Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 05, 1906, Sweiter Theil., Image 12

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    Am Kaval.
Maus von Louise West
kirch.
Da der langgestreckten Kan
War
Use m- Ufer wimmerte ein
rasend. Sogleich vers
BE Kettengerassel auf dem
t, der unten auf dem vom
W oth rosig gefärbten Wasser
des Port-eß eekanals lag. Jn der
imternen e araturwertstätte auf
dem en untt des Ufers hörte
dass chwun rad auf zu Tausen, die
Hügel n auf, und die ru i
itnner, die vom Amboß und der
gäban kamen, die gerötheten Zie
gelatbetter zogen schweren Schrittes
alle dem leichen Ziele zu, dem Dorf.
· Einen üchfenschuß von der Kan
tmke entfernt lag-s auf halbtreisför
RE- Lichtung, auf drei Seiten um
ge von hohem Buchenwald, mit der
vierten hinunterschauend auf den wer
denden KanaL Ein Dörfchen, wie
ans einem Spielwaarenladen aufge
baut. Vor drei Jahren hatte keins
die er grauen Häuschen hier gestanden
un · nach drei Jahren würde wahr
scheinlich keins mehr hier stehen, und
Ue Menschen, die als Gemeinde zu
kenmenhaustem würden auseinander
n Landes, in alle Theile der Welt.
« Ectiert sein in alle Theile des deut
. - n es war ein Zusallsdorf, eine
Mallzgemeinde. die die Arbeitsgele
« Mit Mammengelockt hatte.
Der rkmeister des Reparatur
scksuppens hatte als le ter den Maschi
nenraum verlassen. athias Vollrat
ging feinen We gern allein. Er war
ein kräfii er ierziget mit kurzem,
dunklem ollbart und großen, brau
sen-Angen, die er langsam zwischen
den Lidern bewegte, ein wortkarger,
sbiilterer Gesell, den man selten lachen
sah, nnd mit dem keiner vertraut
wurde.
Der Weg zum Dorf war nun men
vIchenleer und nun ing- aucher lang
am den Weg zum Bors.
Aus den Schornsteinen der kleinen
Mäuschen stieg der Herdrauch in ge
raden Säulen in die unbewegte Luft.
Nur Eber seinem eigenen Häuschen
stand keine solche Säule. Es leuchte- «
ten auch keine weißen Vorhänge hinter
den Fenstern. Er war der einzige;
Junggeselle im Ort. i
sFmster schritt et durch die Gruppe l
Bielender Kinder vor seiner Thür.
a hielt Schulmeisters Lene ihn an,
eine njiihrige, sinnend wie ein
Frau n.
»Herr Werkmeister, es ist jemand
da ewelen."
athias Vollrath hob langsam
seine dunklen Augen. —- »Wer?«
»Sie hat uns gefragt, wo der Wert
meister wohnt, nicht wahr, Grete?«
, ,« fiel ein anderes Mädchen ein.
» us nnd?«
Er verdroßen und grimmig
W . die Kinder kleinlaut wur
1
, W ist sie weiter gegangen.«
»Ist-leistet zuckte die Achseln,
We er kaum zugehöri, ging
» spärlrchen Astern seines
W nnd öffnete seinehaus
Von de- zvei Stubeu des Häus
M bewer nur eine. Jhre Ein
r uns M sen miütärischer Ein
fachheit und Mitiirischer Sauberkeit.
Eine eiserne Æäelln ein Tis , zwei
Stühleöeeine Einzwa « enster
gegenu , am re s fes.
hingen die Photographien von zwei
alten Leuten, nach der Iehliehkeit zu
schließen die Eltern des Wert
Kein Teppich, kein Both-IF
Mathia Vollrat ging M in die
Miche, wusch sich ausgiebig, vertauschte
sein Arbeitszeugi mit einem dunllen
Rock. Dann nahm er eine lasche
sie-r. Brod, Wut aus dem ehrank
und begann u bend zu essen, denn
er g nur ittags in die Kantine.
MMMMng seines kargen Mah
lei stand er auf und ging in die
Sm- hiuiibee Jhk Fenster sah auf
die Straße. Er nahm ein Buch, setzte
sich an denTisch. Aber er las so we
daß er es nicht einmal merkte,
her legte Tagesschimmer draußen
ee eh un die ersten Sterne zu dem
M . losen Fenster hereinzwinker
klang lerie die Thur. Ein Lust
M Eies herein. Der Werkmeister hob
api. Und in plötzlichem Entse en
stand er auf, die Hand aus die Ti ch
platte stiihend, den Kopf vorgebeugt.
« Rahmen der Thür stand eine
Oe alt, schaitenhaft schwarz gegen den
Himmel mit seinen funlelnden Ster
nen, aber das Haupt, das unbedeckt
war, flimmerte goldig hell wie ein
blasser Mond durch die Dunkelheit
l wauten Abends« grüßte die Gestalt
ere
Beim Klang der Stimme fuhr der
Werkmeister aus seiner Erstarrung
Er riß die Schachtel Schweden aus
der Tasche, rieb ein Hölzchen inBrand,
- nnd rasch vortretend leuchtete er der
· Eingenetenen ins Gesicht.
Das Völzchen fiel, kaum aufge
Band-in zu Boden, und dieHand des
nagt-! schlug schwer aus den Tisch.
. , IR. Hinrich, ich hab dik eudcich
i willst du?«
Zins kurze Pause entstand Die
«JUII auf der Schwelle zögerte
Hieb mschi dableibenI sagte sie
l Wi
» i fi«
Mäs- Uich drin Fkksi hinrich?«
« Ists bin eine le ie
Mär-—- ch IchWir-. Abers dekrn
W ich darum immeri. «
WDU Wie sicks gefaßt
i
Er f u den Fensterladen zu und
Kinde-the1 dgre Kerze auf dem Leuchter an. .
Schließ die Thür,« be ahl er rau-h.j
e Frau ge rchte. tumm alt-i
wartend stand ie dann. Das matte
ackerltcht der Herze zeigte eines
chlante Gestalt in sehr einfacher
ra t, unter oldflimmerndem paar
ein inderges . rührend jungz mit
einem merkwürdig süßen, thorichten
Zudum die Lippen.
it düsterem Blick betrachtete der
Mann sie. » ;
»Du weißt wohl nirgends hin?' ·
Sie schüttelte den Kop . Nein, Hin
rich, ich hab kein Men chen auf der
Kält« zu den ich gehen kann —- bloß»
i . .
Er lachte hart und hwnisch auf.«
»Mein haus ift kein Taubenschlagi
will ich dir sagen, in den man ein-!
und aussliegt nach Belieben. Wer ein- F
mal draußen ist, bleibt draußen. Aber
die Courage, die du haft. immel
; fakrament. Wenn man einem erl das
lan than hat, was du mir gethan;
Jhati —Hast du nicht deiner Mutters
ng agt, als du von mir wegliefft zu(l
Uhr und dem feinen Kaufmann, den»
:sie sich zum Schwiegersohn wünschtei
s—haft du nicht gesagt. Meile, du;
iljirchtetest dich vor mir? Vor meiner »
ngeschlisfenheitA —- Wo nimmst du »
denn jetzt die Dreistigteit her, dasz du j
zu mir kommst, zu mir! He?«
i
; »Ich gehör doch zu dir, Hinrich,«
»sagte diegerau leise. »Jn dein Haus
is meins imath.«
2 »Deine Heimath,« antwortete der
IWerkmeifter hart, »ift bei dem feinen
«Herrn, dem du nachgelaufen hift, du
zschlechtes Weib, und der dich jetzt auf
lder Straße gelassen hat.'«
i Zum erstenmal hob Meike die Lider.
,Ein leichtes Rath stieg in ihr Gesicht.
« »Ich bin Wilm Lorenfen nicht nachge
laufen —- und er hat mich nich aus der s
Straße gelassen.'· i
»So, lügen auch noch?« höhnte er.!
»Aber was wundere ich mich? Hast!
du nicht auch vor Gottes Altar ge
schwom, du hättest mich lieh?" "
Meite hob ahwehrend die Hand."
»Ree, Heinrich, nee. Vor Gottes Altar
hab ich man bloß gefworen, daß ich
dein Frau werden will —— nich, daß
ich dir lieb hätt. —- Un ich hatt dir
damals auch gar nich lieb.«
»Nicht einmal am Hochzeitstag?«
Mit einem Sprung flog der Werk
meister auf die Frau zu, packte mit
derbefn Griff ihre Schulter.
»Hö: du! Jch bin ein glücklicher
Mensch gewesen. Du hast mich um
Ruh und Glück gebracht. Deine
Schlechtigkeit hat mich aus meiner
!Vaterstadt, aus meiner Stellung ge
trieben. Unterfalfchem Namen ver
stecke ich mich hier, weil ich keinem Be
kannten mehr ins Gesicht sehen mag,.
aus Scham — ein Mann, dem die
Frau zu einem "andern läuft! —
Wenn du jetzt gekommen bist, mich zu
reizen — hiite dich!— Es könnte mir
einfallen, daß es eine gute That wäre,
dein falsches Gesicht herauszufeilen
aus der Welt, deinen Lügenmund
stumm zu machen, dasz er keinen mehr
betrüat!«
l
Er ließ sie los.
»Nein. Um solch ein schlechtes Ge
schöpf will ich mir mein Gewissen?
nicht sieckig machen. Nimm dein
Bündel und geh dahin zurück, woher
du gekommen bist.«
Sie taumelte, da er sie losließ, und
hielt sich an der Wand.
»Ich bin müde, Hinrich. Jch hab
dir zu lang suchen müssen. Ein bü
schen mußt mir schon bleiben lassen.«'
Dabei nahm sie langsam einen der
Stühle, setzte sich, und er hatte nicht
den Muth, ihr gewaltsam zu wehren.
Der Anblick all der Lieblichkeit, die
sein gewesen war, machte ihn schwach.
»Und vielleicht hörst du mir doch
au,« spht Weise in ihrer bedächtigen
III-h fort, »weil daß ich so lang:
Ist-schürt sin. um bis das zu sagen.
EIN-Eh W du Mir aehört
hast- Ast d- sich webt govs so falsch
aus M, CM
»Was Mk du mir denn sagen?
Du ums dumm sein, MeileH
wenn du . ,daß ich dir nur ein
Wort glauben 4wiirde "
»Es is wahr," genand Mem zu,
»ich hin nich fehr klug. Abers, Hin
rich, jung war ich auch man noch.
Un denn war da mein Mutter —
»Deine Mutter geht mich nichts an.
Die hab ich nicht geheirathet.
»Nee, Hinrich. Aber ich muß doch
beim Anfang anfangen. Mein Mut
ter wollt ja hoch mit mir hinaus,
weil daß mein Vater doch Schiffs
kaptän gewesen war. Un wenn wir
nach fein Tod auch gar kein Geld
hatten, fie lauft mir doch immerlos
feine Kleiderö, und von Arbeiten sagt
sie nichts, wohl aber von Männer
und von heirathen — un das gefiel
mich denn gans gut. Jch bin ja nicht
sehr klug, Hinrich, das weißt. Wie
wir denn von Flensburg nach Altona
gezogen waren, da hat Mutter dir
kennen gelernt und bracht dich ins
haus. Ich war ein bitfchen bang vor
dir, weil daß du wirklich kein Mann
für dumme Deernö bist, hinrich.
Aber Mutter hatte sich das in den
Kon gesetzt. So nahm ich dir —"
Er hatte umgekehrt gestanden. Jekt
wandte ’er sich heftig um.
»Halt den Mund! Wozu erzählst
du mir dass Ich weiß eö ja, alles
weiß ich«
»Me, inrich. Wenn du auch ein
ganz T liliiget bist als ich, du
tamift doch man bloß wissen, wie dir
M T
I
gewesen ist, ais wir Mann und Frau
»waren. Wie mir zu Sinn war, das
sweisz ich-«
f »Ich hab dich wohl gar schlecht de
lhandekh was?«
l »Ich weiß nich, hinrich«
L «Liignerin! Was hast du dir ge
lwtinscht, daß ich dir nicht gegeben
hättet Die Sterne hätte ich dir dont
Himmel gehokt.«
»Denn hast du das nich recht ver
standen, hinrich. Das war immer
so ein Wand zwischen uns beiden.
Ich konnt nich riiber und du auch
nich. Un denn sagte Wilm Lorensen
zu Mutter, daß er mir auch gern ge
heirathet haben würde. Wilm Lo
rensen konnt gut snaken, und bang
war ich gar nich vor ihn. Du aber
wurdst alle Tage ein griisigeren
Bubass. Wie das denn so gans dall
mit dein Rücken wurd —"
»Ich hab dich gehauen, nich? Die
linke Backe da! Un hab dich ge
nannt, was du bist.«
,,-— Da ging ich zu Mutter zu
rück.«
»Zu Wilm Lorensen gingst du.«
»Nu, man bloß zu Mutter. Aber
Wilm Lorensen kam jeden Tag un
snatt und snait immer feiner-«
»Bis du ihm glaubtest.·'
»Nee, Hinrich, das war wunder
bar. Jch war ja bannig falsch aus dich
gewesen. als ich aus dein Haus weg
ging, das kannst wohl den en. Ader
je länger ich Wilm Lorensen snaten
hört, um so weniger falsch wurd ich
aus dich. Jch kann das nicht so sa
gen, aber mit einmal wußt ich, daß
ich mir lieber von dir wollt slagen
lassen, als Wilm Lorensen sein Sna
terie anhören —«
Der Werkmeister hatte den Kopf
gehoben.
»Siehst du denn nicht —- wenn das
wahr wär, wenn nur ein Wort davon
wahr wär -- du mußtest den Weg Zu
mir —du wärst ja getommen.«
«Dazu war ich zu dumm, Hinrich.
Jch meint immer noch, du könntest
auch zu mir kommen. Wegen denSlag,
weißt. Jch mein das nu ja nicht
mehr. Jch weiß, ein Mann wie du
kann nie zu sein Frau kommen. An
den Morgen, wie du verswunden
warst. Hinrich, und tein Mensch hat
gewußt wohin das is mir wesen
wie ein Slaa vor’n Kaps. a hab
ich gemertt, daß nichts aus der Welt
mir mehr freuen kann ohne dich. Un
in mein ersten Srecken hab« ich ge
glaubt, du hattest dir ein reib ange
than. Aber dann hob ich wohl begrif
fen: um ein flechte Frau thust du so
was nich, un hab gemeint, du hast
nach Amerika hinüber gemacht. Da
hab ich alle Schifslisten gelesen· Aber
dein Namen hat in keiner ingestanden.
Und ich konnt Wilm Lorensen nich
mehr vor Auge sehen —--- un Mutter
tauch nich —e5 war flecht, aber ich
’konnt un konnt nich. lln ich bin aus
ihr Haus gegangen un hab ein Dienst
»agenomme bei ein Bremer Herråchaft
sUnfTagaun Nacht hab ich blo das
eine ge chi, wie ich dir wiederfind.
»Es war aber immer nichts· Bis vor
i vier Wochen ein Freund von dir Mit
) leid mit mir gehabt hat und sagt was
Ivon Kanal un fremdem Namen. Da
hab ich mein Herrschaft gekündigt und
Tbin gewandert von Holtenan auö.«
Der Werkmeister trat an den Tisch.
Von all ihren Reden hatte er deutlich
»nur eine erfaßt. Die verblüffte ihn,
)machte ihn taub fiir alles, was sie.
sonst sprach.« . » » .
,,— Jn Dienst —- ! Jn Dienst warst -
s du ewesen als ehrliche Magd in einem !
sehr ren Hat-ZU — Nimm dich in«
z acht, was du mir vorliigst. Ein Dienst
s liißt sich erkundigen, beweisen.« «
i »Da brauchst dir gar nich um zu
Jbemiihen,« sagte Meile gelassen. »Ich
j habe dem Dienstbuch bei mir.«
’ Sie öffnete ihr Bündelchen. Der
Werkmeister ias das Zeugnis. .
»Konsul Hermann Meter beschei
nigt, daß die hausmagd Marie Dre
her vom Oktober an während ihrer
ganzen Dienstzeit sich in seinem use
ehrlich und tüchtig —« Er lie das
Buch fallen.
»Von1 ersten Oktober an·!" —
Das war drei Wochen nach ihretn
sStreiti —Und seit dieser «eit ver
diente ste einsam in hattet rbeit ihr
Brod, ste, die Verwöhttte, Eigenwil
lige, die seine Phantasie ander-, ganz
anders gesehen hatte. —- Jn derThat
sache lag etwas, das alle seine Ueber
zeugungen, seine ganze Lebensanschau
ung über den hausen wars, sein herz
wild klopfen und sein Hirn steh drehen
machte.
Doch hielt er sich an Der Kluae
präst. Zu bitter waren seine Ersah
tu n gen-es en.
»Es muß dir saaenf be ann er hei
ser esser machts o n Ja r wie mein
letztes einen Mann nicht. Und wer tei
nen Gesellen hat, dem wird leicht der
S naps ein Gesell «
ngrvßetn Schrecken weiteten sich
ihre Kinderau en
»O Hinrich Du ——«
»Ja der solide, nüchterne-keck der
ich war, bin ich nicht mehr. ch sa
dir das, damit du dich nicht rna
wundeest uhast ja n Ab cheu vor
Säufer. Also überleö och ist’5
Zeit, dein Bündel zu fchniirenX
Sie schüttelte den Kons. »Wenn
das verschuldet hab, denn so werd
das auch tragen mii en. Und viel
leicht —- vielleicht besser du dir wie
der, sinkt-II
Da t dich nicht aus Ueber
up,t —- o wie du's gehabt hast,
riegst disk nich wieder-. Eine tm
dtt muß streng Fehaltett werden. Von
den Sanstesten rn ich ohnehin keiner
Da wirst du bald wieder was zu kla
gen haben «
Rec, nrich. nee,« versicherte sie
. ,Jch deilag gmiakaniiisitllst mehr
—da kannst nfithnn, wa
«Willsi dns drauf ankommenst las
seni —Denn wollenM wir leich
ausprobirem« Er die d.
,weil du mir weggelaufen bist.
Sie duckte fich, als seine Finger nicht
eben hart ihre Wane beruhrten. Halb
angstvoll, halb gliick lig strahlten ihre
Augen ikn an
Nu chictst mir nich mehr weg,
hinrich.
,.--Und das weil du mir zurück
gekommen bist. "
Er hob sie in seinen Armen auf.
Gans still lag das Dorf nirgends
ein Laut, nirgends ein Licht Nur die
Sterne flammten über dem Haus der
Glücklichen· Nur die Nachtluft, die
durch die Fugen strich, wußte von dem
Sig, den die große Königin der Welt,
die Liebe hier wiederum in den Her
zen zweier armer, irrender Menschen
s
feierte.
NO
die verkannte Vrehrolle.
Humoreste aus-— dem Berliner Ge
schäftgleben von J. F r i e d.
. Jm Hause Nicholson ä-. Lembe Ber
Hin O» war große Aufregung Der
langjährige Reisende fiir Rheinland.
gr. Schnurr, hatte beim Verlassen des
ahnperrons den rechten Fufz gebro
chen und lagseii einer Woche imstan
i
i
irnhausr. ie Geschichte war lan
wierig, und es mußte schleuni ft:
wenn auch nur interiinistischer Er atz
für Herrn Schnur geschafft werden,
denn was wäre das fiir ein ressen
fiir die Konturrenzfirma Bock Bet
er, wenn man die gute rheinische
undfchaft diesmal unbesucht ließe.
Also, dagegen gab’s nichts, man
brauchte fchnellstens Ersatz, den man
selbstverständlich vom Personal wäh
len würde. Daher die so begreifliche
Erregungt Einem der Angestellten,
dem Glücklichen, auf den die Wahl
fallen würde, bot sich ja die Erfül
Tlung des leiseri und lauten Sehnens
Ijedes Kommis in einem Engrosgn
i schäft, er durfte »auf die Tour« Zehen
I—reifen. ,,Reisen, auf die our
Jgehen« lockende, leuchtende Perspet
tive auf ersillassige Hotels, reichbesetzie
Table d’s,l)ote gute Weine, feine Zi
carren, intere ante Liieiseabenteuer,;l
Jntermezzi mit netten Reisebeiannt
ichaften u. s. w» und über all diesens
Herrlichkeiten schwebnd, gleichsam das;
Ganze trönend »und vertliirend ——I
reichliche Reisespesens Das bischen
Waarenvertaus machte man zweifellos j
fo nebenbei mit ab. j
Nach einigen längeren Debatten der 1
Shess im verschlossenen Privattontor
wurde Herr Arthur Wichtig hinein
"beschieden und ihm gesagt, er möge
»sich innerhalb drei Tagen bereit hal-(
ten, die rheinifche Tour an Stelle des ;
erkrankten Reisenden zu machen. All- »
seitige Wuth, die sich leider nicht laut, «
; sondern nur verstohlen äußern durfte.
:Diesen Bengel, der jüngste unter den
JKoniniis —- vor einem Jahre hatte er
erst ausgelernt —- fchickte rnan aus die
Reise, und die älteren, erprobten
Kräfte wurden übergangen, einfach
übergangen. Ja, der Junge verstand
aber das Eine glänzend, das große,
bedeutsame »man so duhn«. Faul
wie die Sünde, wußte er, wenn die
Chess in der Nähe oder in Sicht wa
ren, den sich »sämmtliche Beine Aus
reißenden« zu martiren. Zum Per
sonal, zu den Kollegen unliebenswiir
dig und ungefällig, war er nach
,,oben", nach der Chesrichtung hin,
allzeit der in Demuth und Bereitwil
ligteit Ersterbende, und dabei war der
Kerl dumm« griitzdumm, diese Rossi
nirtheiten abgerechnet. Aber die ge
nügten ja, denn er machte doch da
durch das »Nennen«, einen vollgiiltige
ren,Beweis als die auf ihn gesallene
ehrende Wahl konnte es nicht geben.
Was half alles Räsonniren, die Chefs
ließen sich von keinem dreinreden und
bildeten sich, wie sie wiederholt ernst
;lich betont hatten, ihre Meinung im
jmer selbst. —- ArthurWichttg stra lte,
ier pantschte förmlich in Wonne. uf
fskonto der in lachender Nähe winken
the-m Brit-legten ließ ex sich cqu
Ischneunem Wege einen Sommer-aber
ziehet, einen neuen Anzug und zweiz
wahre Ueberbrettlwesten machen, ver-»
sorgte sich gründlichst mit so hohen
Kragen, daß man unwillkürlich aus;
den Gedanken kam, wer die trägt, der;
muß des Morgens hinein- und des»
Abends wieder herausgehoben werden,
leistete sich Kravatten von aufreizend
schönen Farbenstellungen und versah
sich mit Dutzenden von Notizbüchern
zum Ausleäge-Notiren, und mit gan
zen Parteien von Briesbogen zum
»Kommissivnen-Ueberschreiben« —- nie
Dagewesenes ahnen lassend. Dann
verabschiedete er sich, hochnäsig herab
latsend vom Kollege-wach mit tiefen,
ehrfurchtsvollen Buckkingen von den
Chesö. Leider, leider war »wichti
dazwischen ekommen«, wie man von
seiten des ersonals heiß und innig
gewünscht hatte.
Kaum war Arthur Wichti einen
Tag vom hause sori, als chon ein
Schreiben von ihm bei derk irma ein
lie , das die wenigen Wor e enthielt:
»Soeben hier in Dieburg angelangt.
habe kleinen Relognosziru öweg
durch den Ort gemacht und seste eher
zeu ung gewonnen, daß ich hier enorm
verJaIusMsweEe i ch
er rwar ung-, zei ne
Machtungsvoll und ergebenst
Arthur Wichtig«
Schmunzelnd reichte Nicholson sei
nem Sozius den Brief hin: »Ja end
lichei Ungestüm —- keine dumme hl
von uns ewesen; der Bengel wirkt
schon ma ni« « ,
Aber Tag um Tag ein Ende nahm«
von Urtbur keine Order kam. Und am
Mor en des vierten Ta es erlebte der
jung Le kling, der rrn Wichtig
ganz besvn rs liebte«, weil der ihn,
Umpkch dar den Ebess als tüchtig aus
us elen, so oft angesamauzt hatte,
kudebebend die Genugthuun ein
s legramm an Artbur zur P tra
t en zu dügen mit dem bedeutsamen
nhalt: » osort zurücktommem Ni
colslemt.«
Und er kam zurück! —- Pon bö ni
schem Grinsen der Kolle« en und ei iger 4
Zurückhaltung der Cbe s empfangen,;
die den Zuruckgetehrten sosort insl
Privatlontor kommen lie en. - !
»Von Jbrer Unsiibig eit, Waares
verkaufen zu können, haben Sie uns .
tseriindlichst überzeugt,« berrächte ihns
! icholson an. »Nun sagen ie abers
sblosz was Sie dazu veranlaßt bat,
» uns am ersten Tage solch unverschämt «
gelbztvertrauenden Brief zu schrei- s
? en « i
z Das »jugendliche Un estiim" hattet
I sich in herrn Nicholsons nsicht schnell s
jin »unverschiimtes Selbstvertrauen«»
Jumgewandeli. —- fla ja, nutzlos an
gewandte Reisesve en schmerzen tief.
»Das war,« sagte Artbur, noch im
mer zungensertig, »von mir durchaus
Inicht unverschämt. Die Geschäftsleute1
Un dortiger Gegend sind unver chijmtt s
»—— Utzen unsereinen. —Jch mußte ja »
»unbedin t glauben, ganze Mengenz
» von Wä che vertauer zu können, denn s
fast an jedem Hau e steht da groß und s
deutlich —- Wäschemangel!« s
»Dussel!« platzte Herr Nicholson ’
heraus.
»»Ochse!« entsubr es dem sonst so.
hoslichen Herrn Lemke, und in diese
beiden schonen Epitheta förmlich ein
gehullt, denen schnell noch einige trös
tige, au tlärende Worte über »Wäsche
mangel gefolgt waren, verließ Arthur
das Privattontor —- ein gedeppter
Mann.
Der kleine Lehrling, der am Schlüs
selloch gehorcht hatte, sorgte ausgie
bigst dafür, daß die Geschichte gründ
lich publit wurde, und das ganze Per
sonal fand die Sache auch einfach zum
,,walzen«. Nur das Faktotum des
Hauses, der gemiithliche alte Haus
dienen meinte trocken: »Nee, zum
Ivalzen nich, aber zum — rollen ig se!«
-
Die letzte Ehre.
Aus Kurhessens vergangenen Tagen.
Von Dr. S. L u ß.
Die Bestrebungen der Ehrsiichtigen
nach Orden und Titeln, die Anstren
gungen und Kosten, die geop ert wer
den, um in den Augen der enschen
ein Aufgeld des wirklichen eigenen
Werthes zu erzielen, rufen beim unbe
theiligten Zuschauer oft ein mildes
Lächeln des Mitleides hervor. Aber
eines alles erinnere ich mich, wo
menschiches Streben nach äußerem
Scheine der Ehre ein Gefühl der in
nigsten Rührung in mir hervorrief,
un noch heute bewegt mich dasselbe
Gefühl, wenn ich nach vielen Jahren
an die einfache Geschichte zurückdentr.
Das lurhestche Städtchen S. liegt
mit einen Hausern so an einen Berg
ange lebt, daß alle Straßen steil em
porsteigen und zum Theil ans Trep n
erstiegen werden« Jm Winter herer
deshalb häufig eine solche Glätte, daß
man nur mit den allen Einwohnern
zur Gewohnheit gewordenen Hilfsmit
teln, Stacheln an den Schuhen, Sta
cheln an den Stöcken, großen Filz
iibetschuhen u. s. w» sich einigermaßen
sicher bewegen tann.
Im Jahre 1835 wurde nach diesem
Stadtchen ein Lehrer versetzt, dem alle
diese ’lfömittel noch fremd waren,
Und in olgedessen schlug er beim ersten
Glatieis, als er sich vom Marttplatz
nach der etwas tiefer elegenen Seiten
gake begeben woll e, in der seine
o nung lag, so heftig auf das spie
gelglaite Pf aster, daß er sich schwer
am Kopfe verletzte. Ein in der Nähe
gehenden etwas verwachiener Bursche,
r im Sommer wohlbestallter stät-ti
xchet Schweinehirt und im Winter Be
enbinder war, hob den Gesallenen auf
und schleppte ihn nach Hause. Als der
Schwerverletzte zu Bett gebracht war,
wollte die lFrau des Lehrers dem ar
men Schweinehirten zwei Albas
Trzinlgeld geben, aber er schlug sie
an .
Rein, ich will heut e nichts, in ein
paar Tagen, wenn der Herr Lehrer
de er iit komme ich wieder-, sagte er
verschwand schleunigst.
nNach acht Tagen, als der Lehrer
wieder außer Bett sein tonnte, stellte
sich der Retter irr der Noth wieder ein
und da man annahm, dafß ihm zwei
Albas zu wenig gewe en wären,
schenkte man ihm einen Schnaps ein
und legte 4 Albas daneben auf den
Tisch Den Schnaps trank der
Schweinehirt dankbaren Gemüthes
aus, aber das Geld schob er beiseite.
rr Leh ter, ich könnte die vier
We ßp ennrg sehr gut brauchen, aber
kein Geld, lml ich Sie um
etwas anderes bitten mochte.
Run, was wollen Sle denn?
’ herr Lehrer, wenn ich sterbe, möchte
sich, daß wenigstens ein feiner Mann
hinter meinem Sarg her-geht Wollen
Sie mir versprechen, meiner Leiche zu
folen
äch? kann ja vor Jhnen sterben.
ein, ich werde zuerst sterben, ich
bin 10 Jahre iilter als Sie.
Jch verspreche, Jhnen die legte Ehre
zu erwei en, wenn ich noch Ie
err ehrer, ich danle Jhnen und
vera e mi daraus
Re men ie aber auch die 4 Weiß
pfenn g. «
Nein die nehme ich nicht, damit Sie
mir das Geleit schuldig bleiben
WZaun gehen Sie, ich halte mein
Nun lann ich ruhig sterben; Nie-,
Verr Le rer. «
Der ehrer erzii te die-« einran
Bekannten. man l· lte über it
Scheullen des Schwe nehirten, Un
nach einigen Tagen war die g «
Sache der essen. Nach etwa 42 Js«
ren, als er Lehrer au schon TM
Greis geworden, der liing de Sie
henzi überschritten hatte, erschien bei
ihm e n etwa Isin i s Madchen mit
der Meldung, der rügreSchwemehIkk
W. liege im Ster n und sage. et
könne nicht eher sterben, bis der hett
Leher sage, ob er ch noch dessen er
innere, was er ein tmals versprvchtkL
Der Lehrer versicherte, er gedenle set
nes Ver prechens und werde es halten.
Als nach einigen Tagen der gewe
sene Schweinehrrt beerdiat wurde
folgien eint e wenige arme Leute dem
ärmlichen rge, und sie wichen thr
erbietig zurück, als auch der berr Leh
rer als Leidtragender erschien, ss daß
er«als erster allein dicht hinter dem
Sarge ging. Es war inzwischen em
neues Geschlecht herangewachsen, und
niemand lannte mehr das frühere Er
eigniß; daher war das ganze Städt
chen außer sich var Erstaunen: Was
bedeutet das? Der israelitische Lehrer
folgt als Leidtragender dem Sarge
des alten Schweinehirten?
Beim Vesperschoppen im Herren
zimmer des Goldenen Löwen richtete
man neugierige Fragen an den Leh
rer. Als er den Hergang wie oben
erzählt hatte, da war niemand, der
über das eigenthiimliche Verlangen
des Schweinehirten gelächelt hätte.
Jeder erkannte, daß sich da ein tiefer
Blick in die Seele des einsamen Ar
men eröffne. Der weichherzige Apo
theler ries: Bei Gott, wenn ich das
Weh dieses armen Alten geahnt hätte,
ich wäre auch seinem Sarge gesolgt.
Die Scheidung in China.
Den Söhnen des himmlischen Rei
ches wird die Ehescheidung im allge
meinen sehr leicht gema t. Der Fran
zose Paul d’Enjoy hat Ich der Mühe
unterzogen, die ziemlich verwickelte
Ehegesetzgebung in China zu studiren,
und et theilt nun die wesentlichsten
Bestimmun en über die Scheidung
nach chine Ischem Rechte mit. Der
Maml komm seine techlmamge grau
verstoßen, wenn sie teine Kinder hat,
sich schlecht beträgt, es an Achtung ge
gen die Eltern ihres Mannes sehen
laßt, wegen übler Nachrede, Diebstahl
oder Eifersucht. Eine geschiedene
Frau darf wieder heirathen, sie darf
auch bei dem Mandarinen des Ortes
gegen die Scheidung Berufung einle
en, wenn seitens des Mannes ein
lißbrauch der Autorität oder eine
Verletzung des Gesetzes vorliegt, und
er tann mit achtzig hieben bestraft
und gezwungen werden, seine Frau
zurückzunehmem Eine Scheidunglann
auch eintreten, wenn der Mann oder
die rechtmäßige Frau das Heim ver
läßt. Die rechtmäßiges-Team die das
ehrliche Heim verläßt, begeht ein Ver
bre n,«das mit hundert Fiel-en be
strat wird. Jn diesem Fa e hat der
Mann das Recht, sie zurückzunehmen
oder sich von ihr s eiden zu lassen,er
lann sie auch nach einem Belieben an
einen anderen verheirathen. Die Fra
die aus ihrem eigenen Antriebe na
ihrer gluchn aber von ihrer Schei
dung irathet, wird zum Tode durch
den Strang verurtheilt; dieselb
Strase trifft auch die Ehebrecherix
Verläßt der Mann das e liche Dein-.
so muß die Frau drei hte ohrs
Nachricht von ihm geblieben sein, ehe
sie sich scheiden lassen kann, und I
dieser Scheidung mus; der Mandarn
seine Zustimmung geben. Dann darf
sie wieder Peirathen Verläßt die Frau
vor Ablau der drei ahre auch das
eheliche Heim, so er "lt sie achtzig
Hiebe, und bei einer Wiederverheiras
thung 100 hiebe. Die Scheidung ist
obligatorisch bei Ezebruch seitens der
Frau, wenn die -rau ihren Mann
oder der Mann seine Frau schlägt und
schwere Wunden oder ständige Ver
letzungen, wie Brüche, der Verlust
eines Auges oder eines Gliedes die
Folgen des Schla es sind. Es giebt
auch bestimmte indernisse fiir die
Scheidung. Die Ehe kann nicht ge
löt werden, wenn die rau mit dem
anne drei Jahre um hren Schwie
erooter getrauert hat, oder wenn
ann und Frau arm geheirathet ho
ben und zusammen reich geworden
sind, oder wenn die Frau leine Fami
lie hat, in die sie zurücktehren kann.
Durch die Gurgel.
Eine wissenschaftliche iischrist hat
aus Grund sorgfältiger btudien fest
llen tönnen, daß der »Durch
chnitismensch« zu der nöthicen sesten
Nahrun in einem )Ojährigen Erden
wallen liilsi teitsmen nen von rund
35,000 iter hoffer ein Bier u. s.
w. gebraucht. Man beachte, daß hier
nur von einem filtiiihrigen Durch
schnittgmenschen die Rede ist Bei
einern 70jährigen srohlichen Zecher
dürste sich das Fazit noch viel günsti
ger stellen. Und nun gar erst wenn
einer gesund und munter das biblische
Alter überschreitet
« Blinlelei.
Zerr: ,,Wissen Sie den Unterschied
zwischen einem Reslettor und einer
Fron, mein Fräulein?«
Danie: »Nein «
herr: »Also der Reslettor restettirt
ohne zu reden, während eine Frau re
det, ohne jede Reslexion.«
Dorne: »Und der Unterschied zwi
schen Jhnen nnd einem Reslettor be
sticht darin daß der letztere geschlissen
it