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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Jan. 5, 1906)
sxiivtväwolksbttrg Roman von Elsbetb Bokcbäkd . (4. FortsetungJ — Um nächsten Tage machte sich Ruth « HILgmbakt nach der Wolssburg auf. VII Deez klopfte ihr ein bischen häng Bsh wie es einem zu ergehen Pflegt, wenn man eine neue Bekanntschaft Wu, ja gewissermaßen suchen soll. Sie hatte Senta bisher nur einige Ruhe in der-Kirche im Patronatg . Frtnsiuhl neben ihrem Onkel sitzen » hen und immer nach dem schönen junge-n Mädchen hinblicken müssen. So bitte-re Vorwürfe sie sich auch über die fes Abbenlen und Störenlassen in ih ter Andacht gemacht hatte, so waren ihn Blicke immer wieder hinüberge wandert. Sie fühlte sich von diesem " »Wen, stolzen und doch lieblichen Ge « un mein angezogen und wünschte " mcheg ehulicher, ais die persöuxicbe «Qetanntschast dieser jungen, erst seit kurzem aus der Wolfsburg weilenden " Komteß machen zu dürfen , Run- sollte sich dieser Wunsch über wschend schnell erfüllen. Aber wie M de sie empfangen werdens ; -— T i rem leichten, weißen Sommer- . Uei , den runden Strohhut auf denl - blonden Haaren, betrat sie den Paräl . Ihr Weg führte sie am Schwamm ’ Dich vorüber. Sie hatte einige Sem Inelbroclen ein efteclt, um die Schwäne füttern. Zu langen Furchen, mit Bis geblähten Flügeln und edelgebo hats zogen die schönen Thiere Inn und nahmen aus der Hand des jungen Mädchens die Brosamen Rath Degenhart war so vertieft in dieses Spiel, daß sie Schritte, die sich dem Teich näherten, gänzlich über rte, bis plötzlich eine schlanke, chwarze Gestalt vor ihr stand. Erschrocken wandte sie sich um und blickte in das Gesicht derjenigen, um derentwillen sie nach der Wolfsburg . gekommen war. Senta musterte das fremde, junge Mädchen das sie noch niemals gesehen hatt, verwundert und zugleich angezo gen von deren Lieblichkeit Was wollte ieFremde hier, wie kam sie da u, die Schwäne u füttern, was sonst stets nur ihre ufgabe und ihr Spiel ge- » De en war? uth Degenhaxt suchte in ihrer er sten Verlegenheit vergebens nach einem passenden Wort. Zu Hause hatte Pe sich wohl etwas zurechtgelegt, aber te war nicht darauf gefaßt gewesen, Sen-da Wolfsburg so plötzlich gegen « «tib«er3astehen. «Wo wollen Sie hin?« fragte Senta endlich, nachdem sie sich sekun .- Zeitlang schweigend gemustert hatten. « will aåiö die Wolfsburg.« » » »uf die olfsburgZ Zu wem denn, wenn ich fragen daer« blitzte es in Ruth’s Augen, die bisher unberwandt an ihrem Ge Fshkk gehangen hatten, schelmisch »Stift- Komteste Senta Wolsgburg." « Auch um Sentas Mundwinkel zuckte es »Ich fürchte — Sie werden den We umsonst gemacht haben« msonft?« »Ja-—- denn dort —- eristirt keine s-— Komtefse Senta WolfsburgR —«Wie das? Jch hörte doch —- daß —«Ka?aha!« Senta lachte hell und melo ch.aus »Sie müssen sich ver tt haben. Aus der Wolfsburg be det sich zur Zeit nur ein ganz ge vöhniiches Menschenkind, das Senta Wolfilmrg heißt, und —wenn Sie M zu dem wollten —das steht vor «Senta Wolssburg!« rief Ruth m,«ohne sich Axt bedenten, und streckte dchen die Hand hin. Instit lBerlegenheit war mit einem ge fort. enin ergriff sie und drückte sie »Als-) zu mir wollten Sie wirklich?« fragte sie. —- ja —- zu Jhnen wollte ich seh Sie eini e Male in der « Kirche, antwortete uth mit leuch sten Augen nd brennenden Wan : ge «und w nschte mir schon lange — - ietemsen zu lernen« »Ah-—- —-—wie seltsam. Aber-— Sie « summte mir bekannt vor —ich muß Sie schen sehen hab-U« . Bali wohl möglich — es wird — eben M in der Kirche gewesen sein.« s—ja richti —nch——nun » ich-es Sind ie etwa räulein « ·Mhnrt, die Tochter des al en, ehr steigen Post-its der so schöne zu : gegagehe hende Worte zu sprechen « i- iia ich.« spd Sie tommen zu mir?-—Sie sich besucheni Welchem Um ,Mcnte ich hast« « » wurde bei dieser Frage roth J Lii Mienen Sie wollte nicht gen, s -sppp ans des Graen Wuns ge « Tei; denn sie ite ihn richtrs aber liigen konnte sie au e war es schon lange ihr Wien ch, eine Freundin s- zuliebe-U die .- « til-nähan tiksreis M. onn e ein ssskz nie-rate gewagt sich j-» eg- nähern wenn M Wen h Ore- tpnr sepern bei »Der Graf —mein Oheims Und der veranlaßte Sie da u?« fragte Senta Wolfsburg eben o überrascht wie enitiiuschi. »Er gestattete mir, daß ich Sie be suchen dürfte. Mein Vater· hatte ihm wohl früher erzä li, daßi mich so sehr nach einer ltersgenos m sehnteu, und —- da schlug er mir vor — Jhnen zu kommen. Sonst hatte ich es doch nicht gewa t. « »Nicht gewagt? st denn ein so gro ßes Wagnisz dabei? Sie thun, als ob ich eine Prinzessin wäre, der man sich nicht Ungestraft nähern dürfe Jch bin aher nichts weiter und nichts mehr als Sie, und wenn Sie mich als etwas Höher-es ansehen wollen, dann ist es besser, Sie kehren lieber sogleich wie der Um.« ,,Senta!« » ’»So ist es recht —- so gefallt es mir.« »Darf ich denn wirklich so sagen?« »Aber natürlich, wie denn sonsti« »Und Sie —- wollen mich Rath nennen?« »Ruth —- ja — welch hübscher Name! Also Ruth —eigentlich ver danke ich Jhre Bekanntschaft meinem Oheim, aber sei es drum—ich freue mich ——denn auch ich gestehe es gern ein, daß mir eine Altersgenossin ge fehlt hat. Kommen Sie also zu mir, so oft Sie wollen und können, und —auch ich möchte gern einmal in hr Heim, in das weinumrantte Pa torhaus kommen. Es liegt so trau lich unter den alten Linden imDorfe.« »Wie würden sich meine Eltern freuen, wenn Sie tämen!« rief Ruth, ganz beseligt von dem unverhofft war men Empfang Senta nahm ohne weiteres Ruths Arm und zog ihn durch den ihren. »Nun kommen Sie mit nach derWolfs burg und machen mir dort auf meiner einsamen Klause einen offiziellen Be such, nicht? Wie glücklich wäre ich, wenn ich Sie auch zu meinen Eltern führen tdnnte.« »Nicht traurig sein, liebe Senta,« bat Ruths als sie es in Sentas Hü gen vor Schmerz zucken sah. »Sie haben ja so viele, die Sie lieb haben-« »Lieb haben? Hier —· hat mich —niemand lieb.'« »Das ist ja unmöglich-zum Bei spiel ich ———habe Sie jetzt schon lieb.« »Jetzt schon?" Nun lachte Senta wieder. »Das ist allerdings etwas schnell. Lernen Sie mich nur erst kennen, dann haben Sie mich sicherlich nicht mehr lieb.« - »O, wie können Sie so sprechen! Man muß Sie ja lieb haben!« ; »Meinen Sie?« ! Senta sah in die treuherzig blauen JAugen des blonden Pastorlindes, und ssie wußte, daß sie dieses Mädchen ins Herz schließen würde. »Ich habe viele Fehler-ich kann unausstehlich sein-« »Das le tere glaube ich nicht, und zu den Fe lern müssen wir uns alle bekennen. Einen Menschen ohne Feh let kann man vielleicht wie einen Hei ligen verehren, aber man tann ihn nicht —- lieben.« Senta blickte gedankenvoll zu Bo den. »Es mag wohl so sein« wie Sie sogen- doch nicht jeder ist geschaffen des anderen Fehler liebevoll zu ertra gen-—- aber wir beide —mir ist es, als müßten wir gut miteinander fer tig werden. Doch —da sind wir ja im Schlosse. Seien Sie willtommen, und treten Sie ein-« Senta führte das junge Mädchen in ihr Zimmer, stellte es der alten Bri itte vor und zeigte lachend die gto e sappe, die sie dem Jrrthum ihres imä zu verdanken hatte. Alt Ruth endlich in das Pfarrhaus uritcktehrte, waren zwei Stunden ver flossen. Sie war von dem Erlebten o voll», daß sie den ganzen von nichts anderem als von Senta Isc burg sprach, bis derPaftor sie lä chelnd erma nie, daß es doch auch noch andere enschen gäbe, die ihrer Liebe werth wären O. Kapitel. Seit diesem Ta e war-en die beiden jungen Mädchen fast täglich zusam men. Sie hatten sich an einer ver fchwieenen Stelle im Pakt in der Nähe es Schwanenteiches, wo sie sich uerst gesehen, ewige Freundschaft ge fehtvorem mit jener glühenden Begri sterung, mit der man in diesem Alter Mädchenfreundfchaften schließt. Sie nannten sich bereits »Du«, bei-trauten sich ihre kleinen Kümmernisse und Sorgen gegenseitig an, lachten und scherzten usammen. Ja, enta hatte wirklich in der tur enfseit lachen gelernt. zu Wolfsburg hatte es einigemal mit Staunen bemerkt, wenn er zufäl lig Zeu bei einer Begegnun der beiden neundinnen war. Er Freute geh über diese Verändert-n , die er uths Einfluß verdanltr. o gab es doch etwas auf der Wolfsburg das Senta den Aufenthalt biet werth machte; vielleicht Vergaß sie darüber ihre hochflie enden, ehrgeizigen Pläne. Nur eine hrnebmung verursachte ihm-, der nun einmal das Beobachten angefangen hatte, Mißbehagen. So ter und herzlich Senta mit ihrer renndin versehrte, so ernst und wørttarg zeigte sie sich ihm gegenüber. W Auf feine Fragen bekam er zwar jedes mal eine hosliche, aber sehr kurze Ant wort, an eine eingehendere Unterhal tung- war nicht zu denken. Nun hatteer An eine solche nie ge wünscht, er selh war bei der Mit tagstafel stets sehr einsilhig und eilig gewesen. Jetzt, nun die Saatzeit be endet war, gönnte er sich wieder mehr Ruhe und Zeit und hielt es sitr feine »Pflicht« sieh auch mehr als bisher um ssein Mündel zu belümmern. Traf er sjedoch zufällig außerhalb der Tischzeit mit ihr zusammen, so hatte sie es je desmal sehr eilig, aus feiner Nähe fort utommen, ja es schien sogar, als ob ie ihm direkt auswiche War das Scheu? Trotz — Die Folge dieser Wahrnehmung war, daß er Fräulein von Rupert, sehr zum Staunen der Dame, zu sich beschied und sie fragte, ob seine Nichte sich nun besser eingelebt hätte Die würdige Dame verschwieg es )tlitgerweife, daß es ihr durchaus nicht ;gelingen wollte, sich des jungen Mäd ’cheng Herz zu erobern. Sie ließ nur kdurchblickem daß sich seit ihrer letzten lUnterredung mit ihm nichts geändert hätte, daß die Komteß von einem Zwange nichts wissen wollte und sie einen regelmäßigen Unterricht, wie ie [ ihn für nöthig hielte, noch immer nicht shabe durchseyen können. Au daß » Senta sich viel zu viel ihren Ge angs Htudien widmete nnd sich gänzlichih ster. der Hausdanie, Gesellschaft ent .zijge, flocht sie so nebenher ein. ’ »Das lann so nicht weiter gehen-— ich werde ein ernste-s Wort mit meiner Nichte reden. » Damit hatte der Graf sie gnädigsi entlassen. und das Fräulein rieb sich zufrieden die Hände: endlich hatte sie Ihn-so weit. : Yochoa Herreden eines ernsten Wor tes mit seiner Nichte fiel höchst fort derdar aus und gar nicht so wie Fräulein von Rupert es sich ge wünscht hätte. ! Bei der nächsten Mittagstafel ganz "tnapp vor der Beendigung derselben, meinte er nur so beiläufig, da es ihm erwünscht wäre; Senta beschä tige ich etwas mit den Wissenschaften und Sprachen. »Du hast es ja so bequem hier mit Fräulein von Rupert, die Dir darin behilflich sein wird,« sagte er zu ihr. »Aus einem täglichen Spa iergange kannst Du Dich auch in der iranzösischen Spracle üben. Nicht wahr, Fräulein von upert?« wandte erfsich darauf an die Erziehetin »Sie be immen wohl einige Stunden am Tage, in denen regelmäßig dies und jenes Fach getrieben wird?" Senta war über diese Anordnung ganz verblüfft und sprachlos. Wie kam der Onkel, der sich bisher nie um sie gekiimmert hatte, plötzlich dazu, über ihre-Zeit zu bestimmen? Ein Blick in das Gesicht der Hausdaine, das unschwer eine gewisse Genug thuung verbergen konnte, verrieth ihr die Urheberin, und sie war empört. Also hinter ben Onkel hatte sie iich gesteckt, um ihr das bißchen Freiheit und ihre Freude an ihren Gesang-s studien zu rauben! Sie wußte genau, daß die wissenschaftlichen Stunden so eingerichtet werden würden, daß die Zeit ihres Gesangstudiurns darüber zum Theil verloren gehen mußte. Bei TischAin Gegenwart des On kels, unterdrückte sie jedes Zeichen von Unwillen, aber nach Tisch war ihr erster Gang zu Ruth, der sie ihr Herz ausschiittetr. Dem sanften Zuspruch der Freundin gelang es, sie zu be ruhigen. Er werde so arg nicht sein, und Zeit zum Singen werde ihr im mer noch bleiben, meinte Ruth. »Ich muß aber singen, wenn mein Herz mich dazu treibt, iind kann mich nicht an eine bestimmte Stunde bin den. Auch meine schönen Stieg-Leuten im Pakt verlieren durch die gen wart der mir unsympathischen Dame » an Reiz.« ,,Du lannst außerdem ja noch allein im Parl umherstreifen.« »Dann müßte der Tag noch einmal so lang sein. Jm übrigen --— die Ge sellschaft Fräulein Von Nutzen-J ist mir unerträglich. Jch wich ihr bisher, soviel ich konnte, aus.«' »Es wäre allerdings besser, man könnte sich die Menschen nach seinem Geschmack zum Umgang wählen — Du mußt eben versuchen, mit ihr ser tig zu werden,« antwortete Ruth, die nicht umhin konnte, die Antipathie der Freundin zu theilen. »Du meinst, man müßte mit den Wölfen heulen, wenn man zufällig mit Hexen usammengesperrt ist? Nun ja— s Heulen wird mir nur etwas schwer -—— ich schlage lieber gleich aus. —Wa5 Du nun wieder für ein ent setztes Gesicht machst! Zur Sanstmuth und Demuth habe ich nun einmal keine Anlage.« — aUnd Du wirst noch manche unan genehme Qsellschast in deinem Leben ertragen müssen.« »O Du kleine Philoso hin! Thust ·a rade so, als wäret Du zehn re älter als ich, und haft doch nur ern win igeö Jahr vor mir voraus.w Damt war der alte, neckische Ton herausbeschworen, und Senta vergaß die Angelegenheit darüber. Fräulein von Ruspert aber vergaß sie nicht; sie tras ihre Maßregeln. Zu ihrer Verwunderuan stellte sitt Senta ihr am nächxten argen au ihre Aufforderung-so ort ohne Wider rede zu dem an raumten Unterricht und erwies sich aufmerlflam und an stellig. Das V« elchen ing also doch an, zahm zn wer n. Nur, wenn die it zum obligaten Spaziergang ge ommen war, schien Senta spurlos verschwunden u setn und war nir endi auszufin n. Von der Diener fchafn die das riiulein besfragth tte niemand dte omtesse ge eben. as leitete mochte einen guten Grund ha W ben. Alle, ohne Ausnahme, waren ihrem «sehi5nen Kotnteßchen« blind est geben, vom alten ottlieb herab bis um einfachen Sta «un en, während ie die scharfen. triti iren n Blicke der hauödame fürchteten, ihr hochmüthis es Wesen insgeheim verabscheuten. Für die freundliche, leutselige Komteß aber, sür die keiner zu gering zu einem freundlichen Wort und Blick war. wären ie durchs Feuer gegangen Auch sahen sie mit dem Schatsblick. den Dienende zuweilen fiir die Vor gänge in der Familie ihrer herrschast haben, daß Komteß Senta fiir ihre Erzieherin und Ehrendame nicht be sondere Vorliebe empfand. Das bewo sie, ihr heimlich beizustehen, ohne dass Senta es von ihnen begehrt oder sies gar in ihre geheimen Empfindungen eingeweiht hätte. Fräulein von Rupert war natürlich I über dieses riicksichislose Wartenlasq sen und beleidigende Aus-weichen ihres i Zöglings innerlich empört. Da sie aber J aus Erfahrung wußte, wie wenig eine J Ermahnung ihrerseits half, zog- sie; Deckung heran, indem sie diese Auge-! legenheit in scherzhafter Weise beider Mittagstafel in Gegenwart des Gra fen erwähnte. Graf Wolfsburg sah seine Nichte daraus eine Setunde lang ernst und( verweisend an; sin Wort des Tadels’ fiel nicht. Aber dieser Blick hatte ge nügt, eine dunkle Röthe in Sentas Wangen zu gießen. Die Rupert hatte sich von diesem äußeren Zeichen jedoch zuviel verspro kn Das junge Mädchen wich ihr Setzt noch hartnäckiger als früher aus. aß es Troß war, lag tlar auf der hand, und er mußte gebrochen werden« . so oder fo. Sie wartete nur einen grin stigen Augenblick ab, wo sie den wil den Vogel sicher in den Händen hatte, um den Schlag, der ihm den stolzen Nacken beugen mußte, auszuführen. Und dann... welche Genugthuung, das störrische Ding willenlos zu ihren Füßen zu sehen, seine Meisterin zu werden! Vorläufig ließ sie den Dingen ihren Lauf. Dem Verkehr mit Ruth De en hart, der Senta so oft einen or wand bot, dem Schlosse und ihrer Ge sellschaft zu entfliehen, tonnte sie nicht wehren. Graf Wolfsburg hatte aus drücklich gewünscht, daß ihm nichts in den We gestellt werden sollte. Auch tonnte Fie beim besten Willen nichts gegen das sanfte, allezeit höflich zu vortoinmende Wesen der Pastorstoch ter einwenden. Daß ihr von diese-: Seite entgegengearbeitet würde, na sie nicht an, obgleich sich nach ihrer Meinung hinter dem scheinheiligen Wesen Nuthg ganz gut ein Stück Nie dertracht verstecken konnte. Senta verlebte im Pfarrhause ihre schönsten Stunden. Ruth bildete bald nicht mehr den einzigen Anziehungs puntt, sondern deren Vater, der alte, feinsinnige, gemiithvolle Pastor. Es gab für Senta nichts Schöne res, als wenn sie mit Ruih zusammen in dem mit Tabatsqualm erfüllten Studierstiibchen des Pastors oder in der emüthlichen Laube sitzen konnte. Die s rau Pastorim eine echte geschlif tige Martha, hatte gewöhnlich im lHaushalt zu thun, und so saßen die drei denn gemüthlich zusammen und plauderten. Pastor De«enhart, des sen weiße Haare dein no frischen Ge sicht mit den freundlich klaren Augen o gut standen, hatte die Freun in feiner Tochter, die sich ihm so kindlich vertrauensooll genähert hatte, bald liebgewonnnen. Eis freute ihn, daß er das kluge, geweckte Mädchen, dessen blühende Gesundheit und Kraft oft u falscher Anwendung drängte u»nd sich in Troß und Störrigteit außerte, auf richtige Bahnen lenlen, ihm unmerk lich gute Samentörner ins Herz legen konnte. Er gehörte nicht zu denen, die das Wort Gottes beständig auf den Lippen tra en und glauben, es bei jeder pas en»en und unpassenden Gelegenheit oziren zu müssen. Daß er es im Herzen tru , das fühlte der, der mit ihm in nii re Berührun kam. Auch Senta spürte es, u. es drängte sie die ich bisher wenig mit doaniatischen ragen abåqueben hatte, jeßt zuweilen von dem ttesmanne eine Erlliis rung, eine Bestätigung ihres Glau bens oder ihrer Zwägtl zu erhalten. »Wo ist Gott? r ist Gott? Wo haden wir ihn zu suchen?« Diese Fragen tamen mehr und min der klar zuweilen üder ihre Lippen, und Pastor Degenhart fand nur eine einzige Antwort: »Gott ist weder mit unserem Ber siande zu uchen noch mit einem unse rer Sinne wahrnehmbar-. Wir müssen ihn im herzen tragen, in unserem Jnnern erleben und ersahren.« Solche kurzen Aus-sprachen wirkten zusammen mit der gesunden sittlich religiösen Luft, die im Psarrhause herrschte, störtend und belebend aus Sentas Gemüth. Jhre alte Fröhlich teit erwachte wieder, und die Trauer um den Vater lenkte in sanftere, erge benere Bahnen ein. . Auch daran hatte Pastor Degenhart ein gut Theil gearbeitet. Er hatte Sentaö Vater von Kind auf gekannt. Wie jetzt degen Tochter, so hatte einst auch der hei dliitige Jün ling an sei ner Seite åesessen und Ich von ihm Rath und rosi geholt, ihm von seinen Plänen und Kämpfen erzählt. Und dann war der Schlag fiir die Familie etomrnen, den niemand vorausge ehen hatte. Diethelm hatte sich der Kunst zugewandt ohne den Willen des Vaters und war dafür enterbt und versto en worden. Pator Degenhart, der die mensch liche atur mit allen ihren Fehlern und Schwächen studirt hatte, fand iiir Drethelrnö Thun warme Entschuldi .- — ungsgriinde, aber er verstand auch en stolzen Sinn des Gra en Maxi milian, der F? dagegen verwahrte, die leste Wol s urgerin, den legten Nachibmmling des alten Namens» u deren Schuh der Bruder selbsi ihn an erufen hatte, den Weg des Vaters ein chlagen zu la en. nta sprach reilich selten genug von ihren Plänen. Sre fragte nur immer nach dem Vater und konnte nicht müde werden, sich einzelne üge aus seinem Leben erzählen zu la en. Aus dem Munde des Pastors hörte sie nur gute und edle Eigenschaften nennen, nie traf ein tadelndes Wort je eine der Handlungen ihres Vaters. Einmal hatte sie sich nicht enthalten können, zu rufen: »Ich will werden, was Vater und Mutter waren, ich will zur Oper gehen!« Paftor Degenhari nahm ihre Hand und strich sanft darüber hin. »Liebe Senta, machen Sie keine Zukunftspliine, freuen Sie sich der Gegenwart.« Ein Schatten flog über ihre Züge. »Ich bin ein gefangener Vogel, der seine Schwingen nicht regen darf.« »Warum nicht regen? Sie dürfen ja singen und sich an Ihrer Kunst er freuen. Bedürer Sie denn der gro ßen Menge, der wantenden Gunst des Publikums, des eitlen Ruhms?'· »Nein, nicht das ist es—aber die Ausübung meiner Kunst ist mir Le bensbedürfnifz, ist muß mich ihr ganz hingeben können» Alles andere ist elende Halbheit, Dilettantismus und —- leine Kunst. Und was meine El tern waren, warum soll es die Tochter nicht sein? Ein echter Künstler steht in meinen Augen höher, ais der höchste Geburtsodei. Freilich hier — in dem feudalen Schlosse mit seinen alten, Verrofteten Ansichten« — ..Senta!« Pastor Deginhart hatte ihre Hand losgelassen. us seinem Zwischenrus sprach kein Ziirnen, aber ein chmerz licher Vorwurf. »Ihr Oheim meint es gut mit Ihnen, warum verschließen Sie sich so hartnäckig gegen diesen Glaubens« »Weil er meinen Vater verstoßen hat. Wie tann er es gut meinen mit dem Kinde des Bruders, dem er hart und rausam Herz und Heimath ver schlo ?« »Sie störrisches, schwer zu gewin nendes Kind! Wenn Sie reiser in hren Ansichten geworden sind, werden e-—ie vielleicht auch die Natur dieses Manes besser verstehen lernen. Er ist auf ewachsen in seinen Vorurtheilen, in n Traditionen seines Standes und glaubt nach seiner Ansicht recht zu handeln. Wollen Sir, datzjeer seine anererbte und anerzogene einung plötzlich um Jhretwillen wechseln soll Sind Sie denn bereit, die Ihrigen um seinetwillen zu opsern?« »Nein, niemalg!« ries Senta, glühendroth vor Erregung »Nun sehen Sie — welche Logik und welches Verlangen also! Den Mann, der J nen verwandtschastlich nahesteht, der , hnen Schutz und Hei math bot, den möchten Sie also gern der Charatterschwäche überstihren?« Senta schwieg und sah nachdentlich zu Boden. Aus eine solche Auslegung war sie nicht vorbereitet gewesen« »Und doch werde ich elend werden, wenn" — »Wenn Sie Ihren Willen nicht be kommen tönnen,« vollendete der Pastor und wandte sich ab. Erschrocken haschte Senta nach ei ner Hand und preßte ihre Lippen a raus. »Sie zürnen mir?« - Er wandte sich wieder um und strich sanst iiber ihr lockiges Haar. »Nein, Senta — ich möchte Sie nur vor Konstitten bewahren.« »Und es geht ohne Kampf nicht ab,« wollte Senta rufen, aber sie unter drückte es aus Furcht, den alten, freundlichen Ferm, densie inni lieb hatte, ernstli zu erzürnen. Sie senkte nur den Kopf tief aus die Brust. Der Eintritt der rau Pastorin, die einen Korb voll sa tiger Erdbeeren herein brachte, unterbrach das Gespräch. Als Senta den Heimweg antrat,— gib Rath ihr, wie gewöhnlich, ein titck das Geleit. — p »Liebling —- meinst Du, daß Dein Vater mir ernstlich böse ist«-» fragte sie die Freundin. »Ich weiß ja, daß ch nicht sanftmüthi , sondern wider spenstig und störrifch bin, aber ich lann nun einmal nicht heucheln und —-ich tann von meiner Kunst nicht lassen. Soll ich aber darum meinen besten Freund verlieren?'« »Mein Vater bleibt Dein Freund, sei ruhig, Senta,« tröstete Ruth. »Und —- Ruth Mwirst auch Du mig ewig Freundin bleiben, wirst Du mi nie ausgeben?« »Nie,« bet euerte Nuth mit Begri sterung« und ie ahnte bei dieser feier lichen Betheuerung, die sast wie ein Schwur klang, nicht« welches s were Opfer einst von ihrer llFreund chakt siir dieses chöne, trotz a er Fehler o liebenswerthe Mädchen von i r gesor dert werden sollte. Senta schritt den übrigen Wes al lein weiter. Ehe sie den Par er rei te, mußte sie ein Stiict am Wal des aum entlang gehen. bre Gedanken weilten noch im Patorhause bei den lieben Menschen. Sie sah weder rechts noch links. »Senta!« Ein Ruf vom Waldessaum her. — In demselben Augenblick trat ein jun oer Mann aus dem Dickicht gerade aus sie zu. Sie sah erschreckt auf, stutzte, und ein IJubellaut entquoll ihren Lippen .,. obert!« Ohne sich u besinnen, stürzte sie vor und wur von den Armen des W stritt lingg umfangen und an desse uxsl gedrückt. ,. witt —- Kitvitt!'· Nur eine Sekunde lag ie in JLWU Armen, dann machte te ich. httß M röthend, los und sah hm ins Gesicht ,,Robert, wie stattlich Du gewsztdm bist —- ich erkenne Di kaum wieder. —Du bist ·a ein — ann." »Hahaba —er lachte aus. »Sol! ich denn immer der Knabe bleibent Bedenke, es sind zwei Jahre het, Clk wir uns zule t aben. Damals tpct kaum der erPte aum aus meinen Lippen. Aber u ——Du« —- semk ausdrucksvollen Augen bekamen emm seltsamen Glanz ———,,die Zeit ist auch an Dir nicht spurlos voriibergegatlgen Rsitvity tvie schön Du geworden i t.« Sie lachte und rief: »Bist Du het getommem um mir Schmeicheleien zu sagen? Pfui, Robert, das- siehtDlt gar nicht ähnlich.« »Gottlob, das ist noch die alte, liebe, tratzbütstige Kiwitt, Und ich fükchtkte, daß die vornehme Komteß ihren annseligen Vetter und Spiel tameraden gar nicht mehr kennen tdürte.« l »Hast Du das wirklich gedacht, Ro Tcltx« . »Hu, die Augen! Willst Du sie mir austratzem Kiwitt?« · »Ja, wenn Du nicht sofort wide-« rufft, was Du soeben sagtest.'· Mit zornigen Augen sah sie ihn an. »Ich widerrufe.« · Er hatte ihre beiden Hände ergrif fen und sah sie bittend an. Da lachte ne wieder· « »Ach, Du lieber cZzun e, wie ich mich freue, daß Du mi besuchen tommst. Nun lasse ich Dich für’s erste nicht wieder fort, Du mußt lang auf der Moksslxur bleiben, hörst Du?« Er pie te ihre Hand noch fester. »Glaubt Du, ich hätte hier amEins gang des arts stundenlang auf Dich gelaisert, wenn ich Dich in der Wolfs burg hätte aufsuchen wollen?« »Ja, aber Robert, ich verstehe Dich nicht-— Du mußt doch jetzt mit mir nach der Wolssburq tommen.« »Um mich von Deinem hochmüthis gen, adelsstolzeti Qheim als Ein tringling behandeln und über die Achseln ansehen zu lassen?" »Wie Du nur sprichst! Du bist doch mein Better,· ja mehr als das, mein Bruder; wir wurden doch zusammen wie Geschwister im Hause meines Vaters erzogen!« Fortsetzung solgt.) Das Kristall-new Eine findige junge Londoner Ta me, Miß Evans, hat eine neue Art des Autographenalbums erfunden, die gewiß recht beliebt werden wird. Es ist so ein erichtet, daß es einer jungen Dame qeistattet nicht nur die schrift lichen Eintragungen ihrer Verwand ten und Freundinnen zu sammeln, sondern auch die Abdrücke ihrerKiifse. Das Buch ist ausgestattet mit einem tleinen Kissen, das eine leicht lösliche, tarminroth gefärbte Substanz ent hält. Zunächst werden die Lippen leicht aus das Kissen gepreßt, so Las etwas von der Farbe aus ihnen W rückbleibt, dann wird ein Kuß aus Seite, und zwar auf einen extra das kür vorbestimmten Raum, geputzt, er dann eine klare tarminrothe Wie dergabe des Drurts der Lippen hin terlci t. Neben dem Raum, der fiit die iisse bestimmt ist, ist ein anderes siir das Autogramm und Datum va servirt, und zusammen geben Kus und Eintragung ein sehr hübsches Erinnerungszeichen Die Erfinderin dieses Albums äußert sich selbst über die interessanten Beobachtungen, db sie beim Gebrauch desselben gemacht hat: »Es ist wirklich wunderbar,« meinte sie, »was siir einen verschw denartigen Charakter Kiisfe habe-. Leute, die das nicht studirt haben, meinen, alle Küsse seien leich. Es tann teinen größeren Jsrrtsum geben. Von den zweihundert, die ich in mei nem Buche habe, ähnelt nicht einer dem anderen. Da gibt es dicke, start au gedrückte Küsse und zarte, fast nur «e uchte, schmale, längliche, tiihle iisse und volle, schwere.'« Miß Evans hat vorläufig nur Küsse von ihren nächsten Bekannten gesammelt, sie will aber nun dazu übergehen, in einem weiteren Kußalbum sich der Lippenabdriiete von allerlei Berühmt hetten zu versicheru. Doch mag es zweifelhaft sein, ob diese Art des Missens einein jeden so zusagt wie die bisher gewohnte. ff — .,Jch möchte einen Verlobung-Bring haben,« sagte der aite Don Juan zu dem Clert des Juweliers· »Bitte, mein Hekt. Sie haben die Auswahl; wünschen Sie einen goldenen oder nur einen plattirien?« »Hm, —- hiilt ein plattitter Nin sechs Monate?« »Oh. gewiß.« » än, dann nehme ich einen platiirten; länger wie drei Mo nate dauern ja meine Verlobungeo durchschnittlich doch nicht« III Ein Mann der Wissenschaft how ausgerechnet, daß ein Mann, der mehr als drei Cigarren oder zwei Pseisen den Tag raucht, sich ein Krebsleiden zuziehL Männer, die seit Jahrzehnten zwöls bis zwanzig Cigarren per Tag aeraucht haben. sind also wissen schaftlich schon längst todt - i i Ein Pserdeziichier in Ohio behaup tet. Pferde lönnten sprechen. Wa rum nicht? Giebi’6 doch so viele Esel die mehr reden als nut ist. » sit c O Geben ist seliger als nehmen, aber sich ganz ausgegeben zu haben· cmgi manchmal ielir isnleliai Will-le