eine Vernunftehe ist für sie das
Unmögliche- Sie hat den festen Ent
schluß gefaßt, nicht zu heirathen. Jn
einer andern Sphäre will sie das
Glück suchen· Die kleinen literarischen
Erfolge, die ihr so jung schon zutheil
geworden, machen sie immer sicherer,
immer mgiemuthiger. Sie wünscht
sich nur, erst älter, innerlich gereister,
reicher an Erfahrungen und äußeren
Eindrücken zu sein.
Unsagbar lockt sie der Ruhm.
Träumerisch weltschmerzlich hän
gen Hannas Augen am violett sich
iärbenden Adendhimmel.
Sie ist ein herzigeg kleines Ding,
so recht zum Liebhaben. Aber sie
trägt auch einen cigensinnigen Trotz
tops, der sich im Familienkreise oft so
unverstanden, so verkannt vorkommt
Ein Glück, daß diese schmerzlichen
Ziimmungen nie lange dauern! Auch
setzt ist der Schatten axsf ihrem Ge
sichtchen schon wieder gewichen.
Woran denkt sie?
Ganz gewiß an den Ball, den sie
mit der« Mutter und Hilda nächste
Woche besuchen soll. Sie freut sich
ja wie ein Kind daraus. Und sie be
lonit ein neues Ballkleid weiß ist
eg, und ganz weiß will sie es beseßcn
lassen; immer wieder fällt ihr eine
neue Art ein, wie sie es wohl machen
lassen könnte. Wunder-schön wird ek
aus jeden Fall, und amiisiren wird sie
sich himmlisch! Sie weiß ja auch schon
ganz genau, welche Herren am meisten
mit ihr tanzen werden; sie hat eine
ganze Menge Konrinacher, und ge
schwiirmt hat sie schon fiir sehr Viele.
Der Begriff »alte Jungfer« ist das
Troftloseste, wag es fiir sie giebt. Sie
will alles daraus wetten, daß sie keine
alte Jungfer wird!
Aus der Fensternische tönt leises
zeichern und hin und wieder ein lu
stiger Aufschrei. Grete, der Backfisch,
und das Nesthätchen Kurt »ulken«
dort zusammen. Flurt reitet auf sei
ner Schwester Knieen und nectt sie
auf alle mögliche Weise. Zwischen
durch erkundigt er sich bei Hilde, was
es zum Abendbrot giebt Ein übermü
thiger Wildfang! Aber Grete scheint
nicht minder gut gelaunt: tam doch
eben wieder, schon zum viertenmal
heute Nachmittag, der lange Student
vorbei und sandte zum viertenmal sei-—
neu ehrerbietigsten Gruß zu ihr hin
auf, so daß sie über und über errö
then mußte.
Da fällt ihr auf einmal der Fähn
rich ein, der ihr damals auch so eifrig
Fensterproinenaden machte und dann,
als er ihre Freundin kennen lernte,
plötzlich zu dieser überfchivenlte.
»Ach, laß ihn laufen!« dentt sie.
Sie ist eine Natur, die sich- niemals
mit getäuschten Hoffnungen abgeben
oder schemenhafteu Jllusionen nach
jagen wird. Die Laune läßt sie sich
selten verderben. Ein töstliches Phleg
iiia ist ihr eigen: aber was der Au: z
genblick ihr befeheert, genießt sie niitj
ganzer Seele.
»Und eigentlich,« denkt sie weiter,
,ist der Student doch noch viel, viel
netter, alH der Fähnrich
»Da seht! Der erste Stern!« Mit«
lautem Freude-traf .interbricht Kurt
die minuten lange Stille
»Hilda, ziinde die Lampen an!« er
töiit es aus dem Nebenzimrner.
Mit leisem Flügelschlagen hebt sieh
der Geist der Dämnterstunde von dan
nen. Und der helle Lichttreis, in den
die Familie jetzt tritt, läßt in der
Mutter lichtsuchendem Herzen die Zu
versicht noch stärker werden, daß auch
der gebeugte Mann dort am Schreib
tisch wieder glauben wird an die
Sonne eines neuen, friedlichen Tages
Seine Kinder werden sie ihm strah
lend herauffiihren
ModerneVerlobungganzeige: Jch
zeige hierdurch nn, daß ich heute mit
Fräulein Anrelie Meier, der ältesten
der sieben Töchter meines Prinzipals-,
verlobi worden bin.
Anton Duckmann,
Buchhalter.
si- OI Il
i Jndern man an sich selbst denkt, ver
Jgißt man sich leicht!
l M Ic- si
i Ein Boltsschiiler in Mosbach (Ba
Fen) hatte sich trotz strengen Verbots
an den letzten Wagen der Selundär
bahn gehängi. Als ihn der Lehrer
darüber fragte, ruft der Knirps ver
zweifelt: »Herr Lehrer, i hab gescho
ben.«
·- ie ·
Lewis Nixon, der bekannte Schiffs
bauer, ist entzückt von der Persönlich
keit des Zaren. Kein Wunder-, Väter
cksen braucht nach dem japanischen
Kriege bekanntlich recht viele Schiffe.
Unter reißenden Oefttem
Vor kurzem ift ein interesscntes
Buch erschienen, dessen Verfasser No
bert Thomas jahrelang, erst als
Kunde (fechtender Handwrtsburiche),
dann als Jahrmarttsartist halb Eu
ropa durchwundert bat, lis er nun
endlich als Thierwiirter im zoologi
schen Garten zu Leipzig seßhaft ge
worden ist.
Am spannendsten sind darin die
Schilderungen der Gefahren, die der
Verkehr mit den verschiedenen Bestien
fiir den Bändiger und Wärter mit sich
bringt« So ereignete sich auf dem
großen Jahrmarkt, der anläßlich des
Vundesschießens in Bern abgehalten
wurde, folgendes: Er aß zu Abend
und ging dann in die Stadt, von wo
er gegen 10 Uhr iiber die Kirchenfeld
briicke zurückkam. Dabei bemerkte er,
daß vor der Menagerie ein Petroleum
flambeau brannte und daß sich eine er
regte Menschenmenge darum hin und
bek bewegte. Als Thomas näher kam
fiel ihm auf, daß die Menschen sich
trotz ihres eiligen Treibens schweig
sam verhielten, und auf des Verfas
sers Frage, was es gebe, wurde ihm
zugefliistert, der Königstiger sei aus
gebrochen Und sitze unter einem Wa
gen. Am Nachmittag hatte eine Hün
din gerade unter dem Käfig geworfen
und das Gewinsel der jungen Hunde
mochte den Tiger in Aufregung versetzt
haben. Er hatte den Boden seines
Käfigs durchgekratzt und sich durch das
Loch auf die Hündin gestürzt, der er
sogleich an die Kehle fuhr. Das Ge
heul des Hundes machte die Leute auf
merksam, und einer davon, der den
Hund zu pflegen hatte, näherte sich im
Dunkeln dessen Lager und versuchte
das Tier durch Streicheln zu beruhi
gen. Dabei bemerkte er zu seinem
Entsetzen, daß er statt des Hundes den
Tiger streichelte, der diese Liebtosung
mit einem unheimlichen Geknurr quit
tierte, worauf der Mann sich schleu
nigft entfernte und Lärm schlug.
Da die Leute offenbar völlig den
Kopf verloren hatten, warnte Thomas
sie, sich mit dem Petroleumflambeau
dem Tiger zu nähern, und schlug vor,
in der Dunkelheit so schnell wie mög
lich die Holzschranken des dritten
Platzes zu holen und um den Wagen
zu stellen, wo sie dann mit Pfählen
und Stricken befestigt wurden. Sie
entwickelten dabei eine fieberhafte Tä
tigkeit, bis sie die Ueberzeugung hat
ten, dasz die Bestie ihren Schlupfwin
tel nicht mehr verlassen konnte. Dann
holten sie den Umsetzkasten, einen
schweren hölzernen Kasten mit zwei
Gitterschiebern, den jede größere Mes
nagerie bei sich führt, schvben ihn an
den verbarriladierten Wagen hinan,
stellten eine Oeffnung her, machten
Licht und bearbeiteten den Tiger so
lange mit dem Kratzeisen, biS er nach
vielen vergeblichen Bemühungen end
lich dar-« Schlupflvch fand iind iii den
Umsetzkasten hineinging.
Manchmal nehmen aber derartige
Vorfälle ein tragischeg Ende. Bei der
Menagerie Böhme wurde, als sie in
Pirmaseng gaftierte, der Tierbändiger
Schlöpfer von seinen vier Löwen zer
rissen. Er hatte ein Pferd geschlachtet
und hatte versäumt, die dabei getra
gene Kleidung mit einer anderen zu
vertauschen, war in Meinungsverschiei
denheiten mit seiner Schwiegermutter
geraten, und um den Streit zu been
den, ins Wirtshaus gegangen, wohin
itni die Schwiegermutter gefolgt war.
Da sie ihm auch hier keine Ruhe lassen
wollte, hatte er sich wieder in die Me
nagerie begeben und mit den Worten:
»Hier werde ich wohl Ruhe haben!«
den Löwenläfig betreten, wo er sich
nach feiner Gewohnheit mitten unter
seinen vier Zöglingen zum Schlafen
niedergelegt hatte. Die Löwen hatten
anfangs teine Notiz genommen, dann
aber war das jüngste Tier durch den
Blutgeruch der Kleidung munter ge
macht worden, hatte Schlöpser zuerst
beschnuppert und dann angebissen,
worauf dieser nach der Futtergabet
schrie, mit der er sich zu verteidigen
gedachte. Jm gleichen Augenblick
stürzten sich die drei anderen Löwen
ebenfalls über ihn her, und ehe Hilfe
geleistet werden konnte, war er so zer
sleischt, dasz er am anderen Tage starb.
Jn Straßburg war eine Tigerin
von einer eifersiichtigen Löwin verletzt
worden und war einige Zeit wegen
Unpäßlichkeit am Auftreten verhindert.
Nach ihrer Genesung wurde die Dres
surnummer wieder ausgenommen. Der
Dompteur Zuber hatte schon zweimal
geprobt und die Tigeriu war auch nach
Wunsch gesprungen. Jmpresario We
behorst war aber niit der Durchfüh
rung dieser Nummer nicht zufrieden,
sondern sagte dem Tierbändiger, die
Nummer ginge ihm nicht slott genug
und sie müsse mit mehr Verve durchge
I führt werden.
. Um ihm eineAnleitung zu geben, wie
er es machen solle, sti-"g Webelhorst
selbst in den Dressurläf-g, wo er die
Tiere vornahm und arbeiten ließ. Die
Tigerin war aus Webelhorst nie be
sonders gut zu sprechen gewesen,
hauptsächlich weil er die Gewohnheit
hatte, den Käfig in weißen Heindärs
meln zu betreten. Sie sprang auch
dieses Mal auf ein oben im Käfig an
gebrachtes Brett, blieb dort ruhig lie
en und sah nur zu, wie sich Wedel
garst mit den Löwen beschäftigte. Als
er damit fertig war, wurde eine Bar
riere in den Käfig geschoben, über die
die Tigerin springen sollte. Sie wei
gerte sich, das Brett zu verlassen, We
belhorst versetzte ihr einige Peitschen
hiebe, woraus sie start sauchte, aber
nicht heruntertam. Webelhorst packti
sie darauf beim Schwanze und zog sie
herab. Jm Nu stand das Tier aus
recht vor ihm, biß ihm die Nase durch,
riß ihm ein Stück Fleisch über der lin
ken Augenbraue aus der Stirn, zer
fleischte ihm die rechte Wange und das
rechte Ohr und riß ihm eine Schmarre
quer über das Genick. Er hatte noch
die Kraft, das Tier von sich zu stoßen
und den Käfig zu verlassen. Seine
Frau, die Zugin des Vorganges ge
wesen war, schrie laut auf, und di
Angestellten, die fast alle kein Blut
sehen konnten, suchten das Weite.
Thomas half Webelhorst aus dem Kä
fig und führte ihn an das Elephans
tenpodium, wo er ihm mit Verband
watte und reinem Wasser die Wunden
auswusch. Der Tierbändiger Zuber
rannte zum Arzt, der bald darauf in
einem Wagen ankam und Webelhorst
flicten wollte. Dieser meinte aber, es
sei nicht nötig, die Wunden würden
auch so heilen. Sein Zustand ver
schlitnmerte sich jedoch rapid.
Am Nachmittag schickte die Prin
zipalin zu dem Universitätsprofessor,
mit er Webelhorst untersuche. Dieser
erklärte dann, der Verwundeie müsse
sich gleich in die Klinit begeb::i, wo er
genäht werden müsse. Dazu fehlte
dem Manne, der mit wilden Tieren
umzugehen gewohnt war, anfänglich
der Mut, und erst der Hinweis des
Professors, daß das Nähen nicht
schmerzhaft sei und daß er sich selbst
in seiner Studienzeit dieser Prozedur
öfters unterzogen habe, ermutigte ihn,
dem guten Rat zu folgen. Er fuhr
also in die Klinit, wo er mit zweiund
dreißig Nadeln genäht wurde. Der
ganze Kopf wurde so mit Bandagen
umwickelt, daß nur eine kleine Oeff
nung vor dem Munde und eine solche
vor dem linken Ohr die Verbindung
mit der Außenwelt vermittelten.
Auch die sonst so gutmütigen Ele
fanten können höchst ungemütlich wer
den. Ehlbeck ließ einen Elefanten
einstmals mit einem Wärter allein in
Italien reisen, und das Tier hatte
den großen St. Bernhard zu Fuß pas
fiert und war in allen größeren
Städten der Halbinsel zur Schau aus
gestellt worden. Jn Palermo hatte
der Wärter offenbar Differenzen mit
dem ihn begleitenden Gehilfen bekom
men, und dieser hatte, um dem Wär
ter einen Schabernack zu spielen, in
dessen Abwesenheit das Tier gereizt.
Als er zurücktam, ergriff ihn der Ele
fant —s- ein starkes afrilanisches
Männchen — mit dem Rüssel, schleu
derte ihn zu Boden und bearbeitete ihn
rnit den Füßen, bis er tot war. Der
Gehilfe hatte seine guten Gründe, sich
von dem Elefanten fern zu halten, und
wrfzte nun keinen anderen Rat, als
zur Polizei zu laufen und deren Hilfe
zu erbitten. Die Polizei machte kur
zen Prozeß, verurteilte den Elefanten
zum Tode und vollftreelte dieses Urteil
mit Hilfe von Gift. Wie nachträglich
verlautete, war die mit Geld gefüllte
Vrieftasche des Wärters verschwunden.
Dem mit dem 18. Februar aus
fcheidenden Präsidenten Loubet hat ein
Statistiter des ,,Gil Blas« nachge
ziihlt, wie oft er während feiner Amts
dauer auf Reisen, bei festlichen Anläf"
sen da und dort im Lande zugegen
war, wieviele Reden er gehalten,
Trintfprriche aufs-gebracht und so wei
ter. Präsident Loubet empfing die
Besuche des Kaisers und der Kaiserin
von Rußland des Königs von Eng
land, des Königs und der Königin von
Italien, derKönige von Spanien, Por
tugal, Belgien, Griechenland, des
Schuhe von Persien, des Behs von Tu
nesien, der Fürsten von Bulgarien und
Monaco und vieler Mitglieder faft
sämtlicher Herrscherfamilien Europas-.
Auf feinen offiziellen Reisen besuchte
Herr Loubet fiebzehn französifche Dei
partementg und außerhalb Frankreichs
Rußland, Däneinarl, England, Ita
lien, Spanien, Portugal, Algerien und
»Tunesien. Wenn Herr Loubet bereits
f mit seinenReifen einen Retord geschaf
!fen. so besitzt er auch noch einen ande
tren, der in politischer Hinsicht eine
yacwiffe Tragweite besitzt: während fei
nes oeptennats wurden, abgesehen von
dem Kabinett Charles Dupuy, das er
bei seiner Ernennung vorgefunden hat
te, nur drei Ministerien gebildet, das
Kabinett WaldectiRousfeau am Sti.
Juni 1899, das Kabinett Coinbes am
7. Juni 1902 und das Kabinett Rou
vier am 24. Januar 1905.
t
i In Frankreich erwählten die Sena
toren und Abgeordneten den Präsiden
ten. Das ersparie den Kandidaten
die Mühe-, schlechte Zigarren für die
gewöhnlichen Siimingeber zu kaufen.
sk -l: si
Die gute Freundin: »Ich finde,
Giniliens neuer Hut kleidet sie zum Er
bartnen.« »Ich auch.« « »Wohek
sie ihn nur hat?« »Von Müller ch
Komp. - ich half ihr ihn ja aussu
chen.«
si· di- st
Dente vom Größten so gering du
magst, er wird es dir nicht nachiragen
Denke aber von dem Kleinen nur nicht
groß, und du hast einenTodseind mehr
im Leben.
Il- Ic si
Nur künstlich gemacht sollen, nach
der Auslegung des britischen Bot
schaft-ers in Berlin, die gegenwärtigen
seindlichen Regungen zwischen Eng
land und Deutschland sein. Da ist
die Kunst wieder einmal der Wirklich
keitsgrenze nahe gekommen.