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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Jan. 5, 1906)
Das blaue Wunder. humoresle von Teo von Toten. Wir waren eben einem General begegnet und hatten gegrüßt. Mein Freund Schmälen als unifokmttter Obetleutnant mit der Linken am Sä belgehänge, die Rechte in vors eisig mäßtgftet Haltung am Müyen chtrm —und alles das unter jener ehrerbie tig verbindlichen Holbwendung des ObetlsweM welche die Mitte hält zwischen Verbeugung und Stumm stehen. Jch pslege mich in solchen Fallen — wenn es unaussiillig zu machen ist — ein weni bei Seite zu drücken und Unzugeh i teit zu markiren ndiei » sent lle a er grüßte ich mit. mo len tte mich unter ehait gehabt — tvie er das immer t t, wenn er mir in einer dien lichen FPaussip oder Pserdeeingele en it sin tets übervol les Herz aus chirttete. Außerdem hatte mir der alte Herr ganz außergewöhnlich gefallen und importirt. Das joviale Gesicht mit dem rauen, am Kinn ausrasirten Kaiser art tru den Ausdruck einer intelli genten nußsreude. Er tam wohl eben von einem osfiziellen Diner. Da raus deutete der reiche himmel von Sternen, welche unter den rothen Aufschlägen des lose übergehiingten Mantels in der Nachmittaaösonne suntelten. Ich mußte ihn übriaens schon mal gesehen ben —— am Bun desrathstische im eichstage, in einer Photographen-:Auslage oder sonstwo. »Wer mag denn das sein?« fragte Schmölen, indem er nicht iibel Lust zeigte, sich um udrehen. »Ein Ferscht — meinst ni t?" »Steine Ahnung. Wenn Du ihn nicht kennst —« »Me. Die hohen Herren in Berlin sind mir alle gelausi . Von hier ister nickcx Auch die besann Komniandiv ren n und Divi eonäre von außerhalb kenne i dem nsehen nach- Da ist egal! ovon sprachen wir doch vor hin -——«—: übrigens »Im-mai —-" »Nicht wahr?« Weißt Du -——- wenn inir so ein Brustlah ausstiiszt, dann stehe ich davor wie ein Sonntaaojiiger vor einer Wildbrethandluna, init der stillen Fragez Wie machen die Leute das blos!?« »Na, erlaube mal siir den Kom iiiisz ist doch die Frage längst entschie deri. Den ersten Orden bekommt man, weil man noch keinen hat, den zweiten, weit man schon einen hat - und dann so weiter, je nach Charge und Ver dienst.« Mein Freund Schinölen zuate dic Achseln. - »Wie Du so daherreden tannitl« sagte er unge ldig. »Charge! Ver dienst! Lieber immel das sind doch ganz übertragene Ansichten. Hauptmann Eorneliug von den Sechs iindsiedzi ern —- Du kennst ihn ja auch —- ist gewiß ein gescheiter Mensch und tüchtiger Offizier. Generalstäbler und so. Außerdem steht er dicht vor’iii Ma"or. Und was hat ers Den Sino nenialter hat er. Sonst nichts. Ab solut iiix. Dagegen schau Dir mal den kleinen Lossow von der Zweiten meines Regiments an· Datirt im Pa tent noch ein Jahr hinter mir, sitzt zu Pferde wie vom lieben Gott im Zorn aus einen Schinder geliebt —-—— und hat vier Dinger an der Schnalle, daß es nur so funkelt· Wenn das so weiter geht« muß er sich ein Platat vor den Bauch hängen: Bitte die Rückseite zu beachten!« ,, sk ja richtig. Gewiß. Ein bischen Glii musi dabei sein.« D »Ein bischen? Nee, mein Lieber viel, sehr viel, ein nnverschäintesz Schwein musz man haben, wenn einem so was aufliegen soll! Sieh mal —- ich muß Dir ehrlich saaen, ich hätte gern etwas dergleichen. Riesig gern. Ein paar Mal habe ich auch wietlich schon gedacht, die Sache töniite fich machen. an bergan enen herbst tomniandirte ich dieWa bei dein jungen Groß herzog, als er Majestiit seine Antrittg visite abstattete. Bei dein jüngsten Fürstenbesuch stand ich sogar in der r·lrenkompagnie —- und der hohe Herr hatte mir ganz besonders zugenickt; ich W deutlich gesehen. hinterher —- Ochmalzkucheni Wenn Du dentst, Du hast’n, hopst er qui-un Kasten. Na; wie gesagt: Es ist ein blaues Wunder, wenn unsereiner mal außer der Reihe was abhetonimt!« »Dri! —- und vielleicht hat das sein Gutes, Schmölen ——'« »Gute» Wieso -——?« »Na, sieh mal —— der alte Schoven lsauer hat einmal gesagt, Orden seien Wechselt-riese, gezogen aus die iisent tiexe Meinun . «Oessentli Meinung ist gut. Wenn ich hier was aus der linken Brust trit e, so sollte das wohl respek tirt wer n. Deiwel. nochmal. — Schliesilich —sobald ich den haupt inaiin habe, kchasse ich mir den Johan ntter an. J auch »was Schönes!« Einige Wochen vor den aro en Ma növern kam niir Freund chmälen aus den Augen. Er war zur Linie zurückversetzt worden — weshalb, weiß ich nicht —- und ich ging siir mehrere Monate aus Reisen. sei der Rückkehr erwischte ich aus dem Sahnhose in Köln das Milliar niocheiibtatt —- und gleich aus der ersten Seite — Das blaue Wunder-! Seine Ma stiit haben allergniidiast geruht, die lauhniß zur Anlegung etc. ————- Oherleutnant ini Dra o nerre entqäoachtm Albrecht, es we lisches o. so und so. Lorenz Freiherr von Schmillen — Rittertreuz W zweiter Klasse des . . schen Haus ordens. Na also! Jch habe mich gefreut für den guten Kerl. Wahr und ivalyrhafiig,ich habe mich gefreut! Mein erster Gedanke war: ein Testgramm Dann aber fiel mir ein, daß die Xten Dragoner ja anz in der Nähe liesen Kurz entschlossen unter brach ich die Heimreise und machte einen Abstecher nach L. Dort traf ich Leutnant v. Kaphardt —- sriiher bei den Hannover’ chen Königöulanetn Nach der Begrüßung war meine erste Frage: Schmölen. Und im Anschluß daran äußerte ich meine Absicht, ihm meine Glückwiinsche persönlich darzu bringen. , — s Herr v. Kaßhardt zog einen « iunich s— so zwischen Heiterkeit und den en. »Sie treffen es gan ut," sagteer dann. »Die ganze Ge ellschaft sitzt im ,,Goldenen Hirsch« bei einer nicht fidelen Liebesmahl-Nachfeier. Werden ich sehr freuen. Aber —- wenn ich hnen rathen-darf ——-von der Deko ration würde ich nichts sagen; wenig stens nicht früher, als bis Schmiilen elsttz davon anfängt —« » anri! Was ist denn legit« »Ur-mische Geschichte, wissen Sie; —- er ift dazu gekommen, wiss Kind u den Masern. Eigentlich noch zu fälliger· Deshalb uzt man ihn ein bißchen — und das hat ihn schließlich empfindlich gemacht. Wenn Sie einen Augenblick mit in den Wartesaal lam men wollen, erzähle ich Jhnen die Ge schichte. Jch will blosz meinen Kerl wegschicten, der da auf mich wartet — pardon!« Nachdem Leutnant b. Kaßhardt sich niedergelassen, begann er sofort. »Die Sache ist kurz folgende: An einem der ersten heißen Tage im Ma növer kriegte Schinölm aus irgend einer Ursache von unserem Oberst anz gehöri eins ’reingewiirzt. Er tte einen Befehl nicht verstanden, war mit seinem Zuge abgedöst oder sonstwas. Dergleichen lann schließlich vorkom men, wenn man achtzehn Kilometer hinter sich hat. Man wird dann eini gerinaßen automatisch. Nachdem Schinölen sein Fett weg hat, zieht er mit seinen Leuten der Esladron nach, zu der er stoßen sollte. Er ist kaum zehn Minuten weg, da sprengt von der Landstraße Seine Hoheit der Herzog bon·.. mit einer tleinen Suite aus den Oberst zu. Dieser kriegte natür lich den Tod in beide Beine, aber da er zu Pferde saß, hielt er sich. »Herr Oberst!« schrie der Herzog in seinem bekannten stiminbruchähnlichen Distant. »Jener Zug dort drüben ——— schauen Sie mal, bitte, durch Jhr Glasks Jener Zug gehört zu Jhreni Regiment, nicht wahr?«« Der Oberst riß zwar sein Binocle an die Augen aber erpsah nichts-, wenigstens keinen Zug siines Regi mentes. Da aber Seine Hoheit »nicht wahr?« gesagt hatten, so sagte er seinerseits: »3u Befehl, Hoheit!« »Und wie heißt der ;-’,ugfiil)rer?« Wer A sagt, muß auchB sagen. Der Oberst hate gekohlt und nun mußte dr weiter kohlen. Da ihm der Name Schniiilen nach eben sehr geläu sig gewesen war und Schniölen ja auch wirklich einen Zug führte, so meldete er: «Oberleutnant Freiherr v. Schmö len, Hoheit!« Der Adiutant notirte den Namen aus einen Wink des Herzogs in sein Buch. Der Oberst sah exz mit Grau sen. Aber seine Züge hellten sich et was arf, als der hohe Herr sich in den schmeichelhaftesten Aeußeriingen über jenen Zug ergiiig. Mannschaften und Pferde hätten erstaunlich propper, stramm nnd frisch ausfesehen wie die Puppen. Und das ei ganz beson ders anerkennenswerth nach einem Marsche von mehr als achtzehn Kilo inetern. Seine Hoheit hätten sich sehr gefreut nnd er wiirde das Weitere vers anlassen. sp« »Bei! Mcsl lollllcll CJc Ill) oclllcll, schloß Herr von Kaßhardt seine an schauliche Schilderung »Noch wäh rend des Manövers tam das Kommt trenz siir den Oberst und der zweite Ritter siir Schmölen.« »Ja, erlauben Sie mal ——« wandte ich ein. ,,Dabei finde ich nichts Komi sches.« ,,Stimmt. An sich nicht. Man cnusß nur wissen, daß Schmälen den betre : fenden Zug gar nicht geführt hat und daß der Zug überhaupt nicht von un serem Regiment gewesen ist.« Wir saßen bereits anderthalb Stunden auf der Gartenveranda des »Goldenen Hirich« ----- — mein Freund Schmölen und ich. Wir saßen allein. Die andern fassen drinnen — viele von ihnen mochten wohl auch die fri sche Abendlust nicht mehr recht ver tra en. . chmölen trug auf der linken Hel denbrust neben dem bekannten gelben noch ein blaues Band mit einem ganz ansehnlichen Kreuzchen daran. Machte sich recht hübsch »das blaue Wunder. Wie auf Verabredung vermieden wir jedoch, davon zu sprechen. Pldhlich verstummte hinten im Saale der Lärm. Es schien jemand eine Ansprache zu hatten —- und gleich darau klang in getragenen und ge dtimv ten Tonen ein Chorgefan her über: Wenn der here ein reuze schickt, laßt es uns eduldig tragen-· »Na hor’ mal baß an —« sagte Schmälen bitter, indem er mit dem Kopf nach hinten wies. »Solche Bande —! Jch muß —bol mich. der Deiwel —um meine Bersehung ein kommen. Vorher aber werde ich mir doch noch den Einen oder den Anderen taufen —« , Alzer dann die Naxe so recht trüb selig in’s Glas hing, iel mir der alte Schopenhauer wieder ein. Natürlich erinnerte ich ihn nicht daran, sondern klopfte ihm tröstend auf die Schulter: »Du mußt immer eins festhalten, Schmiilen. Orden sind weniger dazu da, um diejenigen zu belohnen, welche sie kriegen, als um diejenigen zu är gern, welche leine bekommen »—«· Mein Freund Schinölen sah auf. Dann drückte er Inir die Hand, daß sie tnackte. . Jch weiß, daß er diesen fophiftischen Blender in Kommission nehmen und sich der Neider feines blauen Wunders von Stund an erwehren wird. —-—--- - — Wie ,,Judge Wallace« endete. Altkakispmischc Erzählung Von Rufus. »Es ist Gottes Wille!« sagte die gute Frau Keniston zu ihrem Sohne John. Dieser aber schien ein wenig anders zu denken und antwortete nur: »,,Ja, aber es ist doch so sonderbar, daß Gottes Wille so oft mit dem meinen im Widerspruch steht, ganz besonders in der letzten Zeit. Sollte es wirklich Gottes Wille sein, daß sie ihr junges Leben diesem alten versoffenen Schuft zum Opfer bringt? Sie weiß nicht, was siir ein Mensch er ist, er ist ein vollendeter Schutte!« - »Und doch bitte ich Gott, daß er den Mann noch aus den rechten Weg brin gen möge.« « »Die Zeit der Wunder und Zeichen ist vorüber,· liebe Mutter,« sagte der Sohn. »Jeder weiß, daß Wallace ein Verbre er ist, ein Mitglied von Tom Bell’s ande, nur Ruth weiß es nicht. Und wenn er einmal abgefaßt wird, dann wird selbst Ruth ihn nicht retten können, so unschuldig sie auch selber ist und so beliebt sie bei Allen ist. ch wollte, du gingest heute einmal zu rhr — sie sah gestern Abend so elend aus, ich fürchte, sie ist trank.« »Ich habe schon daran gedacht,« sagte die Mutter. »Aber du mußt jetzt an deine Arbeit gehen, es wird schon spät.« Der kräftige junge Mann küßte die Mutter zärtlich und ging. Eir- war im Frühling von 1861, das- Bearbeiten der Minen mit hydrauliickken Maschi nen hatte soeben angefangen, und die Ortschast B» wo unsere Geschichte spielt, war eine der besten Istinenstödte an den Abhängen der Elemr John Keuiston war im Jahre its-II mit sei ner Frau, einer Quäterin, vom Osten hierher gekommen und war einer der ersten Ansiedlcr in dieser Gegend ge: wesen. Sie hatten ein Söhnchen mit gebracht, und dieses war das einzige Kind geblieben. Jetzt war es zwei Jahre her, daß der Vater gestorben war und seitdem hatte der Sohn den Antheil seines Vaters an einer Mine übernommen und bearbeitete die Mine zusammen mit seinem Partner, Diet Forbes. Die Mine erhielt das noth wendige Wasser per Graben und ,,Flun1e« von einem mehrere Meilen entfernten Gewiifser, und während der Saison war es John’s Aufgabe, diese Wasserzufuhr in Ordnung zu halten und dieselbe zu patrouilliren, um et waige Reparaturen sofort zu besorgen. Der Wassergraben wand sich durch tiefe Canyons und malerische Ravinem nnd oft begleitete ihn Ruth, die Tochter des Nichters Wallace, seine Braut, ein Stück weit auf seinem Wege und tehrte dann allein heim, Farrenlräuter unv wilde Blumen pfliictend und die Wach tein und Eichhörnchen belauschend Sie liebte diese Waldeinsamteit und tanute keine Furcht. »Richter« Wallace war einer der »bestbetannten« nnd seit einigen Jah ren auch ,,iibelbetannten« Charattere der Gegend. Er war ein Pionier von 1849, war aus Virginien gekommen und war bald zum Counth-Richter er wählt worden, weil er der einzige Rechtstundige in der Gegend war. Er hatte seiner Zeit seiner Frau verspro chen, daß er sie bald nachtommen lassen wolle, denn fürs Erste hatte er sie mit ihrem 7 Jahre alten Töchterchen Ruth zurücklassen müssen. Aber der Spiel tifch und der Saloon verfchlangen alle feine Einnahmen, und die arme Frau, welche geduldig wartete und nie ren Glauben an ihren Mann verlor, mufzte zehn lange einsame Jahre warten, ehe er ihr das nothwendige Geld schickte. Das geschah, als er einmal ganz be sonders Glück am Spieltische gehabt hatte. Als sie gekommen war, mußte sie bald erlennen, wie es mit ihrem Manne stand. Sie liebte ihn aber zu sehr, um das Vertrauen zu ihm zuber lieren, und als sie schon bald darauf in Kummer ft b, war das letzte Wort, das sie zu i rer Tochter sprach: »Sei immer gut zu deinem Vaterl« »Ja, das hatte die Tochter der ster benden Mutter versprochen, und sie hielt ihr Versprechen, so gut sie es nur tgnntr. Aber es wurde ihr freilich oft sehr schwer gemacht, denn der Vater trank oft schlimm, und hatte böse Ge sellschaft. Jhren Trost fand sie bei der Wittwe Kenston und ihrem prächtigen Sohne John. Zwischen ihr und John entwickelte sich sofort die reinste Liebe, und nur weil ihr Vater gegen diese Verbindung war, weil er nicht wollte, daß sie John heirathen und weil sie den Vater nicht verlassen wollte, mußten die jungen Leute sich in Geduld fassen, — so schon es ihnen auch wurde. John hosste immer, daß der Vater endlich ;sich bessern werde, oder daß es einmal sein schnelles Ende mit ihm nehme — jaber der »Richter« that keines von bei den. So stand es zur Zeit des Beginnes unserer Erzählung. Da ereignete es sich, daß in jener Gegend mehrere Rsaubmorde verübt wurden, und man glaubte, daß dieselben von Mitgliedern der Räuberbande Tom Bell’s began gen worden waren, obwohl Bell selber schon einige Monate vorher gehenkt onrden war. Um diese Zeit kam ein junger Mann in die Gegend, Namens ;,,Hank Stein«. Zwischen diesem und J,,Richter« Wallace entwickelte sich bald zdicke Freundschaft Wallace war da smals schon lange nicht mehr Richter, ter war zu anriichig geworden, um wie ;der gewählt zu werden. Was er ei ngntlich trieb, wußte Niemand recht —--— Jam Spieltisch erschien er, wenn er Geld ;hatte; manchmal gewann er, oft ver jlor er, es war eine richtige talilinarische ;Existenz, die er führte. Wallaee brachte seinen neuen Freund ,,Hank« manchmal mit in sein Haus und schien bon Tag zu Tag intimer mit ihm zu werden. Ruth aber hatte eine fast natürliche Abneigung gegen den jungen Mann, es ging ihr mit dem selben ungefähr so, wie es dem Goethe’ schen Gretchen mit Mephisto gings, sie hatte ,,nun einmal die Antipathie«, ob schon sie eigentlich nichts gegen ihn sa gen konnte. Der Vater verlangte von ihr, daß sie höflich gegen den jungen Mann sei, und das war sie, aber wei ter ging sie nicht ——- sie fürchtete ihn und ängstigte sich vor ihm. Eines Abends lag sie schon in ih rem Bett in; hinteren Zimmer der klei nen Wohnung, aber sie hörte, wie der Vater mit Haut Stein ins Haus kam. Sie konnte nicht schlafen, und ohne horchen zu wollen, vernahm sie doch die Stimmen der Männer und hörte, daß dieselben sich stritten. Sie hörte, wie der junge Mann zum Vater sprach: »Versuchen Sie es nicht, mich zu be trügen — es würde Ihnen schlecht be tomnienl — Das Blut erstarrte ihr fast vor Schreck und Abscheu; sie be griff nicht, wie ihr Vater so weit hatte kommen können, daß ein junger Mann so zu ihm reden durfte. Dann aber schienen die Männer sich wieder zu versöhnen und sie hörte, wie dieselben zum Hause hinaus und in den Keller unter dem Hause gingen. Später der lieszen sie das Hang und der Vater kam erst gegen Morgen wieder-, offenbar bei . trunken. Sie konnte die ganze Nachti nicht schlafen. nnd am nächsten Mor-; gen als der Vater in tiefem Schlafe lag, ging sie in den Keller. Dort sah sie eine Schaufel, in Der ticle war die Erde frisch ausgegraben und wieder ausgefüllt Was fiir ein Geheimniß mochte dort verborgen worden sein? — Sie schauderte, wenn sie daran dachte. Am selben Tage bat sie den Vater, ihr zu sagen, wag er in der Nacht ge trieben habe, und das; er nicht mehr mit Hant umgehen solle sie sei sicher, » daß derselbe ein schlechter Mensch sei. Aber der Vater, der sonst immer gegen sie wenigstens freundlich gewesen war, i brauste auf und fragte sie, was es sie. angehe, was er thue und treibe. Ers sei zu alt, um sich von seiner Tochter Vorschriften machen zu lassen, mit wem » er gehen solle und was er zu thun habe. Sie erschrak und schwieg, und ainH Nachmittag, nachdem der Vater gegan- I gen war, kam Frau steniston und fand das Mädchen in Thränen. Sie tröstete J dieselbe, so gut sie konnte. Am nächsten Tage ging sie wieder mit ihrem John ; nach dem Canhon John mußte weiter » gehen, sie kehrte allein zurück, und da; sah sie plötzlich im Thale unten Haut J Stein mit einem anderen Manne, sie; i i waren von ihren Pferden gestiegen und i in eifriger Berathung. Sie wollte zu- s riick. aber Stein hatte sie schon gest-s hne, und so mußte sie vorangehen, um i nicht Verdacht zu erregen, als ob siei die Männer belauscht habe. SteinI schien unangenehm überrascht -— aberi er trat ihr scheinbar unbefangen ent- i gegen und redete sie an. Aus einmal fragte er sie, ob sie mit John zusam men gewesen sei, und sie bejahte es, dann sie sah, daß er es wußte. Eri wurde jetzt zudringlich und sagte ihrs frech, sie solle ihrem John den Lauspaß geben, er selber habe mehr Geld, als. John jemals haben werde, und siir sie : und ihren Vater, der ein Schurke sei, : wiirde es besser sein, wenn sie seinem Wunsche nachgebe. Das Mädchen war zum Tode er schrocken, aber sie blieb sest und er klärte, daß sie nie daran denken werde, ihren John zu verlassen. Sie sagte ihm ins Gesicht, daß sie ihn verab - scheue. schen aus und ließ das Mädchen gehen. sie gesehen haben, daß er seinen Revol »ver nahm und nach ihr zielte —— aber ;,,Verdannnt, ich bringe es nicht ser tig!« »da. Auch- am nächsten Tage kam er ’nicht und während sie am dritten Tage i i Hanl Stein stieß ein höhnisches La Hätte sie sich umgesehen, dann würde er senkte ihn wieder und murmelte: Von Angst getrieben, eilte sie nach dem Hause der Kenistons und von dort nach Hause; ihr Vater war noch nicht wartete, hörte sie Pserdegetrappel und sah eine Schaar von Männern kom men, gerade aus ihr Haus zu. Und in i-.— der Mitte dieser Männer sah sie ihren Vater; er war gefesselt, und man führte ihn als Gefangenen. Es war ruchbar geworden, daß einige Tage vorher ein großer Raub in der Gegend veritbt worden war, eine Sendung von Geld, die von einer Mine nach San Fran cisco geschickt worden war, war abge fangen worden. Die Räuber sollten Mitglieder von Bell’s Bande sein, und einer derselben, welcher eingesangen worden war, und den die wüthende Menge sofort gelhncht hatte, Dank Stein, hatte vor seinem Tode verra then, daß das Czeld in dem Hause des ,,Judge« Wallaee im Keller vergraben läge. Jetzt brachten sie den ,,Judge« und das Geld wurde gefunden. Nur mit Mühe und Noth gelang es dem neuen Richter Mead und dem Sheriff Thomas, sowie dem jungen John Keniston, den »Judge« vor dem wiithenden Voltsh.aufen, welcher ihn lhnchen wollte, ins Gefängniß zu ret ten. Der Tag der Gerichts-verhand lung wurde angesetzt. Am Tage vor her sah man, wie der Sheriss und der Richter zusammen mit John Keniston und dessen Mutter und derTochter des »Judge« ins Gefängniß zu diesem gin gen. Eine lange Unterredung fand statt und John und Ruth kamen als junges Paar wieder heraus. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht Alle freuten sich darüber. Als aber die Beamten am nächsten Morgen in die Zelle zu dem Gefange nen kamen, um ihn zu der Gerichts verhandlung zu holen, fanden sie ihn steif und todt am Tische sitzen —- er hatte sich vergiftet. Wie er das Gift bekommen hatte, hat Niemand ersah ren -—— wahrscheinlich hatte er es schon seit Jahren bei sich getragen. Auf dem Tisch laa ein Zettel, darauf stand ge schrieben: ,,«5reunde, ich habe mich im Leben verrechnen Jch habe den fal schen Trunin umgeschlagen!« Das eminente Gedächtnis. Wenn der cJserr Studienrath und Reltor Nenmann alle die Schüler, die er im Verlauf feiner Lehrthätigkeit schon unter den Fingern gehabt, ein mal beisammen gesehen hiitte, so wäre das sicher ein stattliches Regiment ge wesen. Es ist nun selbstverständlich, daß man von so vielen Menschenkin dern Namen und Gesicht nicht siir im mer im Kopf behalten kann; aber der Studienrath that sich etwas daraus zugute, trotz seiner sonstigen typischen Vergeßlichteit, fiir Gesichter nament lich ein »ganz eminentes Gedächtniß« zu besitzen. Er erkannte oft frühere Schüler wieder, welche die Jahre und die Verhältnisse in der wunderlichsten Weise verändert hatten, und groß war dann sein Stolz nnd seine Freude, wenn er wieder einmal einen solchen Schlager seiner Gedächtnißlrast kon statireu konnte. So geschah es eines Tages, daß Herr Rettor Neumann gelegentlich eines Provinzschultages durch die Straßen des kleinen Kongreßstiidt chens schlenderte und auf einmal durch ein Gesicht gefesselt wurde, das durch die Scheiben einer Apotheke sichtbar wurde. »Holla,« dachte Herr Neu mann und blieb stehen, »das Gesicht muß ich kennenl« Allerdings glich es durch seinen mächtigen Schnurrbart und mit der lompleten Glatze nichts weniger als dem eines Seltindaner5, aber der Beobachter auf der Straße war seiner Sache zu sicher. Wäre ihm der Name zu Hilfe gekommen, so wäre die Sache sofort entschieden gewesen, aber der wollte ihm nicht einfallen. Namen sind eben doch schwer zu behal ten. Vergebens spähte er an dem Haus in die Höhe; die Firmentasel trug lediglich die Inschrift »Adler apothele«, tiindigte aber nicht den Na men des Besitzers-. Einem Schulmann wird man die kleine Pedantevie verzeihen, wenn er, fo belanglog die Sache auch war, dar nach trachtete, fich Gewißheit zu ver schaffen. Was konnte es denn ver schlagen, wenn er dirett in den Laden hineinging und den Apotheter fragte, wer er wäre. Gedacht, gethan! Er öffnete die Thür, trat auf den Herrn hinter dem Ladentisch zu und sagte: «Erlauben Sie mir eine Frage. mein Herr, sind Sie nicht Apotheter?« »Aber natürlich, mein Herr,« ant wortete verblüfft der Auge-redete »Sehen Sie, das wußte ich ja,« fuhr der St.!dienrath triumphirend fort, ,,es sreut mich, Sie einmal wie der gesehen zu haben. Nehmen Sie vielen Dank für die freundliche Aus tunft!«, Dann schritt er befriedigt wieder zum Laden hinaus und erzählte sei nen Herren Kollegen glückstrahlend diesen neuesten Fall von feinem »ewi nenten Gedächtniß«. Der erwartete Zug. (Auf der Setundärbahn.) Stations vorstand (eine Oratelblume Hierzu pfend): »Komm er — kommt er nicht? — Kommt er ——— kommt er nicht? — Kommt er —- — er kommt noch nicht!« Post-aft. Bekannte (in der Gesellschaft zur Malerin,-die sich auffallend geschmtntt hat): »Aber fchön haben Sie sich heute gemacht, eFräulein. Da möchte man Jhnen gleich einen Auftrag gebeut« M Unter Freundinnen. »Mein Bräutigam sagt, er denke dei ganzen Tag an mich!« »Nun, jetzt sind aber auch die Tage sehr kurz!« Benannt «Glauben Sie, daß der Herr Rath trinkt?« . »Ich glaube nicht! . . . Aber wissen Sie, wenn ich eine Flasche Cognae wär, möcht’ ich nicht allein mit ihm im Zimmer sein!« Grausam. Baron: »Jetzt werden Sie aber bald Jhr Geld kriegen! Nächsten Monat heirathe ich die Bankierstochiet!« Gläubiger: ,,Endlich! . . . Na, die hat uns aber lange zappeln lassen, Herr Baron!« Summarifch. Richter lzum Angeklagten): »Nim, erzählen Sie ’mal den Hergang der Rauferei!« Angeklagier: ,,Znerst hat mich des Loigl bei der Ehr packt nnd nachher bei de Ohrwatfch ln!« BoshafL Schauspieler: »Ich bin damals ei gentlich auf Anrathen unseres Freun des und Hausarztes zur Bühne gegan gen.« Herr: »Der hatte Ihnen wohl eine Obstkur verordnet.« Ansredr. Junger Ehemann (entriistet): . . . . »Ihr Geschöftsfiihrer hatte mir vorgh flunkert, meine Frau hätte fünftausend Thaler; sie hat aber nur fünfhundetik Heirathsvermitiler: »Ja . . . des spricht e bißchen durch de Nasi« Mildemder Umstand. Richter: »Daß Sie den Anzug ge stohlen, geben Sie also zu! . . Haben Sie noch etwas anzuführen, was etwa Ihre Strafe mildern könnte?« Angeklagter: »Jawohl — die Weste sitzt miserabel!« Aussiilliss »Ich weiß nicht, mein neuer Herr kommt mir sehr verdächtig vor! Er heißt sich Baron. .hat keine Schuf-, den . . . keine Verhältnisse .zahll alles baar . . . Er wird doch nicht am End’ ein Schwindler sein?!« In der Buchhandlung. »Sie haben mich mit dem Liebes briefsteller, den ich bei Ihnen kaufte, schön angeschmiert!« »Wieso?« ,,G«leich nach dem ersten Brief, den ich draus abgeschrieben, ist mir mein Schatz untreu geworden!« Der Scknvcrcnithcn » . Scherz bei Seite, meine Guis dige, aus Liebe zu mir sind bereits zwei Mädchen wahnsinnig geworden — und Sie sollten mich wirklich nicht li ben tönnen?« »Nein, Herr Baron!« ,,Also dritte Wahnsinnige!« Uniichrcibung. · »Aber Fräulein Anna, was haben Sie denn an mir auszusetzen? Jch bin Beamter, habe mein gutes Einkommen, bin pensionsberechtigt »Nehmen Sie es mir nicht iibei, Herr Rath, aber Sie sind mir doch schon ein bischen zu sehr pensionsbe rechtigt!« Deutlich. »Warum haben Sie eigentlich Ihre Verlobung aufgehoben? Sie hatten doch schon eine Wohnung besichtigt!« ,,Allerdings; aber meine zukünftige Schwiegermutter meinte, diese sei et was klein für drei Personen, und des halb hab’ ich mich zurückgezogen.« Bertheidigunnslslütlte. Advolat lder einen Autler verthei digt): »Wenn auch durch die Schuld des Angeklagten dem Kläger beide Füße abgesahren wurden, so kommt doch der Umstand als strastnildernd in Betracht, daß der Kläger nunmehr von seinem langjährigen Podogra befreit windet-« Kindliche Forderung. Dame: «Sag’ mal, lieber Vetter-, wodurch macht sich eigentlich Nerven schwäche erlennbar?« ,,Durch leichte -Erregbarleit, Ermü dung. Schreckbarleit, Schlaslosigleit, auch Unlust zur Arbeit —-—« Der kleine Hans (unterbrechend): »Ach, Onkel Doktor, ich glaube, dann leide ich auch an Nervenschtoäche —-—— ich habe auch ost keine Lust zur Arbeit.« Beim Wort genommen. (Jn der Kunstausstellung): « . . . . Sie müssen dieses Bild mehr ans der Ferne betrachten!« »O, ich werde gleich draußen seinl« Der Unterschied. »Ach, wenn Du wüßtest, welcher Un terschied zwischen Dir und meinem er sten Manne ist!« klagte die zum zwei tenmale verheirathete Frau. »O, ich kenne ihn genau,« sagte dee elende Mann; ,,er ist glücklich, weil et todt ist, ich war früher glücklich, wo er noch nicht todt war.«