Yeöraska Staats Juzeigrr Und Yerolko J. P. Windolplh Herausgehen Grund Island Licht» 19 Januar 1906 (.chitethEil.«j « fJahrgang 26 No 21 Zum Merkm. Such nicht das Glück doti d außen in der Wels. Dokt, wo des Zuxalås schneller Wiirfel ä t, - Du findest nimmer es im Weltge braus, Dein Herz allein sei Deineg Glückes baue » Und stirbt Dein Glück, so sent es still hinab, Dann sei Dein Herz auch« Deines Glücke-·- Grab Doki wird es nie und nimmer ganz ver g’eh n Das todte Glück hatg auch sein Vliifer stehn Hörst Du im Traum eniici wund net Stunden Schluck Dann ahnii Du Deine-« Glücke: Oster sag .——.4 Stizze von O. Step ha u. Nach fbfausa s . l »Leni, Leni —- ivo in aller Welts hast du denn meine Boritoffeln?!« i Der Kanzleirath hält mitten ims iSah inne und steht sich erfchrockenj um. Wenn nur seine Frau nichts ges ; hiirt hat! Wie tann er auch vergessen, s daß Leni ia seit gestern fort ist —- so weit — —— « Langsam geht er in das kleine Ge mach neben der Schlafstube, das sie bewohnt hat, und betrachtet wehmü thig die Fensterecke mit der Eichen lauhe. das einaefessene Cretounesopha und den leeren Schreibtisch -—-— aber was steht denn da? Wirklich, ein Paar neue, gestickte Oaussctiuliei »Gutes-, «liebes Kind —- saqf er leise vor sich hin und streicht zärtlich iiber die et wassarellfarbigen Rosen, dann seufzt er, zieht die Schuhe an und öffnet die Thitr zum Wohnzimmer »Na. Manm —— schon so friih bei weae heut?« Die rundliche Frau setzt die Kaiser tasse, die sie eben zum Munde fiihren wollte. wieder auf den Tisch »Ach Karl —- ich ionnte gar nicht schlafen « ich mußte immer an unser Lenchen denten, und das; sie heilt zum ersten Male nicht mit uns Kaffee trinkt« —- Sie schluchzt laut aus und drückt das Tafckxentuch vors Gesicht. »Aber Kind. wer tuiid denn so chi richt fein! Wir haben doch von vorn herein aewusz daf; sie ihr tfrainen machte, daf- wir sie nicht bei uns he halten würden. »Ja, fa, gewiss aber es hiitte doch nicht aleich so weit in sein brau chen — nicht mal deutsch sprecken sie da —-—- ach Gott, wo maa sie jetzt wohl schon sein, mein armes, liebes Herr chen?.—— »Im Budapest wahrscheinlich i- es ist eben halb neun und du thatest wirklich besser, mir Friihftiick zu ma chen, statt hier zu sitzen und zu sam mern oder solt ich zur Feier des Tages heute vielleicht hungrig im Bureau sitzen?« Der Ranzleirath rileat sich sonst nicht so schroff auszudrücken aber seine Frau darf doch beiliebe nicht merken, toie rriibselia ihm selbst eu muth ist —- da mußte er sie schon ein bischen zusammenschnauzen -- - s Sie sieht denn auch aanz erschrocken aus« trocknet hastig ihre Thriinen und aebt in die stüchr. Nach ein paar Minuten tonimt sie wieder. »So, Papachen - - ich habe die S itten schon in deine ttivcktafche ge ste t —- feine Leberwurst und gekoch ter Schinten — es ist dir doch recht?« Er legt freundlich den Arm um ihre Schulter. »Na natürlich, Alte und jetzt, nicht wahr, sion hoch und nicht ver zagt—du weißt ja, was Leu-klimmt mer sagte: »Muß es sein, so schick’ dich drein!« Ihr stehen schon wieder die hellen Troster in den Augen. . »Ja, Karl —- ich wills versuchen aber sonderbar wird mir’s doch vor tommen, so ganz allein « ich bin’s eben noch nicht gewöhnt.« -—-— -—-— Der-» Kan leirath hrummt etwas Unherftiindliches vor sich hin« drückt seiner x ran heftig die Hand und chlagt ie Korridorthiir eeräuschvoll hinter sich . — —- —-— Es ist ontag heut, und im Bu reau herrscht eine rei lich tiihle Tem peraiur, da die en ter den ganzen Sonntag iibee os en gestanden haben Det Kanzleirath sieht nach dem Ther rnometer und schüttelt tniszbilligendJ den Kont. »Kallies!« »gen- Rath wünschen?« . » allies sagen Sie mal — wann ist denn heute hier geheizt worden?" »Um haib ---—- ——s sieben, Herr Nath.« »So? Nee, ich taxire, es wird wohl reichlich dreiviertel Acht gewesen sein. reichlich dreiviertel Acht gewesen fein, hier ist ja eine Hundelältr. Legen Sie mal ein paar Schippen Stein lohlen nach, aber etwas plötzlich, wenn ich bitten darf-" Kallies verschwindet und der Dianzleitath geht fröstelnd auf und ab, die Hände in den Taschen. Zcheußlich, o eine-frischengehrochene Woche! Der ontag ist ihm von jeher unsympa thisch - - alt' den stlerger und die Schereteien noch vor sich zu haben. sichs Tage lang, bis endlich wieder Sonnabend is s« und nun heut noch gar —die Aussicht auf das Thränen tveidengesicht seiner Frau, und lein Töchterchen zu Baus, das ihm an den Hals fliegt, wenn er lonunt. —-— Mit einem tiefen Seufzer lö t er sich vor dem geräumi n Schrei ilch nieder-, ergreift einen toß Alten und beginnt sie durchzusehen. Die ge wohnte Befchäftiguna glättet allmäh lich die Falten auf feiner Stirn; im Zimmer ift es auch wärmet geworden, er zündet eine Zigarre an und beginnt sich eingermaßen behaglich zn fühlen. Plötzlich verfinstert fich fein Gesicht wieder, und er riickt heftig an der Brille, wie immer, wenn er fich iikzer etwas ärgert. »Wer hat denn dieg jammervolle Geschreibsel verorochenf Natürlich —-— unfer Fräulein HeinzeS Esift ja ein Graus! Keine Zeile richtig unter einander —— die reine Wellenlinie — und hier sogar radirt in einem Bericht an’s Ministerium —-- da hört fich doch altes anf!« Er nimmt einen Blattstift, macht einen dicken Strich til-er die ganze Seite und wirft den Bogen etwas unsanft in den neben ihm stehenden Altenboct. Dabei sliert ein Zettel heraus und zur Erde. «r hebt ihn auf, liest ihn und wird sehr ernst. Dann geht er zum Telephon. »Bitte s— Kanzlei 2. Schicken Sie mir doch Fräulein Heinze sofort ein mal herunter.« Nach ein paar Minuten öffnet sich leise die Thür, und ein schlanteg blondes Mädchen tritt zögernd ein. »Herr Kanzleirath Sie haben mich rufen liassen?'« Er wendet den Kopf nicht, sondern ssieht in das vor ihm liegende Atten tin-L »Jawohl. Und zwar um Jhnen s— zu meinem Bedauern sss zu agen daß ich sehr unzufrieden mit ;hnen bin. Sie arbeiten schlecht, Fräulein --schlecht nnd flüchtig, radiren sogar in einem Bericht an die vorgese te Be: l:örde, obwohl Sie doch na gerade wissen sollten, dass, es strengstens un terxigt ist.« s-ie ist ein paar Schritte näher ge kommen· « »Herr Matti, ikh - ich hatte mich verschrieben s- und weil es doch eine Otto-Sacke war, blieb mir teine Zeit mehr, die Arbeit noch einmal zu ina ct,en." »Eine6ito-Sack.e -- jawobl eilig müssen Sie ei- allerdings gehabt ha: ben, sonst wäre es Ihnen wohl taum passirt, das hier« ser saszt den Zet tel an einer Ecke urrd hält ihn ihr hin ----,,in dem Bericht liegen zu lassen.« Sie schrictt zusammen nnd wird glühend«rotb. »Mein Gott ss der Brief« - »Ja. der Brief. Hören Sie, esJ ist doch wirklich ein starteg Stück, Lieber-— 3 briese in den Alten zu vergessen ---—--! überhaupt —- Liebes-briefe! So jung,i wie Sie noch find- beiläufig, was-s ist denn das für eiuHerr, dieser —--—· Wilhelm, der Sie hier so angelegent » lich um ein jstendezoous fiir heute Abend bittetT.«· »Ach, Herr stanzleirath er wohnt auch mit bei meiner Wirthin. sie hat alle Vorderzimmer an junge Leute vermiethet -- aber ich wollte nicht hingeben ssgouz gewiß nicht·« s-— »So, also Sie wohnen nicht bei Jhren Eltern5« , »Nein, die Mutter lebt iu Ortelgs burg ss Vater war Lehrer dort ss-s ach, sie würde ja so böse sein, wenn sie wiiszte aber meine Wirthin sagt immer, ich soll doch bloß nicht so thö.vv richt sein und meine Jugend vertrau errk —s- es wäre ein so netter,-anständi ger Mensch ----- und schon Ranonches — und er ist auch allein hier und weiß nicht, wo er Abends hin sol." Der Konzleirath riictt wieder an seiner Brille. "« »Kind, was für ’n Unsinn! Ein junger Mann weiß in Berlin immer, wo er hin soll-s— dem brauchen Sie nicht zu helfen ssss und das müssen Sie doch wahrhaftig merken, das; Jshre Wirthin —· na, daß Sie eben besser thäten, sich wo anders ein Unterkom men zu suchen.« Sie schweigt einen Augenblick dann s sagt sie leise: »Ich bin schon zweimal gezogeni mitten im Monat nnd habe für den( aaneen Mieihe zahlen müssen aber ch vnnte dI nicht wohnen bleiben — und nnn soll ich schon wieder es lostet so viel Geld, nnd ich verdiene doch noch ivenia.« - « Er fühlt plötzlich ihre Hand aussei nein Arm. »Herr Fiaiizzleiratl), bitte, sagen Sie mir soll ich etwa entlas l sen werden? Ach. lieber Gott, ich will mir ja ewiß alle Mühe geben, nur schicken -ie mich nicht fort -—- ich weiß ja dann gar nicht, ivvhin!« s—-— Die Stimme versagt ihr — -da loin nien auch schon die Thriinen, und ein dicker Tropsen sällt gerade aus den verhängnisvollen ettel und verivaii delt die Unterschri t in einen nnleser lichen Alecto Der Stanzieiratli dreht sich um und sieht der kleinen Siiiiderin voll ins Gesicht. · «Wie reizend sie ist « denkt er, »und wieviel lindliche Unschuld lie t in den gro en, blauenA en! —-s Bie lange no ? Wer weise, vielleicht schon heute Abend-—- vielleicht erst später ——— aber in irgend einem Netz fängt sie sfich sicher, diefe niediiche, Unerfahrene Ortelgbnrgerin.« —-—— ; Und mit einem Male muß er an feine Tochter denken, feine Leni. die fo weit hat fortgehen müssen in ein Ifremdes Land, zu fremden Leuten — zwnr, verführerische Rayonchefs oder ltuppelnde Wirthinnen wird es da jwohl kaum eben, aber immerhin Ifiir ein hüb cheg, unbefchiitzteg Mäd Jchen find überall Gefahren genug vor i handen —- wird sich ein getreuerEcknrt ifinden, der sie behütct wenn die Ver suchung kommt? --— i Ein leises Schluchzen neben ihm )unterbricht feinen Gedankengang. Er xfährt fich iiber die Stirn und athmeli tief auf, dann faßt er nach der zit ternden, kleinen Hand, die noch auf feinem Arm liegt - «Sagen Sie einmal mein liebes ivvKind —haben Sie eiaentlich fo rechte ;Lnst zu Ihrem Beruf gehabt?« Und »als sie ihn ängstlich ansieht, fchiiiteli er lächelnd den Kopf ! »Nein, nein, keine Sorge ----— nur ;heraus mit der Sprache »- also, nicht ; wahr »s- das Abschreiben macht Ihnen i riesig viel Vergnügen?« «-— ? »Ach Gott, nein -—— gar nicht, Herr isianzleirathil Aber von Mutters klei ner Pension tonnten wir beide doch . nicht leben, und in Ortelsburg sagten sie alle, ich hätte so eine schöne, aus geschriebene Hand —— ich müßte nach Berlin und Buchhalterin werden — hundert Mark monatlieh würde ich mindestens verdienen. Und da bin ich denn ein halbes Jahr ins ,Heimath -haus’ gegangen, und eine Kollegin von dort hat mich hierher empfohlen. Jch würde aber viel lieber nähen oder tochen und die Wirthschast führen — bei uns zu Haus habe ich ja alles allein besorgt.« So. Na dann-wäre die Sacke so weit in Ordnung Jch möchte Jhnen nämlich einen Vorschlag machen· Sehen Sie -- wir haben ein Töchter cheri gehabt - unsere Leui die ist gestern fortgereist nach Bbsnien als Erzieherin —- nun fühlen wir bei den Alten uns recht einsam und ver lassen « wollen Sie an ihrer Stelle zu uns tommenZ Viel tann ich Ihnen zwar nicht bieten — freie Station und vielleicht zwanzig Mart Tasctrens getd — aber mehr würden Sie hier sür’s erste auch nicht haben — und etwas leichte Schreivarbeit könnten Sie nebenher immer noch machen·« Sie sieht ihn starr an, als begreise sie noch gar nicht recht den Sinn fei ner Worte. Dann aber stammelt sie unter Lachen und Weinen: »Ach, Herr Rath-— ich danke Ihnen ich danke Ihnen tausendmal! Sie sollen mit mir zufrieden sein -— ich bin ja so froh, so ganz schrecklich froh, daß·ich wieder ein richtiges ,;u Hausev haben sollt« -- «- Und sie er greift seine Hand und drückt ihre warmen, rothen Lippen darauf, ehe er es verhindern kann »Aber Kind, ich bitte Sie « was machen Sie denn da? Gehen Sie jetzt hübsch nach oben, erledigen Sie die laufenden Sachen, und Mittags besuchen wir dann gemeinsam die lie benswürdige Wirthin und tiindigen, nicht wahr?« Er sieht ihr nach, wie sie mit schwe benden Schritten, gleichsam gehoben von Glückseligkeit, das Zimmer ver läßt, und nickt befriedigt vor sieh hin. »Ein verirrtes Schüfchen hat nach Hause gefunden.« «. Der Kellerschlüssel Humorecste von J C a s si e e r. Oft mag eZ nicht vortotmnen, daf; jemand iiir eine Vergeßtichleit so schwer zu büßen hat« tvie ich es mußte. Ein kleines Verschen, ein Verschen, an dem ich schuld hatte, hat mich ein Vermögen von iiber ;-;()0,()(-() Matt nnd ein hübsches Landhaus in Thii ringen gekostet. Und das ging folgendermaßen in: Jch hatte eine Tante, itlntalie itioesz ler mit Namen, eine unverheirathete Dame von sechzig Jahren, die dass Vermögen und das Landhang besas» von dem ich eben gesprochen habe. Sie ist jetzt todt nnd ich tann also alles sagen, was ich von ihr denke »Von den Todten soll man nur Gutes re den«, isi zivar ein betannteg Sprich wori, aber auch Antonius hatte sicher lich nicht unrecht, als er an der Leiche Julius- Cäsarcs sagte: »Was LUienscten Böses« thun. das lebt ihnen nach«. Daran hav« ich gar oft denken müssen. Jch war Tante Arnaliens Lieb linggnesse Als ich noch Kind war-, eutzweite sie sich mit dem einzigen an deren Neffen, den sie noch hatte -- — meinem Vetter, der viel älter als ich war, und da sie sich nie mehr mit ihm aussöhnte, hatte ich große Aussichten, dereinst ihr Vermögen zu erben. Das P— - J H glaubten auch meine Eltern und die Folge davon war, daß ich meine Fe rien immer in Thüringen verleben mußte. Furchtbar langweilig wasz fiir mich da. Auch- als ich schon er wachsen war, lud meine Tante mich ost zu sieh sein, und da ihre Einladun gen Befehle waren, so blieb mir nichts übrig, als ihnen stets unweigerlich zu sol en. sicherlich erwartete sie, daf; ich mich- ihr nacht-Möglichkeit nützlich ma chen würde, und fiir meine vielen Be mühungen für sie wurde mir aber nur wenig Dank zu theil. Wiederholents lich gab sie mir indessen deutlich zu verstehen, daß sie mich zum Erben in ihrem Testament eingesetzt hatte, nnd ich selber bin iiberzeugt,"daß es nur ein ungliickseliger Zufall war, der sie veranlaßte, ihren Willen und ihr « Testament zu ändern. Vor vier Jahren, im August, als die verhängnißvolle Geschichte sich zu- i trug, war ich bei ihr zu Besuch, wie » ich ja in jedem Jahre vier- oder fünf mal auf längere oder kürzere Zeit bei ihr Aufenthalt zu nehmen pflegte. Meine Taute, die sehr launenhaft war und viele Eigenthümlichteiten be saß —- unter dem Vorwande, daß see geistesgeftört gewesen wäre, versuchte ich später sogar ihr Testament anzu fechten —— hatte eine furchtbare Angst vor Gewitter. Brach ein Gewitter aus, so lief sie hinunter in ihrenWeini teller und verkroch sich dort in den fin stersten Winkel, bis es vorüber war. Mit seiner starken, eisernen Thiir und seinem Patentschloß, dessen Schlüssel sie selber in Verwahrung hatte, glich ihr Keller einer Festung Nur selten ließ sie den Kellerschliissel aus den Händen und dann gab sie ihn mir, damit ich ihr Wein abziehen sollte, was bisweilen vortam, da sie ihren Wein sich in Fässern tommen ließ. Mir machte es Spaß, ten Wein auf Flaschen zu fiillen,« und ich verrichtete diese Obliegenheit auch zu ihrer Zufriedenheit Während meines letzten Besuches bei Tante Amalie hatte ich ihr wieder Wein a«bge.zogeii, und gerade, als ich damit fertig war, wurde ich plötzlich abgerusen. Jch verließ den Keller, ohne die Thiir zu verschließen Zehn Minuten war ich vielleicht weg, als ein furchtbares Gewitter mit feinen heftigen Donnerschlägen das Haus er schiittern machte. Ein paar Minuten hatte ich am Fenster gestanden und dem schrecklich schönen Schauspiele der fortwährend heriiiederzuckenden Blitze ,siigesehen, als mir plötzlich einfiel, daß ich die Kellerthiir dffen gelassen hatte- Rasch lief ich hinunter, verschloß die Thitr und steckte den Schlüssel in die Tasche. Dann ging ich wieder hinauf, nahm in großer Eile etwas zu mir, denn ich mußte nach F. -— fahren, wo ich Ge schäfte zu erledigen hatte, die mich bis zum anderen Tage dort zuriickhals ten würden. Da Tante Amaliens Villa in eini get Entfernung vom Bahnhofe lag und ich bis zum Abgang des Zuges nur noch wenig Zeit hatte, so konnte ich nicht mehr warten, bis das Ge witter vorüber war. Rasch fuhr ich davon und in meiner großen Eile ver sgaß ich den Kellerschliissel der Wirth schafterin auszuhändigen, damit diese ihn dem gnädigen Fräulein gebe. Das war ein verhängnißvolles Versehen. Rechtzeitig erreichte ich F» und traf den Freund, den ich geschäftlich sprechen mußte. Erst spät am Abend trennten wir uns, und da ich, als ich nach Haus kann lehr niude war, tol ging ich zu Bett, ohne erst das Licht anzustecken und nachznsel)en, ob Vriefe , fiir mich da wären. Um nenn Uhrl des Morgens weckte mich das Mäd chen meiner Wirtbin, das mir ein Te legrannn überreichte Sie sagte mir, daß schon am gestrigen Abend zweil Depeschen angekommen wären nndi gab sie mir auch. Alle drei warenl von der Wirthschasterin meiner Tante. Die erste lautete: ,,.tioiiiriien Sie so fort zuriiet und bringen Sie die Kel lerscbliissel mit«; die zweite: Jahren Sie unverzüglich und vergessen Sie, den stellerschliissel nicht«; die dritte:l »Bei-stehen Verzögerung nicht Falll sehr ernst. Reisen Sie sofort. « Wie kann man nur wegen eines lumpigen Schlüsselg soviel Wesean machen, dachte ich. Solch’ dringenden Aufforderungen mußte ich aber un« bedingt Folge leisten und so machte ich » mich denn sofort aus den Weg nach dem Babnhos. Gegen zwei Uhr stand ich vor Tante Amalieng Thi:r. Jch war einigermaßen in Unruhe, denn der Stationevorsteber hatte mir er zählt, daß der Einspönner seit gestern Abend zu jeden von F— — anlanden den Zuge dagewesen wäre Aber noch - r — s —.—.-.. — ’immer ahnte ich die Wahrheit nicht und ich glaubte nur, Tante Amalie habe wieder einmal eine ihrer ver rückten Launen. Kaum hielt der Wagen vor der Thür, als in größter Eile die Wirth schasterin herbeigestürzt kann Sie sal) so verstört aus-, als wenn sie die ganze Nacht nicht zu Bett gekommen wäre, was-, wie ich später erfuhr, auch thatsächlich der Fall gewesen war. »Gott sei Dank, daß Sie endlich da sind«, rief sie, »das gnädige Fräu lein würde noch den Verstand verlie ren, wenn Sie sie noch länger warten ließen.« - »Was machen Sie denn soviel We sens wegen des Schlüssels?« fragte ich.· »Ich sollte doch meinen, er ist gut genug bei mir aufgehoben,« »Nu: zu gut«, erwiderte die Wirth schasterin. »Seit drei Uhr gestern Nachmittag haben wir uns vergeblich bemüht, die Kellerthiir zu öffnen. Sie haben ja das gnädige Fräulein darin eingeschlossen.« Jetzt war mir alles klar. Jch hatte Tanteng Gewohnheit, sich während eines Gewitters «im Keller zu s ver stecken, vollständig vergessen und tm' bewußt sie darin eingeschlossen Während der kurzen Zeit, während der ich oben war, muß sie hinunter ge kommen seiiis, und als ich zurückkam die Thiir zu schließen, hatte ich sie eingesperrt Wie ·mir die Wirth schafterin weiter erzählte, hatte man den Dorfschmied holen lassen, der drei bis vier Stunden im Schweiße seines Angesichts sich abgequält hatte. An der festen, eisernen Thür und am Pa teutschlosse scheiterte aber seine Kunst und unverrichteter Sache mußte er weggehen. »Her·zzerreißend waren die Schreie des armen gnädigeu Fräu leing während der ganzen Nacht,« schlos-: die Wirthschafterin So rasch mich meine Beine trugen, lief ich die Treppe hinunter und öff nete die Thür. Leichenblas;, mit Schmutz und Stroh bedeckt und das Zerzauste Haar ihr um die Schultern slatterndf tam mir meine Tante ent gegen. »Liebste beste Taute« - begann ich »Du Ungeheuer! Sprich nicht mit niir,« unterbrach sie mich, »Du hast er- absichtlich gethan, aber Dein schlechter Witz soll Dir theuer zu stehen loniuien.« »Wie habe ich daran gedacht « »Wirtlich nicht? Drei Mal hat man nati« Dir telegraphiren müssen, alter Du bist erst dann gelommen, ali eg Dir paßte. Sofort verläskt Du mein Haue-A Damit ließ sie mich stehen und begab sich nach ihrem Zim mer. Alle meine Versuche, sie zu sehen, blieben fruchtlos und nie mehr habe ich einen Blick auf meine liebe Taute Amalie toerfen können. Ich versuchte eg, mich schriftlich ihr ge geniiber ,;u rechtfertigen, doch kamen alle meine Briefe an sie uneröffnet zurück Vor einem Jahre starb sie, und wenn auch mit schtvacheii«Hofsiittngeti, so doch- mit Hoffnungen folgte ich der Einladung des Notar-Z zur Testa mentseröfsnnug Aber meine Hoff nungen wurden bitter enttäuscht. Jshr gesamiuteg Vermögen vermaehte sie einer »Gesellschast zur Bekehrung der Heiden im Innern Australien5«, und mein Name fand sich in einer bes sonderen Klausel des Testament-S er wähnt: »Meinem Neffen Georg Roeß: ler«, so lautete diese, vermache ich etwas, dessen Besitz er einst sehr hoch zu schätzen wußte nämlich den Schlüssel zu meinem Keller-J .——--·-s—-—-— Dte Fabelthiere des Meeres-. Das- Jnstilut fiir Meeresknnde an der Berliner Universität, dag in diesem Winter einen Chklug iiffentlirher Vor träge ve anstaltet, um das Verständ niss, fii zg Meer und seineBedentung in weit re Kreise zu verbreiten, hatte dieser Tage dem Leipziger Zoologen Professor Marshall Gelegenheit zu inem anregenden Vortrag iiber die fabelhaften Thiergestalten deg Meeres egeben. Der Gegenstand hat in er ster Linie tulturhistorischeei Jttteresse, weiler uns zeigt, wie man in früheren und frühesten Zeiten dahin gekommen ist, die Existenz derartiger Fabelthiere fiir glaubhaft zu halten. Die Ausstattung deg Meeres mit allerlei seltsamen Thiergestalten war schon den alten Chinefen geläufig. Bei den Griechen wurden alle diese Fabel wesen in harmonischen Formen dar gestellt; die nordische Phantasie gab ihnen eine den herberen Lebensbedin gungen entsprechende unheimlich-ge waltige Gestalt. Eine bedeutsame Rolle spielten sie in der Vorstellung des Mittelalterg; hier nahmen sie die abenteuerlichsten Formen an, undfini dige Köpfe kamen schon damals ans die Idee, verschiedene dieser Fabel iwesen künstlich darzustellem um dus Jder Leichtglüubigkeit ihrer Mitmen schen Kapital zu schlagen. Es gibt allerdings auch heute noch Merkwürdig gestaltete Meeresbelvohner —- es set nur an die Sirenen, die Kopssüßler, die Tintensische erinnert — die sicher lich eine Unterlage für solche Phanta sietvesen gegeben haben. Am weitesten ist die Phantasie in der Ausgestaltung der Seeschlange ge gangen, die ja auch heute noch in den« Köpfen nainer Beobachter spukt. Zwei fellos handelt es sich bei allen derarti gen Beobachtungen um Täuschungen. Nach Marschalls Ansicht ist die Vor stellung von einein schlangenartigen Ungethiim auf den Anblick von Del phinen zurückzuführen, die, in größerer Zahl hintereinander schwimmend, mit einem Theil ihres Rückens- über die Meeresoderfläche hinausragen Auch ungeheure Tangstücle oder Schsaaren von Meeregvögelin mögen hier und da das Auge getäuscht und die Pihantasie befruchtet haben. Manche dieser phan tastischen Vorstellungen klingt bis in unsere Zeit hinein; noch im Jahre 1867 hat der englische Forscher Huxley ein seltsames Tiesseewesen, den soge nannten Urschlamni, entdeckt, und erst der kürzlich verstorbene Berliner Zoo loge Möbis wies nach, daß es sich um eni Istunstprodutt handelt. ..— Renten-Jagd auf Seentterm Die Seeottern, die heute zu unseren seltensten und werthvollsten Pelzthie ren gehören, werden nicht überall in derselben Weise gejagt. Bei den Ein geborenen der hochnordischen Aleuten Inseln, westlich von Alaska, ist eine eigenartige Stilljagd im Brauch-, die übrigens ebenso aufregend wie still ist. Eine Psartie Jäger in sehr kleinen, lautlos iiber das Wasser dahin glei tenden Boot-en sucht eine der Klippen auf, welche den Lieblingsaufenthalt dieser Thiere bilden; und sich zu einem Kreis formend, kommen die Boote im mer näher. Schon ist ein kleiner schwärzlich-er Gegenstand zu bemerken, ——-— eine schlafende Seeotter. Da, — ein leises Geräusch, nur durch eine vorsichtige Ruderbewegung verursacht, genügt, das Thier aufzuschsrecken, ehe ein Speerwurf es erreichen kann, und es schießt sofort in die Tiefe. Doch die Jäger warten; sie wissen, daß das Thier des Athmens wegen nach höch stens 20 Minuten wieder emporsteigen muß, und sie schließen nur den Kreis enger um die Stelle herum, wo es ver schwunden ist. Richtig kommt es wie der an die Oberfläche, verschwindet aber sofort auf’s Neue. Das mag sich noch einige Mage wiederholen; doch immer weniger Zeit erhält das arme Thier fiir die normale Ausübung der Vlthini.mg-Jverrichtungen, — — und schliesslich ist es dermaßen mit Luft gefüllt, das; es überhaupt nicht mehr untersiaten kann! Ein Speertvurf giebt ihin den Rest. - , « Raschcr Entschluß . Den Luftspieldichter Dufresny mahnte einst seine Wäscherin um 300 Livres die er ihr schuldete. Da sie nicht gehen wollte, übergab er ihr sei-— nen Wohnungsschliissel und sagte: »Schön bleib’ hier! Jch komme erst in acht Tagen wieder; aber sage rioiu Warum wirst Du mit einem mal so dringend?« --— »Ich will hei rathen und brauche mein Geld-« — »Was? Heirathen mit 300 Livres?« s »O nein, ich habe noch 2700 Liores zu- Dante« »Und wen willst Du heirathe11Z« ,,Einen Lakaien.« ---— ,,t5inen LataienZ Bringe mir die 2700 Liores, ich bin mehr, als ein Latai, und heirathe Dich sofort!« ——— Das Mädchen willigte mit Freuden ein. und das wunderbare Paar ließ sich noch ani selben Tage trauen. Ob die Ehe glücklich wurde, verräth der Bio araph nicht. ——-...I-—-— Zeitung besteht 175 Jahre. Der »Dregdner Anzeigier«, das seit 1856 iin Besitze der Stadt Dresden befindliche Amtsblatt des Stadtraths, tonnte am 1. December auf ein 175 jährige-Z Bestehen zurückblicken Das Bliatt wurde vor 49 Jahren von deni damaliger Besitzer Dr. Güntz der Stadt geschenkt, nnd 1895 ging auch die Buchdruclerei durch Vermächtniß des Besitzers Dr. Blochmann in städ tifrhen Besitz über. Die ziemlich er heblichen Ueberschüsfe des Blattes und der Druckerei sind stiftsgemäß zu ge meinnützigen Zwecken zu verwenden. So wird ·;.B. gegenwärtig aus den « Ertragen der Güntz-Stiftung an der Marschall Straße ein städtisrhes Schwiminbad errichtet, das am l. De cember eröffnet wurde. .-.—-— Wichtige Beurthcilutig. Wittwe: »Hier, lieber Mann, schenke ich Ihnen einen Rock. Er ist von Inei nern seligen Manne.« Bettler: »Da-J sieht man auch so sort.« Witswu »Wieso denn?« Bettler: »Na, der glänzt ja vor lau-— ter Seligkeit.« Sticnmt. « Diener lals sein Herr von einer Reise «—-,11riicllel)rt): »Nun, fanden der Herr Baron nicht Alles so, als ob der Herr Baron selber dagewesen wäre?« Baron: »Jawohl, sogar ini Wein teller nnd in dem Cigarrenkasten sieht’ s aug, alg ol) ich gar nicht sortgewesen ( trate. ’« Wav Hunderter Ameisen Fleiß hat ) gerichtet, Wird durch eines Esels Hustritt vers — nicht ei. k