Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 12, 1906, Sweiter Theil., Image 11

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    f Matt schreibst-ritt von O
« limi- Mukngpi.
W
No. 189.
’ Philipp- hen
ich zu den alte
Schofslopp
gesagt, ich
fühle arig fak
rie, daß du
Wedesweilers
xchon cbbes ge
aqt best, daß
chse intveite
will, bitai ch·hen Ie ht mein Meind
ans un ich deht viel lieber
unge Lehdie gar nit zu
gnsidderr. gis-will dich ja gar te
Vorwurf mache, awwer es guctt zu
mich, als wann se doch e wenig zu
krexch for unsere ammillie wär. E
te entes Mebdche ubt sich nit e ganze
Nacht mit Mennsohts in en Saluhn
hocke —neiver meind, ich weiß ja gut
genu daß Ihr in den Sittenruhm
geso e habt un daß auch die Wedes
weilern dabei war, — awwer ich
bleiwe dabei, es duist nit gut gucke.
sin schuhr, daß Jhr e gute Zeit
eabt habt un in die erschie Lein der
desiveiler un ich kann auch ganz
qui sehn, daß er alles uffgebote bot
or dich da zu halte, bilahs das is e
art von sein Bißnesz un wann du
fort gan e wärscht, dann wär die Bill
an sein tauni gange solang du aw
wer da warst» hot er alles zu dich ge
ischarischi Du mußt mich nit
interropie, ich weiß gui genug,
wie der Feller dich tricte duht,
awwer du bist zu dumm un zu
gutnehtscheri sor ebbeg da drin
zu sinne. Ennihau, ich denke, ich sin
nit mißtehtem wann ich dente daß
selles Mehdche besser aus unser Haus
sort stehn dubt. Jetzt is es oss Rohr-H
zu spät un was emol gesagt is, dazu
misse mer jetzt stecke. Ich gehn her un
Sehn hin un siase e Dinner un e
Oopper zurecht, wie es die Weltge
schicht noch nit erlebt bot un wann
mich's bunnert Dahler loste duhi. Jch
will die Wedesweilern emol e Ding
odder zwei zeige. Bei mich is nickgs
tschiep un der Preis is teine Kunstd
dekehschen zu michs Jch will ofs Kohrs
nit daß du ebbes davon sage dubst,
was ich jetzt gesagt hen un in Facit
hen ich ja auch nicis gesagt die We
desweiiern is miehn genug un duhi zu
tomme ressiuhse wann se lerne dum.
daß ich en speschel Effekt for ihr En
iertehning mache duhn. Damit is
mein Spietsch fertig gewese n der
Philipp hat for e Weil da ge esse un
hat kein Wort sage könne· bitahs er
is so surpteist gewese. Ich sin schiihr,
in seine anseit hat er mich recht gew
we. Er hat feine Schnussbacts eraus
geholt un hat si? en Schnuff getäctelt
un ich denke es at ihn so ehaut zehn
Minniis genomme, bis er mit darch
war, dann hat et sich die Nag geweipt
un das hot auch nach emot e lan e
it genomme un ich hen während die
eit wie uff Niedels gesasse. Wisse
, i hen doch druff gewart, daß ee
ebbei age deht. Schließlich is er mit
darch gewese un da hot er gesagt:
»Lizzie, ich will dich jetzt emol ebbes
sage. Du derfst nit mähd fühle, aw
ioer es umß eraus. Was du do jetzt
gesagt hast, das is ahlcecht un ich hen
guts die Oppinjien un das is all.«
is also alles gewese, was er mich
zu sage gehabt hat. Jch hätt eigent
lich sattisfeit mit sein könne, bikahs
es gibt doch nicks schöneres als wann
der Mann zu seine Frau sticke duht,
awiver bei den Philipp da weiß ich
nie nit wo ich dran bin. « ch hen aw
tver nit schon widder e saß rehse
wolle un da hen ich gesagt: Well, wenn
das deine annest Oppinjieii is, dann
Lin ich satiisseit un ich will nur hen,
aß du Niemand nicts sage duhst oon
den, was ich gesagt hen, bitahg ich
will nit iix Truhel komme. Mir er
rehnsche das Dinner for den Dag nach
marge un ich denke, ich besser laufe
nach emal hin un sage haudiduh un
duhn se pöesenellie inweite, das guckt
dessen Schuhe Ding, hat der Philipp
e agt un do ivar un er Kanioerseh
schen ttvwer. Jch hen mich e wenig
u sgefickst un sin zu Wedesweilersch
un die Wedesweilern un das Mehdche
sin grad im Begriff des Begeeifens
gewese, fort zu gehn. Se hen mich
gefragt mit u gehn un weil ich doch
nicks annerichter an band gehabt hen,
da sen ich mit gefchawe. An den We
hen ich dann meine anittehschen von
mich gewwe un se hen auch gleich act
Wteh Das Mehdche hat gesagt, sie
e dieleitet un mehr sann mer doch
nit eckspecktr. Sehen mich akig neiö
getriet un ich hen in mei seit schon
alles ausgediiftelt, was ch for mei
Miels fein-we deht. sich hen edentt,
das be is, wann ch mich for den
Ozag enFiiit hejeeediihn, so was mer
u» oemch en Scheu keuf dicht. Was
peauch ich knin zu battete, ich kanns
ja erfordern ie ich heim komme sin,
hen ich gleich or so en Iellet eschickt
un ee hat mi eprammist, daß es oss
Kv es Geld tosfe deht, answer ee dehi
auch ebbeö zurecht wichse, was in
diese hier Taun noch nii erlebt wokde
wär. Das is ect iickilie was ich ge
wollt hen un ich n gar nii die Zeit
abwaete könne, bis detsfesiiag do war.
pch hen micha at nit m dieg Kitschen
ehn lasse dere, ich hen den Scheff.
wie mer uss deitfch sage duht, peunt
blänk getvwe, das meint er bot ordere
könne, was er gewollt hei. Aifo der
Dag is komme un ich hen das haus
ussFefi wie en Pölle5. Es hot ge
t a s wann die schwetschte Wed
ing drin ellebeehtei sollt wern. Do
hoi die L die emoi sehn könne, was
mer mit e feine Eiijuiehschen fertig
bringe kann, man mer das nothwen
dt e Geld hat. wei Stunde besor
Melteim war a es in Schehp un ei
tell fuh, es macht e Wummen gut
fühle, wann se ebbes feines biete kann
un se hot gar kein Butter mit. Jn
ebaut e halwe Stund mußte se komme
un ich konnt ar nit abwarte bis se
do ware, bilags sich hen die Weins
weilern ihr surpreisteö Gesicht sehn
wolle. Jetzt hen noch zehn Minnits
gefehlt un ich hen so häppig gefühlt
wiei n mei ganzes Lewe noch mi. Der
Ehil hot sich auch sein uäfgesickst ar
abt un hot so·ar e Kri antemumm
in sei BottenhoZl gewahre. Er hot
sor lauter Eckseitement ein Schnug
nach den annere getäckelt un wie i
grad nach Wedesweilecsch Hausdiehr
gucke, do is die Dicht ussgemacht
wurde un der Wedesweiler kommt
eraus un streht uss unser Haus zu.
Er is erei komme un bot gesagt:
»Lizzie mer könne nit tomme, unser
Kompenie hol e Dißpätsch kriegt, daß
se mit die nächste Trehn fort muß un
meine Alte geht mit se fort!« Mitter,
dr hen ich gefehnt! Das war zuviel
un was zuviel is, das is zu motschl
Ich lann jetzt noch nit die Penn strebt
in mei Händ halte un for den Riesen
stapp ich lielver reit hier.
Mit beste Riegardg
Lizzie Hansstengel
Ein Gattinle aus Russland« .
Unter den zahllosen, schrecklichen
Episoden, an denen die Chronik der
letzten Judenversolgungen in Nuß
land so reich ist, stößt man hin und
wieder aus solche, welche lehrreicheEiw
blicke in eine der tiefsten Ursachen die-—
ser Erscheinungen -——— die unglaubliche
geistige Rückständigleit des rusfischen
Feandvoltes ---— gestatten· Die Bauern
r Umgegend von Umanj, einer
Kreisstadt im Gouvernement Kiew
mit 28,000 Einwohnern, ——- so lesen
wir in der »Nowoie Wremja« -——— hör-—
ten, dass es in der Stadt nicht geheilet
sei. Die Juden, hieß es, versammeln
sich täglich mehrere Mal im Theater
und halten ungewöhnliche Reden, ru
sen dabei »Weder mit dem Zaren« und
verlangen eine Revublil. Alles dieses
erzeugte in den einfältigen Köpfen der
Bauern eine unerhörte Verwirrung
und ersüllte ihre Gemüther mit Un
ruhe. Am Morgen des 4. November
begannen die Bauern in Folge aller
dieser- Gerüchte massenhast in der
Stadt zusammenzuströmen, um zu
erfahren, was denn eigentlich in der
Stadt vorgehe. Es erwies sich, daß
die Gerüchte wahr waren. Die Bau
ern eilten nun zur Kirche. Nach der
Messe kehrten sie in’s Lokal der
Amtsverwaltung zurück» holten sich
hier ein Bildnis; des Kaisers und
strömten zu Tausenden ins Innere
der Stadt. Bei der sogenanntenOsta
schewschen Brücke lam ihnen eine hal
be Kompagnie Soldaten vom Gewa
stopol’schen Regiment entgegen unter
Führung eines Ossiiiers Ganz
plötzlich. ohne jegliche Warnung,
lnallte eine Salve und gleich daraus
eine zweite. Resultat: ein Bauer
todt, sieben schwer und acht leicht ver
wundet. . . . Der Vollshausen war
vor Schrecken wie versteinertl Jn die
sem Augenblick nahte sich aus dem
Zentrum der Stadt eine tausendlöp
sige Menge von Juden· Auch sie tru
gen an der Spitze ihrer Prozession
as Bilniß des Kaisers und die Ta
seln der zehn Gebote. Sie hatten
nämlich von der Erregung unter den
Bauern gehört uzid wünschten nichts
sehnlicher, als ihren Frieden mit ihnen
zu machen. Wäre die unverantwort-·
liche Gewehrsalve nicht abgegeben wor
den, so hätte sicherlich eine rührende
Versöhnungsszene stattgefunden. Was
geschehen war, hatte aber die Bauern
über alle Maßen erzürnt. Sie hatten
wohl nichts gegen eine Versöhnung
einzuwenden, stellten jedoch als Be
dingung dasiir aus« daß die Soldaten
ebensalls zwei Salven aus die Juden
abgeben sollten. Es versteht sich von
selbst, daß die Juden aus eine solche
Bedingung nicht eingehen lonnten. In
diesem Augenblick stürzte sich die ers
beste Menge aus die Juden los und
dem Straßenlampse solgte die iiblii
ehe Plünderung der jüdischen Kaus
liiden und Häuser.
Die Literatur perdirbt sich nur in
dem Maße, als die Menschen verdor
ben werden.
e- «
Jm Millionärs - Viertel von New
Zort wurden in diesem Jahre 1:.
abieö geboren. Trotz der Unglücke
Bibl waren diese Drerzdehn in der
uswahl ihrer Eltern urchaus nicht
unglücklich. . «
Mancher hört nicht eher aus zu
träumen, als bis er einichläst.
I I I
John D. Rockeieller’s Jahresein
kommen wird auf s40.000,000 ge
schäht Kein Wunder, daß der Mann
sich immer so ängstlich nach tleinen Ne
benverdiensten umschaut.
»Erziehen Sie Ihren Sohn sijr ei
nen speziellen Berus?«——
»Für welchen?« —- «Jch überlasse das
ihm und soviel ich merte, bildet er
sich als Gatte einer reichen Erbin
au«
O O If
Es war einmal. der Marchens
auber der uns ein Mal ergriffen,
leibt ein ganzes Leben lang haften,
erade wie wir am Weihnachtszauber
r Kindertage noch im Alter zehren.
s
Mut? besteht nicht darin, daß man
die ahr blind übersieht, sondern
daß Czist-an sie sehend überwindet
—
Das getödtete Lachen. »
Skizze von Gustav Langhofs.
»Ja, und dann singen sie an zu
Lachen«
Der alte Herr sagte dieer Satz je
des Mal mit einer starken Betonung
des ,,dann«, dabei steckte er die ge
spreizten Finger seitwärts und sah
mit erstaunten und beleidiaten Augen
im Kreise herum.
Zualeich faßte cr mit einem wie
derholenden »ja« alles Erstaunen und
alle Empörung zusammen, die
ihm dieses Lachen seiner brüderlichen
Familie immer verursachten Endlich
iiesz er seine Hände smlen und ver
suchte seine ausgeregten Gefühle durch
einen Rundgang um den Tisch zu be
-«ubiaen.
Die Zuhörer tannten dieses fort
reißende, harmlose ,,Lachen um
nichts« der »Demminer« ja so gut.
Damals zum Beispiel, als Tante
Minchen oben auf der Treppe saß
und auf jeder Stufe ein anderer, und
das ·erstickende Lachen die Stufen hin
auf und hinunter lief und sich die
Körper wie in Foltergualen wanden
und bogen. Die Ursache dieser Hei
terkeit war lange vergessen, in Dem
min bedurfte es auch dazu nicht be
sonderer Ursachen, das Lachen lag
dort in der Luft. Damals auf der
Treppe hatten dann alle im höchsten
Schmerz gestöhnt: »Ach Gott, ach
Gott, ich kann nicht mehr.« Und
Tante Minchen hatte sich schließlich
die Thränen aus den Augen gewischt
und gesagt: ,,Kinder, ist das gesund."
Damit war es für ein Weilchen
vorbei gewesen und sie hatten ihre
Schlaszimmer ausgesucht, aber mit
ten in der Nacht war es wieder aus
gebrochen und wieder hatte es in
Tante LIJiinchcns Zimmer angefangen.
Und jetzt schien es auch in· Gegen
wart des alten Herrn anfangen zu
wollen. So viel man auch die Lip
pen zusammenpreßte, es half nichts.
Noch hatte er, mit seiner Beruhigung
beschäftiat, nichts gemerkt, aber plötz
lich stieß jemand einen fast schmerz
lichen Schrei aus·
Der alte Herr hielt in seinem Gang
inne, er traute seinen Augen und
Ohren nicht. War das möglich? Auch
in seinem Hause? Sechs rathe Köpfe
beugten sich tiefer und tiefer. Aus
den zusammengeinifsenen Augen des
alten Herrn schoß ein Wuthblitz.
Dies Uebel mufzte er bei der Wurzel
packen und plötzlich trachte hinter den
erschroaen Ausfahrenden eine Thiir
in’s Schloß.
y
Der alte Herr betrat das Zimmer
seiner Frau.
Ein Zittern lief bei seinem ge
räuschrellen Erscheinen durch ihre
Glieder und ihre behende Hand machte
aanz nsitzlose Stiche an der Hand
arbeit. Ihr überängstliches, gedrück
tJH Wesen that ihm wohl. Die Frau
iahm das Leben wenigstens ernst.
,,Chriitine,« sagte er, »ich lann dies
Lachen der Demminer nicht mehr er
tragen, es verfolgt mich förmlich, es
macht mich verrückt. Was haben die
Menschen zu lachen, frage ich dich?
Sie sitzen voller Schulden, wissen fast
nicht, wie sie vor Hunger in den
Schlaf tonnnen sollen --—— und lachen!
Aber ich werde es ihnen versalzen!
Mein Geld ziehe ich aus dem berlodis
iserten Gute, dann wollen wir mal
Sehen, ob sie noch lachen!«
Christine hob zaghast den Kopf
und sah ihn flehend an. «
»Das Leben ist siir die Aermsten
so schwer und ernst. Las-, ihnen diese
löstliche Heiterkeit, sie hilft ihnen iiber
mancher hinweg.«
Der alte Herr war minutenlana
sprachlos.
»Ich alaube, du bist wahnsinnig
geworden, Frau!« schrie er endlich.
»Was mich im Tiefsten empört, wagst
tsu zu entschuldigen?«
Er trat dicht vor sie hin.
»Und eure Weiberlogit,« tobte er
auf sie ein, indem er seine harte Hand
auf ihre feine Schulter preßte. »Weil
das Leben siir sie ernst ist, sollen sie
lachen? Ja, hast du denn deinen arm
seligen Verstand ganz und gar ver
lorenZ Nein. weil das Leben ernst
für-sie ist, sollen sie es auch ernst neh
men! Das ist meine Auffassung und
auch die allein richtige. Sie sollen sich
teine dummen Miitzchen durch die
Schädel aehen lassen. Mit ihrein
ewigen Lachen Verlachen sie noch ihre
ausgemergelte Klitsche." .· -
Wieder trachte eine Thiir ins
Schloß. Frau Christine legte den
Kopf zurück, sie lachte nicht, sie weinte
nicht, ihre Nerven waren in zitternder
Erregung und in ihren aufgerissenen
Augen iag eine grauenhaste Leere.
si- e- ·
Der alte Herr fuhr über die Felder.
Der noch grüne Roggen lachte, die
Kleetöpfe schauten lachend in die
warme Lust« der Bach sprang lachend
über die Steine und die dicke, aute
Sonne zog ab und zu einen Wollen
schleier vor ihr Gesicht, damit die
Menschen glauben sollten, daß sie auch
ernst sein könnte.
Der alte Herr saß steif zurückge
lehnt in der «Kutsche'· und neben ihm
sein Bruder und der lachte vergnügt
in sich hinein. Würde ihnen ieses
Mal ihr Plan getin en, dem steiner
nen Gaste ein herzliches Lachen ab
zuäwingenst
er Kutscher auf dem Bocke
schmunzelte und griente. Warum
sollte er sich nicht mit der Natur
freuen, der er noch so nahe stand?
Ober par von dem gro en »Man«
schon etwas in die K chen- und
-.Stallregionen gedrungen?
Auf dem Gutshofe Demmin lachte
. heute auch alles, die Tauben, die Fer
kelchen, ja selbst das alte Mutter
schwein mit verschmitzt lächelnden
Aeualein. Jm Haufe herrschte bei al
ler Arbeit seine fast beängstigende
Fröhlichkeit
Tante Minchen backte mit aufge
stteiften Aerrneln Schmalzluchen Und
lachte, die Mutter begoß einen Rie
senbraten mit wahren Fluthen von
Sahn und lachte, die drei« Töchter
wirthfchafteten wie toll und lachten
und die beiden »Lehrfr"ciuleins« konn
ten vor Lachen leider iiberhaupt nicht
ngteifm Sie konnten den steiner
nen Gast noch nicht, versprochen sich
aber von dem großartigen Plan, der
auf fein Zwerchfell ausgebriitet war,
einen Hauptspaß.
,,.Kinoer, verderbt nur nicht alles,«
flehte die Mutter plötzlich ernst. Er
kann schrecklich fein.«
Die ,»Kutsche« fuhr vor und sieben
lachende Gesichter erschienen zur Be
arüßuna auf der Rampe, doch bei der
Jugend wurde das Lachen durch das
Erscheinen des alten Herrn ausge
löfchL Tante Minchen aber wischte
sich den Mund und sagte:
»Na, geliebter Fritz, bekomm’ ich
keinen Kuß? Wir alten Jungfern
sind schlimm darauf.«
Und wie sie ihren Mund sehnsüch
tig, schmachtend spitzte, schlug das
Lachen wieder wie eine Flamme aus.
»Dummes es’fraueniiimn«ter,« saate
der alte Herr und schritt zur Halle,
iaber das entsetzliche Lachen folgte
ihm nach.
i Der Tisch war glänzend gedeckt
fund der alte Herr nahm ernst den
»Ehrenplat,z ein, während sich die an
lderen kichernd und aeräuschvoll setz
f en.
Fräulein Lottchen schoß der Ge
sdanke an den »Man« durch den Kopf
und da sich Suppeessen Und heimliches
ILachen nicht mit einander vertragen,
tvkkschruckte sie sich. Fräulein Ckaka
ysprana zwar schleuniast auf und ret
stete sich aus der Stube, aber es half
,alles nichts, der Ernst war nicht mehr
zu wahren und das unselige, ver
sriihte Gelächter rollte um den Tisch
herum bis zu dem alten Herrn,
prallte dort ab und rollte zurück, hin
) und her, hinaus und hinunter.
s Der alte Herr aß schweigend die
sSuPpr. keine Miene seines Gesichtes
verzog lich, nur die Auan wurden
langsani kleiner. Plötzlich sagte er
laut und hart:
»Was ich sagen wollte, Karl, ich
muß mein Geld haben. Du weißt,
daß eine Kündigung bei uns nicht nö
thia ist.«
Da war das Lachen todtaeschla
gen, kein Zacken mehr, tein Aussta
ctern, es rührte sich nichts mehr.
Der alte Herr nahm schweigend
sden letzten Löffel Suppe, dann lehnte
ser sich mit dem behaglichen Gesicht
eines Biedermanne-Z zurück.
»Es ist immer so lustig und ge
miithlich bei euch, lacht nur, Kinder,
lacht nur.«
———-.—.—.-—-——
Ein nationales Andenken.
Jn der Arch-Str· in Philadelphia
steht mit der Nummer 289 das unter
dem Namen »Old Flag Hause« be
kannte kleine, zweistöckige, aus Back
Hstein errichtete Gebäude, in welchem
JBetsy Roß einst die erste amerikani
:sche Flagge verfertigt hat, nachdem
Ider ContinentalsCongreß sich fiir ein
Sternen-« und Streifen - Banner als
iEmblem der geeigneten Kolonien ent
schieden hatte.
Um das Haus stets zu bewahren,
wurde vor einigen Jahren die »Ame
rican Flag Hause and Betsh Roß Me
morial Association« gegründet, um
Gelder für den Antäus des Gebäudes
zu sammeln; jedes Mitglied leistete
einen Beitrag von zehn Cents, die Bei
;träge flossen aus allen Landegtheilen
’ und die Zahl der Mitglieder der Asso
ciation erhob sich auf eine Million.
So kamen die 825,()()() zusammen,
welche für das Haus bezahlt werden
’uiufzten, und die letzte Abzahlung aus
dir-J Hang ist jetzt geleistet worden.
Tns denltvürdige Gebäude bleibt so
mit auf immer.erhalten.
In ähnlicer Weise kamen noch kurz
vor dem Bürgerieieg, besonders durch
amerikanische Frauen, die Gelder zum
Anlauf von Mount Vernon, der virgis
nischen Heimstätte George Washing
ton«s, zusammen·
Das Haus in der Arch-Str. Phi
ladelphia’5 wird der Bundesregierung
am nächsten 14. Juni, demsJahrestage
der Einführung der amerikanischen
Flagge. unter passenden Feierlichteiten
übergeben werden.
Am 14. Juni 1777 war nämlich
durch Congreszbeschluß die Flagge mit
den rothen und weißen Streifen und
den Sternen im blauen Feld einge
führt tvorden. Aber schon am l. Ja
nuar 1776, ein halbes Jahr und vier
Tage vor der Annahme der Unabhän
gigkeitserllärung hatte Washington
im Lager vor Bostvn die roth-weiße
Streifenfahne aufgepslanzt.
- .
Es giebt Menschen, die mit vollen
Händen aus den vollen Taschen schen
ken, und es giebt Menschen, die die
leeren Hände in die vollen Tachn
stecken, damit sie nichts zu ge n
brauchen. Aber am zahlreichsten sind
die Leute, die mit vollen Händen ge
ben möchten und leere Taschen haben.
- Its st- Of
An dem einen, an dem heiligen
Abend giebt es in der Welt mehr
greuden als an den 364 übrigen
agen.
Der Sultem als Perle-nah f
Ein Charakterbild des Sultans
entwirft ein Diplomat im Evening
Standard. Er nennt den türki
schen Herrscher einen ungewöhnlichen
Charakter, rn dem man unwillkür
lich seine Freude haben müsse, denn
in ihm sei ein bestimmter Typus
und eine bestimmte Wesensart so
rein und prachtvoll ausgeprägt, wie
wohl kaum sonst in einer Persönlich
keit. Der Sultan ist ein Levantiner,
und was dieses Wort im Siidosten
Europas bedeutet, das kann man
nirgsens besser studiren als in dieser
Fielrkwürdigen und eigenartigen Ge
ta t.
Die Person des ,,Beherrschers aller
Gläubigen« ist auch heute noch von
jener schwiilen, strengen und düsteren
Atmosphäre umgeben, die auf dem
Hofe des byzantinischen Kaiserreiches
im Mittelalter lastete. Ein unent
wirrbares Gespinst von Jntrigue,
List, Grausamkeit und Geheimniß
umschlieth auch heute noch die alte
Kaiserburg von Stambul mit seinen
feinen und gefährlichen Netzen.« Ein
Hauch von upprger, rraumyasrer
Schönheit und zauberhaft gesahrvol
lem Schrecken weht um die Mauern
und üllt den Betrachter in den schwe
ren unst vergangener Visionen. Der
englische Diplomat sah den Sultan
zum ersten Mal bei einem Selamlik,
bei einer jener Feierlichkeiten, die den
Herrscher umgeben, wenn er die Mo
schee seines Palastes betritt. Jn dein
weiten Hofe, in dessen einer Ecke die
reichen phantastischen Formen des
kleinen Gotteshaus-es aufragten, stand
eine stattliche Anzahl von Truppen
in glänzenden Unisormen, unter ih
nen zwei dunkelfarbene schlanke
Jünglinge, mit Kostbarkeiten über
laden und in stolzer Haltung, zwei
der Söhne des Sultans. Eine sol
che starke Bedeckung war nothwendig,
weil auch damals gerade wieder ein
Anschlag auf das Leben des Sultans
ruchbar geworden war.
Der Herrscher war damals der ver
haßteste Mann des Jahrhunderts-;
man hielt es siir einen Hohn auf. alle
geschichtliche Entwicklung, daß er noch
in- dem Europa des neunzehnten
Jahrhundert herrschen dürfe; wie ein
interer Tyrann, ein Scheusal in
Menschengestalt wurde er geschildert.
Nun fuhr dieser so viel verlästerte
Herrscher langsam heran; er saß in
einem kleinen Gefährt, das etwa ei
nem Phaeton oder einem eleganten
Einspänner glich; er fuhr sehr lang
sam, denn zu den remonien am
Zofe des Sultans gehört es, daß die
öchsten Würdenträger des Reiches
hinter seinem Wagen herlaufen müs
sen. Da sah man denn die ehrwiir
digen und wundervoll angethanen
Hofschranzen in all ihrer Wohlbe
leibtheit und Schwerfälligkeit stöh
nend und prustend hinter dem lang
sam sahrenden Ponhgespann herwa
ckeln; ein grotester Kontrast lag in
diesen komischen Figuren und der
ernsten, wiirdevo en Haltung des
Sultans.
»Die Erscheiung des Sultans,« so
schreibt der Diplomat, ,,iiberraschte
mich, denn ich hatte ihn mir nach ver
schiedenen Karitaturen und älteren
Bildern ganz anders vorgestellt. Wie
alle guten Muselmänner hat der Sul
tan eine Abneigung dagegen, sich
photographiren zu lassen. Die Ge
stalt, die ich nun wirklich vor mir
sah, war die eines wohlwollend drein
schauenden alten Herrn von Mittel
größe, der vielleicht ein wenig mit den
vorgerückten Jahren zur Stärke hin
neigte. Sein Bart war voll, ziem
lich lang und von brauner Färbung,
aber schon sehr start mit weißen Fä
den durchzogen. Er war in einen
langen schwarzen Rock gekleidet, und
hätte sich in seiner Toilette durch
nichts von einem Gentleman der Ox
sordstrafze unterschieden. Sein Be
nehmen war durchaus nicht nerv·os;
die Art, wie er grüßte, freundlich und
väterlich. Ruhig und mit einer ans
genehmen Grazie stieg er aus seinem
Wagen, blieb einige Zeit in der Mo
schee und fuhr dann so langsam wie
der zurück, wie er gekommen war.
Später hatte ich dann Gelegenheit,
ihm von Angesicht zu Angesicht gegen
iiberzutreten, und ichs muß sagen, alle
meine Vorurtheile schwanden. Seine
ganze Art, sich zu geben, war so lie
benswürdig, seine Stimme so weich
und biegsam, seine Klugheit schien so
groß, seine Absichten klangen so offen
und ehrlich, daß i in seiner Gegen
wart nur noch mit Jtiihe an die Blut
thaten glauben konnte, mit denen er
die Armenier verfolgt. Man muß
sich vergegenwärtigen, daß der Sul
tan der Sohn einer richtigen Arme
nierin ist und in Auftreten und Hal
tung selbst durchaus als Armenier
erscheint. Nun mag Diese ihm äu
ßerlich aufgeprägte Zugehörigteit zu
einem ihm verhaßten Volke seine
Wuth gegen diesen Stamm noch ge
steigert haben; das wichtigste Motiv
aber, das ihn bei der Verfolgung
leitete, war religiöser Art.
Als er den Thron bestieg, stellte er
sich zwei große Ziele auf, denen er
unablässig nachftreben wollte, einmal
als absoluter Herrscher sein großes
Reich zu verwalten, und dann all
feinen Einfluß aufzubieten, um sich
als den echten Vertreter des- Prophe
ten auf Erden, als das Oberhaupt
der muhamedanischen Religion zu er
weisen. Die Bande, die den Sultan
am Fesieften mit seinem Volke ver
lniipen, sind die des religiösen Fa
natismus und des Stolzes auf die
ruhmreiche Vergangenheit An Kon
stantinopel, der heiligen Stätte tür
iiicher Macht, hängen die Söhne Al
lahs mit jeder Faser ihres Herzens-,
und iollte der Sultan einmal aus
seiner Residenz vertrieben werden, so
würde dies wohl ein Auflodern des
Volksgeistes und einen zähen Todes
tampf der Getreuen des Sultans zur
Folge haben.
Allmählich bemerkte ich, daß der
Sultan in allen Künsten der Ver
schla enheii und der List, die die
Was en des Levontiners sind, ein un
erreichter Meister sei, und daß nie
mand genialer das Schachspiel di lo
matischer Feinheiten aus ufii ren
verstände als er, der auf diese eis(
sein schwaches Land gegen stolze und
habgierige Feinde vertheidigt. Der
Sultan kann lügen und betrügen mit
all der liebenswürdigen Selbstver
ständlichteit eines Chinesen; seine
Kunst der Verstellung erreicht den
Etrad einer wirklich genialen Vollen
ung.
Jch erinnere mich, daß ein Freund
von mir, ein sehr gewitzter antee,
der Gesandter in Konstantinopel war,
eine seit langem austehende Schuld
für die Vereinigten Staaten bei ihm
eintreiben sollte. Der Sultan schien
sehr ängstlich darauf bedacht zu sein,
sie zu bezahl n; er würde keine an
dere Schuld rüher bezahlen, aber ge
genwärtig könne er überhaupt nichts
bezahlen. Der Yankee drang auf
eine Audienz; ein Geschenk des Sul
tans, zwei prachtvolle arabische Rosse,
wies er zurück. Er war ein tempera
mentvoller Mann, der während eines
langen Lebens in der Prärie eine ge
wisse Rücksichtslosigkeit und Jahrg
keit gelernt hate; er war wüthend
auf den Sultan, der ihn so lange hin
zog. Aber er hatte noch nicht zwei
Minuten mit dem Beherrscher der
Gläubigen gesprochen, als seine Wuth
verschwand und er ganz gefügig wur
de. Wie er diesem gütige-n und lie
bevoll tonversierenden Herrn ins Ge
sicht sah, begann er zu glauben, daß
der Sultan so unschuldig sei wie ein
Kind. Trotzdem brach-te er immer
wieder das Gespräch auf sein Ge
schäft; aber der Sultan-hatte soviel
anderes zu fragen, er erkundigte sich
mit großem Interesse nach dem Leben
seines Besuchers und zog so die Un
terhaltung hin, bis es zum Dinser
.ging. Während man die Nachtisch
Cigarren rauchte, wurde ein türki
sches Lustspiel ausgeführt, und ein»
türkischer Tanz folgte. Der Sultan
und der Yantee schienen ein Herz und
eine Seele. Plötzlich verschwand der
Sultan mit einian liebevollen Wor
ten. Es war spät geworden; als der
Ameritaner am anderen Morgen sich
til-er das Resultat seiner diplomati
schen Mission klar werden wollte,
merkte er, daß er hinters Licht ge-.
führt worden war und keine irgend
ttoie bestimmte Antwort erhalten hat
e.«
New Yorker Schwelzerheiuu
Soeben ist in New York in der Nähe
des- Centralparks ein ebenso schöner
wie zweckmäßig eingerichteter Bau als
schweizer Altenheim und schweizer Zu
sluchtshaus eingeweiht worden, fift«
den die dortigen Schweizervereine die
Gesammttosten von 8116,000 zusam
mengebracht hatten. »Aufschluß iiber
das edle Unternehmen erhält man
durch die kernige Rede, welche der
schweizerische Gesandte bei den Verei
nigten Staaten, Dr. Leo Vogel, bei
der Einweihung in deutscher Sprache
gehalten hat. Wir machen daher einen
Ausng aus ihr:
,,Dem Patrioiismus und der Näch
stenliebe verdankt dieses Haus seine
Errichtung. Diese zwei Tugenden
wecken im Menschen die edelsten Ge
siihle und machen ihn der schönsten
und segensreichsten Opfer fähig. Sie
haben in der Stadt New York die
Schweizer jeder Stellung, jeden Stan
des und jeden Berufe-Z zu einmiithiaem
Thun begeistert, um in diesem Bau ein
leuchtendeg Denkmal schweizerischer
Opferwilligkeit Zu schaffen. Ehre ge
bührt Denjenigen, die keine Zeit und
keine Miilze scheuten, um das Werk zur
glücklichen Vollendung zu bringen.
Keinem schöneren Zwecke hätten sie sich
widmen können, als dem, das Loos
armer, alter, unglückliche-r Landsleute
zu verbessern. Sie handeln damit im
Sinne der Worte, die der Schweizer
Dichter Gottfried Keller einem
Freunde mit aus den Weg gab:
Und siehst Du bang sich sehnen,
Berlassenes Schweizerblut,
Da hilf’ und still’ die Thränen,
Das steht den Schweizern gut.
- «
»Ich darf hinzufügen: Auch den
Schtveizerinnen. Es ist eine gute Vot
bedeutung fiir das Gedeihen dieser
Anstalt, daß auch Sie, meine Damen,
werlthätig zn ihrer Entstehung mitge
wirkt haben. Denn besser als uns
Männern ist es Ihnen gegeben, Leid
zu lindern und Ungliicllichen Trost zu
spenden, und mit feinere-m Verständ
niß stehen Sie den praktischen Bedürf
nissen gegenüber, die bei der Einrich
tung und dem Betriebe eines solchen
Werkes sich einzustellen pflegen. Auch
Sie lönnen mit Stolz aus die Frucht
Jhrer Arbeit blicken. Als- harmonisches
Ganzes steht das fertige Gebäude da;
gefällig, ja prächtig, in seinem Am
ßern, und zweckentsprechend im Jn
nern. Möge es manchem alten Schwei
zer und mancher verlassenen Schweizeg
rin eine Zuflucht und ein Heim wer-s ·
den. Möaen die vielen in der großen
fremden Stadt einsam gestrandeten «
und in Noth gerathenen Landsleute
hier Trost und Hilfe sindenl« ?