Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 26, 1906, Sweiter Theil., Image 13
Das Wunderkind. « l Oumoresle von Alired Deutsch German. Miß Maud war aus Amerila ge-» tommen und l trte im telBritoH Papa war ein Pömsleis -Graf. :- ; ma die Tochter eines rings-Baums. s Aus dieser Melange tammte MaudU Sie interessitte sich weder iiir Pölelss flkssch noch siir Heringe, sie hatte von den Eltern nichts als die Millionen; das genügte übrigens vollständig. Ne benbei war Maud eine stolze und kühne Schönheit Jhre Augen blickten über legen aus die neun- und mehrzacligen· Bett-erben und ihre Nase riimpste sie deg öfteren, wenn sie sah, wie man sich lrampfhast bemühte, ihr gefallen« zu wollen. Selbst tändig und ener-« gisch gab sie einem utzend von Preis-. boxern und Championringern von ver schiedenen Universitöten den Lauspaß. Die europiiischen Degenerees beha« ten ihrsnicht, die heimischen Zuchtarito traten gesielen ihr noch weniger-. llnd sie sagte eines Tages zu ihren beküm merten Eltern: Erlaubt, daß ich mir meinen Galan selbst suche, ihr wißt, daß ikh dafür genügend Verstand und sehr zchatse Augen mitbringe. Jhr könnt niir also vertrauen. Wenn es euch recht isi, dann nehme ich Edith mit und Onlel Joe, die sind Garde genug und sollen mir helfen.« Dabei blieb es; Eisenbahn und Ozean wurden in Bewegung gesetzt. und die s öne Maud traf am Konti nent ein. zzni Fluge gings durchdie Großstiidte; nach London kam Paris, dann Berlin, dann Wien. llnd nun war sie hier. Im Solon lagen die Toiletten umher, auf einem Koffer mit Juwelen saß Miß Edith, auf einem Korb mit neu angeschafften Kostbarkeiten hanc sich Mist-c Zo placirL Sie hielten Kriegsrath « er Onkel er ob eben feine Stimme: »Theure aud,« begann er, »die Sache fängt an, mich zu langweilen; ich weiß wohl, was ein amerikanischer Onkel, der auch Coionel aeaannt wird, kein-kutschte schuldig ist, aber ich mu dich bitten, mir endlich zu sagen, was das Ziel deiner Reise sein so . Du suchst einen Mann, du bät test ihn schon längst wählen können. In Amerika standen dir die ersten Milliardäre zur Verfügung siir Mes allianren gab es Her öge und Lords, in Paris wollte dich ern Redakteur des »Figaro« angeln, ein Minister und ein. Erfinder, in London hatteit du Ge legenhseit, mit dem größten Maler des Landes Verbindungen anzulniipsem in Berlin interessirte sich ein Held des ,« rerositlufstandes site dich, aber alles , eß dich kalt. Wann soll die Irrfahrt enden? O meine liebe Maria« fuhr ,der Onkel fort, »ich hätte gar nichts egen diese Reisen, aber dag sind ja Zetzjagdem mich einzuleben, Bezieh Æzn anzuiniipsem mein Geld in ragen auszugeben Jch bin ja tein Selundenfahrer; daß es dir nicht ein stillt, zu sagen: »Mein lieber Onkel, wir reisen morgen mit dem Erpresz.« —-Das geht nicht weiter. Mist Edith ist ganz meiner Ansicht, bitte sage mir, wie lange du noch in dem Tempo zu reisen gedentst und was du eigentlich iwillsti Fällt die Antwort nicht zu un ferer Zufriedenheit aus ,dann lehren wir nach Frist-o zuriict, die Fiampagne hat besonnen fund ich sehr gar nicht ein, toarum«.., mir das Vergnügen, noch ein paar lleine Millionen leicht zu verdienen, nehmen lassen sol1.« Die hübsche Nichte lächelte freund lich und sagte: »Arme: Onlel! Ich weiß, was es dir für Qual macht, dieseReise mitzumachen,aber nun sollst du bald erlöst sein. Höre also, was ich dir zu sagen habe: Jch erllärte Papa, ich ginge nach Europa, um einen Mann zu suchen, das war nicht ganz richtig, ich unternahm diesetiieise, um e i n e n Mann zu suchen. Verstehst du jetzt?« Der Onkel verstand. Er· verstand nur nicht, warum MißMaud in einem solchen Fall nicht einen Separntdamg pfer und einige Separakziige nach dem Kontinent schickte und den Bevorzug ten in einer Karosse, die mit Tausend Dollar-Noten ausgefchmiickt war, nach Sau Francisco holen ließ. Miß Maud ließ sich zu Details herbei. »Ich müßte den Bräutigam selbst auffuchen, denn es war mir nicht mö leich, seinen Aufenthaltsort zu eru ren. Jch kenne ihn auch weiter Mr nicht, ich habe ihn ein einziges al gesehen und’ich weis; nicht, wie er heute aussieht, denn es sind zehn Jahre seither oergangen.« »Was, zehn Jahre?« fragte der Co lonel, «da warst du ja noch ein Kind non neun Jahren!« , »Gewiß,« fuhr Mond fort. »Er spielte bei uns und bekam tausend Dallars fiik den Abend, ektvar Gei kten Papa hatte ihn eingeladen nnd ch ging in den Saal und veqiebte mich in fein Spiel. Er hat damals die Zigeunern-eilen von Summe die «Maseg«-Phantnsie nnd anderes ge spielt. Seither habe ich Joachim nnd Saeasale gehört. aber er bleibt mir unvergeßlieh, ihn sehe ich immer vor mir in meinen Träumen mit seinem Instrument, ihn liebe ich, ihn will ich erringen, und nun wißt Ihr, warum wie von Ort zu Ort zogen, warum ich diele Reife überhaupt unternahm.« Der Onkel sagte: »Ok) das nur nicht eine Dummheit war, Mauth Ich ver stehe es überhaupt nicht, wie man sich in einen Gei et verlieben tann! Und vor zehn Ja een lagst du? Ja, ist et denn nicht zu alt ewotden?« Miß Mund OF te: »Er lann höchstens um fünf ahte iiltee sein als ich. Damals galt er noch als Wunderkind Hier habt ihr fein Bild.« iUnd die Ameritanerin zog das Bald eines schwarz arigen tleinen Jungen hervor, der niihta seiner Fiedel sich hatte photographiren lassen. »Es war der einzige Gedanke meiner Seele, diesem Virtuosen mein Herz zu schenken; wer so zu geigen vermag, der muß ein edles Herz haben. Jch habe von die ser Liebe Niemand ein Wort erzählt, denn ich wollte nicht, dasz man mit einer so heiligen Sache Scherz treibe. Aber nun bin ich auf seiner Spur. Ich will ihn erobern, will ihn an mich reißen und ioill dann heimziehen, um im Orfordshotel in unserem Club vor die anderen Mädchen hinzutreten und zu sagen: Seht i r, den habe ich mir mitgebracht, er it tein Milliar-» där, kein Fürst, er ist nur ein Künst- - ler. So wählt sich eure Präsidentins ihren Mann!« »Wundervoll,« sagte Miß Edith »Du wirst ihneitzdainit furchtbar im poniren, Mund, aber glaubst du denn, ihn finden zu können?« . »Ich bin dessen gewiß,« sagte ;Maud, »unsere Heszjagd ist zu Ende, hört nun weiter: Jch erfuhr, daß sich der junge Virtuose vor zehn Jahren snach London begeben hat. -aruin besuchten wir zuerst die englische »Hauptstadt. Kaum hatte ich erfahren, Jdaß er sich nach Paris begeben habe, Hals -wir auch schon Paris aufsuchten. jSeine halbverwischte Spur zog sich l nach Berlin und nun nach Wien. Hier ’ist er, hier lebt er, denkt euch nur« ich Iathnie die gleiche Lust initihin, nnd ich werde ihn hören, ihn sehen. werde ihn bei der Hand fassen und ihm sa gen: Komme mit niir nach Amerika, ich liebe dich, ich lege dir meine Mit lionen zu Füßen. Du sollst meinen Freundinnen im Oxford-Dom vorge ftellt werden und sie sollen dich lieben und dich anbeten.« Der alte Colonel machte eine sehr unzufriedene Miene: »Wenn er aber verheirathet ist?" ,,Schadet nichts! Jch gebe seiner Frau so viel Gelid als sie wil.« »Er wird Kinder haben!« »Ich adoptire sie.« »Er wird gestorben sein!« »Dann baue ich rnir ein Haus neben dein Friedhof und will nichts mehr vom Leben wissen.« ,,Gut,'« sagte der arme Onkel, »sich also zu, daß du ihn findest, denn ich merte es nun: das ist eine Idee, die du als Präsidentin deZ Excentrictslub boni Oxford-Ovid gefaßt hast, dir deinen Mann aus die abenteuerlichste Wiese zu verschaffen.« »Die Liebe ist es, ehrwürdiger Co lonel. aber davon habt ihr eingepölels ten Schweinesleischherren tciue Jdee.« »Und wie willst du ihn finden?« fragte Edith. Maul-I hübsches Antlitz wurde in der Farbe lebhafter, sie erhob sich von ihrem Fauteuil und sie sagte in dem feierlichen Ton, in dem sie sonst die Sitzungen im OrsordsHotel erösfnete: »Ich habe seine Adresse, wir haben ihn gesunden, das Ziel ist erreicht." Jn ihrer Hand hielt sie einen Zettel. Es hatte sie Tausende gekostet, die Spur bit-hierher zu verfolgen, aberimit Geld ist alles zu machen· Und sie las: ,,Wien, XH., Grundsteinaasse.« Dann machte sie Toilette, Maud nahm einige Perlen von der Größe eines Taubeneieg als Schmuck, sie meinte lächelnd: »Ich muß ja meinem Bräutigam aesallen.« Dann bestellte sie»,einen Wagen und dann fragte sie den Partien »Was ist dag, XYL Gruiidsteingasse?« Der Portier antwortete: »Das ist etwas, nach dem junge Tainen, die taubeneigroße Perlen haben und fünf hundert Kronen täglich für Apparte ments bezahlen, nur selten sragen.« Der Kutscher erhielt die Weisung und die drei Ameritaner standen vor einem kleinen Haus. Mand, Edith und der Colonel gingen über eine enge Stiege, dann fanden sie eine Tafel und traten in ein niedriges Gemach ein. Eine alte Frau, sehr diirfiig ge kleidet, lain ihnen entgegen. Sie er ichrai förmlich als sie den Gianz in ihrer Hütte bemerkte. »Ihr Naine?« fragte Maud rouraairt. Die Alte nannte ihn. Maud sagte leise zum Onkel: »Es ist die Mutter.« »Ihr Sohn?« »Er ist drinnen im Zimmer, der Poldl, er hat gestern Namenstag gehabt, da thut ihm der Kop; weh,«er ist heute gar nicht in’s Geschii t gegan gen. Sind die Herrschaften vielleicht vom Zwiebaet?« »Nein,« sagte Mand. »Haben Sie nicht einen anderen Sohn, einen Künstler, einen Virtuosen. der in. Amerika wart« Die Augen der Alten begannen zu leuchten. »Sie meinen den Fritz, o ja, der ist mein Stolz.« »W-) ionzertirt er?« Die Alte begann leise zu weinen »Der lonzertirt schon viele Jahre nicht » t. »So ist er todt?« »Er lebt!« « »Ob« verheirathet?« »Er ist ledig.« . Die Ametitanerin atlnnete auf: »So erzählen Sie doch!« Und die Mutter erzählte von den Triumphe-i des Sohnes-, von feinen( Erfolgen und wie er einige Monate« nach seiner Heitnieht alle Lust an derj ;Violine verlor, wie fein Taient ver 4 -flauie, bis niemand mehr an ihn( :glanbte, bis sie seine Violine in Stücke I schlug »Die Tragödie des Wikndektindes!« Taste Maud eeiihkt, »das thut aber nichts wer o wie er gei te, der braucht nicht Violine und ni t Arme. Ringen feines Schlage-s- geigen mit der ele.« »Wenn Fritzi wollen S’ was wis en,« la te die Alte. »Da ist sein letz « er Brie. Der Colonel nahm einen fchmuhi n « WtLei detilchon vielfach labgegei n wor, und bei-fette sei nen Inhalt der M'illionenerbin. Er enthielt nur ein paar Zeilen und sie lautetem ,,Theure Mutter! Ich habe ein Stubenmäbchen gefunden, das mir sehr gefällt. Viehlricht hörst du bald was Neues von uns. Das Leben ist hier sehr theuer. Viele Grüße von deinem Sohn Fritz, Eßzeugputzex im Hotel Oxford in Sau Francisco.« HON Orlows ,,Einfegnung.« Stizze aus dem russischen Militär leben. Deutsch von A d. He ß. »Herr, morgen früh wird im zwei ten Bataillon Orlow ,,eingesegnet«', sagte der Feldwebrlbursche Schubtn, ein Kamtschadalse, zu mit. der auf der Treppe die Stiefel seines Vorgesetzten reinigte. Orlow, der vom Militärgericht zu fünfzig Ruthenhieben wegen Deserti rens und Beschiidigung von Mons eigenthum verurtheilt war, saß tm Arrgt ,,- i, sind das Sachen, der ganze Mantel ist zerrissen und verbrannt!« erzählte der Gefreite, der Orlow zum Gericht eslortirtr. Es war das erste Mal, daß Orlow desertirt war; tiirzere Entfernungen vom Regiment wurden ni t mitgereF net. Ja die em Falle hie es eiufa Orlow ist wieder »aus Wasser« gegan gen. Gewöhnlich verschwand er aus dem Lager. Jm Winter war er pünkt lich im Dienst. Aber sobald das Eis auf der Wolga ging, belam er Heim weh, lief bald hierhin, bald dorthin, und sobald man ins Lager zog, war er sbeim Walde, dicht am Flusse, ver schwunden. Nach zwei, drei Tagen kam er dann vergnügt wieder an, saß seine Strafe ab und trat wieder in Dienst. Das letzte Mal war er im Juni vorigen Jahres verschwunden. Man hatte ihn dann vierzehn Tage in ein unterirdisches Loch gesperrt, wo Re· « genwiirmer auf die niedrige Pritsche fielen. Dirett aus diesem Arrestlolal tam Orlow zum S-chies3en. Wir tauchten und unterhielten uns gerade. i »Mit warst Tru? Hast Du Dich ir gendwo vollgetrunten?« »Ich trinke niemals, finde keinen Geschmack am Trinken, esJ zog mich einsach ans Wasser. Ta ging ich nach dein Dienst an die Wolga und setzte mich unter eine Bitte beim Lager. Da zogen die Dampfer Pfeisend vorüber, - hinterher glitten Barlen, auf den Bar len lachten die Leute ihre Griitze, und an den Ewern leuchteten die Segel. Wiss duftete nach Birkentheer. Hinter tnir im Lager aber rief die Trommel ,,Tra-sta-ta, tra-ta ta«. Da ging ichs hinunter zu der Sandbant, iro dass Mütterchen Wolga läuft. Ich gehe; und gehe « setze mich nieder, trinte Wasser und gebe weiter. — — »Im ta ta, tra-ta-ta« trink-l ei- mir immer; I noch in den Ohren, und die Stadt ist j schon weit, und die Sonne ertrintt im .Wasser und Vergoldet die ganze Wol ga. Da bleibe ich stehen und denke: nach: zum Appell kommst du Zu spät; ; da bleib schon big morgen ist Doch ; ganz einerlei. Am Ufer im Eanoej qselte ich Licht. Ta sitzen ein paar Fischer und kochen sich Sappe. Ich trete zu ihnen. ,,(ijriis; tiuch Gott, brave v,«fiscl)er51eute,« ietze mich nieder und riicte näher an den Kessel. sDer siedet und brodelt gar lustig! - --Vlf3en Fischsuppe — unterhielten uns-« oon diesem und jenem, und dann blieb ich da und arbeitete vier Tage bei ihnen. Dann lehrte ich ins Lager zuriict und z brachte dem Feldioebel zwei Sterlet« und einen Stör mit. Aber der Feld s toebel Scheptun fahrt wie nichts Gu- ! teg aus mich los-: »Was hast du da?" Woher hast dtt die Fische? (-Ssiestohlen?« I Jch gestand ihm alles. Er nahm die Sterlette und steckte mich ins Loch Wie durste er das thun! Dergleichen geschah oft mit Orlow. lsr verschwand auf zwei bis drei Tage ; und lehrte dann ganz still zurjict. Waren seine Sachen heil, so betam er eine leichte Strafe; sein tttottentom mandeur, Jwan Jarejew, verstand « eine Soldatenseele, und alles fchieni gut zu gehen. denn Orloto hatte nur« noch ein Jahr zu dienen, bis- er auf unbestimmte Zeit beurlaubt wurde. Nun sollte er am nächsten Tage aus gepeitscht werden! Früh Morgens versammelte-i sich alle beim zweiten Bataillon. Die Sol daten wurden in einem starree aufee stellt, und es blieb nur ein schmaler Eingang iibrig. Jn der Mitte tour den zwei Haufen lange, mit Stroh zusammengebundene Birtenruthen « . ausgeschichtet. Die Osfiziere kamen, besahen die Ruthen nnd traten auf die Treppe. Dann tani auch der Feld webel Scheptun, ein stämmiaer, nie driaer Kerl, schielte mit seinen starren Augen nach dem Haufen hin, trat heran, nahm ein Bündel in die Hand, schlug zwei-— dreimal durch die Lust, daß es pfiff, legte dieRuthen wieder hin und ging in die Bataillonsschreid stube. »Ein bösartiger Kerl, dieser Schep tun! Was braucht er überall herum zuschniifsean »Ja, der has-» mit der Nase und mit der Zunge; schniisselt nach unten und tiatscht nach oben; ist selbst mit dem Divisionstommandeur betannti« »Ein richtiger Schikaner. Quält die Leute, ist schlimmer ale eine Rat tet.« So unterhielt sich ein Hausen Un teroffiziere in unserer Nähe. »Stillgestanden!« schrie der Feld ivebel. " n das Karree traten ein paar Ge seeite und der Bataillonstommandeur, in Ma·or. der wegen seiner«militijri schen igenschaxten allgemein beliebt war. We en ge nes"langen, weit vor ragenden åchii els führte et den Spitz namen »Pfetdeiops«. Gegenwriitig versah er den Dienst eines Regiments lommandeurs. Er nahm den Rapport des dienst thuenden Ofsiziets entgegen und be fahlt dem Rottenlommandeur: »Also vorwärts, aber ohne alle Zeremonien und möglichst schnell!« i Zwei Eskortesoldaten mit aufge-J pflanztemBajonett führten Orlolo ins Karee. Er ging mit niedergeschla«,e nen Augen. Sein breites, hageres,» verbrannte5, blatternnarbiges Gesicht erschien blaß. Die wenigen Minuten, während deren das Urtheil verlesen wurde, erschienen uns lvie eine Ewig keit. Der Major wie die Offiziere be mühten sich, weder uns noch Orlow anzusehen. Rur der Rottenkapitän Jarejew, der von der Pike auf gedient hatte und noch das Spießruthenlau fcn kannte, gab kaltbliitig, ohne jede Ueberstiirzung die nöthigen Befehlt-. »Nun, Freund erow, zieb dich aus! Nichts zu machen - -- das Urtheil lautet einmal so.« . Orlotv entlleidete fich; den«zufarn mengerollten Mantel schob er unter den Kon und legte sich nieder. Zwei Soldaten packten ihn auf Jarejews Befehl an den Beinen, zwei an den Schultern? M»Herr Kapitäm lassen Sie einen Man sich auf feinen Kopf setzen!« rief fiktzt der Feldwebel Scheptun. Orlow erhob den Kopf, wandte seine großen, grauen Augen Scheptun zu und meinte mit leichtem Zittern in der Stimme: »Ist nicht nöthig. Man braucht mich nicht festzuhalten. Jch riihre mich nicht.« »Wollen’s versuchen; laßt ihn al lein,« sagte der Major. Die Soldaten traten fort. Der Re gimentsarzt Chlebow befühlte feinen Puls, wandte fich dann zum Major und sagte leise: »Gut. Es kann los geben« »Also Kinder, vorwärts; ich werde zählen,« wandte fich Jarejew an lzwei Gefreite, die mit Ruthenbündeln auf beiden Seiten Orlows standen. »Eins. « »A- ah!« ertönte es im Gliede. Die meisten jungen Offiziere wand: ten sich ab. Der Major führte den Flommandeur der ersten Rotte mit schönem Baaenbatt zur Seite und zeigte ihm ein Papier-. Beide betrach teten aufmerksam das Papier. Jch sah aber bei einem zufälligen Hinblieten, daß der Major esdertehrt hielt. ,,Zwei! Drei! Vier!« zählte Jare few weiter. Orlow biß-mit den Zähnen in den Mantel nnd barg den Kopf tief im Tuch. ,,Fefter! Fester!« schrie Scheptnn, der jeden Ruthenhieb mit starren Blicken verfolgte Hochroth« mit ansgestreettem Halse. wodurch sein Kopf nach pferdemäßiger wurde, fuhr jetzt der Major auf Icheptun los: »Sie gehen mit dem Adjntanten in die Regimentskanzlei und erwarten mich dort!««' Scheptun trottete blaß und malmft hinter dem Adjutanten her. »Hu Be fehl, Herr Major!« murmelte er ziihnetnirfchend beim Abganae .,Sind Sie fertig, Kapitiin? Wie viel haben Sie noch-« »Dreiundzwanzig.« »Nun, bitte, schnell, fchnell!« Orlow ließ leinen Laut hören; aber jeder einzelne Muskel feines atl)leten haften Rücken-«- spielte. Jn den Reihen der Junker ertönte ein Schrei. »Was ist da los?« »Temidow ist schwach geworden« Ein kürzlich erst eingetretener zun ter, ein zarter, schwächlicher Bursche, Mitja Deniidow, war in Ohnmacht gefallen. Ost wurde weggetragen ,,Orlow, fteh auf, Freund! Hast wacker ftandgehalten, Bursche!« lobte Jarejew den Delinquenten, der fich jetzt schleunigst ankleidete. Orlow schien unterdessen mit trii ben Augen in der Menge Jemand zu suchen. Jetzt trat der Major zu ihm. »Ma tarow, gib ihm einen Schnabe, damit er wieder hoch kommt. Nun, komm schon. tomm.« Und der Mai-or führte Orlow in die Kanzlet an der Raserne entstand bei seiner Ankunft allgemeiner Lärm: draußen aberJrat Jarejew zu den Juniern und erzählte von früheren Zeiten: »Was ist denn da Großes dabei? Ihr hättet mal sehen sollen. loie eLs früher war. In unsere-n Etrafba taillon hatte mancher feine tausend Hiebe hinter sich. Da wurden die Kerls an Flintentolben gebunden und halbtodt durch die Reihen geschleppt und dabei gebriiaelL Wenn jemand aus Mitleid zu leise schlug, machte ihm der Feldtriebel hinten mit Kreide ein Kreuz aus den Rudern das beden tete, daß man nachher selbst durchae priigelt tvurde.« »Das sind ja schreckliche Dinge, die Sie da erzählen!« »Allerdings. Aber es hatte auch sein Gutes. Zum Beispiel wagte Niemand, einen Geprägelten noch herunter zu machen, tvie das jetzt geschieht. Das gab es einfach nicht. Der Körper wur de gezüchtiat, aber das Innere des Menschen blieb intalt. Die Strafe wurde vollzogen und damit sertig." »Dieser Scheptun wäre also selbst damals nicht möglich aewesen 7« mein te etner von den Jnntem ,,D.. haben Sie recht. Wir hatten« ihn bald ausgeräuchert Auf Wieder sehen, meine Herren!« se si Seit jenem Vorfall sind einigeJah re vergangen. Unser Regiment ist im russisch-japanischen Kriege arg mitge nommen. Der Major lebt nicht mehr. Von den früheren Ofsizieren sind we nige übrig geblieben. Der Junker Demidow ist gefallen. Scheptun aber hat man richtig aus dem Regiment hinausgeekelt; er soll jetzt irgendwo Gutsbesitzern das Geld abnehmen. Orlow aber ist bald nach seiner Säch tigung wieder davon gelaufen, und man ihn nicht wieder gesehen . . Der Künstlerin Rache. Episode aus dem Leben der Mod fes-la. Die Polen sind, wie wohl allbe kannt, sehr stolz auf ihre Mutter sprache, und gewiß keiner darunkd mehr, als die berühmte Schauspiele rin Modjeska. Während des Ge sprächs bei einer Tafel hier in Ame rita, nahm da einer der Tisch-Säfte etwas unvorsichtig Gelegenheit, sich über die Rauhett und Härte der pol nischen Sprache zu äußern, und die ser gegenüber den musikalischen Ton fall der romanischen Mundarten her vorzuheben. »Da dürfen Sie doch wohl irren,« erwiderte Madame Modjeska, »und ich glaube Jhnen durch eine Probe beweisen zu können, daß meine Muttersprache nicht nur ebenfalls musikalisch ist, sondern daß sie sich auch vortreflich zur Wiedergabe der erhabensten Dichtungen eignet.« Sie überlegte einige Augenblicke und setzte dann hinzu: »Ich werde Jhneu den Namen und die Art des Stückes-, woraus ich eine Stelle rett «tireu will, nicht mittheilen, Sie mö: gen sich nach dem davon empfangenen Eindrucke selbst ein Urtheil darüber bilden.« Die Tischgefellschaft setzte sich zu dem Vortrage zurecht und die Künstlerin begann diesen mit der rei chen Kunst der Rede und G-razie, die ihr in der ganzen Welt einen so hers vorragenden Ruf erworben hat. Als sie geendet hatte, klatschten ihr alle Zuhörer lebhaften Beifall und ga ben freudig zu, daß sie ihre Vertheidi-· -gung trefflich geführt und im Streite Ider Meinungen den Sieg davon ge Itragen hab-e. Nachher bemühten sich idie Tischgäste, die Natur des betref fenden Dichtwerkeg zu ergründen Ei ner meinte, der Wärme und der Be lgeisterung bei dem Vortrage nach, mijsse es eine patriotische Lde sein. Ein zweiter glaubte darin ein String lied erkannt zu haben, während ein dritter die Ansicht vertrat, eS werde ein beriickendekl Liebeslied gewesen fein. Alle aber stimmten darin über ein, daß eiJ eine herrliche Dichtung sein müsse. Die Dame hörte mit freundlicher Miene die verschiedenen Urtheile an, und als- das letzte abge igeben war, erllärte sie mit einem lei sen Anklang fdössisclxen Triumphs in der Stimme: »Die Wahrheit, geehrte zberrem ist, daß Sie sich alle getäuscht haben. Dieses schöne »Gedicht«, dem Sie so aufmerksam gelauscht haben, bestand nur aus den Polnifcbens Zahlwiirtern von eins bis hundert!« Ok ,,Küchendragoner. « Es wird wohl jeder annehmen, daß der Ausdruck Fiiichendragoner eine scherzhafte Bezeichnung ist, die ihren Ursprung der Erwägung verdankt, daß die an Kochherden waltende holde Weiblichkeit manchmal wenig Feen hafteH an sich hat. Aus der jüngsten» Veröffentlichuna des Großen Gene ralstabes lHeft 8 der Urkundlich-In Beiträge zur Geschichte des preußi schen Heeres) geht jedoch hervor, daß die . Bezeichnung ,,.Kiichendragoner'« dienstlich war. Die in dem Heft ver öffentlichte, vor kurzem anfgesundenei »Stammliste der preußischen Regimen-— Her vom alten Dessauer aus dein isahre 1729 sagt vom Reiterregiment von Blanckensee Nummer 4, aus dein daEJ jetzige Leibs-Kürassierregiment in Breslau hervorgegangen ist, daß ers ,,anno 16574 von denen Hosstar1t5 oder siiicbendragouern des Obersrhen ien Grumblows« errichtet sei. Wir erfahren dabei in einer Bemerkung des Großen (Sieiieralstabs, daß dieses Regiment zwar ofsiziell diesen Na men nicht gefü rt hat, das-, hingegen drei Draqoner.ieginienter Manier-, Lottunr und Wittgenstein) dienstlich den Titel »Hofstaat-J oder Fiiicheu dragoner« gehabt haben, weil sie bou trittst bis 1704 den Dienst beim Hof staat versahen. Zum Theil waren sie ausdrücklich siir den Dienst bei Hofe gebildet worden, so wie es auch ,.Ord nungderagoner« gab, die Postdienst versagen. Dai- Regnnent Grumh low, dessen Chef Oberscheni war, wird vom alten T«seisauer ,,.itiichendraaos ner« genaqu, weil eg- in seiner ersten Zeit thatsächlich ebenfalls Dienste im Hofstaat deg-.tt11riiirsten von Vran denbur verrichtete Unasmcnclnn. Jagdqast wer einen Treiber anat fchossen): «-S zeußliches Pech! . . . is-) ’ivas ist niir noch nie paisiri! ..... (Zum Treiben) Nun, was kriegen Sie denn, mein Bester?« Treibert »Na, geb’n S mir half, was S’ immer ’geben habm!'« Zu stark- Berluchuns. . »Wie konnten Sie mir Jhr früheres Dienstmädchen nur als eine so ehrliche Person empfehlen; um es zu prüfen legte ich gestern Morgen ein Goldstüli heimlich auf den Tisch, eine Stunde später war’s verschswunden.« »Ja, aber auch gleich mit Gold zu beginnen.« Sie hätten’s mal erst mit einem Nickel versuchen müssen.« Eine gute Seele. Eine Frau beklagte sich bitter über ihren thtannischen Ehemann. Eine Freundin rieth ihr, ihn dennoch freund lich und aufmerksam zu behandeln und sozusagen glühende Kohlen auf seineni Haupte zu sammeln. Sie aber erwi- » verte: »Ach wo, das nützt auch nichts bei seinem Dickschädel, denn ich habt es schon mit zwei Kesseln kochendem Wasser versucht, und es hat gar nichts geholfen!« Unangenehme Offenheit ,,Woher das viele Gelt-Z« »Das hat mir der Zinseles gelie hem« »So? Dem Wucherek geschith recht.« Beim sah-tanzt »Die künstlichen Zähne, die Sie mir eingesetzt haben, sind jchon wackligf »Ich sagte Jhnen ja, sie tragend s eh wie echte. « Auf der Höhe der Zeit. Dame: »Was? Sie sind auch in die sem theuern Kurort?« Bettler: »Ja freilich, meine Kunde sind ja auch alle hier!« Kurz und bündig Arzt: ,,Also, Hubermeier, Sie ha ben die Wahl: entweder Sie geben das Bier auf, oder ich Sie!« - Mißverständnis-. - Geliebte (zum Studenten): »Aber Ebgar, haft Du auch ein starkes Herz?!« Student: »Das will ich meinen . . . ich bertrage täglich meine zehn Vierte-J Wein!« Kinder-mund. Der kleine Hans (zu seinem Onkel, einem Seemann, der stark Tabat taut): »Aber Onkel, warum spuckft DI denn immer die Chokolade aus?« . Sehr einfach. « . . . Und wag hätten Sie denn ge than, Herr Leutnant, wenn über Ih nen das Schwert des Damokles ge schwebt hätte?« ,,(5infach auf ’n andern Platz ge setzt!« Sichrer-g Reich-Li » zst Ihre Braut hübsch?« »Darüber kann ich mir kein Urtheil erlauben —— aber sie kriegt immer einen Sitzpnnz in der E1cttkischen!« Ueberraschung. A: »Ich habe mich über Sie erkun digt! Sie sollen ja kaum für hundert Mark gut sein!« B (überrascht): ,,2(lso doch für hun dert Mark?« Mißverstanchn »Sie, Wächter, wie kommen Sie dazu, den Obstdieb diurchzupriigelni Ich hatt’ Ihnen doch nur gesagt, Sie sollten gut acht geben« »Ich hab’ ihm auch nur gut acht« geben!« Ein Ereigniß. Mutter (Gattin eines Diurnisten zu den Rindern): »Wenn Jhr heute schön artig seid, biirst Jhr uIit dem Vater gehen und zusehen, wie er beim Ban tier einen Hundertmartschein wechseln läßt!« Unsinn-it » . . . Für wie alt halten Sie mich wohl, Herr BaronZ« »Nun . . . fiir fünfunddreißig!« »Da fehlt es gerade um zehn Jahres· »Was-, Gnadiaste sind schon siiuss undbiereia?« isiuc reiche Partik. » . . . Und wissen Sie, was meine Tochter mitirieth« ,,,,J·an;ol)l doch ich heiraihe sie next aug Liebe!« »Je, e’ Kunst, zu heirathen nur est-I Liebe wenn Eie wissen, wag sie iust krieai!« scnfntu Alter Vetbrechcr fzn seinem jungen Vertheioiaer): »Großarti«a, famos ha ben Sie das gemacht! Herr Dom-, Sir berechtian zu den schönsten Hofs nunaenI . . . Also afacinnann sage ich Ihnen due-P sn genau befolgt Baron: »Wie, Sie trinken aus mei ner Flasche, Jean2« Diener: »Herr Baron haben doch gesagt, ich soll jedem Gläubiger, der kommt, einen Rognat einfchütten . . . nnd ich habe doch auch dieer Man-II noch kein Geld gekriegt!« Gemüthlich. . Wirth was Letzte ans dem Fo schenkend): »Hm, wem bring ich das letzte Glaö?« s