Yeörasåa taats Inzriger nnd Yerold , J. P. Wiudolph, Herausgehen Grund Island Neht.. 2 weint-at 1906 (ZwetterTbetl.) Jahrgang 26 No. 23 Va-« Menschenherz Jnhaltsschwere Tasse liegen Jn der Zukunft Schooß verborgen. Aus dem unbeticht'ten »Heute« Stumm entwickelt sich der ,,Motgeu«. Aus dem unscheinbatften Samen Wachsen stämm’ge alte Eichen; Vor des Wasser-S Trefqu Tropfen Muß der Fels «;11 Sand erweichen So aus Lachen, Singen. Wirken Aus dem Kleinen, aus dem Schmerze Wächst in Zeit durch Lieb’ und Treue Leis’ und still ein Menschenherze. - Der Hausfkeund. Novellette von Paul Herinann Hartioig. An der Vorplatittiiir wurde getlin gelt. erst zaghaft, aber gleich darauf heftig, fordernd. Frau Therese, die aus einem Holz stuhle am Fenster saß und apathisch in den regenfchweren Tag starrte, zuate ängstlich zusammen. Sie er schrak immer, wenn drauf-en so nach driicklich Einlaß begehrt wurde, das hatten sie die l ten Wochen gelehrt. Tante Marie mu te stets dreimal an tlopfen, trenn sie zum Besuch lam. Was mochte es nun wieder sein! Frau Therese Preßte mit qualvol lem Ausdruck die Schlafen, als sie mühsam auf den Vorplatz ging, um zu öffnen. Es toar ein Kommis des Schnittwaaren - Geschäfte-, der eine Rechnung von 60 Mart für einherbst tleid präsentirte. - »Mein Mann ist im Auaenblick nicht zu Hause. tommen Sie in eini- - aen Tagen wieder. Sie Herden dann Bezahlung erhalten« Sie sprach die Lüae mechanisch ans, die ihr so geläufig geworden war. »Aber es muß auch aeusisi seinEserr « Waaner rechnet daraus.« » Der Kommiz sab sie listig unver- ; sckämt an. » »Es-Eben Sie, Ihr Herr wird be zahlt werden« Der Mahner ging. ; Frau Therese hatte dem Geschiistj früher Tausende zu verdienen geaeben, » aber trotzdem empfand sie die Belei- ; diauua nicht mehr, die in der drin-; arnd aeftellten Forderung taa. Sirt witterten eben alle, daß das Schiffs zum Wrack »eworden war. ! »Mir nicht denken nicht an die« fchiine Veraanaenl)eit. nicht an dies Zukunft! Die Zukunft gab es denn . ein? Sie hatte ihren alten Platz noch ! nicht wieder eingenommen, als- aus-T einem Nebenzimmer leiser Gefana er füllte. ( »Mein Feind-« cis-. ixuck Scheint flog über ihr müdes junges Gesicht, in ( das dir letzten Woxlien unzerstörbarr Linien gegeer nimm Sie öffnet-i die Tbür zu dem Reieniimmen wo« das Rindermiidchen welches nach dem Litusammenbruch mit riihrender Hin-( bänglichteit bei ihr aiistsgelialten hatte, » den tleinen Holln in den Schlaf i wiegte. i »Schläft Reinbold?« ! »Ja, gnädiae Frau, er bat gut ges i trunken und ist gleich eingeschlafen.« Um seinetwillen, der da so friedlich i seinen ersten stindertraum träumte,» wollten sie die aanze Last des Da seins, die erbärmliche Miiere ertra-» gen. Sie standen dem Neuen so bils- l los gegenüber, er der frühere Osfi·3ier, der in Folge unbedachter Worte sei- ! nen Abschied hatte nehmen müssen, sie, die Tochter aus vornehmem Beam: ! tenbause. der man die »iibereilte Lie besheiratb« nicht ver·iieh. Und nach der Pensioniruna das Vabanaue- E Spielen und Verlieren Sie selbst hatte dem Gatten daiu aerathen und fühlte sich nnn mitschuldig an dem Zusainmenbruch des Hauses. Sie wollten ja auch nicht llein werden. Klaalos hatten sie die Einrichtng in die Auttionsballe wandern sehen, sie war mit 7000 Mart bewerthet ac wesen und brachte tanm 150(.I. Die theure Wohnung hatten sie noch behal ten miifsen. Frau Therese fror in den leeren öden Stuben, die soviel Glück einaefchlofsen hatten, abr das Glück wohnte noch darin, das war doch nicht abhängig von Aeuszerlichteiten Nehmen konnte man ihnen bald nichts mehr, gleich in der Frühe war wieder kein Gerichtgvollzieher dagewe sen und hatte die Rubinen von den Familienbildern gesieaelt. Sein su chendes Auge war auch auf Wald mann gefallen. »Woh! ein Rasse hund?« hatte er gemeint und nach dem Hals-band greifen wollen. Aber Waldmann hatte nach der lurzen rothen Hand geschnaubt und Fersengeld gegeben. »Er gehört meiner Tantekfrau von Vollenius,« hatte Frau Therese rasch gelogen. Nein, den lieb-en Sterl, den Zeus-en ihrer schönsten Tage konnte sie nicht auch noch hergeben. Jetzt hatte ihr Gotte den Hund auf einen Geschäftsgang mitqenommen. Diefe »Grsck:«cift13qänae«, welche die Möalichteit zur Fortführung einer Existenz brinan sollten, waren bis fest alle refultatlos verlaufen. Gute Beksprechunaen für die Ru hean wenn man davon leben könnte! Auch heute würde es wieder nichts werden« Sie fürchtete schon den mü den boffnunqsiosen Rua in dem Ge sicht ihres Mannes. Nein, hoffnunas los» durften fie, nicht werden, ihre Ptuiunaszeit hatte ja erst begonnen. »Die Domain schlug. Frau Therese zahlte die Schläge, denn eine Uhr besahen sie nickt mehr. Schot- zwölf, da kannte Herbert jeden Augenblick kommen Sie deckte den rothen Kiichentifcb, der nebst einigen rothen Stuhlen ·d1e Stelle der geschmackvollen Eint-tre Einrichtung einnehm. Die Reste, die sie auftrug, bildeten taum noch eine anständige Mahlzeit, aber sie gewöhn ten sich, im Kleinen zu sparen. Sie thaten dann, als merkten sie die Ver änderungen im Haushalt nicht. Er richtete sich immer wieder an ihrem scheinbar unzerstörbar-en Gleichinuth auf und sie ftiirtte sich an feiner zur Schau getragenen Zuversicht Im ;Grunde aber waren sie jämmerlich miirbe. Auf der Treppe bellte Wald’l, fein Herr rief ihm etwas zu, nein. nicht ihm, einem anderen Menschen. Nun wurde die Thiir mit einem Drücker geöffnet, und Frau Therefe konnte hören. Herbert sprach ungeduldig und heftig, — also wieder etwas Wange nehmes. »Den Hund tann ich anen nicht geben« was nützt«er Ihn-en auch, er bleibt ja bei keinem Anderen, Hielt Wald’l?« »Es thut mir leid, aber Jhr Gläu biger hat nrich extra aus den Hund aufmerksam gemacht, es ist ’n Luxus aegenftand. Jch must ihn nehmen. Und wie wollten Sie auch die Steuer zahlen fiir den Köter?«’ Er betonte das »Sie« und es klang so geringschätzig daß dem anderen das Blut duntel in die Wangen stieg. »Werden Sie nicht uncrtig.« Frau Therese stürzte heraus, der mächtige Dackl sorana tm ihr em por, als ahne er Gefahr. »Ja. Wald"l, was ist jetzt der-Z«Dich wollen-Z haben. deeg aiebt’s ja net, gelt, mei braves Hundert Nein, mein Herr, wir haben alles hinaeaebem selbst unsere Traurinae, aber den Hund ———- nein, den dtirfen Sie uns nicht nehmen« »Das geht schon nicht anders. Heut Nachmittag ist Versteigeruna, vielleicht daß keiner aus ibn bietet. und Sie können ibn billig wiederlrieaen oder jemand Verwandte-z lauft ihn.« Es half also nichts. bBJ-ald’l raste zwar wie ein Unsinniaer in dem Cin tree umher, aber am Ende wurde er doch von der band des Erecutors er wischt und abgefiihrt. Frau Therese weinte fasjritiaslos, sie war so lange start gewesen, nun brachen aus einmal die' liinstlich er richteten Dämme· Sie tonnte sich gar nicht beruhiaen. »Mir ist, als hätten wir unser Glück hingegeben. Bei unserer Ver lobung war er dabei, und wie wir uns den ersten Kuß gegeben haben, das hat er auch gesehen, der liebe, brave schwarze Kerl.« Herbert versuchte nach Kräften, sein betriibtcs Weib zu beruhigen, aber iljne selber war’5 ganz weich unse Hetz, als der Gefährte seiner sröbs lichen Zeit, der Liebling seiner The rese, auf solche Weise Abschied nehmen mußte. Aus «seinem spiegelt-lauten schwarzen Fell waren sich die Hände zuerst begegnet, und der Blick, mit welchem Therese ihn ansah, aab ihm die schönste Verheißung. Wie hina der Himmel damals vol-— ler Geigen und nun --— Ach, wie schwer war doch das Leben . . . . Frau Therese gab sich einen Ruck und trocknete ihre Augen. ( »Magst nichts essen, Herberis Du mußt doch sehr hungrig sein.« Sie setzten sich beide, aber es schmeck te teinem so recht; sie mochten auch : nicht sprechen. Einmal sagte Herberh . »Du Resi, die Koteletieluochen Hier-'s aber dann unterbrach er sich, l Therese sah ihn tummervoll an. Die Stunden schlichen mit bleierner Langsamleit dahin, es regnete noch unaufhörlich Bindfaden und das un freundlich-: Wetter drückte die Stim mung der Gatten noch mehr. Man hatte Herbert auch seine kleine Biblio tbek genommen: gelangweilt durchmasz er die leeren Zimmer, schließlich wars er sich aufs Bett, um zu schlafen. Frau Therese badete den kleinen Dolch der lustig trähte und mit blan ten Augen in die unwirthliche Welt Gegen 4 Uhr konnte sie es nicht mehr ertragen. «Herbett, möchtest Du Dies-) nicht anziehen nnd in die Auttionshalle gehen. Wir müssen doch wissen wo unser braver Hausfrennd bleibt Oder -mit einem raschen Entschlus- nahm sie aus ihrem Poetemonnnie eine Summe —- vielleicht. « -·- - . »Ein Thalet«, meinte er mitleidig, »was Du dir dentst, hundertzwanzig Mark bot man mir damals.« »Die Menschen wissen den Werth des hundes vielleicht nicht zu beuriheik len.« Derbekt ging mit geringen Hoff nungen. Das Anttions - Lokal war mäßig gefälli, meistens mit alten-Tröd --.Z « - . -... lerinnen und Handelsjudem Diesen galt die Sorge Herberts nicht, eher dem weißlöpfigen alten Herrn, der bereits eine Sammlung Rehgehörne erstanden hatte. Der sah so erwerbs- ’ lustig aus, aber gut würde der treueJ Kerl es bei ..,m haben, besser wie beii ihm. Da erspähte Wald’l seinen Herrn,l wie jämmerlich der arme Bursche um Befreiung aus feiner unwiirdigen Lage ( bat; unruhig riß er an feiner Leine und die traurigsten Augen« machte er, die nur ein Dackel machen kann. Die Trödler wurden durch das nnruhige Gebohren des Hundes aufmerksam. »Das Vieh, am Krepiren ist’s, grad naus auf’n Schindanger müßt’5 g’fabren wer’n." Herberi fah den Sprecher ordentlich dankbar an; diese Aeußeruna wiirde der Kauflusi noch mehr schaden. Und richtig, als der Auktionator anfing, auszubietem »Ein schwarzer, großer Dachshund ohne Abzeichem ein Rasse hund«, verlxarrten alle in Stillschwei gen. Wald’l machte ein Gesicht, als ob’s Matthäi am letzten sei. »Vielleicht lönnt’ mern schlachten-" Entsetzt blickte sichWald’ls Herr nach der Urbeberin dieser Ansicht, einer be haglich dreinschauenden, wohlgenähr ten Person um. Da bot der alte Herr-, wohl nur um den Anfang zu machen, eine Mark, als aber Herbert das Gebot sofort auf zweiMarlerhöhte. brach der erste Bieter ab. Sein mitleidiger Blick traf den langen Herrn, der mit so viel Unruhe und Verlegenheit dem Handel splgte »Zum dritten — Der Hammer fiel, das Unwahr scheinliche war geschehen. Herbert hatte seinen Hausfreund wieder. Wald’l«5 Freude war schier närrisch, immer wieder sprang er an seinem Herrn empor, als hätte er ihn jahre lang unter den schrecklichsten Buckel drangfalen entbehren müssen. »Sie sclzeinen den Hund sehr lieb zu haben.« Es war der alle Herr, der sich beim Ausgang »aus dem Anttionsloial zu dem freudig erregten Herbert wandte. s,,«-’freilsich ——— ob, und meine Frau er t.« »Sie können von Glück sagen, daß Sie das werthvolle Thier so billig er standen haben, wenn Liebhaber da gewesen wär-en« Herbert dachte an die wohlgenährte Person und schauderte. Dann fiel es ihm mit einem Male schwer aus’g Ge miith-, daß das heutige Ereigniß der Anfang von vielen ähnlichen sein miisse und daß er seinen Liebling nicht simmer so leicht zuriickerobern könne IZUtn Beispiel, wenn das Geld für Brod und Milch nöthig sei. Ein schneller Entschluß reiste in ihm, noch wußte Therese ja nichts ,,Mein Herr, Sie machen einen so hundefreundlichen Eindruct, möchten Sie meinen Waldmann vielleicht doch nehmen?« »Sie wollen sich bon ihm trennen und jetzt, ich habe doch gesehen, wie Sie sich um ihn bangten.« »Es muß sein« Ein glücklicher Augenblick löste ihm die Zunge, und der alte Herr mit den gütigen, vornehmen Gesicht5·;iiaeri war ein aufmerlsamer Hörer. Manch scharfer Blict priifte den Erzählen dessen Wangen sich bei der .Riickerinnerung an erlittene Unbill iröthetew Als er geendet, fragte der Alte kurz: »Und der Maior will Ihnen wohl, bei ihm kann ich mich nach Allem er lundigen?" »Gewiß, natürlich, wie nieinonSie das?« « »Mein Schwiegersohn hat bis jetzt mein Gestiit in Georgsweiler «eleitet. Er hat ein Gut geerbt und gie t seine Stellung auf· Jch isuclxe nun eine tüch tige Kraft mit Lut zur Sache, schar sem Auge und rafchern Zugreifen. — Vielleicht ersparen Sie mir die Mühe des Suchen-W Ueber Herbert sluthete eine Freu « Ventrete , »Mein Herr, ich bin ein Mann von raschem Zugreifen ----« - »Kommet! Sie morgen in mein Ootclx wenn Sie der sind, fiir den ich Sie halte, so werben wir einig·« Wald’l, der sonst ein gesitteter Hund war, vergaß in einem jähen, unniotivirten Freudenausbruch alle Wohlerzogenlyeit Er sprang an dem Fremden empor und gab seinemWohl gefallen durch lautes Gebell Ausdruck. »Den schwarzen Teufel halten Sie fein werth.« »Das will ich" Mit Pseifcn und Singen, wie früher wohl, sprang er die Stufen der Treppe hinauf. Wald’l raste und tobte, bis Frau Therese die Thiir öffnete. Da wurde er still, er ließ sich auf den Arm neh men und drückte seinen schwatzen Kopf zärtlich an die Wange seiner Herrin. »Das is sei gut, deeö is fei gut, daß d’ wieder da bist, mei hetzige Kerl.« Dann fiel sie dem Uebetbsringer der utlen gefegneten Nachricht um den a s. »Und ich war schon verzagt.« »Und ich!« « »Komm zu unserm Jungen, mir ist schon, als möchst’ ich grad« beten.« Wald’l, der Haus-freund, trottete gra vitätisch mit an die Wiege, und wer Fallte sagen, daß hier seinPlatz nicht et. Der Regen hatte aufgehört, auf der Wiegendecke des lleinen Holly lag der helle Schein der Nachmittaqssonne. Nos Die alte Wanduhr. l Stizze von Emil Marriot. l Fünfzig Jahr-et — Sein Geburtss tag war heute. —Er saß einsam in seinem Zimmer und blickte zurück auf ein halbes Jahrhundert. —- Tiefe Stille ringsum —- nur-die alteWand uhr ihm geqeniiber tönte ihr einför miges Vol-Tuch s-— Er sah zu ihr hinüber mit liebendem Blick, feuchte Wehmuth füllte sein Auge —»-— tick-tack, tict-tact! —-— Es war eine unscheinbare, alt modische Wanduhr mit Ketten und Gewichten zum Aufziehen-——die Uhr seiner Mutter. —— Seiner Mutter-! Sechg Jahre war er alt gewesen, da hatte man Blumen auf den Weg se streut und sie hinausgetragen zur ewigen Ruhe, den Vater hatte er schon früher verloren. Nur wenig Erinnerung haftete ans jener Zeit, doch dieser Tag war ihm lebendig geblieben. Er wußtees noch, wie zwei betannte kleine Mädchen in weißen Kleidern, Körbchen mit Blu men in der Hand, vorangingsen nnd diese ausstreuten Alle waren festlich gekleidet, es gab Kuchen, und das alle-s war ihm so schön, so feierlich erschienen Thränenlog war er danach mit der Tante abgereist in eine neue Heimath, wo er alles fand, nur keine Liebe. Zwar war ihm dies nie richtig zum Bewußtsein getommen, aber ein un nennbareg Etwas hatte sich wieder holt in seinem Innern gesammelt, das sich von Zeit zu Zeit entladen mußte mit elementarer Gewalt, das siehl Bahn brach, wenn er allein war, in herzzerreißendem Schluchzen und Würgen und laut heulendem Jam mer. Doch wenn es vorüber war, war er wieder der fidele und wilde Junge. Zum Nachdenken kam er nicht, so ging es- fort, bis wieder eine neue Ausladung erfolgte. Aber auch dies verlor sich. Liebeleer war seine Jugend dahin geflossen, wohl hatte er oft, o so oft, eine furchtbare Oede und Leere in seinem Leben gefühlt und düsterer Weltschmerz hatte sein Jnnereg zer wiihlt -— doch die Liebe selbst hatte er nicht vermißt, hatte er sie doch nie lennen gelernt. So war er zum Jüngling gereift. Da zog sie ein mit jubelnden th torden und schmetternden Fanfaren in sein zitterndes Herz, hielt ihn um fangen in seligeni Wahnsinn, eine Of fenbarung aus einer anderen. nie ge tannten Welt. Das große Geheim nisz des Lebens enthüllte sich seinen tkuntenen Blicken, der Vergangenheit Räthfet lösten sich in der heiligen Macht der Liebe, er ertannte, was ihm vordem gefehlt. Als er in den Ebestand getreten und einen eigenen Herd geiriinden ward ihm eine Ueberraschung die sei nes Lebens Tiefen aufwiihlte, die Vergangenheit augsöhnte und seiner Zutunst Briicte Ord. Verwandte hatten ihm der Mutter Uhr gebracht, die sie ihm pietätvoll aufbewahrt, ohne daß er eine Ahnung davon hatte. Das war ihm das kostbarste, das hei ligste Geschenk — der Mutter Gegens gruß aus fernen, fernkqbeitenl Unb sonderbar als sie dann an der Wand hing nnd zum ersten Male wieder in seinem eiacnen Heini ihr Ziel-Takt seinem Ohr erklaan — da war's ihm, als kosten sich die Schleieri der Vergangenheit, er sah und hörte,i was vor mehr als zwanzig Jahren geschehen und damals seine Sinne sol sehr erregt und in Anspruch genomss men hatte: er lag in seinem Bestehens die Mutter nähte bei LampenlichL Al les war ruhig und still, nur derPendel der Uhr bewegte sich gleichmäßig, titl tack, tick-tack. Unruhig warf er sich hin und her. »Schläfst Du denn noch nicht?« »Ich kann ja nicht schlafen, Miitterchen, ich muß immer denken.« »Aber Du mußt aar nicht denken, mein Junge, nur schlafen!« s-- Tick-tack, tickitacU Da lag er dann still und dachte nach, wie tna es wohl machi, gar nicht zu denke , -—-—- tief-weh iick-tack. Und er lauscht-e dem Pendelschlasq nnd der entfliehen den Zeit, nnd sie nahm seinen kind fliehen Geist mit sich und führte ihn »in das Traumland zu selig-km Ver ’gessen. So schlief er ein. —- O du« selige Zeit! Du verlorenes Para dies! —--— Nun war die Uhr sein Heiligthum. Eine Lücke in seines Herzens Raum, ein leeres, ödes Plätzchen war ausge fiillt, was er langst nicht mehr zu hoffen gewagt; wonach seine Kindheit und Jugend so ost unbewußt hun gernd geschrieen und dem zu entsagen das rauhe Leben längst dem Manne gelehrt, das grüßte freundlich win kend aus der Mutter Uhr, aus ihr wehte ihm der ersten Kindheit duftiger Hauch entgegen, in ihrem Anschauen wurde er wieder seiner Mutter Kind. Ost hatte er nun so bei ihr ge sessen, hatte ihrem Schlage aelauscht und sich erzählen lassen von alter Zeit, tick-tacl, tick-tack. Es waren Stunden der Weihe und Andacht und der in neren Sammlung gewesen. Sie ward seine Vertraute in Freud und Leid. Wenn er sich keinem Menschen offen baren mochte, so ging er zu ihr, sah sie an und -— dachte. Und ihm war"5, als ob sie seinen Gedanken folgte, aus ihrem Tut-met vernahm er der Mutter Stimme hell, freund lich und liebreich, oder ernst, tröstend und Inahnend. - Wenn des Lebens Stürme ihn ge schüttelt und wilde Wogen ihn um brandet, das Blut in den—Schläfen hämmerte und die Gedanken sich im tollen Wirbel kreisten, dann war er zu ihr gefliichtet, wie an das Mutter herz. Ein geheimnißvoller Zwang wirkte dann aus dem Pendelschlag auf sein erregte-s Gemüth, der ihn be sänftigte und beruhigte, und dazwi schen ertönte ihm der Mutter Stim me: »Du mußt gar nicht denken, mein Junge!« O du wunderbares Geheimnis; heiliger Sympathie, die du die Fäden spinnst, die uns durch’s Leben leiten, die du leuchtest als Stern in des Daseins Nacht! — So saß er auch heute wieder vor der lieben, alten Uhr. Alles schlief bereits, und feierlich tönte ihr Titl Tack durch die stille Nacht-Er hielt einen Rückblick auf die Vergangenheit nnd iiberschaute seinen Lebens-weg durch fünfzig Jahre. Es war ein sieiniger Pfad durch Berg und Thal gewesen, und des Lebens Stürme hat ten ihn gejagt. Doch er hatte Stand gehalten und sich zwar eine bescheidene, aber doch geachtete Stellung erkämpft und auch zu erhalten verstanden. Lange schon hatte das Schicksal ihm seine Lebensgefiihrtin entrissen und sie hatte ihm drei liebe Kinder hinter lassen. Vor der Mutter Uhr hatte er sich damals gelobt, ihnen so viel als möglich das so früh Verlorene zuer ietzen, eingedenl der eigenen, liebe leeren Kindheit, und feierlich war ihr TictsTael getlungen in sein stilles Ge löbnifz. Ja, er hatte Liebe gesäet und auch geerntet. Süße Wehmuth senkte sich auf ihn herab. Er nahm das Licht und ging auf leiseu Sohlen in das Schlafzinnner seiner Lieben. Lange und innig be trachtete er die blühenden Gesichter, rosig angehaucht von des Schlafes Pius-» Hier war sein Reichthum, feine Welt, seines Daseins Zweck! Er beugte sich nieder und küßte segnend die reinen Stirnen. Dann ging er zurück in sein Schlafgeniach Fra gend blickte er auf die alte, liebe Uhr: Hab’ ichs recht gemacht? Und seg nend tönte es zurück: Tief-Takt, ticts tact, tick-iact! — Der WutsdItdocktor. Es war einmal ein Geizhals, Der glaubte, er«sei lranl, Und lag die ganze Woche Auf seiner Ofenbank. Jlnn schmeckte keine Speise, Ertranl nur Medizin Und wälzt« auf seinem Bette Sich schlaflos her und hin. Die Aerzte thaten Alles, Wie es erheischt die Pflicht, Doch was ihm wirklich fehlte, Das wnßt’ er selber nicht. — Einst kam ein Wunderdoktor Aus einem fernen Land, Der bald der Krankheit Wesen Und auch das Mittel fand. Er gab itnn einen Schlastrnnt Gleich in der ersten Nacht Und bat mit seinem Geldsael Sich aus dem Staub gemacht. Der Kranke aber fühlte Sich leichter von der Stund’: J e tzt wußt er was ihm fehlte — iUnd wurde bald gesund. s s Pistol-te nnd Bestimmt-h Heute, wo so viele Tischreden gehal ten und so viele Trintsprüche beim sperlenden Champagner . ausgebracht ! werden, dürfte es vielleicht nicht unan gebracht sein, daran zu erinnern, was Jvor Jahren ein weiser Greis iiber die Redner gesagt hat« Jn seiner glän zenden Rektoratsrede, der ersten und letzten,·die Thomas Carlyle vor den Studenten der Universität Edinburg gehalten hat, giebt, er seinen jungen Zuhörern folgenden Rath: »Wahrlich, es thut Noth, daß wir alle schweigsamer werden, als wir es jetzt sind. Es däucht mir, als ob die besten Völker der Welt inlWind und Geschwätz aufgehen. (Beisall und Ge lächter). Das scheint Ihnen komisch! Warten Sie nur, lange, wenn ich hier nicht mehr sein werde, wird alles dies einen tragi chen Charakter annehmen. Vergessen Sie nicht, daß alles seine Zeit hat:"das Reden sowohl als das Schweigen! Doch im allgemeinen ist das Schweigen die ständige Pflicht des Menschen. Denn wer nicht fchweigsarn ist, wird nie zur wirklichen Erlenntniß desjenigen gelangen, was einigerma ßen schwierig oder wahr ist nnd am meisten sein Interesse berührt. »Hüte deine Zunge!« Das ist ein alter, aber bewährter Rath. Jch will Jhnen nicht Jhre Illustration in Bezug aufDe mosthenes und gzhre Beschäftigungen ntit den Schönheiten der Sprache rau ben, denn glauben Sie mir: Dies al les schätze ich ebenso sehr, wie jeder von Jhnen. Allein warum soll ich behaup ten, daß irgend ein Mensch ein guter Redner ist, wenn der Gegenstand sei ner Rede nicht mit der Wahrheit im Einklang steht? Phocion, der in den meisten Fällen gar nichts sagte, traf viel öfter ins Schwarze als Demosthe ries. Letzterer sagte einstens zu ihm: »Phocion, einmal wirst Du noch die Athener zur Verzweiflung bringen und sie werden dich tödten.« ,,Ja«, antwortete Phocion, ,,Inich werden fie tödten. wenn si- toll sind, dich aber, sobald sie zu Verstande kömmen.« Anker-wer II. und feine Ofstziere. Die Lockerung der Disziplin im russischen Heere bis weit in die Reihe der Offiziere herein, die jetzt auch die letzte Säule des russischen Staatswe sens zum Wanken bringt, ist eine schon von den Vorgängern des jetzigen Za ren gesiirchtete Erscheinung. Ein be zeichnendes Beispiel dafür erzählt Fürst Peter Krapotkin (in seinen Me moiren) aus dem Sommer 1868, als in Polen die Revolution ausbrach und er selbst sein Offizierspatent erhielt. Kaiser Alexander Il. hatte die aus dem Pagentorps hervorgegangenen jungen Leute, die zu Offizieren beför dert werden sollten, selbst geprüft und ihnen keine leichten Aufgaben zur Lö sung gegeben. Als nach Schluß der Prüfung der Kaiser die Ernennung der jungen Ofsiziere laut verkündete, befahl er ihnen zugleich, vorzutreten und einen Kreis um ihn zu bilden. Hier erschien er dem Fürsten in einem anderen Lichte als bisher. Der men schenfreundliche Zar, der eben erst durch die Aufhebung der Leibeigen-: , O schaft Stürme der Liebe und BegeiJ sternng erregt hatte, trat ihm jetzt af jener ,,blntdiirstige und rachsüchtige Unterdriicker des polnischen Ausstan des« entgegen, als den er sich im fol genden Jahre zeigte. Es waren zus näehst ruhige väterliche Worte, mit de nen er seine Rede begann — er hatte die jungen Offiziere, die jetzt um ihn standen, ja heranwachsen sehen, jahre lang waren sie im Hofdienst verwendet worden und wenn er zu ihnen von Soldatenpflicht nnd loyalerGesinnuna sprach, so mochten sie solche Worte oft von ihm gehört haben. Plötzlich aber änderte er seinen Ton. »Sollte einer von Jhnen«, so fuhr er heftig fort, wobei er jede Silbe scharf betonte und sein Gesicht sich plötzlich vor Zorn verzerrte —-—- »sollte einer von Ihnen, was Gott verhüten möge —sich ilslo-hnl gegen den Zaren, gegen Thron und Vaterland zeigen, merken Sie wohl, was ieh sage, so wird ihn die volle Strenge desGesetzes treffen-ohne das gesringste dir-bar Inen!« Die Stimme versagte thn und dem Fürsten Krapotkin lehrte bei diesem Anblick die Erinnerung wieder an den Ausdruck blinder Wuth in den Ge sichtern der Grundherren, wenn sie ihren Leibeigenen drohten, sie bis aufs Blut peitschen zu lassen Am nächsten Morgen wurden in Polen drei Ossiziere erschossen. Die jungen Leute, zu denen er sprach, waren Alt russen, aber auch bei ihnen schienen dem Zaren schon die schärfsten Warnungen geboten zu sein. ,-—— Durch die Blume« »Sage Sie doch, GoldwurzeL wo steckt eigentlich Ihr früherer Jntimus, der Herr Kneifer. Seit bald drei Mo naten habe ich ihn nicht mehr gesehen!« »Hm, weiß es auch nicht: vor einiger Zeit mußte er zur Kur nach Marien bad.« »Ah ich verstehe, er hat sich ,,diinn gemacht!« « »Was ist ein -Optimist, Vater»?« »Ein Optimist, mein Sohn, ist ein Mann. der glaubt. daß in einem oder zwei Monaten die Kohlen billig sein werden.«